Die volle Wahrheit zum halbleeren Saal. Fünf Fragen - Schweizer ...
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Bundesversammlung<br />
Assemblée fédérale<br />
Assemblea federale<br />
Assamblea federala<br />
<strong>Die</strong> <strong>volle</strong> <strong>Wahrheit</strong> <strong>zum</strong><br />
<strong>halbleeren</strong> <strong>Saal</strong><br />
Fünf <strong>Fragen</strong> rund um<br />
National- und Ständerat – und<br />
die Antworten darauf.
Inhalt<br />
<strong>Die</strong> Sache mit den leeren Bänken 4<br />
<strong>Die</strong> Sache mit dem Geld 6<br />
<strong>Die</strong> Sache mit den fixen Abläufen und den<br />
verschiedenen Sprachen 8<br />
<strong>Die</strong> Sache mit den gefallenen Würfeln 10<br />
<strong>Die</strong> Sache mit der steigenden Belastung 12
<strong>Die</strong> Sache mit den<br />
leeren Bänken<br />
Eine Rednerin spricht, und niemand hört zu. Der <strong>Saal</strong><br />
ist halbleer. Wer noch da ist, ist in die Zeitung vertieft.<br />
Oder diskutiert mit der Nachbarin. So sehen viele Besucherinnen<br />
und Besucher den Ratsbetrieb. Nehmen<br />
Parlamentarierinnen und Parlamentarier ihre Arbeit<br />
nicht ernst?<br />
<strong>Die</strong>se <strong>Fragen</strong> sind berechtigt und die Antworten darauf<br />
begründet. Ein Ratsmitglied, das pausenlos im Rat<br />
sässe, würde seine Aufgabe nur <strong>zum</strong> Teil wahrnehmen.<br />
Denn es hat während der Session zahlreiche weitere<br />
Verpflichtungen: Es nimmt an Fraktions- und Kommissionssitzungen<br />
teil; es stellt sich den <strong>Fragen</strong> der Medien,<br />
schreibt das nächste Votum oder einen Antrag; es<br />
kümmert sich um Besuchergruppen, erledigt die Post,<br />
macht auch einmal eine Kaffeepause und hat Besprechungen<br />
mit Bundesräten oder Angestellten des Bundes.<br />
<strong>Die</strong> Allermeisten sind also im Parlamentsgebäude und<br />
durchaus aktiv. In der Plenumsdebatte geht es denn<br />
auch nicht nur darum, Kolleginnen und Kollegen zu überzeugen,<br />
welche die Ge schäfte und Positionen meistens<br />
bereits kennen, sondern auch darum, Transparenz gegenüber<br />
der Öffentlichkeit zu schaffen.<br />
Wichtig ist die Teilnahme an den Abstimmungen, und<br />
die ist in der Regel gut. In den Vorzimmern und im Parlamentscafé<br />
macht eine Klingel auf die Abstimmungen<br />
aufmerksam. <strong>Die</strong> Debatte zuvor kann ein Ratsmitglied<br />
ruhig den fachkundigen Fraktionskolleginnen und -kollegen<br />
überlassen.<br />
<strong>Die</strong>s umso mehr, als es mit ihnen das Thema in der<br />
Fraktionssitzung bereits diskutiert hat. Und schliesslich<br />
kann nicht jedes Ratsmitglied in jeder Frage eine Fachperson<br />
sein.<br />
Oder wie es Winston S. Churchill sagte: «Am faulsten<br />
sind die Parlamente, die am stärksten besetzt sind».<br />
4
<strong>Die</strong> Sache mit dem Geld<br />
<strong>Die</strong> Ratsmitglieder werden für ihre Arbeit entlöhnt. Ein<br />
Ratsmitglied erhält im Durchschnitt rund 80 000 Franken<br />
steuerpflichtige Entschädigung im Jahr. <strong>Die</strong> Unkostenund<br />
Spesenentschädigungen betragen im Durchschnitt<br />
etwa 58 000 Franken. Selbstverständlich erhalten Ratsmitglieder<br />
die Tagespauschale nur dann, wenn sie anwesend<br />
sind. Für jede Sitzung wird eine Präsenzliste geführt.<br />
In der erwähnten Entschädigung inbegriffen ist<br />
die Kommissionsarbeit. Je nach Kommissionen sind das<br />
zu den rund 55 Sessionstagen für die Ständerätinnen<br />
und Ständeräte jährlich zwischen 40 und 70 und für<br />
die Nationalrätinnen und Nationalräte zwischen 30 und<br />
50 Sitzungstage.<br />
Der ganze Parlamentsbetrieb kostet jede Einwohnerin<br />
und jeden Einwohner der Schweiz ungefähr 13 Franken<br />
im Jahr. Er kommt uns auf rund 100 Millionen Franken<br />
zu stehen.<br />
Übrigens: Jedes Ratsmitglied ist verpflichtet, die berufliche<br />
Tätigkeit, Aktivitäten in Führungs- und Aufsichtsgremien,<br />
dauernde Leitungs- und Beraterfunktionen für<br />
wichtige schweizerische und ausländische Interessengruppen<br />
sowie das Mitwirken in Kommissionen und andern<br />
Organen des Bundes offenzulegen.<br />
6
<strong>Die</strong> Sache mit den fixen<br />
Abläufen und den<br />
verschiedenen Sprachen<br />
Damit nicht einfach ins Blaue diskutiert wird, brauchen der<br />
Ständerat mit seinen 46 und der Nationalrat mit seinen<br />
200 Mitgliedern für ihre Debatten Spielregeln. Nationalratsmitglieder<br />
müssen ihr Votum schriftlich beim Präsidenten<br />
anmelden. Der Präsident erteilt das Wort in der Reihenfolge<br />
der Anmeldungen, wobei die Vertreter der Fraktionen<br />
und die Antragsteller vor den übrigen Mitgliedern zu<br />
Wort kommen. <strong>Die</strong> Berichterstatter der Kommissionen<br />
(sie sitzen direkt neben dem Rednerpult) und die Bundesrätin<br />
oder der Bundesrat erhalten das Wort jederzeit.<br />
Zur gleichen Sache darf nicht mehr als zweimal gesprochen<br />
werden.<br />
<strong>Die</strong> Debatten gliedern sich in die Eintretensdebatte, in<br />
der über die Grundsätze diskutiert wird, und die Detailberatung,<br />
in der die Ausgestaltung einer Vorlage Punkt<br />
für Punkt behandelt und verabschiedet wird. Es gibt fünf<br />
Beratungskategorien:<br />
I. Freie Debatte<br />
Alle Ratsmitglieder.<br />
II.<br />
Organisierte Debatte<br />
Berichterstatter der Kommissionen, Frakti ons -<br />
sprecher und weitere, von den Fraktionen<br />
bezeichnete Sprecher, sowie Antragsteller.<br />
III.<br />
Reduzierte Debatte<br />
Berichterstatter der Kommissionen,<br />
Fraktionssprecher und Antrag steller.<br />
IV.<br />
Kurzdebatte<br />
Berichterstatter, Urheber von Minderheitsanträgen<br />
und parlamentarischen Initiativen.<br />
V. Schriftliches Verfahren<br />
Grundsätzlich keine Wortmeldungen.<br />
8
Klar geregelt sind auch die Redezeiten: Sie gehen von<br />
höchstens 20 (Berichterstatter und Bundesrat in der<br />
Eintretensdebatte) über 10 (Fraktionssprecher) bis zu<br />
5 Minuten (Einzelredner).<br />
Wer im Ständerat das Wort ergreifen will, meldet dies<br />
dem Präsidenten. Zuerst spricht der Berichterstatter der<br />
Kommission, anschliessend die weiteren Kommissionsmitglieder,<br />
und dann folgt die allgemeine Beratung.<br />
<strong>Die</strong> Redezeit ist nicht beschränkt und es gibt keine Beratungskategorien.<br />
Im National- und Ständerat werden die Debatten in den<br />
drei Amtssprachen Deutsch, Französisch und Italienisch<br />
geführt; nur im Nationalrat jedoch werden sie simultan<br />
ins Deutsche, Französische und Italienische übersetzt.
<strong>Die</strong> Sache mit<br />
den gefallenen Würfeln<br />
Sind die Würfel wirklich gefallen, wenn ein Geschäft vor<br />
den National- oder Ständerat kommt? Bis es überhaupt<br />
soweit ist, geschieht tatsächlich einiges: <strong>Die</strong> Regierung<br />
übermittelt dem Parlament zu jedem Gesetzesentwurf<br />
eine Botschaft. <strong>Die</strong> Ratspräsidenten teilen diese Geschäfte<br />
dem einen oder andern Rat zur Erstbehandlung zu.<br />
<strong>Die</strong> Beschlüsse des Parlamentes werden von ständigen<br />
Kommissionen vorbereitet. <strong>Die</strong>se sind nach Parteistärke,<br />
Sprachzugehörigkeit und unterschiedlichen Interessen<br />
zusammengesetzt. <strong>Die</strong> Kommissionen prüfen den Entwurf<br />
auf Herz und Nieren. Sie hören Expertinnen und Angestellte<br />
des Bundes an und diskutieren den Entwurf mit<br />
dem zuständigen Mitglied des Bundesrates. Nach Beendigung<br />
ihrer Arbeit erstatten sie ihrem Rat Be richt und<br />
stellen Anträge.<br />
Dabei kann es durchaus vorkommen, dass in der Kommission<br />
keine Einigkeit herrscht. <strong>Die</strong> Folge davon sind<br />
Minderheitsanträge, die dem Antrag der Kommissi onsmehrheit<br />
gegenübergestellt werden. Hier spricht das<br />
Plenum das letzte und entscheidende Wort.<br />
Anschliessend diskutiert und beschliesst der Zweitrat<br />
in gleicher Weise. Bestehen zwischen den beiden Räten<br />
Differenzen, geht das Geschäft an den Erstrat zurück.<br />
Kommt es nach drei Differenzbereinigungen zu keiner<br />
Lösung, wird eine Einigungskonferenz eingesetzt, welche<br />
beiden Räten einen Einigungsantrag unterbreitet. <strong>Die</strong>s<br />
geschieht allerdings eher selten.<br />
Nicht nur die Kommissionen, sondern auch die Fraktionen<br />
– Gruppen von Ratsmitgliedern der gleichen Partei oder<br />
einer ähnlichen politischen Couleur – besprechen die Geschäfte<br />
vor und diskutieren, wie sie abstimmen wollen.<br />
Deshalb ist es praktisch nicht möglich, dass ein Ratsmitglied<br />
erstmals im Plenum von einem Geschäft hört.<br />
10
Während den Debatten äussern sich vor allem die Kommissions-<br />
und Fraktionssprecher. So brauchen denn<br />
auch nicht immer alle an einer Debatte teilzunehmen.<br />
Das heisst jedoch noch lange nicht, dass sie keine eigene<br />
Meinung haben.
<strong>Die</strong> Sache mit der<br />
steigenden Belastung<br />
Der parlamentarische Arbeitstag ist lang. Oft finden während<br />
der Sessionen – viermal drei Wochen im Jahr, jeweils<br />
im März, Juni, September und Dezember – schon vor<br />
dem Beginn der Ratsdebatten Kommissions- oder Fraktionssitzungen<br />
statt. Manchmal endet der Tag nicht vor<br />
20 Uhr. Ausserhalb der Sessionen finden jährlich rund<br />
600 teilweise mehrtägige Kommissionssitzungen statt.<br />
National- und Ständerat behandeln immer mehr Gesetze<br />
und immer mehr Vorstösse. <strong>Die</strong>s geht nicht so sehr auf<br />
den Aktivismus der Parlamentarier zurück, sondern<br />
vielmehr auf die zunehmenden Wünsche und Ansprüche<br />
aus allen Bevölkerungskreisen an den Staat.<br />
Dringliche Vorlagen und Vorstösse sind in der heutigen,<br />
schnelllebigen Zeit ein Mittel geworden, auf das viel<br />
häufiger zurückgegriffen wird als noch vor 10 Jahren,<br />
was wiederum die Planung der Session erschwert.<br />
12
Was Sie über<br />
das Parlament denken,<br />
ist uns nicht egal<br />
Wenn Sie neugierig geworden sind und noch mehr<br />
erfahren möchten, dann besuchen Sie uns im<br />
Internet: www.parlament.ch<br />
14
Parlamentsdienste<br />
<strong>Die</strong>nst für Öffentlichkeitsarbeit<br />
Parlamentsgebäude<br />
CH-3003 Bern<br />
T +41 (0)31 322 87 90<br />
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www.parlament.ch<br />
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