Handbuch Kapitel Frieden - peaceXchange
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<strong>Frieden</strong><br />
In Colombo, Sri Lanka, diskutieren Studentinnen und<br />
Studenten über erfolgreiche Projekte der <strong>Frieden</strong>sstiftung<br />
und über die Möglichkeiten, diese in der Öffentlichkeit<br />
bekannt zu machen. In Sri Lanka flammt trotz eines Waffenstillstandes<br />
die Gewalt zwischen den Konfliktparteien<br />
immer wieder massiv auf.<br />
<strong>Frieden</strong><br />
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Grundwissen<br />
Grundwissen<br />
• Was heißt „<strong>Frieden</strong>“?<br />
• Wie kann in der Welt <strong>Frieden</strong> erreicht werden?<br />
Methodisch-Didaktische Überlegungen<br />
• Ziele<br />
• Die Materialien im Überblick<br />
Materialien und Methoden<br />
Die Vielfalt des <strong>Frieden</strong>s<br />
M 1: Was heißt für mich <strong>Frieden</strong>?<br />
M 2: Der <strong>Frieden</strong>sbegriff<br />
M 3: <strong>Frieden</strong>: ein Wort, viele Bedeutungen<br />
M 4: <strong>Frieden</strong>: Mehr als kein Krieg<br />
M 5: <strong>Frieden</strong> und Versöhnung<br />
M 6: Burundi: Projekt für den <strong>Frieden</strong><br />
<strong>Frieden</strong> als politisches Konzept<br />
M 7: <strong>Frieden</strong>sstrategien<br />
M 8: Die UNO<br />
M 9: Völkerrecht<br />
M 10: <strong>Frieden</strong> durch Krieg?<br />
M 11: <strong>Frieden</strong>sprozesse?<br />
M 12: <strong>Frieden</strong> als Zivilisierungsprojekt<br />
Menschen machen <strong>Frieden</strong><br />
M 13: <strong>Frieden</strong>snobelpreis<br />
M 14: <strong>Frieden</strong>sstifterinnen und <strong>Frieden</strong>sstifter<br />
M 15: Wie man <strong>Frieden</strong> macht<br />
M 16: <strong>Frieden</strong> – eine Selbstverpflichtung<br />
<strong>Frieden</strong> kreativ<br />
M 17: <strong>Frieden</strong> und Kunst<br />
M 18: Denkmal für <strong>Frieden</strong><br />
M 19: Imagine – Ein <strong>Frieden</strong>slied<br />
M 20: <strong>Frieden</strong> durch Sport<br />
M 21: <strong>Frieden</strong>svisionen<br />
M 22: Brief für den <strong>Frieden</strong><br />
Aufgrund der globalen wirtschaftlichen, militärischen,<br />
sozialen und kulturellen Verflechtungen<br />
ist <strong>Frieden</strong> heute mehr als jemals zuvor zu der<br />
entscheidenden Bedingung menschlichen Lebens<br />
geworden. Zunächst bezeichnet <strong>Frieden</strong> die Abwesenheit<br />
von Krieg, der sich als organisierte Gewalt<br />
zwischen Kollektiven wie Staaten, Nationen,<br />
Ethnien, Kulturen oder Klassen definieren lässt.<br />
Davon zu unterscheiden sind interne Kriege, unter<br />
denen Revolutionskriege und Bürgerkriege die<br />
wichtigsten sind.<br />
Dieses negative Konzept von <strong>Frieden</strong> als Abwesenheit<br />
von Krieg bedarf der Erweiterung. Denn die Abwesenheit<br />
von Krieg ist noch keine ausreichende Bestimmung<br />
von <strong>Frieden</strong>. Diese wird erst möglich, wenn man<br />
<strong>Frieden</strong> als Abwesenheit von Gewalt begreift. Ein solches<br />
errweitertes Verständnis von <strong>Frieden</strong> beinhaltet<br />
nicht nur die Abwesenheit der auf den menschlichen<br />
Körper gerichteten direkten Gewalt, sondern auch die<br />
Abwesenheit der strukturellen Gewalt (Galtung), einer<br />
in den gesellschaftlichen Strukturen enthaltenen<br />
Gewalt, und der sich davon noch unterscheidenden<br />
symbolischen bzw. kulturellen Gewalt, also der Gewalt,<br />
die durch Worte und Bilder ausgübt wird.<br />
Christoph Wulf: <strong>Frieden</strong>. In: Die Künstergilde e.V. (Hrsg.): Zeichen<br />
für <strong>Frieden</strong>. München 2003.<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
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<strong>Frieden</strong>
<strong>Frieden</strong>serziehung setzt voraus, dass sich Menschen<br />
mit ihren persönlichen Vorstellungen von <strong>Frieden</strong><br />
beschäftigen und mit denen ihrer Mitmenschen,<br />
dass sie kritisch politische <strong>Frieden</strong>skonzeptionen<br />
hinterfragen lernen und Wege finden, sich gemeinsam<br />
mit anderen Menschen für den <strong>Frieden</strong> zu engagieren.<br />
Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen<br />
und Herausforderungen wird im folgenden <strong>Kapitel</strong><br />
gefördert. Es geht um wissenschaftliche Definitionen<br />
von <strong>Frieden</strong>, um das Ringen um <strong>Frieden</strong> in der<br />
Weltpolitik und um Menschen, die sich weltweit für<br />
<strong>Frieden</strong> engagieren.<br />
Krieg. Andere bekannte <strong>Frieden</strong>sbegriffe sind „eirene“<br />
(griechisch), „sala‘am“ (arabisch), „shalom“ (hebräisch),<br />
„heiwa“ (japanisch) oder „chowa“ (chinesisch).<br />
Dabei verbinden die Menschen eher Vorstellungen<br />
von Gerechtigkeit, Harmonie oder des persönlichen<br />
Wohlergehens in Bezug zu Gott.<br />
Der Begriff <strong>Frieden</strong> wird auch häufig missbraucht,<br />
um umstrittene Entscheidungen, Entwicklungen oder<br />
Ereignisse begründen zu können. Militärraketen werden<br />
alsa „Peacekeeper“ bezeichnet oder Krieg als<br />
„friedenserzwingende Maßnahme“ umschrieben. Man<br />
muss genau hinschauen, wer mit welchem Ziel und<br />
Absicht von „<strong>Frieden</strong>“ spricht.<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Was heisst „<strong>Frieden</strong>“?<br />
Die meisten Menschen wünschen sich nichts sehnlicher<br />
als in <strong>Frieden</strong> leben zu können. Ganz gleich ob<br />
in Europa, Afrika oder Asien: Niemand möchte, dass<br />
Erwachsene, Kinder oder Verwandte in einem Krieg<br />
verwundet oder gar getötet werden. Für sie alle ist<br />
<strong>Frieden</strong>, wenn es keinen Krieg in ihrer Heimat, ihrer<br />
Stadt oder ihrem Land gibt.<br />
Doch wenn man sich mit anderen Menschen über <strong>Frieden</strong><br />
unterhält wird rasch deutlich, dass jeder Mensch<br />
sich etwas anderes darunter vorstellt. Natürlich gibt<br />
es noch mehr verschiedene Meinungen, wenn die<br />
Menschen aus unterschiedlichen Weltregionen und<br />
Kulturen kommen!<br />
Für die einen ist <strong>Frieden</strong>, wenn sie nicht jeden Tag<br />
heftigen Streit in der Familie oder mit den Nachbarn<br />
erleben müssen. Andere sind über die Zerstörung der<br />
Umwelt empört und fordern einen <strong>Frieden</strong> der Menschen<br />
mit der Natur. „Hunger und Armut verhindern<br />
<strong>Frieden</strong>“, denken wieder andere. Und muss nicht jeder<br />
Mensch zuerst mit sich selbst ins Reine kommen damit<br />
es <strong>Frieden</strong> geben kann?<br />
Welche Bedeutung hat der Begriff<br />
„<strong>Frieden</strong>“?<br />
Der Begriff des <strong>Frieden</strong>s ist kontextgebunden. Er hat<br />
in vielen Sprachen und Kulturen unterschiedliche<br />
Bedeutungen. Das deutsche Wort „Friede“ zum Beispiel<br />
bezeichnet von seinem Ursprung her soviel wie<br />
„Freundschaft“. Es stammt von dem indogermanischen<br />
Wort „pri“ ab, eine Bezeichnung für „lieben“. Auch das<br />
englische Wort „Peace“ hat unterschiedliche Bedeutungen,<br />
nämlich <strong>Frieden</strong> verstanden als Abwesenheit<br />
von Krieg, <strong>Frieden</strong> auch als öffentliche Ordnung und<br />
schließlich <strong>Frieden</strong> als Ruhe und Seelenfrieden.<br />
Das Wort „Pax“ bedeutet auch <strong>Frieden</strong>. Es kommt aus<br />
dem Lateinischen und umschreibt die „Pax Romana“,<br />
also die römische Rechtsordnung. <strong>Frieden</strong> bedeutet<br />
hier Ordnung und gleichzeitig die Abwesenheit von<br />
Fragen an den <strong>Frieden</strong>sbegriff<br />
• <strong>Frieden</strong> als Utopie: Kann man erst dann von <strong>Frieden</strong> sprechen, wenn die Ursachen<br />
für Kriege überwunden und Kriege nicht mehr möglich sind?<br />
• <strong>Frieden</strong> als Abwesenheit von direkter Gewalt: Ist <strong>Frieden</strong> gleichbedeutend mit<br />
Gerechtigkeit oder „nur“ mit der Abwesenheit körperlicher Gewalt?<br />
• <strong>Frieden</strong> als Modell: Können regionale Modelle der Überwindung kollektiver<br />
Gewalt auf andere Regionen übertragen werden und: Ist ein regionaler Friede ein<br />
echter <strong>Frieden</strong>?<br />
<strong>Frieden</strong> – Eine Definition<br />
Friede sowohl in inner- als auch zwischenstaatlicher Hinsicht sollte verstanden<br />
werden als ein gewaltfreier und auf die Verhütung von Gewaltanwendung<br />
gerichteter politischer Prozess, in dem durch Verständigung und Kompromisse<br />
solche Bedingungen des Zusammenlebens von gesellschaftlichen Gruppen bzw.<br />
von Staaten und Völkern geschaffen werden, die nicht ihre Existenz gefährden<br />
und nicht das Gerechtigkeitsempfinden oder die Lebensinteressen einzelner oder<br />
mehrerer von ihnen so schwerwiegend verletzen, dass sie nach Erschöpfung aller<br />
friedlichen Abhilfeverfahren Gewalt anwenden zu müssen glauben. Um <strong>Frieden</strong> zu<br />
erreichen, sind deshalb anhaltende Bemühungen um Rechtsstaatlichkeit, Erwartungsverlässlichkeit,<br />
ökonomischen Ausgleich und Empathie erforderlich.<br />
Dieter Senghaas / Eva Senghaas: Si vis pacem, para pacem. Überlegungen zu einem zeitgemäßen<br />
<strong>Frieden</strong>skonzept. In: Leviathan, Heft 2/1992, S. 250.<br />
Was sagt die Wissenschaft über den<br />
„<strong>Frieden</strong>“?<br />
Der norwegische <strong>Frieden</strong>sforscher Johan Galtung<br />
hat vor über zwanzig Jahren einen viel beachteten<br />
Vorschlag gemacht, wie man <strong>Frieden</strong> verstehen<br />
kann. Er unterscheidet zwischen einem negativen<br />
und einem positiven <strong>Frieden</strong>. Der negative <strong>Frieden</strong><br />
ist dann erreicht, wenn die Waffen schweigen und<br />
es keinen Krieg gibt. Der positive <strong>Frieden</strong> ist schwieriger<br />
zu bestimmen weil es so unterschiedliche Vorstellungen<br />
davon gibt. Eine Gemeinsamkeit könnte<br />
darin bestehen, dass es beim positiven <strong>Frieden</strong> um<br />
<strong>Frieden</strong><br />
83
Grundwissen<br />
mehr Gerechtigkeit und weniger Gewalt geht und<br />
dass Menschen versuchen, beide Ziele gemeinsam<br />
mit vielen anderen Menschen durchzusetzen. <strong>Frieden</strong><br />
bedeutet keine Ausbeutung, Chancen auf Arbeitsplätze,<br />
Freiheit und Menschenrechte. <strong>Frieden</strong><br />
hat drittens auch eine kulturelle Dimension. Erst<br />
wenn alle persönlichen Einstellungen und Verhaltensweisen<br />
überwunden sind, die Krieg und Gewalt<br />
rechtfertigen, kann von einer Kultur des <strong>Frieden</strong>s<br />
gesprochen werden.<br />
Niemand weiß, ob dieser positive <strong>Frieden</strong> jemals vollständig<br />
verwirklicht werden kann. Auch kann und<br />
darf keine Regierung und keine Person für andere<br />
bestimmen, was sie unter <strong>Frieden</strong> verstehen sollen.<br />
Deshalb kann man auch sagen, dass <strong>Frieden</strong> ein langer<br />
Prozess ist und dass jeder Mensch sich an diesem<br />
Prozess beteiligen kann.<br />
In diesem Sinn ist auch der Satz von Mahatma Ghandi<br />
gemeint: „Es gibt keinen Weg zum <strong>Frieden</strong> – <strong>Frieden</strong><br />
ist der Weg“.<br />
Wichtig: Sicht der betroffenen<br />
Menschen<br />
Es ist wichtig bei der Definition von <strong>Frieden</strong> immer<br />
auch die Sicht der betroffenen Menschen mit zu denken.<br />
Zwei Beispiele soll dies verdeutlichen:<br />
• Globale Differenzen: Für viele Menschen in den<br />
westlichen Industrieländern ist <strong>Frieden</strong> dann verwirklicht,<br />
wenn ihre Länder frei von Kriegsgefahr sind<br />
und wenn der erreichte Wohlstand gesichert ist. Viele<br />
Menschen in den ärmeren Ländern dieser Erde können<br />
ist diese Sichtweise von <strong>Frieden</strong> nicht teilbar. Für sie<br />
ist <strong>Frieden</strong> eher die Garantie des Überlebens.<br />
• Lokale Differenzen: Nach einem Bürgerkrieg sind<br />
die Menschen zunächst froh, wenn die Waffen schweigen.<br />
Doch noch gibt es keine Demokratie und Minderheiten<br />
werden unterdrückt. Für deren Angehörige ist<br />
<strong>Frieden</strong> als Abwesenheit von Krieg ein fragwürdiger,<br />
nicht akzeptabler <strong>Frieden</strong>.<br />
Wie kann in der Welt <strong>Frieden</strong> erreicht<br />
werden?<br />
Weltweit gibt es immer noch zu viele Waffen: Gewehre,<br />
Minen, Panzer, Flugzeuge, Raketen. Deshalb<br />
ist es wichtig, dass sich die Regierungen in<br />
Abrüstungsverhandlungen einigen, dass sie sich gegenseitig<br />
vertrauen und nicht auf die Stärke ihrer<br />
Armeen setzen. Gleichwohl setzen Politiker häufig<br />
darauf, dass Rüstung auch einen Beitrag zum <strong>Frieden</strong><br />
darstellt, weil diese abschreckend wirkt. Doch Rüstung<br />
verschlingt nicht nur viele Ressourcen, sondern<br />
fördert auch Misstrauen und birgt die Gefahr in sich,<br />
dass ein Wettrüsten entsteht.<br />
Hunger und Armut sind in vielen Ländern der Erde<br />
ein Hindernis auf dem Weg zum <strong>Frieden</strong>. Die reichen<br />
Staaten und die dort lebenden Menschen müssen<br />
bereit sein, die Güter der Erde gerechter zu verteilen.<br />
Sonst wächst Neid, Hass und Zorn.<br />
Alle Menschen haben das Recht auf eine faire Chance<br />
im Leben, egal wo sie wohnen. In vielen Ländern<br />
gibt es diese faire Chance nicht, weil zum Beispiel<br />
Kinder arbeiten müssen und nicht zur Schule gehen<br />
können. Deshalb ist die Bekämpfung von Armut und<br />
Hunger wichtig, aber auch das Recht auf Schule und<br />
Bildung.<br />
Was macht die UNO für den Weltfrieden?<br />
Im Oktober 1945 war es soweit: Wenige Monate nach<br />
Ende des Zweiten Weltkrieges wurde in San Francisco<br />
die Organisation der Vereinten Nationen (United Nations<br />
Organization, UNO) gegründet. An der Gründung<br />
waren 51 Staaten beteiligt. Sie alle waren im<br />
Zweiten Weltkrieg Kriegsgegner von Deutschland und<br />
seinen Verbündeten und wollten den Baustein für<br />
eine neue, friedliche Weltordnung legen.<br />
Die UNO ist heute die internationale Vereinigung fast<br />
aller Staaten der Erde mit dem Hauptziel, den Weltfrieden<br />
zu sichern und die friedlichen Beziehungen<br />
zwischen den Staaten zu fördern. 192 Staaten sind<br />
Mitglieder der UNO. Sie müssen den Zielen der UNO<br />
schriftlich zustimmen und einen Vertrag, die Charta<br />
der UNO, unterzeichnen. Darin wird die Anwendung<br />
von Gewalt verboten. Die einzige Ausnahme ist das<br />
Recht eines Staates auf Selbstverteidigung. Wird ein<br />
Land überfallen, darf es sich wehren und wird dabei<br />
von seinen Verbündeten unterstützt.<br />
Das höchste Gremium der UNO ist der Sicherheitsrat.<br />
China, Frankreich, Großbritannien, Russland und die<br />
USA sind ständige Mitglieder des Sicherheitsrates. Zu<br />
den fünf ständigen werden für jeweils zwei Jahre zehn<br />
weitere Mitglieder hinzugewählt. Jeder Beschluss des<br />
Sicherheitsrates muss die Zustimmung aller fünf ständigen<br />
Mitglieder haben.<br />
Der Sicherheitsrat kann die Mitgliedsstaaten der UNO<br />
auffordern, Streitkräfte in ein Land zu senden, wenn<br />
dort zum Beispiel durch Krieg der Weltfrieden bedroht<br />
ist. Zuvor müssen jedoch alle Maßnahmen ergriffen<br />
worden sein, um den Konflikt mit zivilen Mitteln zu<br />
beenden.<br />
Die UNO hat viele andere Unterorganisationen, die<br />
sich um wichtige Fragen des <strong>Frieden</strong>s kümmern: um<br />
die Umwelt, um Flüchtlinge, um Hunger und Armut<br />
oder um die Rechte von Kindern und Frauen.<br />
Was sind <strong>Frieden</strong>sverhandlungen?<br />
Politiker oder spezielle Unterhändler verhandeln als<br />
Vertreter ihres Staates oder ihrer Gruppe über Krieg<br />
und <strong>Frieden</strong>. Sie werden dabei von vielen Experten<br />
beraten. Häufig sind bei <strong>Frieden</strong>sverhandlungen auch<br />
Vermittler tätig, um den Politikern zu helfen eine<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
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<strong>Frieden</strong>
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
gemeinsame Lösung zu finden. Vermittler können<br />
bekannte und geachtete Personen sein, die im Auftrag<br />
einer internationalen Organisation wie der UNO<br />
arbeiten.<br />
Bei <strong>Frieden</strong>sverhandlungen geht es darum, Krieg zu<br />
verhindern oder ihn zu beenden. Die Verhandlungsführer<br />
und die Vermittler suchen nach den Ursachen<br />
für Streit und Meinungsunterschiede, nach Lösungswegen<br />
und nach konkreten Schritten, wie der <strong>Frieden</strong><br />
auch Wirklichkeit werden kann. Dabei kann es um die<br />
gerechte Aufteilung von Land und Bodenschätzen<br />
zwischen zwei Staaten gehen oder um die Gleichberechtigung<br />
aller Bevölkerungsgruppen in einem Land.<br />
Vor allem die Vermittler müssen deutlich machen<br />
können, dass eine friedlichere Zukunft den Menschen<br />
mehr bringt als Krieg. Dies ist manchmal nicht ganz<br />
einfach: Zum Beispiel wenn Menschen am Krieg durch<br />
den Verkauf von Waffen verdienen. Oder wenn sie<br />
Gebiete erobert haben, in denen es viele Rohstoffe<br />
wie Wasser, Diamanten oder Erdöl gibt.<br />
<strong>Frieden</strong>sverhandlungen sind leider oft sehr langwierig<br />
und manchmal sind die Vorschläge und Forderungen<br />
auch geheim, um eine gemeinsame Lösung<br />
nicht zu gefährden. Dies ist ein Grund, warum es im<br />
Fernsehen selten aufregende Nachrichten über den<br />
Stand von <strong>Frieden</strong>sverhandlungen gibt. Es sei denn<br />
die Verhandlungen stehen kurz vor einem Scheitern<br />
oder vor einem Erfolg.<br />
Das Heidelberger Institut für Konfliktforschung weist<br />
darauf hin, dass weltweit Jahr für Jahr weitaus mehr internationale<br />
Konflikte durch Verhandlungen gelöst werden<br />
als dass sie in Gewalt eskalieren. (www.hiik.de)<br />
Zivile Konfliktbearbeitung<br />
An der Einsicht fehlt es häufig nicht: Mit Gewalt lassen<br />
sich keine Konflikte lösen, und schon gar nicht ist<br />
mit Krieg allein ein dauerhafter <strong>Frieden</strong> zu erreichen.<br />
Zur zivilen, also nichtmilitärischen und gewaltfreien<br />
Konfliktbearbeitung gehören anerkannte Regeln und<br />
Institutionen, die eine Gewaltanwendung verhindern<br />
können. Dies trifft auf Konflikte innerhalb unserer<br />
Gesellschaft genauso zu wie auf ausländische und<br />
zwischenstaatliche Konflikte. Weil Konflikte und<br />
Kriege in anderen Ländern und Weltregionen immer<br />
mehr ins Bewusstsein rücken und auch die Sicherheit<br />
in Deutschland und Europa bedrohen, steht die Frage<br />
im Vordergrund, mit welchen zivilen Mitteln auf diese<br />
Konflikte eingewirkt werden kann – im Kosovo<br />
genauso wie in Somalia oder im Nahen Osten. Die<br />
hierzu notwendigen Maßnahmen ziviler Konfliktbearbeitung<br />
lassen sich unterschiedlichen Konfliktphasen<br />
zuordnen. Um die Eskalation eines Konfliktes zu<br />
verhindern („Gewaltprävention“), sind zum Beispiel<br />
Frühwarnsysteme notwendig, oder es müssen die diplomatischen<br />
Beziehungen verstärkt werden. Wenn<br />
ein Konflikt bereits eskaliert ist und Gewalt angewendet<br />
wird, geht es um die Vermittlung zwischen den<br />
Konfliktparteien, um die Verhängung von Sanktionen<br />
gegen eine friedensunwillige Partei oder aber auch<br />
um humanitäre Hilfe („Konfliktbearbeitung“).<br />
Die Beseitigung von Kriegsfolgen, die Hilfe beim<br />
Wiederaufbau eines Landes, die Förderung von Versöhnung<br />
und Verständigung und der Aufbau von<br />
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind nach Ende<br />
eines gewaltsamen Konfliktes notwendig („Konfliktnachsorge“),<br />
um den erneuten Ausbruch von Gewalt<br />
zu verhindern. Viele Nichtregierungsorganisationen<br />
haben sich in der „Plattform zivile Konfliktbearbeitung“<br />
zusammengeschlossen, um den Druck auf die<br />
offizielle Politik zu verstärken, aber auch, um sich eigenständig<br />
in Krisenregionen engagieren zu können.<br />
(www.konfliktbearbeitung.net)<br />
Wer entscheidet über Krieg und<br />
<strong>Frieden</strong>?<br />
Sind Demokratien friedliebende Staaten? Der Philosoph<br />
Immanuel Kant hat diese Frage schon im<br />
18. Jahrhundert bejaht. Er glaubte, dass es keinen<br />
Krieg mehr geben wird, wenn die in einem Land lebenden<br />
Menschen mitentscheiden können, ob Krieg<br />
Ziele und Massnahmen ziviler Konfliktbearbeitung<br />
Zielsetzung: Gewaltprävention<br />
Maßnahmen<br />
• Aufbau von Frühwarnsystemen<br />
• Verstärkung der präventiven Diplomatie<br />
• Verstärkung der Entwicklungszusammenarbeit<br />
• Hilfe beim Aufbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen<br />
• Förderung der Zivilgesellschaft<br />
Zielsetzung: Konfliktbearbeitung / Konfliktschlichtung<br />
Maßnahmen<br />
• <strong>Frieden</strong>sdienste und -missionen<br />
• Vermittlung zwischen Konfliktparteien<br />
• Unterwerfung unter eine schiedsgerichtliche Regelung<br />
• Verhängung von Sanktionen<br />
• Schaffung internationaler Öffentlichkeit<br />
• Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge und Deserteure<br />
• Humanitäre Hilfe<br />
Zielsetzung: Konfliktnachsorge<br />
Maßnahmen<br />
• Beseitigung von Kriegsfolgen<br />
• Überwindung von Feindbilder<br />
• <strong>Frieden</strong>serziehung<br />
• Verständigung- und Versöhnungsarbeit<br />
• Transnationale Vernetzung<br />
• Etablierung internationaler Regimes („Verrechtlichung“)<br />
<strong>Frieden</strong><br />
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Grundwissen<br />
Global Governance<br />
geführt werden soll oder nicht. Wer erfahren hat, welches<br />
Leid Krieg mit sich bringt, wird kaum freiwillig<br />
für einen neuen Krieg stimmen.<br />
Es stimmt tatsächlich, dass Demokratien untereinander<br />
kaum Krieg führen. Je mehr Demokratien es auf<br />
dieser Welt gibt, desto größer sind also die Chancen<br />
für <strong>Frieden</strong>. Gleichzeitig stimmt es aber auch, dass<br />
heute Demokratien häufig Krieg gegen Staaten führen,<br />
die selbst keine Demokratie haben, sondern zum<br />
Beispiel in einer Diktatur leben.<br />
Manchmal entscheiden sich Regierungen auch für<br />
eine Kriegsbeteiligung gegen den Willen der Bevölkerung.<br />
So traten im Frühjahr 2003 zahlreiche Staaten<br />
für einen Krieg gegen den Irak ein, obwohl sich die<br />
Bevölkerung dieser Staaten mehrheitlich gegen einen<br />
Militärschlag aussprachen.<br />
Die Entwicklung eines handlungsfähigen internationalen Rechtssystems als einer<br />
global gültigen ,Geschäftsordnung für die Menschheit‘ kommt beim Aufbau der<br />
Global Governance-Architektur (Global Governance: Zusammenwirken von staatlichen<br />
und nicht-staatloichen Akteuren von der lokalen bis zur globalen Ebene)<br />
ebenso große Bedeutung zu wie dem Rechtsstaatsprinzip auf nationaler Ebene.<br />
Die Gefahr einer naiven Moralisierung internationaler Politik darf nicht durch<br />
eine Entmoralisierung von Weltpolitik begegnet werden. Die Durchsetzung von<br />
verbindlichen Handlungsprinzipien in der Welt-Gesellschaft kann nur durch die<br />
Stärkung globaler Rechtsstaatlichkeit auf der Grundlage von universellen Menschenrechten<br />
erreicht werden.<br />
Dirk Messner / Franz Nuscheler: Global Governance. In: Dieter Senghaas (Hrsg.): <strong>Frieden</strong> machen.<br />
Frankfurt / M. 1997, S. 358.<br />
<strong>Frieden</strong> und Versöhnung brauchen Zeit<br />
Vor der Möglichkeit, zu vergeben und sich zu versöhnen, steht die Notwendigkeit<br />
der Trauerarbeit, für Opfer und Täter; deswegen bedarf es der Zeit. Versöhnung<br />
wird beiderseits nur dort möglich, wo sie in einem moralischen Kontext gesucht<br />
wird, der nicht überlagert ist vom gewissermaßen strategischen Interesse, dadurch<br />
die eigene Position aufzuwerten.<br />
Versöhnung kann nur dort gelingen, wo zuvor Unrecht als solches feststellbar und<br />
bereut wurde; sie hat nur dort eine Chance auf Dauerhaftigkeit, wo nicht schon<br />
der Keim neuen Unrechts mitgesät wird.<br />
Es bedarf längerer Zeit, damit Trauer in die Fähigkeit verwandelt werden kann,<br />
zu vergeben; noch mehr gilt dies für die Bereitschaft, sich auf Schritte zur<br />
Aussöhnung einzulassen. Denn dazu ist es notwendig, dass sich Täter und Opfer<br />
gemeinsam erinnern und zusammen den Gründen dafür nachgehen, dass eine versöhnungsbedürftige<br />
Situation zwischen ihnen steht. Der Frage nach der Wahrheit<br />
entrinnt man nicht.<br />
Thomas Hoppe: Erinnerung, Gerechtigkeit und Versöhnung. In: Jörg Calließ / Christoph Weller<br />
(Hrsg.): <strong>Frieden</strong>stheorie: Fragen, Ansätze, Möglichkeiten. Loccum 2003, S. 260.<br />
Gibt es Pläne für einen Weltfrieden?<br />
Viele Politiker und Wissenschaftler glauben, dass die<br />
Stärkung der UNO die beste Voraussetzung für eine<br />
friedlichere Welt ist. Doch viele Staaten haben ein<br />
Problem mit der Vorstellung, immer mehr von ihrer<br />
nationalen Macht und von ihren Rechten an die UNO<br />
abzugeben. Es ist deshalb sehr unwahrscheinlich,<br />
dass eines Tages eine richtige Weltregierung aufgebaut<br />
wird.<br />
Für andere Experten sind regionale Staatenbündnisse<br />
wie die Europäische Union der wichtigste Beitrag zum<br />
Weltfrieden. Möglichst viele Staaten sollen eng miteinander<br />
gemeinsame Politik oder Handel betreiben.<br />
Andererseits entstehen damit unterschiedliche Zonen<br />
des <strong>Frieden</strong>s, denn Regionale Bündnisse können zwar<br />
für ihre eigenen Mitglieder <strong>Frieden</strong> bringen, gegenüber<br />
anderen Staaten aber eher aggressiv auftreten.<br />
Es gibt aber auch Experten, die glauben, für einen<br />
Weltfrieden wäre es am besten, wenn ein einziges<br />
mächtiges Land für Ruhe und Ordnung sorgen würde.<br />
Heute werden die USA häufig als eine solche Weltmacht<br />
angesehen. Dabei besteht immer die Gefahr, dass diese<br />
Weltmacht ihre Stärke missbraucht und die eigenen<br />
Interessen wichtiger nimmt als den Weltfrieden.<br />
<strong>Frieden</strong>sprozesse und Zivilgesellschaft<br />
<strong>Frieden</strong>sprozesse werden in der Regel als Vorhaben<br />
beschrieben, einen politischen Kontext zu schaffen,<br />
in dem die Parteien eines bislang gewaltsam ausgetragenen<br />
Konflikts in einen ernsthaften Dialog eintreten,<br />
um dessen Austrag zu zivilisieren und im weiteren<br />
Verlauf die Ursachen des Konflikts zu beseitigen. An<br />
<strong>Frieden</strong>sprozessen sind nicht nur Politiker beteiligt<br />
und Regierungen, sondern es kommt auch darauf an,<br />
dass die Zivilgesellschaft eines Landes den Prozess mit<br />
initiiert und mitträgt. Denn Einzelpersonen, Gruppen,<br />
Gemeinschaften, Organisationen, Institutionen oder<br />
Parteien bestimmen das Leben in einer Gesellschaft.<br />
Zur Zivilgesellschaft gehört freiwilliges Engagement<br />
ebenso wie professionelles Arbeiten in Verbänden,<br />
die Nachbarschaftshilfe oder das Organisieren von<br />
globalen Netzwerken und Kampagnen zum Schutz der<br />
Umwelt oder für die Rechte der Kinder. Eine Zivilgesellschaft<br />
wird geprägt von einem Geflecht unzähliger<br />
Aktivitäten und von der Bereitschaft und Fähigkeit<br />
der Menschen, ihre Interessen zu artikulieren, sich<br />
für die Belange Schwächerer einzusetzen und Andersdenkende<br />
zu tolerieren.<br />
<strong>Frieden</strong>sprozesse brauchen eine Zivilgesellschaft und<br />
fördern sie gleichzeitig. So haben auch Jugendgruppen,<br />
-verbände und internationale Jugendaustausch<br />
einen wichtigen Stellenwert bei lokalen, regionalen<br />
und weltweiten <strong>Frieden</strong>sprozessen.<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
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<strong>Frieden</strong>
Methodisch-didaktische Überlegungen<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Die Auseinandersetzung mit der <strong>Frieden</strong>sthematik<br />
ist vielschichtig und bietet gute Möglichkeiten der<br />
Verknüpfung des eigenen Erfahrungsbereiches mit<br />
Themen der internationalen Politik. Im einzelnen<br />
stehen folgende Ziele im Vordergrund:<br />
• Selbstvergewisserung: Welche Vorstellungen von<br />
<strong>Frieden</strong> habe ich persönlich für mich und meine Zukunft,<br />
welche für meine Umgebung und schließlich<br />
für das Zusammenleben der Menschen weltweit?<br />
• Kontrastierung: Welche Vorstellungen haben andere<br />
Menschen vom <strong>Frieden</strong> – in meiner unmittelbaren<br />
Umgebung aber auch in anderen Weltregionen<br />
und vor dem Hintergrund anderer Kulturen und Religionen?<br />
Gibt es hier Gemeinsamkeiten, worin liegen<br />
die Unterschiede?<br />
• Wissenschaftlichkeit: Wie stehen meine <strong>Frieden</strong>svorstellungen<br />
in Bezug zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung<br />
mit dem <strong>Frieden</strong>sbegriff und seinen<br />
Implikationen? Wie kann ich davon lernen und meine<br />
eigenen Vorstellungen weiterentwickeln?<br />
• Handlungsbezug: Was kann ich für den <strong>Frieden</strong><br />
tun, in meiner Umgebung und im internationalen<br />
Kontext? Welche Fähigkeiten und Kompetenzen<br />
zeichnen Menschen aus, die sich erfolgreich für <strong>Frieden</strong><br />
engagieren und wie kann ich davon lernen?<br />
• Politikrelevanz: Wie wird auf politischer Ebene<br />
über den <strong>Frieden</strong> diskutiert, welche Interessen sind<br />
im Spiel, welche Ziele werden verfolgt? Wie lassen<br />
sich diese Diskussionen kompetent verfolgen und bewerten?<br />
Die Arbeitsmaterialien bieten Möglichkeiten an, sich<br />
diesen Zielen und Fragen in unterschiedlicher Intensität<br />
anzunähern.<br />
1. Einstieg<br />
Einstieg in das Thema mit Hilfe von M 1 „Was heißt für<br />
mich <strong>Frieden</strong>?“; ergänzend bei genügend Zeitbudget<br />
empfehlen sich M 2 und M 3. Die Inhalte von M 2<br />
und M 3 können aber auch bei der Auswertung von<br />
M 1 eingebracht werden. M 4 und M 5 sind als Vertiefungen<br />
gedacht, wenn zum Beispiel bei einem Projekttag<br />
der <strong>Frieden</strong>sbegriff und die Voraussetzungen<br />
von <strong>Frieden</strong> vertieft werden sollen. M 6 bietet ein<br />
konkretes Versöhnungsprojekt.<br />
2. Vertiefung 1<br />
Die Materialien M 7 bis M 12 erlauben eine vertiefende<br />
Auseinandersetzung mit der weltpolitischen<br />
Dimension des <strong>Frieden</strong>s. Die Diskussion ist themenbedingt<br />
abstrakt, aktuelle Kontroversen (M 9, M 10)<br />
bringen Konkretionen. Je nach Zeitbedarf kann eines<br />
der Arbeitsblätter als Einstieg in die Diskussion verwendet<br />
werden, am besten das der grundlegenden<br />
Orientierung dienende Material M 12. Allerdings ist<br />
es auch möglich und sinnvoll, alle oder eine Auswahl<br />
der Materialien in parallel arbeitenden Gruppen einzusetzen.<br />
3. Vertiefung 2<br />
Die Arbeitsblätter „Menschen machen <strong>Frieden</strong>“ sind<br />
sehr konkret auf den persönlichen Bereich des <strong>Frieden</strong>sstiftens<br />
bezogen und das Zeitbudget sollte ausreichen,<br />
um mindest eines der Materialien nach dem<br />
Einstieg (M 1) zu verwenden. Die Schülerinnen und<br />
Schüler sollen dadurch erfahren, dass <strong>Frieden</strong> mit<br />
ihrer Person und mit Politik zu tun hat.<br />
4. Kreativität und Abschluss<br />
Kreatives (und visionäres) Nachdenken über den <strong>Frieden</strong><br />
kann durch die Materialien M 17 bis M 22 gefördert<br />
werden. Als Abschluss einer Auseinandersetzung<br />
mit dem Thema <strong>Frieden</strong> eignen sich besonders<br />
M 19, M 21 oder M 22. Diese Materialien bieten die<br />
Möglichkeit, persönliche Erwartungen mit politischen<br />
Inhalten zu verknüpfen.<br />
Einzel- bzw. Doppelstunde<br />
• Einstieg mit M 1, Auswertung mit M 2 und M 3.<br />
• Vertiefung 1 mit M 12.<br />
• Vertiefung 2 mit M 14, Auswertung mit M 15.<br />
• Abschluss mit M 19 oder M 21.<br />
<strong>Frieden</strong><br />
87
Methodisch-didaktische Überlegungen<br />
DIE MATERIALIEN IM ÜBERBLICK<br />
Materialien Beschreibung Vorgehen<br />
M 1: Was heißt für mich <strong>Frieden</strong>?<br />
M 1 zeigt Fotos von Kindern und Erwachsenen<br />
in verschiedenen Krisenregionen<br />
dieser Erde. Sie sind auf unterschiedliche<br />
Weise von Krieg und Gewalt berührt, direkt<br />
oder indirekt. Von welchem <strong>Frieden</strong><br />
träumen sie und wo liegen die Unterscheide<br />
und Gemeinsamkeiten zu unseren<br />
eigenen Vorstellungen vom <strong>Frieden</strong>?<br />
Das Arbeitsblatt wird kopiert und an alle<br />
Schülerinnen und Schüler ausgeteilt. In<br />
Einzelarbeit werden je nach Zeitbudget<br />
eine, zwei oder alle drei Fragen beantwortet,<br />
im Plenum erläutert und miteinander<br />
verglichen.<br />
M 2: Der <strong>Frieden</strong>sbegriff<br />
M 3: <strong>Frieden</strong>: Ein Wort, viele Bedeutungen<br />
M 4: <strong>Frieden</strong>: Mehr als kein Krieg<br />
Das Material bietet eine Darstellung der<br />
<strong>Frieden</strong>sdefinition von Johan Galtung<br />
(positiver, negativer, kultureller Friede)<br />
sowie der Charakterisierung von <strong>Frieden</strong><br />
als Prozeß.<br />
M 3 bietet eine Einführung in historisch<br />
und kulturell unterschiedliche Bedtungen<br />
von <strong>Frieden</strong>.<br />
Das Arbeitsblatt thematisiert den Kontext<br />
des <strong>Frieden</strong>s und die wichtigen Zusammenhänge<br />
mit anderen Werten wie Menschenrechte,<br />
Demokratie oder Sicherheit.<br />
M 2 wird kopiert und an alle Schülerinnen<br />
und Schüler verteilt. In einer Gruppenarbeit<br />
beschäftigen sie sich mit der Frage,<br />
wie sie das eigene Land auf der „<strong>Frieden</strong>sachse“<br />
bewerten. Als Kontrast kann die<br />
Bewertung eines anderen Landes erfolgen.<br />
Das Ergebnis der Gruppenarbeit wird<br />
auf einer Wandzeitung festgehalten und<br />
im Plenum verglichen.<br />
M 3 kann ergänzend bzw. erweiternd zu<br />
M 1 und M 2 eingesetzt werden. Frage 1<br />
ist für Einzelarbeit gedacht, die zweite<br />
Frage kann in Gruppenarbeit behandelt<br />
werden.<br />
M 4 ist anspruchsvoll und die Bearbeitung<br />
benötigt mehr Zweit als die bisherigen<br />
Materialien. Die Aufgabe kann in Gruppenarbeit<br />
gelöst werden, wobei sich die<br />
Gruppe auf die Formulierung einer These<br />
einigen soll. Diese wird auf eine Wandzeitung<br />
geschrieben, im Plenum vorgestellt<br />
und ausgewertet.<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
M 5: <strong>Frieden</strong> und Versöhnung<br />
M 5 erlaubt einen Einblick in den schwierigen<br />
Prozess der Versöhnung, bietet aber<br />
auch die Möglichkeit des Transfers in den<br />
eigenen Alltag.<br />
Das Arbeitsblatt fördert die Vertiefung<br />
der Auseinandersetzung mit Nachkriegsgesellschaften<br />
und deren Problemen. Ein<br />
Transfer in den eigenen Erfahrungsbereich<br />
ist erwünscht durch die Thematisierung<br />
von Vergebung und Versöhnung im eigenen,<br />
familiären Umfeld.<br />
M 6: Burundi: Projekt für den <strong>Frieden</strong><br />
M 6 beschreibt ein Projekt des Weltfriedensdienstes<br />
in Burundi.<br />
M 6 zeigt konkret, wie Menschen ihre Einstellungen<br />
verändern und sich versöhnen<br />
können. Es fördert die Diskussion um die<br />
Voraussetzungen und Chancen von Versöhnung.<br />
88<br />
<strong>Frieden</strong>
Materialien Beschreibung Vorgehen<br />
M 7: <strong>Frieden</strong>sstrategien<br />
Übersicht über die wichtigsten Ansätze<br />
ziviler Konfliktbearbeitung im internationalen<br />
Kontext, wobei auf die Erfassung<br />
unterschiedlicher Akteursebenen<br />
abgehoben wird.<br />
Alle Arbeitsblätter im Themenbereich<br />
„<strong>Frieden</strong> als politisches Konzept“ sind<br />
themenbedingt eher abstrakt und auf<br />
Wissensvermittlung angelegt. Gleichwohl<br />
kann die Frage bei M 7 in Arbeitsgruppen<br />
auch assoziativ angegangen werden, da<br />
die Begriffe plakativ sind. Auswertung im<br />
Plenum ist wichtig.<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
M 8: Die UNO<br />
M 9: Völkerrecht<br />
M 10: <strong>Frieden</strong> durch Krieg?<br />
Knappe Einführung in die Bedeutung<br />
der UNO für die <strong>Frieden</strong>sproblematik auf<br />
internationaler Ebene. Hinweis auf die<br />
Reformdebatte über die UNO.<br />
Einführung in die rechtlichen Aspekte der<br />
internationalen <strong>Frieden</strong>sdebatte und Konkretisierung<br />
an der Frage, wer über die<br />
Einhaltung des Völkerrechts entscheiden<br />
soll.<br />
Hinführung auf die Problematik militärischer<br />
Interventionen und der grundsätzlichen<br />
Kontroverse.<br />
Die Schülerinnen und Schüler erhalten<br />
das Blatt als Hintergrundinformation über<br />
die UNO. Als kontroverse Streitfrage kann<br />
die Frage dienen, ob Deutschland einen<br />
ständigen Sitz im Sicherheitsrat erhalten<br />
soll. In Pro- und Contra-Arbeitsgruppen<br />
bereiten sich die Schülerinnen und Schüler<br />
auf diese Frage vor. Die Argumente<br />
werden auf Wandzeitungen geschrieben<br />
und im Plenum ausgetauscht.<br />
Das Arbeitsblatt dient der Diskussion<br />
darüber, wie unterschiedlich Sichtweisen<br />
über die Einhaltung bzw. Durchsetzung<br />
des Völkerrechts sein können und wie<br />
abhängig dies vom eigenen Standort ist.<br />
Als Aktivmoment ist ein Brief an einen<br />
Politiker vorgesehen.<br />
In der Klasse soll eine kontroverse Debatte<br />
über Legitimation militärischer Interventionen<br />
geführt werden. In Arbeitsgruppen<br />
setzen sie sich mit der Frage<br />
auseinander, ob und wenn ja welcher<br />
Anlass eine Intervention rechtfertigt.<br />
Auswertung im Plenum und wenn möglich<br />
Entwicklung gemeinsamer Kriterien.<br />
M 11: <strong>Frieden</strong>sprozesse?<br />
<strong>Frieden</strong> fällt nicht vom Himmel sondern<br />
ist das Ergebnis langwieriger Prozesse,<br />
die Fort- und Rückschritte beinhalten.<br />
Schülerinnen und Schüler setzen sich in<br />
Arbeitsgruppen mit den Hindernissen für<br />
<strong>Frieden</strong>sprozesse auseinander.<br />
M 12: <strong>Frieden</strong> als Zivilisierungsprozess<br />
Darstellung eines für Wissenschaft, Politik<br />
und politische Bildung wichtigen Erklärungsmodells<br />
hinsichtlich der Voraussetzungen<br />
und Grundlagen für <strong>Frieden</strong>.<br />
Arbeitsweise wie bei den vorhergegangenen<br />
Materialien in Gruppenarbeit und<br />
Auswertung im Plenum.<br />
M 13: <strong>Frieden</strong>snobelpreis<br />
Vom <strong>Frieden</strong>snobelpreis haben schon viele<br />
gehört. Das Blatt zeigt unterschiedliche<br />
Beispiele und damit die Bandbreite der<br />
Auszeichnung.<br />
<strong>Frieden</strong> ist vielfältig und Menschen machen<br />
<strong>Frieden</strong>. Arbeitsgruppen versuchen<br />
das Quiz zu lösen und eigene Kriterien<br />
für die Vergabe des Nobelpreises zu erarbeiten.<br />
<strong>Frieden</strong><br />
89
Methodisch-didaktische Überlegungen<br />
DIE MATERIALIEN IM ÜBERBLICK<br />
Materialien Beschreibung Vorgehen<br />
M 14: <strong>Frieden</strong>sstifterinnen und <strong>Frieden</strong>sstifter<br />
M 14 zeigt vier <strong>Frieden</strong>sstifterinnen und<br />
<strong>Frieden</strong>sstifter aus dem Projekt Peace<br />
Counts und macht deutlich, wie Menschen<br />
heute sich für <strong>Frieden</strong> engagieren.<br />
M 14 kann ergänzend oder alternativ zu<br />
M 13 eingesetzt werden. Es wird der Bezug<br />
auf die eigene Umgebung und Erfahrungswelt<br />
hergestellt. Die Schülerinnen<br />
und Schüler sollen – inspiriert durch die<br />
Beispiele – ihnen bekannte <strong>Frieden</strong>sstifterinnen<br />
und -stifter erkennen und<br />
beschreiben.<br />
M 15: Wie man <strong>Frieden</strong> macht<br />
M 16: <strong>Frieden</strong> – eine Selbstverpflichtung<br />
M 17: <strong>Frieden</strong> und Kunst<br />
M 18: Denkmal für den <strong>Frieden</strong><br />
<strong>Frieden</strong>swille allein genügt nicht, es<br />
bedarf auch spezifischer Fähigkeiten und<br />
Kompetenzen um sich für den <strong>Frieden</strong><br />
erfolgreich engagieren zu können. Solche<br />
Eigenschaften werden beschrieben und<br />
diskutiert.<br />
Vorgestellt wird eine internationale<br />
Kampagne / Aktion, in der sich Menschen<br />
weltweit zu einer Selbstverpflichtung<br />
bekennen.<br />
Pablo Picassos Bild „Krieg und <strong>Frieden</strong>“<br />
sowie eine Einschätzung.<br />
Vier unterschiedliche Kunstprojekte geben<br />
Einblick in die Bandbreite von <strong>Frieden</strong>sund<br />
Kriegsdenkmäler und die Möglichkeiten,<br />
damit eine Diskussion über Krieg<br />
und <strong>Frieden</strong> zu fördern.<br />
Vertiefend zu den Materialien M 13 und<br />
M 14. Die Schülerinnen und Schüler setzen<br />
sich in Zweiergruppen zunächst abstrakt<br />
mit Fähigkeiten und Kompetenzen<br />
von <strong>Frieden</strong>sstifterinnen und -stiftern<br />
auseinander und beziehen dies dann auf<br />
die eigene Person.<br />
Dieses Arbeitsblatt ist eine Aufforderung<br />
an jede Person, sich selbst zu prüfen ob<br />
die Selbstverpflichtung unterschrieben<br />
werden kann. In der Gruppe können dann<br />
die einzelnen Elemente der Selbstverpflichtung<br />
diskutiert, verändert und an<br />
die eigene Situation angepasst werden.<br />
Möglicherweise kann eine eigene, gemeinsam<br />
entwickelte Selbstverpflichtung<br />
der Klasse entstehen.<br />
Auseinandersetzung mit künstlerischen<br />
Ausdrucksweisen von <strong>Frieden</strong>.<br />
Vor dem Hintergrund der auf dem Arbeitsblatt<br />
dargestellten Beispiele erkunden die<br />
Schülerinnen und Schüler ihre eigene Umgebung<br />
nach Kriegs- bzw. <strong>Frieden</strong>sdenkmälern<br />
und versuchen eine Bewertung mit<br />
Hilfe des Gewalt- und <strong>Frieden</strong>sbegriffes<br />
von Galtung. Auf welche Weise wird durch<br />
die Denkmäler <strong>Frieden</strong> gefördert, wo liegen<br />
die Probleme?<br />
Anstoß für die Entwicklung eines eigenen,<br />
künstlerischen Beitrages für die<br />
Schule (wie Beispiel 1).<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
M 19: Imagine – ein <strong>Frieden</strong>slied<br />
Text von John Lennon‘s Imagine und<br />
eines Protestplakates gegen Krieg und<br />
Kriegsvorbereitung.<br />
Das Lied Imagine kann in der Klasse vorgespielt<br />
werden und soll zur Entwicklung<br />
eines eigenen <strong>Frieden</strong>ssongs anregen.<br />
Freie Assoziationen sind möglich, sehr<br />
persönliche Beschreibungen können sich<br />
mit politischen Botschaften ergänzen.<br />
Letzterem dient die Gestaltung eines<br />
<strong>Frieden</strong>splakates.<br />
90<br />
<strong>Frieden</strong>
Materialien Beschreibung Vorgehen<br />
M 20: <strong>Frieden</strong> durch Sport<br />
Vorstellung der in Kolumbien entwickelten<br />
und weltweit erprobten Methode<br />
„Straßenfußball für Toleranz“.<br />
Auseinandersetzung mit einem neuen<br />
Regelwerk und Aufforderung zur Durchführung<br />
eigener Turniere im Umfeld der<br />
Clique oder in der Schule.<br />
M 21: <strong>Frieden</strong>svisionen<br />
Zwei <strong>Frieden</strong>svisionen werden vorgestellt,<br />
die auf der politischen und sehr persönlichen<br />
Ebene angesiedelt sind.<br />
Mit Hilfe des Arbeitsblattes kann nochmals<br />
in Gruppenarbeit die politischen und<br />
persönlichen Aspekte des <strong>Frieden</strong>s aufgegriffen<br />
und vertieft werden.<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
M 22: Brief für den <strong>Frieden</strong><br />
Gedicht eines Mädchens, das bei einem<br />
Selbstmordattentat ums Leben gekommen<br />
ist.<br />
In Einzelarbeit soll auf die Fragen des<br />
Mädchens eingegangen und ein persönlicher<br />
Brief verfasst werden. Ein Vergleich<br />
in Kleingruppen empfiehlt sich.<br />
Persönlicher Abschluss der Auseinandersetzung<br />
mit dem Thema „<strong>Frieden</strong>“.<br />
<strong>Frieden</strong><br />
91
Was heißt für mich <strong>Frieden</strong>?<br />
M1<br />
Kindersoldaten in Uganda<br />
Mädchen bei einem Sportfest in Sri Lanka<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Alter Mann vor zerstörten Häusern in Afghanistan<br />
Palästinenser in Jerusalem<br />
• Wähle zwei Fotos aus und beschreibe, welche Bedeutung<br />
„<strong>Frieden</strong>“ deiner Meinung nach für die dort abgebildeten<br />
Menschen hat.<br />
• Schreibe deine eigenen Vorstellungen von „<strong>Frieden</strong>“ auf! Beachte<br />
folgende Stichworte: <strong>Frieden</strong> in der Familie, <strong>Frieden</strong> im<br />
eigenen Land, <strong>Frieden</strong> weltweit.<br />
• Welchen Stellenwert hat „<strong>Frieden</strong>“ in deiner persönlichen<br />
Werteordnung, zum Beispiel im Vergleich zu Freiheit, Wohlstand,<br />
Gerechtigkeit, Liebe, Gleichberechtigung. Erstelle eine<br />
Liste deiner fünf wichtigsten Werte!<br />
92<br />
<strong>Frieden</strong>
Der Begriff ”<strong>Frieden</strong>“<br />
Positiver <strong>Frieden</strong><br />
Abwesenheit von struktureller Gewalt<br />
Dies bedeutet:<br />
Leben ohne Krieg und in einer gerechten<br />
Welt, ohne Unterdrückung und geprägt<br />
von Kooperation.<br />
Negativer <strong>Frieden</strong><br />
Abwesenheit von personaler Gewalt<br />
Dies bedeutet:<br />
Leben ohne Krieg, ohne Feindseligkeiten<br />
oder Gewaltanwendungen zwischen<br />
Staaten und Gruppen<br />
M2<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Kultureller <strong>Frieden</strong><br />
Abwesenheit von kultureller Gewalt<br />
Dies bedeutet:<br />
Leben in einer Atmosphäre des <strong>Frieden</strong>s,<br />
in der persönliche Einstellungen, Glaubensmuster,<br />
Verhaltens- und Ausdrucksweisen<br />
überwunden sind, die die Anwendung<br />
von Gewalt in allen menschlichen<br />
Tätigkeitsfeldern rechtfertigen.<br />
<strong>Frieden</strong> als Prozess<br />
<strong>Frieden</strong> ist kein Zustand, sondern ein<br />
Prozess abnehmender Gewalt und zunehmender<br />
Gerechtigkeit.<br />
Dies bedeutet:<br />
Jedes Land, jede menschliche Gemeinschaft<br />
muss ihre „Roadmap for Peace“<br />
immer neu definieren, denn der <strong>Frieden</strong><br />
ist immer in Gefahr und einmal Erreichtes<br />
ist umkehrbar.<br />
Krieg / Gewalt<br />
Ungerechtigkeit<br />
abnehmende Gewalt<br />
zunehmende Gerechtigkeit<br />
• „Es gehört zum Wesen des <strong>Frieden</strong>s, dass er nicht<br />
definiert werden kann“, so hat es der Pädagoge<br />
Georg Picht einmal beschrieben. Teilst du diese<br />
Auffassung? Begründe!<br />
• <strong>Frieden</strong> ist ein Prozess abnehmender Gewalt und<br />
zunehmender Gerechtigkeit. Wo würdest du auf<br />
einer „<strong>Frieden</strong>sachse“ dein Land einordnen?<br />
<strong>Frieden</strong><br />
93
<strong>Frieden</strong>: Ein Wort, viele Bedeutungen<br />
M3<br />
Der Begriff des <strong>Frieden</strong>s ist in allen Kulturen und<br />
Sprachen äußerst vielfältig.<br />
Die römische pax<br />
Das deutsche Wort <strong>Frieden</strong> wird in Literatur und Politik<br />
– und auch in der Wissenschaft – synonym mit<br />
dem lateinischen Begriff der pax verwendet. Auch das<br />
französische Wort für <strong>Frieden</strong> paix – und davon abgeleitet<br />
das englische peace – wird deckungsgleich mit<br />
<strong>Frieden</strong> gebraucht. Der Begriff pax verweist indessen<br />
sehr viel enger auf die rechtlichen Bedingungen des<br />
Zusammenlebens, auf die staatliche Ordnung (ordo),<br />
wie sie in den Begriffen der pax romana (der <strong>Frieden</strong><br />
innerhalb des Römischen Reiches) und der pax augusta<br />
(die politische Fixierung dieser Ordnung durch<br />
den Kaiser Augustus) zum Ausdruck kommen.<br />
Der umfassende Friede: shalom/salam<br />
In den semitischen Sprachen ist dieser begriffliche<br />
Zusammenhang von vornherein im hebräischen shalom<br />
und im arabischen salam deutlich. Beide Worte<br />
bedeuten nicht nur das Schweigen von Waffen, sondern<br />
vor allem umfassendes Heil, Versöhnung und<br />
Eintracht sowohl der Menschen untereinander wie<br />
auch der Menschen mit Gott, dessen Heilsgeschenk<br />
shalom/salam ist.<br />
Die griechische eirene<br />
Die Griechen der Antike hatten ein genau entgegengesetztes<br />
Verständnis der existentiellen Bedingungen<br />
ihrer Zeit. Ihr Wort eirene bezeichnet ursprünglich die<br />
Ruhepausen in dem als Naturzustand angesehenen<br />
täglichen Streit und Kampf, dem polemos, zu Unrecht<br />
einfach als Krieg übersetzt. Der Begriff eirene<br />
wurde erst zu Zeiten des Dichters Hesiod um 700<br />
v. d. Z. als Göttin personifiziert, interessanterweise<br />
zusammen mit eunomia (Ordnung) und dike (Urteil,<br />
Gerechtigkeit), so dass wir annehmen dürfen, dass<br />
auch in der griechischen Antike der <strong>Frieden</strong> bereits<br />
mit Ordnung und Gerechtigkeit im Zusammenhang<br />
gesehen wurde.<br />
Das russische mir<br />
Das slawisch-russische Wort für <strong>Frieden</strong> mir wiederum<br />
ist gleichbedeutend mit „Welt“, das heißt, in diesem<br />
Sprachgebrauch wird <strong>Frieden</strong> als ein umfassender universaler<br />
und ungeteilter Zustand verstanden.<br />
Das polnische pokòj<br />
Abweichend von den meisten slawischen Sprachen<br />
hat sich im Polnischen ein anderes Wort für <strong>Frieden</strong><br />
durchgesetzt, nämlich pokòj, das eine Mehrfachbedeutung<br />
besitzt. Es heißt sowohl Raum oder Zimmer<br />
wie auch <strong>Frieden</strong> oder Ruhe. Danach lebt ein Mensch<br />
in <strong>Frieden</strong>, wenn er sich in Ruhe in sein Zimmer zurückziehen<br />
kann.<br />
ahimsa – <strong>Frieden</strong> ohne Gewalt<br />
Von den zahlreichen anderen <strong>Frieden</strong>sbegriffen sei<br />
hier nur noch auf das indisch / hinduistische ahimsa<br />
verwiesen.<br />
Ahimsa bedeutet Gewaltfreiheit in einem umfassenden<br />
Sinn, der Umgang mit der Natur eingeschlossen.<br />
Mohandas Gandhi, den der indische Dichter Rabindranath<br />
Tagore 1915 mit dem Ehrentitel Mahatma<br />
(Große Seele) würdigte, hat mit diesem Begriff ein<br />
<strong>Frieden</strong>sverständnis begründet, das auf ständige <strong>Frieden</strong>sstiftung<br />
durch aktive Gewaltfreiheit gestützt ist.<br />
Allerdings ist in Gandhis Konzept ahimsa untrennbar<br />
mit satya (Wahrheit, Wirklichkeit) verknüpft, was<br />
dieses Konzept der gewaltfreien Konfliktregelung satyagraha<br />
erst politisch umsetzbar macht.<br />
Karlheinz Koppe: Der vergessene <strong>Frieden</strong>. <strong>Frieden</strong>svorstellungen<br />
von der Antike bis zur Gegenwart. Opladen 2001. S. 17–19,<br />
Auszüge.<br />
• Von welchem <strong>Frieden</strong>sverständnis fühlst du dich<br />
am meisten angesprochen? Wie kannst du dies<br />
begründen und welche Folgen hat dies für dein Verständnis<br />
von <strong>Frieden</strong> in Bezug zur internationalen<br />
Politik?<br />
• Welches <strong>Frieden</strong>sverständnis überwiegt heute in<br />
Deutschland, Polen und Tschechien? Welches in<br />
Ländern Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas?<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
94<br />
<strong>Frieden</strong>
<strong>Frieden</strong>: Mehr als kein Krieg<br />
1. <strong>Frieden</strong> braucht Gerechtigkeit, weil<br />
7. <strong>Frieden</strong> gründet auf einer Rechtsordnung, weil<br />
M4<br />
2. <strong>Frieden</strong> gelingt in einer Demokratie, weil<br />
8. <strong>Frieden</strong> _______________________ , weil<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
3. <strong>Frieden</strong> bedeutet Befriedigung grundlegender<br />
Bedürfnisse, weil<br />
4. <strong>Frieden</strong> und Menschenrechte sind miteinander<br />
verbunden, weil<br />
5. <strong>Frieden</strong> kommt aus einer inneren Überzeugung,<br />
weil<br />
6. <strong>Frieden</strong> gedeiht in einer Atmosphäre von Sicherheit,<br />
weil<br />
• Es gibt viele Überlegungen und Thesen zum Thema<br />
<strong>Frieden</strong>. Wähle eine der beschriebenen Ansichten<br />
(1–7) aus und ergänze den angefangenen Satz!<br />
• Formuliere eine eigene These (Punkt 8)!<br />
• Formuliere ein eigenes Bekenntnis (wie auf der abgebildeten<br />
Tafel: „Das deutsche Volk bekennt sich<br />
zu unverletzlichen und unveräusserlichen Menschenrechten<br />
als Grundlage jeder menschlichen<br />
Gemeinschaft , des <strong>Frieden</strong>s und der Gerechtigkeit<br />
in der Welt“) für die Jugend dieser Welt:<br />
„Wir Jugendliche bekennen uns …“<br />
<strong>Frieden</strong><br />
95
<strong>Frieden</strong> und Versöhnung<br />
M5<br />
Wenn die Waffen nach einem Krieg schweigen gibt<br />
es noch lange keinen <strong>Frieden</strong> zwischen den Völkern.<br />
Furchtbare Erfahrungen mit Hass, Gewalt und<br />
Tod sind nicht von heute auf morgen aus der Welt<br />
zu schaffen. Auch wenn Menschen aufgehört haben<br />
miteinander zu streiten, sich zu beleidigen oder<br />
gar zu töten sind sie noch lange nicht versöhnt.<br />
Ein dauerhafter <strong>Frieden</strong> braucht Versöhnung. Nach<br />
dem Ende des Zweiten Weltkrieges ging es zum Beispiel<br />
um die Versöhnung zwischen Deutschland und<br />
den noch lebenden Juden in aller Welt, aber auch um<br />
die Versöhnung zwischen Deutschland, Polen oder<br />
Russland. Heute ist Versöhnung wichtig in Ländern<br />
wie in Südafrika (Ende der Rassentrennung), in Ruanda<br />
(Völkermord) oder in Afghanistan nach der Herrschaft<br />
der Taliban.<br />
In diesen Ländern gibt es unterschiedliche Versuche<br />
und Ansätze, den Prozess der Versöhnung zu fördern<br />
– zwischen einzelnen Menschen, aber auch zwischen<br />
größeren gesellschaftlichen Gruppen. Es geht<br />
um die Aufarbeitung der Vergangenheit, um die Suche<br />
nach Wahrheit und um die Frage der Vergebung.<br />
Vergebung<br />
Stell dir vor, du sitzt in einem klammen, stickigen<br />
Raum. Das ist so, weil die Vorhänge zugezogen und<br />
die Fenster geschlossen sind. Draußen scheint die<br />
Sonne und es weht ein frischer Wind. Wenn du wirklich<br />
Licht und frische Luft in diesem Raum haben<br />
möchtest, dann wirst du die Vorhänge aufziehen und<br />
das Fenster öffnen müssen. Dann erst wird das Licht,<br />
das stets da war, und auch die frische Luft hereinströmen.<br />
Genauso verhält es sich mit der Vergebung.<br />
Das Opfer mag zur Vergebung bereit sein und das<br />
Geschenk seiner Vergebung bereithalten, aber es ist<br />
an dem Übeltäter, dieses Geschenk anzunehmen – die<br />
Vorhänge aufzuziehen und das Fenster zu öffnen. Das<br />
tut er, indem er seinen Fehler eingesteht. So läßt er<br />
die frische Brise der Vergebung in seine Seele.<br />
Desmond Tutu: Keine Zukunft ohne Versöhnung. Düsseldorf<br />
2001, S. 224.<br />
Es ist auch entscheidend, dass wir uns daran erinnern,<br />
dass Verhandlungen, <strong>Frieden</strong>sgespräche, Vergebung<br />
und Versöhnung meistens nicht zwischen<br />
Freunden stattfinden, nicht zwischen Menschen die<br />
einander mögen. Sie finden statt, weil Menschen sich<br />
streiten und sich gegenseitig hassen wie nur Feinde<br />
es tun können. Aber Feinde sind auch potentielle<br />
Verbündete, Freunde, Kollegen, Mitarbeiter. Dies ist<br />
kein utopischer Idealismus. Die erste demokratisch<br />
gewählte Regierung Südafrikas war eine Regierung<br />
der Nationalen Einheit, die sich aus Mitgliedern von<br />
Parteien zusammensetzte, die zuvor in einem Kampf<br />
auf Leben und Tod verwickelt gewesen waren. (…)<br />
Wenn es hier geschehen konnte, dann kann es auch<br />
andernorts passieren. (…)<br />
Wenn die Protagonisten in den Konflikten auf der<br />
Welt damit beginnen würden, symbolische Gesten des<br />
<strong>Frieden</strong>s zu machen, den Ton zu wechseln, in dem sie<br />
ihre Gegner beschrieben und anfangen würden, mit<br />
ihnen zu reden, dann würden sich vielleicht auch ihre<br />
Handlungen ändern.<br />
Desmond Tutu: Keine Zukunft ohne Versöhnung. Düsseldorf<br />
2001, S. 231 f.<br />
Bischof Demond Tutu war Vorsitzender der „Wahrheits- und<br />
Versöhnungskommission“ zur Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen<br />
im Südafrika der Apartheid, der Rassentrennung.<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
• Bischof Tutu aus Südafrika nennt einige Voraussetzungen<br />
und Ziele für Vergebung nach einem<br />
Konflikt.<br />
• Haben die Aussagen von Desmond Tutu auch eine<br />
Bedeutung für Vergebung und Versöhnung in<br />
euerem persönlichen Umfeld? Fragt euere Eltern<br />
oder Großeltern, wie sie nach ihrer Erfahrung mit<br />
Krieg und Gewalt die Aussagen von Bischof Tutu<br />
einschätzen! Erzählt ein Beispiel aus euerer eigenen<br />
Erfahrung mit Streit und Gewalt!<br />
• Suche dir eine der neben stehenden Zeichnungen<br />
aus, die für dich eine wichtige Rolle im Prozess<br />
der Versöhnung spielt. Worum geht es dabei?<br />
96<br />
<strong>Frieden</strong>
Burundi: Projekt für den <strong>Frieden</strong><br />
Immer wieder erreichen uns Nachrichten über Hungerkatastrophen<br />
in Afrika. Auch Burundi gehört zu<br />
den Ländern, die seit Jahren Nahrungsmittelhilfe<br />
erhalten. Das Land mit rund 7 Millionen Einwohnern<br />
gehört zu den zehn ärmsten Staaten Afrikas.<br />
Die Lebenserwartung der Menschen ist niedrig, die<br />
Gesundheitsversorgung unzureichend.<br />
Wie sein Nachbarland Ruanda, leidet auch Burundi<br />
an den Folgen eines blutigen, Jahrzehnte dauernden<br />
Bürgerkriegs zwischen den Hutu und den Tutsi. Nach<br />
vorsichtigen Schätzungen kamen dabei 300.000 Menschen<br />
ums Leben, Hunderttausende flüchteten in die<br />
Nachbarstaaten. Burundi steht vor großen Problemen.<br />
Vor allem braucht es nachhaltigen <strong>Frieden</strong> und eine<br />
stabile Demokratie. Sie sind die Grundlagen für die<br />
soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Landes.<br />
Mit einem Projekt des Zivilen <strong>Frieden</strong>sdienstes leistet<br />
der Weltfriedensdienst einen Beitrag dazu.<br />
Weltfriedensdienst e. V.<br />
M6<br />
Terence(Tutsi):<br />
Pasteur (Hutu):<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
„1993 wurden Tutsi von den Hutu ermordet. Dieser<br />
Herr hier hat mich damals begleitet von einigen anderen,<br />
in meinem Versteck gefunden. Er hat mir die<br />
Hände auf den Rücken gebunden und mich blutig<br />
geprügelt. Danach haben sie mich an einen Fluss<br />
gebracht und dieser Herr hat gesagt: ‚Jetzt ist Schluss<br />
mit Dir!’ doch bevor er mich umbringen konnte, habe<br />
ich mich in den Fluss geworfen. Ich kann nicht erklären,<br />
wie ich schwimmen konnte, aber Gott hat<br />
mich gerettet ... Einige Zeit später wurde ich zum<br />
Chief unseres Hügels gewählt. Da ich nun die Macht<br />
hatte, habe ich mir gesagt: ‚Dies ist die Zeit sich zu<br />
rächen.’ Mehrmals habe ich diesen Herrn verprügeln<br />
lassen und habe ihn in Gitega angeklagt. Er wurde<br />
zum Tode verurteilt. Ich war sehr überrascht, als er<br />
im April 2006 wieder auf freiem Fuß war. Ich hatte<br />
daraufhin schreckliche Angst. Vor allem, als dieses<br />
Gerücht aufkam, dass sich die freigelassenen Gefangenen<br />
organisieren und die Tutsi ermorden wollen ...<br />
Dann fand das Seminar statt, das MI-PAREC organisiert<br />
hat. Dort habe ich gelernt, wie wichtig es ist, die<br />
Wahrheit zu sagen, das Vergangene zu akzeptieren<br />
und um Verzeihung zu bitten – denn nur so kann man<br />
sich versöhnen und wieder in <strong>Frieden</strong> leben.“<br />
„Was Terence erzählt hat, ist zum großen Teil wahr. Es<br />
hat mich beeindruckt, dass er den Mut hatte zu erzählen,<br />
was ich ihm angetan habe, aber auch, was er aus<br />
Rache gegen mich getan hat. Ich danke MI-PAREC und<br />
dem <strong>Frieden</strong>skomitee für das Seminar. Ich hatte zwölf<br />
Jahre hinter Gittern verbracht und war damals gerade<br />
wieder frei. In den ersten Wochen wagte ich nicht,<br />
mit Terence zu sprechen. Im Gegenteil ich dachte<br />
an Rache. Erst im Rahmen des Seminars haben wir<br />
uns die Hand gereicht. Ich hätte nie geglaubt, dass<br />
ich eines Tages in der Öffentlichkeit aussagen kann,<br />
was ich diesem Mann angetan habe. Ich glaube, es<br />
war Zeit, diese Wahrheit auszusprechen, denn danach<br />
hat man ein gutes Gefühl – vor allem, wenn man um<br />
Verzeihung gebeten und Verzeihung erhalten hat ...<br />
Heute ist Terence mein bester Freund. Manchmal essen<br />
und trinken wir zusammen. Wenn er meine Hilfe<br />
braucht, stehe ich zu seiner Verfügung, und wenn<br />
ich in Schwierigkeiten gerate, hilft er mir gerne. Wir<br />
sind beide Mitglieder des <strong>Frieden</strong>skomitees geworden<br />
und ermutigen andere Konfliktparteien, die Wahrheit<br />
zu sagen und um Verzeihung zu bitten. Denn dies ist<br />
der einzige Weg, mit unserer gemeinsamen bitteren<br />
Vergangenheit umzugehen.“<br />
Die beiden Berichte wurden von Jerome Njabou dokumentiert,<br />
der seit November 2005 als <strong>Frieden</strong>sfachkraft<br />
des Weltfriedensdienstes in Burundi arbeitet.<br />
In Workshops führt er Angehörige der ehemaligen<br />
Konfliktparteien zusammen und versucht, diese ins<br />
Gespräch zu bringen.<br />
• Bitte lies die beiden Zitate genau durch.<br />
• Schreibe mit deinen eigenen Worten auf, was in der<br />
Vergangenheit zwischen den beiden passiert ist.<br />
• Warum sind deiner Meinung nach die beiden Männer<br />
zur Versöhnung bereit?<br />
<strong>Frieden</strong><br />
97
<strong>Frieden</strong>sstrategien<br />
M7<br />
Unter dem Stichwort „Zivile Konfliktbearbeitung<br />
im internationalen Kontext“ werden eine Reihe<br />
von Maßnahmen genannt, die der Verhinderung<br />
von gewaltsamen Konflikten und der Förderung<br />
des <strong>Frieden</strong>s dienen. Viele dieser Maßnahmen<br />
müssen von Staaten und Regierungen durchgeführt<br />
werden, andere sind aber auch Aufgaben von<br />
Nichtregierungsorganisationen, von Kirchen oder<br />
Gewerkschaften. Wieder andere Maßnahmen können<br />
auch von einzelnen Gruppen oder sogar von<br />
Einzelpersonen initiiert und umgesetzt werden.<br />
Zu diesen Maßnahmen gehören:<br />
• Aufbau von Frühwarnsystemen, damit Konflikte<br />
rechtzeitig erkannt werden können;<br />
• Beseitigung von ökonomischen Kriegsfolgen, damit<br />
Menschen eine Perspektive bekommen;<br />
• Schutz für Flüchtlinge und Deserteure, damit niemand<br />
in Kriegsregionen abgeschoben wird;<br />
• Verhängung von Sanktionen gegen Regierungen<br />
die Krieg führen oder Menschen unterdrücken;<br />
• Transnationale Zusammenarbeit, damit kein Misstrauen<br />
aufkommt;<br />
• Hilfe beim Aufbau demokratischer und rechtsstaatlicher<br />
Strukturen, damit der <strong>Frieden</strong> ein politisches<br />
Fundament hat;<br />
• Förderung der Zivilgesellschaft, damit Menschen<br />
sich an der <strong>Frieden</strong>sarbeit beteiligen;<br />
• <strong>Frieden</strong>serziehung, damit Hass und und Feindbilder<br />
überwunden werden;<br />
• <strong>Frieden</strong>sdienste und -missionen, damit <strong>Frieden</strong>skräfte<br />
in anderen Regionen unterstützt werden;<br />
• Unterwerfung unter eine schiedsgerichtliche Regelung,<br />
damit Verbrechen bestraft werden;<br />
• Schaffung internationaler Öffentlichkeit, damit<br />
Kriege und Unterdrückung nicht vergessen werden;<br />
• Humanitäre Hilfe, damit Menschen überleben können;<br />
• Verstärkung der präventiven Diplomatie, damit<br />
frühzeitig verhandelt werden kann;<br />
• Verständigung- und Versöhnungsarbeit, damit der<br />
<strong>Frieden</strong> dauerhaft gesichert wird;<br />
• Etablierung internationaler Regimes („Verrechtlichung“),<br />
damit Strukturen für <strong>Frieden</strong> entstehen;<br />
• Vermittlung zwischen Konfliktparteien, damit Lösungen<br />
vor einem Krieg gefunden werden;<br />
• Verstärkung der Entwicklungszusammenarbeit, damit<br />
alle Menschen eine faire Chance haben.<br />
<strong>Frieden</strong> und Aussenpolitik<br />
Für den <strong>Frieden</strong> gibt es weder Manöver noch Handbücher,<br />
keine Strategieakademien (vergleichbar etwa<br />
der Marine oder Luftwaffenakademie). Es gibt keinen<br />
Großverband, der, ähnlich der Bundeswehr, zuständig<br />
wäre dafür, den <strong>Frieden</strong> vorzubereiten, seine Strategie<br />
auszuarbeiten und zu implementieren.<br />
Wer „<strong>Frieden</strong> machen“ will, muss folgende Ziele verfolgen:<br />
• Seine Außenpolitik muss so angelegt sein, dass<br />
sie bei allen Adressaten die Prozesse der Demokratisierung<br />
fördert, ebenso das dazugehörige<br />
Wirtschaftssystem. Und umgekehrt: Wer in seiner<br />
Außenpolitik andere Prioritäten setzt, sollte nicht<br />
für sich in Anspruch nehmen, eine <strong>Frieden</strong>spolitik<br />
zu betreiben.<br />
• Das Subsystem, dessen Mitglieder-Regierungen demokratisch<br />
organisiert sein sollten, muss eine Organisation<br />
aufweisen, die das Sicherheitsdilemma<br />
reduziert. Wer statt dessen auf eine Militärallianz<br />
setzt, zerstört den Prozess der Vertrauensbildung.<br />
Außenpolitik muss selbst demokratisiert werden, damit<br />
sie der Erzeugung von <strong>Frieden</strong> dient und nicht<br />
der von Prestige, Einfluss und Gewinn. Sie sollen<br />
keineswegs verteufelt werden;<br />
Außenpolitik ist kein Wohltätigkeitsunternehmen.<br />
Aber sie darf auch nicht zum Profitunternehmen<br />
verkommen. Da sie von allen getragen und bezahlt<br />
wird, muss sie auch allen zugute kommen. Dies tut<br />
sie nur, wenn sie die Gewalt aus den internationalen<br />
Beziehungen verbannt und alle Macht dem <strong>Frieden</strong><br />
zukommen lässt.<br />
Ernst-Otto Czempiel: Alle Macht dem <strong>Frieden</strong>. In: Dieter Senghaas<br />
(Hrsg.): <strong>Frieden</strong> machen. Frankfurt/M. 1997, S. 31 ff.,<br />
Auszüge.<br />
• Ordne der Liste mit den genannten Maßnahmen<br />
ziviler Konfliktbearbeitung den Akteuren zu: Wer<br />
kann und sollte die einzelnen Maßnahmen initiieren,<br />
durchführen und auch die Ressorcen dafür zu<br />
Verfügung stellen?<br />
• Wähle eine Maßnahme aus, die auch von Jugendgruppen<br />
durchgeführt werden kann und finde dafür<br />
ein konkretes Beispiel!<br />
• Entspricht die Außenpolitik deines Landes deiner<br />
Meinung nach der Beschreibung der Außenpolitik<br />
als <strong>Frieden</strong>sstrategie?<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
98<br />
<strong>Frieden</strong>
Die UNO<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Die Organisation der Vereinten Nationen (United<br />
Nations Organization, UNO) wurde am 24. Oktober<br />
1945 unter Mitwirkung von 51 Staaten, die im Zweiten<br />
Weltkrieg Kriegsgegner von Deutschland und<br />
seinen Verbündeten waren, gegründet. Zuvor wurde<br />
die Charta der Vereinten Nationen unterzeichnet.<br />
Die UNO ist heute die internationale Vereinigung<br />
fast aller Staaten der Welt mit dem Hauptziel, den<br />
Weltfrieden zu sichern und die friedlichen zwischenstaatlichen<br />
Beziehungen zu fördern. Die UNO hat 192<br />
Mitglieder. Als jüngster Staat ist Montenegro der UNO<br />
beigetreten (28. Juni 2006).<br />
Die UN-Charta verbietet die Anwendung von Gewalt.<br />
Das Gewaltverbot besagt, dass kein Staat nach eigenem<br />
Ermessen in den Beziehungen zu anderen Staaten<br />
Gewalt anwenden darf. Als einzige Ausnahme gilt<br />
das Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung,<br />
welches nur im Falle eines bewaffneten<br />
Angriffs in Anspruch genommen werden kann und<br />
auch nur so lange, bis der UNO-Sicherheitsrat über<br />
weitere Schritte entscheidet.<br />
Bei internationalen Konflikten sollen sich die Streitparteien<br />
„zunächst um eine friedliche Beilegung<br />
durch Verhandlung, Untersuchung, Vermittlung, Vergleich,<br />
Schiedsspruch, gerichtliche Entscheidung,<br />
Inanspruchnahme regionaler Einrichtungen oder Abmachungen<br />
oder durch andere friedliche Mittel ihrer<br />
Wahl“ bemühen.<br />
Bleibt der Einsatz friedlicher Mittel erfolglos, sollen,<br />
unter Ausschluss von Waffengewalt, Sanktionen ergriffen<br />
werden. Reichen auch diese Maßnahmen nicht<br />
aus, so können „mit Luft-, See- oder Landstreitkräften<br />
die zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens<br />
und der internationalen Sicherheit erforderlichen<br />
Maßnahmen“ zur <strong>Frieden</strong>serzwingung durchgeführt<br />
werden. Hierzu kann die UNO ihre Mitgliedsstaaten<br />
aufrufen und den Waffeneinsatz erlauben.<br />
Sicherheitsrat<br />
UNO-Sicherheitsrat Das höchste Gremium der UNO<br />
entscheidet darüber, ob durch einen Konflikt oder<br />
einen Krieg der Weltfrieden bedroht ist und damit<br />
militärische Interventionen durch Mitgliedsstaaten<br />
der Weltorganisation legitimiert sind. China, Frankreich,<br />
Großbritannien, Russland und die USA sind die<br />
ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, die jeweils<br />
über ein Vetorecht bei Abstimmungen verfügen. Mit<br />
diesem Vetorecht kann ein Land einen gemeinsamen<br />
Beschluss verhindern. Zu den fünf ständigen Mitgliedern<br />
werden zehn weitere für jeweils zwei Jahre hinzugewählt.<br />
Die Mitglieder des Sicherheitsrates treffen<br />
sich fast täglich zu Besprechungen.<br />
Uli Jäger: Pocket Global. Globalisierung in Stichworten. Bonn<br />
2004, S. 125.<br />
M8<br />
Die UNO kümmert sich neben der <strong>Frieden</strong>ssicherung<br />
mit vielen Einrichtungen und Organisationen um wirtschaftliche,<br />
soziale, kulturelle oder auch rechtliche<br />
Fragen. Sie versorgt Flüchtlinge, kämpft gegen den<br />
Drogenmissbrauch, fördert weltweit Bildungsmaßnahmen,<br />
koordiniert Katastrophenhilfe, beschäftigt<br />
sich mit der Verstädterung, der Telekommunikation<br />
oder der Nutzung der Atomenergie.<br />
Die UNO ist aber nur so einflussreich, wie dies ihre<br />
Mitgliedstaaten erlauben bzw. wie diese die UNO unterstützen.<br />
Deutschland trägt 8,7 Prozent der Kosten<br />
der UN, dies entsprach im Jahr 2004 einem Beitrag<br />
von 310 Millionen EURO.<br />
• „Den Weltfrieden und die internationale Sicherheit<br />
zu wahren“ ist das Hauptziel der UNO. Was kann<br />
die UNO tun um dieses Ziel zu erreichen? Wo sind<br />
die Chancen und Möglichkeiten, worin bestehen<br />
die Grenzen?<br />
• Die UNO soll reformiert werden. Informiere dich<br />
über die aktuelle Diskussion. Eine Veränderung soll<br />
in der Erweiterung der Mitgliederzahl des Sicherheitsrates<br />
bestehen. Manche Politiker wollen, dass<br />
Deutschland dort als ständiges Mitglied präsent<br />
ist. Wie denkst du darüber?<br />
<strong>Frieden</strong><br />
99
Völkerrecht<br />
M9<br />
Das Völkerrecht ist eigentlich kein Recht der Völker,<br />
sondern regelt die Beziehungen zwischen den Staaten.<br />
Ansätze für ein solches „Staatenverkehrsrecht“<br />
gab es schon in den frühen Hochkulturen und in der<br />
Antike. Mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges im<br />
Jahr 1648 begann die Zeit des klassischen Völkerrechts,<br />
denn im „Westfälischen <strong>Frieden</strong>“ wird zum<br />
ersten Mal die Souveränität der Staaten betont – ein<br />
Hauptprinzip des Völkerrechts. Seit 1919 spricht man<br />
vom „modernen Völkerrecht“, mit der Verabschiedung<br />
der Satzung des Völkerbundes.<br />
Ein zentrales Prinzip des klassischen Völkerrechts<br />
ist die Souveränität der Staaten, daraus folgt die<br />
Gleichberechtigung der Staaten, das Prinzip der Gegenseitigkeit<br />
und das Interventionsverbot. Das Interventionsverbot,<br />
welches die Nichteinmischung in<br />
die inneren Angelegenheiten der einzelnen Staaten<br />
vorsieht, gerät zunehmend in Widerspruch zu anderen<br />
Normen des Völkerrechts, zum Beispiel im Bereich<br />
der Menschenrechte: Wenn in einem Land ein Völkermord<br />
stattfindet, sollte die Staatengemeinschaft<br />
heute nicht einfach tatenlos zusehen.<br />
einhalten, sonst drohen ihnen Sanktionen – vorausgesetzt,<br />
diese werden vom UNO-Sicherheitsrat beschlossen.<br />
Uli Jäger: Pocket Global. Globalisierung in Stichworten. Bonn<br />
2004, S. 128<br />
Das Völkerrecht gilt als die rechtliche Grundlage für<br />
das Zusammenleben der Völker und Staaten. Doch wer<br />
soll dafür sorgen, dass das Völkerrecht auch weltweit<br />
beachtet wird?<br />
• Die stärkste Macht der Erde?<br />
• Die wirtschaftlich mächtigsten Staaten der Erde?<br />
• Der Sicherheitsrat der UNO?<br />
• Die Generalversammlung der UNO?<br />
• Ein neues Gremium der UNO, in dem gewählte<br />
Bürgerinnen und Bürger vertreten sind?<br />
• Oder?<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Im modernen Völkerrecht unserer Zeit ist der Krieg<br />
– mit Ausnahme des Rechtes zur Verteidigung – geächtet.<br />
Das „humanitäre Völkerrecht“ ist ein für Situationen<br />
bewaffneter Konflikte geschaffenes Sonderrecht.<br />
Alle Mitglieder der UNO müssen das Völkerrecht<br />
1. Wie ist deine persönliche Meinung?<br />
2. Wie würde deine Meinung aussehen, wenn du in<br />
einem armen Land in Afrika leben würdest?<br />
3. Schreibe einen Brief an einen Politiker oder einer<br />
Politikerin, die dir sympathisch ist und bitte sie<br />
um ihre Meinung!<br />
100<br />
<strong>Frieden</strong>
<strong>Frieden</strong> durch Krieg?<br />
UNIFIL-Truppen ihre Aufgaben im Rahmen des Mandats<br />
mit Gewalt durchsetzen können. Deutsche Marinesoldaten<br />
sind um Einsatz, um Waffenschmuggel<br />
zu verhindern.<br />
M10<br />
Vgl. www.wikipedia.org<br />
Gerechte Kriege – eine Umfrage<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
In vielen Ländern und Konfliktregionen dieser Erde<br />
sind ausländische Soldaten stationiert. Deren Präsenz<br />
ist häufig sehr umstritten. Sie beruht auf unterschiedlichen<br />
Grundlagen und mit unterschiedlichen<br />
Zielen.<br />
Es gibt militärische Interventionen<br />
• mit ganz unterschiedlichen Begründungen und<br />
Zielen;<br />
• mit und ohne Zustimmung der Konflikt- bzw.<br />
Kriegsparteien,<br />
• im Auftrag der UNO oder im Rahmen eines Militärbündnisses;<br />
• mit einem defensiven Auftrag oder als Kampfverband.<br />
Immer häufiger gibt es Mischformen und es ist notwendig,<br />
für eine Bewertung die einzelnen Maßnahmen<br />
genau zu betrachten.<br />
Beispiel: ISAF in Afghanistan<br />
Die International Security Assistance Force (ISAF) ist<br />
die Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe<br />
in Afghanistan.<br />
Die Aufstellung erfolgte auf Ersuchen der neuen afghanischen<br />
Regierung an die internationale Gemeinschaft<br />
und mit Genehmigung durch den Weltsicherheitsrat<br />
(Resolution 1386 vom 20. Dezember 2001).<br />
Der Einsatz ist somit keine UN-(Blauhelm)-Mission,<br />
sondern ein militärischer Einsatz unter Verantwortung<br />
der beteiligten Staaten, wobei der NATO eine<br />
Führungsrolle zukommt.<br />
Das Mandat für die Beteiligung deutscher Soldaten am<br />
ISAF-Einsatz wurde am 22. Dezember 2001 erteilt.<br />
www.wikipedia.org<br />
Beispiel: Unifil im Libanon<br />
Die United Nations Interim Force in Lebanon (UNI-<br />
FIL) ist eine Beobachtermission der UNO. Die UNI-<br />
FIL-Mission wurde 1978 ins Leben gerufen und ist<br />
eine der ältesten aktiven Beobachtermissionen der<br />
Vereinten Nationen. Während des Libanonkrieg 2006<br />
wurde die Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates<br />
verabschiedet, durch die das UNIFIL-Mandat grundlegend<br />
erweitert wurde. Im Gegensatz zu bisher ist die<br />
Mission jetzt auf <strong>Kapitel</strong> VII der Charta der Vereinten<br />
Nationen begründet. Es handelt sich damit um eine<br />
bewaffnete Blauhelmmission, was bedeutet, dass die<br />
Gibt es Ihrer Meinung nach eine Rechtfertigung für den Einsatz militärischer<br />
Gewalt?<br />
(Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen waren möglich)<br />
68 % Ja, aber nur zur Verteidigung des eigenen Landes<br />
45 % Ja, um Unrechtsregime zu stürzen<br />
44 % Ja, um internationale Stabilität herzustellen<br />
31 % Ja, wenn nationale Interessen im Ausland auf dem Spiel stehen<br />
11 % Ja, um Vergeltung zu üben<br />
9 % Ja, es gibt religiöse Rechtfertigungen<br />
15 % Nein, für militärische Gewalt gibt es keine Rechtfertigung<br />
2 % keine Angaben<br />
Chrismon-Magazin, 6, 2002, S. 9<br />
Kontrovers: Militärische Interventionen<br />
Militärische Interventionen in andere Länder kommen<br />
nur als letztes Mittel in Betracht – so scheint der<br />
Konsens zwischen verantwortlichen Politikern und<br />
Militärs zu lauten.<br />
Welcher Anlass rechtfertigt deiner Meinung nach eine<br />
militärische Intervention in eine Konfliktregion dieser<br />
Erde (Mehrfach-Nennungen sind möglich)?<br />
• Völkermord: In einem Land werden Angehörige einer<br />
bestimmten Bevölkerungsgruppe systematisch<br />
ermordet.<br />
• Vertreibungen: Aus einem Land werden aufgrund<br />
ethnopolitischer Konflikte Menschen in großer<br />
Zahl vertrieben.<br />
• Notlagen: Durch einen Bürgerkrieg entstehen in<br />
einem Land große Hungersnöte, während die Verantwortlichen<br />
im Land am Krieg profitieren.<br />
• Unterdrückung: In einem Land finden aus (ethno‐)<br />
politischen Gründen systematische Menschenrechtsverletzungen<br />
gegenüber Minderheiten statt.<br />
• Terrorismus: Die Regierung eines Landes unterstützt<br />
die Durchführung von Terroranschlägen in<br />
anderen Ländern<br />
• Anderer Anlass: ___________________________<br />
• Kein Anlass rechtfertigt eine militärische Intervention.<br />
<strong>Frieden</strong><br />
101
<strong>Frieden</strong>sprozesse?<br />
M11<br />
Nach einem Krieg ist es von großer Bedeutung, auf<br />
unterschiedlichen Ebenen <strong>Frieden</strong>sprozesse zu fördern.<br />
Doch nicht alle Menschen in Nachkriegsgesellschaften<br />
haben ein Interesse am <strong>Frieden</strong> und es ist<br />
schwierig, diese Menschen vom <strong>Frieden</strong> zu überzeugen<br />
oder ihren Widerstand zu unterbinden.<br />
Karikaturen<br />
Welche Hindernisse für <strong>Frieden</strong>sprozesse werden<br />
durch die drei Karikaturen deutlich? Versuche zu<br />
ordnen und zu ergänzen:<br />
1. Hindernisse auf der politischen Ebene<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
2. Hindernisse auf der wirtschaftlichen Ebene<br />
3. Hindernisse auf der persönlichen Ebene<br />
4. Sonstige Hindernisse<br />
102<br />
<strong>Frieden</strong>
<strong>Frieden</strong> als Zivilisierungsprozess<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Der Bremer <strong>Frieden</strong>sforscher Dieter Senghaas versteht<br />
<strong>Frieden</strong> als einen Prozess der Zivilisierung. Gemeinschaften<br />
die schon weit in diesem Prozess vorangeschritten<br />
sind, sind im Idealfall von sechs Bausteinen<br />
gekennzeichnet:<br />
• Gewaltmonopol<br />
• Rechtsstaatlichkeit<br />
• Affektkontrolle<br />
• Demokratische Beteiligung<br />
• Soziale Gerechtigkeit<br />
• konstruktive Konfliktkultur.<br />
Diese sechs Bausteine des „Zivilisierungsprojektes<br />
<strong>Frieden</strong>“ sind voneinander abhängig. Gerät ein Baustein<br />
ins Wanken, greift dies auf andere über und der<br />
<strong>Frieden</strong> ist bedroht.<br />
Vgl. Dieter Senghaas: <strong>Frieden</strong> als Zivilisierungsprozeß. In: Ders.<br />
(Hrsg.): Den <strong>Frieden</strong> denken. Frankfurt/M. 1995, S. 196–223,<br />
Auszüge.<br />
EUROPA AMERIKA AFRIKA ASIEN<br />
1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5<br />
1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5<br />
1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5<br />
1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5<br />
• Suche dir drei Länder deiner Wahl aus je einem<br />
Kontinent aus, mit dessen politischen und sozialen<br />
Verhältnissen du dich einigermaßen gut auskennst.<br />
• Wie würdest du die Umsetzung der genannten<br />
sechs Bausteine für diese Land bewerten? Vergib<br />
Punkte von 0 bis 5: Welche Bausteine sind weit<br />
entwickelt (maximal 5), bei welchen mangelt es<br />
(minimal 0)?<br />
• Wie schätzt du die Bedeutung der einzelnen Bausteine<br />
ein? Erstelle eine Prioritätenliste aus deiner<br />
Sicht. Ergänze die Liste mit weiteren Bausteinen,<br />
die deines Erachtens wichtig sind.<br />
1. Gewaltmonopol:<br />
Entprivatisierung von Gewalt und Herausbildung<br />
eines legitimen, staatlichen Gewaltmonopols.<br />
2. Rechtsstaatlichkeit:<br />
Kontrolle des staatlichen Gewaltmonopols, faire<br />
Konfliktregelung nach rechtsstaatliche Prinzipien.<br />
3. Affektkontrolle:<br />
Kontrolle menschlicher Affekte (Emotionen,<br />
Stimmungen) als Grundlage für Gewaltverzicht,<br />
Toleranz und Kompromisfähigkeit.<br />
4. Demokratische Beteiligung:<br />
Hohe Bereitschaft zur demokratischen Teilhabe<br />
ist unverzichtbar für politische Stabilität.<br />
M12<br />
1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5<br />
1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5<br />
1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5<br />
5. Soziale Gerechtigkeit:<br />
Aktive Politik der Chancen- und Verteilungsgerechtigkeit<br />
und Sicherung der Grundbedürfnisse.<br />
6. Konstruktive politische Konfliktkultur:<br />
Entwicklung einer positiven gesamtgesellschaftlichen<br />
Einstellung hinsichtlich der produktiven Auseinandersetzung<br />
mit Konflikten, Konfliktfähigkeit.<br />
7.<br />
1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5<br />
8.<br />
<strong>Frieden</strong><br />
103
<strong>Frieden</strong>snobelpreis<br />
M13<br />
In der Vergangenheit gehörten schon viele Politiker,<br />
Künstler oder auch Institutionen zu den heißen<br />
Anwärtern für den <strong>Frieden</strong>snobelpreis. Doch das<br />
fünfköpfige norwegische Nobelkomitee hat bei der<br />
Vergabe immer wieder für Überraschungen und Irritationen<br />
gesorgt und musste auch schon häufig Kritik<br />
einstecken. „Pro pace et fraternitate gentium“, so<br />
lautet der Schriftzug auf der begehrten Plakette („Für<br />
<strong>Frieden</strong> und Geschwisterlichkeit“).<br />
Kriterien<br />
Nach welchen Kriterien sollte der <strong>Frieden</strong>snobelpreis<br />
vergeben werden?<br />
Erarbeite mit deiner Arbeitsgruppe fünf Kriterien!<br />
1.<br />
Beispiele<br />
Im Oktober 1971 fällt das Nobel-Komitee in Oslo die<br />
Entscheidung, dass Willy Brandt für das Jahr 1971<br />
der <strong>Frieden</strong>snobelpreis verliehen werden soll. In der<br />
Begründung des Komitees heißt es: „Bundeskanzler<br />
Willy Brandt hat als Chef der westdeutschen Regierung<br />
und im Namen des deutschen Volkes die Hand<br />
zu einer Versöhnungspolitik zwischen alten Feindländern<br />
ausgestreckt. Er hat im Geiste des guten Willens<br />
einen hervorragenden Einsatz geleistet, um Voraussetzungen<br />
für den <strong>Frieden</strong> in Europa zu schaffen.“<br />
Als erste Indigena und jüngste Preisträgerin hat<br />
Rigoberta Menchú aus Guatemala 1992 den <strong>Frieden</strong>snobelpreis<br />
erhalten. Die Auszeichnung der Quiché-Indianerin<br />
war alles andere als unumstritten.<br />
Ihr Verhältnis zum gewaltsamen Widerstand in ihrem<br />
Heimatland, das zu den Ländern mit der bedrückendsten<br />
Bilanz an Menschenrechtsverletzungen zählt, war<br />
für manche Kritiker nicht eindeutig genug.<br />
Das norwegische Nobelpreiskomitee hat den Gründer<br />
der Grameen Bank, Muhammad Yunus, und die<br />
Bank selbst mit dem diesjährigen <strong>Frieden</strong>snobelpreis<br />
ausgezeichnet. Der aus Bangladesch stammende Muhammad<br />
Yunus wird laut einer Pressemitteilung des<br />
Nobelpreiskomitees für seine Bemühungen zur Schaffung<br />
wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung von<br />
unten geehrt. Dieses Engagement von unten trage zur<br />
Festigung der Demokratie und der Menschenrechte<br />
bei, heißt es in der Begründung des Nobelpreiskomitees.<br />
www.bwbs.de; www.marabu.de; www.wikinews.org<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
5.<br />
<strong>Frieden</strong>snobelpreis-Quiz<br />
Er / Sie erhielten den den <strong>Frieden</strong>snobelpreis:<br />
1901 für die Gründung des Internationalen Roten<br />
Kreuzes<br />
Name:<br />
1992 für den Einsatz für die Menschenrechte, insbesondere<br />
von Ureinwohnern<br />
Name:<br />
1977 für den Einsatz für politische Häftlinge<br />
Name:<br />
1984 für den Beitrag zur Beendigung der Apartheid<br />
in Südafrika<br />
Name:<br />
1971 für seine Ostpolitik, vor allem die Versöhnung<br />
mit Polen<br />
Name:<br />
2001 für ihren Einsatz für eine besser organisierte<br />
und friedliche Welt<br />
Name:<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
2006 für die Förderung wirtschaftlicher und sozialer<br />
Entwicklung von unten<br />
Name:<br />
Recherchiere im Internet und ordne die Namen zu!<br />
Willy Brandt, Desmond Tutu, Jean Henry Dunant,<br />
amnesty international, Muhammad Yunus und die von<br />
ihm gegründete Grameen Bank Bangladesh, Rigoberta<br />
Menchú Tum, UNO.<br />
104<br />
<strong>Frieden</strong>
<strong>Frieden</strong>sstifterinnen und <strong>Frieden</strong>sstifter<br />
M14<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Der Tamile Singham hat viele Jahre in Berlin gelebt.<br />
Dann ist er in seine Heimat Sri Lanka zurückgekehrt<br />
und kümmert sich dort um Kriegsopfer und organisiert<br />
den Wiederaufbau.<br />
John lebt in Kolumbien. Ins einer Heimatstadt Medellin<br />
ist Gewalt unter Jugendlichen an der Tagesordnung.<br />
John organisiert Fußballspiele, in denen Fair<br />
Play mehr zählt als Tore.<br />
In südafrikanischen Gefängnissen liefern sich Gangs<br />
mörderische Kämpfe. Victoria spricht mit Gefangenen<br />
über Menschenwürde und wie man Konflikte gewaltfrei<br />
löst.<br />
Peter saß viele Jahre im Gefängnis. In Nordirland war<br />
er Mitglied einer gewalttätigen Untergrundgruppe.<br />
Heute kümmert er sich als Sozialarbeiter um Kinder<br />
und Jugendliche.<br />
Weitere Infos über diese und andere <strong>Frieden</strong>sstifterinnen und<br />
<strong>Frieden</strong>sstifter: www.peace-counts.org<br />
Kennst du jemanden in deiner Umgebung, der sich für<br />
den <strong>Frieden</strong> engagiert? Beschreibe seine / ihre Motive,<br />
die Ziele, Aufgaben und schildere den Tagesablauf<br />
dieses <strong>Frieden</strong>sstifters (in Deutschland / in Polen / in<br />
der Tschechischen Republik / in Österreich).<br />
<strong>Frieden</strong><br />
105
Wie man <strong>Frieden</strong> macht<br />
M15<br />
<strong>Frieden</strong>sstifterinnen und <strong>Frieden</strong>sstifter ....<br />
• haben Vorstellungen darüber, wie eine friedliche Zukunft aussehen könnte<br />
• verfügen über einen starken Willen<br />
• kennen sich mit Konflikten aus<br />
• kennen viele Leute und wissen wie man mit ihnen zusammenarbeitet<br />
• wissen dass <strong>Frieden</strong> ein langer Prozess ist<br />
• sind kreativ und gehen neue Wege, halten nicht an alten Verhaltensweisen<br />
fest<br />
• engagieren sich für den Wiederaufbau<br />
• können sich in andere Menschen einfühlen, verstehen ihre Probleme und<br />
Sorgen<br />
• sind neutrale Vermittler zwischen verfeindeten Parteien<br />
• kennen sich selbst und überschätzen sich nicht<br />
Journalisten haben mehrere Jahre lang Projekte in<br />
vielen Konfliktregionen dieser Erde besucht und mit<br />
Menschen gesprochen, die sich als <strong>Frieden</strong>sstifter und<br />
<strong>Frieden</strong>sstifterinnen engagieren (siehe M 14). Dabei<br />
haben sie einige Merkmale und Eigenschaften herausgefunden,<br />
die diese Menschen auszeichnen.<br />
• Wie schätzt du die Liste der Fähigkeiten und Eigenschaften<br />
ein, über die <strong>Frieden</strong>sstifter verfügen<br />
sollten?<br />
• Welche Fähigkeiten und Kompetenzen kann man<br />
erlernen, welche nicht? Begründe!<br />
• Diskutiert in einer Zweiergruppe mit euerem Partner<br />
euere Stärken und Schwächen wenn es darum<br />
geht, sich für <strong>Frieden</strong> und gewaltfreie Konfliktbearbeitung<br />
zu engagieren.<br />
• Wie lassen sich die Probleme überwinden, welches<br />
sind die größten Schwierigkeiten?<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Gegenkräfte<br />
<strong>Frieden</strong>smacher sehen sich mit einer Reihe von Problemen konfrontiert, zum<br />
Beispiel:<br />
• Profitgier (z. B.: Streben nach immer mehr Reichtum)<br />
• Panik (z. B.: Ängste vor dem Anderen, dem Fremden)<br />
• Profilierung (z. B.: Persönliche Vorteile durch Krieg und Gewalt)<br />
• Propaganda (z. B.: Einseitige Informationen über Konfliktursachen)<br />
• Politkalkül (z. B.: Funktionäre heizen Konflikte aus Parteiinteresse an)<br />
• Primitivität (z. B.: Dummheit und mangelnder Wille sich zu informieren)<br />
106<br />
<strong>Frieden</strong>
<strong>Frieden</strong> – eine Selbstverpflichtung<br />
M16<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
UNESCO-Manifest 2000<br />
für eine Kultur des <strong>Frieden</strong>s und<br />
der Gewaltlosigkeit<br />
Im Bewußtsein meiner Verantwortung für die Zukunft<br />
der Menschheit und insbesondere für die Kinder<br />
von heute und morgen, verpflichte ich mich hiermit,<br />
in Alltag und Familie, Gemeinschaft und Arbeit, in<br />
meinem Land und meiner Region zur Einhaltung folgender<br />
Grundsätze:<br />
1. Achtung der Würde jedes Menschen: Ich will<br />
ohne Unterschied und Vorurteil das Leben und die<br />
Würde jedes Menschen anerkennen.<br />
2. Gewaltfreie Konfliktbearbeitung: Ich will Gewaltlosigkeit<br />
leben, indem ich selbst keine körperliche,<br />
sexuelle, seelische, wirtschaftliche oder soziale Gewalt<br />
anwende, insbesondere nicht gegenüber Schwächeren<br />
und Wehrlosen wie Kindern und Jugendlichen.<br />
3. Solidarität: Ich will meine Zeit und meine Mittel<br />
großzügig mit andern teilen, damit Ausgrenzung,<br />
Ungerechtigkeit sowie politische und wirtschaftliche<br />
Unterdrückung ein Ende finden.<br />
4. Zivilcourage und Dialogbereitschaft: Ich will<br />
freie Meinungsäußerung und kulturelle Vielfalt verteidigen<br />
und grundsätzlich den Dialog und das Interesse<br />
am anderen gegen Fanatismus, Verleumdung<br />
und Ausgrenzung setzen.<br />
5. Nachhaltige Entwicklung: Ich will mich für maßvolles<br />
Konsumieren und eine Entwicklung einsetzen,<br />
die allem Leben im Einklang mit der Natur auf unserem<br />
Planeten gerecht wird.<br />
6. Demokratische Beteiligung: Ich will zur Entfaltung<br />
meiner Gemeinschaft, zur volle n Gleichberechtigung<br />
der Frauen und zur Anerkennung der demokratischen<br />
Werte beitragen, damit wir alle gemeinsam<br />
neue Formen der Solidarität schaffen können.<br />
Ein Händedruck bzw. zwei ineinandergreifende Hände<br />
gelten als Geste der Versöhnung, der Verständigung<br />
oder für friedliche Absicht.<br />
• Zeichne ein Symbol deiner Wahl, welches die<br />
Selbstverpflichtung zum <strong>Frieden</strong>shandeln deiner<br />
Meinung nach am besten ausdrückt!<br />
• Diese Selbstverpflichtung wurde von der UNESCO<br />
inittiert. Zwischenzeitlich haben sie über 70 Millionen<br />
Menschen weltweit unterzeichnet. Du kannst<br />
dies auch tun unter:<br />
www3.unesco.org/manifesto2000/<br />
• Wie beurteilst du diese Selbstverpflichtung? Was<br />
kann damit erreicht werden?<br />
• Bist du mit dem Text der Selbstverpflichtung einverstanden?<br />
Was würdest du ändern?<br />
<strong>Frieden</strong><br />
107
<strong>Frieden</strong> und Kunst<br />
M17<br />
Aus urheberrechtlichen Gründen kann in dieser<br />
pdf-Fassung das Gemälde von Pablo Picasso<br />
nicht wiedergegeben werden.<br />
Buben ist die Eule, das Symbol der Weisheit, zu finden.<br />
Selbst Teil der Waage, die von einer Frau gehalten<br />
wird, jongliert der Bub seinerseits die Fische im<br />
Käfig und die Vögel im Topf – surrealistisches Symbol<br />
für das prekäre Gleichgewicht des <strong>Frieden</strong>s.<br />
• Wir finden also keine <strong>Frieden</strong>sidylle, sondern die<br />
klare Aufgabe, den Krieg zu überwinden und den<br />
<strong>Frieden</strong> zu schaffen.<br />
Werner Wintersteiner: Pädagogik des Anderen. Bausteine für<br />
eine <strong>Frieden</strong>spädagogik in der Postmoderne. Münster 2000,<br />
S. 111–116, Auszüge.<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Picasso: Krieg und <strong>Frieden</strong><br />
Die Sinnbilder, die Picasso benutzt, sind uns vertraut,<br />
und wir glauben zu „verstehen“, was er meint. Wir<br />
sehen, was wir zu sehen erwarten, und das ist eine<br />
Verurteilung des Krieges, aber auch eine scharfe Kritik<br />
an den gängigen Vorstellungen vom Krieg:<br />
• Das Heroische, Faszinierende des Krieges wird zwar<br />
zitiert, aber nicht bestätigt. Die Krieger in ihren<br />
zerstörerischen Posen bleiben, bis auf den Mörder im<br />
Vordergrund, plump, schemenhaft und leblos. Horror<br />
und Dummheit des Krieges kommen durch die grobe<br />
Stilisierung besonders gut zum Ausdruck.<br />
Trotz Rädern, Wagen, Pferden wirkt dieser Bildteil<br />
statisch. Die Pferde werden gestoppt. Der Krieg hat<br />
keine Zukunft.<br />
• Der <strong>Frieden</strong> hingegen ist bunt, lebendig. Das Weibliche,<br />
das beim Krieg völlig fehlt, steht im Vordergrund.<br />
Der <strong>Frieden</strong> ist anziehend und begehrenswert.<br />
Es ist ein dynamisches Bild, voller Bewegung und<br />
Aktivität, es vermittelt eine lebendige, aber in sich<br />
geschlossene Spannung: Harmonie.<br />
Der Krieg wird nicht nur als zu überwindendes, sondern<br />
auch als überwindbares Phänomen dargestellt.<br />
Bemerkenswert ist die Rolle des Kindlichen und des<br />
Kindes. Neben den Frauen spielen die Kinder für den<br />
<strong>Frieden</strong> eine entscheidende Rolle: Auf dem Kopf des<br />
Pablo Picasso: Der Krieg. Teil des Gemäldes „Krieg und <strong>Frieden</strong>“,<br />
1952, Vallauris, Frankreich.<br />
© Succession Picasso / VG Bild und Kunst, Bonn 2007<br />
• Suche dir ein Detail des Werkes von Pablo Picasso<br />
aus, welches für dich am besten den <strong>Frieden</strong> ausdrückt!<br />
Vergleiche es mit den Mitschülerinnen und<br />
Mitschülern und begründe!<br />
• Vergleiche das Bild mit Picassos „Krieg“ (M 12,<br />
S. 41).<br />
108<br />
<strong>Frieden</strong>
Denkmal für <strong>Frieden</strong><br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Beispiel 1: Schulprojekt<br />
Ausgangs- und Kristallisationspunkt des Projekts<br />
„denkMal“ war das monumentale Soldatendenkmal<br />
in der Aula der Schule, das für die im 1. Weltkrieg<br />
gefallenen Lehrer und Schüler errichtet wurde.<br />
Das Kriegerdenkmal wurde auf seine kriegspropagandistischen<br />
Inhalte untersucht, der Vergleich zu aktuellen<br />
Darstellungen und Vermittlungen von Krieg und<br />
<strong>Frieden</strong> in Politik, Kunst, Medien gesucht.<br />
In einer einjährigen Dialogveranstaltung mit den<br />
Bildhauern Stefan Buxbaum und Roman Spiess wurde<br />
im Kunstunterricht der 6 B unter der Leitung von<br />
Roland Herbst ein künstlerischer Kommentar zum bestehenden<br />
Denkmal erarbeitet.<br />
Die Schülerinnen und Schüler fertigten Gipsgussreliefe<br />
in einer Umformtechnik, die das Thema Krieg<br />
und <strong>Frieden</strong> in Auseinandersetzung mit ihrer Innenund<br />
Außenwahrnehmung plastisch verarbeiteten.<br />
Die Gipsobjekte sind auf einer Seilkonstruktion vor<br />
das bestehende Soldatendenkmal geblendet und verdecken<br />
dieses teilweise. So sind die beiden Weltbilder,<br />
das idealisierend-verherrlichende und das kritisch-realistische,<br />
neben- bzw. übereinander gesetzt.<br />
www.unesco-schulen.at<br />
Beispiel 2: Anti-Gewalt-Skulptur<br />
Der schwedische Künstler Karl Frederik Reuterswärd<br />
hat die verknotete Pistole als <strong>Frieden</strong>sdenkmal für<br />
das UNO-Gebäude in New York konzipiert. Heute gibt<br />
es weltweit elf verkleinerte Ausgaben, u.a. vor dem<br />
<strong>Frieden</strong>smuseum im französischen Caen und seit 2005<br />
beim Haus der Kulturen der Welt in Berlin.<br />
Beispiel 3: Neues Mahnmahl EINgeweiht<br />
Rund 200 Jahre nach der „Dreikaiserschlacht“ in der<br />
tschechischen Kleinstadt Slavkov (Austerlitz) wurde<br />
in der Nähe des Kampfortes ein Mahnmal eingeweiht.<br />
Bei Austerlitz hatte der Franzose Napoleon am 2. Dezember<br />
1805 die Russen unter Zar Alexander I. und<br />
die Österreicher unter Franz II. geschlagen. Die Gedenkstätte<br />
besteht aus drei 3,60 Meter hohen Holzsäulen,<br />
die die damaligen Feldherren symbolisieren.<br />
Am Ort des Mahnmals hätten sich unmittelbar vor<br />
dem Kampf kurz hintereinander alle drei Feldherren<br />
aufgehalten, sagte ein Behördensprecher. Direkt auf<br />
dem damaligen Schlachtfeld steht bereits ein 26 Meter<br />
hohes „<strong>Frieden</strong>sdenkmal“, in dessen Gruft die<br />
Gebeine von Soldaten ruhen. In der bis dahin größten<br />
Schlacht der Geschichte starben 15.000 Menschen.<br />
www.radio.cz/de/nachrichten/70790<br />
M18<br />
<strong>Frieden</strong>s-Denkmal in meiner Stadt<br />
• Wie denkst du über die drei beschriebenen Denkmäler?<br />
Welches sind deiner Meinung nach „Denkmäler<br />
für den <strong>Frieden</strong>“ und was zeichnet sie aus?<br />
• Recherchiere in deiner Heimatstadt nach <strong>Frieden</strong>sbzw.<br />
Kriegsdenkmälern. Wie fällt deine Bilanz aus?<br />
Wo liegt deines Erachtens der Unterschied?<br />
<strong>Frieden</strong><br />
109
Imagine – Ein <strong>Frieden</strong>slied<br />
M19<br />
Das Lied „Imagine“ von John Lennon gilt als das<br />
bekannteste <strong>Frieden</strong>slied der Welt.<br />
Imagine<br />
Imagine there‘s no heaven,<br />
it‘s easy if you try,<br />
No hell below us,<br />
above us only sky,<br />
Imagine all the people,<br />
living for today.<br />
Die Menschen auf dem Foto kommen aus Japan.<br />
Auf ihrem Plakat erinnern sie daran, dass durch den<br />
Atombombenabwurf auf die Städte Hiroshima und<br />
Nagasaki am Ende des Zweiten Weltkrieges sehr viele<br />
Menschen ums Leben kamen. Sie protestieren gleichzeitig<br />
gegen aktuelle Pläne der japanischen Regierung,<br />
den Rüstungsetat in Japan zu erhöhen.<br />
Imagine there‘s no countries,<br />
it isn‘t hard to do,<br />
Nothing to kill or die for,<br />
and no religion too,<br />
Imagine all the people,<br />
living life in peace.<br />
Imagine no possessions,<br />
I wonder if you can,<br />
No need for greed or hunger,<br />
a brotherhood of man,<br />
Imagine all the people,<br />
sharing all the world.<br />
You may say I‘m a dreamer,<br />
but I‘m not the only one,<br />
I hope someday you‘ll join us,<br />
and the world will live as one.<br />
Schreibe einen eigenen Text, der sich an die Visionen<br />
des Liedes von John Lennon anlehnt. Welches sind<br />
deine Vorstellungen, die Wirklichkeit werden müssen<br />
um <strong>Frieden</strong> zu erreichen?<br />
Stell dir vor<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Wie würde dein <strong>Frieden</strong>splakat aussehen? Zeichne<br />
zwei Entwürfe!<br />
Stell dir vor<br />
110<br />
<strong>Frieden</strong>
<strong>Frieden</strong> durch Sport<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Die Methode „Straßenfußball für Toleranz“ wurde<br />
in Kolumbien entwickelt. In der Stadt Medellín gibt<br />
es viele Jugendgangs, die sich bekriegen. Durch<br />
Fußball gelingt es, die Jugendlichen für ein faires<br />
Verhalten untereinander zu begeistern, zunächst<br />
auf dem Fußballplatz und später vielleicht im Alltag.<br />
„Straßenfußball für Toleranz“ inszeniert Fußball<br />
nach spezifischen Regeln, die zwischenzeitlich<br />
auch in Deutschland erprobt wurden.<br />
Von besonderer Bedeutung sind vier Vorgaben:<br />
Erstens wird nur in geschlechtlich gemischten Teams<br />
gespielt, meistens besteht ein Team aus zwei Mädchen<br />
und zwei Jungen. Hinzu kommt, dass Tore, die<br />
von Jungen geschossen werden, erst dann gewertet<br />
werden, wenn auch ein Treffer von einem Mädchen<br />
erzielt worden ist. Zweitens vereinbaren die gegeneinander<br />
spielenden Teams vor dem Beginn des<br />
Spieles gemeinsam drei Fair-Play-Regeln (z. B. „Wir<br />
verzichten auf Schimpfwörter“ oder „Wir helfen uns<br />
gegenseitig wieder auf die Beine“). Drittens wird auf<br />
einen Schiedsrichter verzichtet. Dafür gibt es Teamer,<br />
welche in der Regel nicht in das Spiel eingreifen,<br />
sondern vor allem die Einhaltung der Fair-Play-Regeln<br />
beobachten und den Teams helfen, das eigene<br />
Fair-Play-Verhalten und das des Gegners nach Ende<br />
des Spiels zu bewerten. Denn viertens zählen neben<br />
den geschossenen Toren auch Fair-Play-Punkte, deren<br />
Aufteilung die Teams nach dem Spiel diskutieren und<br />
vereinbaren.<br />
• Beschäftigt euch mit den Regeln für Straßenfußball<br />
für Toleranz. Worin liegen euerer Meinung<br />
nach die Chancen, wo kann es Probleme geben?<br />
• Organisiert ein kleines Fußballturnier mit Teams,<br />
die nach diesen Regeln spielen wollen. Besprecht<br />
die Erfahrungen!<br />
• Versucht gemeinsam mit den Sportlehrer ein größeres<br />
Turnier an euerer Schule vorzubereiten. Falls<br />
es an euerer Schule Streitschlichter gibt können sie<br />
euch vielleicht als Teamer helfen.<br />
Infos findet ihr bei: www.streetfootballworld.org<br />
Die Spielregeln von „Strassenfussball<br />
für Toleranz“ in Kürze<br />
• Kleinfeld-Fußball: Gespielt wird auf einem Kleinfeld<br />
(ca. 10 x 15 m) mit kleinen Toren. Spieldauer:<br />
Sieben Minuten.<br />
• Teams: Die Teams bestehen aus bis zu sechs Spielerinnen<br />
und / oder Spielern (zwei Auswechselspielerinnen<br />
/ Auswechselspieler). Jedes Team ist mit<br />
vier Spielerinnen und / oder Spielern auf dem Platz<br />
vertreten. Die Teams sind gemischt. Es wird ohne<br />
Torwart gespielt. Auswechslungen sind laufend<br />
möglich.<br />
• Rolle der Mädchen: Es müssen zwei Mädchen auf<br />
dem Spielfeld sein. Ein Mädchen im Team muss im<br />
Laufe des Spiels ein Tor schießen. Damit zählen<br />
alle anderen geschossenen Tore. Diese Regel ist<br />
zentral im Kontext des sozialen Miteinanders im<br />
Team.<br />
• Teamer: Schiedsrichter gibt es nicht. Sie werden<br />
durch sogenannte Teamer ersetzt. Teamer spielen<br />
ebenso eine zentrale Rolle im Gesamtkonzept. Sie<br />
können in der Dialogzone vermitteln und Diskussionen<br />
begleiten. Während des Spiels beobachten<br />
sie von Außen und greifen nicht aktiv in das Spielgeschehen<br />
ein.<br />
• Dialogzone: Vor dem Spiel kommen die Teams zusammen<br />
und definieren für sich drei „Agreements“<br />
des Fair-Play, drei zusätzliche Regeln, die sie während<br />
des Spiels einhalten wollen. Nach dem Spiel<br />
kommen die Teams wieder zusammen und diskutieren<br />
kurz, inwiefern sie diese Agreements eingehalten<br />
haben. Der Teamer kann hier unterstützen<br />
und auf beobachtete Spielsituationen aufmerksam<br />
machen.<br />
• Punkteverteilung: Der Gewinner nach Toren erhält<br />
drei Punkte, der Verlierer nach Toren einen Punkt,<br />
bei einem Unentschieden erhalten beide Teams<br />
jeweils zwei Punkte. Beide Teams können noch bis<br />
zu drei Fair-Play-Punkte bekommen.<br />
Besonders bewährt hat sich folgendes Vorgehen:<br />
– Drei Fair-Play-Punkte bekommt ein Team wenn<br />
alle drei Agreements eingehalten wurden und besonders<br />
fair gespielt wurde (keine Rangeleien,<br />
Ausdrücke etc.).<br />
– Zwei Fair-Play-Punkte werden vergeben wenn<br />
alle Agreements eingehalten wurden, das Spiel<br />
jedoch nicht vollkommen fair war (grobe Fouls,<br />
Beleidigung des Gegners oder der Mitspielenden).<br />
– Einen Fair-Play-Punkte gibt es, wenn nur ein<br />
Teil der Agreements eingehalten wurde.<br />
M20<br />
<strong>Frieden</strong><br />
111
<strong>Frieden</strong>svisionen<br />
M21<br />
Vision 1849<br />
„Der Tag wird kommen, an dem euch die Waffen aus<br />
den Händen fallen werden; der Tag wird kommen, an<br />
dem der Krieg zwischen Paris und London, zwischen<br />
Petersburg und Berlin ebenso lächerlich erscheinen<br />
und ebenso unmöglich sein wird, wie zwischen Rouen<br />
und Amiens, zwischen Boston und Philadelphia.<br />
Ein Tag wird kommen, an dem du, Frankreich, du<br />
Russland, Italien, England, Deutschland, ihr alle,<br />
die Nationen des Kontinents, ohne eure unterschiedlichen<br />
Eigenschaften und eure ruhmreiche<br />
Individualität zu verlieren, euch zu einer höheren<br />
Einheit vereinigen und die europäische Brüderlichkeit<br />
errichten werdet (…).<br />
Der Tag wird kommen, an dem die Kugeln und Bomben<br />
durch die Abstimmung, durch das allgemeine Wahlrecht<br />
der Völker, durch das wirkliche Schiedsgericht<br />
eines großen souveränen Senats ersetzt werden, der<br />
in Europa das sein wird, was in England das Parlament,<br />
in Deutschland der Reichstag, in Frankreich die<br />
gesetzgebende Körperschaft ist.<br />
Ein Tag wird kommen, an dem man in den Museen eine<br />
Kanone zeigen wird, wie man heute dort ein Folterinstrument<br />
zeigt, wobei man sich wundern wird, wie<br />
so etwas möglich sein konnte.“<br />
Victor Hugo, französischer Schriftsteller, auf dem ersten lntemationalen<br />
<strong>Frieden</strong>skongreß in Paris 1849. Zit. nach: M. Beimel:<br />
Europa. Zusammenleben ohne Grenzen. Frankfurt/M. 1991,<br />
S. 84.<br />
Das Gute im Menschen<br />
Kriege können verhindert werden, und ich glaube,<br />
es ist einfacher als wir denken. Denn viele von uns<br />
haben noch Träume, die mit unserer Sehnsucht nach<br />
menschlicher Verbundenheit zu tun haben. Diese<br />
Träume, die tief aus unserem Inneren kommen, können<br />
uns eine Hilfe sein, denn sie tragen dazu bei,<br />
die Wahrheit zu erkennen und stärken den Mut, unser<br />
Mitgefüghl zum Maßstab unseres Handelns zu machen.<br />
Denn darum geht es: an dem Glauben an das<br />
Gute im Menschen festzuhalten.<br />
Arno Gruen: Ich will eine Welt ohne Kriege. Stuttgart 2006,<br />
S. 104.<br />
• Der Schriftsteller Victor Hugo entwickelte eine Vision<br />
des Jahres 1849. Formuliert in Anlehnung an<br />
Victor Hugo eure Vision für ein zukünftiges, friedensfähiges<br />
Europa! Entwicklet auch ein Szenario,<br />
wie eine negative Entwicklung aussehen könnte!<br />
Welche Rolle spielen bei beiden Szenarien die Länder<br />
in anderen Kontinenten dieser Erde?<br />
• Wie sieht die Vision für einen anderen Kontinent<br />
oder für die ganze Welt aus?<br />
• Welche Bedeutung misst du dem „Guten im Menschen“<br />
für die Entwicklung einer friedlicheren Zukunft<br />
bei?<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
112<br />
<strong>Frieden</strong>
Brief für den <strong>Frieden</strong><br />
An ihrem 15. Geburtstag kam Bat-Chen bei einem<br />
Selbstmordattentat ums Leben. Nach ihrem Tod wurde<br />
ein Tagebuch des Mädchens entdeckt.<br />
Darin findet sich ein Gedicht, das Bat-Chen ein Jahr<br />
vor ihrem Tod geschrieben hat:<br />
M22<br />
© 2007 – Institut für <strong>Frieden</strong>spädagogik Tübingen e. V. / Weltfriedensdienst e. V.<br />
Traum vom <strong>Frieden</strong><br />
Jeder Mensch hat einen Traum,<br />
der eine will Millionär sein,<br />
der andere will schreiben.<br />
Ich träume auch:<br />
vom <strong>Frieden</strong>.<br />
Eigentlich will jeder wissen,<br />
wann wird endlich <strong>Frieden</strong> sein,<br />
und wir wollen sicher sein,<br />
dass das kein Traum bleibt.<br />
Manchmal fühlen, verzweifeln wir und fühlen,<br />
dass der Tag, an dem alle glücklich und vereint sind,<br />
an dem die Linken und die Rechten,<br />
die Araber und die Juden<br />
Brüder und Freunde werden<br />
und es weder Krieg noch Hass gibt –<br />
dass dieser Tag ein Märchen ist<br />
und niemals kommen wird.<br />
Wir sind so gut im Reden,<br />
Wir wissen, wie man Schuld zuweist<br />
und wie alles sein sollte.<br />
Vielleicht bin ich nur ein naives Kind,<br />
das alles nicht richtig versteht.<br />
Aber ist es denn übertrieben,<br />
<strong>Frieden</strong> und Sicherheit zu wollen?<br />
Ist es übertrieben, davon zu träumen,<br />
sicher zu gehen<br />
durch die Straßen des alten Jerusalem?<br />
Ist es übertrieben, zu wünschen,<br />
keine Mütter von jungen Soldaten zu sehen<br />
weinend an ihrem Grab?<br />
Viele Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt<br />
träumen vom <strong>Frieden</strong> – wie das Mädchen Bat-Chen<br />
aus Israel.<br />
Schreib einen Brief an Bat-Chen bzw. an die Kinder<br />
dieser Erde, indem du auf die Fragen in dem Gedicht<br />
eingehst.<br />
Was würdest du Bat-Chen antworten, wenn sie noch<br />
am Leben wäre und dir gegenüber sitzen würde?<br />
Liebe Bat-Chen,<br />
Wir alle wollen <strong>Frieden</strong>,<br />
doch die große Frage bleibt bestehen:<br />
Wie können wir den <strong>Frieden</strong> schaffen,<br />
und wie viele Menschen sind bereit,<br />
Opfer zu bringen für den <strong>Frieden</strong>?<br />
Bat-Chen Shachak: Ich träume vom <strong>Frieden</strong>. Berlin 2006,<br />
S. 153.<br />
<strong>Frieden</strong><br />
113