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Hilfen zur Erziehung in der Hansestadt Rostock

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

E<strong>in</strong>leitung ____________________________________________________________________ 2<br />

I Fragestellungen, Grundlagen und Vorannahmen ______________________ 3<br />

II Auswertung <strong>der</strong> Befragungen und Hilfepläne _________________________ 8<br />

1 Hilfeplanung______________________________________________________________ 9<br />

1.1 Ablauf des Hilfeplanverfahrens _____________________________________________ 11<br />

1.2 E<strong>in</strong>beziehung von an<strong>der</strong>en Fachkräften <strong>in</strong> die Hilfeplanung ______________________ 14<br />

1.3 Beteiligung von Personensorgeberechtigten, K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen ____________ 15<br />

1.4 Entscheidungen für Hilfeformen und bestimmte Träger _________________________ 19<br />

1.4.1 Entscheidungskriterien für milieuferne Unterbr<strong>in</strong>gung __________________________ 20<br />

1.5 Beteiligung freier Träger/ Kooperation _______________________________________ 21<br />

1.6 Erstellung des Hilfeplans___________________________________________________ 23<br />

1.7 Fortschreibung des Hilfeplanes______________________________________________ 25<br />

1.8 Erfolgsbeurteilung ________________________________________________________ 26<br />

2 Dokumentation von Entscheidungsgrundlagen/ Bedarfsbegründende Berichte_______ 27<br />

3 Jugendhilfeplanung _______________________________________________________ 29<br />

3.1 Angebotslücken / Bedarf ___________________________________________________ 29<br />

4 Qualitätssicherung ________________________________________________________ 31<br />

III Zusammenfassung und Anregungen für Verbesserungen ________________ 33<br />

1 Hilfeplanverfahren________________________________________________________ 33<br />

1.1 Klärung des Problems und Beratung <strong>der</strong> Hilfesuchenden im Vorfeld_______________ 34<br />

1.2 Fachteam _______________________________________________________________ 35<br />

1.3 Hilfeplanvere<strong>in</strong>barung/ Erstellung des Hilfeplanes______________________________ 36<br />

1.4 Überprüfung_____________________________________________________________ 37<br />

1.5 Beendigung <strong>der</strong> Hilfe ______________________________________________________ 38<br />

1.6 Zeitlicher Ablauf _________________________________________________________ 38<br />

1.7 Dokumentation___________________________________________________________ 39<br />

1.8 Umgang mit Dissens_______________________________________________________ 40<br />

2 Verknüpfung <strong>der</strong> Hilfeplanverfahren mit <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung_________________ 41<br />

2.1 Unterbr<strong>in</strong>gung außerhalb <strong>Rostock</strong>s __________________________________________ 42<br />

2.2 Arbeitsformen <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung _______________________________________ 42<br />

3 Jugendhilfeplanung und die Entwicklung von Qualitätsstandards _________________ 43<br />

Literatur________________________________________________________________ 45<br />

___________________________________________________<br />

1


Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Der hier vorliegende Bericht stellt den vorläufigen Abschluß e<strong>in</strong>es Projektes dar, das<br />

die Fachhochschule Neubrandenburg im Auftrag des Jugendamtes <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong><br />

<strong>Rostock</strong> (Jugendhilfeausschuß und Verwaltung) durchführte. Ziel <strong>der</strong> Untersuchung<br />

war es, die Qualität des Angebotes und <strong>der</strong> Verfahren im Bereich <strong>der</strong> <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong> kritisch zu untersuchen und Vorschläge für die<br />

Optimierung <strong>der</strong> Verfahren <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Hilfeplanung, <strong>der</strong> Vernetzung von Jugendhilfeplanung<br />

und <strong>in</strong>dividueller Hilfeplanung sowie für die Weiterentwicklung des<br />

Jugendhilfeangebotes vorzulegen.<br />

Entsprechend dieser Zielstellung wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt zufällig ausgewählte<br />

Akten mit Hilfeplänen von alle Hilfeformen <strong>der</strong> <strong>Hilfen</strong> zu <strong>Erziehung</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

auch von als gescheitert bewerteten Hilfeverläufen und von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n o<strong>der</strong> Jugendlichen,<br />

die außerhalb <strong>Rostock</strong>s untergebracht wurden, ausgewertet und die dar<strong>in</strong> dokumentierte<br />

<strong>in</strong>dividuelle Hilfeplanung analysiert. Vorläufige Ergebnisse dieses Arbeitsschrittes<br />

wurden im Zwischenbericht vom 30.11.1998 vorgelegt.<br />

Parallel dazu wurden – von den Trägern benannte - Experten freier Träger und des<br />

öffentlichen Trägers sowie betroffene Eltern zu ihren Erfahrungen mit dem Hilfeplanverfahren,<br />

zu ihrer E<strong>in</strong>schätzung des Bedarfs und Angebotes im Bereich <strong>der</strong> <strong>Hilfen</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong>, <strong>zur</strong> Qualität des Angebotes und zu Maßnahmen <strong>der</strong> Qualitätssicherung<br />

befragt. Die Ergebnisse dieser Befragung und <strong>der</strong> Auswertung <strong>der</strong> Akten bilden<br />

die Grundlage <strong>der</strong> <strong>in</strong> diesem Bericht vorgenommenen E<strong>in</strong>schätzungen und Vorschläge.<br />

Zielstellung des Projektes konnte es nicht se<strong>in</strong>, repräsentative Daten über die Situation<br />

<strong>der</strong> <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> zu erhalten, Entscheidungsprozesse <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Hilfeplanung und Akten repräsentativ auszuwerten und e<strong>in</strong>e repräsentative Befragung<br />

aller an <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung und an Hilfeprozessen Beteiligter durchzuführen.<br />

Für e<strong>in</strong> solches Verfahren wäre <strong>der</strong> Aufwand kaum zu rechtfertigen. Es geht <strong>in</strong><br />

dem Projekt und <strong>in</strong> dem hiermit vorgelegten Bericht um e<strong>in</strong>e Analyse <strong>der</strong> Schwachstellen<br />

und nicht um e<strong>in</strong>e Quantifizierung von Ereignissen und Verläufen, so daß auf<br />

repräsentative Aussagen im statistischen S<strong>in</strong>n gut verzichtet werden kann.<br />

___________________________________________________<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

Wir haben uns deshalb geme<strong>in</strong>sam für e<strong>in</strong>e recht offen angelegte Studie entschieden,<br />

die e<strong>in</strong>erseits alle <strong>in</strong> diesem Bereich tätigen Träger e<strong>in</strong>bezog und für <strong>in</strong>teressierte<br />

Institutionen am Rande <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong>shilfe zugänglich war, an<strong>der</strong>erseits auf<br />

die Erhebung repräsentativer Daten verzichtete und eher darauf abzielte, Diskussionsprozesse<br />

und Verfahrensverbesserungen zu <strong>in</strong>itiieren als die aktuelle Praxis detailliert<br />

zu bewerten.<br />

Bei diesem Vorgehen wurde <strong>in</strong> Kauf genommen, daß möglicherweise e<strong>in</strong>zelne Aspekte<br />

nicht genau gewichtet werden können und differenzierte Darstellungen zugunsten<br />

e<strong>in</strong>er po<strong>in</strong>tierteren Betrachtung <strong>der</strong> Probleme vernachlässigt wurden. So<br />

s<strong>in</strong>d die hier geschil<strong>der</strong>ten Ergebnisse also nicht e<strong>in</strong>fach als Wi<strong>der</strong>spiegelung <strong>der</strong><br />

Realität <strong>in</strong> den <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong> zu verstehen, son<strong>der</strong>n<br />

lediglich als – wie wir glauben – wirklichkeitsnaher Problemaufriß, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Grundlage bilden kann für e<strong>in</strong>e ausführliche Diskussion über mögliche Verän<strong>der</strong>ungsprozesse.<br />

I<br />

Fragestellungen, Grundlagen und Vorannahmen<br />

Die oben skizzierten Fragestellungen spiegeln theoretische und pragmatische<br />

Grundannahmen wi<strong>der</strong>, die als Voraussetzung <strong>in</strong> die Methodik e<strong>in</strong>gegangen s<strong>in</strong>d, die<br />

wir an dieser Stelle thesenartig explizieren wollen, da wir uns an an<strong>der</strong>er Stelle darauf<br />

beziehen werden.<br />

• Qualitätsziele <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong>shilfe s<strong>in</strong>d durch das KJHG weitgehend vorgegeben<br />

und müssen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung konkretisiert werden.<br />

Was unter dem Stichwort „Neue Steuerungsmodelle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugend- und Sozialarbeit“<br />

<strong>in</strong> den letzten Jahren <strong>in</strong>tensiv diskutiert wird, darf nicht e<strong>in</strong>fach als Debatte um die<br />

Anwendung betriebswirtschaftlicher Kriterien für die <strong>Erziehung</strong>shilfe und die Vere<strong>in</strong>fachung<br />

<strong>der</strong> Verwaltung <strong>in</strong> diesem Bereich mißverstanden werden, son<strong>der</strong>n muß<br />

verknüpft werden mit <strong>der</strong> fachlichen Diskussion um die Weiterentwicklung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>und<br />

Jugendhilfe im Kontext des KJHG.<br />

___________________________________________________<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

Qualitätsziele für die <strong>Erziehung</strong>shilfe, die dieser Untersuchung zugrunde liegen, s<strong>in</strong>d<br />

bereits im KJHG wie auch im 8. Jugendbericht formuliert, sie umfassen sowohl<br />

Strukturbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong>shilfe wie auch Verfahren und die Ergebnisqualität.<br />

Wir wollen an dieser Stelle nur auf die wichtigsten Qualitätsziele aus dem KJHG<br />

h<strong>in</strong>weisen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Planungsbereich <strong>der</strong> Jugendhilfe sichergestellt se<strong>in</strong> sollen:<br />

- die Gewährleistung von Trägervielfalt (§ 3) und das Wunsch und Wahlrecht (§ 5)<br />

- die Gewährleistung <strong>der</strong> Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen (§ 3)<br />

- die Stärkung <strong>der</strong> verschiedenen Formen von Selbsthilfe (§ 4)<br />

- die Beteiligung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen an allen sie betreffenden Entscheidungen<br />

(§ 8)<br />

- die Berücksichtigung beson<strong>der</strong>er sozialer und kultureller Bedürfnisse und Eigenarten<br />

junger Menschen und ihrer Familien<br />

- die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen und <strong>der</strong> Abbau<br />

von Benachteiligungen (§ 9)<br />

- <strong>der</strong> Erhalt <strong>der</strong> Kontakte <strong>zur</strong> Herkunftsfamilie und zum sozialen Umfeld (§ 80)<br />

- die Sicherstellung <strong>der</strong> ständigen Qualifizierung <strong>der</strong> Fachkräfte durch Fortbildung<br />

und Praxisberatung (§ 72)<br />

- das Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte bei <strong>der</strong> Wahl und Gestaltung längerfristiger<br />

<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> (§36)<br />

Diese Anfor<strong>der</strong>ungen des Gesetzes müssen durch die Gestaltung <strong>der</strong> Angebote<br />

mittels Jugendhilfeplanung und <strong>in</strong>dividueller Hilfeplanung vor Ort sichergestellt werden,<br />

sie liefern also so etwas wie e<strong>in</strong>en ersten Katalog an Qualitätszielen für den<br />

Ausbau <strong>der</strong> Jugendhilfe e<strong>in</strong>er Kommune.<br />

Gegenstand <strong>der</strong> Hilfeplanung und <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung s<strong>in</strong>d damit die Angebote<br />

freier und öffentlicher Träger und die Schnittstelle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zusammenarbeit. Jugendhilfeplanung<br />

bedeutet nicht nur die Bewertung und Planung <strong>der</strong> Aktivitäten <strong>der</strong> freien<br />

Träger <strong>der</strong> Jugendhilfe, son<strong>der</strong>n bezieht auch die Angebote <strong>der</strong> öffentlichen Jugendhilfe<br />

und das Zusammenwirken <strong>der</strong> öffentlichen und freien Träger mit e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>geschlossen<br />

s<strong>in</strong>d nicht nur eigene E<strong>in</strong>richtungen des öffentlichen Trägers wie städtische<br />

Beratungsstellen u.ä., son<strong>der</strong>n auch die Arbeit des sozialpädagogischen<br />

Dienstes und <strong>der</strong> Verwaltung des Jugendamtes, die wesentlichen Anteil an <strong>der</strong> Rea-<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

lisierung von Qualitätszielen wie Partizipation und Umsetzung des Wunsch- und<br />

Wahlrechtes haben.<br />

Individuelle Hilfeplanung ist die Voraussetzung <strong>zur</strong> Beurteilung des Erfolges<br />

o<strong>der</strong> Mißerfolges von Leistungen im E<strong>in</strong>zelfall<br />

Die Untersuchung von Hilfeplänen im E<strong>in</strong>zelfall und <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> <strong>in</strong> ihnen realisierten<br />

Verfahren, Qualitätskriterien e<strong>in</strong>erseits und die Untersuchung von Kooperationsbeziehungen<br />

zwischen öffentlichen und freien Trägern und Qualitätssicherung<br />

generell bei freien und öffentlichen Trägern soll <strong>der</strong> Tatsache Rechnung tragen, daß<br />

die <strong>in</strong>dividuellen Hilfeplanverfahren und die umfassen<strong>der</strong>e Sozialplanung als Momente<br />

e<strong>in</strong>es Gesamtprozesses zu verstehen s<strong>in</strong>d.<br />

Planung <strong>der</strong> <strong>Hilfen</strong> im E<strong>in</strong>zelfall und Dokumentation dieser Planung s<strong>in</strong>d also nicht<br />

nur für den jeweiligen E<strong>in</strong>zelfall von Bedeutung, sie s<strong>in</strong>d darüber h<strong>in</strong>aus Voraussetzung<br />

für die Bewertung des Verlaufes, d. h. für die Beurteilung, welche Ziele <strong>in</strong> welchem<br />

Umfang erreicht wurden, wie effektiv und effizient e<strong>in</strong>e Hilfe war, damit Voraussetzung<br />

für e<strong>in</strong>e Evaluation und e<strong>in</strong>e fundierte Fortschreibung <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung.<br />

Jugendhilfeplanung ihrerseits muß die aus E<strong>in</strong>zelfällen gewonnenen Erkenntnisse<br />

über Angebotsmängel, Verfahrensfehler o<strong>der</strong> strukturelle Defizite e<strong>in</strong>beziehen<br />

und darauf reagieren.<br />

Individuelle Hilfeplanung ist e<strong>in</strong> fortlaufen<strong>der</strong> Aushandlungsprozeß<br />

Individuelle Hilfeplanung ist als fortlaufen<strong>der</strong> Prozeß zu verstehen, <strong>der</strong> nicht nur e<strong>in</strong>malige<br />

Entscheidungsprozesse umfaßt. Hilfeplanung be<strong>in</strong>haltet alle Prozesse von<br />

<strong>der</strong> Erarbeitung und Formulierung von Zielen, <strong>der</strong> Wahl von und Entscheidung für<br />

bestimmte Angebote, <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> Erreichung von Zielen bis <strong>zur</strong> Entscheidung<br />

über die Beendigung <strong>der</strong> Hilfe. Für alle diese Schritte s<strong>in</strong>d die im KJHG verankerten<br />

Qualitätskriterien, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Partizipation von Eltern, K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />

zu berücksichtigen. Hilfeplanung schlägt sich deshalb nicht alle<strong>in</strong> im sogenannten<br />

Hilfeplan nie<strong>der</strong>, im Gegenteil, das Hilfeplangespräch und die Abfassung<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

e<strong>in</strong>es Hilfeplans machen überhaupt nur S<strong>in</strong>n im Kontext e<strong>in</strong>es mittel- o<strong>der</strong> langfristig<br />

angelegten Verfahrens <strong>zur</strong> Optimierung <strong>der</strong> auf den E<strong>in</strong>zelfall bezogenen Hilfe.<br />

Die Analyse als mißlungen bewerteter Hilfeverläufe bietet die Chance, strukturelle<br />

Schwachstellen zu erkennen<br />

Wir haben uns bei <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barung über das Projekt darüber verständigt, beson<strong>der</strong>es<br />

Augenmerk auf gescheiterte Maßnahmen zu legen, d.h. Fälle zu betrachten, bei<br />

denen die gewünschten Ziele nicht erreicht wurden. Diese gewollte Konzentration auf<br />

das Negative bietet im Vergleich zu e<strong>in</strong>er nur auf das Zufallspr<strong>in</strong>zip beschränkten<br />

Aktenauswahl weiterführende Chancen, da das Mißl<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>er Hilfe sich nur zu e<strong>in</strong>em<br />

Teil auf Faktoren, die im Klienten o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>em Umfeld zu liegen, <strong>zur</strong>ückführen<br />

läßt. Zum an<strong>der</strong>en verweist es auch o<strong>der</strong> vor allem auf <strong>in</strong>stitutionelle, strukturelle o-<br />

<strong>der</strong> personelle Ursachen, die dazu beitrugen, daß die Institutionen die <strong>in</strong> sie gesetzten<br />

Erwartungen nicht erfüllen konnten, auch unter Berücksichtigung <strong>der</strong> bekannten<br />

Schwierigkeit des Falles.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e bei Entlassungen aus o<strong>der</strong> Verlegungen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Heimerziehung,<br />

die nicht geplant waren, wird deutlich, daß sie nicht nur für die betroffenen K<strong>in</strong><strong>der</strong>,<br />

Jugendlichen und Familien gravierende Folgen haben (Beziehungsabbrüche, Schulwechsel<br />

etc.), son<strong>der</strong>n daß sie auch mit Qualitätsverlusten <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung verbunden<br />

s<strong>in</strong>d (ger<strong>in</strong>gere Stabilität <strong>in</strong> den Gruppen etc.).<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite führt natürlich die Konzentration auf die mißlungenen Fälle zu<br />

e<strong>in</strong>er Verzerrung des Gesamtbildes, da gel<strong>in</strong>gende Prozesse als selbstverständlich<br />

wahrgenommen und folglich wenig beachtet werden. Dies sollte bei <strong>der</strong> Lektüre beachtet<br />

werden.<br />

Unterbr<strong>in</strong>gungen außerhalb <strong>Rostock</strong>s s<strong>in</strong>d Indikator für Mängel im Angebot <strong>der</strong><br />

<strong>Erziehung</strong>shilfen<br />

E<strong>in</strong> Haupt<strong>in</strong>teresse dieses Projektes lag <strong>in</strong> <strong>der</strong> kritischen Überprüfung <strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen außerhalb <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />

Unterbr<strong>in</strong>gung außerhalb auch <strong>der</strong> benachbarten Kreise.<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

Sogenannte milieuferne Unterbr<strong>in</strong>gung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen sollte – folgt<br />

man <strong>der</strong> Fachdiskussion - aus e<strong>in</strong>er Reihe von Gründen die Ausnahme darstellen.<br />

Regionalisierung <strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung wird im Zusammenhang <strong>der</strong> Lebensweltorientierung<br />

<strong>der</strong> Jugendhilfe (vgl. 8. Jugendbericht) begründet vor allem mit den negativen<br />

Erfahrungen, die <strong>in</strong> vielen Jahren mit <strong>der</strong> Entfernung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n aus e<strong>in</strong>em problematisch<br />

bewertetem Milieu gemacht wurden. Nicht nur, daß nach Beendigung <strong>der</strong><br />

Heimerziehung und Rückkehr an den Heimatort die alten Schwierigkeiten wie<strong>der</strong> neu<br />

auftraten, viele K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche suchten und fanden auch an den neuen Lebensorten<br />

ebenso problematische Kontakte wie am Heimatort o<strong>der</strong> sie ließen sich<br />

nicht auf die ungewollte Situation e<strong>in</strong> und entwichen aus den E<strong>in</strong>richtungen, <strong>in</strong> denen<br />

sie betreut werden sollten. E<strong>in</strong>e konstruktive Elternarbeit war bei überregionaler Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

ebenso erschwert wie die Arbeit mit <strong>der</strong> Peer-group <strong>der</strong> betroffenen K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

und Jugendlichen. Mißt man den Erfolg von Heimunterbr<strong>in</strong>gung mit <strong>der</strong> Lebensbewährung<br />

nach <strong>der</strong> Heimentlassung, muß die herkömmliche Strategie, K<strong>in</strong><strong>der</strong> und<br />

Jugendliche weitab von ihren Ursprungsorten unterzubr<strong>in</strong>gen, als äußerst problematisch<br />

bewertet werden.<br />

Nimmt man diese Kritik an milieuferner Unterbr<strong>in</strong>gung ernst, muß Unterbr<strong>in</strong>gung jenseits<br />

des Herkunftsortes <strong>in</strong> jedem E<strong>in</strong>zelfall begründet werden. E<strong>in</strong>e Häufung von<br />

Unterbr<strong>in</strong>gungen außerhalb e<strong>in</strong>er Kommune und ihres Nahbereichs muß dann als<br />

struktureller Mangel im Angebot o<strong>der</strong> im Verfahren <strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung verstanden<br />

werden. Ziel des Projektes war also auch e<strong>in</strong>e Überprüfung, ob sich die Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

außerhalb <strong>Rostock</strong>s tatsächlich auf das fachlich begründete Maß beschränkt.<br />

Individuelle Hilfeplanung und Jugendhilfeplanung s<strong>in</strong>d Steuerungs<strong>in</strong>strumente<br />

<strong>zur</strong> Qualitätssicherung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />

Im Zusammenhang mit gescheiterten <strong>Hilfen</strong> und Angebotslücken <strong>in</strong> den <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong><br />

<strong>Erziehung</strong> stellt sich die Frage nach verbesserten Möglichkeiten <strong>der</strong> Qualitätssicherung<br />

bei den an den Hilfeprozessen beteiligten Institutionen. Die Verantwortung für<br />

die Qualität <strong>in</strong> den <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> muß auf verschiedenen Ebenen wahrgenommen<br />

werden, wobei die Verantwortung auf ke<strong>in</strong>er Ebene losgelöst von den an<strong>der</strong>en<br />

betrachtet werden kann.<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

Dem öffentlichen Träger (Jugendhilfeausschuß) obliegt – selbstverständlich <strong>in</strong> Kooperation<br />

mit den freien Trägern - die Gesamtverantwortung für die Gestaltung <strong>der</strong><br />

Jugendhilfe. Rechtzeitige Planung, d.h. Erhebung des Bestandes, <strong>der</strong> Angebotslücken<br />

und des Bedarfes, Diskussion von Planungszielen und E<strong>in</strong>leitung von Schritten<br />

<strong>zur</strong> Weiterentwicklung des Angebotes s<strong>in</strong>d Voraussetzung für e<strong>in</strong>e bedarfsgerechte<br />

Angebotsentwicklung.<br />

Freie und öffentliche Träger müssen kooperativ die Qualität des Zuordnungsprozesses<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Maßnahmepassung“ sichern, d.h. Verfahren <strong>zur</strong> Hilfeplanung entwickeln,<br />

die sicherstellen, daß für den E<strong>in</strong>zelfall die den Qualitätszielen entsprechende<br />

Hilfe gefunden wird.<br />

Die E<strong>in</strong>richtungen schließlich tragen die Hauptverantwortung für die Sicherung <strong>der</strong><br />

Qualität <strong>der</strong> von ihnen angebotenen Leistungen entsprechend <strong>der</strong> vere<strong>in</strong>barten Ziele<br />

und Qualitätsstandards.<br />

Qualitätsmanagement bezeichnet die jeweilige organisatorische Umsetzung bei <strong>der</strong><br />

Entwicklung, Sicherung und Fortschreibung von Qualitätsstandards.<br />

II<br />

Auswertung <strong>der</strong> Befragungen und Hilfepläne<br />

Im Folgenden werden wir versuchen, die Ergebnisse <strong>der</strong> Befragungen und <strong>der</strong> Aktenauswertung<br />

systematisch unter e<strong>in</strong>igen Gesichtspunkten zusammenzufassen,<br />

diese Zusammenfassung jeweils zugespitzt auf die uns bedeutsam ersche<strong>in</strong>enden<br />

Fragestellungen und Mängel zu bewerten, um dann im nächsten Teil <strong>in</strong> den selben<br />

Kategorien auf Verbesserungsmöglichkeiten und auf Empfehlungen e<strong>in</strong>zugehen.<br />

Wir stützen uns auf die Befragung von Experten, die uns von Verantwortlichen des<br />

Jugendamtes und von Mitglie<strong>der</strong>n des Projektbeirates als Gesprächspartner vorgeschlagen<br />

wurden, auf die Gespräche mit Eltern, die uns von Mitarbeitern des Jugendamtes<br />

vermittelt wurden und auf die Auswertungen von Hilfeplänen. Die Gespräche<br />

mit Eltern kamen erst nach erheblichem Aufwand zustande, während alle<br />

vorgeschlagenen Experten dankenswerterweise zu Gesprächen bereit waren. Die<br />

meisten dieser Interviews haben viel Zeit <strong>in</strong> Anspruch genommen und unter an<strong>der</strong>em<br />

deshalb konnte nicht <strong>in</strong> allen Gesprächen auf alle Fragen des Leitfadens e<strong>in</strong>gegangen<br />

werden. Vielfach fühlten sich die Gesprächspartner nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, zu bestimmten<br />

Bereichen Aussagen zu treffen, etwa wenn sie selbst nicht an Hilfeplan-<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

verfahren beteiligt waren o<strong>der</strong> als Mitarbeiter im Gruppendienst ke<strong>in</strong>e Aussagen zu<br />

Standards des Trägers <strong>in</strong>sgesamt machen konnten.<br />

Allgeme<strong>in</strong> muß noch e<strong>in</strong>mal vorangestellt werden, daß es nicht das Ziel des Projektes<br />

war, repräsentative Aussage über den Bereich <strong>der</strong> <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong><br />

zu machen. Ziel war es, Problembereiche, mögliche Schwachstellen und Kooperationsprobleme<br />

aufzuspüren und Verbesserungsmöglichkeiten vorzuschlagen. Dadurch<br />

wird naturgemäß <strong>der</strong> Blick <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Untersuchung auf das Negative<br />

gelenkt, was für die <strong>in</strong>terne Diskussion auch nicht weiter problematisch ersche<strong>in</strong>t,<br />

jedoch schwierig werden kann, wenn von Außenstehenden die Bewertungen für das<br />

Ganze genommen werden.<br />

Vorangestellt werden muß aber auch, daß die Zufriedenheit, die viele <strong>der</strong> von uns<br />

befragten Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter <strong>der</strong> freien Träger und des öffentlichen<br />

Trägers und auch die Eltern <strong>in</strong> den Gesprächen äußerten, gleichfalls nicht überbewertet<br />

werden darf. Die Zufriedenheit <strong>der</strong> Adressaten ist im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Dienstleistungsorientierung<br />

zwar e<strong>in</strong> wichtiges Kriterium, sagt aber aufgrund <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en<br />

Struktur <strong>der</strong> Dienstleistung „Hilfe <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong>“ gar nichts über die Effizienz <strong>der</strong><br />

Leistung aus. Die Adressaten müssen die Leistung nicht selbst bezahlen, das Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />

ist ihnen strukturell gleichgültig.<br />

1 Hilfeplanung<br />

Wir haben – wie oben schon erläutert - das Hilfeplanverfahren aus zwei methodisch<br />

unterschiedlichen Zugängen untersucht, zum e<strong>in</strong>en aus <strong>der</strong> Analyse von Akten, zum<br />

an<strong>der</strong>en mittels Befragung von Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeitern des öffentlichen<br />

und verschiedener freier Träger und Gesprächen mit Personensorgeberechtigten.<br />

Die Akten spiegeln (zum<strong>in</strong>dest) den M<strong>in</strong>imalkonsens über den <strong>in</strong> ihnen dokumentierten<br />

Ausschnitt <strong>der</strong> Praxis wi<strong>der</strong>, lassen aber vieles offen, eben weil es nicht dokumentiert<br />

wurde, auch wenn es zum Verständnis <strong>der</strong> Entscheidungen bedeutsam<br />

gewesen wäre. Die Gespräche reflektieren stärker das Selbstverständnis und die<br />

Motive <strong>der</strong> Beteiligten, ihre Sicht des Verfahrens und <strong>der</strong> Kooperation, schil<strong>der</strong>n eher<br />

die jeweilige „Theorie“ über das Hilfeplanverfahren, sparen aber die pragmatischen<br />

Kompromisse, Vere<strong>in</strong>fachungen und Umwege des Handelns im E<strong>in</strong>zelfall weitge-<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

hend aus und lassen so - je nach Position <strong>der</strong> Gesprächspartner - unterschiedliche,<br />

geglättete Sichtweisen ersche<strong>in</strong>en.<br />

Obwohl von vielen Gesprächspartnern die Frage nach e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichen Verfahren<br />

bejaht wurde, erwecken die Gespräche und die Akten den E<strong>in</strong>druck, daß e<strong>in</strong> solches<br />

Verfahren den meisten Beteiligten nicht h<strong>in</strong>reichend bekannt ist und nicht zuletzt<br />

deshalb auch nicht durchgängig umgesetzt werden kann. Es sche<strong>in</strong>t sich eher noch<br />

im Diskussionsstadium zu bef<strong>in</strong>den, we<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>zelne Verfahrensschritte noch<br />

teilweise vorhandene Formblätter für ganz <strong>Rostock</strong> verb<strong>in</strong>dlich.<br />

Im wesentlichen gibt es zwei zentrale Merkmale des Hilfeplanverfahrens, die weitgehend<br />

e<strong>in</strong>heitlich gehandhabt werden, die jedoch noch ke<strong>in</strong> <strong>in</strong>sgesamt verb<strong>in</strong>dliches<br />

Verfahren konstituieren.<br />

• Die Verfahrensverantwortung liegt e<strong>in</strong>deutig <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand des Jugendamtes, wie<br />

es ja auch im KJHG so vorgesehen ist. Auch e<strong>in</strong>e Initiierung von Hilfeplanverfahren<br />

durch freie Träger ist faktisch nicht vorgesehen und wird nicht praktiziert. E<strong>in</strong>e<br />

Ausnahme von dieser Regel kann die <strong>Erziehung</strong>sberatung darstellen.<br />

• Durchgängige Regel ist auch, daß e<strong>in</strong> Hilfeplan erstellt wird. In ihm werden zum<strong>in</strong>dest<br />

Grobziele für die Hilfe und die beschlossene Hilfemaßnahme dokumentiert.<br />

In <strong>der</strong> Konkretisierung gibt es erhebliche Unterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachvollziehbarkeit<br />

<strong>der</strong> Entscheidungsprozesse, Ausführlichkeit und Inhalt <strong>der</strong> Protokolle variieren<br />

sehr stark nach Beson<strong>der</strong>heiten des Falles und Hilfeform.<br />

Aus den Gesprächen geht allerd<strong>in</strong>gs hervor, daß auch diese Grundregel außer Kraft<br />

gesetzt werden kann, bei sogenannten vere<strong>in</strong>fachten Hilfeplanverfahren, wenn die<br />

Hilfe durch e<strong>in</strong>en städtischen Dienst geleistet wird. Z. T. wird dies mit <strong>der</strong> Behauptung<br />

begründet, daß bei diesen <strong>Hilfen</strong> Kosten ke<strong>in</strong>e Rolle spielen würden. Unklar<br />

blieb für uns, ob <strong>in</strong> solchen Fällen von den Berechtigten auch ke<strong>in</strong> Antrag gestellt<br />

wird (werden muß):<br />

„ Wir unterscheiden zwischen dem vere<strong>in</strong>fachten Verfahren und dem Regelverfahren,<br />

und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel ist das so, daß vorher e<strong>in</strong>e Helferkonferenz stattf<strong>in</strong>det, und beim vere<strong>in</strong>fachten<br />

Verfahren kann man sich auf die Fachme<strong>in</strong>ung des Trägers berufen. E<strong>in</strong> Beispiel,<br />

wenn aus <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong>sberatung e<strong>in</strong>e Hilfeform <strong>in</strong>itiiert wird, wie Gruppenarbeit,<br />

braucht die Helferkonferenz nicht unbed<strong>in</strong>gt zusammentreffen, da wird dann die Fachme<strong>in</strong>ung<br />

des Trägers akzeptiert... und damit nimmt ja <strong>der</strong> Träger e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Verantwortung<br />

wahr.“<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

Die Familienberatungsstelle <strong>in</strong> kommunaler Trägerschaft arbeitet nicht nach dem<br />

Hilfeplanverfahren. Offenbar werden im Jugendamt <strong>in</strong>terne Kosten nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong>selben<br />

Weise als Kosten wahrgenommen werden wie etwa Fachleistungsstunden bei externen<br />

Anbietern:<br />

1.1 Ablauf des Hilfeplanverfahrens<br />

Wir haben die Interviews zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt durchgeführt, an dem neue Regeln und<br />

Formblätter für die Durchführung des Hilfeplanverfahrens erarbeitet, aber offenbar<br />

nicht jedem Mitarbeiter im Amt bekannt und <strong>in</strong> Gebrauch waren. Auch an<strong>der</strong>e von<br />

e<strong>in</strong>igen Befragten als Standard geschil<strong>der</strong>te Vorgehensweisen waren nicht überall<br />

als Regel etabliert. Mit Sicherheit beziehen sich unsere Beobachtungen also auf D<strong>in</strong>ge,<br />

die zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Untersuchung <strong>in</strong> Bewegung waren, möglicherweise s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>ige unserer Beobachtungen heute bereits überholt, deutlich wurden jedoch H<strong>in</strong>weise<br />

gegeben auf e<strong>in</strong>en teilweise großen Unterschied zwischen Theorie und Praxis<br />

des Hilfeplanverfahrens, <strong>der</strong> sich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> sehr unterschiedlichen Dokumentation<br />

<strong>in</strong> den untersuchten Akten nie<strong>der</strong>schlägt.<br />

Von den Gesprächspartnern wurden die e<strong>in</strong>zelnen Schritte des Verfahrens z.T. mit<br />

unterschiedlicher Term<strong>in</strong>ologie belegt: So werden zwar Fachgespräche, Fachkonferenzen,<br />

Teamkonferenzen, Helferkonferenzen und <strong>Erziehung</strong>skonferenzen unterschieden,<br />

die Unterschiede zwischen diesen Gesprächsformen und <strong>der</strong> unterschi8edlichen<br />

Besetzung und Zielsetzung, die Entscheidungkompetenzen <strong>in</strong> den<br />

Gremien konnten anhand <strong>der</strong> Gespräche und <strong>der</strong> Akten nicht e<strong>in</strong>deutig geklärt werden.<br />

Es handelt sich eher um e<strong>in</strong>e une<strong>in</strong>heitliche Sprachregelung für Sitzungen, die<br />

dem „eigentlichen“ Hilfeplangespräch vorangehen o<strong>der</strong> auch für das Hilfeplangespräch<br />

selbst.<br />

Für freie Träger spielt sich diese erste Phase des Verfahrens fast im Verborgenen<br />

ab. Von ihnen war über diesen Vorlauf fast gar nichts zu erfahren, was bedeutet, daß<br />

das Verfahren für sie praktisch zweigeteilt ist, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Teil, von dem sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

nichts wissen und e<strong>in</strong>en weiteren Teil, an dem sie beteiligt s<strong>in</strong>d. Das Hilfeplangespräch<br />

sche<strong>in</strong>t die Grenzl<strong>in</strong>ie zwischen diesen beiden Teilen des Verfahrens zu se<strong>in</strong>.<br />

Das vere<strong>in</strong>fachten Hilfeplanverfahren f<strong>in</strong>det ganz ohne Mitwirkung Außenstehen<strong>der</strong><br />

statt „da wird alles nur im kle<strong>in</strong>en Kreis, das heißt im Rahmen <strong>der</strong> Bereichssozialarbeiter<br />

besprochen. Die Bereichssozialarbeiter arbeiten <strong>in</strong> drei Teams hier <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt und haben<br />

jeden Freitag Sitzung.“<br />

E<strong>in</strong> reguläres Hilfeplanverfahren verläuft nach weitgehend übere<strong>in</strong>stimmenden Aussagen<br />

ungefähr folgen<strong>der</strong>maßen:<br />

.“.... <strong>der</strong> Bürger kommt zu uns... dann gibt es Beratungsgespräche beim Bereichssozialarbeiter,<br />

wenn er mit Beratungsgesprächen das Problem nicht löst, wird es zu e<strong>in</strong>em<br />

Antrag kommen. Der Antrag wird überarbeitet, das ist e<strong>in</strong>e Grundlage <strong>der</strong> Helferkonferenz,<br />

so daß dieses Gremium sich konstituieren muß, um zu sehen, ist die<br />

Hilfe notwendig... ja, und von <strong>der</strong> Helferkonferenz kommt ja praktisch e<strong>in</strong>e Teamentscheidung,<br />

wie sich das <strong>der</strong> Gesetzgeber erwünscht... so dann folgt nachher die <strong>Erziehung</strong>skonferenz,<br />

also <strong>der</strong> Hilfeplan an dieser Stelle wird mit den beteiligten Personen<br />

durchgeführt. Die freien Träger werden erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Phase des Hilfeplanverfahrens,<br />

also vor <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong>skonferenz angesprochen... . Der Bewilligungsbescheid<br />

ist also <strong>der</strong> Endpunkt, wo also die Leistung als notwendig und geeignet angesehen<br />

wird, wo <strong>der</strong> geeignete Träger dann gefunden ist, also mit <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong>skonferenz<br />

wird <strong>der</strong> Punkt dann festgemacht.“<br />

Nach E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Mitarbeiter im Amt vergehen ungefähr vier (zwischen 3 und<br />

6) Wochen zwischen Kontaktaufnahme und Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Hilfe. Der Bereichssozialarbeiter<br />

trifft im Vorfeld die Entscheidung, wer als Verfahrensbeteiligter zu gelten hat<br />

(ob die Eltern, Nachbarn, Lehrer mit dazu genommen werden) und – im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />

Teamentscheidung - die Entscheidung über Hilfeformen und Träger.<br />

“Der Bereichssozialarbeiter trägt die Verantwortung für die Entscheidung. Es ist e<strong>in</strong><br />

Entscheidungsteam. Und ich kenne ke<strong>in</strong>en Fall, wo also <strong>der</strong> Sozialarbeiter sich veranlaßt<br />

sah, gegen e<strong>in</strong>e Teamentscheidung... es wird ja auch umfangreich diskutiert.<br />

Es ist auch e<strong>in</strong>e gewisse Sicherheit sich auf bestimmte Entscheidungen berufen zu<br />

können.“<br />

Die Helferkonferenz wird also als Entscheidungsgremium verstanden, wie <strong>der</strong> Bereichssozialarbeiter<br />

an dem Fall weiterarbeiten kann. Die e<strong>in</strong>zelnen Sozialarbeiter<br />

sehen unterschiedlich gute Möglichkeiten, ihre Sichtweise <strong>in</strong> diesem Gremium<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

durchzusetzen. In ihr wird das Thema bearbeitet, wer die Hilfe leisten kann, welcher<br />

Träger freie Kapazitäten hat. Für diese Helferkonferenz gibt es – so berichten e<strong>in</strong>zelne<br />

Mitarbeiter – feste Verfahrensregeln.<br />

„Da ist es grundsätzlich so, daß die Kolleg<strong>in</strong>, die den Fall vorstellt mit e<strong>in</strong>er Analyse<br />

über die Familie beg<strong>in</strong>nt mit ihren Erkenntnissen, die sie getroffen hat, aber alle Personen<br />

kommen zu Wort.<br />

Es wird dann <strong>in</strong>nerhalb dieser Konferenz überlegt, wie <strong>der</strong> Kontakt hergestellt werden<br />

kann, etwa „ob <strong>der</strong> Familienhelfer alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> die Familie geht o<strong>der</strong> ob alle erst e<strong>in</strong>mal<br />

zum Jugendamt e<strong>in</strong>geladen werden.“<br />

Zur förmlichen Antragstellung von Seiten <strong>der</strong> Hilfesuchenden kommt es, bevor die<br />

Helferkonferenz e<strong>in</strong>berufen wird, „.weil die Bereichssozialarbeiter<strong>in</strong> auch ganz gerne was<br />

schriftlich haben möchte.“<br />

Kommunikation zum freien Träger existiert zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Helferkonferenz noch<br />

nicht.<br />

„Wir haben uns dazu durchgerungen, die freien Träger dort noch gar nicht dazu e<strong>in</strong>zuladen,<br />

weil ja noch nicht raus ist, welche Hilfe überhaupt notwendig ist.“<br />

Wenn die Kontaktaufnahme zum freien Träger erfolgt ist, wird bei ambulanten <strong>Hilfen</strong><br />

e<strong>in</strong>e Spanne von zwei bis drei Wochen vere<strong>in</strong>bart, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Kontaktaufnahmephase<br />

gestaltet werden soll „, wo wir sagen, es gibt aber noch ke<strong>in</strong>en Bewilligungsbescheid“.<br />

Danach wird die <strong>Erziehung</strong>skonferenz e<strong>in</strong>berufen.<br />

Im Idealfall beg<strong>in</strong>nt die Maßnahme mit <strong>der</strong> Leistungsbewilligung, also etwa 4-6 Wochen<br />

nach <strong>der</strong> Kontaktaufnahme <strong>der</strong> Familie zum Jugendamt. Manchmal ist das<br />

Verfahren auch noch nicht abgeschlossen und die Hilfe beg<strong>in</strong>nt bereits vor Fertigstellung<br />

e<strong>in</strong>es Hilfeplans.<br />

Wir werden im Folgenden e<strong>in</strong>ige Stellen dieses Verfahrens, die uns für die Frage <strong>der</strong><br />

Verfahrensqualität beson<strong>der</strong>s bedeutsam ersche<strong>in</strong>en, näher beschreiben.<br />

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1.2 E<strong>in</strong>beziehung von an<strong>der</strong>en Fachkräften <strong>in</strong> die Hilfeplanung<br />

Wie oben erwähnt ist es Sache des Bereichssozialarbeiters zu entscheiden, wer am<br />

Fachteam o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Helferkonferenz zu beteiligen ist. Die Beteiligung von Fachdiensten<br />

des eigenen Jugendamtes hängt davon ab, ob <strong>der</strong> zuständige Bearbeiter<br />

e<strong>in</strong>e bestimmte Hilfeform bereits favorisiert hat. Ergibt sich e<strong>in</strong> Votum für e<strong>in</strong>e Form<br />

(ambulante Hilfe, stationäre Hilfe, Pflegestelle) erst aus dem Verlauf <strong>der</strong> Sitzung,<br />

muß die Konferenz möglicherweise wie<strong>der</strong>holt werden o<strong>der</strong> die Informationen gehen<br />

verloren. Der Bereichssozialarbeiter hat es also mit <strong>der</strong> Zusammensetzung <strong>der</strong> Helferkonferenz<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Hand, wie eng er den Fall führt, welche <strong>Hilfen</strong> er für wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

o<strong>der</strong> unwahrsche<strong>in</strong>lich hält. Dies ersche<strong>in</strong>t aus arbeitsökonomischen<br />

Gründen auch vernünftig, wird allerd<strong>in</strong>gs problematisch, wenn aufgrund fehlen<strong>der</strong><br />

Dokumentation für an<strong>der</strong>e Teilnehmer <strong>der</strong> Helferkonferenz kaum e<strong>in</strong> eigenständiges<br />

Urteil möglich ist.<br />

„Oftmals gerade <strong>in</strong> den ersten Gesprächen, da laufen so wichtige Informationen, das<br />

bekommt man dann gar nicht mehr nachgeholt..., wenn schon so viel gelaufen ist.<br />

Je<strong>der</strong> wußte eigentlich von Anfang an, es geht <strong>in</strong> diese Richtung, und erst wenn es<br />

denn schwarz auf weiß steht, dann nimmt man den Fachdienst dazu.“<br />

E<strong>in</strong> Hilfeverfahren <strong>der</strong> Hilfeformen SPFH, <strong>Erziehung</strong>sbeistandschaft, <strong>in</strong>tensive sozialpädagogische<br />

E<strong>in</strong>zelbetreuung erfor<strong>der</strong>t immer die Mitarbeit des ‚Sachgebietsleiters<br />

ambulante <strong>Hilfen</strong>’. Diese Regelung führt an dieser Stelle zu e<strong>in</strong>em Ungleichgewicht<br />

zwischen dem öffentlichen Träger und den freien Trägern, <strong>in</strong>dem die ambulanten<br />

Dienste <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> selbst zu e<strong>in</strong>em früheren Zeitpunkt fachlich beteiligt<br />

s<strong>in</strong>d als die entsprechenden freien Träger. Die Entscheidung im Vorfeld zugunsten<br />

<strong>der</strong> Hilfegewährung durch den Dienst <strong>der</strong> Stadt kann wahrgenommen werden als<br />

e<strong>in</strong>e Auswahl <strong>der</strong> Fälle, die man am liebsten selbst bearbeiten möchte. Verstärkt<br />

werden kann dieses Problem noch bei Anwendung des „vere<strong>in</strong>fachten Hilfeplanverfahrens“.<br />

Auch die Entscheidung über die E<strong>in</strong>beziehung von externen Fachkräften liegt beim<br />

Bereichssozialarbeiter. In den Akten haben wir sehr wenige Fälle gefunden, <strong>in</strong> denen<br />

e<strong>in</strong>e solche Beteiligung erfolgte. Es gibt offenbar hierfür ke<strong>in</strong>e Verfahrensregeln, die<br />

Mitarbeiter verstehen das Zusammenwirken verschiedener Fachkräfte hauptsächlich<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

als Beteiligung <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternen Fachdienste und Nutzung <strong>der</strong> amts<strong>in</strong>ternen Beratungsstrukturen.<br />

Lediglich bei §35a KJHG ist die Beteiligung externer Fachkräfte als Gutachter<br />

vorgesehen und wird entsprechend gehandhabt:<br />

„Zum Beispiel nach 35 a, da muß e<strong>in</strong> Gutachten vom Amtsarzt vorliegen, aber ansonsten<br />

liegt es an dem Bereichssozialarbeiter... ob er sich externe Sachverständige<br />

ranholt bei großen Verhaltensauffälligkeiten“.<br />

Mitarbeiter <strong>der</strong> wirtschaftlichen Jugendhilfe s<strong>in</strong>d nur <strong>in</strong> Helferkonferenzen anwesend,<br />

wenn es um e<strong>in</strong>e hohe wirtschaftliche Belastung geht, speziell bei Mehrfachbetreuung,<br />

und bei Unterbr<strong>in</strong>gung bei Trägern, die <strong>in</strong> den alten Bundeslän<strong>der</strong>n tätig s<strong>in</strong>d.<br />

Außerdem ist die wirtschaftliche Jugendhilfe bei den Sachgebietsleiterberatungen<br />

beteiligt und wird oft im Vorfeld von Entscheidungen befragt:<br />

„Vor Fehle<strong>in</strong>schätzungen will man sich ja hüten und da muß man sich e<strong>in</strong>fach dem<br />

Amt auch stellen. Aber es wird nicht erst die wirtschaftliche Jugendhilfe befragt, zum<br />

Glück noch nicht.“<br />

1.3 Beteiligung von Personensorgeberechtigten, K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />

.<br />

Eltern, Elternteile o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Personensorgeberechtigte sowie K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>erseits als Initiatoren <strong>der</strong> Hilfe von Beg<strong>in</strong>n an beteiligt, an<strong>der</strong>erseits ersche<strong>in</strong>t<br />

ihre Rolle im Prozeß <strong>der</strong> Hilfeplanung weitgehend ungeklärt. Schon bei <strong>der</strong><br />

Informationsgew<strong>in</strong>nung durch die Bereichssozialarbeiter s<strong>in</strong>d deutliche Unterschiede<br />

zu bemerken. Während e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Mitarbeiter Hausbesuche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie für e<strong>in</strong>en<br />

Standard hält, me<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>e, daß dies so gut wie nie vorkomme. E<strong>in</strong> Mitarbeiter<br />

des Jugendamtes beschreibt,<br />

„daß zum Beispiel Hausbesuche sehr, sehr selten durchgeführt werden, um e<strong>in</strong> Hilfeplanverfahren<br />

zu organisieren und wenn, dann nur bei Fremdmeldungen durch<br />

Schulen o<strong>der</strong> Ärzte, dann müssen diese H<strong>in</strong>weise geprüft werden.“<br />

Während die Mehrheit <strong>der</strong> befragten Eltern berichtet, daß <strong>der</strong> Bereichssozialarbeiter<br />

e<strong>in</strong>mal o<strong>der</strong> regelmäßig bei ihnen war, gibt e<strong>in</strong>e Mutter an, daß <strong>der</strong> Sozialarbeiter ihr<br />

K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Jahr nach Gewährung <strong>der</strong> Hilfe noch nicht persönlich kannte. An<strong>der</strong>e Eltern<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

geben zum Ausdruck, daß sich die jeweilige Bereichssozialarbeiter<strong>in</strong> nur wenig über<br />

die familiäre Lebenssituation <strong>in</strong>formiert habe.<br />

Wir werden an an<strong>der</strong>er Stelle darauf <strong>zur</strong>ückkommen, daß bei e<strong>in</strong>em solchen Vorgehen<br />

die Betrachtung aus verschiedenen Perspektiven ebenso zu kurz zu kommen<br />

droht wie die Suche nach und die E<strong>in</strong>beziehung von Ressourcen im Lebensfeld <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen.<br />

E<strong>in</strong> Fachberater bemerkt eher formal, daß <strong>der</strong> Personensorgeberechtigte das Hilfeplanverfahren<br />

ja e<strong>in</strong>leitet „... durch die Antragstellung, und das ist ja, wenn man so<br />

will, auch e<strong>in</strong>e Beteiligung... es setzt sich ja im Prozeß immanent fort, weil ja se<strong>in</strong><br />

Interesse und se<strong>in</strong> Anliegen vertreten wird... die <strong>in</strong>tensive Sache ist natürlich die <strong>Erziehung</strong>skonferenz“<br />

E<strong>in</strong>zelne Mitarbeiter nehmen e<strong>in</strong>e Unsicherheit im Umgang mit den Eltern und Sorgeberechtigten<br />

wahr und vermuten, „daß sich Hilfepläne schneller und auch besser<br />

erstellen ließen, wenn man fachlich-methodisch besser mit den Eltern umgehen könnte.“<br />

An<strong>der</strong>e erklären aufkommende Konflikte und Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten mit falschen<br />

Erwartungshaltungen <strong>der</strong> Eltern gegenüber dem Jugendamt o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hilfe.<br />

E<strong>in</strong> Dissens zwischen Jugendamt und Eltern wird dann mit Gesprächen und Beratungen<br />

angegangen, um e<strong>in</strong>en Konsens zu f<strong>in</strong>den. E<strong>in</strong> leiten<strong>der</strong> Mitarbeiter sieht allerd<strong>in</strong>gs<br />

Grenzen des Entgegenkommens, Eltern sollten, so se<strong>in</strong>e Auffassung, nicht<br />

gegen das Votum e<strong>in</strong>es Sozialarbeiters selbst entscheiden können:<br />

„Es darf aber nicht zum Freibrief werden, daß jetzt je<strong>der</strong> Sorgeberechtigte selbst entscheidet<br />

‚Was ist jetzt gut und wichtig?‘ Wie so e<strong>in</strong>e Art Selbstbedienungsladen. Das<br />

ist auch e<strong>in</strong>e Gefahr“.<br />

Auch <strong>in</strong> den Gesprächen mit den Eltern fällt auf, daß so gut wie alle Hilfeentscheidungen<br />

als Konsensentscheidungen getroffen wurden, daß dies aber faktisch e<strong>in</strong>er<br />

Zustimmung <strong>der</strong> Sorgeberechtigten zum Vorschlag <strong>der</strong> Bereichssozialarbeiter entsprach.<br />

Die Eltern verfügten über wenig Informationen zu e<strong>in</strong>er Alternative, die Angebote<br />

<strong>der</strong> verschiedenen Träger und unterschiedliche Konzepte waren ihnen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Regel nicht bekannt. Ihre Partizipation kann eher als „Quasi-Beteiligung“ (vgl. Petersen<br />

1996, S. 79. In Flösser/ Otto 1996)) verstanden werden. Die Eltern s<strong>in</strong>d weitgehend<br />

mit <strong>der</strong> Entscheidung zufrieden, doch wir haben schon oben angeführt, daß<br />

diese Zufriedenheit <strong>zur</strong> Legitimation e<strong>in</strong>es solchen Verfahrens nicht ausreicht, da<br />

Eltern unter diesen Voraussetzungen ihre Verantwortung nur sehr begrenzt wahrnehmen<br />

(können).<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

Deutlich werden bei den meisten Mitarbeitern Vorstellungen von e<strong>in</strong>em Aushandlungsprozeß,<br />

<strong>der</strong> sich durch Harmonie und Konfliktfreiheit auszeichnet. Treten verschiedene<br />

Auffassungen zwischen Eltern und Amt auf, wird dies nicht als e<strong>in</strong> normaler<br />

Vorgang wahrgenommen, son<strong>der</strong>n als Störung, die möglichst rasch beseitigt<br />

werden sollte. So sehen Mitarbeiter bei e<strong>in</strong>em offenen Dissens entwe<strong>der</strong> die Möglichkeit,<br />

die an<strong>der</strong>e Seite zu überzeugen o<strong>der</strong> es mit e<strong>in</strong>em Wechsel <strong>der</strong> zuständigen<br />

Mitarbeiter zu versuchen:<br />

„es muß e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Sprache gefunden werden“, „.. o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest demjenigen<br />

klar zu machen, warum man so und nicht an<strong>der</strong>s handelt. Man möchte ja Eltern<br />

und K<strong>in</strong><strong>der</strong> gerne mit e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den.<br />

„Es könnte auch e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Mitarbeiter bearbeiten. Sie s<strong>in</strong>d nicht gezwungen, daß<br />

sie nun bei dem zu bleiben haben.“<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Fälle, <strong>in</strong> denen ke<strong>in</strong> Konsens gefunden werden kann, liegt nach Angaben<br />

e<strong>in</strong>es Mitarbeiters zwischen 10-20 % <strong>der</strong> Gesamtfallzahl.<br />

„Allerd<strong>in</strong>gs spielt dort die K<strong>in</strong>deswohlgefährdung mit here<strong>in</strong>. Wenn man vor Gericht<br />

gehen muß, geschieht dies natürlich auch nicht im E<strong>in</strong>vernehmen mit den Eltern.“<br />

Es gibt aber auch die Fälle, <strong>in</strong> denen die Hilfeplanung an den Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten<br />

scheitert o<strong>der</strong> zu scheitern droht:<br />

„Es kann se<strong>in</strong>, daß sich <strong>der</strong> Hilfesuchende dann an e<strong>in</strong>en Vorgesetzten des Bereichssozialarbeiters<br />

wendet. Es kann auch schon se<strong>in</strong>, daß es zu Abbrüchen<br />

kommt, weil es Klienten sich an<strong>der</strong>s vorgestellt haben, o<strong>der</strong> weil sie vielleicht auch<br />

e<strong>in</strong> bißchen bee<strong>in</strong>flußt wurden o<strong>der</strong> weil wir mit unserem Vorsatz zunächst ambulant,<br />

die <strong>Hilfen</strong>problematik nicht richtig e<strong>in</strong>geschätzt haben.“<br />

Fälle von Dissens, <strong>in</strong> denen Zwischenlösungen gefunden o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>fach nur die Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten<br />

dokumentiert wurden, fanden wir we<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Aktenauswertung,<br />

noch wurden sie <strong>in</strong> den Interviews erwähnt. E<strong>in</strong> Sachgebietsleiter hat bisher<br />

<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Hilfeplan e<strong>in</strong>en Vermerk gefunden, daß Hilfesuchende nicht o<strong>der</strong> nur zum<br />

Teil mit dem Hilfeplan e<strong>in</strong>verstanden waren.<br />

Insgesamt sehen Mitarbeiter des Amtes durchaus selbstkritisch, daß es noch nicht<br />

h<strong>in</strong>reichend gelungen ist,<br />

„Eltern auch zu Partnern zu machen. Das würde e<strong>in</strong>e höhere Identifikation mit <strong>der</strong><br />

Hilfe br<strong>in</strong>gen, wenn die Eltern selbst daran mitgearbeitet haben.“<br />

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Die Mitwirkung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen erfolgt <strong>in</strong> den meisten Fällen erst später.<br />

“Erst wird mit den Eltern gearbeitet und dann kommt meistens <strong>der</strong> Gedanke, jetzt<br />

möchte ich doch gerne mal die K<strong>in</strong><strong>der</strong> kennenlernen.“<br />

Auch werden mit den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n seltener und weniger Gespräche als mit Eltern.<br />

„Mit K<strong>in</strong><strong>der</strong> wird im Durchschnitt zweimal gesprochen <strong>in</strong>nerhalb des Hilfeplanverfahrens<br />

Mit den Eltern werden so 3-5 Gespräche geführt.“<br />

Bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen, das wurde sowohl <strong>in</strong> den Gesprächen als auch bei<br />

<strong>der</strong> Aktenauswertung deutlich, ist <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> Beteiligung an sie betreffenden Entscheidungen<br />

abhängig von <strong>der</strong> Deutlichkeit, mit <strong>der</strong> sie ihre Interessen vertreten und<br />

davon, wie sehr sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit ihre Interessen handelnd, beispielsweise<br />

durch Weglaufen, durchgesetzt haben. So entsteht <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck, daß – zum<strong>in</strong>dest im<br />

Vorfeld <strong>der</strong> Entscheidung – für diejenigen K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen, die am wenigsten<br />

aufgefallen s<strong>in</strong>d, die ger<strong>in</strong>gsten Partizipationsmöglichkeiten vorgesehen s<strong>in</strong>d, sie<br />

werden <strong>zur</strong> Entscheidungsf<strong>in</strong>dung offenbar am seltensten h<strong>in</strong>zugezogen. Jugendliche,<br />

die sich gegen bestimmte Entscheidung „wehren“, haben gute Chancen, ihre<br />

Me<strong>in</strong>ung durchzusetzen.<br />

„Wenn e<strong>in</strong> Jugendlicher unbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> bleiben will und wir denken aber, e<strong>in</strong>e<br />

Unterbr<strong>in</strong>gung außerhalb von <strong>Rostock</strong> wäre günstiger, man versucht , es auszuhandeln,<br />

man versucht sich verschiedene Hilfeformen anzusehen. Aber wenn ich dann<br />

merke, ich komme überhaupt nicht weiter,... dann b<strong>in</strong> ich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis auch manchmal<br />

gezwungen, e<strong>in</strong>e Heimunterbr<strong>in</strong>gung hier <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> vorzunehmen, obwohl ich<br />

e<strong>in</strong>e Heimunterbr<strong>in</strong>gung außerhalb von <strong>Rostock</strong> als geeigneter ansehe. Ich brauche<br />

ja nun mal das E<strong>in</strong>verständnis des K<strong>in</strong>des.“<br />

Wenn sich K<strong>in</strong><strong>der</strong> im sichtbaren Konflikt zu den Eltern bef<strong>in</strong>den, wird es ebenso als<br />

notwendig angesehen, ihren Wünschen und Interessen stärker entgegen zu kommen.<br />

„K<strong>in</strong><strong>der</strong> reagieren oft negativ, wenn sie ihr Vertrauen mißbraucht sehen. K<strong>in</strong><strong>der</strong> spüren,<br />

wenn Eltern e<strong>in</strong>e größere Rolle spielen als sie selbst, dann sagen K<strong>in</strong><strong>der</strong>, da gehe<br />

ich nicht mit.“<br />

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1.4 Entscheidungen für Hilfeformen und bestimmte Träger<br />

Die oben beschriebenen Mängel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Partizipation, durch die e<strong>in</strong> echter Aushandlungsprozeß<br />

offenbar oft nicht erreicht wird, spiegeln weniger fehlenden Willen <strong>zur</strong><br />

Beteiligung bei den Eltern o<strong>der</strong> den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen wi<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n eher<br />

die Lücke zwischen <strong>der</strong> Feststellung e<strong>in</strong>er bestimmten Problemlage und Entscheidung<br />

für e<strong>in</strong>e bestimmte Hilfeform und e<strong>in</strong>en bestimmten Anbieter. Dies hängt mit<br />

<strong>der</strong> Entnormierung <strong>der</strong> <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> zusammen, d. h. mit <strong>der</strong> Tatsache, daß<br />

sich bestimmten <strong>Erziehung</strong>sschwierigkeiten nicht e<strong>in</strong>fach bestimmte Arten <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong>shilfe<br />

zuordnen lassen und ebensowenig e<strong>in</strong>deutig bestimmte Träger <strong>der</strong> Maßnahme.<br />

Der Entscheidungsprozeß ist dadurch weniger – so sche<strong>in</strong>t uns – auf nachvollziehbare<br />

Kriterien wie Diagnosen (gleich welcher Art) auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite und<br />

Konzepte o<strong>der</strong> Leistungsbeschreibungen auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite gestützt, son<strong>der</strong>n<br />

eher auf persönliche Erfahrungen und E<strong>in</strong>schätzungen. Der Prozeß, <strong>der</strong> von <strong>der</strong><br />

Schil<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> Offenlegung e<strong>in</strong>es Problems <strong>zur</strong> Auswahl e<strong>in</strong>er bestimmten Hilfe <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er bestimmten E<strong>in</strong>richtung führt, ist für alle Beteiligten und damit auch für die Eltern<br />

und K<strong>in</strong><strong>der</strong>/Jugendlichen nur begrenzt nach rationalen Kriterien nachzuvollziehen.<br />

Es fehlen also gesicherte Kriterien für die „Indikation“ für die jeweils vorgeschlagene<br />

Hilfeform, aber auch etablierte Kriterien für die Auswahl von E<strong>in</strong>richtungen (Konzepte<br />

und Leistungsbeschreibungen), es fehlen Verfahrensregeln, die den Aushandlungsprozeß<br />

transparent und nachprüfbar machen (welcher Schritt zu welchem Zeitpunkt<br />

erfor<strong>der</strong>lich ist, was im E<strong>in</strong>zelnen abgeklärt se<strong>in</strong> muß) und Qualitätsmerkmale,<br />

die e<strong>in</strong>e getroffene Entscheidung überprüfbar machen würden. Informationsmaterial,<br />

zum Beispiel über gewisse Hilfeformen, wird an die Eltern selten weitergegeben.<br />

“Ich habe die Erfahrung gemacht, daß die Bereichssozialarbeiter wenig <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand<br />

haben; was sie den Klienten geben können. Ich würde das aber gut f<strong>in</strong>den, weil erfahrungsgemäß<br />

hören die Klienten auch oft noch was ganz an<strong>der</strong>es raus.“<br />

Wenn diese Voraussetzungen <strong>in</strong> höherem Maße vorhanden wären, könnten Eltern<br />

entsprechend besser <strong>in</strong>formiert, beraten und beteiligt werden. Das heißt, Verfahrensregeln<br />

für die Hilfeplanung und Leistungsvere<strong>in</strong>barungen zwischen öffentlichem und<br />

freien Träger (mit entsprechenden Grundlagen wie schriftliche Konzepte und Leistungsbeschreibungen,<br />

auf die wir unten näher e<strong>in</strong>gehen werden) würden auch die<br />

angemessene Beteiligung <strong>der</strong> Eltern erleichtern.<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

Für die Entscheidung für e<strong>in</strong>e bestimmte Hilfeform und für e<strong>in</strong>en bestimmten Träger<br />

s<strong>in</strong>d nach Untersuchung <strong>der</strong> Hilfepläne und nach Auswertung <strong>der</strong> Gespräche nicht<br />

nur wenig nachvollziehbare Kriterien zu f<strong>in</strong>den, die Frage <strong>der</strong> Entscheidungsf<strong>in</strong>dung<br />

tritt als Quasiautomatismus <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung, als ob die Entscheidung e<strong>in</strong>e konditionalprogrammierte<br />

Entscheidung wäre, die sich durch die Beschreibung <strong>der</strong> Defizite<br />

e<strong>in</strong>es Heranwachsenden o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Familie h<strong>in</strong>reichend begründen ließe. Dabei<br />

müßte Folge gerade dieser Entnormierung e<strong>in</strong> Aushandlungsprozeß se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> dem<br />

anhand <strong>der</strong> konkreten Ziele und Ressourcen die geeignete Hilfeform nach ausgewiesenen<br />

Merkmalen gefunden wird.<br />

1.4.1 Entscheidungskriterien für milieuferne Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

Sehr deutlich wird die oben beschriebene faktische Normierung bei den Unterbr<strong>in</strong>gungen<br />

außerhalb <strong>Rostock</strong>s. Es gibt implizite Standards für e<strong>in</strong>e solche Entscheidung,<br />

die vom öffentlichen Träger, von den freien Trägern und den Eltern offenbar<br />

geteilt werden. So f<strong>in</strong>den sich jeweils entsprechende Aussagen darüber, daß <strong>der</strong> störende<br />

E<strong>in</strong>fuß von Cliquen e<strong>in</strong>e Unterbr<strong>in</strong>gung außerhalb <strong>Rostock</strong>s legitimiert, selbst<br />

dann, wenn das K<strong>in</strong>d durch se<strong>in</strong> Weglaufen den S<strong>in</strong>n dieser Maßnahme <strong>in</strong> Frage<br />

stellt. Da naturgemäß <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluß von Cliquen <strong>in</strong> Großstädten wie <strong>Rostock</strong> häufig <strong>in</strong><br />

Schwierigkeiten mit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>spielt, läßt sich aus solchen impliziten Standards die sehr<br />

hohe Quote von Unterbr<strong>in</strong>gungen außerhalb <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> (e<strong>in</strong> Befragter spricht<br />

von 40% <strong>der</strong> Fremdplazierungen) erklären. Im Zwischenbericht allerd<strong>in</strong>gs haben wir<br />

schon erwähnt, daß <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluß <strong>der</strong> Clique <strong>in</strong> den Hilfeplänen <strong>der</strong> auswärts untergebrachten<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen eher e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle spielt, sich <strong>in</strong>sofern<br />

unsere Analyse nicht mit den Aussagen <strong>der</strong> Sozialarbeiter deckt.<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Entscheidungsgrund für die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> alten Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

ist das Fehlen heilpädagogisch-therapeutischer Angebote o<strong>der</strong> Angebote<br />

für beson<strong>der</strong>e schulische För<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong>. Diese Bedarfslücken werden auch<br />

von freien Trägern so wahrgenommen, was aber nicht zu Erstellung neuer Konzepte<br />

und Erweiterung <strong>der</strong> Angebote führt, obwohl <strong>der</strong> Markt <strong>in</strong> den stationären <strong>Hilfen</strong> enger<br />

geworden ist.<br />

Solches E<strong>in</strong>verständnis mit <strong>der</strong> gegenwärtigen Situation dokumentiert die Aussage<br />

e<strong>in</strong>er Mitarbeiter<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es freien Trägers:<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

„Ich würde sagen untergebracht werden müssen, weil eben entsprechende <strong>Hilfen</strong> <strong>in</strong>nerhalb<br />

von <strong>Rostock</strong> nicht angeboten werden können, o<strong>der</strong> es betrifft eben Auffälligkeiten<br />

von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen, die man <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>richtungen nicht abdecken<br />

kann. Dann muß es eben se<strong>in</strong>, daß die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> entsprechende E<strong>in</strong>richtungen untergebracht<br />

werden müssen.“<br />

1.5 Beteiligung freier Träger/Kooperation des öffentlichen Trägers mit den<br />

freien Trägern<br />

Gegen e<strong>in</strong>e frühe E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung des Trägers spricht, daß damit faktisch die Entscheidung<br />

präjudiziert wird. E<strong>in</strong>e späte E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung des Trägers kann jedoch <strong>zur</strong> Folge<br />

haben, daß Entscheidungen doppelt getroffen werden müssen, weil e<strong>in</strong> Träger nicht<br />

über die erfor<strong>der</strong>lichen Kapazitäten verfügt.<br />

„O<strong>der</strong> wenn man es dann wenigstens im Rahmen <strong>der</strong> Helferkonferenz rauskriegt, a-<br />

ber ........ dann kriegt man dann den Träger manchmal nicht, dann müssen wir die<br />

Helferkonferenz noch mal e<strong>in</strong>berufen, weil Variante a nicht geht und es e<strong>in</strong>e Variante<br />

b gar nicht gibt.“<br />

Gegen e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Gestaltung des Verfahrens spricht die Befürchtung des öffentlichen<br />

Trägers, daß freie Träger im Vorfeld versuchen könnten, die Klienten an sich zu<br />

b<strong>in</strong>den, dem Jugendamt dadurch die Entscheidungsfreiheit verloren geht. Solche als<br />

unangemessen erlebte E<strong>in</strong>flußnahme kam <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen vor.<br />

„Das s<strong>in</strong>d meistens dieselben Träger, die zum Beispiel Klienten sehr stark an sich<br />

b<strong>in</strong>den, wo wir sagen: ‚Das ist noch gar nicht raus, ob überhaupt Hilfe geleistet wird<br />

und wer das machen soll. Eure Beratungspflicht geht soweit, daß ihr sagen könnt,<br />

die und die Hilfeformen gibt es und so und so ist <strong>der</strong> Verfahrensweg.‘ Also das ist<br />

dann unheimlich schwer. Da hatten wir dann auch schon ganz böse Erfahrungen gesammelt.“<br />

„Durch Außenstehende wissen freie Träger manchmal von e<strong>in</strong>er eventuellen Maßnahme,<br />

da wird es schwierig, vorgedachte Lösungen an<strong>der</strong>s zu gestalten: ‘Geht halt<br />

noch zum Jugendamt und laßt das abnicken.‘‘“<br />

In <strong>der</strong> Regel wird <strong>der</strong> freie Träger erst nach <strong>der</strong> Entscheidung <strong>der</strong> Helferkonferenz <strong>in</strong><br />

das Hilfeplanverfahren mit e<strong>in</strong>bezogen.<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

„Fristen haben wir da nicht festgelegt. Wir machen das relativ schnell, gleich nach <strong>der</strong><br />

Helferkonferenz, damit nicht soviel Zeit <strong>in</strong>s Land geht, und weil man damit ja auch<br />

rechnen muß, daß <strong>der</strong> Träger das nicht leisten kann.“<br />

Über Form, Umfang, Stand des Verfahrens werden Mitarbeiter des freien Trägers<br />

erst nach <strong>der</strong> Helferkonferenz <strong>in</strong>formiert. „Vorher gar nicht. Ich weiß, daß freie Träger das<br />

so e<strong>in</strong> bißchen kritisieren. Sie würden auch gerne schon eher mit e<strong>in</strong>bezogen werden.“<br />

Freie Träger werden dann beteiligt, wenn die Entscheidung über die Hilfeform und<br />

den geeigneten Träger schon gefallen ist. Im weiteren Verlauf des Verfahrens geht<br />

es dann um die konkrete Ausgestaltung <strong>der</strong> Hilfe. Informationen, die vom Jugendamt<br />

weitergegeben werden, s<strong>in</strong>d eher knapp, manchmal werden Informationen noch<br />

e<strong>in</strong>mal erhoben, obwohl sie im Vorfeld bereits bekannt se<strong>in</strong> müßten. Verschwiegenheitspflicht<br />

– so e<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong> – könnte auch übertrieben werden. Es sche<strong>in</strong>t abhängig<br />

vom konkreten, verantwortlichen Bereichssozialarbeiter, wie auf den Wunsch<br />

nach mehr Information reagiert wird.<br />

Obwohl grundsätzliche E<strong>in</strong>igkeit zwischen öffentlichem Träger und freien Trägern<br />

über die Tatsache bestand, daß Hilfeplanverfahren und die dafür notwendigen Vorerhebungen<br />

nur von den Mitarbeitern des Jugendamtes vorgenommen werden können<br />

und deshalb Ratsuchende an das Jugendamt verwiesen werden, artikulieren<br />

Mitarbeiter freier Trägern doch <strong>in</strong> diesem Zusammenhang immer wie<strong>der</strong> Probleme:<br />

Insbeson<strong>der</strong>e dann, wenn die Beratungsmöglichkeiten für die freien Träger sehr eng<br />

ausgelegt werden, sehen Mitarbeiter es als schwierig an, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beratung dem<br />

Klienten gerecht zu werden, ohne <strong>in</strong> Verdacht zu geraten, sich Klienten auf diesem<br />

Weg sichern zu wollen.<br />

Daß dieser Verdacht den Umgang mit solchen Fällen belastet, ersche<strong>in</strong>t uns offenkundig:<br />

„.....daß im E<strong>in</strong>zelfall <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> /Jugendliche die <strong>in</strong> Obhut genommen wurden<br />

o<strong>der</strong> sich selbst gemeldet haben vom Trägerpersonal manipuliert s<strong>in</strong>d. Für die<br />

Mitarbeiter des Jugendamtes ist es dann schwierig, die geeignete Hilfe und den geeigneten<br />

Träger zu f<strong>in</strong>den, da die K<strong>in</strong><strong>der</strong> /Jugendlichen dann schon sehr fixiert s<strong>in</strong>d.“<br />

Bedenkenswert ersche<strong>in</strong>t uns, daß sich – unabhängig von <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> „Manipulation<br />

von Klienten“ - ke<strong>in</strong>e Verfahren <strong>der</strong> Rückmeldung zwischen öffentlichem Träger<br />

und freien Trägern für Verweisungen an das Jugendamt etabliert haben. So läßt sich<br />

nicht nachvollziehen, was aus e<strong>in</strong>em Fall geworden ist, und nicht abschätzen, ob alle<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

Familien im Amt ankommen o<strong>der</strong> ob für manche Familie die Schwelle <strong>zur</strong> Behörde zu<br />

hoch ist und sie möglicherweise den Weg dorth<strong>in</strong> erst dann f<strong>in</strong>det, wenn die familiäre<br />

o<strong>der</strong> persönliche Situation weiter eskaliert ist.<br />

Vom Jugendamt werden die freien Träger <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel als zuverlässig und flexibel<br />

e<strong>in</strong>geschätzt, auf Zusagen <strong>der</strong> freien Träger könne man sich verlassen, Term<strong>in</strong>e<br />

würden e<strong>in</strong>gehalten. Wie auch im umgekehrten Verhältnis kenne man die Ansprechpartner<br />

für bestimmte Fragen.<br />

Unklar s<strong>in</strong>d die Kompetenzen <strong>der</strong> freien Träger im H<strong>in</strong>blick auf eigenständige Entscheidungen<br />

bei unvorhergesehenen Entwicklungen. E<strong>in</strong>erseits gibt es die Erwartung<br />

nach E<strong>in</strong>haltung des Hilfeplanverfahrens, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite den Wunsch<br />

nach größerer Eigenständigkeit:<br />

„Also manchmal klappt es, daß Mitarbeiter <strong>der</strong> freien Träger relativ eigenständig arbeiten,<br />

auch flexibel reagieren, manchmal fällt mir auf, daß sie nicht so genau wissen,<br />

welche Kompetenzen sie haben... sie nicht wissen, wann sie an welcher Stelle<br />

das Jugendamt mit e<strong>in</strong>schalten sollen.“<br />

Bei e<strong>in</strong>em Dissens zwischen Jugendamt und Träger<br />

„wird es so geregelt, daß e<strong>in</strong>er nachgibt. Dann soll sie (die Mitarbeiter<strong>in</strong> des freien<br />

Trägers) mal ihren Ansatz weiter verfolgen, sie wird schon sehen, was sie davon hat.<br />

Umgekehrt, daß e<strong>in</strong> Träger sagt. Naja, ich muß mich mit dem Jugendamt gut stellen.“<br />

1.6 Erstellung des Hilfeplans<br />

„Der Hilfeplan ist das zentrale Arbeitsdokument für uns. Ich hoffe , daß sie nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Schublade verschw<strong>in</strong>den, son<strong>der</strong>n wirklich Arbeitsdokument und Arbeits<strong>in</strong>strument<br />

s<strong>in</strong>d.“<br />

Diese Hoffnung e<strong>in</strong>es Mitarbeiters des Jugendamtes, die für e<strong>in</strong>ige Befragte auch <strong>der</strong><br />

Realität entspricht, hat sich nach unseren Erhebungen bisher weitgehend nicht erfüllt,<br />

<strong>der</strong> Hilfeplan ersche<strong>in</strong>t den meisten Mitarbeitern freier Träger eher als e<strong>in</strong> Dokument,<br />

das man vom Jugendamt zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er Hilfeleistung mitbekommt, um<br />

dann zu sehen, ob es für die Arbeit von tatsächlicher Bedeutung ist. Auch wenn e<strong>in</strong>-<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

schränkend festzustellen ist, daß es zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Befragung erst wenig Erfahrung<br />

mit den neuen Formularen und Regelungen zum Hilfeplan gab, ist doch e<strong>in</strong>deutig<br />

festzustellen, daß die Bedeutung des Hilfeplans als Steuerungs<strong>in</strong>strument eher<br />

untergeordnet ist:<br />

„Ich nehme diesen Hilfeplan nicht als Grundlage me<strong>in</strong>er Arbeit, son<strong>der</strong>n als Rahmenbed<strong>in</strong>gung<br />

für die Arbeit.“<br />

“Als Aushandlungsprozeß sehe ich das Hilfeplangespräch nicht. Hilfeplangespräche<br />

s<strong>in</strong>d oft noch Bestandteil dessen, was nicht geht, als dessen, was weiter passieren<br />

soll, obwohl <strong>in</strong> allen Hilfeplänen dann Zielstellungen enthalten s<strong>in</strong>d.“<br />

„Hilfeplanvere<strong>in</strong>barungen spielen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis ke<strong>in</strong>e große Rolle. Das s<strong>in</strong>d nur Grobziele.<br />

Die werden bis zu 90 % verän<strong>der</strong>t im Laufe <strong>der</strong> Hilfeform.“<br />

„Der Hilfeplan im Rahmen <strong>der</strong> eigentlichen Arbeit spielt e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle.“<br />

„Ich denke, wenn er zu bestimmten Stationen noch mal hervorgeholt wird, zum Be i-<br />

spiel, wenn Berichte geschrieben werden, ist das schon viel wert.“<br />

Der Wert des Hilfeplans wurde also eher als ger<strong>in</strong>ger gesehen, auch wenn von freien<br />

Trägern erkannt wurde, daß e<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>dlichere Hilfeplanung auch <strong>in</strong> ihrem Interesse<br />

se<strong>in</strong> könnte:<br />

“Ich denke, daß eben e<strong>in</strong> Hilfeplan <strong>in</strong> jedem Fall <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er höheren Qualität noch festgeschrieben<br />

werden könnte. ... Der Hilfeplan muß noch konkreter gefaßt werden, das<br />

ganze Verfahren beschleunigt werden.“<br />

Zwei Merkmale begründen die Schwäche des bisherigen Hilfeplanes: Die oben erwähnte<br />

fehlende Konkretisierung <strong>der</strong> Ziele und Aufgaben und die Art des Zustandekommens:<br />

„In <strong>der</strong> Vergangenheit war es so, daß <strong>der</strong> Bereichssozialarbeiter den Hilfeplan formuliert<br />

hat, <strong>der</strong> Träger ihn mit übernommen hat und mit den Eltern diskutiert hat und<br />

unterschrieben <strong>zur</strong>ück gebracht hat, aber wir streben an und das wird jetzt auch häufiger<br />

gemacht, daß man an<strong>der</strong>e Formen f<strong>in</strong>det, z.B. zuarbeiten.“<br />

Bisherige Hilfepläne s<strong>in</strong>d ihrer Struktur nach Sammlung von Defiziten, aus denen als<br />

Negation von Mißständen die Grobziele für die <strong>Erziehung</strong>smaßnahme abgeleitet<br />

werden. Diese Formulierung von Grobzielen bleibt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel recht pauschal und<br />

allgeme<strong>in</strong>, we<strong>der</strong> mit den <strong>in</strong>dividuellen Interessen <strong>der</strong> Betroffenen noch mit den speziellen<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> ausgewählten E<strong>in</strong>richtung ausdrücklich verknüpft. Es wird,<br />

wie das aufgrund <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> naheliegt, die Notwendigkeit<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

<strong>der</strong> Hilfe anhand <strong>der</strong> Defizite des K<strong>in</strong>des o<strong>der</strong> Jugendlichen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Familie begründet<br />

und anschließend e<strong>in</strong>e Maßnahme vorgeschlagen. Es fehlt weitgehend <strong>der</strong><br />

Aspekt, welche konkreten Leistungen die gewählte E<strong>in</strong>richtung und <strong>der</strong> öffentliche<br />

Träger für genau diese Familie erbr<strong>in</strong>gen müßten, um begründete Aussicht zu haben,<br />

die anvisierten und zu konkretisierenden Ziele zu erreichen.<br />

Auch wenn <strong>der</strong> neue Hilfeplan „die Kollegen“ zw<strong>in</strong>gt „wenn sie sich an dieses Muster<br />

halten, den Hilfeplan <strong>in</strong>dividueller zu gestalten“, bleibt die Verantwortung für die Formulierung<br />

auf <strong>der</strong> Seite des Jugendamtes. E<strong>in</strong> Fachberater allerd<strong>in</strong>gs sieht auch <strong>in</strong> dem<br />

aktuellen Hilfeplan e<strong>in</strong>e Ausarbeitung des öffentlichen sowie des freien Trägers.<br />

„Freie Träger s<strong>in</strong>d an <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong>skonferenz beteiligt und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel wird <strong>der</strong> Hilfeplan<br />

dort vorformuliert.“<br />

Unklar ist nach wie vor, wie die Konkretisierung und Operationalisierung von Zielen<br />

und Teilzielen im Hilfeplan, vor allem die Vere<strong>in</strong>barung <strong>der</strong> Aufgaben zwischen den<br />

verschiedenen Verfahrensbeteiligten vonstatten gehen soll. Die For<strong>der</strong>ung des Jugendamtes<br />

nach e<strong>in</strong>er Zuarbeit des Leistungserbr<strong>in</strong>gers <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>dividuellen<br />

Entwicklungskonzeptes stieß jedenfalls nicht auf ungeteilte Zustimmung (nur e<strong>in</strong>ige<br />

Mitarbeiter freier Träger geben an, den Hilfeplan durch e<strong>in</strong>en Betreuungsplan zu<br />

konkretisieren).<br />

„Wir haben jetzt die For<strong>der</strong>ung gestellt, daß <strong>der</strong> Hilfeträger e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles Entwicklungskonzept<br />

erarbeiten soll, so auf Grundlage des Hilfeplanes, das wurde heiß diskutiert<br />

„Warum jetzt e<strong>in</strong>en Hilfeplan zum Hilfeplan, <strong>der</strong> Hilfeplan ist ja so konkret“.<br />

Für uns ist nicht klar geworden, welche Verb<strong>in</strong>dlichkeit welches Papier für wen erhalten<br />

soll und wie Hilfeplan und <strong>in</strong>dividuelle Entwicklungsplanung mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgestimmt<br />

werden sollen, wenn nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em (weiteren) Hilfeplangespräch.<br />

1.7 Fortschreibung des Hilfeplanes<br />

Die Fortschreibungen des Hilfeplanes unterscheiden sich von <strong>der</strong> Erstellung des<br />

ersten Hilfeplanes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Punkten. Zum e<strong>in</strong>en bleibt zwar <strong>der</strong> Bereichssozialarbeiter<br />

verantwortlich, die freien Träger s<strong>in</strong>d aber <strong>in</strong> weitaus höherem Maße beteiligt.<br />

In e<strong>in</strong>zelnen Fällen „gibt es auch die Möglichkeit, daß <strong>der</strong> freie Träger bei e<strong>in</strong>er Helferkonferenz<br />

dabei ist, aber nur dann, wenn er schon länger die Familie betreut und mit e<strong>in</strong>em Fall<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

nicht weiterkommt.“ In <strong>der</strong> Regel soll die Mitwirkung an <strong>der</strong> Vorbereitung des Hilfeplangespräches<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ablieferung e<strong>in</strong>es Entwicklungsberichtes 14 Tage vor dem<br />

verabredeten Term<strong>in</strong> <strong>der</strong> Konferenz bestehen. In <strong>der</strong> Praxis haben wir solche Berichte<br />

allerd<strong>in</strong>gs ähnlich selten <strong>in</strong> den Akten vorgefunden wie bedarfsbegründende<br />

Berichte von Seiten <strong>der</strong> Mitarbeiter des Jugendamtes vor Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er Hilfe.<br />

Unabhängig von regelmäßigen Intervallen <strong>zur</strong> Fortschreibung <strong>der</strong> Hilfe können auch<br />

auf Initiative freier Träger Gespräche <strong>zur</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Hilfe <strong>in</strong>itiiert werden. Die<br />

Person, die die Hilfe leistet, nimmt den Kontakt zum Bereichssozialarbeiter auf und<br />

macht den Vorschlag, sich aus bestimmten Gründen zu treffen, <strong>der</strong> Bereichssozialarbeiter<br />

beruft dann e<strong>in</strong> Gespräch e<strong>in</strong>. Geklärt wird dar<strong>in</strong> z. B. „<strong>der</strong> Zeitraum <strong>der</strong> Bewilligung<br />

und die Höhe <strong>der</strong> Fachleistungsstunde im ambulanten Bereich, Schwerpunkte und<br />

Ziele des nächsten Zeitraumes.“ Ob an e<strong>in</strong>em solchen Gespräch, <strong>in</strong> dem offenbar auch<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Hilfe beschlossen werden können, dann auch Eltern und Jugendliche<br />

beteiligt s<strong>in</strong>d, erschien nach den Interviewäußerungen eher unsicher.<br />

1.8 Erfolgsbeurteilung<br />

We<strong>der</strong> <strong>in</strong> den Akten noch <strong>in</strong> den Gesprächen hatten wir den E<strong>in</strong>druck, daß das Instrumentarium<br />

<strong>der</strong> Hilfeplanung <strong>zur</strong> Erfolgskontrolle systematisch o<strong>der</strong> im E<strong>in</strong>zelfall<br />

genutzt wurde. Die Idee, Erfolge anhand <strong>der</strong> Erreichung <strong>der</strong> im Hilfeplan beschriebenen<br />

Ziele festzustellen und zu messen, ist we<strong>der</strong> bei den freien noch beim öffentlichen<br />

Träger verbreitet. Dies hängt zum e<strong>in</strong>en damit zusammen, daß <strong>der</strong> Hilfeplan<br />

nicht als Steuerungs<strong>in</strong>strument wahrgenommen wird (s.o.) und daß Ziele zu wenig<br />

auf den E<strong>in</strong>zelfall h<strong>in</strong> formuliert werden. E<strong>in</strong>e Messung des Erfolges an pauschalen<br />

Zielen wäre ungerecht gegenüber den Fällen, <strong>in</strong> denen die Startvoraussetzungen<br />

schlechter waren. Unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

„...versuchen, sollen, wollen die Beteiligten e<strong>in</strong>e Meßlatte f<strong>in</strong>den. Und wenn das gel<strong>in</strong>gt,<br />

kann man diesen Erfolg auch ganz schön relativ beurteilen, weil alle gucken auf ihre Meßlatte.<br />

Soviel ist geschafft worden und das ist schon wichtig Das ist <strong>der</strong> Ursprung von Mißverständnis<br />

und Unzufriedenheit. Nur wenn man gleiches sieht und beurteilt, hat man e<strong>in</strong>e<br />

Chance. Wenn das nicht so ist, hat man auch mehr Möglichkeiten sich zu mißtrauen und<br />

dann kommt es zu Differenzen.<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

Beurteilungskriterien für die Qualität e<strong>in</strong>es Hifeplanverfahrens gibt es gleichfalls<br />

nicht. E<strong>in</strong>zelne Mitarbeiter stellen e<strong>in</strong> Scheitern <strong>der</strong> Hilfeplanung an <strong>der</strong> Reaktion <strong>der</strong><br />

Familien fest:<br />

„Aber das ist doch e<strong>in</strong>fach, wenn die Familie nicht mehr kommt, sie die Beratung<br />

nicht mehr annimmt, dann ist die Sache gescheitert... Bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, wenn sie sich nicht<br />

mehr öffnen, wenn K<strong>in</strong><strong>der</strong> kommen und nur noch e<strong>in</strong>e Rolle spielen, dann ist <strong>der</strong> Hilfeplanprozeß<br />

gescheitert“.<br />

2 Dokumentation von Entscheidungsgrundlagen/ Bedarfsbegründende<br />

Berichte und Entwicklungsberichte<br />

Im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Aktenführung beobachteten wir im Jugendamt wie bei<br />

den freien Trägern e<strong>in</strong>e sehr große Differenz zwischen formuliertem Anspruch und<br />

tatsächlicher Praxis:<br />

„Zu Gesprächen wird immer e<strong>in</strong>e Aktennotiz gemacht....... Eltern werden ke<strong>in</strong>e Kopien<br />

davon gegeben....... Umfassende Informationen über den Stand des Verfahrens<br />

würden die Eltern erhalten..... Die Beratungsdichte ist ja gegeben, man bleibt im Gespräch,<br />

so daß Eltern über den Stand <strong>in</strong>formiert s<strong>in</strong>d... Die Bereichssozialarbeiter<br />

weisen <strong>in</strong> dem Gespräch schon immer auf den nächsten Term<strong>in</strong> h<strong>in</strong>. Zu Fach- und<br />

Teamkonferenzen werden sie aber nicht h<strong>in</strong>zugezogen.“<br />

„Es gibt e<strong>in</strong> Formular, wo bestimmte D<strong>in</strong>ge <strong>zur</strong> Problemsicht ja auch mite<strong>in</strong>gearbeitet<br />

werden können. Kollegen erarbeiten selber e<strong>in</strong> Genogramm. Das alles soll dazu beitragen,<br />

sich so e<strong>in</strong> Gesamtbild zu machen. Zum Teil kommen diagnostische Verfahren<br />

zum E<strong>in</strong>satz, man versucht, Gutachten mit e<strong>in</strong>zubeziehen.“<br />

„Die Ergebnisse <strong>der</strong> Kontaktaufnahme zu Hilfesuchenden werden <strong>in</strong> schriftlicher<br />

Form dokumentiert Tja, die Aktenführung soll so se<strong>in</strong>, daß jedes Gespräch auch<br />

nachvollziehbar ist“.<br />

Im Zwischenbericht haben wir schon auf das vollständige Fehlen von bedarfsbegründenden<br />

Berichten und auf große quantitative und qualitative Unterschiede <strong>in</strong><br />

solchen Berichten h<strong>in</strong>gewiesen. Mit dieser Beobachtung korrespondieren Aussagen<br />

<strong>in</strong> den Expertengesprächen, nach denen die Vorarbeiten <strong>zur</strong> Hilfeplanvere<strong>in</strong>barung<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

vor allem als Sammeln von Defiziten und Problemen ersche<strong>in</strong>t, aus denen dann vom<br />

zuständigen Bereichssozialarbeiter mehr o<strong>der</strong> weniger <strong>der</strong> Hilfeplan zusammengestellt<br />

wird.<br />

Auswirkungen hat die mangelhafte Aktenführung nicht nur auf die amts<strong>in</strong>terne Nachvollziehbarkeit<br />

von Entscheidungsprozessen, son<strong>der</strong>n auch auf den Informationsfluß<br />

zwischen öffentlichem Träger und freien Trägern <strong>der</strong> Jugendhilfe, <strong>der</strong> sich offenbar<br />

zu e<strong>in</strong>em großen Teil auf – nicht systematische – mündliche Aussagen beschränkt.<br />

Dies gilt nicht nur für die Erstvere<strong>in</strong>barung über e<strong>in</strong>e Hilfe, son<strong>der</strong>n auch für die Fortschreibung<br />

des Hilfeplans. Die Entwicklung <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>richtungen wird oft nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem<br />

Umfang dokumentiert, so daß bei <strong>der</strong> Entscheidung über die Fortsetzung<br />

nicht an e<strong>in</strong>e systematische Auswertung <strong>der</strong> bisher geleisteten Hilfe angeknüpft werden<br />

kann, son<strong>der</strong>n eher an mündlich zusammengetragene E<strong>in</strong>drücke <strong>der</strong> Beteiligten.<br />

Fehlende o<strong>der</strong> un<strong>zur</strong>eichende Dokumentation durch die freien Träger macht es diesen<br />

weitgehend unmöglich, ihre eigenen Erfolge o<strong>der</strong> Mißerfolge systematisch zu<br />

kontrollieren.<br />

Un<strong>zur</strong>eichen<strong>der</strong> Informationsfluß bee<strong>in</strong>trächtigt auch die Qualität von Aushandlungsprozessen.<br />

Besteht e<strong>in</strong> Ungleichgewicht an Informationen, s<strong>in</strong>d geme<strong>in</strong>same Entscheidungen<br />

kaum möglich, e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Bewertung von Sachverhalten erfor<strong>der</strong>t<br />

e<strong>in</strong> wenigstens annäherndes Informationsgleichgewicht, im Fachteam des Jugendamtes<br />

ebenso wie bei Vere<strong>in</strong>barungen mit den freien Trägern.<br />

Die Nutzung <strong>der</strong> vorhandenen Informationen für die Hilfeplanung setzt e<strong>in</strong>erseits ihre<br />

Weitergabe an beteiligte Institutionen und Mitarbeiter voraus, damit e<strong>in</strong> weitgehendes<br />

Informationsgleichgewicht hergestellt werden kann, zum an<strong>der</strong>en die Bereitschaft <strong>der</strong><br />

Beteiligten, die vorliegenden Informationen als Grundlage für weitere Planungsschritte<br />

zu akzeptieren. Bemerkenswert ist es <strong>in</strong> diesem Zusammenhang, wenn z. B.<br />

Psychologen ke<strong>in</strong>erlei Notiz von vorab erhobenen Informationen nehmen, da sie sich<br />

selbst e<strong>in</strong> Urteil bilden wollen.<br />

Die Weitergabe von Informationen zwischen freiem und öffentlichem Träger ersche<strong>in</strong>t<br />

den meisten Beteiligten verbesserungsbedürftig, man weiß gegenseitig nicht<br />

vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, welche Informationen jeweils erhoben werden. Auch freie Träger gestehen<br />

selbstkritisch Mängel <strong>in</strong> ihrer Dokumentation e<strong>in</strong>, auf die Defizite <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dokumentation<br />

<strong>in</strong>nerhalb des öffentlichen Trägers wurde bereits im Zwischenbericht<br />

h<strong>in</strong>gewiesen.<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

3 Jugendhilfeplanung<br />

Jugendhilfeplanung sche<strong>in</strong>t nach unseren Erhebungen kaum als zentrales Steuerungselement<br />

für die Weiterentwicklung des Hilfeangebotes wahrgenommen zu werden,<br />

wie dies wünschenswert wäre. Bei den freien Trägern <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> herrscht zum<strong>in</strong>dest<br />

ke<strong>in</strong> klares Bild über Aufgaben, Ablauf und Ziele <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung, wir<br />

fanden eher diffuse Vorstellungen über die Aufgaben von Gremien und <strong>der</strong> mit dieser<br />

Thematik betrauten Institutionen und Personen vor. Die befragten Mitarbeiter hatten<br />

zumeist ke<strong>in</strong>e Vorstellung e<strong>in</strong>er Alternative <strong>zur</strong> gegenwärtigen Praxis, son<strong>der</strong>n äußerten<br />

sich neutral we<strong>der</strong> zufrieden noch unzufrieden mit dem Zustand, den sie nach<br />

unserem E<strong>in</strong>druck meist nicht wirklich kannten.<br />

Etwas e<strong>in</strong>deutiger wurde von Jugendamtsmitarbeitern – z. T. durchaus selbstkritisch<br />

– e<strong>in</strong> fehlendes tragfähiges Konzept und mangelnde Kompetenz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung<br />

bemerkt. Insgesamt wird Jugendhilfeplanung von den meisten Mitarbeitern<br />

im Jugendamt ebensowenig als Steuerungs<strong>in</strong>strument verstanden wie die <strong>in</strong>dividuelle<br />

Hilfeplanung, wenngleich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Leitung <strong>der</strong> Zusammenhang wahrgenommen<br />

wird:<br />

„Wenn wir nur den Hilfeplan sehen, ist das nicht so richtig Steuerung. Dann<br />

gibt es ja noch den Jugendhilfeplan. Dort s<strong>in</strong>d auch wirklich konkrete Aussagen,<br />

über den Bedarf, über notwendige Mittel, über Leistungen, über Kosten.“.<br />

3.1 Angebotslücken / Bedarf<br />

Auffällig ist <strong>in</strong> an <strong>der</strong> Angebotsstruktur <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> e<strong>in</strong> deutlicher Vorrang stationärer<br />

<strong>Hilfen</strong> gegenüber teilstationären und ambulanten <strong>Erziehung</strong>shilfen. Bei <strong>der</strong> Ziehung<br />

<strong>der</strong> Akten wurde <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e hohe Fallzahl fremduntergebrachter K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlicher<br />

gegenüber an<strong>der</strong>en Hilfeformen wahrgenommen.<br />

Allgeme<strong>in</strong> wird das Angebot an <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> als ausreichend angesehen.<br />

Die Mehrheit <strong>der</strong> Befragten nimmt Überkapazitäten im Bereich <strong>der</strong> stationären<br />

<strong>Hilfen</strong> wahr, auch die Angebote an Tagesgruppenbetreuung und sozialer<br />

Gruppenarbeit werden mehrfach als über dem Bedarf liegend genannt.<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

Das Überangebot an stationären <strong>Hilfen</strong> relativiert sich allerd<strong>in</strong>gs, wenn man die hohe<br />

Zahl an Unterbr<strong>in</strong>gungen außerhalb <strong>Rostock</strong>s <strong>in</strong> Betracht zieht. Man könnte auch<br />

sagen, daß es ausreichend Kapazitäten für e<strong>in</strong>e milieunahe Unterbr<strong>in</strong>gung gäbe,<br />

wenn die E<strong>in</strong>richtungen sich konzeptionell darauf e<strong>in</strong>stellen und das Unterbr<strong>in</strong>gungsverhalten<br />

<strong>der</strong> Stadt sich entsprechend verän<strong>der</strong>n würde:<br />

„Und manchmal ist das auch e<strong>in</strong> fachliches Problem aus me<strong>in</strong>er Sicht, wo wir e<strong>in</strong>fach<br />

diese Möglichkeit hier nicht haben, wenn es zum Beispiel um heiltherapeutische Angebote<br />

geht. Auch wenn zum Beispiel hier die Beschulungsform nicht vorhanden ist ,<br />

daß wir dann sagen ‘Es muß zum Beispiel e<strong>in</strong>e heim<strong>in</strong>terne Schule se<strong>in</strong> o<strong>der</strong> eben<br />

offener Unterricht o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e offene E<strong>in</strong>zelbeschulung‘. Diese Unterrichtsform haben<br />

wir hier nicht <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> und das ist e<strong>in</strong> Defizit.“<br />

Dem – unter dieser E<strong>in</strong>schränkung – festgestellten Überangebot an stationären Plätzen<br />

<strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen steht e<strong>in</strong> Mangel an Pflegestellen gegenüber, <strong>der</strong> dazu führt,<br />

daß K<strong>in</strong><strong>der</strong> für längere Zeit <strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen kommen, obwohl im Grunde die Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pflegefamilie angezeigt wäre.<br />

Offene Bedarfe werden vor allen D<strong>in</strong>gen und mit recht großer Übere<strong>in</strong>stimmung bei<br />

spezielleren und <strong>in</strong>dividuelleren Problemlagen wahrgenommen. So fehlt es an<br />

• „Angeboten <strong>in</strong> Bezug auf die Suchtkranken, Täter-Opfer-Ausgleich, also die Krim<strong>in</strong>alisierung<br />

<strong>der</strong> Jugendlichen als solche. Qualifizierungen, berufsbegleitende Maßnahmen, das<br />

ist im Moment nicht gegeben.“<br />

• Angeboten für „K<strong>in</strong><strong>der</strong> hier, die nicht gruppenfähig s<strong>in</strong>d, mehr e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelbetreuung brauchen,<br />

wo auch richtig spezifisch ausgebildetes Fachpersonal da ist. Wir haben alles K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

mit Verhaltensauffälligkeiten, die <strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Form <strong>der</strong> Heimerziehung den Rahmen<br />

sprengen würden. Das s<strong>in</strong>d eben K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die ihr Verhalten überhaupt nicht steuern können.<br />

Solche E<strong>in</strong>richtungen gibt es eben nicht <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong>.“<br />

• „auf die Bewohner zugeschnittene E<strong>in</strong>zelbetreuungskonzepte. „Das liegt ursächlich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

noch nicht ausreichenden Flexibilität <strong>der</strong> freien Träger“.<br />

• aus <strong>der</strong> Sicht des öffentlichen und <strong>der</strong> freien Trägern an heilpädagogischen und<br />

therapeutischen Angeboten. Auch E<strong>in</strong>richtungen mit geeigneten Formen <strong>der</strong> Beschulung<br />

für K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche werden als Mangel benannt, ohne daß dies<br />

direkt als Motiv für milieuferne Unterbr<strong>in</strong>gung genannt wird.<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

• Zusammenarbeit mit den Schulen, wo man nach Möglichkeit Suchtberatung und<br />

teilstationäre <strong>Hilfen</strong> mit anbieten müßte.<br />

Sowohl Jugendamt wie auch die freien Träger nehmen diese Angebotslücken im Zusammenhang<br />

mit fehlen<strong>der</strong> Initiative und Flexibilität <strong>der</strong> Träger wahr, <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall<br />

wurde jedoch deutlich, wie die Aktivität im Rahmen <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung beför<strong>der</strong>t<br />

wird o<strong>der</strong> werden sollte.<br />

Versorgungslücken <strong>in</strong> quantitativer H<strong>in</strong>sicht werden durchgängig für die <strong>Erziehung</strong>sberatung<br />

genannt, wo lange Wartezeiten beklagt werden. Die Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong>vermittlung<br />

hat Schwierigkeiten, Geschwisterk<strong>in</strong><strong>der</strong> unterzubr<strong>in</strong>gen.<br />

Zahlreiche Gesprächspartner thematisieren die regionale Verteilung von Angeboten<br />

im Stadtgebiet. Dies erfolgt zum Teil im Bezug auf stationäre Angebote (Außenwohngruppen),<br />

z. T. im H<strong>in</strong>blick auf ambulante <strong>Hilfen</strong>. Es war für uns allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />

erkennbar, ob e<strong>in</strong> Träger – öffentlicher wie freier – das Konzept stadtteilnaher <strong>Hilfen</strong><br />

tatsächlich verfolgen will o<strong>der</strong> ob es eher um e<strong>in</strong>e gleichmäßige Verteilung von Hilfsangeboten<br />

geht, wobei <strong>der</strong> Nordwesten und <strong>der</strong> Nordosten <strong>der</strong> Stadt als Überversorgungs-<br />

und Unterversorgungsgebiete genannt wurden. Im Nordwesten konzentrieren<br />

sich die stationären Angebote. Die Stadtmitte, Dierkow und Toitenw<strong>in</strong>kel s<strong>in</strong>d offenbar<br />

unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> Stadtteilnähe von Angeboten unterversorgt.<br />

Die Verteilung <strong>der</strong> Hilfsangebote <strong>in</strong> <strong>der</strong> Region wird auch im Zusammenhang mit den<br />

Notdiensten thematisiert, wobei speziell e<strong>in</strong> eher ländlich gelegener Notdienst, <strong>der</strong><br />

etwas Abstand zu Szene hätte, begrüßt würde.<br />

4 Qualitätssicherung<br />

Bei den Fragen nach <strong>der</strong> Qualität und <strong>der</strong> Qualitätssicherung wurde e<strong>in</strong>erseits große<br />

E<strong>in</strong>igkeit deutlich, daß es sich um e<strong>in</strong> für die Zukunft äußerst bedeutsames Thema<br />

handelt. An<strong>der</strong>erseits war nicht zu übersehen, daß fast alle Gesprächspartner e<strong>in</strong><br />

unterschiedliches Verständnis von Qualität, Qualitätsstandards und Qualitätssicherung<br />

haben.<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

Folgt man den Aussagen aller Gesprächspartner, wird im Augenblick auf allen Ebenen<br />

am Thema Qualitätssicherung gearbeitet, e<strong>in</strong> umfassendes Gesamtkonzept ist<br />

allerd<strong>in</strong>gs für das Jugendamt <strong>der</strong> Stadt im Rahmen von Jugendhilfeplanung und<br />

Steuerung ebensowenig zu erkennen wie bei den freien Trägern. E<strong>in</strong> leiten<strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

des Jugendamtes schätzt das Defizit wahrsche<strong>in</strong>lich richtig e<strong>in</strong>, <strong>in</strong>dem er<br />

wahrnimmt<br />

„daß vere<strong>in</strong>zelt Qualität, Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung e<strong>in</strong>e Rolle<br />

spielt. Nach me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung aber nicht durchweg und nicht bei allen Trägern und<br />

nicht bei allen Kollegen beim Amt...aber ich glaube das ist noch lange nicht so, wie es<br />

se<strong>in</strong> müßte, gerade wenn wir jetzt über neue Steuerung nachdenken o<strong>der</strong> über die<br />

Gesetzesverän<strong>der</strong>ung nach §77.“<br />

Unklarheiten gibt es schon <strong>in</strong> den Begriffen, bei denen nicht zwischen (Qualitäts-)<br />

Zielen und Standards unterschieden wird, Qualitätssicherungsverfahren und -<br />

maßnahmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Topf geworfen werden, so daß e<strong>in</strong>e Verständigung kaum möglich<br />

ersche<strong>in</strong>t. Dar<strong>in</strong> zeigt sich auch für e<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong> des Jugendamtes das<br />

Problem „daß Mitarbeiter des öffentlichen Trägers bezüglich <strong>der</strong> Qualität zu schlecht <strong>in</strong>formiert<br />

und qualifiziert werden und sie es dennoch mit den freien Trägern umsetzen sollen.“<br />

Natürlich läßt sich anhand solcher Aussagen die Qualität <strong>der</strong> Jugendhilfeleistungen<br />

<strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> nicht bewerten, solche Aussagen zeigen lediglich, daß sich die Diskussionen<br />

um Qualitätssicherung und Qualitätsstandards noch weitgehend am Anfang<br />

bef<strong>in</strong>den und e<strong>in</strong>zelne Maßnahmen <strong>der</strong> Qualitätssicherung – wie zum Beispiel Mitarbeiterfortbildung,<br />

Supervision – noch ohne Bezug zu e<strong>in</strong>em Gesamtkonzept stehen.<br />

Die freien Träger haben <strong>in</strong> den vergangenen Monaten Leistungsbeschreibungen erstellt.<br />

Es bietet sich nun anhand dieser Zuarbeiten an, e<strong>in</strong>e Diskussion über Qualitätsstandards<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong>shilfe neu und systematisch zu führen.<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

III<br />

Zusammenfassung und Anregungen für Verbesserungen<br />

Wir haben an an<strong>der</strong>er Stelle schon erwähnt, daß wir die <strong>in</strong> diesem Bericht benannten<br />

Schwachstellen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> we<strong>der</strong> quantifizieren<br />

können noch müssen. Aus den Gesprächen g<strong>in</strong>g deutlich hervor, daß klare und<br />

e<strong>in</strong>deutige Verfahren <strong>der</strong> Qualitätssicherung, <strong>der</strong> Hilfeplanung und Jugendhilfeplanung<br />

<strong>zur</strong> Zeit noch nicht h<strong>in</strong>reichend etabliert s<strong>in</strong>d und daß e<strong>in</strong>e Reihe von Verän<strong>der</strong>ungen<br />

notwendig s<strong>in</strong>d, um überprüfen zu können, welche Ziele mit welchen Maßnahmen<br />

und mit welchem Aufwand erreicht werden, d. h. wie effektiv Jugendhilfeleistungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong> durchgeführt und wie effizient die Mittel hierfür<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden.<br />

1 Hilfeplanverfahren<br />

Aufgrund <strong>der</strong> oben beschriebenen Unklarheiten über den Ablauf des Verfahrens, die<br />

Verantwortlichkeiten <strong>der</strong> Beteiligten an den jeweiligen Schritten und die Kriterien von<br />

Entscheidungen ersche<strong>in</strong>t es notwendig, auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> bestehenden Verfahren<br />

e<strong>in</strong>en Modus zu f<strong>in</strong>den, <strong>der</strong> durch klare Standards gekennzeichnet ist und damit<br />

Verläßlichkeit nach Innen und Außen garantiert. Dies be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>e Verständigung<br />

über den Ablauf des Verfahrens und die Inhalte <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Schritte.<br />

Notwendig sche<strong>in</strong>t auch e<strong>in</strong>e klare Festlegung über die Gültigkeit des Verfahrens.<br />

Wenn Hilfeplanung nicht vor allem als bürokratischer Aufwand, son<strong>der</strong>n als Instrument<br />

<strong>der</strong> angemessenen Fallbearbeitung und des Controll<strong>in</strong>gs angesehen wird,<br />

sollte das Verfahren auch bei allen vom öffentlichen Träger angebotenen <strong>Hilfen</strong> angewandt<br />

werden. Das Verfahren sollte folglich auch dem Anspruch gerecht werden,<br />

weniger Erschwernis als Hilfe für die fe<strong>der</strong>führenden Bereichssozialarbeiter zu se<strong>in</strong>,<br />

gleichzeitig könnte es nur dann auch dem Anspruch gerecht werden, auch <strong>in</strong>tern<br />

durchgeführte Maßnahmen und <strong>in</strong>terne Kosten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Prüfung <strong>der</strong> Effektivität und<br />

Effizienz e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

Zu erwägen wäre u. E., ob man freien Trägern und Fachdiensten des öffentlichen<br />

Trägers gleichermaßen die Möglichkeit gibt, kurzfristige <strong>Hilfen</strong> ohne Hilfeplanverfahren<br />

zu leisten und ab<strong>zur</strong>echnen. Als Umfang für solche <strong>Hilfen</strong> wären 10 Fachleistungsstunden<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitraum von max. 3 Monaten denkbar. Möglicherweise wür-<br />

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Fachhochschule Neubrandenburg<br />

Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

den dadurch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen aufgrund <strong>der</strong> niedrigeren Schwellen zu freien Trägern<br />

als zum „Amt“ <strong>Hilfen</strong> früher <strong>in</strong> Anspruch genommen, so daß weniger stark e<strong>in</strong>gegriffen<br />

werden muß als nach e<strong>in</strong>er weiteren Eskalation <strong>in</strong> <strong>der</strong> häuslichen Situation bei<br />

verzögerter Hilfeleistung.<br />

Auf <strong>der</strong> Grundlage und teilweise <strong>in</strong> enger Anlehnung an bisherige Verfahrensweisen<br />

und -vorschläge für die Hilfeplanung bietet sich <strong>der</strong> folgende Ablaufplan für die Hilfeplanung<br />

an:<br />

1.1 Klärung des Problems und Beratung <strong>der</strong> Hilfesuchenden im Vorfeld<br />

Vor <strong>der</strong> Antragstellung gemäß § 27 KJHG o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Zusammenhang mit <strong>der</strong> Antragstellung<br />

sollte e<strong>in</strong>e umfangreiche Beratung <strong>der</strong> Antragsteller erfolgen. Gerade die<br />

ersten Kontakte mit den Eltern s<strong>in</strong>d wichtig für e<strong>in</strong> Vertrauensverhältnis, das Basis<br />

e<strong>in</strong>er wirklichen Beteiligung se<strong>in</strong> kann.<br />

Gegenstand <strong>der</strong> Beratung sollten gemäß e<strong>in</strong>er Empfehlung des Landesjugendamtes/Landeswohlfahrtsverbandes<br />

Baden von 1994 se<strong>in</strong>:<br />

• „die Leistungspalette <strong>der</strong> Jugendhilfe, weil Betroffene nur dann über ausreichende Informationen<br />

für ihre Entscheidungen verfügen;<br />

• die <strong>in</strong>ternen Abläufe, weil Klienten wissen müssen, wie Daten über sie verwertet werden<br />

(Datenschutz, Transparenzangebot);<br />

• die Möglichkeiten und Grenzen <strong>der</strong> Ausübung <strong>der</strong> Personensorge durch Pflegepersonen<br />

bzw. verantwortliche Personen <strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen (§ 38);<br />

• die Kostenbeitragsregelungen;<br />

• die Mitwirkungsrechte und -pflichten (z.B. Verpflichtung <strong>zur</strong> Offenbarung <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Daten);<br />

• das Wunsch- und Wahlrecht <strong>der</strong> Betroffenen (§ 5);<br />

• die Beteiligungsrechte von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen (§ 8);<br />

• die Beachtung <strong>der</strong> Grundrichtung <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong> (§ 9);<br />

• die Beteiligungsrechte <strong>der</strong> Betroffenen bei <strong>der</strong> Erstellung und Fortschreibung des Hilfeplans;<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

• die datenschutzrechtlichen Bestimmungen (§§ 61-68);<br />

• die möglichen Folgen für die Entwicklung des K<strong>in</strong>des o<strong>der</strong> Jugendlichen, die bei je<strong>der</strong><br />

Intervention mit Rückwirkungen auf das familiäre Gefüge und den Entwicklungsweg des<br />

K<strong>in</strong>des o<strong>der</strong> Jugendlichen e<strong>in</strong>treten können, aber oft nicht voraussehbar und – wenn ü-<br />

berhaupt – erst im Verlauf des Hilfeprozesses zu konkretisieren s<strong>in</strong>d (Beispiel: § 1632<br />

Abs. 4 BGB).“<br />

Aus unseren Gesprächen mit Mitarbeitern wurde deutlich, daß bei den Mitarbeitern<br />

im Amt und bei den freien Trägern teilweise noch Unsicherheit im Umgang mit Eltern<br />

besteht. Uns sche<strong>in</strong>t dies auf e<strong>in</strong>en Bedarf an Fort- und Weiterbildung zu den Themenkreisen<br />

„Beratung“ und „Partizipation“ für die Mitarbeiter im Amt h<strong>in</strong>zudeuten, <strong>zur</strong><br />

Thematik „Elternarbeit“ bei den Mitarbeitern freier Träger.<br />

Neben dieser Beratung dient diese erste Phase <strong>der</strong> Hilfeplanung <strong>der</strong> Erhebung des<br />

erzieherischen Bedarfs aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> fe<strong>der</strong>führenden Fachkraft, <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Beteiligten (Betroffene, Familienangehörige) und von Fachkräften aus dem Umfeld<br />

<strong>der</strong> Betroffenen, etwa von Lehrern. Diese Erhebungen sollten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bedarfsbegründenden<br />

Bericht festgehalten werden, <strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>em Formular erstellt werden<br />

kann und den am Fachgespräch beteiligten Fachkräften vorgelegt wird.<br />

1.2 Fachteam<br />

Das Fachteam (o<strong>der</strong> die Helferkonferenz, Fachkonferenz) sollte e<strong>in</strong>berufen werden<br />

spätestens unmittelbar nach <strong>der</strong> Antragstellung für Hilfe <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> o<strong>der</strong> wenn<br />

aus <strong>der</strong> Vorklärung deutlich ist, daß e<strong>in</strong>e solche Antragstellung erfolgen wird. Das<br />

Fachteam sollte <strong>der</strong> Fachdiskussion über die geeignete Hilfe dienen und ohne großen<br />

organisatorischen Aufwand zusammentreffen können. Am Fachteam nehmen<br />

die Antragsteller grundsätzlich nicht teil, Mitarbeiter freier Träger können teilnehmen.<br />

Es sollte vom zuständigen Bereichssozialarbeiter geleitet werden, <strong>der</strong> darüber entscheidet,<br />

ob und ggf. welche Mitarbeiter von Fachdiensten, welche Fachberater und<br />

ob und ggf. welche Mitarbeiter freier Träger teilnehmen.<br />

Die Gestaltung des Fachteams könnte sich an den folgenden Schritten orientieren:<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

1. Fallvorstellung durch den zuständigen Bearbeiter<br />

2. Rückfragen <strong>der</strong> Teilnehmer<br />

3. E<strong>in</strong>drücke, Gefühle, Gedanken, Assoziationen zum Fall<br />

4. Erörterung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>samkeiten und Unterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> fachlichen E<strong>in</strong>schätzung<br />

des Falles<br />

5. Erörterung und Formulierung von Zielen<br />

6. Votum für Hilfsangebote<br />

7. Planung <strong>der</strong> nächsten Schritte, <strong>der</strong> weiteren Arbeit mit den Sorgeberechtigten<br />

8. Auswertung und Dokumentation des Gespräches<br />

Wichtig ersche<strong>in</strong>t uns, <strong>in</strong> dieser Phase <strong>der</strong> Hilfeplanung die Möglichkeiten des Bereichssozialarbeiters,<br />

mit den Eltern und Heranwachsenden e<strong>in</strong>e Hilfe auszuhandeln,<br />

nicht durch e<strong>in</strong> sehr präzise festgelegtes Hilfsangebot e<strong>in</strong>zuengen, son<strong>der</strong>n Spielraum<br />

zu lassen, damit die Betroffenen tatsächlich bei <strong>der</strong> Entscheidungsf<strong>in</strong>dung partizipieren<br />

können. Läßt sich trotz solcher Spielräume ke<strong>in</strong> Konsens mit den Antragstellern<br />

herstellen, sollte die Möglichkeit e<strong>in</strong>es erneuten Fachteams ausdrücklich<br />

vorgesehen se<strong>in</strong>.<br />

Zu klären ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> diesem Zusammenhang auch die Rolle <strong>der</strong> Fachberater sowie<br />

<strong>der</strong> Team- und Bereichsleiter und ihrer Funktion <strong>in</strong> diesen Fachteamkonferenzen.<br />

Der Verantwortung <strong>der</strong> Bereichssozialarbeiter für den Hilfeplanprozeß wäre es angemessen,<br />

wenn leitende Mitarbeiter die Rolle e<strong>in</strong>es den Prozeß begleitenden Coaches<br />

übernehmen könnten, <strong>der</strong> auch zu Risiken und Innovationen ermuntert und diese<br />

mitträgt.<br />

1.3 Hilfeplanvere<strong>in</strong>barung/ Erstellung des Hilfeplanes<br />

Im Anschluß an das Fachteam werden Antragsteller und betroffene Heranwachsende<br />

<strong>in</strong> geeigneter Form über die Ergebnisse des Fachgespräches <strong>in</strong> Kenntnis gesetzt.<br />

Ziel ist die Aushandlung e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Entscheidung über die geeignete Hilfe.<br />

Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorbereitung <strong>der</strong> Hilfeplanvere<strong>in</strong>barung kann <strong>der</strong> freie Träger beteiligt<br />

se<strong>in</strong>, er sollte es, wenn er bereits im Fachteam beteiligt war. E<strong>in</strong> solches Verfahren<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

kann hilfreich se<strong>in</strong>, um Situationen zu vermeiden, <strong>in</strong> denen die Betroffenen überfor<strong>der</strong>t<br />

s<strong>in</strong>d, im großen Kreis Entscheidungen zu treffen o<strong>der</strong> Vorschläge erst <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Konferenz auf den Tisch kommen, die ad hoc nicht abgeklärt werden können.<br />

In <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong>skonferenz und damit im eigentlichen Hilfeplan sollten konkrete, o-<br />

perationalisierte und überprüfbare Ziele für die Hilfe festgelegt werden. Pauschale<br />

Formulierungen ebenso wie dem E<strong>in</strong>zelfall nicht angepaßte Globalziele wie z. B. Integration<br />

<strong>in</strong> das Berufsleben o.ä. können den Hilfeprozeß nur wenig steuern und lassen<br />

kaum e<strong>in</strong>e Bewertung des Erreichten zu. Es sollten deshalb solche Ziele, Teilund<br />

Zwischenziele formuliert werden, die von den Beteiligten als realistisch angesehen<br />

werden. Unabd<strong>in</strong>gbar ist deshalb die Beteiligung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen,<br />

<strong>der</strong> Sorgeberechtigten und <strong>der</strong> Mitarbeiter des mit <strong>der</strong> Leistung beauftragten freien<br />

Trägers.<br />

Der Hilfeplan ist Resultat e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen Aushandlungsprozesses, <strong>in</strong> dem die<br />

Vorstellungen <strong>der</strong> Beteiligten ebenso zu berücksichtigen s<strong>in</strong>d wie die Ressourcen<br />

des Trägers. Er be<strong>in</strong>haltet Vere<strong>in</strong>barungen über die weitere Verantwortlichkeit für<br />

den Fall (ggf. den Wechsel <strong>der</strong> Verantwortung zu e<strong>in</strong>em Fachdienst) sowie evtl. differierende<br />

Zuständigkeiten für Teilaufgaben (z. B. wenn Elternarbeit nicht durch den<br />

fe<strong>der</strong>führenden Sozialarbeiter durchgeführt wird). Außerdem legt <strong>der</strong> Hilfeplan<br />

Rhythmen und Modi <strong>der</strong> Überprüfung und Fortschreibung fest.<br />

1.4 Überprüfung<br />

Die Verantwortung für die regelmäßige Überprüfung <strong>der</strong> Hilfeplanung sollte beim öffentlichen<br />

Träger liegen, <strong>der</strong> <strong>in</strong> festgelegten Zeiträumen Personensorgeberechtigte,<br />

Heranwachsende und freie Träger dazu e<strong>in</strong>lädt. Die freien Träger sollten darüber<br />

h<strong>in</strong>ausgehend die Möglichkeit haben, kurzfristig Bedarf für e<strong>in</strong>e Besprechung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Fachteam (Helferkonferenz) anzumelden. Der Planungssitzung kann, muß aber<br />

ke<strong>in</strong> Fachteam vorausgehen. Falls e<strong>in</strong> Fachteam anberaumt wird, sollte <strong>der</strong> freie<br />

Träger daran beteiligt werden.<br />

Grundlage für die Überprüfung <strong>der</strong> Hilfe sollte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel e<strong>in</strong> Bericht des freien<br />

Trägers se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> mit den Betroffenen und den Personensorgeberechtigten <strong>in</strong> geeig-<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

neter Form besprochen werden sollte. Voraussetzung wäre e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung mit<br />

den freien Trägern hergestellt werden, zu welchem Zeitpunkt mit welcher Verb<strong>in</strong>dlichkeit<br />

vor <strong>der</strong> Überprüfung des Hilfeplanes e<strong>in</strong> solcher Bericht vorliegen sollte.<br />

1.5 Beendigung <strong>der</strong> Hilfe<br />

Um dem Anspruch gerecht zu werden, Hilfeplanung als „e<strong>in</strong>en fachlichen, ziel- und<br />

zeitbezogenen Prozeß auszugestalten, schriftlich zu fixieren und zu überprüfen“ (Arbeitshilfen<br />

1998, S. 21), ist es unbed<strong>in</strong>gt erfor<strong>der</strong>lich, die Erreichung von Zielen bei<br />

Beendigung <strong>der</strong> Hilfe geme<strong>in</strong>sam mit Betroffenen, freien Trägern und fe<strong>der</strong>führendem<br />

Sozialarbeiter zu erheben. Die Ergebnisse dieser Auswertung sollten sowohl <strong>in</strong><br />

das Qualitätsmanagement <strong>der</strong> freien Träger und des öffentlichen Trägers wie auch <strong>in</strong><br />

die Jugendhilfeplanung/Bedarfsplanung e<strong>in</strong>fließen.<br />

Solche Auswertungsgespräche s<strong>in</strong>d nicht nur beim Abschluß <strong>der</strong> Hilfe <strong>in</strong>sgesamt erfor<strong>der</strong>lich,<br />

son<strong>der</strong>n auch beim Wechsel <strong>der</strong> Hilfeform (dort gehen sie zweckmäßig<br />

e<strong>in</strong>her mit <strong>der</strong> Überprüfung <strong>der</strong> Hilfeplanung) o<strong>der</strong> des mit <strong>der</strong> Hilfe beauftragten<br />

Trägers. Gerade bei Maßnahmeabbrüchen ersche<strong>in</strong>t es beson<strong>der</strong>s notwendig, die<br />

Erreichung von Zielen und mögliche Ursachen des Scheiterns zu erheben, um Angebotslücken,<br />

strukturelle und personelle Ursachen aufzuf<strong>in</strong>den.<br />

1.6 Zeitlicher Ablauf<br />

Für alle Verfahrensschritte sollten Vere<strong>in</strong>barungen über die maximale Bearbeitungsdauer<br />

als Qualitätsziele getroffen werden, etwa zwischen <strong>der</strong> (<strong>in</strong>formellen) Antragstellung<br />

auf Hilfe <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>berufung e<strong>in</strong>er Fachkonferenz, dem<br />

Beschluß <strong>der</strong> Fachkonferenz und dem Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Hilfe durch den freien o<strong>der</strong> öffentlichen<br />

Träger.<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

1.7 Dokumentation<br />

Bereits im Zwischenbericht haben wir zum Ausdruck gebracht, daß die Dokumentation<br />

<strong>in</strong> den Akten des Jugendamtes e<strong>in</strong>e Überprüfung des Hilfeverlaufes nur sehr<br />

e<strong>in</strong>geschränkt möglich macht. Dies hat die bekannten Folgen, daß unter Umständen<br />

grundlegende Informationen aus den Akten nicht hervorgehen und die Rekonstruierbarkeit<br />

von Fallverläufen stark von <strong>der</strong> Kont<strong>in</strong>uität von Personen abhängig ist. Defizite<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Dokumentation s<strong>in</strong>d bei freien Trägern und Jugendamt <strong>in</strong> gleicher Weise<br />

auszumachen, wobei wir nicht <strong>der</strong> Frage nachgegangen s<strong>in</strong>d, ob und <strong>in</strong>wieweit freie<br />

Träger <strong>in</strong>tern mehr dokumentieren.<br />

Alle Schritte des Verfahrens sollten <strong>in</strong> angemessener Weise von den dafür Verantwortlichen<br />

dokumentiert werden. In e<strong>in</strong>em ersten Schritt sollten sich die Beteiligten<br />

(Bereichssozialarbeiter, Mitarbeiter <strong>der</strong> Fachdienste, Mitarbeiter <strong>der</strong> freien Träger)<br />

über Art und Umfang <strong>der</strong> für die jeweiligen Verfahrensschritte notwendigen Informationen<br />

verständigen. Geme<strong>in</strong>sam könnten dann (mehr o<strong>der</strong> weniger offene) Formulare<br />

entwickelt werden, die z.T. gleichzeitig als Gesprächsvorlage für Sitzungen verwendet<br />

werden können. Im e<strong>in</strong>zelnen wären Vordrucke zu folgenden Themen möglich:<br />

• Erzieherischer Bedarf, Begründung des Leistungsanspruchs (bedarfsbegründen<strong>der</strong><br />

Bericht)<br />

• Verlauf und Ergebnis Fachteam (hier sollten u.a. die Grundlagen für die Entscheidung<br />

bzw. Empfehlung des Fachgremiums nachvollziehbar werden, also z.<br />

B. auf Grund welcher Leistungs- o<strong>der</strong> Strukturmerkmale e<strong>in</strong> Träger mit <strong>der</strong><br />

Durchführung <strong>der</strong> Hilfe beauftragt werden sollte<br />

• Hilfeplanvere<strong>in</strong>barung (hier ist darauf zu achten, daß an den Stellen, wo z.B.<br />

Ziele noch nicht konkretisiert werden können, verb<strong>in</strong>dliche Vere<strong>in</strong>barungen darüber<br />

getroffen werden, wann und wie die Lücken <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barung geschlossen<br />

werden)<br />

• Hilfeplanüberprüfung (Auswertung <strong>der</strong> Hilfe über den Zeitraum seit <strong>der</strong> letzten<br />

Vere<strong>in</strong>barung und neue Hilfeplanvere<strong>in</strong>barung)<br />

• Beendigung <strong>der</strong> Hilfe/ Wechsel <strong>der</strong> Maßnahme (Auswertung <strong>der</strong> Hilfe über den<br />

gesamten Zeitraum <strong>der</strong> Leistung)<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

Bei allen Beteiligten ist dafür Sorge zu tragen, daß die technischen und personellen<br />

Möglichkeiten für e<strong>in</strong>e zeitnahe und möglichst wenig aufwendige Dokumentation vorhanden<br />

s<strong>in</strong>d, damit nicht durch fehlende o<strong>der</strong> verspätete Informationen Effektivität<br />

und Effizienz von Sitzungen und Maßnahmen bee<strong>in</strong>trächtigt werden.<br />

1.8 Umgang mit Dissens<br />

Wie aus unseren Gesprächen mit Mitarbeitern freier Träger und des Jugendamtes zu<br />

entnehmen ist, wird Dissens weitgehend als Störung im Planungsprozeß empfunden<br />

und nicht als Chance <strong>zur</strong> Innovation und als Möglichkeit, die Hilfeplanung zu verbessern<br />

und zu spezifizieren. Dissens wird weitgehend artikuliert als Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheit<br />

über die Hilfegestaltung und kaum als Indiz dafür verstanden, daß möglicherweise<br />

noch ke<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Problemverständnis hergestellt wurde o<strong>der</strong> über<br />

Ziele noch ke<strong>in</strong> wirkliches E<strong>in</strong>vernehmen herrscht. Diese Sichtweise ist wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

e<strong>in</strong>e Folge des allgeme<strong>in</strong>en Verständnisses des Hilfeplanungsprozesses, das<br />

„<strong>der</strong> Fachlichkeit <strong>der</strong> Mitarbeiter gegenüber den Beteiligungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Eltern,<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen doch Dom<strong>in</strong>anz“ e<strong>in</strong>räumt. (Arbeitshilfen 1998, S. 19)<br />

Um mit auftretendem Dissens konstruktiv als normalem Bestandteil e<strong>in</strong>es Aushandlungsprozesses<br />

umzugehen, sollte er als Möglichkeit im Verfahren vorgesehen und<br />

für die fallführenden Mitarbeiter nicht Ausdruck eigenen Versagens se<strong>in</strong>, das sie<br />

deshalb mit <strong>der</strong> Abgabe des Falles beantworten.<br />

Ist die Me<strong>in</strong>ung e<strong>in</strong>es Antragstellers nicht mit <strong>der</strong> Entscheidung des Fachteams zu<br />

vere<strong>in</strong>baren, ist zunächst zu überprüfen, ob den Vorschlägen des Antragstellers gefolgt<br />

werden kann. Ggf. setzt sich das Fachteam mit <strong>der</strong> neuen Situation ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

und sucht nach neuen Möglichkeiten.<br />

Läßt sich ke<strong>in</strong> Konsens herstellen und ist e<strong>in</strong>e Gerichtsentscheidung nach BGB<br />

§1666 nicht notwendig o<strong>der</strong> angebracht, so sollte geme<strong>in</strong>sam nach e<strong>in</strong>er möglichst<br />

„fehlerfreundlichen“ Lösung gesucht werden, evtl. könnten zeitliche Befristungen vere<strong>in</strong>bart<br />

o<strong>der</strong> zusätzliche Beratungsmöglichkeiten angeboten werden.<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

2 Verknüpfung <strong>der</strong> Hilfeplanverfahren mit <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung<br />

Damit Hilfeplanverfahren im Rahmen <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung zu Steuerungszwecken<br />

genutzt werden können, müssen diese e<strong>in</strong>e Reihe von Anfor<strong>der</strong>ungen erfüllen.<br />

Oben bereits erwähnt wurde, daß e<strong>in</strong>deutige Ziele im Hilfeplan vere<strong>in</strong>bart werden<br />

müssen, d.h. soweit konkretisierte und operationalisierte Ziele, daß ihr E<strong>in</strong>treten ü-<br />

berprüft werden kann. Weiterh<strong>in</strong> muß aus den Hilfeplänen hervorgehen, aufgrund<br />

welchen Bedarfs welcher Träger mit <strong>der</strong> Hilfe beauftragt wurde, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e aufgrund<br />

welchen Bedarfs, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> nicht befriedigt werden kann, e<strong>in</strong>e Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

außerhalb <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> erfor<strong>der</strong>lich wurde.<br />

Jugendhilfeplanung muß diese Thematik systematisch aufgreifen, ebenso wie die<br />

nach <strong>der</strong> nicht– auch nicht von außerhalb <strong>Rostock</strong>s - befriedigten Nachfrage nach<br />

Pflegefamilien und möglicherweise neue Strategien entwickeln, um das Angebot entsprechend<br />

zu verän<strong>der</strong>n, im Beispiel etwa, <strong>in</strong>dem sie die Schaffung von <strong>Erziehung</strong>sstellen<br />

<strong>in</strong>itiiert.<br />

Im Zusammenhang mit dem Modell „Neue Steuerung“ wird es <strong>in</strong> Zukunft unabd<strong>in</strong>gbar,<br />

daß den Hilfeplänen und damit den konkreten <strong>Hilfen</strong> die durch die beanspruchten<br />

<strong>Hilfen</strong> verursachten Kosten zugewiesen werden. Damit kann dann nicht nur die<br />

Effektivität, son<strong>der</strong>n auch die Effizienz <strong>der</strong> jeweiligen <strong>Hilfen</strong> durch die Jugendhilfeplanung<br />

überprüft werden. Dabei ist <strong>in</strong>sgesamt darauf zu achten, daß auch <strong>in</strong>tern<br />

entstandene Kosten im Jugendamt den vere<strong>in</strong>barten <strong>Hilfen</strong> zugeordnet werden. Konkret<br />

bedeutet dies, daß die an e<strong>in</strong>em Hilfeplanverfahren beteiligten Jugendamtsmitarbeiter<br />

ihre Arbeitsanteile diesem Hilfeplanverfahren auch zuordnen können, um<br />

dann mit Hilfe e<strong>in</strong>es durchschnittlichen Stundensatzes <strong>in</strong>terne Kostenstrukturen zu<br />

erfassen. Ansonsten ergibt sich e<strong>in</strong> schiefes Bild h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> durchgeführten <strong>Hilfen</strong>.<br />

Wenn also Hilfepläne neben den Leistungen für K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche auch die<br />

bereits angefallenen und die zu erwartenden Kosten enthalten, s<strong>in</strong>d sie als Controll<strong>in</strong>g<strong>in</strong>strument<br />

für e<strong>in</strong>e darauf aufbauende Sozialplanung geeignet.<br />

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2 1 Unterbr<strong>in</strong>gung außerhalb <strong>Rostock</strong>s<br />

Es ist bemerkenswert, daß e<strong>in</strong> großer Teil <strong>der</strong> Heimunterbr<strong>in</strong>gungen außerhalb von<br />

<strong>Rostock</strong> erfolgt und gleichzeitig übere<strong>in</strong>stimmend e<strong>in</strong>e Überkapazität von Heimplätzen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt konstatiert wird. Von beiden Seiten, d.h. sowohl von freien Trägern<br />

wie auch vom öffentlichen Träger wird diese Tatsache kaum problematisiert, obwohl<br />

im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Qualitätsziele des KJHG zu erwarten gewesen wäre, daß man versucht,<br />

die Kapazitäten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt zu nutzen und das Angebot <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Stadt dem Bedarf<br />

anzupassen. Dies gilt um so mehr, als zwar pauschal die Notwendigkeit <strong>der</strong> milieufernen<br />

Unterbr<strong>in</strong>gung mit <strong>der</strong> Ablösung aus problematischen Cliquen begründet<br />

wird, <strong>der</strong> Nachweis dieses Kriteriums im E<strong>in</strong>zelfall <strong>in</strong> den Hilfeplänen jedoch weitgehend<br />

ausbleibt. Eher entsteht <strong>in</strong> den Hilfeplänen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck, daß es sich um komplizierte<br />

Jugendliche mit z.T. massiven Schulschwierigkeiten handelt, für die offenbar<br />

o<strong>der</strong> sche<strong>in</strong>bar ke<strong>in</strong> adäquates Angebot <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> vorhanden ist.<br />

Auch von Seiten <strong>der</strong> freien Träger wird offenbar nicht realisiert, daß mit <strong>der</strong> großen<br />

Zahl an auswärtigen Unterbr<strong>in</strong>gungen erhebliche F<strong>in</strong>anzmittel nach Außen 1 gehen,<br />

die nicht <strong>zur</strong> Weiterentwicklung <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong>shilfe <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> genutzt werden können.<br />

Faktisch bedeutet dies, daß das Qualitätsziel „Regionalisierung <strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung“<br />

von den Beteiligten wenig beachtet o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest nicht wirklich durchgesetzt<br />

wird.<br />

2.2 Arbeitsformen <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung<br />

Jugendhilfeplanung bedeutet, e<strong>in</strong>en ständigen Kommunikations- und Aushandlungsprozeß<br />

zu organisieren, <strong>in</strong> dessen Rahmen Erwartungen und Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

des Jugendamtes an freie Träger herangetragen werden, die ihrerseits die Möglichkeit<br />

haben, sich entsprechend dieser Erwartungen zu positionieren. Dieser wechselseitige<br />

Bee<strong>in</strong>flussungsprozeß sche<strong>in</strong>t im Bereich <strong>der</strong> <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong><br />

bisher nur sehr begrenzt zu funktionieren.<br />

1 Wenn tatsächlich 40% <strong>der</strong> Fälle von Heimerziehung außerhalb <strong>Rostock</strong>s erfolgen, wie dies von Mitarbeitern<br />

genannt wurde, so dürfte etwa die Hälfte <strong>der</strong> Mittel für Heimerziehung nach Außen gehen, da die auswärtigen<br />

Unterbr<strong>in</strong>gungen (<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e In Schleswig Holste<strong>in</strong>) im Durchschnitt deutlich teurer s<strong>in</strong>d als Unterbr<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>in</strong> <strong>Rostock</strong>.<br />

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Die Verb<strong>in</strong>dlichkeit <strong>der</strong> Beteiligung an <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung war für die Mitarbeiter<br />

<strong>der</strong> freien Träger und die Mitarbeiter des Jugendamtes mehrheitlich eher ger<strong>in</strong>g. Dies<br />

bedeutet zum e<strong>in</strong>en, daß <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung wenig Bedeutung zugemessen<br />

wird und daß man sich von <strong>der</strong> Mitwirkung an Gremien offenbar nur wenig Vorteile<br />

für die eigene Arbeit verspricht, zum an<strong>der</strong>en, daß Konzeption und Struktur <strong>der</strong> Jugendhilfeplanung<br />

<strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> nur wenig bekannt ist.<br />

Für den Bereich <strong>der</strong> <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> ersche<strong>in</strong>t uns erfor<strong>der</strong>lich, e<strong>in</strong>e Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

(o<strong>der</strong> Fachplanungsgruppe) von freien Trägern und Jugendamt, <strong>der</strong>en<br />

Mitglie<strong>der</strong> sich verb<strong>in</strong>dlich treffen und die von e<strong>in</strong>em außenstehenden Mo<strong>der</strong>ator<br />

unterstützt werden sollte, mit <strong>der</strong> Vorbereitung von verb<strong>in</strong>dlichen Regelungen und<br />

Qualitätsstandards zum Hilfeplanverfahren und <strong>zur</strong> Angebotsentwicklung zu betrauen.<br />

Die <strong>in</strong> dieser Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft entwickelten Qualitätsstandards könnten über<br />

den Jugendhilfeausschuß mit solcher Verb<strong>in</strong>dlichkeit versehen werden, daß sie tatsächlich<br />

für den Umgang zwischen freien Trägern und Jugendamt wirksam s<strong>in</strong>d, d.h.<br />

daß Nichtbeachtung von Qualitätsstandards sanktioniert werden kann, gleichzeitig<br />

für die freien Träger garantiert wird, daß die notwendigen Voraussetzungen <strong>zur</strong> E<strong>in</strong>haltung<br />

<strong>der</strong> Qualitätsstandards auch f<strong>in</strong>anziert werden.<br />

3 Jugendhilfeplanung und die Entwicklung von Qualitätsstandards<br />

Wenn Hilfepläne die Anfor<strong>der</strong>ungen an e<strong>in</strong> Controll<strong>in</strong>g<strong>in</strong>strument erfüllen, kann durch<br />

Jugendhilfeplanung überprüft werden, welche Hilfeformen <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>n erfolgreich<br />

waren, daß gesteckte Ziele erreicht wurden. Interessant s<strong>in</strong>d vor allem auch die Fälle,<br />

<strong>in</strong> denen gesteckte Ziele nicht erreicht wurden, wobei es dann zu h<strong>in</strong>terfragen ist,<br />

woran es gelegen hat. Dadurch, daß Kosten <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Hilfeform ebenfalls erfaßt<br />

werden, kann deutlich gemacht werden, welcher Nutzen mit welchem Geld im Rahmen<br />

<strong>der</strong> <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> gestiftet wurde. Daran anschließend ist <strong>in</strong>teressant, ob<br />

dieses Geld s<strong>in</strong>nvoll ausgegeben wurde o<strong>der</strong> ob es begründete H<strong>in</strong>weise darauf gibt,<br />

daß mit an<strong>der</strong>en Hilfeformen, die möglicherweise auch noch kostengünstiger s<strong>in</strong>d<br />

(etwa <strong>Erziehung</strong>sstellen im Vergleich zu langfristiger Heimerziehung), bessere Ergebnisse<br />

zu erzielen s<strong>in</strong>d. Damit wollen wir uns ke<strong>in</strong>esfalls für e<strong>in</strong>e vorrangige Betrachtung<br />

<strong>der</strong> Kostenseite e<strong>in</strong>setzen, son<strong>der</strong>n zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen, daß Kosten im<br />

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Zusammenhang mit Leistung zu betrachten s<strong>in</strong>d, damit es gel<strong>in</strong>gen kann, Ressourcen<br />

effizient im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Adressaten zu verwenden.<br />

Aus den Erkenntnissen, welche Hilfeformen unter welchen Bed<strong>in</strong>gungen erfolgreich<br />

s<strong>in</strong>d, die die Jugendhilfeplanung aus den Hilfeplänen bezieht, können klare Erwartungen<br />

und Anfor<strong>der</strong>ungen an die freien Träger gerichtet werden. Freie Träger müssen<br />

ihre Konzepte und ihre Leistungspalette daraufh<strong>in</strong> ausrichten. Sichtbar wird dies<br />

über entsprechende Qualitätsstandards, mit denen dargelegt wird, wie man den <strong>in</strong><br />

den e<strong>in</strong>zelnen Hilfeformen gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht werden will.<br />

Jugendhilfeplanung bewegt sich damit fort von e<strong>in</strong>er quantitativen Bestands- und<br />

Bedarfsanalyse h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er zentralen Steuerungs<strong>in</strong>stanz, die dafür Sorge zu tragen<br />

hat, daß Angebot und Nachfrage zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong>f<strong>in</strong>den und daß <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e das Angebot<br />

durch bestimmte fachliche Kriterien gekennzeichnet ist, die nicht unterschritten<br />

werden dürfen.<br />

Für die Zukunft wird es unseres Erachtens <strong>in</strong> <strong>Rostock</strong> darauf ankommen, diesen<br />

Prozeß zu organisieren, damit die Erfahrungen e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Klarheit <strong>der</strong> Abläufe, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Dokumentation und <strong>der</strong> Überprüfung <strong>der</strong> angestrebten Ziele weiterentwickelten<br />

Hilfeplanverfahrens <strong>in</strong> die Entwicklung von Qualitätsstandards e<strong>in</strong>fließen, die es auch<br />

möglich machen, für mehr K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche als bisher die geeignete Hilfe <strong>in</strong><br />

<strong>Rostock</strong> anzubieten.<br />

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Literatur<br />

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und Elternbeteiligung. Evaluationsstudie e<strong>in</strong>es Modellprojektes ü-<br />

ber Hilfeerfahrungen von Eltern im Rahmen des KJHG. Eigenverlag des Deutschen<br />

Vere<strong>in</strong>s. Frankfurt 1998<br />

• Boley, Eberhard; Herrmann, Franz. Jugendhilfeplanung als politischer Prozeß.<br />

Neuwied 1995<br />

• Bundesm<strong>in</strong>ister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Achter Jugendbericht.<br />

Bonn 1990<br />

• Empfehlungen des Deutschen Vere<strong>in</strong>s <strong>zur</strong> Hilfeplanung nach § 36 KJHG - Vorbereitung<br />

und Erstellung des Hilfeplans. In: Nachrichtendienst des Deutschen Vere<strong>in</strong>s<br />

für öffentliche und private Fürsorge , 74. Jg. 1994, Nr. 9, S. 317 – 326.<br />

• Ergänzungen <strong>der</strong> Empfehlungen des Deutschen Vere<strong>in</strong>s <strong>zur</strong> Hilfeplanung nach §<br />

36 SGB VIII. In: Nachrichtendienst des Deutschen Vere<strong>in</strong>s für öffentliche und private<br />

Fürsorge. 76. Jg., 1996, Nr. 3, S. 74.<br />

• Faltermeier, Josef / Fuchs, Petra u.a.. Hilfeplanung konkret. Praktische und fachpolitische<br />

Handlungsstrategien <strong>zur</strong> Qualitätssicherung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendhilfe. Eigenverlag<br />

des Deutschen Vere<strong>in</strong>s für öffentliche und private Fürsorge. Frankfurt am<br />

Ma<strong>in</strong> 1996<br />

• Flösser, Gaby; Otto, Hans-Uwe. Neue Steuerungsmodelle für die Jughendhilfe.<br />

Neuwied 1996<br />

• Gissel-Palkovich, Ingrid. Qualitätsmanagement .... nicht h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>kontrollieren, son<strong>der</strong>n<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>produzieren. In: sozialmagaz<strong>in</strong>, 22. Jg. 1997, H. 5, S. 44-51.<br />

• Harnach-Beck, Viola. Psychosoziale Diagnostik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendhilfe. Grundlagen<br />

und Methoden für Hilfeplan, Bericht und Stellungnahme. We<strong>in</strong>heim / München,<br />

1995<br />

• Kunkel, Christian. Der Hilfeplan als „Überraschungsei“? – Entgegnung auf die<br />

Anmerkungen von Maas. In: Nachrichtendienst des Deutschen Vere<strong>in</strong>s für öffentliche<br />

und private Fürsorge. 76. Jg., 1996, Nr. 1, S. 29– 30.<br />

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Abschlußbericht zum Projekt: „<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Rostock</strong>“<br />

• Kunkel, Christian. Ist <strong>der</strong> Hilfeplan e<strong>in</strong> Instrument des E<strong>in</strong>griffs <strong>in</strong> die Autonomie<br />

<strong>der</strong> freien Träger? In: Nachrichtendienst des Deutschen Vere<strong>in</strong>s für öffentliche<br />

und private Fürsorge. 75. Jg., 1995, Nr. 11, S. 456 – 457.<br />

• Lakies, Thomas. Nochmals: Mißverständnisse <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendhilfe. In: Nachrichtendienst<br />

des Deutschen Vere<strong>in</strong>s für öffentliche und private Fürsorge , 77. Jg.,<br />

1997, Nr. 7, S. 217-218.<br />

• Maas, Udo, Hilfeplanung nach § 36 KJHG <strong>in</strong> <strong>der</strong> Diskussion – Anmerkungen zum<br />

Beitrag von Kunkel <strong>in</strong> NDV 11/1995. In: Nachrichtendienst des Deutschen Vere<strong>in</strong>s<br />

für öffentliche und private Fürsorge , 76. Jg., 1996, Nr. 1, S. 28 – 29.<br />

• Maas, Udo, Offenbar ke<strong>in</strong> Mißverständnis. Zu Werners Entgegnung. In: Nachrichtendienst<br />

des Deutschen Vere<strong>in</strong>s für öffentliche und private Fürsorge , 77. Jg.,<br />

1997, Nr. 5, S. 149-152.<br />

• Merchel, Joachim, Der mißverstandene Charakter von Hilfeplanung. In: Nachrichtendienst<br />

des Deutschen Vere<strong>in</strong>s für öffentliche und private Fürsorge , 77. Jg.,<br />

1997, Nr. 7, S. 219-222.<br />

• Merchel, Joachim, Hilfeplanung gem. § 36 KJHG als fachliche und organisatorische<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung an das Jugendamt. In: Nachrichtendienst des Deutschen<br />

Vere<strong>in</strong>s für öffentliche und private Fürsorge , 75. Jg., 1995, Nr. 4, S. 151 – 156.<br />

• Merchel, Joachim; Schrapper, Christian. Neue Steuerung –Tendenzen <strong>der</strong> Organisationsentwicklung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialverwaltung. Münster 1996<br />

• Mün<strong>der</strong>, Johannes u.a.. Frankfurter Lehr- und Praxis-Kommentar zum KJHG/SGB<br />

VIII. Münster 1998.<br />

• Petermann, Franz (Hrsg.) Der Hilfeplan nach § 36 KJHG - e<strong>in</strong>e empirische Studie<br />

über Vorgehen und Kriterien se<strong>in</strong>er Erstellung. Freiburg im Breisgau 1995<br />

• Schwabe, Mathias. Das Hilfeplangespräch nach § 36 KJHG: e<strong>in</strong>e bescheidene<br />

Übung zwischen ideologischer Überfrachtung und strukturellen Wi<strong>der</strong>sprüchen.<br />

In: Forum <strong>Erziehung</strong>shilfen, 2. Jg. 1996, H.4, S. 164 – 172.<br />

• Urban, Manfred, Hilfeplan(ung) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialhilfe? In: Nachrichtendienst des<br />

Deutschen Vere<strong>in</strong>s für öffentliche und private Fürsorge , 75. Jg., 1995, Nr. 4, S.<br />

148 – 151.<br />

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• Verband katholischer E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> Heim- und Heilpädagogik:. Der Hilfeplan<br />

nach § 36 KJHG. Beiträge <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong>shilfe 10. Hrsg. von Franz Petermann<br />

und Mart<strong>in</strong> Schmidt, Freiburg im Breisgau.<br />

• Wagner, Gisela; Hoppe, Mart<strong>in</strong>a. Hilfeplanung nach § 36 KJHG <strong>in</strong> <strong>der</strong> Diskussion.<br />

In: Nachrichtendienst des Deutschen Vere<strong>in</strong>s für öffentliche und private Fürsorge,<br />

75. Jg., 1995, Nr. 11, S. 455 – 456.<br />

• Werner, He<strong>in</strong>z-Hermann. Mißverständnisse über den Aushandlungsprozeß <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Jugendhilfe? In: Nachrichtendienst des Deutschen Vere<strong>in</strong>s für öffentliche und private<br />

Fürsorge, 77. Jg., 1997, Nr. 5, S. 147-149.<br />

• Wildenrath, Constanze von. Jugendhilfeplanung <strong>in</strong> kommunalen Engpässen. Bestandsaufnahme<br />

und Perspektiven <strong>der</strong> kommunalen Jugendhilfeplanung und Jugendhilfepolitik<br />

<strong>in</strong> den westdeutschen Bundeslän<strong>der</strong>n. Ammersbeck bei Hamburg,<br />

1991<br />

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