Zeitmarkengeber - Didaktik der Physik! - Universität Bayreuth
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Universität <strong>Bayreuth</strong><br />
<strong>Didaktik</strong> <strong>der</strong> <strong>Physik</strong><br />
Handreichung<br />
zum<br />
„<strong>Zeitmarkengeber</strong>“<br />
am 19.01.2007<br />
Christoph Schmidt<br />
1
1 Einsatz und Zweck des <strong>Zeitmarkengeber</strong>s<br />
Der <strong>Zeitmarkengeber</strong> dient zum analogen, mechanischen Aufzeichnen von beschleunigten geradlinigen<br />
Bewegungsabläufen o<strong>der</strong> solchen mit konstanter Geschwindigkeit, z.B. auf einer Rollenfahrbahn<br />
o<strong>der</strong> Luftkissenfahrbahn. Aus den Abständen <strong>der</strong> Messpunkte können relativ zügig<br />
die Geschwindigkeit und die Beschleunigung einzelner Zeitpunkte <strong>der</strong> Bewegung berechnet<br />
werden. Die Registrierung geschieht sehr schnell und ist leicht auswertbar und daher auch gut<br />
im Mittelstufenunterricht zu verwenden.<br />
2 Notwendige Geräte<br />
● <strong>Zeitmarkengeber</strong> (PHYWE 11607.00)<br />
● Schreibstreifen, Breite 10 mm, 50 m auf Rolle (PHYWE 11607.01)<br />
●<br />
●<br />
●<br />
zur Stromversorgung: Lampentrafo, Stelltrafo o.ä. (im Beispiel: Stelltrafo mit Gleichrichter,<br />
25 V ~ / 20 V - ; 12 A, PHYWE 11709.93)<br />
evtl. Multimeter zur Überprüfung des Spannungswertes bei älteren Trafos<br />
je nach Versuchsanordnung Fahrbahn mit Experimentierwagen und Gewichten o<strong>der</strong><br />
beim freien Fall entsprechende Stativstangen, Muffen etc.<br />
3 Funktionsweise<br />
Der <strong>Zeitmarkengeber</strong> besteht aus einem Kunststoffsockel, auf welchem sich eine fest montierte<br />
Spule befindet. Diese wird mit einer Betriebsspannung von max. 6 V ~ / 0,8 A versorgt; die Frequenz<br />
beträgt 50 Hz, ist also genauso groß wie die des technischen Wechselstromes, hängt<br />
dementsprechend aber auch von dessen Stabilität ab. Mit an<strong>der</strong>en Frequenzen funktioniert <strong>der</strong><br />
<strong>Zeitmarkengeber</strong> nicht. Die Stromversorgung geschieht durch zwei 4 mm-Buchsen am Gehäuse.<br />
Durch die Spule ragt eine Blattfe<strong>der</strong>; unter dem freien Ende <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> ist zusätzlich ein Permanentmagnet<br />
angebracht. Fließt nun durch die Spule ein Wechselstrom, so findet eine periodische<br />
Ummagnetisierung <strong>der</strong> Blattfe<strong>der</strong> statt, so dass diese abwechselnd vom Magneten angezogen<br />
und abgestoßen wird. Die Fe<strong>der</strong> schwingt mit <strong>der</strong> durch den Strom vorgegebenen Frequenz. An<br />
dem Objekt, dessen Bewegung aufgezeichnet werden soll, wird ein dünner Streifen Spezialpapier<br />
(einseitig mit einer abgedeckten Kohleschicht versehen) befestigt. Dieser läuft gleichzeitig<br />
unter dem schwingenden Ende <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> vorbei (von zwei Bügeln an Gehäuse geführt) und bei<br />
genügend großer Schwingungsamplitude <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> (bemerkbar am lauten Knattern, wenn die<br />
Fe<strong>der</strong> das Gehäuse trifft) schwärzt die Stahlspitze den Schreibstreifen an einem Punkt. Damit jedoch<br />
eine genügend große Schwingungsamplitude erreicht wird, müssen die Frequenz des<br />
Wechselstromes und die Resonanzfrequenz <strong>der</strong> Blattfe<strong>der</strong> übereinstimmen. Die punktförmigen<br />
Zeitmarken (Messpunkte) werden also in gleichen Zeitabständen von Δt = 1/f = 0,02 s auf dem<br />
Papier erzeugt. Durch die Verwendung <strong>der</strong> Netzfrequenz als Zeitnormal erfolgt die Aufzeichnung<br />
mit relativ hoher zeitlicher Genauigkeit (s.o.).<br />
2
Abb. 1 <strong>Zeitmarkengeber</strong><br />
4 Worauf bei <strong>der</strong> Versuchsdurchführung zu achten ist<br />
Zunächst ist Sorge zu tragen, dass <strong>der</strong> Schreibstreifen auch ohne Behin<strong>der</strong>ung und gerade, glatt<br />
und reibungsarm durch die Bügel am <strong>Zeitmarkengeber</strong> läuft. Führt man Fahrbahnversuche<br />
durch, so stellt man das Gerät an das Ende <strong>der</strong> Bahn, an dem die Bewegung des Experimentierwagens<br />
startet (vgl. Abb. 2). Beim freien Fall ist es möglich, den <strong>Zeitmarkengeber</strong> an einem Stativ<br />
zu befestigen.<br />
Abb. 2 Rollenfahrbahnversuch mit <strong>Zeitmarkengeber</strong> zur Aufzeichnung <strong>der</strong> Bewegung<br />
Die Spannung muss, wie oben bereits angedeutet, genügend groß sein, so dass ein lautes<br />
Knattern zu vernehmen ist und die Stahlspitze des freien Endes <strong>der</strong> Blattfe<strong>der</strong> ausreichend hart<br />
auf das Gehäuse bzw. auf den Schreibstreifen schlägt. Hierzu werden in etwa 4 – 6 V benötigt.<br />
3
Bei Pausen und beim Versuchsumbau schaltet man die Spannungsquelle aus.<br />
Der Schreibstreifen muss vor Versuchsbeginn in zweckmäßige Länge gebracht werden und am<br />
Messobjekt befestigt werden (z.B. mit Klebeband o.ä.), welches an den Anfang <strong>der</strong> Fahrbahn<br />
gebracht wird. Außerdem fädelt man nun den Streifen in die Bügel des <strong>Zeitmarkengeber</strong>s, und<br />
zwar mit <strong>der</strong> weißen Seite nach oben. Vor Versuchsbeginn ist nochmals zu kontrollieren, ob das<br />
Schreibpapier keine Knicke aufweist, die dem reibungslosen Durchlauf und <strong>der</strong> störungsfreien<br />
Aufzeichnung im Wege stehen könnten.<br />
Um schließlich mit <strong>der</strong> Messung zu beginnen, schalte man die Betriebsspannung ein und warte<br />
einige Sekunden, bis sich die Blattfe<strong>der</strong> eingeschwungen hat. Das Messobjekt (bei <strong>der</strong> Fahrbahn<br />
<strong>der</strong> Experimentierwagen) wird nun losgelassen, und zwar möglichst schnell und ohne es zusätzlich<br />
anzuschubsen, d.h. ihm einen zusätzlichen Impuls zu erteilen. Das Objekt setzt sich nun<br />
durch die auf ihn wirkenden Kräfte in Bewegung und zieht den Schreibstreifen hinter sich her<br />
durch die Bügelführung des <strong>Zeitmarkengeber</strong>s. Nach Beendigung <strong>der</strong> Bewegung des Messobjektes,<br />
z.B. durch einen Anschlag o<strong>der</strong> per Hand, wird die Betriebsspannung ausgeschaltet und<br />
<strong>der</strong> Schreibstreifen aus <strong>der</strong> Bügelführung des Geräts entfernt, wobei darauf zu achten ist, dass<br />
nicht durch unvorsichtige Handhabung des Papiers weitere Schwärzungen entstehen.<br />
5 Auswertung<br />
Da die Messpunkte (Zeitmarken) jeweils nach konstanten Zeitintervallen τ = 0,02 s gesetzt werden,<br />
ist offensichtlich <strong>der</strong> Abstand zweier benachbarter Punkte ein Maß für die Geschwindigkeit<br />
des sich bewegenden Objektes in eben diesem Zeitabschnitt. Allein aus <strong>der</strong> Betrachtung des<br />
Schreibpapiers kann also geschlossen, werden, ob es sich um eine Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit<br />
o<strong>der</strong> um eine beschleunigte Bewegung handelt, d.h. ob die Beschleunigung gleich<br />
Null o<strong>der</strong> größer bzw. kleiner Null ist.<br />
Will man die Messung quantitativ auswerten, so nummeriert man zunächst die Messpunkte auf<br />
dem Schreibstreifen ihrer zeitlichen Reihenfolge entsprechend durch (vgl. Abb. 3); n = 0 markiert<br />
den Zählbeginn (Punkt P 0 ). Mittels dieser Nummerierung kann auf den Zeitpunkt <strong>der</strong><br />
Markierung geschlossen werden, nämlich<br />
t n = n·τ<br />
Abb. 3 Nummerierung <strong>der</strong> Zeitmarken<br />
4
5.1 Der Weg als Funktion <strong>der</strong> Zeit<br />
Der vom Messobjekt vom Zeitpunkt 0 bis zum Zeitpunkt n (eigentlich t n , <strong>der</strong> Vereinfachung halber<br />
soll hier nur n Verwendung finden) zurückgelegte Weg ist durch die Strecke P 0 P n gegeben.<br />
Die Messwerte können in ein Weg-Zeit-Diagramm eingetragen werden und es ergeben sich die<br />
bekannten Graphen von nicht beschleunigter o<strong>der</strong> beschleunigter Bewegung.<br />
5.2 Bestimmung <strong>der</strong> Geschwindigkeit<br />
Der Abstand zwischen zwei benachbarten Messpunkten P n-1 und P n soll hier mit s n bezeichnet<br />
werden und stellt ein Maß für die mittlere Geschwindigkeit v n zwischen diesen Punkten dar. In<br />
Formeln ausgedrückt:<br />
s n = Δx = x n – x n-1<br />
v n =Δx/Δt = (x n – x n-1 )/τ = s n /τ<br />
Man erhält also pro Zeitintervall einen konstanten Wert für die Geschwindigkeit. Verkleinert<br />
man diese Intervalle, so werden die Stufen dieser Treppenfunktion immer schmaler; bildet man<br />
schließlich den Limes und lässt Δt gegen 0 gehen, so geht die Treppenfunktion in eine stetige<br />
Funktion über, die die Momentangeschwindigkeit für einen beliebigen Zeitpunkt angibt.<br />
Zur Veranschaulichung <strong>der</strong> Messwerte kann, je nach Experiment, zusätzlich ein Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm<br />
angefertigt werden.<br />
Bei <strong>der</strong> genaueren Untersuchung <strong>der</strong> erfassten, aus <strong>der</strong> Ruhe gestarteten Bewegung sollte zudem<br />
beachtet werden, dass <strong>der</strong> Messpunkt bei n = 0 im Allgemeinen nicht zu berücksichtigen ist, da<br />
aufgrund <strong>der</strong> nicht bekannten Phase <strong>der</strong> schwingenden Blattfe<strong>der</strong> das Zeitintervall zwischen<br />
n = 0 und n = 1 nicht <strong>der</strong> Zeit τ entspricht. Außerdem können noch an<strong>der</strong>e Störungen die Validität<br />
des o<strong>der</strong> <strong>der</strong> ersten Messpunkte beeinträchtigen, so dass angeraten ist zur Auswertung, z.B.<br />
<strong>der</strong> Beschleunigung lediglich Zeitmarken n > 1 heranzuziehen. Sollte <strong>der</strong> Bewegungsanfang<br />
dennoch von Interesse sein, so kann er gegebenenfalls durch Extrapolation rekonstruiert werden.<br />
5.3 Bestimmung <strong>der</strong> Beschleunigung<br />
Äquivalent zur Bestimmung <strong>der</strong> Geschwindigkeit wird bei <strong>der</strong> Ermittlung <strong>der</strong> Beschleunigung<br />
vorgegangen.<br />
Auf dem Schreibstreifen dient die Differenz zweier aufeinan<strong>der</strong> folgen<strong>der</strong> Strecken s n und s n+1<br />
als Maß für die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> mittleren Geschwindigkeit in zwei aufeinan<strong>der</strong> folgenden Zeitintervallen.<br />
Die Geschwindigkeitsän<strong>der</strong>ung pro Zeiteinheit ist wie<strong>der</strong>um die mittlere Beschleunigung<br />
in eben diesem Zeitintervall. Berechnen lässt sich die mittlere Beschleunigung a n folgen<strong>der</strong>maßen:<br />
a n = Δv/Δt = (v n+1 – v n )/(2τ) = (s n+1 – s n )/(2τ 2 )<br />
5
Zur konkreten Auswertung im Unterricht ist es vielfach sinnvoll, bereits bekannte und konstante<br />
Werte in die Formel einzusetzen. In unserem Fall ist dies das Zeitintervall τ = 0,02 s; zudem<br />
werden die Strecken s n und s n+1 zweckmäßiger weise in mm ausgemessen, so dass man folgende<br />
dimensionslose Zahlenwertgleichung erhält, in die nur noch die Werte <strong>der</strong> Wegintervalle eingesetzt<br />
werden müssen.<br />
a = 1,25·(s n+1 – s n ) = 1,25·(x n+1 – 2x n + x n-1 )<br />
Analog zur Bestimmung <strong>der</strong> Momentangeschwindigkeit kann man auch hier durch Grenzwertbildung<br />
(Δt → 0) des Differenzenquotienten die momentane Beschleunigung gewinnen.<br />
Graphisch kann die Qualität <strong>der</strong> Beschleunigung sowohl aus einem x-t-Diagramm als auch aus<br />
einem v-t-Diagramm abgeleitet werden. Im Spezialfall einer zeitlich konstanten Beschleunigung<br />
ergibt sich im v-t-Diagramm eine Ursprungshalbgerade, aus <strong>der</strong>en Steigung die Größe <strong>der</strong> Beschleunigung<br />
errechnet werden kann.<br />
6 Messbeispiel<br />
Anhand eines kleinen Beispiels sollen die obigen theoretischen Formeln um eine praktische Anwendung<br />
des Fahrbahnversuches ergänzt werden. Der Versuchsaufbau ist in Abb. 2 dargestellt.<br />
Unter Berücksichtigung von Punkt 4 ergab sich die in Abb. 4 zu besichtigende Abfolge von<br />
Zeitmarken.<br />
Abb. 4Abfolge <strong>der</strong> Zeitmarken im Versuch<br />
Zur Ermittlung <strong>der</strong> Beschleunigung wurden die Strecken s 8 = 2,9 mm und s 9 = 3,5 mm herangezogen.<br />
Somit ergibt sich ein Wert von a = 0,75 m/s 2 .<br />
Um die auftretenden Ungenauigkeiten am Anfang <strong>der</strong> Bewegung auszugleichen wurden Werte<br />
von n > 3 gewählt. Ein x-t-Diagramm ist in Abb. 5 dargestellt.<br />
6
Abb. 5 x-t-Diagramm <strong>der</strong> im Versuch aufgezeichneten Bewegung<br />
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7 Alternativgerät: Der Funkenschreiber<br />
An dem Experimentierwagen sind seitlich zwei Nadeln angebracht, die die Schienenführung,<br />
auf welchem ein spezielles Metallpapier angebracht ist, fast berühren (siehe Abb. 6). An Fahrbahn<br />
(x-Achse) und dem davon isolierten Unterbau ist eine Hochspannungs-Impuls-Quelle angeschlossen.<br />
Dieses kann kurze Hochspannungsimpulse von ca. 8 kV mit einer Frequenz von 5<br />
bis 50 Hz erzeugen. Bei jedem dieser Impulse fließt nun ein Kurzschlussstrom von <strong>der</strong> Fahrbahn<br />
über die Nadeln zum Unterbau. Da zwischen Metallpapier und Nadel noch Luft ist, kommt es<br />
zum Funkenschlag, <strong>der</strong> das Metallpapier an <strong>der</strong> momentanen Position des Experimentierwagens<br />
punktförmig schwarz färbt.<br />
Abb. 6 Anordnung zur Messung von Bewegungsabläufen mit dem Funkenschreiber<br />
(Quelle: http://leifi.physik.uni-muenchen.de/web_ph11/versuche/01funkenschr/funkenschr.htm)<br />
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