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Reiten wie die Cowboys - ParaWesternReiter eV

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Mobil & Aktiv / Pferdesport<br />

Westernreiten ist für Menschen mit Handicap<br />

besonders gut geeignet:<br />

<strong>Reiten</strong> <strong>wie</strong> <strong>die</strong><br />

<strong>Cowboys</strong><br />

„Wir sind froh, dass wir unsere Pferde haben. Ich möchte<br />

nicht wissen, <strong>wie</strong> es uns gesundheitlich gehen würde, wenn<br />

wir unsere tägliche ‚Hippotherapie‘ nicht hätten“, sagt Gabi<br />

Müller. Sie und ihr Mann Tom, beide begeisterte Westernreiter<br />

und an MS erkrankt, gehören zu den Gründungsmitgliedern<br />

von <strong>ParaWesternReiter</strong> e.V. (PWR). Der erste Verein von<br />

Westernreitern mit Behinderung wurde 2008 gegründet und<br />

bringt seitdem den Sport mit seiner typischen einhändigen<br />

Reitweise voran.<br />

Das Westernreiten, <strong>wie</strong> es heute bekannt ist, hat seinen Ursprung<br />

in der Arbeit der amerikanischen <strong>Cowboys</strong>. In den weiten Steppen<br />

des Landes konnten sie ihre Rinderherden nur mit Hilfe der Pferde<br />

betreuen. Weil es wichtig war, dass <strong>die</strong> Pferde in heiklen Situationen nicht<br />

hektisch reagieren, wurde bei der Auswahl der Tiere besonderer Wert auf<br />

Nervenstärke und ein ausgeglichenes Temperament gelegt. Diese wohlerzogenen<br />

und disziplinierten Pferde mussten außerdem eine hohe Motivation<br />

zur Mitarbeit zeigen. So konnten sich <strong>die</strong> <strong>Cowboys</strong> statt auf das<br />

<strong>Reiten</strong> ganz auf ihre Arbeit konzentrieren. Aus <strong>die</strong>sem Zusammenspiel<br />

entstand eine zweck<strong>die</strong>nliche Reitweise, bei der <strong>die</strong> Pferde auf kurze<br />

Impulse sicher reagieren. Diese Eigenschaften der Westernpferde werden<br />

auch heute in der Zucht und bei den Regeln der Westernreitturniere berücksichtigt.<br />

Die einhändige Reitweise, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> Lasso schwingenden <strong>Cowboys</strong><br />

zurückgeht, so<strong>wie</strong> <strong>die</strong> ruhigen Gänge und das ausgeglichene Temperament<br />

der Westernpferde gelten als besonders geeignet<br />

für Menschen mit Handicap.<br />

Neben dem rasanten „Reining“ und den Rinderdisziplinen<br />

„Cutting“ und „Working Cowhorse“ gibt es<br />

beim Westernreiten auch Prüfungen, <strong>die</strong> in Schritt und<br />

Trab durchgeführt werden können. Beim „Western<br />

Horsemanship“ stehen in erster Linie <strong>die</strong> Leistungen<br />

des Reiters im Vordergrund. Dabei werden während<br />

der einzelnen Lektionen <strong>die</strong> Hilfengebung und <strong>die</strong> Haltung<br />

des Reiters beurteilt. Es sind keine spektakulären,<br />

dafür aber penibel nachzureitende Manöver, <strong>die</strong><br />

eine enorme Kontrolle des Pferdes voraussetzen. Im<br />

„Trail“, einer Geschicklichkeitsprüfung, müssen Pferd<br />

und Reiter Hindernisse bewältigen, zum Beispiel beim<br />

Slalom um Tonnen, beim Traben über am Boden liegende<br />

Stangen oder beim Rückwärtsrichten zwischen<br />

zwei Hindernissen. Dabei sind Nervenstärke so<strong>wie</strong><br />

großes Vertrauen zwischen Reiter und Pferd gefordert.<br />

Im Regelwerk des PWR gibt es für weniger fortgeschrittene<br />

Reiter mit Handicap auch sogenannte Führzügelklassen,<br />

bei denen es auf Sitz und Sicherheit des Reiters<br />

ankommt, während das Pferd von einem Dritten<br />

geführt wird.<br />

Lange gab es für Westernreiter mit Behinderung keine<br />

Vereinigung, <strong>die</strong> ihre Interessen vertrat und sie im<br />

Reitsport förderte. Ein besonders wichtiges Anliegen<br />

der Reiter war es deshalb, das sogenannte Parawesternreiten<br />

in den Regelsport zu integrieren, um im<br />

Rahmen von Handicap-Klassen an Regelturnieren teil-<br />

HANDICAP 2/2010


Mobil & Aktiv / Pferdesport<br />

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nehmen zu können.<br />

Außerdem fehlten spezielle<br />

Trainingskurse.<br />

Und natürlich sollten<br />

auch der Austausch<br />

<strong>die</strong>se Veranstaltung. Sie war bereits als<br />

Jugendliche ohne Handicap erfolgreiche<br />

Westernreiterin und freut sich über jede<br />

Gelegenheit, ihr Quarterhorse „Zippo“<br />

in den PWR-Turnierklassen vorstellen zu<br />

mit Gleichgesinnten<br />

können. Wenn man ihr zusieht, erkennt<br />

etwa über den gesundheitlichen<br />

Nutzen des<br />

<strong>Reiten</strong>s und <strong>die</strong> Freude<br />

Stilvoll: Mit dem Lifter geht es vom Rolli aufs Pferd (links); hinter dem<br />

schicken Westernhut verbirgt sich eine Helmkonstruktion (rechts)<br />

man sofort, dass sie nicht verlernt hat,<br />

worauf es beim Turniersport ankommt.<br />

Birk Frerichs, der Kassenwart des Vereins,<br />

an den Pferden nicht zu kurz kommen. Deshalb gründeten<br />

fünfzehn behinderte Reiter im Januar 2008 den<br />

Verein <strong>ParaWesternReiter</strong> e.V. Die Anzahl der Mitglieder<br />

hat sich seitdem mehr als verdoppelt.<br />

verbringt neben seinem Studium jede freie Minute mit seinem Pferd<br />

„Doc“. Gemeinsam unternehmen sie lange Ausritte in den Wald. Dabei<br />

genießt der junge Mann <strong>die</strong> Unabhängigkeit und Mobilität, <strong>die</strong> er in der<br />

Natur erlebt. Von Geburt an fehlt ihm <strong>die</strong> rechte Hand, außerdem trägt er<br />

rechts eine Oberschenkelprothese. Seinen gut ausgebildeten Wallach<br />

Das Glück auf dem Rücken der Pferde<br />

Seit 2009 tragen <strong>die</strong> Parawesternreiter auf Regelturnieren<br />

verschiedener Westernreitverbände Prüfungen<br />

kann Birk einhändig durch sogenanntes Neck reining, bei dem mit dem<br />

Zügel leichter Druck seitlich am Hals ausgeübt wird, reiten. Das Pferd lässt<br />

sich so problemlos dirigieren und sogar im Galopp beherrschen.<br />

nach dem PWR-Regelwerk aus. Viele Zuschauer konnten<br />

sich so bereits davon überzeugen, dass <strong>die</strong> behinderten<br />

Reiter in der Lage sind, ihre Pferde sicher und<br />

harmonisch vorzustellen. Neben <strong>die</strong>sen Turnieren gibt<br />

es zahlreiche Aktivitäten mit und ohne Pferd, <strong>wie</strong> etwa<br />

das Sommercamp der Ersten Westernreiter Union.<br />

Kurse werden den Möglichkeiten der Reiter angepasst<br />

Wer Interesse an einem der Kurse oder Turnierklassen mit einem erfahrenen<br />

Westernreittrainer hat, kann sich mit dem Vorstand des PWR in Verbindung<br />

setzen. Die Trainingswochenenden, <strong>die</strong> in verschiedenen Regionen<br />

Deutschlands stattfinden, sind nicht nur Vereinsmitgliedern vorbehalten.<br />

Ende<br />

steht<br />

Juli<br />

das Jede Reiterin oder jeder Reiter mit Handicap kann dabei sein.<br />

Die Kursschwerpunkte besprechen <strong>die</strong> Teilnehmer am ersten Tag mit dem<br />

große Event Trainer. Daher ist das Programm nicht nur für Turnierreiter geeignet, sondern<br />

für alle, <strong>die</strong> ihre reiterlichen Fähigkeiten oder <strong>die</strong><br />

Kommunikation mit ihrem Pferd verbessern wollen<br />

bzw. einfach nur gemeinsam mit anderen behinderten<br />

Westernreitern eine tolle und lehrreiche Zeit verbringen<br />

wollen. Wer ohne ein eigenes Pferd teilnehmen möchte,<br />

kann im Vorfeld klären, ob der Trainer ein geeignetes<br />

Präzise Manöver: Anne auf Zippo;<br />

Birk auf Doc<br />

„Ride of America“ in Wenden<br />

Pferd zur Verfügung stellen kann.<br />

Text: Elinor Switzer, Fotos: Ulrike Heemsoth, Elinor Switzer,<br />

Lisa Wimmenauer<br />

auf dem Plan. Diese Show ist<br />

ein Highlight, auch wegen des großen Publikumszuspruchs.<br />

Von den Mitgliedern blickt vor allem Anne Reinhard,<br />

<strong>die</strong> nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma halbseitig<br />

gelähmt ist und eine Aphasie hat, gespannt auf<br />

Auskünfte: <strong>ParaWesternReiter</strong> e.V., Elinor Switzer,<br />

Postfach 140146, 70071 Stuttgart, Tel.: 0179/4348956,<br />

E-Mail: kontakt@parawesternreiter.de,<br />

Internet: www.parawesternreiter.de<br />

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HANDICAP 2/2010

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