Pdf-Document - DIW Berlin
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Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung<br />
gegründet 1925 als Institut für Konjunkturforschung<br />
von Prof. Dr. Ernst Wagemann<br />
Mohrenstraße 58<br />
10117 <strong>Berlin</strong><br />
Deutschland<br />
Vorstand:<br />
Präsident Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann<br />
Vizepräsident Prof. Dr. Georg Meran<br />
Geschäftsführer Dr. Alexander Fisher<br />
Kollegium der Abteilungsleiter:<br />
Prof. Dr. Tilman Brück<br />
Prof. Dr. Claudia Kemfert<br />
Prof. Dr. Viktor Steiner<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Alfred Steinherr<br />
Prof. Dr. Gert G. Wagner<br />
Prof. Dr. Christian Wey
Vierteljahrshefte<br />
zur Wirtschaftsforschung<br />
76. Jahrgang, Heft 3/2007<br />
Firmendaten: Nützlich<br />
für die wissenschaftliche<br />
Politikberatung?<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Innentitel.indd 1 22.10.2007 11:23:29
Herausgeber:<br />
Prof. Dr. Friedrich Breyer<br />
Prof. Dr. Georg Meran<br />
Prof. Dr. Hans-Georg Petersen<br />
Prof. Dr. Viktor Steiner<br />
Prof. Dr. Gert G. Wagner<br />
Prof. Dr. Wolfgang Wiegard<br />
Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann<br />
Mohrenstraße 58<br />
10117 <strong>Berlin</strong><br />
Deutschland<br />
Tel. +49 (30) 8 97 89-0<br />
Fax +49 (30) 8 97 89-200<br />
Redaktion:<br />
Dr. Pio Baake<br />
Juniorprof. Dr. Ulrich Fritsche<br />
Ellen Müller-Gödtel<br />
Dr. Barbara Praetorius<br />
Dr. Mechthild Schrooten<br />
Prof. Dr. Reimund Schwarze<br />
Prof. Dr. C. Katharina Spieß<br />
Verantwortlich für das vorliegende Heft:<br />
Prof. Dr. Andreas Stephan<br />
Verlag Duncker & Humblot GmbH<br />
Carl-Heinrich-Becker-Weg 9<br />
12165 <strong>Berlin</strong><br />
Alle Rechte vorbehalten<br />
© 2007 Duncker & Humblot GmbH<br />
Konzept und Gestaltung:<br />
kognito, <strong>Berlin</strong><br />
Satz:<br />
Alfred Gutzler<br />
Ellen Müller-Gödtel<br />
Druck:<br />
2007 bei <strong>Berlin</strong>er Buchdruckerei Union GmbH<br />
Urbanstr. 71<br />
10967 <strong>Berlin</strong><br />
Printed in Germany<br />
ISSN 0340-1707<br />
ISBN 978-3-428-12682-8
Inhaltsverzeichnis<br />
Der Nutzen von Firmendaten für die wirtschaftspolitische<br />
Beratung 5<br />
Von Andreas Stephan<br />
Firmendaten der amtlichen Statistik – Datenzugang und neue<br />
Entwicklungen im Forschungsdatenzentrum 8<br />
Von Anja Malchin und Ramona Pohl<br />
Die Nutzung der Innovationsdaten des Mannheimer<br />
Innovationspanels für die Politikberatung 17<br />
Von Tobias Schmidt und Birgit Aschhoff<br />
Diversifikationsmaße im Praxistest – Ergebnisse auf der<br />
Grundlage von amtlichen Mikrodaten für Deutschland 29<br />
Von Petra Zloczysti und Cathleen Faber<br />
Spezialisierung und Unternehmenserfolg im verarbeitenden<br />
Gewerbe Deutschlands 43<br />
Von Bernd Görzig, Martin Gornig und Ramona Pohl<br />
Die Heterogenität der Effizienz innerhalb von Branchen – Eine<br />
Auswertung von Unternehmensdaten der Kostenstrukturerhebung<br />
im Verarbeitenden Gewerbe 59<br />
Von Michael Fritsch und Andreas Stephan<br />
Jobmotor Mittelstand? Arbeitsplatzdynamik und Betriebsgröße<br />
in der westdeutschen Industrie 76<br />
Von Joachim Wagner<br />
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten als<br />
Instrument einer handlungsorientierten Politikberatung am<br />
Beispiel Brandenburg 88<br />
Von Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und<br />
Andreas Stephan<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 3
Der Nutzen von Firmendaten für die<br />
wirtschaftspolitische Beratung<br />
Von Andreas Stephan*<br />
Vierteljahrshefte<br />
zur Wirtschaftsforschung<br />
76 (2007), 3, S. 5–7<br />
In den vergangenen fünf bis zehn Jahren hat sich in Deutschland das Datenangebot für die<br />
empirische Forschung mit Firmendaten erheblich verbessert. Das IAB-Betriebspanel, das<br />
Mannheimer Innovationspanel, das Betriebshistorik-Panel der Bundesagentur für Arbeit<br />
und die seit einigen Jahren von den Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter bereitgestellten<br />
Firmendaten amtlicher Erhebungen sind Beispiele für Datensätze, die nun<br />
für wissenschaftliche Analysen zur Verfügung stehen. Einen guten Überblick über die<br />
neuen Möglichkeiten der Nutzung vertraulicher Firmendaten bietet der Aufsatz von Kaiser<br />
und Wagner (2007).<br />
Firmendaten bilden eine wichtige Grundlage für eine qualitativ hochwertige und international<br />
wettbewerbsfähige Forschung, die darauf abzielt, theoretische Hypothesen auf ihren<br />
empirischen Gehalt hin zu überprüfen. Zunehmend werden Firmendaten auch im Rahmen<br />
der wirtschaftspolitischen Beratung eingesetzt. Ein wichtiger Bereich hierbei ist die Innovationspolitik,<br />
wo Ergebnisse von Befragungen wie dem Mannheimer Innovationspanel<br />
schon seit Jahren konkrete Anhaltspunkte für Handlungsempfehlungen an die Wirtschaftspolitik<br />
liefern.<br />
Das vorliegende Vierteljahrsheft soll nicht nur wichtige Datengrundlagen für die Forschung<br />
mit Firmendaten vorstellen, sondern auch anhand von konkreten Studien das Potenzial<br />
von Firmendaten für die wirtschaftspolitische Beratung aufzeigen. Hervorzuheben<br />
ist hierbei das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderte Projekt<br />
Produktinnovationen und Unternehmenserfolg der Abteilung Innovation, Industrie und<br />
Dienstleistung des <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>, das Pioniercharakter aufweist, weil erstmalig für Deutschland<br />
zwei amtliche wirtschaftsstatistische Erhebungen zusammengeführt wurden: die Produktionsstatistik<br />
zum einen und die Kostenstrukturerhebung zum anderen. Hierdurch ist<br />
ein Product-Producer-Panel geschaffen worden, das erlaubt, die Änderungen der Produktpalette<br />
von Unternehmen im Längsschnitt zu analysieren.<br />
Im ersten Beitrag von Anja Malchin und Ramona Pohl wird eine Übersicht über die Möglichkeiten<br />
der Datennutzung in den Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des<br />
Bundes und der Länder gegeben. Insbesondere wird das Analysepotential der durch die<br />
Forschungsdatenzentren zur Verfügung gestellten Betriebs- und Unternehmensdaten betrachtet,<br />
da Ergebnisse aus Auswertungen dieser Datenbestände eine valide Basis für die<br />
wirtschaftspolitische Beratung darstellen.<br />
* Jömköping International Business School und <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>, E-Mail: andreas.stephan@ihh.hj.se<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 5
Andreas Stephan<br />
Im zweiten Beitrag von Tobias Schmidt und Birgit Aschhoff werden die Daten des Mannheimer<br />
Innovationspanels (MIP) vorgestellt, einer großen Befragung zum Innovationsverhalten<br />
deutscher Unternehmen. Das Mannheimer Innovationspanel stellt eine qualitativ<br />
hochwertige Basis für die Politikberatung dar. Anhand von konkreten Beispielen wird<br />
weiterhin aufgezeigt, wie die Daten des Innovationspanels konkret für die Politikberatung<br />
genutzt werden. So wird ein Projekt zur Evaluation öffentlicher Forschungs- und Entwicklungsförderung<br />
in Deutschland und Flandern beschrieben. Dieses verdeutlicht, wie methodisch<br />
gut fundierte Analysen mit Politikberatung verknüpft werden können.<br />
Der dritte Beitrag von Petra Zloczysti und Cathleen Faber stellt die in der empirischen industrieökonomischen<br />
Forschung vorherrschenden Diversifikationsmaße vor und unterzieht<br />
diese einem praktischen Test anhand des Produkt-Producer-Panels. Alle getesteten<br />
Diversifikationsmaße zeigen, dass im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland ein Trend<br />
hin zu stärkerer Spezialisierung beobachtet wird. Diese Beobachtung steht im Einklang<br />
mit dem seit einigen Jahren ebenfalls zu beobachtenden Trend des Outsourcings und der<br />
Konzentration auf die Kernkompetenz seitens der Unternehmen (vgl. hierzu Görzig, Kaminiarz<br />
und Stephan 2005).<br />
Der vierte Beitrag von Bernd Görzig, Martin Gornig und Ramona Pohl untersucht, wie<br />
Anpassungen der Produktpalette in Beziehung zum Erfolg und zum Wachstum der Unternehmen<br />
gesetzt werden können. Anhand von deskriptiven Auswertungen wird gezeigt,<br />
dass die Mehrzahl der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland eine Spezialisierungsstrategie<br />
verfolgt und diese Unternehmen hierdurch im Durchschnitt ihren<br />
operativen Gewinn steigern. Vor allem im Fahrzeugbau scheint die Spezialisierungsstrategie<br />
für die Unternehmen erfolgreich zu sein. In der chemischen Industrie schneiden dagegen<br />
bei der Entwicklung des operativen Gewinns Unternehmen mit einer Ausweitung der<br />
Produktpalette besser ab. Es zeigt sich weiterhin, dass sich Produktspezialisierung offensichtlich<br />
insbesondere für Unternehmen mittlerer Größe lohnt.<br />
Die Auswertungen von Angaben aus der Kostenstrukturerhebung der Statistischen Ämter<br />
von Michael Fritsch und Andreas Stephan im fünften Beitrag zeigen, dass Branchen in der<br />
Regel sehr heterogen zusammengesetzt sind. Aus diesem Grund erscheint die Branchenzugehörigkeit<br />
als Abgrenzungskriterium für wirtschaftspolitische Eingriffe fragwürdig.<br />
Ebenso fragwürdig ist eine Verwendung von Branchenaggregaten im Rahmen statistischer<br />
Analysen oder als Grundlage wirtschaftspolitischer Beratung, da hierbei die Heterogenität<br />
innerhalb der Aggregate verdeckt bleibt. Wirtschaftspolitische Maßnahmen sollten sich<br />
daher nicht an Kategorien wie Wirtschaftszweig oder Firmengröße orientieren, denn diese<br />
Einteilungen sind nicht trennscharf im Hinblick auf Eigenschaften von Betrieben wie<br />
Wachstum, Exporterfolg oder Effizienz (siehe auch Wagner 2006).<br />
In der öffentlichen Diskussion gilt als allgemein akzeptiert, dass in Deutschland ein Zusammenhang<br />
zwischen Firmengröße und Arbeitsplatzdynamik besteht, der sich durch den<br />
stilisierten Fakt beschreiben lässt, dass kleine und mittlere Firmen vorwiegend Arbeitsplätze<br />
schaffen, während in großen Firmen vor allem Arbeitsplätze abgebaut werden. Der<br />
Mittelstand gilt als Jobmotor. Im sechsten Beitrag von Joachim Wagner wird gezeigt, dass<br />
eine Auswertung von Längsschnittdaten für Betriebe Zweifel an dieser einfachen Sichtweise<br />
hervorruft. In mittelständischen Betrieben entstehen viele Arbeitsplätze, aber es<br />
werden auch viele abgebaut, und dasselbe gilt für Großbetriebe. Wachsende und schrump-<br />
6 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Der Nutzen von Firmendaten für die wirtschaftspolitische Beratung<br />
fende, neu gegründete und geschlossene Betriebe sind in jeweils erheblichem Umfang in<br />
jedem Jahr in allen Größenklassen anzutreffen. Wirtschaftspolitische Maßnahmen mit einer<br />
spezifischen Ausrichtung auf bestimmte Firmengrößenklassen lassen sich daher nicht<br />
mit einem besonders ausgeprägten Beitrag dieser Firmen zur Beschäftigungsdynamik<br />
rechtfertigen.<br />
Der siebte Beitrag von Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und Andreas Stephan<br />
beschreibt die Verwendung eines ökonometrischen Prognosemodells zur Vorhersage<br />
eines sektoral bzw. regional differenzierten Fachkräftebedarfs. Grundlage hierfür bilden<br />
amtliche Firmendaten aus dem „Monatsbericht für Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes<br />
Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden“. Grundsätzlich kann festgestellt<br />
werden, dass anhand der Mikrodaten verlässliche Prognosen der kurzfristigen Beschäftigungsentwicklung<br />
erstellt werden können und ökonometrische Prognosen anhand von Firmendaten<br />
daher als ein sinnvolles Tool für eine handlungsorientierte Politikberatung anzusehen<br />
sind.<br />
Im Vergleich zur Verwendung von Personendaten in der Forschung und Politikberatung<br />
steckt die Nutzung von Firmendaten in Deutschland eher noch in den Anfängen. Dennoch<br />
ist vorherzusehen, dass sich dies durch die nun verfügbaren qualitativ hochwertigen Datensätze<br />
und die neuen Zugangsmöglichkeiten in den Forschungsdatenzentren in naher<br />
Zukunft ändern wird. Vor allem sollte angestrebt werden, wirtschaftspolitische Maßnahmen,<br />
die Unternehmen betreffen, anhand von Firmendatensätzen mit entsprechenden Methoden,<br />
wie sie in der Evaluation arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen seit einigen Jahren<br />
zunehmend eingesetzt werden, quantitativ zu evaluieren. Dadurch lässt sich der potenzielle<br />
Nutzen einer wirtschaftspolitischen Maßnahme in Relation zu den Kosten bewerten. Eine<br />
andere zukunftsträchtige Richtung erscheint auch die Durchführung von Mikrosimulationen<br />
basierend auf Firmendaten. Anwendungsbeispiele hierfür sind die Auswirkungen<br />
von Änderungen der Unternehmensbesteuerung oder der Gewährung von Subventionen<br />
auf die Arbeitsnachfrage von Unternehmen.<br />
Literaturverzeichnis<br />
Görzig, Bernd, Adrianna Kaminiarz und Andreas Stephan (2005): Wie wirkt sich Outsourcing<br />
auf den Unternehmenserfolg aus? Schmollers Jahrbuch, 125, 489–508.<br />
Kaiser, Ulrich und Joachim Wagner (2007): Neue Möglichkeiten zur Nutzung vertraulicher<br />
amtlicher Personen- und Firmendaten. FDZ-Arbeitspapier Nr. 20.<br />
Download unter: www.forschungsdatenzentrum.de/publikationen/veroeffentlichungen/<br />
fdz_arbeitspapier-20.pdf (Stand vom 22.08.2007).<br />
Wagner, Joachim (2006): Politikrelevante Folgerungen aus Analysen mit Firmendaten der<br />
Amtlichen Statistik. Schmollers Jahrbuch, 126, 359–374.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 7
Firmendaten der amtlichen Statistik –<br />
Datenzugang und neue Entwicklungen im<br />
Forschungsdatenzentrum<br />
Von Anja Malchin und Ramona Pohl*<br />
8 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Vierteljahrshefte<br />
zur Wirtschaftsforschung<br />
76 (2007), 3, S. 8–16<br />
Zusammenfassung: Innerhalb der ersten Förderphase ist von den Forschungsdatenzentren der Statistischen<br />
Ämter des Bundes und der Länder eine Dateninfrastruktur geschaffen worden, die umfangreiche<br />
wissenschaftliche Analysen amtlicher Mikrodaten aus allen Bereichen zulässt. In diesem Aufsatz<br />
wird insbesondere das Analysepotential der durch die Forschungsdatenzentren zur Verfügung<br />
gestellten Betriebs- und Unternehmensdaten betrachtet, da Ergebnisse aus Auswertungen dieser<br />
Datenbestände eine valide Basis für die wirtschaftspolitische Beratung darstellen.<br />
Den Wissenschaftlern stehen nicht nur Erhebungen aus den unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen<br />
zur Verfügung, auch der Zugang zu den Mikrodaten wird angepasst an die jeweiligen projektspezifischen<br />
Bedürfnisse. Neben der Bereitstellung einzelner Querschnittserhebungen werden von den FDZ<br />
mittlerweile auch Längsschnittdaten angeboten. Mittelfristig geplant ist die Erweiterung des Dienstleistungsangebots<br />
durch die Verknüpfung von Informationen aus verschiedenen Firmendaten der<br />
amtlichen Statistik bzw. durch die Zusammenführung von Mikrodaten weiterer Datenproduzenten<br />
mit dem Unternehmensregister.<br />
Summary: During the first years of their existence both the research data centre of the Federal Statistical<br />
Office and the statistical offices of the Länder have managed to implement a data infrastructure<br />
in Germany, which allows a wide range of scientific analyses of microdata in all fields of official<br />
statistics. Since valid information about German enterprises is a reliable source for scientific policy<br />
advisory, this paper focuses on the potential of microdata of German enterprises, which are provided<br />
by the research data centres.<br />
Through the research data centres, scientists have access to information from a wide variety of economic<br />
sectors. Data access is customized for the needs of each project. The range of services offered is<br />
extended continuously; analyses of paneldata are already possible. To further enlarge the information<br />
potential of the microdata of official statistics, the linkage of different economic statistics respectively<br />
the matching of microdata of other data producers with the German business register is planned.<br />
JEL Classification: C81, D00, L6, L8<br />
Keywords: Microdata of firms, research data centre<br />
1 Einführung<br />
In den letzten Jahren wurde der Wunsch der Wissenschaft nach einem vereinfachten Zugang<br />
zu amtlichen Mikrodaten erfüllt. Mithilfe von Fördermitteln des Bundesministeriums<br />
für Bildung und Forschung (BMBF) konnte eine Dateninfrastruktur in Deutschland<br />
* Amt für Statistik <strong>Berlin</strong>-Brandenburg, Alt-Friedrichsfelde 60, 10315 <strong>Berlin</strong>, E-Mail: Anja.Malchin@statistikbbb.de,<br />
Ramona.Pohl@statistik-bbb.de
Firmendaten der amtlichen Statistik – Datenzugang und neue Entwicklungen im Forschungsdatenzentrum<br />
aufgebaut werden, die eine entscheidende Grundlage für die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft<br />
sowie für eine im internationalen Maßstab innovationsfähige sozial- und wirtschaftswissenschaftliche<br />
Forschung und Politikberatung ist.<br />
Die Ergebnisse der intensiven Nutzung dieser neuen Dateninfrastruktur zeigen sich in vielerlei<br />
Hinsicht bei Veranstaltungen oder auch in den verschiedensten wissenschaftlichen<br />
Publikationen, beispielsweise dem vorliegendem Heft, der European-Data-Watch-Serie<br />
von Schmollers Jahrbuch oder auch den Bänden des Wirtschafts- und Sozialstatistischen<br />
Archivs (AStA) sowie der eigenen Reihe der Forschungsdatenzentren der Statistischen<br />
Ämter, den FDZ-Arbeitspapieren. Das Forschungsdatenzentrum (FDZ) der Statistischen<br />
Ämter der Länder wurde seit April 2004 neben anderen Forschungsdatenzentren der öffentlichen<br />
Datenanbieter als Pilotprojekt vom BMBF gefördert (Zühlke et. al. 2004). Die<br />
erste Förderphase endete im Juni 2007. Seit Juli 2007 läuft eine zweite Förderphase mit<br />
neuen Zielen und Aufgaben bis Dezember 2009. 1<br />
In diesem Aufsatz sollen vorrangig die Firmendaten der amtlichen Statistik vorgestellt<br />
werden. Nach einem Überblick über die derzeit verfügbaren Betriebs- und Unternehmensdaten<br />
im FDZ werden kurz die Zugangsmöglichkeiten erläutert. Abschließend folgen<br />
Ausführungen zu neuen Entwicklungen im FDZ.<br />
2 Betriebs- und Unternehmensdaten<br />
Ziel der Forschungsdatenzentren ist es, der Wissenschaft die Nutzung von amtlichen Mikrodaten<br />
zu ermöglichen. Zu diesem Zweck wurden in der ersten Förderphase des FDZ<br />
ausgewählte Statistiken sukzessive zusammengetragen, aufbereitet und detailliert durch<br />
Metadaten dokumentiert. 2 Dadurch wurde ein auf die Anforderungen der Wissenschaft abgestimmtes<br />
Datenangebot aufgebaut, das über verschiedene Zugangswege ausgewertet<br />
werden kann.<br />
Im Bereich der Betriebs- und Unternehmensdaten können im FDZ Mikrodaten aus ca. 20<br />
Wirtschaftsstatistiken genutzt werden. Zu den Firmendaten zählen in der amtlichen Statistik<br />
ebenfalls die Daten aus dem Agrar- und Umweltbereich sowie einige Erhebungen aus<br />
dem Steuerbereich. Die Erhebungen bei Betrieben bzw. Unternehmen 3 erfolgen in der Regel<br />
mit Auskunftspflicht und getrennt nach den Wirtschaftsbereichen. Nachfolgend wird<br />
eine kleine Auswahl der Betriebs- und Unternehmensdaten – einige Mikrodaten aus dem<br />
Bereich der Wirtschaftsstatistiken – vorgestellt. Alle derzeitig und auch zukünftig verfügbaren<br />
Mikrodaten in den FDZ sind mit detaillierten Informationen im Internet unter<br />
www.forschungsdatenzentrum.de zu finden. 4<br />
1 Nähere Ausführungen zu den Aufgaben und Zielen des FDZ in der zweiten Förderphase findet man unter<br />
Bömermann et al. (2007).<br />
2 Vgl. www.forschungszentrum.de<br />
3 Ein Betrieb ist in der amtlichen Statistik als die kleinste örtliche Einheit definiert. Das Unternehmen stellt die<br />
kleinste rechtliche Einheit dar. Als Firmendaten werden in diesem Beitrag die amtlichen Betriebs- und Unternehmensdaten<br />
definiert.<br />
4 Es besteht zusätzlich die Möglichkeit, sich für den Newsletter anzumelden, um so über Neuheiten oder auch<br />
Veranstaltungen informiert zu werden.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 9
Anja Malchin und Ramona Pohl<br />
2.1 Betriebs- und Unternehmensdaten im Verarbeitenden Gewerbe<br />
Die amtliche Statistik des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland ist vergleichsweise<br />
gut ausgebaut. Das Erhebungssystem besteht aus mehreren konsistent verbundenen Einzelbefragungen<br />
zu unterschiedlichen Themenbereichen. So werden beispielsweise im Monatsbericht<br />
5 für Betriebe die Beschäftigten, die Löhne und Gehälter, die Arbeitsstunden<br />
und die Umsätze – untergliedert nach Inlands- und Auslandsumsatz – erfasst (Statistisches<br />
Bundesamt 2005a). In der Produktionserhebung melden die Betriebe ihre Produkte mit<br />
den entsprechenden Absatzproduktionswerten und in der Investitionserhebung sind zum<br />
Beispiel die Investitionen für erworbene und selbsterstellte Sachanlagen, wie Grundstücke<br />
mit oder ohne Bauten und Maschinen, enthalten (Statistisches Bundesamt 2005b,c). Bei<br />
den genannten Erhebungen handelt es sich um Totalerhebungen mit Abschneidegrenzen,<br />
deren Berichtskreise sich ähneln. 6 Die Mikrodaten dieser einzelnen Statistiken stehen im<br />
FDZ zum einen als Querschnitt, zum anderen verknüpft über die Zeit als Längsschnittdatensatz<br />
zur Verfügung. Zusätzlich wurde im FDZ ein „Betriebspanel“ erstellt, in dem die<br />
Mikrodaten des Monatsberichtes einschließlich der Investitionserhebung sowie der Kleinbetriebserhebung<br />
7 zusammengefügt und als Panel verknüpft wurden (Konold 2007). Nähere<br />
Ausführungen zu den Forschungspotentialen der Betriebspaneldaten finden sich in<br />
Wagner (2007).<br />
Als Unternehmensbefragung ist die Kostenstrukturerhebung im Verarbeitenden Gewerbe<br />
zu nennen, die für vielfältige Strukturuntersuchungen geeignet ist (Fritsch et al. 2004). Die<br />
Kostenstrukturerhebung liefert umfassende Informationen über die Produktionsergebnisse,<br />
die eingesetzten Produktionsfaktoren sowie über die Wertschöpfung. Es handelt sich<br />
um eine Stichprobenerhebung bei Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten (Statistisches<br />
Bundesamt 2005d). Die Mikrodaten dieser Erhebung sind ebenfalls im FDZ verknüpft<br />
als Längsschnittdaten nutzbar.<br />
2.2 Unternehmensdaten im Handel und Gastgewerbe<br />
Die jährlich durchgeführten Strukturerhebungen im Einzelhandel und im Gastgewerbe liefern<br />
wirtschaftspolitisch bedeutsame Informationen über die Unternehmensstruktur sowie<br />
zur Beurteilung der Rentabilität und Produktivität der befragten Unternehmen.<br />
In beiden Wirtschaftsbereichen werden neben dem Jahresumsatz, den Investitionen, dem<br />
Wareneingang und den Lagerbeständen am Anfang und am Ende des Jahres auch die Anzahl<br />
der Beschäftigten, die Bruttolohn- und -gehaltssumme sowie die Sozialabgaben erfasst<br />
(Statistisches Bundesamt 2006a,b). Der Gesamtumsatz in der Strukturerhebung im<br />
Einzelhandel wird zusätzlich nach Arten der ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten aufgegliedert.<br />
5 Monatsbericht für Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe sowie des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen<br />
und Erden.<br />
6 Einbezogen werden in der Regel Betriebe, die einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes angehören,<br />
das mehr als 20 tätige Personen aufweist. Liegt der Schwerpunkt des Unternehmens außerhalb des Produzierenden<br />
Gewerbes, werden die Betriebe dann einbezogen, wenn sie mindestens 20 Personen beschäftigen.<br />
7 In der Kleinbetriebserhebung sind Betriebe mit im Allgemeinen weniger als 20 Beschäftigten im Bereich<br />
Verarbeitendes Gewerbe, Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden enthalten. Die Kleinbetriebserhebung<br />
wurde im Berichtsjahr 2002 jedoch letztmalig durchgeführt.<br />
10 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Firmendaten der amtlichen Statistik – Datenzugang und neue Entwicklungen im Forschungsdatenzentrum<br />
Aufgrund des breiten Spektrums an Erhebungsmerkmalen eignen sich die Stichprobenerhebungen<br />
des Handels und des Gastgewerbes besonders für Analysen der Umsatz-, Investitions-<br />
und Beschäftigungsstruktur sowie von Kapital- und Beschäftigungsrentabilität<br />
und -produktivität in beiden Branchen.<br />
2.3 Unternehmensdaten im Dienstleistungsbereich<br />
Bis vor einigen Jahren ist die Tatsache der fortschreitenden Tertiarisierung und das damit<br />
verbundene Wachstum im Bereich der Dienstleistungen nur unzureichend durch die amtliche<br />
Statistik abgebildet worden. Gerade zu diesem bedeutenden Wirtschaftszweig fehlten<br />
bisher belastbare Ergebnisse, die den Wandel der deutschen Unternehmenslandschaft zu<br />
einer Dienstleistungsgesellschaft zeigen.<br />
Im Dienstleistungsbereich wird daher seit dem Jahr 2000 eine Strukturerhebung durchgeführt,<br />
die dazu beiträgt, die noch bestehenden Informationsdefizite im Bereich der Dienstleistungen<br />
zu beheben. Einbezogen werden Unternehmen und Einrichtungen, die den<br />
Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in den Wirtschaftsbereichen Verkehr und<br />
Nachrichtenübermittlung, Grundstücks- und Wohnungswesen, Vermietung beweglicher<br />
Sachen sowie unternehmensnahe Dienstleistungen haben.<br />
Im Rahmen dieser Stichprobenerhebung 8 sind neben allgemeinen Angaben der befragten<br />
Unternehmen wie Sitz oder der Anzahl der Niederlassungen auch umfassende Informationen<br />
über tätige Personen, Löhne und Gehälter, Umsätze, Aufwendungen, die Bestände am<br />
Anfang und am Ende des Berichtsjahres sowie über Steuern, Subventionen und getätigte<br />
Investitionen enthalten (Statistisches Bundesamt 2005e). Wissenschaftliche Auswertungen<br />
zu den genannten Unternehmensmerkmalen sind auf Ebene der Bundesländer möglich.<br />
2.4 Weitere Betriebs- und Unternehmensdaten<br />
In der nachfolgend vorgestellten Gehalts- und Lohnstrukturerhebung (GLS) sowie in der<br />
Arbeitskostenerhebung werden im Gegensatz zu den bisher genannten Erhebungen Betriebe<br />
bzw. Unternehmen mehrerer Wirtschaftszweige erfasst.<br />
Die GLS wird im Allgemeinen alle vier Jahre als Stichprobe in den Betrieben des Verarbeitenden<br />
Gewerbes und ausgewählter Dienstleistungsbereiche durchgeführt. Die Erhebung<br />
enthält ausführliche Informationen zur Person, zur Tätigkeit und zum Verdienst der<br />
Arbeitnehmer. Auf Betriebsebene gibt es zusätzlich Angaben darüber, ob die öffentliche<br />
Hand am Unternehmen beteiligt ist, welche Tarifverträge gelten, sowie zur Anzahl der Beschäftigten,<br />
jeweils differenziert nach Geschlecht und Status der Arbeitnehmer (Hafner<br />
und Lenz 2007).<br />
8 Kleinunternehmen mit einem jährlichen Umsatz unter 16620 Euro werden nicht herangezogen; Angaben<br />
zu sämtlichen genannten Positionen sind für alle Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von mehr als<br />
250 000 Euro enthalten.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 11
Anja Malchin und Ramona Pohl<br />
Bei der GLS handelt es sich um einen Linked-Employer-Employee-Datensatz, d.h., die<br />
Angaben zu den Beschäftigten lassen sich mit den Merkmalen des jeweiligen Betriebes<br />
verknüpfen. Der Datensatz eignet sich gut zur Analyse geschlechtsspezifischer Lohnunterschiede<br />
sowie zur Untersuchung der Verdienstunterschiede in tarifgebundenen Betrieben<br />
im Vergleich zu solchen, die nach freier Vereinbarung vergüten. Da die Stichprobenauswahl<br />
auf Bundeslandebene erfolgt, lassen sich für kleinräumigere regionale<br />
Gliederungen keine repräsentativen Ergebnisse erzielen.<br />
Als weitere wichtige Erhebung im Bereich der Betriebs- und Unternehmensdaten lässt<br />
sich die Arbeitskostenerhebung nennen. Diese Stichprobenerhebung wird alle vier Jahre<br />
in Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und in ausgewählten Dienstleistungsbranchen<br />
durchgeführt (Statistisches Bundesamt 2007). Die Arbeitskostenerhebung gibt Aufschluss<br />
über die Höhe und Struktur der Kosten, welche den Unternehmen bei der Beschäftigung<br />
von Arbeitnehmern entstehen. Gut 40 Kostenpositionen werden differenziert:<br />
Neben den Löhnen und Gehältern insgesamt sind u.a. Informationen über Sonderzahlungen,<br />
Vergütung für Feiertage, Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung, Beiträge zur<br />
Berufsgenossenschaft, Pensionsrückstellungen und Familienunterstützungen enthalten.<br />
Die Arbeitskostenerhebung eignet sich beispielsweise dazu, den Anteil der Lohnnebenkosten<br />
und der zusätzlichen Leistungen der Arbeitgeber differenziert nach Branchen zu untersuchen.<br />
Regionale Analysen sind auf Ebene der Bundesländer möglich. Die Erhebung<br />
wird in allen Mitgliedsstaaten der EU durchgeführt, die Ergebnisse sind also europaweit<br />
vergleichbar.<br />
3 Datenzugang<br />
Die Forschungsdatenzentren bieten verschiedene Zugangswege zu den Mikrodaten der<br />
amtlichen Statistik an, die sich sowohl hinsichtlich der Anonymität der Daten als auch in<br />
der Art der Datenbereitstellung unterscheiden (Zühlke et al. 2004).<br />
Speziell für die Lehre an Hochschulen werden CAMPUS-Files entwickelt, die kostenfrei<br />
per Download aus dem Internet bezogen werden können. 9 CAMPUS-Files sind absolut<br />
anonymisierte Mikrodaten, mit deren Hilfe sich Studierende Methodenkenntnisse aneignen<br />
sowie sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Fragestellungen empirisch mithilfe<br />
von Statistikprogrammen analysieren können. Für stark nachgefragte Statistiken wie die<br />
GLS wurden standardisierte Scientific-Use-Files erstellt (Statistisches Bundesamt 2005f).<br />
Auch diese Datendateien können außerhalb der FDZ genutzt werden. Sie enthalten faktisch<br />
anonymisierte Mikrodaten, die von den Wissenschaftlern am eigenen Arbeitsplatz<br />
ausgewertet werden dürfen.<br />
Daneben bieten die FDZ mit ihren Gastwissenschaftlerarbeitsplätzen und der kontrollierten<br />
Datenfernverarbeitung auch speziell auf den jeweiligen Datenbedarf zugeschnittene<br />
Datenzugangsmöglichkeiten an. Hier können weniger stark anonymisierte Mikrodaten genutzt<br />
werden, die in abgeschotteten Bereichen in den FDZ bereitgestellt werden. Das FDZ<br />
der Statistischen Ämter der Länder ist mit regionalen Standorten bundesweit in fast allen<br />
9 Vgl. www.forschungsdatenzentrum.de<br />
12 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Firmendaten der amtlichen Statistik – Datenzugang und neue Entwicklungen im Forschungsdatenzentrum<br />
Statistischen Landesämtern vertreten. Dadurch können amtliche Mikrodaten in der Nähe<br />
der wissenschaftlichen Institute und Hochschulen analysiert werden. Diese lokale Präsenz<br />
des FDZ wird von den Nutzern sehr positiv angenommen (Geschäftstelle des FDZ 2006).<br />
An den Gastwissenschaftlerarbeitsplätzen stehen den Nutzern die gängigen Statistikprogramme<br />
SPSS, SAS und STATA für die Auswertung der Mikrodaten zur Verfügung. Die<br />
Mikrodaten werden im Vorfeld projektspezifisch anonymisiert, enthalten jedoch mehr Informationen<br />
als die standardisierten Scientific-Use-Files. Die Anonymität wird hierbei<br />
durch restriktivere Rahmenbedingungen für den Datenzugang sowie durch die Anonymisierung<br />
der Daten erreicht.<br />
Die kontrollierte Datenfernverarbeitung als weiterer Zugangsweg ist örtlich unabhängig.<br />
Über diesen Zugangsweg können Mikrodaten analysiert werden, die lediglich formal anonymisiert<br />
sind. Die Datennutzer erhalten hierzu Strukturdaten, die in Aufbau und Merkmalsausprägungen<br />
den Originaldaten entsprechen. Mithilfe dieser Dummy-Dateien können<br />
Auswertungsprogramme in den Statistikprogrammen SPSS, SAS oder STATA erstellt<br />
werden. Diese Programme werden dann von Ansprechpartnern in den FDZ an den Originaldaten<br />
ausgeführt und die entstehenden Ergebnisse auf Geheimhaltung geprüft. Anschließend<br />
erhalten die Datennutzer die Ergebnisse ihrer Auswertungen.<br />
Die genannten Zugangswege können auch miteinander kombiniert werden. Die Erfahrungen<br />
der ersten Förderphase zeigen, dass es bei komplexen Daten, insbesondere bei<br />
Betriebs- und Unternehmensdaten, durchaus sinnvoll ist, diese vorerst am Gastwissenschaftlerarbeitsplatz<br />
zu nutzen. Nach erfolgreicher „Kennenlernphase“ bietet sich die<br />
Auswertung der Originaldaten über die kontrollierte Datenfernverarbeitung an. Solche<br />
Aufteilungen sind gerade bei längeren Forschungsprojekten sinnvoll.<br />
4 Neue Entwicklungen<br />
Mit der Änderung des Bundesstatistikgesetzes (BStatG) im Jahre 2005 besteht nunmehr<br />
die Möglichkeit, Informationen aus den verschiedenen Erhebungen der Wirtschafts- und<br />
Umweltstatistiken zusammenzuführen (siehe §13a BStatG). Die Verknüpfung von Betriebs-<br />
und Unternehmensdaten ist für wissenschaftliche Forschungsprojekte von besonderem<br />
Interesse, da die meisten amtlichen Wirtschafts- und Umweltstatistiken einen geringen<br />
Merkmalsumfang aufweisen und durch Verknüpfungen das Informationspotential<br />
erhöht wird.<br />
Die Forschungsdatenzentren wollen zukünftig unter anderem mit dem Projekt der „Integration<br />
von amtlichen wirtschafts- und umweltstatistischen Daten unter Berücksichtigung<br />
der Zeitdimension“ ihr Dienstleistungsangebot weiterentwickeln. Auch im Rahmen der<br />
Evaluation des FDZ wird die Integration als Aufgabe von den Gutachtern ausdrücklich<br />
empfohlen (Bericht der Gutachtergruppe 2006). Dieses Projekt unterteilt sich in zwei Teilprojekte<br />
„AFiD – Amtliche Firmendaten für Deutschland“ und „KombiFiD – Kombinierte<br />
Firmendaten für Deutschland“, die nachfolgend näher erläutert werden.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 13
Anja Malchin und Ramona Pohl<br />
4.1 AFiD – Amtliche Firmendaten für Deutschland<br />
Die Zusammenführung der Firmendaten der amtlichen Statistik erfolgt im Teilprojekt<br />
AFiD, als eine der Aufgaben des FDZ in der zweiten Förderphase. Hier konnten in der<br />
ersten Förderphase bereits Erfahrungen mit der Verknüpfung wirtschaftsstatistischer Daten<br />
gesammelt werden. Für einzelne Projekte wurden beispielsweise die Kostenstrukturund<br />
die Produktionserhebung zusammengeführt (Görzig et al. 2005). Neben den Statistiken<br />
aus dem Verarbeitenden Gewerbe bieten sich eine Reihe von weiteren Erhebungen<br />
aus den unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen zur Integration an, so beispielsweise aus<br />
dem Dienstleistungsbereich, dem Baugewerbe, der Landwirtschaft oder dem Umweltbereich.<br />
Des Weiteren können auch Informationen aus den Steuerstatistiken für die Zusammenführung<br />
genutzt werden.<br />
Die Auswahlgrundlage der betroffenen Erhebungen wird bis auf wenige Ausnahmen vom<br />
Unternehmensregister (URS) gebildet. Ziel des Projektes AFiD ist eine Zusammenführung<br />
des URS mit den Mikrodaten ausgewählter Erhebungen. Eine Auswertung des<br />
Unternehmensregisters im Rahmen der Belastungsstudie der Unternehmen (vgl. Stäglin<br />
und Pfeiffer 2006) zeigte, dass von den rund 3,5 Millionen Unternehmen im Jahr 2004 nur<br />
15,2% berichtspflichtig waren. Für diese berichtspflichtigen Unternehmen sollen die firmenspezifischen<br />
Informationen aus den gewählten Erhebungen an die bisher vorhandenen<br />
Informationen im URS angefügt werden. Das Produzierende Gewerbe stellt dabei die<br />
höchsten Anteile der berichtspflichtigen Unternehmen, wobei sich dieser hohe Anteil zum<br />
einen durch die Historie des URS erklärt und zum anderen durch die in dem Bereich<br />
durchgeführten Vollerhebungen mit Abschneidegrenze. Die weniger hohen Anteile in den<br />
Bereichen Handel und Gastgewerbe ergeben sich durch die dort durchgeführten Stichprobenerhebungen.<br />
Für die Dienstleistungsbereiche ergeben sich ebenfalls höhere Anteile,<br />
die aus der jungen Dienstleistungsstatistik resultieren.<br />
Die Zusammenführung der Mikrodaten im Projekt AFiD soll schrittweise erfolgen. Zunächst<br />
werden für einzelne Wirtschaftsbereiche sowie auch bereichsübergreifend Teilkonzepte<br />
entwickelt, die die Erstellung von Einzelprodukten im Längsschnitt enthalten. Ein<br />
Beispiel für ein Teilprodukt wäre ein Betriebs- oder Unternehmensdatensatz für das Verarbeitende<br />
Gewerbe, der alle Informationen aus den entsprechenden Erhebungen verknüpft<br />
über die Zeit enthält. Über diese Verknüpfungen entstehen umfassende Datenbestände, deren<br />
Analysepotenzial noch zusätzlich erweitert werden kann. Je komplexer der Datenbestand<br />
ist, desto vielfältiger sind jedoch die methodischen Anforderungen, die bei der Zusammenführung<br />
der Daten beachtet und im Projekt bearbeitet werden müssen. Hierzu<br />
gehören unter anderem die unterschiedlichen Erhebungsdesigns in den Statistiken oder<br />
das (Nicht-)Vorhandensein einheitlicher Identifikationsnummern. Ferner soll der Informationsgehalt<br />
der einzelnen Analyseeinheiten, wie Unternehmen, Betriebe oder Produkte, erhalten<br />
bleiben. Darüber hinaus ergeben sich zusätzliche Anforderungen an die fachliche<br />
Erarbeitung der Metadaten, da den Wissenschaftlern sowohl Informationen über die Zusammenführung<br />
der Daten und die damit verbundenen Selektionsprozesse als auch über<br />
die Anwendung von Gewichtungsverfahren zur Verfügung gestellt werden müssen.<br />
14 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Firmendaten der amtlichen Statistik – Datenzugang und neue Entwicklungen im Forschungsdatenzentrum<br />
4.2 KombiFiD – Kombinierte Firmendaten für Deutschland<br />
Bei dem Teilprojekt KombiFiD handelt es sich um eine Machbarkeitsstudie zur Verknüpfung<br />
des Unternehmensregisters mit Mikrodaten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />
(IAB). Diese Studie wird gemeinsam von der Leuphana Universität Lüneburg<br />
(Prof. Dr. Joachim Wagner), dem Forschungsdatenzentrum des Statistischen<br />
Bundesamtes und dem IAB durchgeführt (Bender, Wagner und Zwick 2007). In der ersten<br />
Phase werden die inhaltlichen und datenschutzrechtlichen Fragen geklärt sowie die Zusammenführung<br />
der Unternehmen bis hin zur Bereitstellung der verknüpften Datenbestände<br />
für Forschungsprojekte durchgeführt. Die Zusammenführung der Mikrodaten des Unternehmensregisters<br />
mit denen des IAB erfolgt für nur diejenigen Unternehmen, die einer<br />
solchen Verknüpfung schriftlich zugestimmt haben.<br />
Sofern die Verknüpfung der Daten grundsätzlich durchführbar ist, soll in der anschließenden<br />
Phase die Möglichkeit der Erweiterung dieser so geschaffenen Datenbestände um zusätzliche<br />
Informationen aus Betriebs- und Unternehmensdaten der Statistischen Ämter,<br />
beispielsweise aus Wirtschafts- und Steuerstatistiken, sowie um Mikrodaten weiterer Datenproduzenten<br />
geprüft werden.<br />
Es wird deutlich, dass die Forschungsdatenzentren ihr Dienstleistungsangebot kontinuierlich<br />
und nutzerorientiert weiterentwickeln. Folgendes Zitat bildet ein gelungenes Fazit<br />
dieses Beitrags:<br />
„Weitere große Fortschritte beim Zugang zu vertraulichen Mikrodaten in Deutschland in<br />
den kommenden Jahren zu erwarten ist damit realistisch.“ (Kaiser und Wagner 2007).<br />
Literaturverzeichnis<br />
Bender, S., J. Wagner und M. Zwick (2007): Machbarkeitsstudie: Zusammenführung von<br />
Mikrodaten der Statistischen Ämter, des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />
und weiterer Datenproduzenten – Kombinierte Firmendaten für Deutschland<br />
(KombiFiD). Mimeo.<br />
Bericht der Gutachtergruppe mit Empfehlungen (2006): Ergebnisse der Evaluierung des<br />
Forschungsdatenzentrums der Statistischen Landesämter. Begehung am 13. Oktober<br />
2006. Unveröffentlichtes Manuskript. Lüneburg.<br />
Bömermann et al. (2007): Das Forschungsdatenzentrum der Statistischen Landesämter –<br />
Was haben wir erreicht und wie geht es weiter? Zeitschrift für amtliche Statistik <strong>Berlin</strong><br />
Brandenburg, 2, 30–33.<br />
Fritsch M., B. Görzig, O. Hennchen und A. Stephan (2004): Cost Structure Surveys in<br />
Germany. Schmollers Jahrbuch/Journal of Applied Social Science Studies, 124, 557–<br />
566.<br />
Geschäftstelle des Forschungsdatenzentrums der Statistischen Landesämter (2006):<br />
Beantwortung des Fragenkataloges der Leibniz-Gemeinschaft für die Evaluation des<br />
Projektes „Verbesserung des Zugangs der Wissenschaft zu statistischen Mikrodaten –<br />
Konkretisierung und Erprobung eines Forschungsdatennetzwerkes der Statistischen<br />
Landesämter“. Unveröffentlichtes Manuskript. Düsseldorf.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 15
Anja Malchin und Ramona Pohl<br />
Görzig, B., H. Bömermann und R. Pohl (2005): Produktdiversifizierung und Unternehmenserfolg:<br />
Nutzung der Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter. Allgemeines<br />
statistisches Archiv, 89, 337–354.<br />
Hafner H.-P. und R. Lenz (2007): Die Gehalts- und Lohnstrukturerhebung: Methodik,<br />
Datenzugang und Forschungspotential. FDZ-Arbeitspapier Nr. 18. Wiesbaden.<br />
Kaiser, U. und J. Wagner (2007): Neue Möglichkeiten zur Nutzung vertraulicher amtlicher<br />
Personen- und Firmendaten. FDZ-Arbeitspapier Nr. 20. Düsseldorf.<br />
Konold, M. (2007): New possibilities for economic research through integration of establishment-level<br />
panel data of German official statistics. Schmollers Jahrbuch/Journal of<br />
Applied Social Science Studies, 127. (im Erscheinen).<br />
Stäglin R. und I. Pfeiffer (2006): Die Bedeutung der Belastung der Wirtschaft durch amtliche<br />
Statistiken. Wirtschaft und Statistik, Heft 11/2006.<br />
Statistisches Bundesamt (2005a): Monatsbericht für Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes<br />
sowie des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden. Qualitätsbericht.<br />
Wiesbaden.<br />
Statistisches Bundesamt (2005b): Produktionserhebungen. Qualitätsbericht. Wiesbaden.<br />
Statistisches Bundesamt (2005c): Investitionserhebung bei Unternehmen und Betrieben<br />
des Verarbeitenden Gewerbes sowie des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und<br />
Erden. Qualitätsbericht. Wiesbaden.<br />
Statistisches Bundesamt (2005d): Kostenstrukturerhebung im Verarbeitenden Gewerbe,<br />
im Bergbau sowie in der Gewinnung von Steinen und Erden. Qualitätsbericht. Wiesbaden.<br />
Statistisches Bundesamt (2005e): Jährliche Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich.<br />
Qualitätsbericht. Wiesbaden.<br />
Statistisches Bundesamt (2005f): Statistik und Wissenschaft. Handbuch zur Anonymisierung<br />
wirtschaftsstatistischer Mikrodaten. Bd. 4. Wiesbaden.<br />
Statistisches Bundesamt (2006a): Jahreserhebung im Handel. Qualitätsbericht. Wiesbaden.<br />
Statistisches Bundesamt (2006b): Jahreserhebung im Gastgewerbe. Qualitätsbericht.<br />
Wiesbaden.<br />
Statistisches Bundesamt (2007): Arbeitskostenerhebung 2004. Qualitätsbericht. Wiesbaden.<br />
Wagner, Joachim (2007): Die Forschungspotentiale der Betriebspaneldaten des Monatsberichtes<br />
im Verarbeitenden Gewerbe. Working Paper No. 51. Universität Lüneburg.<br />
Zühlke, Sylvia et al. (2004): The research data centres of the Federal Statistics Office and<br />
the statistical offices of the Länder. Schmollers Jahrbuch, 124, 567–578.<br />
16 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Die Nutzung der Innovationsdaten des<br />
Mannheimer Innovationspanels für die<br />
Politikberatung<br />
Von Tobias Schmidt und Birgit Aschhoff*<br />
Vierteljahrshefte<br />
zur Wirtschaftsforschung<br />
76 (2007), 3, S. 17–28<br />
Zusammenfassung: Die Daten des Mannheimer Innovationspanels (MIP), einer großen Befragung<br />
zum Innovationsverhalten deutscher Unternehmen, stellen eine qualitativ hochwertige Basis für die<br />
Politikberatung dar. Der Beitrag zeigt auf, wie die Daten und Ergebnisse der jährlichen Erhebung konkret<br />
für die Politikberatung genutzt werden. Ein erster Schritt ist die Berichterstattung zum Status<br />
quo und zu aktuellen Entwicklungen. Die Ergebnisse der seit 1993 durchgeführten Erhebung fließen<br />
unter anderem in Berichte an Ministerien, Publikationen der Europäischen Union, Beiträge für Fachzeitschriften<br />
und die Tagespresse ein. Darüber hinaus werden die Daten des Mannheimer Innovationspanels<br />
in großem Umfang wissenschaftlich ausgewertet. Themen für wissenschaftliche Analysen<br />
mit innovationspolitischer Relevanz sind zum Beispiel der Einfluss von Innovation auf Beschäftigung<br />
und Produktivität und die Evaluation von Forschungs- und Technologiepolitik. Der Beitrag endet mit<br />
einem Beispiel für die Evaluation öffentlicher Forschungs- und Entwicklungsförderung in Deutschland<br />
und Flandern. Das Beispiel zeigt, wie wissenschaftliche Analysen mit Politikberatung verknüpft werden<br />
können.<br />
Summary: The Mannheim Innovation Panel (MIP), a large scale survey on innovation activities of<br />
German firms, is a high-quality database that can be used for policy analysis and policy advice. The<br />
article describes how the data from the annual surveys are used for policy advice. A first aspect is the<br />
standard reporting on the status quo and developments: The survey's results are included in reports<br />
to German ministries, in European Commission publications, specialised journals and newspaper articles.<br />
In addition, the data is used for scientific analysis. Topics related to policy issues are for example,<br />
the effects of innovation on productivity and employment or the evaluation of public programs for<br />
R&D and innovation. The article concludes with an example of an evaluation of R&D funding in Germany<br />
and Flanders, which shows how scientific analysis and policy advice can be linked.<br />
1 Einleitung<br />
Regierungen in aller Welt investieren jährlich große Summen in die Förderung von Personen<br />
und Unternehmen, um die Wettbewerbsfähigkeit ihres Landes zu erhalten oder zu<br />
steigern. Allerdings werden die Mittel, die für Förderprogramme zur Verfügung gestellt<br />
werden, angesichts knapper öffentlicher Kassen immer geringer. Der effektive und effiziente<br />
Einsatz der knappen Ressourcen ist daher von großer Bedeutung. Eine Analyse von<br />
Politikmaßnahmen und deren Effekte kann helfen die Effektivität des Mitteleinsatzes zu<br />
steigern, indem sie erfolgreich Strategien identifiziert und Schwachstellen bestehender<br />
Programm aufdeckt. Daten über Personen, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen<br />
sind eine wichtige Basis für die Vorbereitung von Entscheidungen der Politik und die Evaluation<br />
der Effekte von Politikmaßnahmen. Sie können dazu beitragen, die aktuelle Situa-<br />
* Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Industrieökonomik und Internationale Unternehmensführung,<br />
Mannheim, E-Mail: Aschhoff@zew.de<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 17
Tobias Schmidt und Birgit Aschhoff<br />
tion und Entwicklung zu beschreiben und mit wissenschaftlichen Methoden zu analysieren.<br />
In dieser Arbeit wird am Beispiel der Technologie- und Innovationspolitik<br />
exemplarisch dargestellt, wie dies konkret umgesetzt werden kann. Im nächsten Abschnitt<br />
wird zunächst allgemein auf die verschiedenen Möglichkeiten eingegangen, mit Datensätzen<br />
zu einzelnen Unternehmen Politikberatung zu betreiben. Dem schließt sich eine kurze<br />
Beschreibung des Mannheimer Innovationspanels an, eine große Datenbank zum Innovationsverhalten<br />
von Unternehmen. An diesem Datenbestand können die im vorherigen Abschnitt<br />
identifizierten Möglichkeiten zur Nutzung von Daten für die Politikberatung exemplarisch<br />
aufgezeigt werden. Dabei wird sowohl auf die Berichterstattung zu<br />
Innovationsindikatoren als auch auf die wissenschaftliche Analyse der Daten eingegangen.<br />
Der Beitrag schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse, die Möglichkeiten<br />
aufzeigt, wie das Potential von Mikrodatensätzen für die Politikberatung weiter gesteigert<br />
werden kann.<br />
2 Nutzung von Mikrodaten für die Politikberatung<br />
Gute Politikberatung beginnt mit guten Daten. So oder so ähnlich könnte man den ersten<br />
Schritt bei der Nutzung von Mikrodaten für die Politikberatung beschreiben. Zunächst ist<br />
es nötig eine qualitativ hochwertige Datenbasis zu konstruieren, auf Basis derer dann weitere<br />
Analysen durchgeführt werden können. Dabei ist nicht nur zu beachten, dass die gewählten<br />
Erhebungsmethoden und -instrumente adäquat gewählt werden, sondern auch,<br />
dass die Aufbereitung und Hochrechnung der Daten hohen Standards genügt. Nur so kann<br />
das Vertrauen der Politik in die auf den Daten aufbauenden Analysen und die hochgerechneten<br />
Werte gewonnen werden.<br />
Die im ersten Schritt erzeugte Datenbasis kann dann im Wesentlichen auf zwei Arten für<br />
die Politikberatung verwendet werden: erstens für die Erstellung von Berichten, Tabellen<br />
und Graphiken zum Status quo bzw. zu Veränderungen im Status quo und zweitens für die<br />
Abbildung 1<br />
Mikrodaten für die Politikberatung – ein dreidimensionaler Ansatz<br />
18 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Erhebung,<br />
Aufbereitung,<br />
Hochrechnung<br />
und<br />
Verknüpfung<br />
von Daten<br />
Qualitativ<br />
hochwertigeDatenbasis<br />
Berichterstattung<br />
Wiss. Analysen<br />
Beschreibung<br />
Status Quo<br />
und<br />
Entwicklungen<br />
+<br />
Einblick in<br />
Wirkungszusammenhänge<br />
und<br />
Determinanten<br />
beobachteter<br />
Entwicklungen
Die Nutzung der Innovationsdaten des Mannheimer Innovationspanels für die Politikberatung<br />
wissenschaftliche Analyse, die es erlaubt, detaillierte und statistisch gesicherte Einblicke<br />
in die Wirkungszusammenhänge und die Determinanten beobachteter Entwicklungen zu<br />
erlangen. Wichtig ist, dass beide Arten von Politikberatung miteinander kombiniert werden<br />
und so dazu beitragen, dass die Entscheidungsträger sich sowohl an der aktuellen Situation<br />
als auch an zu erwartenden Zusammenhängen orientieren können. Abbildung 1<br />
fasst die drei Dimensionen der Nutzung von Mikrodaten für die Politikberatung zusammen.<br />
3 Politikberatung am Beispiel des Mannheimer Innovationspanels<br />
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim führt in Zusammenarbeit<br />
mit infas – Institut für angewandte Sozialforschung – und dem Frauenhofer-Institut<br />
für Innovations- und Systemforschung (Partner seit 2005) seit nunmehr 15 Jahren im Auftrag<br />
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) die deutsche Innovationserhebung<br />
durch. Die schriftliche Befragung, die unter dem Namen „Mannheimer Innovationspanel“<br />
(MIP) bekannt ist, ist repräsentativ für Unternehmen im verarbeitenden<br />
Gewerbe und Dienstleistungssektor mit Hauptsitz in Deutschland, die mindestens fünf Beschäftigte<br />
haben. Sie wird jährlich in den Monaten März bis September durchgeführt und<br />
befragt die Unternehmen zu ihren Innovationsaktivitäten, -erfolgen und -strategien in den<br />
letzten drei Jahren vor der Erhebung. 1 Zudem werden einige wenige Unternehmenscharakteristika<br />
wie Umsatz und Beschäftigung erfragt. Die deutsche Erhebung ist alle vier<br />
Jahre Teil der europaweiten Innovationserhebungen („Community Innovation Survey“ –<br />
CIS). 2 Aufgrund ihrer Flexibilität im Hinblick auf neue Fragestellungen (u.a. durch den<br />
jährlichen Erhebungsrhythmus) bietet das Mannheimer Innovationspanel eine gute Möglichkeit<br />
aktuelle Themen der Innovations- und Technologiepolitik aufzugreifen und zu untersuchen.<br />
Bei der Auswahl der Themen wird das ZEW durch einen wissenschaftlichen<br />
Projektbeirat unterstützt, dem Wissenschaftler und Vertreter von Ministerien und Verbänden<br />
angehören. 3 Das Potential der Erhebung für die Politikberatung ergibt sich auch aus<br />
der Tatsache, dass die Erhebung das Innovationsverhalten der Unternehmen in Deutschland<br />
umfassend abbildet – durch den Panelansatz auch im Zeitablauf – und mit anderen<br />
Datensätzen aus dem Bereich von Forschung und Entwicklung bzw. Innovation verknüpft<br />
werden kann. Verknüpfungen sind unter anderem mit den Patentdaten des europäischen<br />
Patentamts, Unternehmensdaten der Vereine für Creditreform e.V. und der „PROFI“-Datenbank<br />
zur direkten Projektförderung des BMBF und BMWI im Bereich Forschung und<br />
Entwicklung (FuE) und Innovation möglich. Letztere bietet unter anderem eine Möglichkeit<br />
die Fördermaßnahmen der direkten Projektförderung in Deutschland zu evaluieren.<br />
Die Einbindung von Eurostat (CIS) und die damit verbundene Verwendung von OECDund<br />
EU-weit harmonisierten Konzepten (OECD und Eurostat 1997, 2005) für die Erhe-<br />
1 Eine detaillierte Beschreibung der Inhalte der Innovationserhebungen findet sich z.B. in Rammer et al.<br />
(2005) und Schmidt et al. (2005).<br />
2 Die CIS-Befragungen bauen auf einem EU-weit harmonisierten Fragebogen und Methodik auf. Sie werden<br />
alle vier bzw. ab der Erhebung 2007 alle zwei Jahre in allen Mitgliedsländern der EU durchgeführt. Weitere<br />
Informationen und Ergebnisse der Erhebung 2001 (CIS III) wurden von der EU-Kommission 2004 veröffentlicht<br />
(vgl. European Commission 2004).<br />
3 Eine aktuelle Liste der Beiratsmitglieder ist unter www.zew.de/de/publikationen/innovationserhebungen/<br />
wissbeirat.php3 im Internet zu finden.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 19
Tobias Schmidt und Birgit Aschhoff<br />
bung bietet zudem die Möglichkeit, die Ergebnisse für Deutschland mit denen anderer<br />
Länder zu vergleichen.<br />
3.1 Berichterstattung zum Mannheimer Innovationspanel<br />
Die Publikationen, die auf Daten aus dem Mannheimer Innovationspanel basieren, 4 sind<br />
ein gutes Beispiel dafür, wie Unternehmensdaten für die Politikberatung genutzt werden<br />
können, aber auch andere Interessengruppen erreichen. Die Berichterstattung an den Auftraggeber<br />
(BMBF) erfolgt in Form von so genannten „Indikatorenberichten“. Der jährlich<br />
erscheinende Indikatorenbericht zeigt anhand der wichtigsten Indikatoren aktuelle Entwicklungen<br />
im Bereich der Innovationsaktivitäten deutscher Unternehmen auf, getrennt<br />
nach wissensintensiven Dienstleistern, sonstigen Dienstleistern und Verarbeitendem Gewerbe<br />
und Bergbau. Ein wichtiger Bestandteil des Berichts ist ein Vergleich des Innovationsgeschehens<br />
in Ost- und Westdeutschland. Die Standardberichterstattung wird durch 21<br />
Branchenreports ergänzt, die auf jeweils vier Seiten für einzelne Branchengruppen die<br />
wichtigsten Indikatoren im Zeitablauf enthalten. Ein Branchenreport ihrer Branche wird<br />
auch den teilnehmenden Unternehmen zugesandt, als Dankeschön für die Beteiligung an<br />
der Befragung. Die Ergebnisse auf Sektoren und Branchenebene werden regelmäßig von<br />
Tageszeitungen und Fachzeitschriften aufgegriffen. Sonderstudien und Schwerpunktberichte<br />
zu aktuellen innovationspolitischen Themen wie Umweltinnovationen, die Zusammenarbeit<br />
zwischen Unternehmen und Wissenschaft, Quellen für Innovationen oder die<br />
Finanzierung von Innovationsaktivitäten runden die Berichterstattung zur Erhebung ab.<br />
Neben den direkt mit der Erhebung verbundenen Berichten finden die Ergebnisse der Innovationserhebung<br />
auch Eingang in andere Berichte des BMBF und der EU. Als Beispiel<br />
kann hier der Bundesbericht Forschung, der Bericht zur Technologischen Leistungsfähigkeit<br />
Deutschlands oder die Publikation von Eurostat „Innovation in Europe“ angeführt<br />
werden.<br />
3.2 Wissenschaftliche Analysen mit dem Mannheimer Innovationspanel 5<br />
Von Beginn der Erhebung an war es das Ziel des ZEW die Berichterstattung zum Mannheimer<br />
Innovationspanel mit wissenschaftlichen und hier vor allem mikroökonometrischen<br />
Analysen zu verbinden. Seit Anfang der 1990er Jahre sind daher eine ganze Reihe<br />
von wissenschaftlichen Studien und Aufsätzen entstanden, die die Daten des Mannheimer<br />
Innovationspanels nutzen. Themen, die behandelt werden und wurden, sind zum Beispiel:<br />
• Determinanten von Innovationsverhalten und -erfolg (z.B. Rammer et al. 2004, Aschhoff<br />
und Schmidt 2006, Spielkamp und Rammer 2004, Rammer et al. 2005)<br />
• Effekte von Innovationen auf Beschäftigung und Produktivität (z.B. Griffith et al.<br />
2006, Peters 2003, Peters 2004)<br />
4 Die jeweils aktuellsten Berichte sind unter www.zew.de/innovation online verfügbar.<br />
5 Eine Übersicht über die wissenschaftliche Nutzung von Innovationsdaten bis etwa zum Jahr 2001 gibt der<br />
Reader von Janz and Licht (2003). Aktuelle wissenschaftliche Studien zum Mannheimer Innovationspanel sind<br />
im Internet unter der Adresse www.zew.de/de/publikationen/innovationserhebungen/wissaufsaetze.php3 zu<br />
finden.<br />
20 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Die Nutzung der Innovationsdaten des Mannheimer Innovationspanels für die Politikberatung<br />
• Effekte von öffentlicher Förderung auf das Forschungs- und Entwicklungsverhalten<br />
von Unternehmen (z.B. Czarnitzki und Fier 2002, Fier et al. 2006)<br />
• Einfluss von Rahmenbedingungen (Intellektuelle Eigentumsrechte – z.B. Konjunktur,<br />
Innovationshemmnisse, Finanzierungsrestriktionen etc.) auf das Innovationsverhalten<br />
von Unternehmen (z.B. Heger 2004, Peters et al. 2006)<br />
• Identifikation von Lead Märkten 6 (z.B. Beise-Zee 2001, Beise-Zee et al. 2002)<br />
Die empirische Analyse der Daten des Mannheimer Innovationspanels ist nicht auf die<br />
Mitarbeiter des ZEW beschränkt. Seit mehreren Jahren bietet das ZEW (unter gewissen<br />
Vorraussetzungen) die Möglichkeit für externe Wissenschaftler an mit den Daten zu arbeiten.<br />
7 Dazu wurden faktisch anonymisierte Datensätze erstellt, die sog. „scientific use files“,<br />
die aktuell von etwa 70 Wissenschaftlern im In- und Ausland genutzt werden. In den<br />
Räumen des ZEW ist es zudem möglich, mit den um Identifikatoren bereinigten Originaldaten<br />
zu arbeiten. Um den Austausch über wissenschaftliche Forschungsergebnisse im<br />
Bereich der empirischen Innovationsforschung zu fördern, veranstaltet das ZEW wissenschaftliche<br />
Tagungen.<br />
3.3 Die Nutzung des Mannheimer Innovationspanels zur Evaluation von<br />
öffentlicher FuE-Förderung<br />
Politikberatung hat viele Facetten, eine sehr direkte Form der Beratung ist die Evaluation<br />
von Aktivitäten der öffentlichen Hand. Die Evaluation öffentlicher FuE-Förderung ist daher<br />
ein gutes Beispiel dafür, wie die Daten des Mannheimer Innovationspanels in Verbindung<br />
mit anderen Datenbanken für die Politikberatung genutzt werden können. Das ZEW<br />
hat unter anderem die Wirkung der direkten FuE-Projektförderung mithilfe der so genannten<br />
„PROFI“-Datenbank untersucht, einer Datenbasis, die alle vom BMBF geleisteten Zuwendungen<br />
der direkten Projektförderung enthält (vgl. Fier 2002). Um die Effekte der<br />
FuE-Förderung auf das Innovationsverhalten der Unternehmen und hier insbesondere auf<br />
die Höhe der FuE-Aufwendungen zu bestimmen, wurde die „PROFI“-Datenbank, die keine<br />
Informationen über das Innovationsverhalten der geförderten Unternehmen enthält, mit<br />
den Daten aus dem Mannheimer Innovationspanel verknüpft. Zusätzlich wurden häufig<br />
noch die Patentdaten aus der Datenbank des Europäischen Patentamts hinzugespielt, um<br />
(dafür) kontrollieren zu können, ob Unternehmen mit Patenten potentiell eine höhere Förderwahrscheinlichkeit<br />
haben als Unternehmen ohne Patente. Untersucht wurde mit diesem<br />
Datensatz sowohl der Einfluss der Förderung auf die Höhe der FuE-Aufwendungen, die<br />
sog. „Input Additionalität“ (Fier et al. 2005), als auch „Output Additionalitäten“ wie Effekte<br />
auf das Patentierungsverhalten (Czarnitzki and Hussinger 2004, Czarnitzki and Fier<br />
2003) und „Verhaltens-Additionalitäten“ wie Effekte auf das Kooperationsverhalten<br />
(Aschhoff et al. 2006) . Auch ohne die Verknüpfung mit der „PROFI“-Datenbank wurden<br />
die Daten des Mannheimer Innovationspanels zur Analyse der Effekte öffentlicher Förderung<br />
verwendet (vgl. Czarnitzki and Fier 2002).<br />
6 Als „Lead Markt“ kann ein Markt definiert werden, der ein weltweit führender Absatzmarkt für Innovationen<br />
ist und für den anzunehmen ist, dass ein Erfolg von frühzeitig genutzten Innovationen in diesem Markt ein Indikator<br />
für einen möglichen weltweiten Erfolg ist.<br />
7 Siehe www.zew.de/de/publikationen/innovationserhebungen/wisszugang.php3.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 21
Tobias Schmidt und Birgit Aschhoff<br />
3.3.1 Matching-Verfahren als Analysetool der Evaluation öffentlicher FuE-<br />
Förderung 8<br />
Bei der Wirkungsanalyse von öffentlichen Maßnahmen ist die Frage nach dem Fördererfolg<br />
der Ausgangspunkt. Fördererfolg kann auf verschiedene Art und Weise gemessen<br />
werden, in vielen Studien ist er als eine Erhöhung der privaten FuE-Aufwendungen im<br />
Vergleich zur Situation ohne Förderung definiert. Die Messung dieses Fördererfolgs, d.h.<br />
der Differenz zwischen der Situation mit Förderung und ohne Förderung, setzt eigentlich<br />
voraus, dass ein Unternehmen sowohl im Zustand der Förderung als auch im Zustand der<br />
Nichtförderung beobachtet werden kann. Da diese Vorraussetzung in der Realität nicht gegeben<br />
ist, wurden ökonometrische Verfahren entwickelt, mithilfe derer für ein gefördertes<br />
Unternehmen der Zustand der Nichtförderung („kontrafaktische Situation“) geschätzt<br />
werden kann. Im Wesentlichen sind dies so genannte „Matching-“ bzw. „Selektionsmodelle“<br />
(vgl. Fier et al. 2005). Häufig wird für die Analyse der Effekte von öffentlicher FuE-<br />
Förderung das Matching-Verfahren verwendet, das im Folgenden kurz beschrieben wird.<br />
Die Grundidee des Matching-Verfahrens ist es, jedem geförderten Unternehmen ein soweit<br />
wie möglich ähnliches, aber nicht gefördertes „Zwillingsunternehmen“ gegenüber zu<br />
stellen. Das Zwillingsunternehmen wird dann als Ersatz für den Zustand der Nichtförderung<br />
des geförderten Unternehmens verwendet. Die implizite Annahme dabei ist, dass<br />
sich die Unternehmen in allen beobachtbaren Charakteristika so ähnlich sind, dass die Unterschiede<br />
z.B. in ihren FuE-Aufwendungen alleine auf die öffentliche Förderung zurückzuführen<br />
sind. Der Fördereffekt auf Firmenebene ergibt sich in diesem Fall als Differenz<br />
zwischen den FuE-Aufwendungen des geförderten Unternehmens und den FuE-Aufwendungen<br />
seines Zwillingspartners bzw. für die gesamte Population als Differenz aus den<br />
mittleren FuE-Aufwendungen der geförderten Unternehmen und den ihnen zugeordneten<br />
Zwillingen.<br />
Der Vorteil bei der Verwendung dieses Verfahrens gegenüber herkömmlichen Regressionsanalysen<br />
ist, dass bei der Evaluation des Fördereffekts die Heterogenität der geförderten<br />
Unternehmen erhalten bleibt und somit vergleichbare Unternehmen gegenübergestellt<br />
werden, wie Abbildung 2 verdeutlicht.<br />
Die Schwierigkeit bei der Verwendung von Matching-Verfahren besteht darin, für jedes<br />
geförderte Unternehmen einen Zwillingspartner in der Gruppe der nicht geförderten Unternehmen<br />
zu finden. Hierfür werden verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen. Für die<br />
Forschung der „PROFI“-Datenbank wurde meistens das modifizierte „Nearest Neighbour<br />
Matching“ verwendet. Bei diesem Verfahren werden zwei verschiedene Kriterien angelegt,<br />
zum einen der „Propensity Score“ und zum anderen Charakteristika, in denen sich<br />
gefördertes Unternehmen und Zwillingsunternehmen exakt gleichen müssen (z.B. Region<br />
und Branche). Der Propensity Score gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Unternehmen<br />
gefördert wird und wird aus einer ökonometrischen Analyse des Einflusses von<br />
Unternehmenscharakteristika auf die Wahrscheinlichkeit, öffentliche FuE-Förderung zu<br />
erhalten, gewonnen. Die zusätzlichen Charakteristika sollen gewährleisten, dass nur Unternehmen<br />
der gleichen Branche oder Größe miteinander verglichen werden. Damit wird<br />
8 Eine ausführliche (technische) Beschreibung des Matching-Verfahrens und seiner Annahmen findet sich<br />
zum Beispiel in Aerts and Schmidt (2006).<br />
22 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Die Nutzung der Innovationsdaten des Mannheimer Innovationspanels für die Politikberatung<br />
Abbildung 2<br />
Grundidee des Matching-Verfahrens<br />
Vor dem Matching Nach dem Matching<br />
gefördert gefördert<br />
Nicht nicht Nicht Nichtgefördert gefördert gefördert<br />
gefördert<br />
gefördert<br />
Nicht nicht Nicht Nichtgefördert gefördert<br />
gefördert<br />
Untern. A<br />
Untern. L<br />
Banken<br />
Banken<br />
1,000 Besch.<br />
1,000 Besch.<br />
Untern. A<br />
Untern. W<br />
Banken<br />
Maschinenbau<br />
1,000 Besch.<br />
10 Besch.<br />
Untern. B<br />
Untern. M<br />
Untern. B<br />
Fahrzeugbau<br />
Untern. X<br />
Baugewerbe<br />
Fahrzeugbau<br />
15,000 Besch.<br />
Fahrzeugbau<br />
15,000 Besch.<br />
15,000 Besch.<br />
150 Besch.<br />
Unterschiedl. Unterschiedl. Untern. Untern.<br />
Vergleichbare Vergleichbare Unt.<br />
Unt.<br />
Untern. Y<br />
Untern. C<br />
Untern. N<br />
Untern. C<br />
Großhandel<br />
Einzelhandel<br />
Einzelhandel<br />
Einzelhandel<br />
50 Besch.<br />
50 Besch.<br />
50 Besch.<br />
50 Besch.<br />
Untern. Z<br />
Untern. D<br />
Pharma<br />
Verkehr<br />
12,000 Besch.<br />
100 Besch.<br />
Untern. D<br />
Untern. O<br />
Verkehr<br />
Verkehr<br />
100 Besch.<br />
100 Besch.<br />
Quelle: Sofka and Teichert (2006: 6), eigene Übersetzung.<br />
verhindert, dass z.B. ein Pharmaunternehmen mit einem Großhändler verglichen wird,<br />
wenn beide eine ähnliche Förderwahrscheinlichkeit haben. Das Zwillingsunternehmen ist<br />
das Unternehmen aus der durch die zusätzlichen Charakteristika abgegrenzten Population,<br />
das hinsichtlich des Propensity Scores die geringste Distanz vom geförderten Unternehmen<br />
aufweist.<br />
3.3.2 Effekte öffentlicher FuE-Förderung in Flandern und Deutschland<br />
Um die Möglichkeiten des Einsatzes des Matching-Ansatzes für die Evaluation staatlicher<br />
FuE-Förderung aufzuzeigen wird im Folgenden die Studie von Aerts and Schmidt (2006)<br />
exemplarisch dargestellt. Der Hintergrund der Studie ist ein Vergleich der Effekte von öffentlicher<br />
FuE-Förderung in Flandern und Deutschland.<br />
Um die Ergebnisse für beide Länder 9 besser vergleichen zu können, wurde auf die Daten<br />
der Community Innovation Survey IV (CIS IV)-Erhebung zurückgegriffen. Diese im Jahr<br />
2005 durchgeführte Erhebung basiert in beiden Ländern auf einem von Eurostat harmonisierten<br />
Fragebogen und einer harmonisierten Methodik, sodass die Vergleichbarkeit der<br />
verwendeten Datenbasen gegeben ist. Die Referenzperiode der Befragung sind die Jahre<br />
2002 bis 2004, d.h. die Fragen beziehen sich auf Innovationsaktivitäten der Unternehmen<br />
im jeweiligen Land im Zeitraum 2002 bis 2004. Beide Datensätze wurden zusätzlich mit<br />
den Patentdaten des Europäischen Patentamts verknüpft, um den Einfluss von Patenten<br />
9 Flandern ist kein Land, sondern nur eine Region in Belgien; zur Vereinfachung wird im Folgenden dennoch<br />
immer von zwei Ländern gesprochen.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 23
Tobias Schmidt und Birgit Aschhoff<br />
auf die Förderwahrscheinlichkeit adäquat und vergleichbar berücksichtigen zu können.<br />
Anschließend wurde für beide Länder getrennt eine Matching-Analyse durchgeführt. Um<br />
die Vergleichbarkeit weiter zu erhöhen, wurden beide Datensätze hinsichtlich Branche<br />
und Größe auf den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ reduziert, d.h. unter anderem, dass in<br />
Deutschland und Flandern nur Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten berücksichtigt<br />
wurden, obwohl für Deutschland auch Informationen über kleinere Unternehmen vorliegen.<br />
Nach diesem zusätzlichen Harmonisierungsschritt bleiben für die Analyse in Flandern<br />
noch 866 Unternehmen übrig, von denen 157 angeben, in den Jahren 2002 bis 2004<br />
öffentliche FuE-Förderung 10 bekommen zu haben. Für Deutschland sind es 2 348 Unternehmen,<br />
von denen 484 gefördert wurden.<br />
Beim Vergleich von Fördereffekten in Flandern und Deutschland wurden in der ersten<br />
Stufe des Matching-Verfahrens die folgenden Einflussgrößen auf die Wahrscheinlichkeit,<br />
öffentliche FuE-Förderung vom jeweiligen Land oder von der EU zu erhalten, berücksichtigt:<br />
Größe (Anzahl der Beschäftigten) eines Unternehmens, seine Exportintensität (Exporte/Umsatz),<br />
sein Patentstock pro Beschäftigtem, seine Zugehörigkeit zu einer Gruppe<br />
Abbildung 3<br />
„Conditional Difference in Difference Methode“<br />
Quelle: Aerts and Schmidt (2006: 11), eigene Übersetzung.<br />
10 Die bei der Antwort auf die Frage nach öffentlicher Förderung einzubeziehenden Förderinstrumente sind<br />
im Fragebogen genauer spezifiziert. Für Deutschland lautet die Erklärung zur Frage (Erhebung 2005): „Innovationsförderung<br />
umfasst die finanzielle Förderung für FuE- und Innovationsvorhaben durch die öffentliche Hand,<br />
z.B. über Zuschüsse, Darlehen, Subventionszahlungen, Beteiligungen, Kreditbürgschaften. Die gewöhnliche<br />
Bezahlung von Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber gilt nicht als öffentliche Förderung. Berücksichtigen<br />
Sie bitte auch öffentliche Förderung durch beauftragte Institutionen (z.B. Projektträger wie AiF, DLR, FZJ, KfW,<br />
Landesbanken).“ Der entsprechende Text im Fragebogen für Flandern ist nahezu identisch, er schließt allerdings<br />
die in Deutschland nicht vorhandenen FuE-Steuernachlässe mit ein.<br />
24 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Periode t 0<br />
Untern. k:<br />
Y c<br />
k |S=0<br />
Untern. j:<br />
Y c<br />
j |S=0<br />
B<br />
X k,to =X i,t1<br />
X j,to =X h,t1<br />
C<br />
Periode t 1<br />
Untern. i:<br />
Y T<br />
i |S=0<br />
X i,to =X h,t1<br />
Untern. h:<br />
Y c<br />
h |S=0<br />
A
Die Nutzung der Innovationsdaten des Mannheimer Innovationspanels für die Politikberatung<br />
und Hauptsitz der Gruppe im Ausland. Für Deutschland wird zusätzlich berücksichtigt, ob<br />
das Unternehmen seinen Sitz in Ost- oder Westdeutschland hat, da zahlreiche Förderprogramme<br />
nur von ostdeutschen Unternehmen genutzt werden können.<br />
Der erste Analyseschritt des Matching-Verfahrens zeigt, dass die Förderwahrscheinlichkeit<br />
in Flandern und Deutschland signifikant mit der Größe und dem Patentstock pro Beschäftigtem<br />
steigt. Ostdeutsche Unternehmen und Unternehmen mit hoher Exportquote<br />
haben in Deutschland eine höhere Förderwahrscheinlichkeit als westdeutsche und solche<br />
mit geringen Exportquoten. Für Flandern findet sich kein signifikanter Effekt der Exportquote.<br />
Im zweiten Analyseschritt des Matching-Verfahrens wurden die aus der ersten Stufe gewonnene<br />
Propensity Score und die Größe, Branche und Sitz in Ostdeutschland (nur für<br />
Deutschland) benutzt, um den geförderten Unternehmen ein Zwillingsunternehmen zuzu-<br />
Tabelle 1<br />
Ergebnisse der Matching-Analysen<br />
Flandern<br />
A B C<br />
FuE 0.838*** 0.900*** 0.050<br />
(0.273) (0.288) (0.178)<br />
FuE-Intensität 4.669*** 5.017*** 0.203<br />
(1.246) (1.429) (1.190)<br />
Ln (FuE) 2.923*** 2.530*** –0.480<br />
(0.512) (0.832) (0.854)<br />
Ln (FuE-Intensität) 2.334*** 2.065*** –0.242<br />
Deutschland<br />
(0.400) (0.635) (0.646)<br />
FuE 3.232*** 2.432* –0.262<br />
(1.049) (1.433) (2.027)<br />
FuE-Intensität 5.327*** 5.717*** 0.201<br />
(0.503) (0.544) (0.939)<br />
Ln (FuE) 2.680*** 2.956*** 0.165<br />
(0.245) (0.344) (0.823)<br />
Ln (FuE-Intensität) 3.798*** 4.052*** 0.125<br />
(0.274) (0.386) (0.935)<br />
*** (**, *) Signifikanzniveau 1% (5%, 10%), heteroskedastie-konsistente Standardfehler<br />
in Klammern. T-Statistiken unter Berücksichtigung der “Lechner-Korrektur” (Lechner 2001)<br />
berechnet.<br />
Quelle: Aerts and Schmidt (2006: 18), gekürzt (eigene Übersetzung).<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 25
Tobias Schmidt und Birgit Aschhoff<br />
ordnen. In der hier beschriebenen Studie wurde der Matching-Ansatz noch um eine zeitliche<br />
Komponente erweitert („conditional difference in differences“), auf die hier nur kurz<br />
eingegangen werden soll. Die Verwendung dieser Methode erlaubt es für unterschiedliche<br />
Reaktionen von geförderten und nicht geförderten Unternehmen auf makroökonomische<br />
Schocks im Zeitablauf zu kontrollieren.<br />
Bei Matching A in Abbildung 3 wird der Effekt von öffentlicher FuE-Förderung auf die<br />
FuE-Aufwendungen im Jahr t 1 bestimmt. Matching B vergleicht die FuE-Aufwendungen<br />
von im Jahr t 1 geförderten Unternehmen mit denen von im Jahr t 0 nicht geförderten Unternehmen.<br />
Die Differenz der FuE-Aufwendungen in beiden Jahren beinhaltet somit die Entwicklung<br />
der FuE-Aufwendungen, die sich aufgrund makroökonomischer Veränderungen<br />
zwischen t 1 und t 0 ergibt, und die Entwicklung die sich aufgrund der Förderung in t 1 ergibt.<br />
Matching C erlaubt den Effekt von makroökonomischen Veränderungen auf die FuE-Aufwendungen<br />
zu isolieren. Durch Subtraktion des mit Matching C gefundenen Effekts vom<br />
Ergebnis des Matchings B kann schließlich der um allgemeine makroökonomische Effekte<br />
bereinigte Einfluss öffentlicher Förderung im Jahr t 1 auf die FuE-Aufwendungen im<br />
Jahr t 1 berechnet werden.<br />
Die Ergebnisse des Matching-Verfahrens für beide Länder zeigen eine relativ ähnliche<br />
Struktur (Tabelle 1). In beiden Ländern hat die öffentliche FuE-Förderung in den Jahren<br />
2002 bis 2004 einen positiven Einfluss auf die Höhe der FuE-Aufwendungen eines Unternehmens<br />
und auf die Höhe der FuE-Intensität, gemessen als Anteil der FuE-Aufwendungen<br />
am Umsatz. Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der Höhe des Effekts zwischen<br />
den Ländern, sowohl hinsichtlich der FuE-Aufwendungen als auch der FuE-Intensität. Für<br />
beide Kennzahlen ist der Effekt der Förderung in Deutschland stärker als in Flandern. Die<br />
Ergebnisse bestätigen frühere Studien für beide Länder.<br />
4 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Die Ausführungen haben gezeigt, welches Potential für Politikberatung in qualitativ hochwertigen<br />
Unternehmensdaten steckt und wie vielfältig die Formen der Beratung sein können.<br />
Die verschiedenen Möglichkeiten, die Daten auszuwerten, sind dabei als komplementär<br />
zueinander zu sehen. Letztendlich profitiert die Politikberatung davon, dass<br />
Berichte zum Status quo und Entwicklungen durch wissenschaftliche Analysen ergänzt<br />
werden, die sowohl den Einfluss von Politikmaßnahmen untersuchen, als auch detaillierte<br />
und statistisch gesicherte Einblicke in die beobachteten Entwicklungen erlauben. Umgekehrt<br />
stellen die durch wissenschaftliche Analysen erarbeiteten Ergebnisse und Zusammenhänge<br />
eine wichtige Basis für die Auswahl der Indikatoren, für die Berichterstattung<br />
und für die Erklärung der gefundenen Entwicklungen dar. Das beschriebene Beispiel für<br />
Deutschland und Flandern zeigt nicht nur das Potential der Innovationsdaten für die Wirkungsanalyse<br />
öffentlicher FuE-Förderung in Deutschland auf, sondern macht auch exemplarisch<br />
deutlich, welches Potential sich durch die Harmonisierung der verwendeten Konzepte<br />
in verschiedenen (EU-)Ländern ergibt.<br />
Wie die Studien zur Wirkungsanalyse der direkten FuE-Projektförderung mithilfe der<br />
„PROFI“-Datenbank gezeigt haben, kann das Analysepotential der Innovationsdaten und<br />
damit auch das Potential für die Politikberatung erheblich gesteigert werden, indem Datenbanken<br />
miteinander verknüpft werden. Dadurch kann, ohne neue Daten erheben zu<br />
26 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Die Nutzung der Innovationsdaten des Mannheimer Innovationspanels für die Politikberatung<br />
müssen, eine ganze Reihe von Fragestellungen schnell und flexibel bearbeitet werden. Gerade<br />
auch vor dem Hintergrund der Bemühungen, die Bürokratielast und damit verbunden<br />
auch die Last im Zusammenhang mit Statistiken für Personen und Unternehmen zu verringern,<br />
kann dies ein Weg für die Zukunft sein.<br />
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ZEW Discussion Paper No. 05-09. Mannheim.<br />
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Heger, D. (2004): The Link Between Firms’ Innovation Decision and the Business Cycle:<br />
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Lechner, M. (2001): Identification and estimation of causal effects of multiple treatments<br />
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OECD and Eurostat (1997): Oslo Manual – Proposed Guidelines for Collecting and Interpreting<br />
Technological Innovation Data. 2. Aufl. Paris.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 27
Tobias Schmidt und Birgit Aschhoff<br />
OECD and Eurostat (2005): Oslo Manual – Proposed Guidelines for Collecting and Interpreting<br />
Technological Innovation Data. 3. Aufl. Paris.<br />
Peters, B. (2003): Innovation und Beschäftigung. In: N. Janz und G. Licht (Hrsg.): Innovationsforschung<br />
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Peters, B. (2004): Employment Effects of Different Innovation Activities: Microeconometric<br />
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Peters, B., Ch. Rammer und H. Binz (2006): Innovationsfinanzierung: Stand, Hindernisse,<br />
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Rammer, Ch., H. Penzkofer, A. Stephan, C. Grenzmann, D. Heger und O. Nagel (2004):<br />
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Rammer, C., B. Peters, T. Schmidt, B. Aschhoff, T. Doherr und H. Niggemann (2005):<br />
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Wirtschaft. ZEW Wirtschaftsanalysen. Bd. 78. Baden-Baden, Nomos Verlagsgesellschaft.<br />
Schmidt, T., B. Aschhoff, T. Doherr, S. Gottschalk, H. Löhlein, B. Peters und C. Rammer<br />
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Innovationen in der Energiewirtschaft. BWMA und IER Hohenheim. Bonn, 31–38.<br />
Sofka, W. und T. Teichert (2006): Global Sensing and Sensibility – A Multi-Stage Matching<br />
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Spielkamp, A. und Ch. Rammer (2006): Balanceakt Innovation – Erfolgsfaktoren im Innovationsmanagement<br />
kleiner und mittlerer Unternehmen. ZEW Dokumentation Nr. 06-<br />
04. Mannheim.<br />
28 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Diversifikationsmaße im Praxistest –<br />
Ergebnisse auf der Grundlage von amtlichen<br />
Mikrodaten für Deutschland*<br />
Von Petra Zloczysti** und Cathleen Faber***<br />
Vierteljahrshefte<br />
zur Wirtschaftsforschung<br />
76 (2007), 3, S. 29–42<br />
Zusammenfassung: Die Wahl zwischen Diversifikation und Spezialisierung ist eine lange und kontrovers<br />
diskutierte Frage in der industrieökonomischen Forschung. Inzwischen ist es möglich, anhand von<br />
Mikrodaten auf Unternehmensebene die Gestaltung der Produktpalette von Unternehmen zu untersuchen.<br />
In dieser Studie werden die in der empirischen industrieökonomischen Forschung vorherrschenden<br />
Diversifikationsmaße einem Praxistest unterzogen. Die Frage ist, was die zur Verfügung stehenden<br />
Maße tatsächlich messen, wie sie bei real existierender, also beobachtbarer Diversifikation<br />
reagieren und ob sie in Querschnitt- und Längsschnittanalysen zu vergleichbaren Ergebnissen führen.<br />
Gleichzeitig wird damit eine Beschreibung der empirisch beobachtbaren Diversifikation sowie ihrer<br />
Entwicklung im Zeitverlauf für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland gegeben.<br />
Summary: The choice between diversification and specialization has been a matter of controversial<br />
debate in the field of industrial economics for years. By now, it is possible to analyze the composition<br />
of the array of products using micro data on the firm level. This study applies the diversification<br />
indexes being used in the empirical research on industrial economics and tests their implications and<br />
results. The questions arising are: what do the indexes measure, how do they depict observable diversification<br />
and do they lead to comparable results for cross section and longitudinal data analysis. Furthermore,<br />
a description of the observed diversification and its trend is provided for manufacturing<br />
firms in Germany.<br />
JEL Classification: L60, D21, O14<br />
Keywords: Diversification, specialization, measurement, micro data<br />
1 Motivation<br />
Die Wahl zwischen Diversifikation 1 und Spezialisierung ist eine lange und kontrovers diskutierte<br />
Frage in der industrieökonomischen Forschung. Theoretisch begründbar sind beide<br />
Strategien. Spezialisierung kann angestrebt werden, um „economies of scale“ und<br />
Lerneffekte zu nutzen, während mithilfe einer Diversifikationsstrategie Risikostreuung<br />
vorgenommen werden kann.<br />
Inzwischen ist es möglich, anhand von Mikrodaten auf Unternehmensebene die Gestaltung<br />
der Produktpalette von Unternehmen zu untersuchen. Diese neuen Analysepotentiale,<br />
* Wir danken dem Arbeitskreis Monopolstrategien am <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> für wertvolle Anregungen und Diskussionen<br />
sowie Axel Werwatz, Ramona Pohl und Ronny Freier für hilfreiche Kommentare.<br />
** Freie Universität <strong>Berlin</strong>, Fachbereich Wirtschaftswissenschaft, E-Mail: zloczy@wiwiss.fu-berlin.de<br />
*** Amt für Statistik <strong>Berlin</strong>-Brandenburg, Standorte <strong>Berlin</strong> und Potsdam, E-Mail: cathleen.faber@statistikbbb.de<br />
1 Die Begriffe Diversifizierung und Diversifikation können synonym verwendet werden.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 29
Petra Zloczysti und Cathleen Faber<br />
z.B. im Hinblick auf die Erfolgsimplikationen der jeweiligen Strategie, lassen sich nur<br />
dann vollständig ausschöpfen, wenn entsprechende Maße zur Verfügung stehen, die den<br />
Diversifikationsgrad der Unternehmen sowie seine Entwicklung im Zeitablauf abbilden.<br />
In dieser Studie werden die in der empirischen industrieökonomischen Forschung vorherrschenden<br />
Diversifikationsmaße einem Praxistest unterzogen. Die Frage ist, was die zur<br />
Verfügung stehenden Maße eigentlich messen, wie sie auf real existierende, also beobachtbare<br />
Diversifikation anschlagen und ob sie in der Querschnitt- und Längsschnittanalyse<br />
zu vergleichbaren Ergebnissen führen. Gleichzeitig wird damit eine Beschreibung der<br />
empirisch beobachtbaren Diversifikation sowie ihrer Entwicklung in Deutschland im Zeitverlauf<br />
gegeben.<br />
Das verwendete Datenmaterial ist ein Product-Producer-Panel, das von den Forschungsdatenzentren<br />
der Statistischen Ämter der Länder bereitgestellt wird. Es handelt sich hierbei<br />
um einen auf Unternehmensebene verbundenen Datensatz zweier Erhebungen für das<br />
verarbeitende Gewerbe.<br />
2 Diversifikationsmaße<br />
Die in der industrieökonomisch geprägten empirischen Forschung verbreiteten Diversifikationsmaße<br />
sind in der Regel von Konzentrationsmaßen oder Maßen zur Messung der<br />
Spezialisierung eines Unternehmens oder einer Branche abgeleitet.<br />
Das am einfachsten zu erfassende – in der Literatur oft vernachlässigte – Diversifikationsmaß<br />
ist die Anzahl der Produkte (1) des Unternehmens.<br />
d1n n = Anzahl der Produkte eines Unternehmens<br />
Ein Unternehmen gilt dementsprechend als diversifiziert, wenn es mehr als ein Produkt<br />
herstellt. Hauptkritikpunkt dieses Maßes ist die fehlende Berücksichtigung des Wertes der<br />
einzelnen Produkte für das Unternehmen, beispielsweise anhand seines Anteils an Absatz<br />
oder Produktionswert.<br />
Gort (1962) entwickelte den ersten quantitativen Ausdruck für die Diversifikation in der<br />
US-amerikanischen Industrie, abgeleitet aus der „primary product specialization ratio“<br />
(PPSR) bzw. Konzentrationsrate eines Unternehmens auf ein Hauptprodukt. Hierbei wird<br />
der Anteil des absatzstärksten Produkts von eins abgezogen.<br />
s j = Anteil eines Produkts am Absatzproduktionswert eines Unternehmens<br />
Übrig bleibt der Anteil der sekundären bzw. Nebenprodukte am Gesamtabsatz (2) des Unternehmens.<br />
Dieser Index ist methodisch einfach zu bestimmen und veranschaulicht die<br />
Verteilung des Absatzes eines Unternehmens auf das primäre Hauptprodukt und die Sum-<br />
30 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
= 1<br />
1 ≤ d ≤ n<br />
2 = 1− max(<br />
n<br />
j ) =∑<br />
j=<br />
2<br />
j<br />
d2<br />
d s s<br />
0≤≤1 (1)<br />
(2)
Diversifikationsmaße im Praxistest – Ergebnisse auf der Grundlage von amtlichen Mikrodaten für Deutschland<br />
me der Nebenprodukte. Ein Wert nahe null kennzeichnet ein stark spezialisiertes Unternehmen,<br />
während ein Wert nahe eins auf ein diversifiziertes Unternehmen hinweist. Einschränkend<br />
ist im Hinblick auf dieses Maß anzumerken, dass die Gesamtzahl der Produkte<br />
des Unternehmens bei der Interpretation vernachlässigt wird.<br />
Ein weiteres, recht populäres Diversifikationsmaß (measure of corporate diversification)<br />
basiert auf dem Herfindahl-Index (3), einer Maßzahl zur Bestimmung der relativen Konzentration<br />
(Berry 1971, McVey 1972).<br />
n<br />
2<br />
j<br />
j=<br />
1<br />
HF = ∑ s<br />
1<br />
≤ HF ≤ 1<br />
n<br />
Ausgangspunkte für die Berechnung des Herfindahl-Indexes sind die Anzahl der Produkte<br />
sowie deren relative Bedeutung für das Unternehmen, gemessen anhand des Anteils am<br />
Absatzproduktionswert. Der Herfindahl-Index ist eine gewichtete Summe über die Absatzanteile<br />
aller Produkte, wobei jedes Produkt mit seinem eigenen Anteil gewichtet, also<br />
faktisch quadriert wird. Dies führt dazu, dass der Einfluss von Produkten mit niedrigem<br />
Absatzanteil insgesamt geringer ausfällt.<br />
Berry (1971: 373) wandelte dies zu einem Diversifikationsindex ab, der in der Literatur<br />
auch als Berry-Herfindahl-Index (4) bezeichnet wird.<br />
3<br />
1<br />
n<br />
∑<br />
j = 1<br />
2<br />
j 1<br />
0≤ d 1<br />
3 ≤1− d = − s = −HF<br />
Der Berry-Herfindahl-Index hat gegenüber dem eigentlichen Herfindahl-Index den Vorteil,<br />
dass er ansteigt, sobald die Diversifikation innerhalb eines Unternehmens zunimmt.<br />
Bei Ein-Produkt-Unternehmen nimmt er den Wert null an und nähert sich dem Wert eins,<br />
wenn die Absatzanteile der Produkte eines Unternehmens nahezu gleich verteilt sind. Aufgrund<br />
des Gewichtungsschemas reagieren der Herfindahl- und der Berry-Herfindahl-Index<br />
nur schwach auf Ausweitungen des Produktportfolios, solange diese nur einen geringen<br />
Absatzanteil aufweisen. Veränderungen werden somit erst ab einer gewissen Größe<br />
(im Hinblick auf den Absatzanteil) erfassbar.<br />
Die Cumulative Diversification Curve (5) wurde von Utton (1977) entwickelt und berücksichtigt<br />
neben dem Absatzanteil eines Produktes indirekt die Rangordnung der Produkte<br />
innerhalb des Unternehmens.<br />
n<br />
4 = 2⋅∑<br />
j ⋅ j −1<br />
j=<br />
1<br />
s r d<br />
1 ≤ d4≤ n<br />
r j = Rang des Produkts bezüglich seines Anteils am Absatzproduktionswert des Unternehmens<br />
(absteigend sortiert)<br />
Die Rangordnung der Produkte wird anhand des Absatzanteils bestimmt, wobei dem Produkt<br />
mit dem größten Anteil der erste Rang zugewiesen wird. Die Cumulative Diversification<br />
Curve liegt zwischen eins (für Ein-Produkt-Unternehmen) und der Anzahl der Pro-<br />
n<br />
(3)<br />
(4)<br />
(5)<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 31
Petra Zloczysti und Cathleen Faber<br />
dukte (für ein Unternehmen, dessen Absatzproduktionswert gleichmäßig auf alle<br />
produzierten Produkte verteilt ist). Ein Vorteil dieses Maßes ist dementsprechend, dass jede<br />
Ausprägung der Cumulative Diversification Curve anzahläquivalent interpretiert werden<br />
kann. Beispielsweise weist ein Unternehmen mit vielen Produkten und einem Wert<br />
von d 4 = 4 den gleichen Diversifikationsgrad auf wie ein Unternehmen, das über vier Produkte<br />
mit einem jeweiligen Absatzanteil von ¼ verfügt (Utton 1977: 103). Vollständige<br />
Diversifikation ist bei diesem Index somit eng mit dem Gedanken gleicher Absatzanteile<br />
für verschiedene Produkte verbunden. Ähnliches gilt auch für das folgende Diversifikationsmaß.<br />
Die Entropie (6) entstammt der Physik und wurde von Jacquemin und Berry (1979) auf<br />
die Messung der Diversifikation von Unternehmen übertragen. Für die Berechnung wird<br />
der Anteil eines Produktes am Absatz mit dem Logarithmus des Kehrwertes gewichtet.<br />
Sinn dieses Gewichtungsschemas ist es, Produkte mit geringem Absatzanteil, wie er häufig<br />
für neue Produkte kennzeichnend ist, stärker zu betonen.<br />
d = s ⋅ln<br />
5<br />
n<br />
∑<br />
j = 1<br />
Die Entropie lässt sich vergleichsweise schwer interpretieren: Sie ist nach unten durch null<br />
(für Ein-Produkt-Unternehmen) begrenzt und kann maximal den Wert des Logarithmus<br />
der Anzahl der Produkte (bei Gleichverteilung der einzelnen Produkte gemäß des Absatzanteils)<br />
annehmen – ein Wert, der intuitiv schlecht greifbar ist.<br />
Die anzahläquivalente Entropie (7) hingegen, angewandt beispielsweise von Baldwin et<br />
al. (2001), errechnet sich aus der exponierten Entropie und lässt sich direkt als durchschnittliche,<br />
gewichtete Anzahl von Produkten eines Unternehmens interpretieren.<br />
d5<br />
d6e e<br />
Die Idee hierbei ist, vergleichbar dem Konzept der Cumulative Diversification Curve, ein<br />
zahlenmäßiges Äquivalent zu bestimmen, das der Anzahl der Produkte bei Gleichverteilung<br />
des Absatzes entsprechen würde. Ein-Produkt-Unternehmen erhalten den Wert eins,<br />
während die anzahläquivalente Entropie für Mehr-Produkt-Unternehmen kleiner oder<br />
gleich (bei Gleichverteilung) der Anzahl der Produkte ist.<br />
Neben den hier vorgestellten, in der empirischen Forschung verbreiteten Diversifikationsmaßen<br />
entwickelten viele Autoren speziell auf die jeweilige Fragestellung und die zur<br />
Verfügung stehenden Daten zugeschnittene Diversifikationsmaße, die im Folgenden nicht<br />
weiter betrachtet werden sollen. 2<br />
Zusammenfassend lassen sich die gängigen Diversifikationsmaße in zwei Gruppen unterteilen:<br />
Die eine Gruppe, bestehend aus dem (Berry-)Herfindahl-Index und dem Anteil der<br />
Nebenprodukte, lässt sich anteilswertbezogen verstehen. Diese Maße liegen definitionsge-<br />
2 Vgl. beispielsweise Ushijima und Fukui (2004), Rumelt (1974), Varadarajan und Ramanujam (1987), Gollop<br />
und Monahan (1991).<br />
32 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
j<br />
1 ( s ) j<br />
0≤d ≤ ln( n)<br />
s ln<br />
⎛ 1 ⎞<br />
∑ j ⎜ s ⎟<br />
⎝ j ⎠<br />
= = 1 ≤ d6≤ n<br />
5<br />
(6)<br />
(7)
Diversifikationsmaße im Praxistest – Ergebnisse auf der Grundlage von amtlichen Mikrodaten für Deutschland<br />
mäß zwischen null und eins, wobei null für Spezialisierung und Werte nahe eins für eine<br />
starke Diversifikation stehen. Die andere Gruppe, bestehend aus Anzahl der Produkte, Cumulative<br />
Diversification Curve und anzahläquivalenter Entropie, kann jeweils als durchschnittliche<br />
Produktanzahl interpretiert werden, wobei Cumulative Diversification Curve<br />
und anzahläquivalente Entropie eine Gewichtung anhand der Absatzanteile vornehmen.<br />
Die Entropie ist aufgrund ihrer begrenzten Interpretationsmöglichkeiten schwer zu klassifizieren,<br />
in der praktischen Anwendung allerdings mit der anzahläquivalenten Entropie<br />
vergleichbar. Sie wird daher im Folgenden nicht weiter betrachtet.<br />
Anzahlbezogene Maße Anteilswertbezogene Maße<br />
Anzahl der Produkte Anteil der Nebenprodukte am Absatz<br />
Cumulative Diversification Curve (Berry-)Herfindahl Index<br />
Anzahläquivalente Entropie<br />
Die vorgenommene Untergliederung der Diversifikationsmaße in anzahl- und anteilswertbezogene<br />
Maße wird aus Gründen der Übersichtlichkeit auch in der folgenden empirischen<br />
Analyse beibehalten.<br />
An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Ergebnisse der Diversifikationsmessung naturgemäß<br />
von der zugrunde liegenden Klassifizierung der Produkte oder Wirtschaftszweige<br />
abhängen. Je aggregierter die Ausgangsdaten sind, desto geringer fällt die gemessene Diversifikation<br />
aus.<br />
3 Verwendete Daten<br />
Die meisten Studien zum Thema beziehen sich auf Diversifikation von Unternehmen über<br />
Wirtschaftszweige und hierbei vor allem auf 2- oder 4-Steller-Ebene der nationalen Klassifikation<br />
der Wirtschaftszweige. 3 Diese Untersuchung konzentriert sich hingegen auf die<br />
neuen Analysepotentiale von Mikrodaten, setzt auf der Produktebene an und betrachtet<br />
folglich die Produktdiversifikation von Unternehmen. Hierbei wird die tiefste Gliederungsebene<br />
des Güterverzeichnisses für Produktionsstatistiken (9-Steller der GP95) verwendet.<br />
Die folgenden Ergebnisse basieren auf Mikrodaten eines faktisch anonymisierten Producer-Product-Panels<br />
4 für das verarbeitende Gewerbe (Görzig et al. 2005). Diese Daten wurden<br />
im Forschungsdatenzentrum der Statistischen Ämter der Länder am regionalen Standort<br />
<strong>Berlin</strong> für Forschungszwecke aufbereitet und anonymisiert. Sie können am<br />
Gastwissenschaftlerarbeitsplatz ausgewertet werden.<br />
Das Panel enthält Mikrodaten aus der Produktions- und Kostenstrukturerhebung (zwei unterschiedlichen<br />
Erhebungen der Statistik des verarbeitenden Gewerbes), die für den Zeit-<br />
3 Beispielhaft sei hier auf die Studien von Gort (1962), Berry (1971), Utton (1977), Jacquemin und Berry<br />
(1979) oder Baldwin (2001) verwiesen.<br />
4 Durch die Kombination von Produktions- und Kostenstrukturerhebung entsteht ein Mikrodatensatz, der eine<br />
Zuordnung zwischen hergestellten Produkten, jeweiligen Produzenten und deren Kostenarten ermöglicht.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 33
Petra Zloczysti und Cathleen Faber<br />
raum von 1995 bis 2001 auf Unternehmensebene über die Unternehmensnummer miteinander<br />
verknüpft wurden.<br />
Die Unternehmen der Kostenstrukturerhebung gehören in der Regel auch zu den Berichtspflichtigen<br />
der Produktionserhebung, einer Vollerhebung mit Abschneidegrenze, die Angaben<br />
über Anzahl und Wert der erzeugten Produkte der im Inland ansässigen produzierenden<br />
Betriebe von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes mit 20 und mehr<br />
Beschäftigten erfasst 5 . Im Mittelpunkt der Analyse steht der Wert der zum Absatz bestimmten<br />
Produktion ohne Berücksichtigung von Zwischenprodukten und vergebener<br />
Lohnarbeit. Die Produktionserhebung liefert Daten für die jeweiligen örtlichen Betriebsstätten<br />
der Unternehmen. Diese lassen sich entsprechend den Unternehmen zuordnen,<br />
woraus sich die Zahl der Betriebe eines jeden Unternehmens als zusätzliches Merkmal ergibt.<br />
In den vorliegenden Mikrodaten werden, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Angaben<br />
über Menge und Wert aller 6400 vorgegebenen Produkte, entsprechend des Güterverzeichnisses<br />
für Produktionsstatistiken (GP95), verwendet.<br />
Die Kostenstrukturerhebung ist eine jährliche Stichprobe für ca. 18000 Unternehmen mit<br />
mindestens 20 Beschäftigten. Für Unternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten handelt<br />
es sich um eine Vollerhebung; für kleinere Unternehmen ist es eine rotierende Stichprobe<br />
mit Panelcharakter. Der durchschnittliche Auswahlsatz beträgt 45% (Statistisches Bundesamt<br />
2005b). Aus dieser Erhebung sind in die vorliegende Untersuchung Informationen<br />
über die Zahl der tätigen Personen beziehungsweise Beschäftigtengrößenklassen einbezogen<br />
worden.<br />
Bei der Längsschnittanalyse sind Stichprobenneuziehungen zu beachten. In der Kostenstrukturerhebung<br />
wurde 1997 und 1999 eine neue Stichprobe gezogen. Diese Veränderungen<br />
werden in der folgenden Analyse berücksichtigt, da neben allen Unternehmen ein Datensatz<br />
mit Großunternehmen 6 extrahiert wird, der eine Vollerhebung darstellt.<br />
Insgesamt sind im analysierten Producer-Product-Panel Mikrodaten für 105530 Unternehmen<br />
enthalten. Davon sind zirka ein Drittel Ein-Produkt-Unternehmen, für die eine Analyse<br />
der Diversifikation nur im Zeitverlauf eine Rolle spielt. Rund 10% der Unternehmen<br />
verfügen über mehr als 500 Beschäftigte.<br />
Für 2394 Unternehmen liegen Daten für alle sieben Erhebungsjahre von 1995 bis 2001<br />
vor. Auch hiervon sind zirka zwei Drittel Mehr-Produkt-Unternehmen. Rund ein Drittel<br />
der Unternehmen im reduzierten Panel sind Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten.<br />
Im Rahmen der Analyse hat sich wiederholt gezeigt, dass anstelle der Zahl der Produkte<br />
des Unternehmens im vorliegenden Datensatz auch die Zahl der Betriebe verwandt werden<br />
könnte, da beide Merkmale hoch korreliert sind.<br />
5 Liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit des Unternehmens außerhalb des produzierenden Gewerbes, so muss<br />
der Betrieb mindestens 20 Beschäftigte aufweisen. Für besonders klein strukturierte Wirtschaftszweige gilt<br />
eine abweichende Abschneidegrenze von überwiegend 10 und mehr Beschäftigten (Statistisches Bundesamt<br />
2005a: 3).<br />
6 Mehr als 500 Beschäftige.<br />
34 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Diversifikationsmaße im Praxistest – Ergebnisse auf der Grundlage von amtlichen Mikrodaten für Deutschland<br />
4 Ergebnisse im Querschnittvergleich<br />
Im Hinblick auf die praktische Anwendung der vorgestellten Diversifikationsmaße in der<br />
empirischen Analyse ist die Frage nach unterschiedlichen Ausprägungen und Gemeinsamkeiten<br />
von wesentlicher Bedeutung. In der Querschnittbetrachtung bieten Mittelwerte und<br />
Standardabweichungen der Diversifikationsmaße einen ersten Anhaltspunkt. Tabelle 1<br />
zeigt die Mittelwerte und Standardabweichungen für das Jahr 2001 7 , wobei die Standardabweichung<br />
zur besseren Vergleichbarkeit prozentual in Relation zum Mittel angegeben<br />
ist.<br />
Es ist zu erkennen, dass sich die meisten Maße in ihrer Streuung kaum unterscheiden. Im<br />
Durchschnitt liegt die Standardabweichung bei rund 100% des entsprechenden Mittelwertes.<br />
Mögen diese Werte auf den ersten Blick sehr hoch erscheinen, so sind sie jedoch aufgrund<br />
der Heterogenität bezüglich Größe und Produktpalette der Unternehmen des produzierenden<br />
Gewerbes erklärbar. Auch eine erste Schwäche des rudimentärsten aller Maße,<br />
die schlichte Anzahl der hergestellten Produkte, wird erkennbar. Da es keinerlei Gewichtung<br />
verwendet, die die Bedeutung einzelner Produkte widerspiegeln würde, ist eine wesentlich<br />
höhere Standardabweichung die Folge, die fast das Doppelte des durchschnittlichen<br />
Wertes beträgt. 8<br />
Weitaus interessanter sind die empirischen Zusammenhänge der verschiedenen Diversifikationsmaße.<br />
Die Wahl eines geeigneten Maßes stellt eine der inhaltlichen Analyse, beispielsweise<br />
von Diversifikation und Unternehmenserfolg, vorgelagerte Entscheidung dar<br />
und ist somit bei der Interpretation von Ergebnissen zu berücksichtigen. Es stellt sich in<br />
Tabelle 1<br />
Mittelwerte und prozentuale Standardabweichungen der Diversifikationsmaße<br />
1 Im Folgenden wird die Variante des (Berry-)Herfindahl-Indexes zum Zweck der Vergleichbarkeit der Ergebnisse<br />
im Hinblick auf Diversifikation verwendet.<br />
Quelle: Forschungsdatenzentren der Länder, eigene Berechnungen.<br />
Diversifikationsmaß Mittelwert<br />
7 2001 stellt die aktuellste Welle des vorhandenen Datenmaterials dar.<br />
8 Die Ergebnisse für frühere Jahre zeigen keine wesentlichen Unterschiede, daher können die gezeigten Werte<br />
in ihrer Struktur als repräsentativ betrachtet werden.<br />
Prozentuale<br />
Standardabweichung<br />
Anzahlbezogene Maße Anzahl der Produkte 3,54 185,2<br />
Cumulative<br />
Diversification Curve<br />
Anzahläquivalente<br />
Entropie<br />
Anteilsbezogene Maße Anteil der<br />
Nebenprodukte<br />
1,81 84,9<br />
2,11 94,9<br />
0,22 105,8<br />
Herfindahl-Index 1 0,29 97,6<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 35
Petra Zloczysti und Cathleen Faber<br />
Tabelle 2<br />
Korrelationskoeffizienten der Diversifikationsmaße für das Jahr 2001<br />
Quelle: Forschungsdatenzentren der Länder, eigene Berechnungen.<br />
diesem Zusammenhang insbesondere die Frage, ob schwerpunktmäßig anzahl- oder anteilsbezogene<br />
Größen die Diversifikation von Unternehmen in vergleichbarer Weise abbilden.<br />
Zu diesem Zweck werden Korrelationskoeffizienten für alle vorhandenen Wellen,<br />
1995–2001, berechnet. An dieser Stelle werden exemplarisch die aktuellen Werte für 2001<br />
wiedergegeben. 9<br />
Die erste Hälfte der Tabelle 2 beinhaltet die anzahlbezogenen Maße, während die anteilsbezogenen<br />
Diversifikationsmaße in der unteren Hälfte angeordnet sind. Kursiv in der jeweils<br />
zweiten Zeile sind die Korrelationskoeffizienten für die Gruppe der Mehr-Produkt-<br />
Unternehmen dargestellt. 10 Diese Unternehmen liefern den Großteil der Varianz der angewandten<br />
Maße, daher dient ihre Gruppe der Kontrolle und Verdeutlichung der Ergebnisse.<br />
Die Tatsache, dass die Korrelationskoeffizienten systematisch etwas niedriger ausfallen,<br />
lässt sich daher aufgrund unterschiedlicher Gewichtungen leicht begründen.<br />
Die anzahlbezogenen Maße: Anzahl der Produkte, anzahläquivalente Entropie und Cumulative<br />
Diversification Curve zeigen hohe Korrelationen von über 80% untereinander, was<br />
auf eine hohe Vergleichbarkeit der Ergebnisse schließen lässt. Insbesondere die anzahläquivalente<br />
Entropie und die Cumulative Diversification Curve zeigen einen nahezu perfekten<br />
linearen Zusammenhang.<br />
9 Die Korrelationsstruktur ist über die Jahre weitgehend konstant.<br />
10 Unternehmen, die gemäß der verwendeten Gliederung mehr als ein Produkt erstellen. Der Anteil von Ein-<br />
Produkt-Unternehmen liegt im Schnitt bei gut 30%.<br />
36 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Anzahl der<br />
Produkte<br />
Anzahl der Produkte 1<br />
Cumulative Diversification<br />
Curve<br />
Anzahläquivalente<br />
Entropie<br />
1<br />
Cumulative<br />
Diversification<br />
Curve<br />
0,86 1<br />
0,84 1<br />
Anzahläquivalente<br />
Entropie<br />
0,85 1 1<br />
0,83 1 1<br />
Anteil der Nebenprodukte 0,44 0,7 0,71 1<br />
0,35 0,65 0,65 1<br />
Anteil der<br />
Nebenprodukte Herfindahl-Index<br />
Herfindahl-Index 0,44 0,68 0,7 0,99 1<br />
0,35 0,64 0,65 0,98 1
Diversifikationsmaße im Praxistest – Ergebnisse auf der Grundlage von amtlichen Mikrodaten für Deutschland<br />
Selbiges gilt für die anteilsbezogenen Größen: Der Anteil der Nebenprodukte und der<br />
Herfindahl-Index weisen ebenfalls einen Korrelationskoeffizienten von knapp eins auf.<br />
Innerhalb der beiden gebildeten Gruppen von Diversifikationsmaßen ist damit eine fast lineare<br />
Entsprechung der Ergebnisse zu erwarten. Diese Beobachtung leitet über zu der Fragestellung,<br />
inwieweit die Ergebnisse der gebildeten Gruppen voneinander abweichen.<br />
Hier zeigen sich einige systematische Unterschiede, die für den Bereich der Mehr-Produkt-Unternehmen<br />
noch deutlicher ausfallen. Insbesondere die einfache Anzahl der Produkte<br />
weist verhältnismäßig niedrige Korrelationen mit den anteilsbezogenen Maßen auf.<br />
Die beiden anderen anzahlbezogenen Größen zeigen hingegen auch hohe Korrelation mit<br />
den anteilsbezogenen Maßen, wenngleich diese niedriger ausfallen als die Werte innerhalb<br />
der eigenen Gruppe. Diese Ergebnisse sind insofern nicht verwunderlich, als dass anteilsbezogene<br />
Informationen sowohl in der Cumulative Diversification Curve als auch im anzahläquivalenten<br />
Entropiemaß Verwendung finden.<br />
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die meisten Maße einen treffenden,<br />
einheitlichen Eindruck der beobachtbaren Diversifikation liefern. Die beiden gebildeten<br />
Gruppen zeigen insgesamt eine stärkere Korrelation unter- als zwischeneinander; allerdings<br />
sind diese Unterschiede nicht gravierend. Einschränkungen sind nur hinsichtlich der<br />
Anzahl der hergestellten Produkte zu machen, da hierbei absatzwertbezogene Informationen<br />
systematisch unberücksichtigt bleiben. Die Entscheidung für ein bestimmtes Maß ist<br />
von der zu klärenden Fragestellung und der gewählten Definition von Diversifikation abhängig<br />
zu machen, insbesondere im Hinblick auf die Wahl zwischen Anzahl der Produkte<br />
oder eines gewichteten Maßes. Allerdings bleibt grundsätzlich festzuhalten, dass die Abbildung<br />
des Diversifikationsgrades eines Unternehmens über die verschiedenen Maße hinweg<br />
sehr ähnlich ist. Bezüglich der praktischen Anwendung erscheint die Verwendung<br />
von gewichteten Maßen in den meisten Fällen sinnvoller, um der unterschiedlichen Bedeutung<br />
von Produkten für den Erfolg des Unternehmens Rechnung zu tragen. Aus interpretatorischer<br />
Sicht sind daher anzahlbezogene gewichtete Diversifikationsmaße wie die<br />
anzahläquivalente Entropie empfehlenswert.<br />
Ein weiterer wichtiger Aspekt in der empirischen Forschung ist die Klassifizierung und<br />
Gruppierung von Unternehmen gemäß ihrer Diversifikationsniveaus. Hierfür sind weniger<br />
die Korrelationskoeffizienten der Maße relevant als viel mehr die von ihnen erzeugten<br />
Rangordnungen der Unternehmen entsprechend ihres Diversifikationsgrades. Um die resultierenden<br />
Klassifizierungen zu vergleichen, werden Spearman-Rangkorrelationskoeffizienten<br />
berechnet.<br />
In Anlehnung an Tabelle 2 zeigt Tabelle 3 die Werte für das Jahr 2001 unter Verwendung<br />
des kompletten Datensatzes. Hier zeigt sich über alle Diversifikationsmaße und beide<br />
Gruppen hinweg ein einheitliches Bild: hohe Korrelationskoeffizienten zwischen 0,9 und<br />
eins. Auch hier sind die Werte für die Anzahl der Produkte am geringsten, absolut jedoch<br />
immer noch auf sehr hohem Niveau. Da sich diese Ergebnisse für alle vorhandenen Jahre<br />
und auch in der Gruppe der Mehr-Produkt- und Großunternehmen wiederfinden, lässt dies<br />
den Schluss zu, dass die von den verschiedenen Maßen erzeugten Rangfolgen weitgehend<br />
identisch sind. In praktischer Hinsicht sind damit alle Maße zur Bildung von Clustern geeignet,<br />
wobei die Anzahl der Produkte und der Anteil der Nebenprodukte durch ihre einfache<br />
Bestimmung einen guten und schnellen Überblick liefern können. Der Einfluss der<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 37
Petra Zloczysti und Cathleen Faber<br />
Tabelle 3<br />
Rangkorrelationskoeffizienten der Diversifikationsmaße für das Jahr 2001 1<br />
1 Auf die Ausweisung von Rangkorrelationskoeffizienten für Mehrproduktunternehmen wurde verzichtet, da sie<br />
ein vergleichbares Bild liefern.<br />
Quelle: Forschungsdatenzentren der Länder, eigene Berechnungen.<br />
Fragestellung im Hinblick auf das zu verwendende Maß verliert in diesem Zusammenhang<br />
an Bedeutung, führt jedoch in der Praxis zu einer deutlichen Arbeitserleichterung.<br />
5 Entwicklungsvergleich der Diversifikation in Deutschland<br />
Neben der Querschnittperspektive ist im Hinblick auf die Nutzung von Diversifikationsmaßen<br />
ihre Fähigkeit zur Abbildung der Entwicklung im Zeitverlauf relevant. In vielen<br />
empirischen Forschungsarbeiten sind gerade die Verhaltensänderungen der Unternehmen<br />
von Interesse. Im Vordergrund steht z.B. die Frage, ob sich Spezialisierungs- oder Diversifizierungstendenzen<br />
durchgesetzt haben.<br />
Für den gesamten Datensatz zeigt sich sowohl für die anzahl- als auch für die anteilsbezogenen<br />
Maße ein leichte Abwärtsbewegung, ein Indiz für einen Trend hin zu stärkerer<br />
Spezialisierung. Die Abbildungen 1 und 2 zeigen den Verlauf beider Gruppen, wobei eine<br />
indexierte Darstellungsform gewählt wird, um die Veränderungen der Größen hervorzuheben.<br />
Der Ausgangswert von 1995 wird als Basis verwendet und entspricht damit 100%.<br />
Ausgehend von dieser Größe werden die Werte der folgenden Jahre bis 2001 in Relation<br />
gesetzt. Die prozentuale Abnahme vom Ausgangsniveau ist daher als Differenz zum Basisjahr<br />
ablesbar. So liegt der Wert der Cumulative Diversification Curve 2001 rund 5%<br />
unter dem Wert von 1995. Im Durchschnitt beträgt die Abnahme über den gesamten Zeitraum<br />
für die anzahlbezogenen Maße zwischen 5% und 7%.<br />
Für die anteilsbezogenen Diversifikationsmaße sind ebenfalls deutliche Veränderungen zu<br />
verzeichnen. Auch hier zeigt sich ein stetiges Absinken zwischen 6% und 7%.<br />
Insgesamt verläuft die Entwicklung aller Maße recht gleichmäßig und kontinuierlich;<br />
Strukturbrüche sind nicht zu erkennen, wobei die Anzahl der hergestellten Produkte den<br />
größten Schwankungen unterliegt. Dies könnte auf neu eingeführte Produkte zurückzu-<br />
38 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Anzahl der<br />
Produkte<br />
Anzahl der Produkte 1<br />
Cumulative Diversification<br />
Curve<br />
Anzahläquivalente<br />
Entropie<br />
Cumulative<br />
Diversification<br />
Curve<br />
0,92 1<br />
Anzahläquivalente<br />
Entropie<br />
0,93 0,99 1<br />
Anteil der Nebenprodukte 0,88 0,97 0,98 1<br />
Anteil der<br />
Nebenprodukte Herfindahl-Index<br />
Herfindahl-Index 0,90 0,97 0,99 1 1
Diversifikationsmaße im Praxistest – Ergebnisse auf der Grundlage von amtlichen Mikrodaten für Deutschland<br />
Abbildung 1<br />
Entwicklung der anzahlbezogenen Diversifikationsmaße<br />
Index<br />
102<br />
100<br />
98<br />
96<br />
94<br />
92<br />
90<br />
88<br />
Quelle: Forschungsdatenzentren der Länder, eigene Berechnungen.<br />
Abbildung 2<br />
Entwicklung der anteilsbezogenen Maße<br />
Index<br />
102<br />
100<br />
98<br />
96<br />
94<br />
92<br />
90<br />
88<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001<br />
Quelle: Forschungsdatenzentren der Länder, eigene Berechnungen.<br />
Anzahl der<br />
Produkte<br />
Anzahläquivalente<br />
Entropie<br />
Cumulative<br />
Diversification Curve<br />
Anteil der<br />
Nebenprodukte<br />
Herfindahl-Index<br />
führen sein, die sich nie am Markt durchsetzen konnten, keinen relevanten Absatzwertanteil<br />
ausmachen und schließlich wieder aus der Produktion genommen werden.<br />
In diesem Zusammenhang muss auf die Neuziehung der Stichproben geachtet werden, da<br />
dies die Ergebnisse beeinflussen könnte. Vor dem Hintergrund des verwendeten Datensatzes<br />
stellt sich in methodischer Hinsicht die Frage, ob die Neuziehungen der Stichproben<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 39
Petra Zloczysti und Cathleen Faber<br />
Abbildung 3<br />
Entwicklung anzahlbezogener Maße für Großunternehmen<br />
Index<br />
Quelle: Forschungsdatenzentren der Länder, eigene Berechnungen.<br />
Abbildung 4<br />
Entwicklung anteilsbezogener Maße für Großunternehmen<br />
Index<br />
Quelle: Forschungsdatenzentren der Länder, eigene Berechnungen.<br />
maßgeblich zur Beobachtung einer kontinuierlichen Abwärtsbewegung beigetragen haben.<br />
Diese Neuziehungen betreffen jedoch nicht alle Unternehmensklassen gleichermaßen,<br />
für Großunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten liegt eine Vollerhebung vor.<br />
Daher werden im Rahmen dieser Studie die Veränderungen der Diversifikationsmaße auch<br />
für eben jene Gruppe bestimmt. Die Abbildungen 3 und 4 zeigen die Entwicklung anzahlund<br />
anteilsbezogener Maße für den Zeitraum von 1995 bis 2001.<br />
40 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
85<br />
80<br />
75<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
85<br />
80<br />
75<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001<br />
Anzahl der Produkte<br />
Anzahläquivalente<br />
Entropie<br />
Cumulative<br />
Diversification Curve<br />
Anteil der<br />
Nebenprodukte<br />
Herfindahl-Index
Diversifikationsmaße im Praxistest – Ergebnisse auf der Grundlage von amtlichen Mikrodaten für Deutschland<br />
Die Grafiken bestätigen den Eindruck der Abbildungen 1 und 2. Es ist ein deutlicher<br />
Trend zu stärkerer Spezialisierung zu verzeichnen und fast alle Maße liefern vergleichbar<br />
gute Informationen über die Veränderung der durchschnittlichen Diversifikation. Problematisch<br />
bleibt die Verwendung der Anzahl der Produkte, da relativ starke Schwankungen<br />
und Abweichungen von den anderen Maßen vorliegen. Insgesamt bestätigen die Eindrücke<br />
der Abbildungen 3 und 4 die Beobachtungen für den vollständigen Datensatz.<br />
Ergänzend wird ein Kontrollpanel, bestehend aus allen Unternehmen, die in sämtlichen<br />
Wellen vertreten waren, gebildet, um für Einflüsse der Stichprobenneuziehung zu kontrollieren.<br />
Es zeigt sich auch in diesem Zusammenhang eine leichte Tendenz zur Spezialisierung<br />
der Unternehmen im Rahmen der anzahlbezogenen Maße, wobei diese geringer ausfällt<br />
als im gesamten Datensatz. Neu hinzukommende Unternehmen scheinen daher die<br />
Spezialisierung durch neue Produkte voranzutreiben. Die Ergebnisse der anteilsbezogenen<br />
Maße zeigen hier keine nennenswerte Entwicklung, die weitere Rückschlüsse zulassen.<br />
Zusammenfassend scheint im Hinblick auf Längsschnittanalysen die Fragestellung bei der<br />
Wahl eines Diversifikationsmaßes keinen entscheidenden Einfluss zu haben. Mit Ausnahme<br />
der Anzahl der Produkte beschreiben alle Maße einen ähnlichen Entwicklungsprozess<br />
und sind daher für Messungen der Veränderungen im Zeitablauf geeignet. Die Neuziehungen<br />
der Stichproben haben keine Strukturbrüche innerhalb der kurzen, zur Verfügung stehenden<br />
Zeitreihe erkennen lassen und stellen daher in der praktischen Anwendung kein<br />
wesentliches Problem dar.<br />
6 Schlussfolgerungen<br />
Diversifikationsmaße sollen empirisch die Gestaltung der Produktpalette von Unternehmen<br />
und somit ihr Verhalten bzw. Verhaltensänderungen auf Märkten abbilden. Die vorliegende<br />
Studie zeigt, dass die Ergebnisse sowohl im Längsschnitt- als auch im<br />
Querschnittvergleich für die verschiedenen Diversifikationsmaße große Ähnlichkeiten<br />
aufweisen. Grundsätzlich sind alle getesteten Maße in der Praxis anwendbar. Lediglich<br />
das zugrunde liegende Verständnis von Diversifikation sollte beachtet werden und hierbei<br />
insbesondere die Frage, ob eine Gewichtung der Produktanzahl anhand der Bedeutung<br />
vorgenommen wird oder nicht. In welcher Form diese Gewichtung stattfindet, scheint von<br />
geringerer Bedeutung zu sein. Sie beeinflusst allerdings, wie stark ein Maß auf neue Produkte<br />
mit geringem Absatzanteil reagiert.<br />
So finden sich im Querschnittvergleich zwar Unterschiede zwischen den beiden gebildeten<br />
Gruppen anhand der Bestimmung von Korrelationskoeffizienten, allerdings fallen nur<br />
die Werte für die ungewichtete Anzahl der Produkte deutlich niedriger aus, sodass für dieses<br />
Maß mit abweichenden Ergebnissen in der empirischen Forschung zu rechnen ist. Für<br />
den Bereich der Clusterbildung können keine durch die Wahl eines bestimmten Maßes<br />
hervorgerufenen Einschränkungen festgestellt werden. Daher können auch einfache Maße<br />
wie der Anteil der Nebenprodukte einen guten und schnellen Überblick liefern.<br />
Die Analyse der Veränderungen im Zeitablauf zeigt eine ähnliche Entwicklung aller Maße.<br />
Nur die Anzahl der Produkte unterliegt höheren Schwankungen über die Zeit und erscheint<br />
auch aufgrund ihrer diskreten Erfassungsweise für die Beurteilung ungeeignet.<br />
Insgesamt kann ein Trend hin zu stärkerer Spezialisierung beobachtet werden, der von al-<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 41
Petra Zloczysti und Cathleen Faber<br />
len Maßen gleichermaßen erfasst und abgebildet wird. Da auch für Veränderungen des<br />
Datensatzes durch Stichprobenneuziehungen kontrolliert wird, ist diese Aussage nicht<br />
durch etwaige Strukturbrüche verfälscht.<br />
Literaturverzeichnis<br />
Baldwin, J.R., D. Beckstead, und R. Caves (2001): Changes in the diversification of<br />
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2005.<br />
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Academy of Management Journal, 30 (2), 380–393.<br />
42 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Spezialisierung und Unternehmenserfolg im<br />
verarbeitenden Gewerbe Deutschlands<br />
Von Bernd Görzig*, Martin Gornig** und Ramona Pohl***<br />
Vierteljahrshefte<br />
zur Wirtschaftsforschung<br />
76 (2007), 3, S. 43–58<br />
Zusammenfassung: Der Wandel der Produktions- und Nachfragebedingungen verlangt von Unternehmen<br />
immer wieder Anpassungen ihrer Produktpalette. Auf der Basis von repräsentativen Mikrodaten<br />
der amtlichen Statistik werden hier diese Anpassungen in Beziehung zum Erfolg und zum<br />
Wachstum der Unternehmen gesetzt. Es wird gezeigt, dass die Mehrzahl der Unternehmen im verarbeitenden<br />
Gewerbe in Deutschland eine Spezialisierungsstrategie verfolgt. Sie konzentrieren sich auf<br />
die Erstellung und Vermarktung immer weniger Produkte. Damit steigern diese Unternehmen vor<br />
allem ihren operativen Gewinn. Unternehmen mit steigender Produktvielfalt, die eine Diversifizierungsstrategie<br />
verfolgen, erweisen sich dagegen als deutlich wachstumsstärker. Jedoch nicht alle<br />
Unternehmen, die eine Spezialisierungsstrategie verfolgen, sind erfolgreich und nicht alle Unternehmen,<br />
die ihre Produktpalette ausweiten, wachsen. Entsprechend zeigen sich auch Abweichungen von<br />
den generellen Ergebnissen, wenn man einzelne Wirtschaftzweige, Größenklassen oder Regionen<br />
betrachtet.<br />
Summary: The change of production and demand conditions requires continues adjustments of the<br />
product portfolio of enterprises. Based on representative micro data of official surveys for Germany<br />
these adjustments are set here in relationship with the success of enterprises. It can be shown that<br />
the majority of the enterprises in manufacturing is pursuing a specialization strategy. They concentrate<br />
on a decreasing number of products, increasing above all their operating surplus. Contrary,<br />
enterprises that pursue a diversification strategy prove against it as clearly growth-oriented. However,<br />
not all enterprises, which pursue a specialization strategy, are successful and not all enterprises,<br />
which expand their product range, are growing. Accordingly also deviations from the general results<br />
show up, if one regards individual industries, size classes or regions.<br />
JEL-Codes: L60, L25, R30<br />
Keywords: Diversification, firm’s success, firm size, industry, region<br />
1 Einführung<br />
Die hier vorgestellten Ergebnisse basieren auf einer Studie des <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> zum Zusammenhang<br />
von Produktinnovationen und Unternehmenserfolg, die im Auftrag des Bundesministeriums<br />
für Wirtschaft und Technologie durchgeführt wurde.<br />
In dem folgenden Beitrag geht es um die empirische Überprüfung der Frage, inwieweit die<br />
für das verarbeitende Gewerbe insgesamt zu beobachtende allgemeine Spezialisierungstendenz<br />
allgemeiner Natur ist oder ob bestimmte Unternehmenstypen nicht in dieses Raster<br />
passen. Insbesondere wird geprüft, inwieweit der im Durchschnitt der deutschen Un-<br />
* <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>, Mohrenstraße 58, 10117 <strong>Berlin</strong>, Tel: 49 30 89789314, E-Mail: bgoerzig@diw.de<br />
** <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>, Mohrenstraße 58, 10117 <strong>Berlin</strong>, Tel: 49 30 89789314, E-Mail: mgornig@diw.de<br />
*** Amt für Statistik <strong>Berlin</strong>-Brandenburg, 10315 <strong>Berlin</strong>, Tel: 49 30 90213907, E-Mail: Ramona.Pohl@statistikbbb.de<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 43
Bernd Görzig, Martin Gornig und Ramona Pohl<br />
ternehmen beobachtbare positive Zusammenhang zwischen Spezialisierung und Erfolg<br />
allgemeiner Natur ist oder bestimmte Unternehmensgrößen, Wirtschaftszweige oder Regionen<br />
vorrangig betrifft.<br />
Die Analysen wurden mit repräsentativen Mikrodaten der amtlichen Statistik durchgeführt.<br />
Es wurde ein auf Unternehmensebene verbundener Längsschnittdatensatz zweier<br />
Erhebungen für das verarbeitende Gewerbe verwendet. Ermöglicht wird diese Untersuchung<br />
durch die neu geschaffenen Forschungsdatenzentren der amtlichen Statistik.<br />
2 Diversifizierung und Spezialisierung<br />
Die Vorteile arbeitsteiliger Spezialisierungsprozesse sind Gegenstand vieler ökonomischer<br />
Studien. Dennoch ist unstrittig, dass von vielen Unternehmen Diversifizierungsstrategien<br />
angewandt werden. Vor diesem Hintergrund hat die industrieökonomische Forschung Begründungen<br />
dafür entwickelt, warum – trotz grundsätzlicher Nachteile – Diversifizierung<br />
für ein einzelnes Unternehmen sinnvoll sein kann. Von den durch Jovanovic und Gilbert<br />
(1993) aufgelisteten Beweggründen können Gewinnung zusätzlicher Marktmacht, Risikoausgleich,<br />
und Erhöhung der Produktkompatibilität der Absatzseite zugerechnet werden.<br />
Dagegen sind verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten und Effizienzgewinne durch Economies<br />
of Scope eher der Kostenseite zuzuordnen.<br />
Angesichts der teilweise stark differierenden theoretischen Begründungen für Diversifizierung<br />
fallen auch die empirischen Ergebnisse keineswegs eindeutig aus. Jovanovic und<br />
Gilbert (1993) konstatieren unter Berufung auf eine Reihe von Studien, dass zumindest in<br />
den USA der überwiegende Teil des 20. Jahrhunderts von einer zunehmenden Diversifizierung<br />
der Unternehmen geprägt war. Demgegenüber konnte gegen Ende des 20. Jahrhunderts,<br />
beginnend etwa 1980, zunehmende Spezialisierung beobachtet werden (Gollop<br />
und Monahan 1991). Zurückgeführt wird diese Entwicklung auf die verstärkte Öffnung<br />
und Integration der Märkte im Zuge von Handelsliberalisierung.<br />
Während Spezialisierung in der Regel auf Effizienz- und Erfolgssteigerung ausgerichtet<br />
ist, sind die unterschiedlichen Diversifizierungsmotive von Unternehmen nicht zwangsläufig<br />
mit der Absicht einer Steigerung des Erfolgs verbunden. Theoretische Überlegungen<br />
(Caves et al. 1980, Smolny 2003) lassen erwarten, dass in Abhängigkeit von den Motiven<br />
diversifizierende Unternehmen weniger profitabel sind.<br />
Während Montgomery (1985) empirisch bestätigen kann, dass hoch diversifizierte Unternehmen<br />
eine geringere Profitabilität aufweisen, berichtet Hall (1995) über eine Reihe empirischer<br />
Studien, die auch einen positiven Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Diversifizierung<br />
und dem Unternehmenserfolg konstatieren. Diese Studien beziehen sich in<br />
der Regel jedoch nur auf eine geringe Zahl von Unternehmen.<br />
Umfassende repräsentative empirische Studien zur Produktdiversifizierung von Unternehmen<br />
gibt es bisher relativ wenige. Auf der Basis eines umfassenden Datensatzes haben<br />
Gollop und Mohanan (1991) Diversifizierungsprozesse in den USA zwischen 1963 und<br />
1982 untersucht. Für Kanada liegen Ergebnisse von Baldwin et al. (2001) vor.<br />
44 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Spezialisierung und Unternehmenserfolg im verarbeitenden Gewerbe Deutschlands<br />
Beide Studien machen allerdings keine Aussage über den Zusammenhang von Unternehmenserfolg<br />
und Spezialisierung. Für Deutschland haben dagegen Görzig und Pohl (2007)<br />
zeigen können, dass im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes diversifizierende Unternehmen<br />
weniger erfolgreich sind als ihre spezialisierenden Wettbewerber. Dabei sind<br />
jedoch beide Unternehmenstypen erfolgreicher als jene Unternehmen, die keine Veränderungen<br />
in ihrer Produktpalette vornehmen. Unternehmen mit einer Ausweitung der Produktpalette<br />
wachsen stärker. Unternehmen, die sich spezialisieren, weisen eine besonders<br />
starke Verbesserung ihrer Ertragssituation auf.<br />
Aus diesen Beobachtungen lassen sich folgende Hypothesen ableiten (Görzig und Gornig<br />
2007):<br />
• Spezialisierungsstrategien werden vornehmlich von Unternehmen verfolgt, die unter<br />
starkem Kostendruck stehen und über die Effizienzgewinne der Spezialisierung ihre<br />
Ertragsrate zu steigern versuchen.<br />
• Diversifizierungsstrategien scheinen auf der hier beobachteten Produktebene weniger<br />
als erwartet defensiv zur Risikoabwehr angewandt zu werden. Vielmehr sind es offenbar<br />
gerade ertragsstarke, expansive Unternehmen, die diese Strategie anwenden. Es<br />
liegt nahe, bei diesen Unternehmen auch erfolgreiche Produktinnovationen zu vermuten.<br />
Angesichts der vielfältigen, in der Literatur beschriebenen Diversifizierungsmotive liegt<br />
es nahe anzunehmen, dass es von den jeweiligen Charakteristika der Unternehmen abhängen<br />
mag, ob eine Diversifizierungsstrategie oder Spezialisierungsstrategie erfolgreich ist.<br />
Das Ziel der Untersuchung besteht darin, herauszufinden, inwieweit das für den Durchschnitt<br />
aller Unternehmen erzielte Ergebnis auch für bestimmte Unternehmenstypen zutrifft.<br />
Hierzu werden die Unternehmen unterschieden nach:<br />
• Wirtschaftszweigzugehörigkeit,<br />
• Beschäftigtenzahl und<br />
• regionalem Standort.<br />
3 Abgrenzungen<br />
Die Analysen beziehen sich auf die kleinste rechtliche Einheit, also das Unternehmen als<br />
Entscheidungsträger. Einbezogen sind auch die unterschiedlichen örtlichen Einheiten eines<br />
Unternehmens, die Betriebe, nicht jedoch rechtlich selbstständige Tochterunternehmen.<br />
Ebenso wenig werden die Muttergesellschaften der betrachteten Unternehmen berücksichtigt.<br />
Dabei werden Datensätze aus amtlichen Erhebungen verwendet. Dadurch ist<br />
es möglich eine vergleichsweise große Zahl von etwa 15000 Unternehmen pro Jahr zu<br />
analysieren.<br />
Einschränkungen müssen in einem unternehmensbasierten Datensatz hingenommen werden,<br />
wenn die Diversifizierungsstrategie eines Unternehmens/Konzerns über die betrach-<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 45
Bernd Görzig, Martin Gornig und Ramona Pohl<br />
tete rechtliche Einheit hinaus reicht. Faktisch von Unternehmen angewandte Strategien<br />
zur Organisation ihres Produktionsprozesses können sehr unterschiedlich sein. Betreibt<br />
beispielsweise ein Unternehmen mehrere rechtlich selbstständige Tochterunternehmen mit<br />
jeweils eigenem Produkt, so würde man dies als Auslagerungsprozess erfassen und gleichzeitig<br />
auf einen hohen Spezialisierungsgrad der betroffenen Unternehmen schließen<br />
(Baldwin et al. 2001). Werden dagegen statt rechtlich selbständiger Einheiten lediglich zusätzliche<br />
örtliche Betriebsstätten errichtet, so würde dieses Unternehmen den Status eines<br />
Mehrbetriebsunternehmens mit hoher Produktdiversifizierung erhalten. Für die USA haben<br />
Gollop und Mohanan (1991) festgestellt, dass die Unternehmen in dem von ihnen beobachteten<br />
Zeitraum diversifiziert und gleichzeitig ihre Betriebe sich stärker spezialisiert<br />
haben. Diversifizierung von Unternehmen fand im Wesentlichen durch Gründung zusätzlicher<br />
Betriebe mit hoher Spezialisierung statt.<br />
Neben der Abgrenzung der unternehmerischen Einheit kann auch die Abgrenzung des zu<br />
betrachtenden Produkts unterschiedlich gehandhabt werden. In der Literatur wird vielfach<br />
mangels besserer Informationen nicht das einzelne Produkt, sondern der zugehörige Wirtschaftzweig<br />
für die Betriebsstätten als Abgrenzungskriterium verwendet. Dabei wird in<br />
der Regel nur das Hauptprodukt eines Betriebes betrachtet. Hier kommt es für das Ergebnis<br />
sehr stark darauf an, welche Tiefe der Wirtschaftzweigunterteilung genutzt wird. Die<br />
häufig so genannte Zweistellerebene von Wirtschaftzweigen unterscheidet im verarbeitenden<br />
Gewerbe nach gut 30 unterschiedlichen Wirtschaftszweigen. Bei der Vierstellerebene<br />
können bis zu 250 Wirtschaftszweige unterschieden werden. In der hier durchgeführten<br />
Studie wird die Unterscheidung auf der Produktebene zwischen 6400 Produkten vorgenommen.<br />
In der ökonomischen Theorie werden homogene von heterogenen Produkten durch die Art<br />
der Preisbildung am Markt unterschieden. Zur Abschöpfung von Renten werden Unternehmen<br />
versuchen, physisch eher verwandte Produkte dem Nachfrager als unterschiedliche<br />
Produkte zu präsentieren. Entsprechend sind die Produktionsprogramme der Unternehmen<br />
häufig sehr ausdifferenziert, lassen sich jedoch nicht unbedingt durch objektive<br />
Merkmale einer statistischen Produktklassifikation beschreiben. Die Produktabgrenzungen<br />
der amtlichen Statistik beruhen dagegen auf physischen Abgrenzungskriterien. So unterscheidet<br />
die nach der Prodcom-Verordnung durchgeführte Produktionserhebung in<br />
Deutschland zwar zwischen mehr als 6400 Produkten, dennoch ist zu erwarten, dass nur<br />
ein Teil der ökonomisch relevanten Produktdiversifizierung durch diese erfasst werden<br />
kann.<br />
4 Aufbereitung der Daten<br />
Durch die Schaffung von Forschungsdatenzentren (FDZ) ist es möglich geworden, mit<br />
Mikrodaten der amtlichen Statistik zu arbeiten (Zühlke et al. 2003, Wagner 2005). Für diese<br />
Untersuchung wurden erstmals Daten aus der Statistik des produzierenden Gewerbes<br />
ausgewertet, indem zwei unterschiedliche Erhebungen auf Unternehmensebene miteinander<br />
verbunden wurden. Verwendet wird ein Panel für Unternehmen des verarbeitenden<br />
Gewerbes für die Jahre 1995 und 2001 (siehe auch Görzig und Pohl 2007).<br />
Die amtliche Statistik des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland ist vergleichsweise<br />
gut ausgebaut und für eine Reihe von Tatbeständen eine Vollerhebung. Das Erhebungssys-<br />
46 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Spezialisierung und Unternehmenserfolg im verarbeitenden Gewerbe Deutschlands<br />
tem besteht aus mehreren konsistent verbundenen Einzelbefragungen zu unterschiedlichen<br />
Themenbereichen. Die auf gesetzlicher Grundlage Berichtspflichtigen dieser Erhebungen<br />
gehören zu Unternehmen mit im Allgemeinen 20 und mehr Beschäftigten. 1<br />
Die für diese Studie eingesetzte Kostenstrukturerhebung wird als hochrechnungsfähige<br />
geschichtete Stichprobe jährlich durchgeführt (Destatis 2005a). Neben dem Umsatz und<br />
einer Anzahl von Kostengrößen, insbesondere den Arbeitskosten, lassen sich mit dieser<br />
Erhebung auch Indikatoren für den Erfolg der Unternehmen in Form des operativen<br />
Gewinnes ermitteln. Der operative Gewinn bezeichnet jenen Teil des Gewinns, der im<br />
Rahmen des operativen Geschäfts erzielt wird, ohne Berücksichtigung der Finanzierungssphäre.<br />
Er entspricht auf einzelwirtschaftlicher Ebene dem im volkswirtschaftlichen Rechnungswesen<br />
(VGR) 2 verwendeten Begriff Betriebsüberschuss. Zudem sind der Kostenstrukturerhebung<br />
auch Beschäftigtenangaben zu entnehmen.<br />
Unternehmen, die in der Kostenstrukturerhebung berichtspflichtig sind, gehören in der<br />
Regel auch zum Berichtskreis der Produktionserhebung. 3 Hier werden sie nach Menge<br />
und Wert der von ihnen erzeugten Produkte befragt. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung<br />
steht die zum Absatz bestimmte Produktion. Zwischenprodukte und vergebene Lohnarbeiten<br />
sind nicht einbezogen. Die Befragung richtet sich an die jeweiligen Betriebsstätten der<br />
Unternehmen, also an die örtlichen Einheiten, die jedoch vollständig den entsprechenden<br />
Unternehmen zugeordnet werden können. Über diese Zuordnung ergibt sich die Anzahl<br />
der Betriebe eines jeden Unternehmens als ein zusätzliches Merkmal. Von der hier verwendeten<br />
vierteljährlichen Befragung werden, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Angaben<br />
über Menge und Wert aller 6400 vorgegebenen Produkte, entsprechend den Güterarten<br />
des Güterverzeichnisses (GP), sowie die Zahl der Betriebe verwendet. Der<br />
vorliegenden Untersuchung liegt die GP 95 zugrunde. Über die Zusammenführung der<br />
beiden Datensätze haben Görzig, Bömermann und Pohl (2005) berichtet. In dem Datensatz<br />
sind somit nur die Unternehmen enthalten, die zum Berichtskreis der Kostenstrukturerhebung<br />
gehören und eigene Erzeugnisse zur Produktionserhebung melden. 4 Die Auswertungen<br />
der beiden zusammengeführten Erhebungen erfolgten auf Unternehmensebene.<br />
5 Messansätze<br />
In der Literatur werden unterschiedliche Konzepte zur Messung der Produktspezialisierung<br />
diskutiert (Gollop und Monahan 1991, Fan und Lang 2000). Eine kritische Würdigung<br />
findet sich im Aufsatz von Zloczysti und Faber (2007) in diesem Heft. Das einfachste<br />
kategoriale Maß, das üblicherweise verwendet wird, besteht darin, die Zahl der<br />
Produkte eines Unternehmens zu messen. Allerdings ist dies ein sehr grobes Maß, da jedes<br />
1 Für die hier in Frage kommenden Befragungen, Produktionserhebung und Kostenstrukturerhebung, gibt es<br />
geringfügige Abweichungen im Berichtskreis. Diese sind jedoch für das verfolgte Ziel von untergeordneter<br />
Bedeutung.<br />
2 Ebenso wie der operative Gewinn wird auch der Betriebsüberschuss in der VGR für Unternehmen, den rechtlichen<br />
Einheiten, und nicht für Betriebe, den örtlichen Einheiten, ermittelt.<br />
3 Hier sind Betriebe von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes mit mindestens 20 Beschäftigten<br />
berichtspflichtig. Liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit des Unternehmens außerhalb des produzierenden<br />
Gewerbes, muss der Betrieb mindestens 20 Beschäftigte aufweisen. Für klein strukturierte Wirtschaftszweige<br />
gibt es abweichende Abschneidegrenzen (Destatis 2005b).<br />
4 Unternehmen, die ausschließlich als Konverter tätig oder ausschließlich Erzeugnisse aus vergebenen Lohnarbeiten<br />
aufweisen, werden in der Analyse nicht berücksichtigt.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 47
Bernd Görzig, Martin Gornig und Ramona Pohl<br />
Produkt mit dem gleichen Gewicht in die Analyse eingeht. Es ist kaum anzunehmen, dass<br />
Mehrproduktunternehmen ihre Aktivitäten auf alle Produkte gleichmäßig verteilen. Viel<br />
häufiger dürfte es vorkommen, dass neben einem Hauptprodukt viele andere Produkte in<br />
geringerem Umfang zum Aktivitätsfeld des Unternehmens gehören. Allerdings haben<br />
Görzig und Pohl (2007) gezeigt, dass die längerfristige Entwicklung beider Größen vergleichsweise<br />
ähnlich ist. Um ein diskretes Merkmal zur Einteilung der Unternehmen nach<br />
diversifizierenden und spezialisierenden zu erhalten, wird in dieser Untersuchung die Diversifizierung<br />
ausschließlich mit der Zahl der Produkte gemessen.<br />
Die adäquate Definition eines Erfolgsmaßes hängt davon ab, aus welcher Perspektive der<br />
Erfolg eines Unternehmens beurteilt werden soll. Auf volkswirtschaftlicher Ebene kann<br />
die Beurteilung eine andere sein als aus betrieblicher Sichtweise. Aus der Sicht der Kapitalgeber<br />
wirkt sich Unternehmenserfolg erwartungsgemäß in der Kapitalrendite aus. Allerdings<br />
lässt sich diese aus dem verwendeten Datensatz nicht ermitteln. Auf betrieblicher<br />
Ebene werden auch alternative Erfolgsindikatoren verwendet. Dazu gehören beispielsweise<br />
die Umsatzrendite oder die Produktivität. Diese verschiedenen Maße führen jedoch zu<br />
ähnlichen Ergebnissen hinsichtlich der Erfolgseinschätzung. Die vorliegende Untersuchung<br />
beschränkt sich daher auf die Analyse des operativen Gewinnes. Dieser wird für ein<br />
Unternehmen ermittelt, indem von der Wertschöpfung die Lohnkosten und die Aufwendungen<br />
für Gütersteuern abgezogen werden. 5<br />
6 Bedeutung von Größe und Branche<br />
Auch für Deutschland bestätigt sich der für die USA und Kanada in verschiedenen Untersuchungen<br />
(Jovanovic und Gilbert 1993, Baldwin et al. 2001) berichtete starke Zusammenhang<br />
zwischen Produktdiversifizierung und Unternehmensgröße (Tabelle 1). Der<br />
Korrelationskoeffizient zwischen der Unternehmensgröße, gemessen durch die Zahl der<br />
Beschäftigten und der Zahl der Produkte, liegt für alle Unternehmen bei 0,507. Für die<br />
Mehrproduktunternehmen ist er mit 0,515 nicht viel höher.<br />
Die Frage, ob Produktspezialisierung zugleich auch Prozessspezialisierung bedeutet, mag<br />
sich daran ablesen lassen, inwieweit die Produkte eines Unternehmens von unterschiedlichen<br />
Betrieben, also den örtlichen Einheiten eines Unternehmens, erstellt werden. Die empirische<br />
Überprüfung zeigt einen starken Zusammenhang zwischen der Zahl der Betriebe<br />
und der Zahl der Produkte je Unternehmen. Der Korrelationskoeffizient beträgt 0,92 sowohl<br />
für alle Unternehmen als auch für die Mehrproduktunternehmen.<br />
Bezieht man die durchschnittlich von einem Unternehmen erstellte Zahl von Produkten<br />
nicht auf das Unternehmen, sondern auf seine Betriebe, dann ist deutlich zu erkennen,<br />
dass von größeren Unternehmen tendenziell weniger Produkte je Betrieb erstellt werden<br />
als von kleinen und mittleren Unternehmen (Tabelle 2). Ab einer Unternehmensgröße von<br />
100 und mehr Beschäftigten nimmt offenbar die Zahl der Unternehmen zu, bei denen ein<br />
Produkt im Durchschnitt durch mehr als einen Betrieb erzeugt wird.<br />
5 Verwendet wird der operative Gewinn als Bruttogröße, d. h. einschließlich der Abschreibungen, da die in der<br />
Kostenstrukturerhebung ausgewiesenen Abschreibungen sehr stark durch steuerliche Einflüsse verfälscht sind.<br />
48 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Spezialisierung und Unternehmenserfolg im verarbeitenden Gewerbe Deutschlands<br />
Tabelle 1<br />
Spezialisierung nach Größenklassen (alle Unternehmen)<br />
1995–2001<br />
Beschäftigte von<br />
… bis …<br />
Anzahl Unternehmen Beschäftigte Produkte<br />
In 1000 Je Unternehmen 1<br />
20–49 32,94 33 2,7<br />
50–99 25,72 70 2,9<br />
100–199 19,95 140 3,4<br />
200–499 15,68 307 4,3<br />
500–999 6,74 683 5,6<br />
1000–4999 4,09 1830 8,7<br />
5000 und mehr 0,42 14754 40,2<br />
Insgesamt 105,53 273 3,7<br />
1 Mittelwert 1995– 2001.<br />
Quellen: Forschungsdatenzentrum der Länder, eigene Berechnungen.<br />
Tabelle 2<br />
Produkt- und Prozessspezialisierung (alle Unternehmen)<br />
1995–2001<br />
Beschäftigte von<br />
… bis …<br />
Produkt je<br />
Unternehmen Betrieb<br />
20–49 2,7 1,0<br />
50–99 2,9 1,0<br />
100–199 3,4 0,9<br />
200–499 4,3 0,9<br />
500–999 5,6 0,8<br />
1000–4999 8,7 0,8<br />
5000 und mehr 40,2 0,7<br />
Insgesamt 3,7 0,9<br />
Quellen: Forschungsdatenzentrum der Länder, eigene Berechnungen.<br />
Damit bestätigt sich im Querschnittsvergleich für das deutsche verarbeitende Gewerbe das<br />
von Gollop und Mohanan (1991) für die USA ermittelte Ergebnis, dass mit zunehmender<br />
Diversifizierung von Unternehmen meist auch eine Spezialisierung der zugehörigen Betriebe<br />
verbunden ist. Auch für den Durchschnitt der Unternehmen ist die Zahl der je Betrieb<br />
erzeugten Produkte kleiner als eins. Mehrproduktbetriebe sind im Unterschied zu<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 49
Bernd Görzig, Martin Gornig und Ramona Pohl<br />
Abbildung 1<br />
Zusammensetzung der untersuchten Unternehmen in 2001<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Mehrproduktunternehmen im deutschen verarbeitenden Gewerbe relativ selten vertreten. 6<br />
Neben der Größe des Unternehmens hat auch die Art der erstellten Produkte einen Einfluss<br />
auf die Produktspezialisierung. Insbesondere gibt es wirtschaftszweigtypische Sortimentsgrößen.<br />
Die durchschnittliche Zahl der Produkte je Unternehmen kann in Abhängigkeit<br />
von dem Wirtschaftzweig sehr unterschiedlich sein. Sie variiert zwischen 10,8 bei<br />
Chemieprodukten und 3,3 bei Lederprodukten.<br />
7 Spezialisierung und Erfolg von Unternehmen<br />
Der Spezialisierungsgrad eines Unternehmens kann von einer Vielzahl von Einflussfaktoren,<br />
insbesondere auch der Größe und des zugehörigen Wirtschaftszweiges, geprägt sein.<br />
Ein reiner Querschnittsvergleich der Unternehmen sagt daher nur wenig über den Zusammenhang<br />
zwischen der Spezialisierungsstrategie und dem Unternehmenserfolg aus. Aus<br />
diesem Grund ist im Folgenden untersucht worden, wie einzelne Unternehmen sich im<br />
Längsschnitt entwickelt haben.<br />
Dafür werden von den insgesamt betrachteten Unternehmen jene ausgewählt, die sowohl<br />
1995 als auch 2001 im Berichtskreis enthalten sind. Von den pro Jahr in die Erhebung einbezogenen<br />
rund 15000 Unternehmen wurde dabei mit gut 7400 Unternehmen lediglich<br />
die Hälfte berücksichtigt. In 2001 berichtspflichtige Unternehmen, die 1995 nicht zum<br />
Berichtskreis gehörten, sind überwiegend durch Neuziehungen im rotierenden Panel dazugekommen.<br />
In geringerem Umfang gehören auch solche Unternehmen dazu, die erst 2001<br />
6 Faktisch sind Mehrproduktunternehmen im deutschen verarbeitenden Gewerbe immer auch Mehrbetriebsunternehmen.<br />
50 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
47<br />
34<br />
12<br />
7<br />
18<br />
29<br />
38<br />
16<br />
15 Tsd. Unternehmen 4 Mill. Beschäftigte<br />
Nicht vergleichbare Unternehmen<br />
Festes Sortiment<br />
Spezialisierer<br />
Diversifizierer
Spezialisierung und Unternehmenserfolg im verarbeitenden Gewerbe Deutschlands<br />
Tabelle 3<br />
Spezialisierung nach Wirtschaftszweigen (Mehrproduktunternehmen)<br />
1995–2001<br />
Überwiegende Produktion<br />
NACE-<br />
Entsprechung<br />
1 Mittelwert 1995– 2001.<br />
Quellen: Forschungsdatenzentrum der Länder, eigene Berechnungen.<br />
Anzahl<br />
Unternehmen<br />
Beschäftigte Produkte<br />
In 1000 Je Unternehmen 1<br />
Bergbau, Gewinnung von Steine u. Erden 10–14 1,03 702 4,1<br />
Ernährungsgewerbe, Tabakverarbeitung 15–16 11,24 210 5,8<br />
Textil-, Leder-, Bekleidungsgewerbe 17–18 4,63 155 5,5<br />
Holzgewerbe 19 0,46 144 3,3<br />
Papier-, Verlags-, Druckgewerbe 20 1,82 143 3,7<br />
Mineralölverarbeitung, Kokerei u.a. 21–22 4,94 263 4,1<br />
Chemische Erzeugnisse 23–24 4,19 660 10,8<br />
Gummi-, Kunstoffwaren 25 3,55 332 4,8<br />
Glasgewerbe, Keramik u.a. 26 4,06 238 3,9<br />
Metallerzeugung und -bearbeitung 27–28 9,73 267 4,2<br />
Maschinenbau 29 10,72 362 4,8<br />
Büromaschinen, Datenverarbeitung, Elektrotechnik u.a. 30–33 6,86 519 4,7<br />
Fahrzeugbau 34–35 2,51 1204 4,3<br />
Möbel, Schmuck u.a. 36–37 3,40 178 3,9<br />
Insgesamt Total 69,14 347 5,1<br />
dadurch berichtspflichtig wurden, dass sie ihre Beschäftigtenzahl auf über 19 Personen<br />
ausgedehnt haben. Eher gering einzuschätzen ist der Anteil neu gegründeter Unternehmen.<br />
Bei den verbleibenden vergleichbaren Unternehmen handelt es sich daher um eine<br />
spezielle Auswahl. Es handelt sich überwiegend um größere Unternehmen. Gemessen an<br />
der Beschäftigtenzahl decken sie immer noch 63% der Gesamtbeschäftigung des Berichtskreises<br />
der Kostenstrukturerhebung ab.<br />
Vergleichbare Unternehmen mit veränderter Produktpalette weisen einen höheren Gewinn<br />
je Beschäftigten auf und konnten diesen stärker steigern als Unternehmen mit gleich bleibender<br />
Produktpalette (Tabelle 4). Dies gilt sowohl für Unternehmen, die ihre Produktzahl<br />
reduzierten als auch für solche, die sie erhöhten. Allerdings konnten jene Unternehmen,<br />
die sich stärker spezialisiert haben, den Gewinn deutlich stärker steigern als Unternehmen,<br />
die auf die Diversifizierungsstrategie setzten. Unternehmen ohne Sortimentsänderung sind<br />
stärker durch kleine Unternehmen geprägt. Dagegen weisen Unternehmen mit veränderter<br />
Produktpalette im Durchschnitt die vier- bis sechsfache Beschäftigtenzahl auf. Unternehmen<br />
mit Sortimentsausweitung hatten am Anfang der Beobachtungsperiode einen etwas<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 51
Bernd Görzig, Martin Gornig und Ramona Pohl<br />
Tabelle 4<br />
Sortimentsstrategien vergleichbarer Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes mit 20<br />
und mehr Beschäftigten<br />
1 Unternehmen die sowohl 1995 als auch 2001 zum Berichtskreis gehörten.<br />
Quellen: Forschungsdatenzentrum der Länder, eigene Berechnungen.<br />
geringeren Beschäftigungsstand gegenüber den Unternehmen mit Sortimentsreduzierung.<br />
Im Zeitverlauf wurde jedoch ihre Beschäftigung ausgeweitet.<br />
Gemessen am Gewinn je Beschäftigten deuten die Ergebnisse daher auf eine Bestätigung<br />
der These, Produktdiversifizierer seien weniger erfolgreich. Dies gilt allerdings nur, wenn<br />
als Referenzgruppe die Unternehmen mit Produktspezialisierung herangezogen werden.<br />
Im Vergleich zu Unternehmen ohne Sortimentsveränderung schneiden diversifizierende<br />
Unternehmen dagegen besser ab.<br />
Allerdings hatten Unternehmen mit höherer Spezialisierungsdynamik 1995 ein wesentlich<br />
geringeres Niveau des operativen Gewinnes, sowohl im Vergleich mit den diversifizierenden<br />
Unternehmen als auch mit dem Durchschnitt aller Unternehmen. Offenbar steht die<br />
verstärkte Konzentration der Produktpalette bei diesen Unternehmen in engem Zusammenhang<br />
mit dem Bestreben, den operativen Gewinn zu steigern.<br />
52 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Merkmal Dimension<br />
Insgesamt<br />
Vergleichbare Unternehmen 1<br />
Ohne<br />
Veränderung<br />
Mit Produktreduzierung<br />
Mit Produkt-<br />
ausweitung<br />
Unternehmen Zahl 7736 4984 1701 1051<br />
Betriebe 5 3 6 10<br />
Beschäftigte Zahl je Unternehmen 434 236 907 605<br />
Produkte 3,92 2,62 5,06 8,26<br />
Betriebsüberschuss<br />
1000 Euro je<br />
Beschäftigtem im<br />
Unternehmen<br />
2001<br />
15,22 15,16 15,34 15,28<br />
Veränderungen gegenüber 1995<br />
Betriebe 0 0 –3 3<br />
Beschäftigte Zahl je Unternehmen –15 6 –98 23<br />
Produkte –0,17 0,00 –2,36 2,55<br />
Betriebsüberschuss<br />
1000 Euro je<br />
Beschäftigtem im<br />
Unternehmen<br />
5,60 4,65 8,32 5,70
Spezialisierung und Unternehmenserfolg im verarbeitenden Gewerbe Deutschlands<br />
Diversifizierende Unternehmen hatten sowohl bei der Wertschöpfung als auch bei der Beschäftigung<br />
ein deutlich höheres Wachstum als andere Unternehmen der Erhebung. Damit<br />
werden die auf anderer Grundlage gefundenen Ergebnisse (Berry 1975, Jacquemin und<br />
Berry 1979) bestätigt, wonach ein enger Zusammenhang zwischen Diversifizierung und<br />
Wachstum von Unternehmen besteht. Ähnlich stark wie die Zahl der Produkte wurde von<br />
spezialisierenden Unternehmen auch die Zahl der Betriebe reduziert. Betriebsstättenabbau<br />
und zunehmende Spezialisierung werden begleitet von einer Verminderung der Beschäftigung<br />
dieser Unternehmen. 7<br />
8 Spezialisierungswirkungen im Einzelnen<br />
Vor dem Hintergrund der für das verarbeitende Gewerbe insgesamt erzielten Ergebnisse<br />
stellt sich allerdings die Frage, ob die seit einigen Jahren im Durchschnitt beobachtbare<br />
verstärkte Spezialisierung wirklich Ausdruck eines allgemeinen Paradigmenwechsels infolge<br />
globalisierter Märkte ist. Ebenso gut könnte die These geäußert werden, dass sich<br />
dass innovative Verhalten der Unternehmen gar nicht geändert hätte und dieser Trend eher<br />
Ausdruck struktureller Veränderungen ist. Von den möglichen strukturellen Veränderungen<br />
wird hier die Zusammensetzung der Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes nach<br />
Wirtschaftzweigen, Größe und Region untersucht. Die Untersuchung konzentriert sich auf<br />
die Frage, inwieweit auch bei differenzierter Betrachtung nach Wirtschaftzweigen, Beschäftigtengrößenklassen<br />
oder Regionen der für das gesamte verarbeitende Gewerbe festgestellte<br />
Unterschied zwischen spezialisierenden, auf Kostenreduzierung ausgerichteten<br />
Unternehmen und expansiven, diversifizierenden, aber dafür weniger erfolgreichen Unternehmen<br />
zutrifft. Hierfür werden die Unternehmen nach folgenden Kriterien unterschieden:<br />
• 14 zusammengefasste Wirtschaftszweige der NACE-Zweisteller,<br />
• sieben Beschäftigtengrößenklassen,<br />
• Ost- und Westdeutschland.<br />
Für die Zuordnung der Unternehmen zu den gebildeten Gruppen gilt das Jahr 1995. Im<br />
Fall der Wirtschaftzweige erfolgt die Zuordnung nach dem Schwerpunkt der Produktionstätigkeit<br />
und bei den Beschäftigtengrößenklassen nach der durchschnittlichen Zahl der<br />
Beschäftigten. Die regionale Zuordnung wird nach dem Sitz des Unternehmens vorgenommen.<br />
Wie jede Klassifizierung kann diese Zuordnung nicht stringent durchgehalten<br />
werden. Unternehmen können den Schwerpunkt ihrer Produktion verlagern oder so viele<br />
verschiedene Produkte herstellen, dass das Hauptprodukt nur einen geringen Anteil am<br />
Umsatz hat. Durch Schrumpfung oder Wachstum können Unternehmen ihre Beschäftigtengrößenklassen<br />
ändern. Unternehmen mit Sitz in Westdeutschland können auch Betriebsstätten<br />
in Ostdeutschland haben. Trotz dieser Einschränkungen zeigen sich beachtliche<br />
Unterschiede in den Diversifizierungsstrategien der so klassifizierten Unternehmen.<br />
7 Für eine weitergehende Bewertung muss berücksichtigt werden, dass der Abbau eines hohen Diversifizierungsgrades<br />
bei diesen Unternehmen nicht zwangsläufig auf einen volkswirtschaftlichen Schrumpfungsprozess<br />
hinweist. Vielmehr kann die verstärkte Spezialisierung der untersuchten Unternehmen begleitet worden sein<br />
von der Auslagerung von Produktionsprozessen auf andere Unternehmen.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 53
Bernd Görzig, Martin Gornig und Ramona Pohl<br />
In den folgenden Tabellen 5 bis 7 sind die wichtigsten Ergebnisse für Wirtschaftzweige,<br />
Beschäftigtengrößenklassen und Regionen konzentriert zusammengefasst.<br />
Drei Thesen wurden speziell für die differenzierten Gruppen überprüft. Spezialisierende<br />
Unternehmen<br />
1. starten weniger erfolgreich als diversifizierende Unternehmen,<br />
2. steigern jedoch ihren Erfolg stärker als diversifizierende Unternehmen,<br />
3. sind weniger expansiv als diversifizierende Unternehmen.<br />
Tabelle 5<br />
Spezialisierungswirkungen nach Wirtschaftszweigen<br />
Wirtschaftszweig<br />
1 Abweichungen vom Durchschnitt sind fett markiert.<br />
Quellen: Forschungsdatenzentrum der Länder, eigene Berechnungen.<br />
54 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
NACE-<br />
Entsprechung<br />
Unternehmen mit Produktreduzierung<br />
Betriebsüberschuss je<br />
Beschäftigten in 1000 Euro<br />
1995<br />
Veränderung<br />
2001<br />
gegenüber<br />
1995<br />
Veränderung<br />
der<br />
Beschäftigtenzahl<br />
je<br />
Unternehmen<br />
Abweichung gegenüber den Werten für<br />
Unternehmen mit Produktausweitung<br />
Bergbau, Gewinnung von Steine u. Erden 10–14 –2,55 2,61 –121<br />
Ernährungsgewerbe, Tabakverarbeitung 15–16 –4,67 –8,12 –1 013<br />
Textil-, Leder-, Bekleidungsgewerbe 17–18 –2,31 4,59 –58<br />
Holzgewerbe 19 0,76 –1,52 –48<br />
Papier-, Verlags-, Druckgewerbe 20 1,09 –3,11 –34<br />
Mineralölverarbeitung, Kokerei u.a. 21–22 –1,83 9,10 –10<br />
Chemische Erzeugnisse 23–24 k.A. k.A. k.A.<br />
Gummi-, Kunstoffwaren 25 2,33 –0,35 86<br />
Glasgewerbe, Keramik u.a. 26 –6,74 5,30 –97<br />
Metallerzeugung und -bearbeitung 27–28 –7,24 5,77 –153<br />
Maschinenbau 29 –2,33 –1,03 –123<br />
Büromaschinen, Datenverarbeitung, Elektrotechnik u.a. 30–33 –4,54 1,67 –74<br />
Fahrzeugbau 34–35 –2,43 1,09 –493<br />
Möbel, Schmuck u.a. 36–37 –2,09 13,29 –204<br />
Insgesamt Total –3,64 3,27 –72
Spezialisierung und Unternehmenserfolg im verarbeitenden Gewerbe Deutschlands<br />
Tabelle 5 macht deutlich, dass die These 1 für alle Wirtschaftszweige, ausgenommen für<br />
das Textil-, Leder- und Bekleidungsgewerbe, das Holzgewerbe sowie die Hersteller von<br />
chemischen Erzeugnissen, zutrifft.<br />
Nicht ganz so deutlich ist das Ergebnis für These 2. Zusätzlich zu den Wirtschaftzweigen<br />
für die bereits These 1 abgelehnt werden musste, kommen noch der Bergbau, Gewinnung<br />
von Steinen und Erden sowie die Metallerzeugung und -bearbeitung hinzu. These 3 der<br />
überdurchschnittlichen Expansion diversifizierender Unternehmen lässt sich für fast alle<br />
Wirtschaftzweige, ausgenommen der chemischen Industrie, bestätigen.<br />
Untersucht man, inwieweit die für das verarbeitende Gewerbe insgesamt gefundenen Ergebnisse<br />
auf Unternehmen unterschiedlicher Größe zutreffen, so ergibt sich ein eindeutiges<br />
Bild. Für Unternehmen ab 50 Beschäftigten bis zu Unternehmen mit weniger als 5000<br />
Beschäftigten gelten die gleichen Schlussfolgerungen wie für das verarbeitende Gewerbe<br />
insgesamt. Hier können alle drei Thesen bestätigt werden.<br />
Dagegen trifft für die ganz großen Unternehmen mit 5000 und mehr Beschäftigten lediglich<br />
die These 3 zu, dass das Beschäftigtenwachstum der Spezialisierer geringer ist als das<br />
der Diversifizierer. Dabei muss berücksichtigt werden, dass bezüglich der Beschäftigung<br />
in der Beobachtungsperiode bei diesen Unternehmen ohnehin nicht von einer Expansion,<br />
sondern von Schrumpfung gesprochen werden muss. Dennoch ist die Verringerung der<br />
Beschäftigtenzahl bei den diversifizierenden ganz großen Unternehmen geringer gewesen<br />
als bei den spezialisierenden Unternehmen. Ganz große Unternehmen, die ihre Produktpalette<br />
ausweiten, steigern damit auch ihren Erfolg.<br />
Tabelle 6<br />
Spezialisierungswirkungen nach Beschäftigtengrößenklassen<br />
Beschäftigte von … bis …<br />
Abweichungen vom Durchschnitt sind fett markiert.<br />
Quellen: Forschungsdatenzentrum der Länder, eigene Berechnungen.<br />
Unternehmen mit Produktreduzierung<br />
Betriebsüberschuss je Beschäftigten in 1000 Euro Veränderung der<br />
1995<br />
Veränderung 2001<br />
gegenüber 1995<br />
Beschäftigitenzahl je<br />
Unternehmen<br />
Abweichung gegenüber den Werten für Unternehmen mit Produktausweitung<br />
20 und mehr –2,55 2,61 –121<br />
20–49 –0,57 –3,16 –1<br />
50–99 –2,64 0,10 –3<br />
100–199 –2,37 2,56 –15<br />
200–499 –3,03 5,18 –47<br />
500–999 –4,79 9,01 –88<br />
1000–4999 –1,91 2,45 –446<br />
5000 und mehr 2,99 –9,66 –1744<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 55
Bernd Görzig, Martin Gornig und Ramona Pohl<br />
Tabelle 7<br />
Spezialisierungswirkungen nach Regionen<br />
Region<br />
Abweichungen vom Durchschnitt sind fett markiert.<br />
Quellen: Forschungsdatenzentrum der Länder, eigene Berechnungen.<br />
Dagegen heben sich die spezialisierenden Unternehmen von den übrigen Unternehmen<br />
dadurch ab, dass ihr Gewinn im Ausgangsjahr, anders als im Durchschnitt des verarbeitenden<br />
Gewerbes, merklich über dem der diversifizierenden Unternehmen liegt. Die These 1<br />
muss für diese Unternehmen daher abgelehnt werden. Die Entwicklung der Pro-Kopf-Gewinne<br />
der ganz großen Spezialisierer ist dagegen deutlich schlechter als bei den ganz großen<br />
Diversifizierern, sodass auch These 2 für diesen Unternehmenstyp abgelehnt werden<br />
muss. Abgelehnt werden muss These 2 auch für die Unternehmen mit 20 bis unter 50 Beschäftigten.<br />
Auch hier weisen die Spezialisierer eine deutlich schlechtere Entwicklung der<br />
Gewinne auf als die Diversifizierer und entsprechen damit nicht den Durchschnitt des verarbeitenden<br />
Gewerbes.<br />
Bezüglich der regionalen Dimensionen bestätigt sowohl für Ost- wie auch für Westdeutschland<br />
die These 1 die ungünstigere Ausgangsposition der Spezialisierer gegenüber<br />
den Diversifizierern in Hinblick auf ihre Gewinne. Für beide Regionen wird auch bestätigt,<br />
dass spezialisierende gegenüber diversifizierenden Unternehmen eine geringere Ausweitung<br />
der Beschäftigung im Untersuchungszeitraum aufweisen (These 3).<br />
Deutliche Unterschiede bestehen allerdings zwischen west- und ostdeutschen Unternehmen<br />
in der Wirkung der Produktspezialisierung auf den Unternehmenserfolg (These 2).<br />
Die westdeutschen Unternehmen, die ihre Produktpalette reduzieren, weiten ihren operativen<br />
Gewinn je Beschäftigten weit überdurchschnittlich aus. Auch die ostdeutschen Unternehmen<br />
mit Produktspezialisierung erhöhen ihren operativen Gewinn. Ihnen gelingt dies<br />
aber in deutlich geringerem Ausmaß. In Ostdeutschland besonders erfolgreich sind Unternehmen,<br />
die ihre Produktanzahl ausweiten. Die ostdeutschen Unternehmen mit Produktdiversifizierung<br />
erhöhen nicht nur ihre Beschäftigung, sie steigern auch ihren operativen<br />
Gewinn je Beschäftigten besonders stark. Für Ostdeutschland muss daher These 2 abgelehnt<br />
werden.<br />
56 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Unternehmen mit Produktreduzierung<br />
Betriebsüberschuss je Beschäftigten<br />
in Euro<br />
1995<br />
Veränderung 2001<br />
gegenüber 1995<br />
Veränderung der<br />
Beschäf-tigtenzahl je<br />
Unternehmen<br />
Abweichung gegenüber den Werten für Unternehmen mit<br />
Produktausweitung<br />
Deutschland –2,55 2,61 –121<br />
Ostdeutschland –2,23 –0,48 –86<br />
Westdeutschland –3,03 3,54 –127
Spezialisierung und Unternehmenserfolg im verarbeitenden Gewerbe Deutschlands<br />
Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die Unternehmenslandschaft in Ostdeutschland<br />
nach Wirtschaftszweig und Größe wesentlich von der in Westdeutschland unterscheidet.<br />
Dies hat Auswirkungen auch auf die durchschnittliche Produktvielfalt Ostdeutschlands<br />
im Vergleich zu Westdeutschland (Görzig et al. 2007). Es ist daher zu vermuten,<br />
dass sich solche strukturellen Unterschiede auch auf den Zusammenhang von Produktspezialisierung<br />
und Unternehmenserfolg im regionalen Vergleich auswirken. So könnte die<br />
hohe Bedeutung industrieller Kleinbetriebe mit unter 50 Beschäftigten wie auch das vergleichsweise<br />
geringe Gewicht des Fahrzeugbaus in Ostdeutschland die Abweichung im<br />
Unternehmenserfolg von sich spezialisierenden Unternehmen zumindest mit erklären.<br />
9 Fazit<br />
Der Wandel der Produktions- und Nachfragebedingungen verlangt von den Unternehmen<br />
immer wieder Anpassungen ihrer Produktpalette. Die Mehrzahl der Unternehmen im verarbeitenden<br />
Gewerbe in Deutschland verfolgt dabei eine Spezialisierungsstrategie. Sie<br />
konzentrieren sich auf die Erstellung und Vermarktung immer weniger Produkte. Damit<br />
steigern diese Unternehmen vor allem ihren operativen Gewinn je Beschäftigten. Unternehmen<br />
mit steigender Produktvielfalt, die eine Diversifizierungsstrategie verfolgen, erweisen<br />
sich dagegen bei der Beschäftigung als deutlich wachstumsstärker.<br />
Hinter diesem Prozess stehen allerdings gegenläufige Entwicklungen. Nicht alle Unternehmen,<br />
die eine Spezialisierungsstrategie verfolgen, steigern ihren operativen Gewinn<br />
und nicht alle Unternehmen, die ihre Produktpalette ausweiten, erhöhen ihre Beschäftigung.<br />
Entsprechend zeigen sich auch Abweichungen von den generellen Ergebnissen,<br />
wenn man einzelne Wirtschaftzweige, Größenklassen oder Regionen betrachtet. So<br />
scheint vor allem im Fahrzeugbau die Spezialisierungsstrategie für die Unternehmen besonders<br />
erfolgreich. In der chemischen Industrie schneiden dagegen bei der Entwicklung<br />
des operativen Gewinnes Unternehmen mit einer Ausweitung der Produktpalette besser<br />
ab. Die Produktspezialisierung lohnt sich zudem offensichtlich insbesondere für Unternehmen<br />
mittlerer Größe. Kleine Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und Großunternehmen<br />
mit mehr als 5000 Beschäftigten steigern ihren operativen Gewinn stärker<br />
bei einer Ausweitung der Produktpalette. Eine getrennte Betrachtung für Ost- und Westdeutschland<br />
zeigt zudem, dass ostdeutsche Unternehmen mit Produktdiversifizierung<br />
nicht nur ihre Beschäftigung erhöhen, sondern auch ihren operativen Gewinn je Beschäftigten<br />
besonders stark steigern können.<br />
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58 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Die Heterogenität der Effizienz innerhalb<br />
von Branchen – Eine Auswertung von Unternehmensdaten<br />
der Kostenstrukturerhebung<br />
im Verarbeitenden Gewerbe *<br />
Von Michael Fritsch** und Andreas Stephan***<br />
Vierteljahrshefte<br />
zur Wirtschaftsforschung<br />
76 (2007), 3, S. 59–75<br />
Zusammenfassung: Der Beitrag arbeitet die Heterogenität von Unternehmen innerhalb von Branchen<br />
hinsichtlich ihrer technischen Effizienz heraus. Datengrundlage sind die Mikrodaten der Kostentrukturerhebung<br />
im Verarbeitenden Gewerbe in Deutschland. Die technische Effizienz wird im Rahmen<br />
der Schätzung einer Translog-Produktionsfunktion als unternehmensspezifischer fixer Effekt<br />
ermittelt. Innerhalb von Branchen bestehen in der Regel große Unterschiede hinsichtlich der technischen<br />
Effizienz. Diese Unterschiede werden beispielhaft für einige Branchen grafisch veranschaulicht.<br />
Die durchschnittliche Effizienz der Kleinunternehmen liegt etwas höher als in der Gruppe der Großunternehmen,<br />
was auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden kann. Abschließend werden<br />
weitere Analysepotenziale der Kostenstrukturerhebung für Forschung und Politikberatung skizziert.<br />
Summary: This article analyzes the heterogeneity of firms within industries in regard to their level of<br />
technical efficiency. The data is taken from the cost structure census of manufacturing industries in<br />
Germany. We estimate the technical efficiency as a firm-specific fixed effect within a translog production<br />
function framework. We find great differences between technical efficiencies of firms within<br />
industries. A graphical tool is applied to display this heterogeneity. Smaller firms tend to be more efficient<br />
than larger ones, which might have various reasons. Finally, we discuss the potential of the cost<br />
structure census for empirical research and policy advice.<br />
JEL-Klassifikation: D24, L10, L11<br />
Keywords: Technische Effizienz, Heterogenität, Branchen<br />
1 Branchen als Berichtseinheiten<br />
Statistische Kennzahlen werden sehr häufig aggregiert für einzelne Branchen ausgewiesen.<br />
Der wesentliche Grund hierfür besteht darin, dass man auf diese Weise den Besonderheiten<br />
der Unternehmen Rechnung tragen will. Das Merkmal „Branchenzugehörigkeit“<br />
soll möglichst viele derjenigen Besonderheiten einfangen, die eine bestimmte<br />
Gruppe von Unternehmen von anderen Gruppen von Unternehmen unterscheidet. 1 In der<br />
Regel (z.B. in der amtlichen Statistik der Bundesrepublik Deutschland) erfolgt die Abgrenzung<br />
von Branchen nicht anhand einheitlicher Kriterien bzw. einer einheitlichen Hier-<br />
* Die im Beitrag vorgestellten Analysen wurden im Rahmen eines Kooperationsprojektes zwischen dem Statistischen<br />
Bundesamt und dem <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> durchgeführt. Wir danken Roland Sturm, Ottmar Hennchen und Gerald<br />
Goebel für die Unterstützung des Projekts. Die hier beschriebenen Analysen können mittlerweile auch in den<br />
Forschungsdatenzentren der statistischen Ämter durchgeführt werden. Etwaige Fehler liegen in der alleinigen<br />
Verantwortung der Autoren.<br />
** Friedrich-Schiller-Universität Jena, <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> und Max-Planck-Institut für Ökonomik, Jena, E-Mail:<br />
m.fritsch@uni-jena.de.<br />
*** Jömköping International Business School und <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>, E-Mail: andreas.stephan@ihh.hj.se<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 59
Michael Fritsch und Andreas Stephan<br />
archie von Kriterien; vielmehr werden bestimmte Kriterien unter pragmatischen Gesichtspunkten<br />
immer dann herangezogen, wenn sie gerade zur Abgrenzung in sich möglichst<br />
homogener Gruppen von Unternehmen geeignet erscheinen. Da die Brancheneinteilung<br />
der amtlichen Statistik erklärtermaßen als Grundlage für möglichst vielfältige Zwecke dienen<br />
soll, kann allerdings wohl selbst bei tiefer Branchegliederung nur ein relativ geringes<br />
Maß an Homogenität erwartet werden. Dieses hohe Maß an Heterogenität innerhalb von<br />
Branchenaggregaten bleibt bei einer Betrachtung von Summen- oder Durchschnittswerten<br />
für diese Branchen insgesamt verdeckt. Aus diesem Grunde sind Analysen anhand von<br />
Mikrodaten für einzelne Betriebe bzw. Unternehmen sinnvoll.<br />
In diesem Beitrag soll das Potential der Kostenstrukturstatistik im Verarbeitenden Gewerbe,<br />
die von den Statistischen Ämtern erstellt wird, für Analysen auf der Mikro-Ebene demonstriert<br />
werden. Dazu stellen wir zunächst diese Datenquelle vor (Abschnitt 2). Abschnitt<br />
3 zeigt dann die Heterogenität von Branchenaggregaten anhand von zwei<br />
wichtigen Kennzahlen auf, nämlich der Arbeitsplatzentwicklung und der Ausgaben für<br />
Forschung und Entwicklung (FuE). Im weiteren Verlauf konzentrieren wir uns dann auf<br />
Analysen der technischen Effizienz von Unternehmen auf der Grundlage einer Produktionsfunktion<br />
(Abschnitt 4). Schließlich behandeln wir die Verteilung und Struktur der technischen<br />
Effizienz innerhalb von Branchen (Abschnitt 7) und ziehen zusammenfassende<br />
Schlussfolgerungen (Abschnitt 8).<br />
2 Die Kostenstrukturstatistik als Datenquelle<br />
Die Kostenstrukturstatistik wird vom Statistischen Bundesamt erhoben und aufbereitet<br />
(ausführlich hierzu Fritsch et al. 2004). Diese Erhebung umfasst alle in Deutschland tätigen<br />
Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes mit mehr als 500 Beschäftigtenn. Um den<br />
Erhebungsaufwand für kleinere Unternehmen zu begrenzen, sind Unternehmen mit 20 bis<br />
499 Beschäftigten nur als eine repräsentative Zufallsstichprobe in den Daten enthalten.<br />
Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten gehen erst seit dem Jahr 2001 ein. In der<br />
Regel werden die Firmen mit 20 bis 499 Beschäftigten vier aufeinander folgende Jahre in<br />
der Statistik erfasst und dann durch andere Unternehmen ersetzt (rotierendes Panel). Unternehmen<br />
mit weniger als 20 Beschäftigten sind nur für jeweils ein Berichtsjahr enthalten.<br />
Die Kostenstrukturstatistik enthält Angaben zum wirtschaftlichen Schwerpunkt der Unternehmen<br />
(Branchenzugehörigkeit), zur Zahl der tätigen Personen, zu den Material- und<br />
Warenbeständen sowie zu den Aufwendungen und Erträgen der Unternehmen im jeweiligen<br />
Wirtschaftsjahr. Außerordentliche sowie betriebsfremde Aufwendungen und Erträge<br />
1 Branchengliederungen sind „produktorientiert“ und basieren im Wesentlichen auf Warenverzeichnissen<br />
(Statistisches Bundesamt 1994). Als wesentliche Gliederungskriterien zur Abgrenzung der Produktfelder werden<br />
verwendet<br />
• die Nachfragesegmente für die produziert wird (z.B. Büromaschinen-Hersteller),<br />
• Gemeinsamkeiten hinsichtlich des/der eingesetzten Inputs (z.B. Stahlverarbeitung, Tabakverarbeitung)<br />
sowie<br />
• Gemeinsamkeiten hinsichtlich der verwendeten Produktionsverfahren (z.B. Gießereien, Druckindustrie, Galvanikindustrie,<br />
Chemische Industrie).<br />
Von der Grundidee her sollen Branchen möglichst auch Märkte abbilden. In der Realität ist dies jedoch wohl<br />
kaum jemals der Fall. In der Regel umfassen Branchen verschiedene Teilmärkte, die sich häufig über mehrere<br />
Branchen erstrecken.<br />
60 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Die Heterogenität der Effizienz innerhalb von Branchen<br />
werden nicht einbezogen, sodass sich die Ergebnisse auf die typische und spezifische<br />
Leistungserstellung der Unternehmen beschränken. Insbesondere die Angaben zu den verschiedenen<br />
Input-Kategorien sind recht differenziert. Dabei handelt es sich um Löhne und<br />
Gehälter (einschließlich der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung und freiwilligen<br />
Arbeitgeberzahlungen), Ausgaben für Materialeinsatz und für Handelsware, Aufwand für<br />
selbst erstellte Anlagen, Energiekosten, Aufwendungen für externe Lohnarbeiten sowie<br />
für externe Instandhaltung und Reparaturarbeiten, steuerliche Abschreibungen, Subventionen,<br />
Mieten und Pachten, Umsatzsteuern und andere indirekte Steuern und Gebühren,<br />
Zinszahlungen auf Fremdkapital sowie „sonstige“ Kosten wie Lizenzgebühren, Bankgebühren,<br />
Porti oder Ausgaben für Marketing und Transport.<br />
Weitere in der Kostenstrukturstatistik enthaltene Informationen betreffen den Standort des<br />
Unternehmenshauptsitzes, Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie die Anzahl<br />
der in Forschung und Entwicklung Beschäftigten (seit dem Jahr 1999). Die Informationen<br />
über die Beschäftigten umfassen die Anzahl der im Unternehmen tätigen Inhaber, die Anzahl<br />
der Vollzeit- und der Teilzeitbeschäftigten, die Anzahl der Heimarbeiter sowie die<br />
Anzahl der Leiharbeitnehmer.<br />
3 Wie heterogen sind Unternehmen innerhalb einer Branche?<br />
Die Heterogenität der Unternehmen innerhalb einer Branche soll hier zunächst anhand<br />
von zwei Kennziffern für das Verarbeitende Gewerbe insgesamt sowie für vier ausgewählte<br />
Branchen illustriert werden. Bei diesen Branchen handelt sich um Viersteller der Klassifikation<br />
der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes in der Fassung des Jahres<br />
1993 (WZ 93). Dies stellt die tiefste Branchengliederung dar, für die in der Regel von der<br />
amtlichen Statistik Angaben publiziert werden. Bei diesen vier beispielhaft ausgewählten<br />
Wirtschaftszweigen handelt es sich um die „Herstellung von Konstruktionsteilen, Fertigbauteilen<br />
und Ausbauelementen aus Holz“ (WZ 20.30), den Bereich „Herstellung von<br />
Hohlglas“ (WZ 26.13), die „Herstellung von Heizkörpern für Zentralheizungsanlagen und<br />
von Zentralheizungskesseln“ (WZ 28.22) sowie um die „Herstellung von Kraftwagen und<br />
Kraftwagenmotoren“ (WZ 34.10). Bei der Auswahl dieser Branchen haben wir insbesondere<br />
versucht, Wirtschaftszweige mit unterschiedlicher Unternehmensgrößenstruktur zu<br />
berücksichtigen. Ansonsten ist diese Auswahl willkürlich; ein entsprechendes Maß an<br />
Heterogenität ließe sich auch für fast alle anderen Branchen aufzeigen.<br />
Die Beschäftigungsentwicklung von Unternehmen stellt eine zentrale Größe für die Wirtschaftspolitik<br />
dar. Durchschnittswerte wie das arithmetische Mittel oder der Median zeigen<br />
für das Verarbeitende Gewerbe insgesamt sowie für die vier ausgesuchten Teilbranchen<br />
nur ein geringes Maß an Dynamik an (Tabelle 1). Als Mittelwert für eine Branche<br />
bietet sich hier insbesondere der Median-Wert an, da Werte des arithmetischen Mittels insbesondere<br />
bei relativ kleinen Branchen stark durch extreme Werte einzelner Unternehmen<br />
geprägt sein können. Während die Median-Werte für die Beschäftigungsentwicklung nahe<br />
null liegen, finden sich innerhalb der Aggregate jeweils erhebliche Anteile an Unternehmen<br />
sowohl mit relativ starker Arbeitsplatzexpansion als auch mit sehr deutlichem Arbeitsplatzabbau.<br />
Diese Heterogenität der Entwicklung ist aus den Durchschnittswerten für<br />
die Branche insgesamt nicht erkennbar.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 61
Michael Fritsch und Andreas Stephan<br />
Tabelle 1<br />
Die Heterogenität von Unternehmen innerhalb von Branchen<br />
Beispiel: Jährliche Beschäftigungsentwicklung 2001–2004<br />
In %<br />
Branche<br />
Quelle: Kostenstrukturerhebungen 1992–2005, eigene Berechnungen.<br />
Ein ähnliches Maß an Heterogenität innerhalb der Branchen lässt sich auch hinsichtlich<br />
des jährlichen Anteils der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoproduktionswert<br />
der Unternehmen feststellen (Tabelle 2). Hier liegt der Median-Wert für das Verarbeitende<br />
Gewerbe insgesamt sowie für zwei der betrachteten vier Einzelbranchen bei<br />
null, da mindestens 50 % der in diesen Aggregaten zusammengefassten Unternehmen keine<br />
Ausgaben für Forschung und Entwicklung ausweisen. Tatsächlich gibt es aber in allen<br />
62 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Arithmetisches<br />
Mittel<br />
10-Perzentil 25-Perzentil Median 75-Perzentil 90-Perzentil<br />
Verarbeitendes Gewerbe insgesamt –1,23 –14,87 –6,48 –0,01 4,08 11,58<br />
Herstellung von Konstruktionsteilen,<br />
Fertigbauteilen und Ausbauelementen<br />
aus Holz (WZ 20.30)<br />
–0,33 –10,90 –4,74 –0,45 3,20 8,70<br />
Herstellung von Hohlglas (WZ 26.13) –1,18 –9,24 –4,77 –0,64 3,10 14,84<br />
Herstellung von Heizkörpern für<br />
Zentralheizungsanlagen und von<br />
Zentralheizungskesseln (WZ 28.22)<br />
Herstellung von Kraftwagen und<br />
Kraftwagenmotoren (WZ 34.10)<br />
Tabelle 2<br />
–2,4 –16,10 –6,45 –1,26 2,53 7,83<br />
3,72 –7,23 –3,86 0,09 4,39 11,28<br />
Die Heterogenität von Unternehmen innerhalb von Branchen<br />
Beispiel: Jährliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung 2001–2004<br />
In %<br />
Branche<br />
Anteil Unternehmen<br />
mit<br />
FuE<br />
Quelle: Kostenstrukturerhebungen 1992–2005, eigene Berechnungen.<br />
Median 75-Perzentil 90-Perzentil 95-Perzentil 99-Perzentil<br />
Verarbeitendes Gewerbe insgesamt 30,59 0 0,37 2,86 5,49 13,95<br />
Herstellung von Konstruktionsteilen,<br />
Fertigbauteilen und Ausbauelementen<br />
aus Holz (WZ 20.30)<br />
61,90 0,83 3,20 4,91 6,02 k.A.<br />
Herstellung von Hohlglas (WZ 26.13) 22,95 0 0 0,50 2,72 k.A.<br />
Herstellung von Heizkörpern für<br />
Zentralheizungsanlagen und von<br />
Zentralheizungskesseln (WZ 28.22)<br />
Herstellung von Kraftwagen und<br />
Kraftwagenmotoren (WZ 34.10)<br />
47,37 0 1,03 2,18 k.A. k.A.<br />
56,82 0,37 3,17 6,75 8,07 k.A.
Die Heterogenität der Effizienz innerhalb von Branchen<br />
vier Branchen einen erheblichen Anteil an Unternehmen mit beachtlicher FuE-Intensität.<br />
Es ist offensichtlich, dass die Relation des Median-Werte für die Beschäftigungsentwicklung<br />
mit dem Median-Wert für den Anteil der FuE-Ausgaben am Bruttoproduktionswert<br />
kaum zu wesentlichen Erkenntnissen etwa über die Determinanten der Beschäftigungsentwicklung<br />
führen kann. Hierzu sind Analysen auf der Mikro-Ebene von Unternehmen<br />
unentbehrlich (ausführlich hierzu Fritsch 1990).<br />
4 Schätzung der technischen Effizienz von Unternehmen mit<br />
Mikrodaten<br />
Unter der technischen Effizienz eines Unternehmens versteht man die Fähigkeit, mit einer<br />
gegebenen Menge an Produktionsfaktoren den maximalen Output zu generieren (Farrell<br />
1957). Demnach ist ein Unternehmen technisch effizient, wenn es die höchstmögliche<br />
Produktivität aufweist. Datengrundlage unserer Analyse sind die Mikrodaten der Kostenstrukturstatistik<br />
im Verarbeitenden Gewerbe für den Zeitraum 1994–2004. Da wir die<br />
technische Effizienz eines Unternehmens als unternehmensspezifischen fixen Effekt bestimmen,<br />
sind mindestens zwei Beobachtungen pro Unternehmen erforderlich. Aus diesem<br />
Grunde bleiben Unternehmen mit nur einer Beobachtung in unseren Berechnungen<br />
unberücksichtigt. Damit sind insbesondere auch die Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten<br />
ausgeschlossen. Insgesamt umfasst unser Sample ungefähr 50000 Unternehmen.<br />
Die Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten, die in der Kostenstrukturstatistik<br />
lediglich als repräsentative Zufallsstichprobe enthalten sind, gehen mit einer<br />
entsprechenden Gewichtung in die Berechnungen ein: Jedes dieser Unternehmen wird mit<br />
dem Faktor multipliziert, der die Beziehung zwischen der Anzahl der Firmen in der betreffenden<br />
Branche und Größenklasse der Grundgesamtheit und der Anzahl der Firmen der<br />
betreffenden Branche und Größenklasse in der Stichprobe angibt. Da diese Gewichte über<br />
die Zeit ziemlich stabil sind, nutzen wir in sämtlichen Analysen die Gewichte für das Jahr<br />
1997.<br />
Um die technische Effizienz eines Unternehmens zu bestimmen, benötigt man einen Referenzpunkt.<br />
2 Meistens nutzt man hierzu das Konzept der stochastischen Frontier-Produktionsfunktion,<br />
wie es von Aigner et al. (1977) sowie von Meeusen und Brueck (1977)<br />
vorgeschlagen wurde. Sofern Paneldaten verfügbar sind, kann das Modell von Battese und<br />
Coelli (1995) verwendet werden. Zwar bietet der Ansatz der stochastischen Produktionsfunktion<br />
einige Vorteile bei der Unterscheidung zwischen technischer Effizienz und anderen<br />
Einflüssen auf das Produktionsergebnis; er basiert allerdings auch auf ziemlich restriktiven<br />
und damit fragwürdigen Annahmen. Erstens wird für den Ineffizienzterm eine<br />
Verteilung mit negativer Schiefe angenommen, was möglicherweise nicht mit der tatsächlichen<br />
Verteilung übereinstimmt. 3 Zweitens wird unterstellt, dass keine Korrelation zwischen<br />
der technischen Effizienz und den Faktorinputs besteht. In empirischen Anwendungen<br />
– so auch in unseren Schätzungen – zeigt sich allerdings häufig ein solcher<br />
2 Siehe Mayes, Landsbury und Harris (1995) sowie Kumbhakar and Lovell (2000) zu einem Überblick über die<br />
verschiedenen Ansätze zur Messung der technischen Effizienz von Unternehmen.<br />
3 Eine Ausnahme stellt Carree (2002) dar, der ein stochastisches Frontier-Modell mit positiver Schiefe der Verteilung<br />
der technischen Effizienz vorschlägt. Uns ist allerdings keine empirische Anwendung dieses Ansatzes<br />
bekannt.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 63
Michael Fritsch und Andreas Stephan<br />
Zusammenhang zwischen den Inputs und der Effizienz, was dann zu inkonsistenten<br />
Parameterschätzungen führt.<br />
Aus diesen Gründen nutzen wir den Panelcharakter der Daten und bestimmen technische<br />
Effizienz als einen unternehmensspezifischen festen Effekt. 4 Die Grundspezifikation ist<br />
eine deterministische Translog-Produktionsfunktion, die geschrieben werden kann als<br />
(vgl. Greene 1997):<br />
2 1<br />
ln yit = lnα i + λt+ ∑βkln xkit + ∑β2_k ( ln xkit ) + ∑γ<br />
qw ( ln xqit )( ln xwit<br />
) + εit<br />
,<br />
2<br />
wobei k=1,…,p, i=1,…, N, t=1,…, Ti und q=1,…, p, w=1,…,p, q≠w. Der Term yit gibt den<br />
Output des Unternehmens i im Zeitraum t an; xkit bezeichnet den Inputfaktor k und t repräsentiert<br />
einen zeitspezifischen festen Effekt. Wir haben N Unternehmen und Ti Beobachtungen<br />
für jedes Unternehmen. Die Schätzung der technischen Effizienz beruht auf unternehmensspezifischen<br />
festen Effekten α . Der höchste geschätzte Wert für den unter-<br />
i<br />
nehmensspezifischen festen Effekt max aˆ<br />
j gibt das höchste erreichbare Effizienzniveau<br />
an und stellt damit den Maßstab für die (In-)Effizienz der anderen Unternehmen dar. Die<br />
technische Effizient TEi des Unternehmens i wird dann berechnet als<br />
ˆ<br />
ˆ αi<br />
TEi<br />
= ⋅100<br />
[%],<br />
max ˆ α<br />
wobei der Wertebereich zwischen 0 und 100% (= höchste Effizienz) liegt.<br />
Aus methodischer Sicht lassen sich auch gegen unseren Fixed-effects-Ansatz zur Bestimmung<br />
der technischen Effizienz eine Reihe von Einwendungen vorbringen. Erstens sind in<br />
jüngster Zeit Frontier-Modelle entwickelt worden, die eine gleichzeitige Modellierung<br />
und Schätzung von stochastischer Ineffizienz und unbeobachteter Heterogenität als festen<br />
Effekt erlauben (vgl. hierzu Greene 2005). Für unser sehr unfangreiches Sample erweist<br />
sich dieser Ansatz allerdings als rechentechnisch zu anspruchsvoll. Zweitens impliziert<br />
das Fixed-effects-Modell, dass die geschätzte technische Effizienz über die gesamte Beobachtungsperiode<br />
konstant bleibt. Eine Analyse der Entwicklung der technischen Effizienz<br />
verringert die Anzahl der zur Verfügung stehenden Fälle erheblich, da in diesem Falle nur<br />
solche Unternehmen in das Modell einbezogen werden können, für die eine hinreichend<br />
lange Zeitreihe an Beobachtungen vorliegt. Darüber hinaus wäre eine solche Analyse von<br />
großen Unternehmen dominiert, da nur diese Unternehmen über längere Zeiträume in der<br />
Kostenstrukturstatistik enthalten sind (vgl. Abschnitt 2).<br />
Unser Maß für den Unternehmensoutput ist der Bruttoproduktionswert ohne Umsatzsteuer<br />
abzüglich der Differenz von indirekten Steuern und Subventionen. Damit umfasst der so<br />
definierte Output im Wesentlichen den Umsatz einschließlich der Netto-Lagerveränderung<br />
an Endprodukten. Umsatzerlöse durch Handelsware und sonstige Einnahmen (z.B.<br />
durch Lizenzgebühren, Kommissionen, Mieten und Pachten etc.) bleiben unberücksich-<br />
4 Siehe Schmidt und Sickles (1984) sowie Sickles (2005) zu einer Diskussion dieses Ansatzes.<br />
64 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
j<br />
q≠w (1)<br />
(2)
Die Heterogenität der Effizienz innerhalb von Branchen<br />
Tabelle 3<br />
Anteile der verschiedenen Inputfaktoren am Produktionswert – Verteilung<br />
Arithmetisches<br />
Mittel<br />
Median<br />
Standardabweichung<br />
Anmerkung: Die Anzahl Beobachtungen (Unternehmen*Jahre) beträgt 224 769.<br />
Quelle: Kostenstrukturerhebungen 1992–2005, eigene Berechnungen.<br />
1%-Quantil 10%-Quantil 90%-Quantil 99%-Quantil<br />
Materialeinsatz 0,,392 0,382 1,393 0,013 0,154 0,629 0,855<br />
Energieverbrauch 0,026 0,014 0,678 0,001 0,004 0,053 0,180<br />
Externe<br />
Dienstleistungen<br />
0,057 0,031 0,403 0,001 0,007 0,135 0,361<br />
Arbeitskosten 0,383 0,349 4,569 0,060 0,166 0,578 0,957<br />
Sonstige Inputs 0,115 0,087 0,792 0,010 0,031 0,213 0,472<br />
Kapital 0,079 0,061 0,802 0,009 0,025 0,143 0,312<br />
tigt, da wir davon ausgehen, dass solche Einkünfte nicht adäquat auf der Basis einer<br />
Produktionsfunktion erklärt werden können.<br />
Den größten Anteil an den Vorleistungen machen die Materialkosten und die Arbeitskosten<br />
aus (Tabelle 3); die Medianwerte für den Anteil dieser beiden Kostenkategorien<br />
addieren sich zu ca. 73% der Ausgaben insgesamt. Die Werte aller Kostenkategorien<br />
ergeben etwas mehr als 92% des Produktionswertes. Die verbleibenden knapp 8%<br />
können als Anteil des Bruttogewinns am Produktionswert interpretiert werden. Für einige<br />
der Kostenkategorien, wie z.B. die Ausgaben für externe Lohnarbeiten sowie für externe<br />
Wartung und Reparatur, enthält die Kostenstrukturstatistik einen relativ hohen Anteil an<br />
Nullwerten, da viele Unternehmen solche Vorleistungen nicht beziehen. Da in einer Translog-Produktionsfunktion<br />
sämtliche Inputs in logarithmierter Form eingehen, führen Nullwerte<br />
für einzelne Inputkategorien zu Missing Values und damit zum Ausschluss des betreffenden<br />
Unternehmens aus der Analyse. Um die Anzahl der Null-Angaben für die<br />
Inputs zu reduzieren, haben wir die verschiedenen Inputarten in breiteren Kategorien zusammengefasst.<br />
Dabei handelt es sich um Materialaufwendungen, Arbeitskosten, Energiekosten,<br />
Kapitalkosten (Abschreibungen sowie Pacht- und Leasingkosten), externe Dienstleistungen<br />
sowie andere produktionsbezogene Inputs (z.B. Transportleistungen, Beratung,<br />
Marketing). Alle Zeitreihen wurde mit dem Erzeugerpreisindex für die betreffende Branche<br />
deflationiert.<br />
Bezieht man als Näherungsgröße für den Kapitaleinsatz die jährlichen Werte für die steuerlichen<br />
Abschreibungen in die Schätzung ein, so führt dies zu einem relativ niedrigen<br />
Wert für die Produktionselastizität des Kapitals. Der nahe liegende Grund für diesen geringen<br />
Wert sind offenbar die relativ starken jährlichen Schwankungen der Abschreibungen.<br />
Um diese Schwankungen zu reduzieren, haben wir für jedes Jahr die durchschnittlichen<br />
jährlichen Abschreibungen berechnet. Grundlage hierfür sind die Abschreibungen<br />
des jeweils laufenden Jahres und aller vorhergehenden Jahre, über die der Datensatz Informationen<br />
enthält. Die Summe dieser Werte wurde dann durch die Anzahl der entsprechen-<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 65
Michael Fritsch und Andreas Stephan<br />
Tabelle 4<br />
Schätzergebnisse für die logarithmische Translog Produktionsfunktion mit firmenspezifischen<br />
festen Effekten<br />
Anmerkung: Anzahl Beobachtungen: 215 320.<br />
Quelle: Kostenstrukturerhebungen 1992–2005, eigene Berechnungen.<br />
den Jahre dividiert. Diese Durchschnittswerte der jährlichen Abschreibungen führen zu erheblich<br />
höheren und plausibleren Schätzwerten für die Produktionselastizität des Kapitals.<br />
Das Sample enthält eine Reihe von Beobachtungen mit extremen Werten, die u.U. erheblichen<br />
Einfluss auf die geschätzten Parameter haben und teilweise zu unplausiblen Ergebnissen<br />
führen. Wir haben solche Unternehmen als „Ausreißer“ von der Analyse ausgeschlossen,<br />
bei denen die Kostenanteile einzelner Inputs weniger als 0,5% bzw. mehr als<br />
99,5% des Bruttoproduktionswertes ausmachten. Insgesamt werden hierdurch (einschließlich<br />
solcher Unternehmen, die Null-Angaben für mindestens eine Inputkategorie<br />
aufwiesen) ungefähr 10% aller Beobachtungen von der Analyse ausgeschlossen. Tests haben<br />
gezeigt, dass sich durch den Ausschluss dieser extremen Fälle die Robustheit und<br />
Plausibilität der Schätzergebnisse deutlich verbessert.<br />
66 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Koeffizient Schätzwert p-Wert Koeffizient Schätzwert p-Wert Koeffizient Schätzwert p-Wert<br />
Materialeinsatz 0,1933
Die Heterogenität der Effizienz innerhalb von Branchen<br />
Tabelle 4 zeigt die geschätzten Parameter für die Translog-Produktionsfunktion entsprechend<br />
Gleichung (1) mit den Mikrodaten der im Sample enthaltenen Unternehmen 5 . Wir<br />
beziehen Dummy-Variablen für die einzelnen Beobachtungsjahre ein, wobei das Jahr<br />
2005 das Referenzjahr darstellt. Die Anpassungsgüte der Regression (R 2 ) ist bemerkenswert<br />
hoch (0,996) und die unternehmensspezifischen Effekte als auch die Jahreseffekte<br />
erweisen sich als hoch signifikant. 6 Für die Produktionsfunktion wurde eine Reihe von<br />
Spezifikationstests durchgeführt. Zunächst haben wir untersucht, ob die Translog-Spezifikation<br />
einer einfachen Cobb-Douglas-Funktion vorzuziehen ist. Die entsprechenden Tests<br />
zeigen, dass die Translog-Spezifikation den Daten besser entspricht. Außerdem zeigen die<br />
Tests, dass die geschätzte Produktionstechnologie linear-homogen vom Grade eins ist. 7<br />
Die von uns genutzte Näherungsvariable für den Kapitalstock führt zu vernünftigen<br />
Schätzwerten für die Outputelastizität des Kapitaleinsatzes. Die positiven Werte für die<br />
meisten Jahres-Dummys deuten auf eine höhere Produktivität in den betreffenden Jahren<br />
verglichen mit dem Referenzjahr 2005 hin. Offenbar stellen diese Dummy-Variablen nicht<br />
einfach Maße für den technischen Fortschritt dar, denn fortschreitende Verbesserungen<br />
über die Zeit würden negative Werte für die Jahres-Dummys implizieren. Offensichtlich<br />
reflektieren die Jahres-Dummys vor allem die makroökonomischen Bedingungen, die mit<br />
Abbildung 1<br />
Die Verteilung der technischen Effizienz im Verarbeitenden Gewerbe (n = 48 292)<br />
15,0<br />
12,5<br />
10,0<br />
7,5<br />
5,0<br />
2,5<br />
0<br />
0 10 20 30 40 50<br />
Effizienz [%]<br />
60 70 80 90<br />
100<br />
Quelle: Kostenstrukturerhebungen 1992–2005, eigene Berechnungen.<br />
5 Geschätzt mit der Least-Squares-Dummy-Variables-Methode für Paneldaten; siehe hierzu Baltagi (2001)<br />
sowie Coelli et al. (2002).<br />
6 Ein Hausman-Wu-Test deutet auf eine Korrelation zwischen den fixen Effekten und anderen unabhängigen<br />
Variablen hin. Aus diesem Grunde wäre ein Random-effects-Modell oder ein stochastisches Frontier-Modell<br />
nicht angemessen.<br />
7 Die Summe der geschätzten Input-Parameter beträgt 0,9988 mit einem Standardfehler von 0,0168.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 67
Michael Fritsch und Andreas Stephan<br />
einer beträchtlichen Unterauslastung der Kapazitäten in den Jahren 2002 und 2003 einhergingen,<br />
in denen sich negative Werte für die betreffenden Jahres-Dummy-Variablen ergeben.<br />
Der Mittelwert wie auch der Median für die technische Effizienz liegen bei knapp 60%,<br />
wobei die Werte der Unternehmen um diesen Mittelwert konzentriert sind, d.h., 90% aller<br />
Werte der technischen Effizienzen liegen im Intervall von 43 bis 77% (Abbildung 1). Die<br />
Verteilung der Effizienzwerte zeigt, dass nur relativ wenige Unternehmen nahe der Effizienzgrenze<br />
operieren, wohingegen das Gros der Firmen ein deutlich geringeres Effizienzniveau<br />
aufweist. Nur 10% aller Firmen erreichen ein Effizienzniveau von mehr als 77%;<br />
bei lediglich 5% der Unternehmen liegt das Effizienzniveau über 82%. Die Verteilung ist<br />
annähernd normalverteilt, was sich auch in den Maßzahlen für Schiefe und Wölbung<br />
zeigt, die jeweils nur knapp über null liegen.<br />
5 Effizienz und Unternehmensgröße<br />
Ein relativ weit verbreitetes Vorurteil lautet dahingehend, dass Großunternehmen deutlich<br />
effizienter sind als kleiner Unternehmen (Alvarez und Crespi 2003). Diese Frage kann auf<br />
der Grundlage unseres Ansatzes sehr gut geklärt werden, indem man die technischen Effizienzen<br />
für Unternehmen unterschiedlicher Größe betrachtet (Tabelle 5). Dabei zeigt sich<br />
einmal, dass es in sämtlichen Größenklassen relativ effiziente und relative ineffiziente Unternehmen<br />
gibt. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Mittelwerte (arithmetisches Mittel,<br />
Median) für kleinere Unternehmen höhere Werte annehmen als für Großunternehmen.<br />
Dies gilt auch für das obere und untere Ende der Verteilung, dargestellt etwa an den Werten<br />
für das 5%- und das 95%-Perzentil. Für dieses zunächst überraschende Ergebnis bieten<br />
sich mindestens zwei Erklärungen an. Erstens könnte sich hierin die größere Übersichtlichkeit<br />
kleinerer Einheiten niederschlagen, die mit weniger X-Ineffizienz verbunden<br />
ist. Zum anderen schlägt sich hier sicherlich der Survivor-Bias in den Daten nieder: Während<br />
größere Unternehmen bei ausgeprägter Ineffizienz mit Kapazitätsabbau reagieren<br />
können, müssen ineffiziente Kleinunternehmen in der Regel gleich ganz schließen. Dies<br />
hat dann zur Folge, dass in der Gruppe der Großunternehmen mehr ineffiziente Firmen<br />
Tabelle 5<br />
Technische Effizienz und Unternehmensgröße<br />
Unternehmensgröße<br />
(Beschäftigte)<br />
Quelle: Kostenstrukturerhebungen 1992–2005, eigene Berechnungen.<br />
68 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Anzahl<br />
Arithmetrisches<br />
Mittel<br />
Standardabweichung<br />
Minimum 5%-Quantil Median 95%-Quantil<br />
20–49 18488 62,18 13,69 1,36 40,12 62,11 84,68<br />
50–99 12099 60,50 13,35 1,95 38,81 60,32 82,39<br />
100–249 10374 58,91 12,96 5,01 38,33 58,71 79,93<br />
250–499 3980 57,69 12,87 8,92 35,75 57,38 78,54<br />
>500 3351 55,04 12,92 14,23 33,29 54,71 76,21<br />
Insgesamt 48292 60,19 13,49 1,36 38,53 59,98 82,27
Die Heterogenität der Effizienz innerhalb von Branchen<br />
enthalten sind als in der Gruppe der kleineren Unternehmen (ausführlicher Badunenko<br />
2006).<br />
Analysen der Determinanten der technischen Effizienz der Unternehmen auf der Mikro-<br />
Ebene ergeben den größten Erklärungsbeitrag für die Branchenzugehörigkeit, die Größe<br />
und den Standort der Unternehmen (Badunenko, Fritsch und Stephan 2006, Badunenko<br />
2006). Die Rechtsform, Fertigungstiefe, Niveau des Outsourcing und Alter der Unternehmen<br />
tragen hingegen kaum zur Erklärung der Effizienz bei.<br />
6 Die Struktur der technischen Effizienz innerhalb von Branchen<br />
Zur graphischen Darstellung der Verteilung von Unternehmenseffizienzen in einem Wirtschaftszweig<br />
sind in Abbildung 2 die Unternehmen beginnend mit dem effizientesten Unternehmen<br />
entsprechend ihrem Effizienzniveau in abfallender Reihenfolge angeordnet<br />
(vgl. Salter 1969, Fritsch und Stephan 2003). Das effizienteste Unternehmen bildet mit<br />
100 % Effizienz den Benchmark in einem Wirtschaftszweig, der zur Bestimmung der relativen<br />
Effizienz der übrigen Unternehmen der betreffenden Branche dient. Auf der horizontalen<br />
Achse ist der Produktionsanteil der Unternehmen im jeweiligen Wirtschaftszweig<br />
abgetragen. Daher entspricht die Breite einer Stufe dem Anteil eines Unternehmens am<br />
Produktionswert der betreffenden Branche. Man kann also erkennen, welchen Anteil am<br />
gesamten Output des jeweiligen Wirtschaftszweiges ein Unternehmen hat und welche Position<br />
beispielsweise das Unternehmen bezüglich der technischen Effizienz einnimmt.<br />
Abbildung 2<br />
Die Verteilung der technischen Effizienz innerhalb von Branchen: Herstellung von<br />
Konstruktionsteilen, Fertigbauteilen und Ausbauelementen aus Holz (WZ 20.30)<br />
Relative Effizienz [%]<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Produktionsanteil im Wirtschaftszweig [%]<br />
Quellen: Kostenstrukturerhebungen 1992–2005, eigene Berechnungen.<br />
1995 (n=173)<br />
2005 (n=134)<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 69
Michael Fritsch und Andreas Stephan<br />
Entsprechende Kurven für die Branche „Herstellung von Konstruktionsteilen, Fertigbauteilen<br />
und Ausbauelementen aus Holz“ (WZ 20.30) sind in Abbildung 2 wiedergegeben.<br />
Um die Entwicklung der Effizienzverteilung abzubilden, sind die Kurven für die Jahre<br />
1995 und 2005 dargestellt. Dabei werden die Effizienzen zwar für den Gesamtzeitraum<br />
geschätzt, und die Produktionsanteile sind Durchschnittswerte für alle Beobachtungsjahre<br />
eines Unternehmens. In die Kurven gehen jedoch nur die Unternehmen ein, die in dem jeweiligen<br />
Jahr in der Stichprobe enthalten waren. Beispielsweise lagen in der Branche<br />
20.30 nur für 20 der insgesamt 287 Unternehmen Werte für beide Jahre vor; die restlichen<br />
267 Unternehmen wurden nur in jeweils einem der beiden Jahre beobachtet. Wie in den<br />
meisten Branchen, sind die Kurven dadurch gekennzeichnet, dass die Positionen am oberen<br />
und am unteren Ende der Effizienzverteilung jeweils von Kleinunternehmen eingenommen<br />
werden. Dass die Grenzanbieter mit relativ niedriger Effizienz Kleinunternehmen<br />
sind, ist aus zwei Gründen sehr plausibel. Erstens kann es sich dabei um altetablierte<br />
Unternehmen handeln, die – sofern sie einmal größer waren – auf wirtschaftliche Probleme<br />
mit Kapazitätsabbau reagiert haben. Zweitens können dies junge Unternehmen sein,<br />
die auf dem Markt Fuß zu fassen versuchen. Typischerweise beginnen neue Unternehmen<br />
relativ klein, oft mit einer Produktionsmenge unterhalb der mindestoptimalen Größe, und<br />
weisen dabei ein unterdurchschnittliches Produktivitätsniveau auf. Sieht man einmal von<br />
den extremen Werten für das Effizienzmaß ab, so ergibt sich für die Branche eine Spannweite<br />
der Effizienz zwischen ca. 60 und 90%. Das etwas niedrigere Niveau der Kurve für<br />
das Jahr 2005 ergibt sich hier daraus, dass der Abstand des Unternehmens mit höchster<br />
Produktivität zum Mittelfeld zugenommen hat. Die Branche scheint im Wesentlichen<br />
Abbildung 3<br />
Die Verteilung der technischen Effizienz innerhalb von Branchen: Herstellung von Hohlglas<br />
(WZ 26.13)<br />
Relative Effizienz [%]<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Quelle: Kostenstrukturerhebungen 1992–2005, eigene Berechnungen.<br />
70 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
0<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Produktionsanteil im Wirtschaftszweig [%]<br />
1995 (n=61)<br />
2005 (n=36)
Die Heterogenität der Effizienz innerhalb von Branchen<br />
durch kleine und mittelgroße Anbieter gekennzeichnet zu sein. Ausgesprochene Großunternehmen<br />
sind jedenfalls nicht erkennbar.<br />
Auch in der Effizienzverteilung für die Branche „Herstellung von Hohlglas“ (WZ 26.13)<br />
in Abbildung 3 werden die extremen Positionen durch Kleinunternehmen eingenommen.<br />
Von insgesamt 74 Unternehmen sind nur 23 in beiden Jahren im Sample. Hier reicht der<br />
mittlere Bereich ohne die extremen Fälle von ca. 55 bis ca. 80%. Auffällig ist bei dieser<br />
Branche, dass es einige Anbieter mit einem relativ hohen Anteil am Branchenoutput gibt.<br />
Ausgesprochene Großunternehmen sind auch in der Branche „Herstellung von Heizkörpern<br />
für Zentralheizungsanlagen und von Zentralheizungskesseln“ (WZ 28.22) zu verzeichnen<br />
(Abbildung 4), wobei hier die Bandbreite der mittleren Effizienzwerte zwischen<br />
ca. 65 und 90% liegt. Besonders deutlich ist die Bedeutung großer Unternehmen im Bereich<br />
„Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren“ (WZ 34.10) (Abbildung 5).<br />
Die Effizienzwerte der großen Produzenten liegen hier relativ nahe beieinander, was auf<br />
intensiven Wettbewerb und ähnliche Produktionsmethoden hindeutet. Der Bereich der<br />
mittleren Effizienz, ohne die Unternehmen mit relativ extremen Werten, ist hier relativ<br />
eng und liegt zwischen ca. 48 und 56 % (1995) bzw. zwischen ca. 58 und 70 % (2005).<br />
Hierbei sind nur 29 von insgesamt 94 Unternehmen in beiden Jahren in der Stichprobe.<br />
Die Annahme, dass sich die technische Effizienz im Zeitverlauf nicht ändert, erscheint als<br />
restriktiv, da Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, versuchen werden, beispielsweise<br />
durch Veränderungen in der Organisation der Produktion effizienter zu werden. Prinzipiell<br />
Abbildung 4<br />
Die Verteilung der technischen Effizienz innerhalb von Branchen: Herstellung von<br />
Heizkörpern für Zentralheizungsanlagen und von Zentralheizungskesseln (WZ 28.22)<br />
Relative Effizienz [%]<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Produktionsanteil im Wirtschaftszweig [%]<br />
Quellen: Kostenstrukturerhebungen 199–2005, eigene Berechnungen.<br />
1995 (n=44)<br />
2005 (n=28)<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 71
Michael Fritsch und Andreas Stephan<br />
Abbildung 5<br />
Die Verteilung der technischen Effizienz innerhalb von Branchen: Herstellung von<br />
Kraftwagen und Kraftwagenmotoren (WZ 34.10)<br />
Relative Effizienz [%]<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Quellen: Kostenstrukturerhebungen 1992–2005, eigene Berechnungen.<br />
ist es möglich, für einzelne Unternehmen zeitlich variable Effizienzen zu schätzen, indem<br />
in der Schätzgleichung zum zeitinvarianten festen Effekt 1nα i noch ein unternehmenspezifischer<br />
Zeittrend α it t hinzugefügt wird. Je nachdem, ob α it positiv oder negativ geschätzt<br />
wird, hat dann die Effizienz des Unternehmens im Zeitablauf entweder zu- oder abgenommen.<br />
Zu beachten ist hierbei, dass der Schätzansatz für eine zeitlich variable Effizienz nur<br />
dann möglich ist, wenn die Unternehmen eine ausreichend große Zahl von Beobachtungsjahren<br />
aufweisen. Wir haben daher bei der Schätzung zeitlich variabler Effizienzen nur<br />
Unternehmen mit mindestens zehn Beobachtungsjahren berücksichtigt. Tabelle 6 zeigt für<br />
die einzelnen Branchen, wie viele der Unternehmen jeweils eine negative oder positive<br />
Tendenz in der technischen Effizienz aufweisen. Etwas überraschend finden wir für die<br />
überwiegende Zahl von Unternehmen in den vier betrachteten Branchen einen negativen<br />
Trend der technischen Effizienz. Nur in der Automobilindustrie steht den Unternehmen<br />
mit negativem Effizienztrend eine etwa gleich große Zahl von Unternehmen mit positivem<br />
Trend gegenüber.<br />
72 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
0<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Produktionsanteil im Wirtschaftszweig [%]<br />
1995 (n=58)<br />
2005 (n=65)
Die Heterogenität der Effizienz innerhalb von Branchen<br />
Tabelle 6<br />
Veränderung der technischen Effizienz in den einzelnen Branchen<br />
Branche<br />
Herstellung von Konstruktionsteilen,<br />
Fertigbauteilen und Ausbauelementen<br />
aus Holz (WZ 20.30)<br />
Darunter auf dem 5%-Niveau<br />
statistisch signifikant<br />
Quellen: Kostenstrukturerhebungen 1992–2005, eigene Berechnungen.<br />
7 Schlussbemerkungen<br />
Anzahl Unternehmen<br />
mit mehr als zehn<br />
Beobachtungen<br />
Veränderung der technischen Effizienz<br />
Negativ Positiv<br />
20 19 1<br />
2 0<br />
Herstellung von Hohlglas (W 26.13) 23 18 5<br />
Darunter auf dem 5%-Niveau<br />
statistisch signifikant<br />
Herstellung von Heizkörpern für<br />
Zentralheizungsanlagen und von<br />
Zentralheizungskesseln (WZ 28.22)<br />
Darunter auf dem 5%-Niveau<br />
statistisch signifikant<br />
Herstellung von Kraftwagen und<br />
Kraftwagenmotoren (WZ 34.10)<br />
Darunter auf dem 5%-Niveau<br />
statistisch signifikant<br />
6 2<br />
21 18 3<br />
4 0<br />
20 16 13<br />
2 5<br />
Unsere Auswertung von Angaben aus der Kostenstrukturerhebung der Statistischen Ämter<br />
hat gezeigt, dass Branchen in der in der Regel sehr heterogen zusammengesetzt sind. Aus<br />
diesem Grund ist die Branchenzugehörigkeit als Kriterium für wirtschaftspolitische Eingriffe<br />
fragwürdig. Ebenso fragwürdig ist die Verwendung von Summen- oder Durchschnittswerten<br />
für Branchenaggregate im Rahmen statistischer Analysen, da hierbei die<br />
Heterogenität innerhalb der Aggregate verdeckt bleibt. Die Kostenstrukturstatistik bietet,<br />
insbesondere bei einer Kombination mit anderen Erhebungen, eine hervorragende Grundlage<br />
für empirische Analysen von Produktivität und Effizienz.<br />
Um die Standorteffekte mit hinreichender Genauigkeit identifizieren zu können, wäre insbesondere<br />
die Kombination mit Angaben aus der Produktionsstatistik wünschenswert, da<br />
sich auf diese Weise für Mehr-Betrieb-Unternehmen die Standorteffekte genau erfassen<br />
lassen. Wünschenswert wäre auch eine Verknüpfung mit dem Unternehmensregister, das<br />
Angaben über das Alter eines Betriebes bzw. Unternehmens sowie über die Besitzverhältnisse<br />
(Inland vs. Ausland) enthält. Weiterhin ließen sich über eine Verknüpfung mit den<br />
Monatsberichten oder den Investitionserhebungen Angaben zu den Auslandsumsätzen<br />
bzw. zur Investitionstätigkeit der Unternehmen zuspielen. Auch erscheinen Verknüpfungen<br />
mit Angaben aus nicht-amtlichen Datenbanken wie der europäischen Patentstatistik<br />
ein viel versprechender Ansatz für zukünftige Analysen beispielsweise über die Zusammenhang<br />
zwischen Innovationsaktivität, Produktivität und Unternehmenseffizienz zu<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 73
Michael Fritsch und Andreas Stephan<br />
sein. Die Beantwortung solcher Fragen ist nach unserer Auffassung insbesondere für die<br />
Wirtschaftspolitik von großer Bedeutung.<br />
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74 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
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Statistisches Bundesamt (verschiedene Jahrgänge): Kostenstrukturerhebung im Verarbeitenden<br />
Gewerbe. Fachserie 4, Reihe 4.3. Stuttgart, Metzler-Poeschel.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 75
Jobmotor Mittelstand?<br />
Arbeitsplatzdynamik und Betriebsgröße<br />
in der westdeutschen Industrie*<br />
Von Joachim Wagner**<br />
76 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Vierteljahrshefte<br />
zur Wirtschaftsforschung<br />
76 (2007), 3, S. 76–87<br />
Zusammenfassung: In der öffentlichen Diskussion gilt als allgemein akzeptiert, dass in Deutschland<br />
ein Zusammenhang zwischen Firmengröße und Arbeitsplatzdynamik besteht, der sich durch den stilisierten<br />
Fakt beschreiben lässt, dass kleine und mittlere Firmen vorwiegend Arbeitsplätze schaffen,<br />
während in großen Firmen vor allem Arbeitsplätze abgebaut werden. Der Mittelstand gilt als Jobmotor.<br />
Der vorliegende Beitrag zeigt, dass eine Auswertung von Längsschnittdaten für Betriebe Zweifel<br />
an dieser einfachen Sichtweise begründen kann. In mittelständischen Betrieben entstehen viele<br />
Arbeitsplätze, aber es werden auch viele abgebaut, und dasselbe gilt für Großbetriebe. Wachsende<br />
und schrumpfende, neu gegründete und geschlossene Betriebe sind in jeweils erheblichem Umfang in<br />
jedem Jahr in allen Größenklassen anzutreffen. Wirtschaftspolitische Maßnahmen mit einer spezifischen<br />
Ausrichtung auf bestimmte Firmengrößenklassen lassen sich daher nicht mit einem besonders<br />
ausgeprägten Beitrag dieser Firmen zur Beschäftigungsdynamik rechtfertigen.<br />
Summary: It is often argued that in Germany jobs are mostly created in small and medium sized<br />
firms, while large firms generally tend to destroy jobs. The so-called Mittelstand is considered as the<br />
engine of job creation. Using panel data for manufacturing firms this paper demonstrates that this<br />
simple view is wrong. Growing and shrinking firms, entries and exits can be found in a substantial<br />
amount in all size classes in each time period considered. Economic policy measures with a special<br />
focus on firms from different size classes, therefore, can not be justified by pointing to an extraordinary<br />
large contribution of these firms to job creation.<br />
JEL Classification: J23, L60<br />
Keywords: Firm size, job creation and destruction, firm panel data<br />
1 Motivation<br />
Der Mittelstand gilt als Jobmotor der deutschen Wirtschaft. „Die neue Regierung wird<br />
sich […] in ganz besonderer Weise für den Mittelstand einsetzen […]. Dort ist der Jobmotor<br />
am wirkungsvollsten […]“ – so Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung<br />
vom 30. November 2005 vor dem Deutschen Bundestag. Entsprechende Äußerungen<br />
finden sich seit langer Zeit in zahllosen öffentlichen Verlautbarungen von<br />
Wirtschaftspolitikern, Verbandsvertretern und Journalisten. Die Eingabe „Jobmotor Mittelstand“<br />
in Google erbrachte am 3. April 2007 rund 42600 Treffer in 0,11 Sekunden.<br />
* Alle Berechnungen mit vertraulichen Betriebsdaten wurden im Forschungsdatenzentrum der Statistischen<br />
Ämter der Länder in <strong>Berlin</strong> durchgeführt. Ich danke Ramona Pohl für die hervorragende Betreuung dieses Projekts<br />
im FDZ; Brigitte Scheiter danke ich für die sorgfältige Anfertigung der Tabellen.<br />
** Leuphana Universität Lüneburg, Institut für Volkswirtschaftslehre, Postfach 2440, 21314 Lüneburg, E-Mail:<br />
wagner@uni-lueneburg.de
Jobmotor Mittelstand? Arbeitsplatzdynamik und Betriebsgröße in der westdeutschen Industrie<br />
Ganz offensichtlich wird breit akzeptiert, dass in Deutschland ein Zusammenhang zwischen<br />
der Firmengröße und der Arbeitsplatzdynamik besteht, der sich durch den stilisierten<br />
Fakt beschreiben lässt, dass kleine und mittlere Firmen vorwiegend Arbeitsplätze<br />
schaffen, während in großen Firmen vor allem Arbeitsplätze abgebaut werden. Anders als<br />
Wissenschaftler sind Politiker, Verbandsvertreter und Journalisten nicht gezwungen, die<br />
Quellen ihrer Aussagen offen zu legen und die Methoden, mit denen diese arbeiten, kritisch<br />
zu hinterfragen. Dies ist bedauerlich, denn in der wissenschaftlichen Diskussion wird<br />
seit vielen Jahren argumentiert, dass diese These eines negativen Zusammenhangs zwischen<br />
Arbeitsplatzdynamik und Firmengröße so nicht haltbar ist.<br />
Der vorliegende Beitrag will helfen, die Tragfähigkeit dieser weit verbreiteten Meinung<br />
besser einschätzen zu können. Gleichzeitig will er damit das Potenzial verdeutlichen, dass<br />
über die Zeit verknüpfte Daten für einzelne Firmen – so genannte Betriebspaneldaten – als<br />
Basis für wissenschaftliche Politikberatung beinhalten.<br />
Im folgenden Abschnitt 2 werden die Datenbasis und das methodische Vorgehen beschrieben,<br />
in Abschnitt 3 werden die Ergebnisse vorgestellt und diskutiert. Abschnitt 4 zieht<br />
Schlussfolgerungen hieraus zur Bedeutung von Firmenpaneldaten als Basis einer fundierten<br />
wissenschaftlichen Politikberatung.<br />
2 Datenbasis und Analysemethode<br />
Die These vom „Jobmotor Mittelstand“ beruht auf Ergebnissen empirischer Untersuchungen,<br />
in denen die Arbeitsplatzentwicklung für Betriebe getrennt nach Größenklassen untersucht<br />
wird. Dass hier ein Fallstrick lauert, ist seit langer Zeit bekannt, ebenso ein Lösungsweg<br />
(vgl. Davis, Haltiwanger und Schuh 1996).<br />
Untersucht man die Entwicklung der Beschäftigung in verschiedenen Betriebsgrößenklassen<br />
zwischen zwei Jahren t 0 und t 1 , und greift man dafür auf publizierte Angaben aus der<br />
amtlichen Statistik zurück, dann werden die Betriebe hierbei nach ihrer Größe in der Basisperiode<br />
t 0 einer Größenklasse zugeordnet. Betrachtet man mehr als einen Zwei-Jahres-<br />
Zeitraum, also z.B. zusätzlich auch noch den Zeitraum t 1 bis t 2 , dann werden die Betriebe<br />
für die Untersuchung dieses weiteren Zeitraums neu nach ihrer Größe in t 1 sortiert. Und<br />
genau dies kann zu einer „zu guten“ Darstellung der Beschäftigungsentwicklung in kleinen<br />
Betrieben führen, wenn Beschäftigungsveränderungen lediglich vorübergehenden –<br />
transitorischen – Charakter haben und sich daher in der Folgeperiode umkehren. Um dies<br />
zu illustrieren betrachten wir eine Ökonomie, die nur aus zwei Betrieben besteht, und wir<br />
nehmen an, dass wir folgende Beschäftigtenzahlen in den drei Jahren t 0 , t 1 und t 2 beobachten:<br />
t 0 t 1 t 2<br />
Betrieb A 16 21 16<br />
Betrieb B 24 16 24<br />
Kleinbetriebe seien als Betriebe mit einem bis 19 Beschäftigten definiert, Großbetriebe als<br />
solche mit 20 und mehr Beschäftigten. Betrachtet man den ersten Zwei-Jahres-Zeitraum,<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 77
Joachim Wagner<br />
dann ist Betrieb A ein Kleinbetrieb mit einer positiven Wachstumsrate von +31,25% und<br />
Betrieb B ein Großbetrieb mit einer negativen Wachstumsrate von –33,33%. Für den<br />
zweiten Zwei-Jahres-Zeitraum ist jetzt der Betrieb B ein Kleinbetrieb und hat eine Wachstumsrate<br />
von +50%, während Betrieb A jetzt als Großbetrieb zählt und eine Wachstumsrate<br />
von –23,81% aufweist. Demnach wachsen Kleinbetriebe und Großbetriebe schrumpfen<br />
– obwohl jeder Betrieb am Ende der Betrachtungsperiode in t 3 exakt so viele Personen beschäftigt<br />
wie zu Beginn in t 1 !<br />
Natürlich ist dies Beispiel drastisch – soll es ja auch sein. Ob und wie stark dieser Effekt<br />
der „regression-to-the-mean“ durchschlägt, hängt ab von der relativen Bedeutung transitorischer<br />
verglichen mit allen anderen Beschäftigungsänderungen und von der Abgrenzung<br />
der Größenklassen. Alternativ kann man Betriebe auch nach ihrer Durchschnittsgröße im<br />
jeweiligen Untersuchungszeitraum in Größenklassen einsortieren – in unserem Beispiel<br />
gilt dann der Betrieb A immer als Kleinbetrieb und der Betrieb B immer als Großbetrieb,<br />
und wir erhalten ein ganz anderes Bild (wobei sich allerdings bei den hier unterstellten<br />
recht großen Werten der Veränderung der Beschäftigung von Jahr zu Jahr einmal mehr der<br />
„base shift effect“ zeigt, denn ein Wachstum um 50%, gefolgt von einer Schrumpfung um<br />
50%, bringt uns eben nicht wieder zurück auf das Ausgangsniveau – bei kleineren und<br />
realistischeren Änderungen ist dieser Effekt vernachlässigbar).<br />
Überprüfen lässt sich die Bedeutung transitorischer Beschäftigungsveränderungen, verbunden<br />
mit dem Wechsel von Betriebsgrößenklassen, für den Zusammenhang zwischen<br />
Betriebsgröße und Beschäftigungswachstum nur, wenn man auf Einzeldaten für die Betriebe<br />
in der Form eines Betriebspanels zurückgreifen kann und alternativ die Betriebe<br />
nach der Größe im Basisjahr und nach ihrer Durchschnittsgröße zuordnen kann. Solche<br />
Datensätze gibt es für deutsche Industriebetriebe bereits seit vielen Jahren für einzelne<br />
Bundesländer, und diese wurden für entsprechende Untersuchungen des Zusammenhangs<br />
von Betriebsgröße und Arbeitsplatzdynamik genutzt. 1 Seit Ende 2006 ist erstmals ein solches<br />
Betriebspanel für ganz Deutschland verfügbar. 2 Enthalten sind für den Wirtschaftsbereich<br />
Verarbeitendes Gewerbe und Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden (im<br />
Folgenden kurz und etwas ungenau als Industrie bezeichnet) Informationen zu allen Betrieben<br />
(definiert als örtlich abgegrenzte Produktionseinheit einschließlich der in ihrer unmittelbaren<br />
Umgebung liegenden und von ihr abhängenden Einheiten) aus den Jahren<br />
1995 (dem ersten Jahr nach dem Übergang auf eine neue Wirtschaftszweigklassifikation,<br />
verbunden mit einer Änderung des Berichtskreises) bis 2002 (dem letzten Jahr, für das Informationen<br />
für industrielle Kleinbetriebe mit weniger als 20 tätigen Personen vorliegen,<br />
da die jährliche Kleinbetriebserhebung anschließend eingestellt wurde).<br />
In der vorliegenden Studie wird dieser neu verfügbare Paneldatensatz genutzt. Hierbei<br />
werden die Betriebe – alternativ nach der Anzahl der in ihnen tätigen Personen im ersten<br />
von jeweils zwei betrachteten auf einander folgenden Jahren oder im Durchschnitt dieser<br />
beiden Jahre – in sechs Größenklassen eingeteilt: GK1 mit weniger als 20 Personen, GK2<br />
mit 20 bis 49 Personen, GK3 mit 50 bis 99 Personen, GK4 mit 100 bis 249 Personen, GK5<br />
1 Vgl. Wagner (1995) für Niedersachsen 1978 bis 1993, Strotmann (2002) für Baden-Württemberg 1980 bis<br />
1999 und Wagner (2002) für Mecklenburg-Vorpommern 1995 bis 1999.<br />
2 Konold (2007) beschreibt diese Daten und den Zugang zu ihnen in den Forschungsdatenzentren des Statistischen<br />
Bundesamtes und der Statistischen Ämter der Länder; vgl. hierzu auch den Beitrag von Malchin und Pohl<br />
(2007) in diesem Heft.<br />
78 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Jobmotor Mittelstand? Arbeitsplatzdynamik und Betriebsgröße in der westdeutschen Industrie<br />
mit 250 bis 499 Personen und GK6 mit 500 und mehr Personen. 3 Nach einer gängigen Abgrenzung<br />
umfassen damit die Größenklassen 1 bis 4 den Mittelstand (wobei die Betriebe<br />
aus GK1 und GK2 als Kleinbetriebe und die aus GK2 und GK3 als Mittelbetriebe gelten)<br />
und die Größenklassen 5 und 6 die Großbetriebe. 4<br />
Für die Betriebe jeder Größenklasse wird für einen Zeitraum von zwei aufeinander folgenden<br />
Jahren t 0 und t 1 (z.B. 1995 und 1996) ermittelt, ob ein Betrieb gewachsen ist (also in t 1<br />
mehr tätige Personen gemeldet hat als in t 0 ) oder geschrumpft ist. Neue Betriebe, die in t 1 ,<br />
aber nicht in t 0 im Datensatz enthalten sind, zählen hierbei zur ersten Gruppe; da es sich<br />
hierbei auch um Verlagerungen aus anderen Teilen der Wirtschaft wie etwa dem Dienstleistungssektor<br />
oder aus dem Ausland handeln kann, werden diese im Datensatz neuen<br />
Betriebe hier nicht als Gründungen, sondern als Zugänge bezeichnet. Ebenso kann es sich<br />
bei den Abgängen, die in t 0 ,aber nicht in t 1 im Datensatz enthalten sind, sowohl um Schließungen<br />
als auch um Verlagerungen in andere Teile der Wirtschaft oder ins Ausland handeln.<br />
Aggregiert man die Zuwächse an tätigen Personen bei den gewachsenen Betrieben<br />
und den Zugängen und setzt man diese in Beziehung zur Anzahl der tätigen Personen im<br />
Anfangsjahr, dann erhält man die Bruttowachstumsrate der Beschäftigung. Aggregiert<br />
man die Arbeitsplatzverluste in geschrumpften Betrieben und in den Abgängen und teilt<br />
diese durch die Anzahl tätiger Personen im Anfangsjahr, dann erhält man die Bruttoabbaurate<br />
der Beschäftigung. Die Differenz beider Raten ist dann die (positive oder negative)<br />
Nettowachstumsrate der Beschäftigung in allen Betrieben aus einer Größenklasse.<br />
Aus den Publikationen der amtlichen Statistik lassen sich nur die jeweiligen Nettowachstumsraten<br />
der Beschäftigung in Betrieben einer Größenklasse bei einer Zuordnung der Betriebe<br />
in die Größenklassen nach der Anzahl tätiger Personen im Basisjahr des Betrachtungszeitraums<br />
entnehmen. Diese Angaben bilden die Basis von evidenzbasierten<br />
Aussagen zum Zusammenhang von Betriebsgröße und Arbeitsplatzdynamik. Die hinter<br />
dieser Nettoveränderung stehenden gegenläufigen positiven bzw. negativen Bruttoveränderungen<br />
bleiben dabei ebenso verborgen wie die Netto- und Bruttoveränderungen bei einer<br />
Einteilung in Größenklassen nach der Durchschnittsgröße der Betriebe im jeweiligen<br />
Betrachtungszeitraum. Im folgenden Abschnitt soll gezeigt werden, welche weitergehenden<br />
Erkenntnisse zum Zusammenhang von Arbeitsplatzdynamik und Betriebsgröße sich<br />
aus einer zusätzlichen Betrachtung dieser Bruttoströme und einer alternativen Zuordnung<br />
der Betriebe in Größenklassen nach der Durchschnittszahl der Arbeitsplätze gewinnen lassen.<br />
3 Ergebnisse der empirischen Analyse<br />
Die Anzahl der insgesamt in westdeutschen Industriebetrieben tätigen Personen ist im Untersuchungszeitraum<br />
1995 bis 2002 um 7,3% von 6,386 Millionen auf 5,920 Millionen<br />
3 Die Analysen müssen sich hierbei auf Westdeutschland beschränken, da für Ostdeutschland bereits in der<br />
Größenklasse 5 (und verstärkt dann in der Größenklasse 6) Geheimhaltungsfälle auftraten. (Wissenschaftler,<br />
die mit vertraulichen Betriebsdaten arbeiten, kennen dies Problem nur zu gut – ihr Blues hat wegen der bei der<br />
Geheimschutzprüfung die Ziffern ersetzenden Sterne die Melodie „Weißt du, wie viel Sternlein stehen …“)<br />
Wegen der im betrachteten Zeitraum gegebenen strukturellen Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland<br />
ist eine Analyse für Gesamtdeutschland nicht angebracht.<br />
4 Die Abgrenzung mittelständischer Firmen ist nicht unstrittig, denn neben der Anzahl der Beschäftigten werden<br />
oft auch noch der Umsatz oder die Bilanzsumme pro Jahr sowie die Besitzverhältnisse (vom Eigentümer<br />
geführtes Unternehmen) herangezogen; vgl. hierzu Wolter und Hauser (2001).<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 79
Joachim Wagner<br />
gesunken. In Tabelle 1 sind die prozentualen Anteile der Betriebe aus den sechs Größenklassen<br />
an allen Arbeitsplätzen in der westdeutschen Industrie zwischen 1995 und 2002<br />
angegeben, wobei die Werte in der oberen Tabellenhälfte für die (übliche) Zuordnung von<br />
Betrieben nach der Anzahl tätiger Personen im jeweils ersten Jahr des betrachteten Zwei-<br />
Jahres-Zeitraums gelten, während in der unteren Hälfte der Tabelle die entsprechenden<br />
Werte bei einer Größenklassenzuordnung nach dem Durchschnitt der Beschäftigtenzahl in<br />
beiden Jahren aufgelistet sind. Im Untersuchungszeitraum war die nach beiden Verfahren<br />
berechnete Größenklassenverteilung sehr ähnlich. Unterschiede über die Zeit lassen sich<br />
kaum feststellen; leichten Anteilsgewinnen der Größenklassen 1 bis 5 steht ein geringfügi-<br />
Tabelle 1<br />
Prozentuale Anteile der Betriebe an allen Arbeitsplätzen nach zwei Arten der Zuordnung<br />
zu Größenklassen<br />
Westdeutsche Industriebetriebe, 1995/1996–2001/2002<br />
1. Größenklassenzuordnung nach Anzahl Arbeitsplätze im Basisjahr<br />
GK1 GK2 GK3 GK4 GK5 GK6<br />
Anzahl Personen < 20 20–49 50–99 100–249 250–499 > = 500<br />
Zeitraum<br />
Quelle: Eigene Berechnungen.<br />
80 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
1995/1996 4,70 8,65 9,95 17,20 14,51 44,98<br />
1996/1997 5,11 8,74 10,08 17,45 14,65 43,97<br />
1997/1998 4,97 9,57 10,29 17,45 14,58 43,14<br />
1998/1999 8,15 9,02 10,13 17,24 14,44 42,67<br />
1999/2000 4,88 9,42 10,5 17,59 14,86 42,75<br />
2000/2001 4,77 9,27 10,45 17,74 15,22 42,55<br />
2001/2002 5,10 9,32 10,36 17,65 15,02 42,55<br />
2. Größenklassenzuordnung nach durchschnittlicher Anzahl Arbeitsplätze im Basisjahr und Endjahr<br />
GK1 GK2 GK3 GK4 GK5 GK6<br />
Anzahl Personen < 20 20–49 50–99 100–249 250–499 > = 500<br />
Zeitraum<br />
1995/1996 5,42 8,73 10,06 17,11 14,56 44,12<br />
1996/1997 5,40 8,85 10,17 17,42 14,64 43,51<br />
1997/1998 5,26 9,54 10,26 17,32 14,69 42,93<br />
1998/1999 5,34 9,35 10,33 17,39 14,78 42,82<br />
1999/2000 5,14 9,42 10,4 17,6 14,98 42,45<br />
2000/2001 5,02 9,29 10,45 17,64 15,21 42,39<br />
2001/2002 5,49 9,41 10,34 17,84 14,97 41,96
Jobmotor Mittelstand? Arbeitsplatzdynamik und Betriebsgröße in der westdeutschen Industrie<br />
ger Rückgang des Anteils der Beschäftigten in den Betrieben mit 500 oder mehr Personen<br />
an allen Industriebeschäftigten in Westdeutschland gegenüber.<br />
In der Tabelle 2 sind die Nettowachstumsraten sowie die Bruttowachstumsraten und die<br />
Bruttoabbauraten der Beschäftigung für die Betriebe aus den sechs Größenklassen und die<br />
Zeiträume von 1995/96 bis 2001/2002 angegeben. Hierbei finden sich die Werte für eine<br />
Größenklassenzuordnung nach der Anzahl Personen im jeweiligen Basisjahr in der ersten<br />
Hälfte der Tabelle, entsprechende Angaben bei einer Größenklassenzuordnung nach<br />
durchschnittlicher Arbeitsplatzzahl in Basis- und Endjahr in der zweiten Hälfte.<br />
Die in der oberen Hälfte der Tabelle 2 ausgewiesene Nettowachstumsrate der Arbeitsplätze<br />
in den Betriebsgrößenklassen (bei Zuordnung der Betriebe nach Anzahl der Beschäftigten<br />
im jeweiligen Basisjahr) enthält Informationen der Art, wie sie üblicherweise publiziert<br />
werden und damit allgemein zugänglich sind. Für alle sieben hier betrachteten Zwei-<br />
Jahres-Zeiträume ist dabei festzustellen, dass ausschließlich die kleinste Größenklasse (in<br />
der, wie in Tabelle 1 gezeigt, nur rund 5% aller Industriearbeitsplätze zu finden sind) positive<br />
Werte aufweist. In allen anderen Größenklassen ist die Wachstumsrate in allen betrachteten<br />
Perioden negativ, wobei die Absolutwerte der negativen Wachstumsraten mit<br />
steigender Betriebsgrößenklasse tendenziell abnehmen. Einen Beleg für die These vom<br />
„Jobmotor Mittelstand“ lässt sich für die hier betrachteten westdeutschen Industriebetriebe<br />
damit nicht finden.<br />
Wie im vorigen Abschnitt bei der Diskussion des Analyseansatzes bereits herausgestellt,<br />
ergibt sich die Nettowachstumsrate der Arbeitsplätze als Differenz der Bruttowachstumsrate<br />
und der Bruttoabbaurate, wobei man die Bruttowachstumsrate aus den Zuwächsen an<br />
tätigen Personen bei den gewachsenen Betrieben und den Zugängen ermittelt, während<br />
sich die Bruttoabbaurate aus den Arbeitsplatzverlusten in geschrumpften Betrieben und in<br />
Abgängen ergibt. Angaben zu diesen beiden Bruttoraten, die sich nicht in den Publikationen<br />
der amtlichen Statistik finden, sind für die sieben untersuchten Zeiträume in Tabelle 2<br />
abgedruckt. Hier wird sehr deutlich, dass neue Arbeitsplätze keineswegs nur im Mittelstand<br />
entstehen und dass sich der Arbeitsplatzabbau keineswegs auf die Großbetriebe beschränkt.<br />
In allen Größenklassen und in jedem betrachteten Zwei-Jahres-Zeitraum finden<br />
sich gleichzeitig Betriebe, in denen Arbeitsplätze neu entstehen und Betriebe, in denen<br />
Arbeitsplätze abgebaut werden. 5<br />
Betrachtet man die Bruttowachstumsraten, dann zeigt sich ein negativer Zusammenhang<br />
mit der Betriebsgröße – kleinere Betriebe weisen höhere Bruttowachstumsraten auf als<br />
größere. Hierbei ist zu beachten, dass bei einer Zuordnung von Betrieben in Größenklassen<br />
nach der Personenzahl im Basisjahr alle in t 1 neu erfassten Betriebe („Zugänge“) definitionsgemäß<br />
zur GK1 gezählt werden, da sie in t 0 ja nicht im Datensatz enthalten sind<br />
und daher weniger als 20 tätige Personen aufweisen. Dies schlägt bei den sehr hohen Bruttowachstumsraten<br />
der Betriebe in der GK1 deutlich zu Buche – die Bruttowachstumsraten<br />
aufgrund von Zugängen betragen in den sieben hier betrachteten Zeiträumen in zeitlicher<br />
Reihenfolge 21,49%, 51,24%, 32,27%, 40,29%, 27,25%, 49,21% und 56,43%. Das ist<br />
5 Hierbei ist zu beachten, dass in dieser Studie die Anzahl der Arbeitsplätze in einem Betrieb in zwei Jahren<br />
verglichen wird. Wenn innerhalb dieser Zeit in dem Betrieb, z.B. in einer Abteilung, Arbeitsplätze entstehen und<br />
in einer anderen Abteilung Arbeitsplätze abgebaut werden, dann geht lediglich der Nettoeffekt auf<br />
Betriebsebene in die Berechnungen ein.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 81
Tabelle 2<br />
Joachim Wagner<br />
Nettowachstumsrate, Bruttowachstumsrate und Bruttoabbaurate der Arbeitsplätze (%) nach zwei Arten der Zuordnung zu Größenklassen in<br />
westdeutschen Industriebetrieben, 1995–2001<br />
82 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
1. Größenklassenzuordnung nach Anzahl Arbeitsplätze im Basisjahr<br />
Größenklasse GK1 GK2 GK3 GK4 GK5 GK6<br />
Zeitraum<br />
Anzahl Personen < 20 20-–9 50–90 100–249 250–499 > = 500<br />
1995/96 Nettowachstumsrate 12,38 –6,24 –4,59 –4,86 –4,28 –4,49<br />
Bruttowachstumsrate 29,18 3,47 3,12 2,56 2,16 1,19<br />
Bruttoabbaurate –16,80 –9,71 –7,71 –7,42 –6,44 –5,68<br />
1996/97 Nettowachstumsrate 43,55 –5,91 –4,58 –4,28 –4,03 –3,27<br />
Bruttowachstumsrate 59,53 3,68 3,27 2,97 2,31 1,86<br />
Bruttoabbaurate –15,98 –9,60 –7,85 –7,24 –6,33 –5,13<br />
1997/98 Nettowachstumsrate 26,91 –3,80 –2,29 –1,07 –0,95 –1,17<br />
Bruttowachstumsrate 41,68 5,02 4,39 4,11 3,63 3,27<br />
Bruttoabbaurate –14,77 –8,81 –6,68 –5,18 –4,57 –4,44<br />
1998/99 Nettowachstumsrate 29,06 –5,13 –2,61 –2,58 –2,27 –2,18<br />
Bruttowachstumsrate 47,33 4,39 4,10 3,63 2,89 2,13<br />
Bruttoabbaurate –18,28 –9,52 –6,70 –6,21 –5,16 –4,31<br />
1999/00 Nettowachstumsrate 20,71 –3,38 –1,80 –1,14 –0,98 –1,47<br />
Bruttowachstumsrate 35,65 5,04 4,64 4,20 3,60 2,59<br />
Bruttoabbaurate –14,93 –8,43 –6,44 –5,35 –4,59 –4,07<br />
2000/01 Nettowachstumsrate 40,40 –3,66 –2,23 –1,16 –1,11 –0,55<br />
Bruttowachstumsrate 56,74 4,67 4,30 4,07 3,64 2,99<br />
Bruttoabbaurate –16,34 –8,34 –6,52 –5,23 –4,76 –3,54<br />
2001/02 Nettowachstumsrate 43,17 –7,12 –5,29 –4,76 –3,88 –3,13<br />
Bruttowachstumsrate 63,15 3,57 3,15 2,58 2,41 1,63<br />
Bruttoabbaurate –19,98 –10,69 –8,44 –7,34 –6,29 –4,75
Jobmotor Mittelstand? Arbeitsplatzdynamik und Betriebsgröße in der westdeutschen Industrie<br />
Fortsetzung Tabelle 2<br />
2. Größenklassenzuordnung nach durchschnittlicher Anzahl Arbeitsplätze im Basisjahr und Endjahr<br />
Größenklasse GK1 GK2 GK3 GK4 GK5 GK6<br />
Zeitraum<br />
Anzahl Personen < 20 20-–9 50–90 100–249 250–499 > = 500<br />
1995/96 Nettowachstumsrate –8,68 –3,82 –4,00 –2,93 –3,57 –3,65<br />
Bruttowachstumsrate 12,96 6,01 4,45 3,66 2,73 1,58<br />
Bruttoabbaurate –21,63 –9,84 –8,44 –6,59 –6,30 –5,23<br />
1996/97 Nettowachstumsrate 4,78 1,44 –2,03 –2,23 –2,33 –2,25<br />
Bruttowachstumsrate 25,94 11,55 5,97 4,55 3,59 2,34<br />
Bruttoabbaurate –21,16 –10,11 –8,01 –6,78 –5,92 –4,59<br />
1997/98 Nettowachstumsrate –1,32 –0,81 0,37 0,55 –0,01 –0,18<br />
Bruttowachstumsrate 19,44 8,00 6,58 5,34 4,77 3,67<br />
Bruttoabbaurate –20,76 –8,81 –6,21 –4,79 –4,78 –3,84<br />
1998/99 Nettowachstumsrate –3,67 –0,16 –0,69 –0,17 –0,87 –1,37<br />
Bruttowachstumsrate 20,05 9,00 6,28 5,26 4,51 2,39<br />
Bruttoabbaurate –23,72 –9,16 –6,97 –5,43 –5,38 –3,77<br />
1999/00 Nettowachstumsrate –4,24 –1,48 0,31 0,58 –0,34 –0,47<br />
Bruttowachstumsrate 16,06 7,13 6,29 5,71 4,31 3,02<br />
Bruttoabbaurate –20,30 –8,61 –5,98 –5,13 –4,64 –3,49<br />
2000/01 Nettowachstumsrate 9,20 –0,07 –0,07 0,42 0,00 0,31<br />
Bruttowachstumsrate 30,87 8,32 6,37 5,39 4,97 3,39<br />
Bruttoabbaurate –21,66 –8,39 –6,43 –4,97 –4,39 –3,08<br />
2001/02 Nettowachstumsrate 0,29 0,00 –1,05 –2,35 –2,68 –2,03<br />
Bruttowachstumsrate 25,92 10,54 7,13 4,74 3,49 2,06<br />
Bruttoabbaurate –25,63 –10,55 –8,18 –7,09 –6,17 –4,09<br />
Quelle: Eigene Berechnungen.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 83
Joachim Wagner<br />
der Löwenanteil an den Bruttowachstumsraten, und es erklärt auch zu einem sehr großen<br />
Teil die hohen positiven Werte der Nettowachstumsrate der Betriebe aus der kleinsten<br />
Größenklasse.<br />
Bei der Bruttoabbaurate finden wir ein umgekehrtes Bild verglichen mit der Bruttowachstumsrate:<br />
Je größer der Betrieb, desto geringer ist die prozentuale Rate des Arbeitsplatzabbaus.<br />
Dies ist auch eine Folge davon, dass sich Abgänge (z.B. in Form von Betriebsschließungen)<br />
sehr viel häufiger in den kleineren Betriebsgrößenklassen finden.<br />
Ordnet man die Betriebe nicht nach der Anzahl der Beschäftigten im Basisjahr, sondern<br />
nach der Durchschnittszahl der Arbeitsplätze in Basis- und Endjahr den Betriebsgrößenklassen<br />
zu, dann zeigt sich in der zweiten Hälfte von Tabelle 2 ein in vieler Hinsicht anderes<br />
Bild. Zwar finden wir auch hier in jedem betrachten Zeitraum in jeder Größenklasse in<br />
erheblichen Umfang gleichzeitig Bruttowachstum und Bruttoabbau von Arbeitsplätzen,<br />
und die Bruttowachstums- sowie Bruttoabbaurate nehmen (absolut gesehen) mit steigender<br />
Betriebsgröße ab, der Zusammenhang zwischen Netto-Veränderungsraten der Beschäftigung<br />
und Betriebsgrößenklassen sieht aber grundlegend anders aus: Die Nettowachstumsrate<br />
ist jetzt keineswegs mehr in jedem Jahr in der Größenklasse 1 am höchsten<br />
– in vier von sieben betrachteten Perioden weisen die Betriebe aus dieser Größenklasse<br />
sogar die schlechteste Arbeitsplatzentwicklung auf! Ein systematischer Zusammenhang<br />
zwischen der Netto-Arbeitsplatzentwicklung und der Betriebsgrößenklasse ist nicht zu erkennen,<br />
es zeigen sich vielmehr Unterschiede zwischen den einzelnen Perioden. Ein Beleg<br />
für die „Jobmotor-Mittelstand“-These lässt sich aus diesen Befunden nicht herleiten.<br />
Wie groß war der Anteil der Betriebe in den einzelnen Betriebsgrößenklassen an den insgesamt<br />
in einer Periode geschaffenen Arbeitsplätzen bzw. an den im jeweils betrachteten<br />
Zeitraum abgebauten Arbeitsplätzen? Wie sehen diese Anteilswerte am Arbeitsplatzaufbau<br />
und Arbeitsplatzabbau verglichen mit den Anteilen an allen Beschäftigten aus? Eine<br />
Antwort auf diese Frage gibt die Tabelle 3.<br />
Zunächst einmal wird deutlich, dass neue Arbeitsplätze in Betrieben aus allen Größenklassen<br />
in jeweils erheblichem Umfang entstehen. Man erkennt ferner, dass die „kleinen<br />
Mittelständler“ aus den Größenklassen 1 und 2 verglichen mit ihrem Anteil an der Gesamtbeschäftigung<br />
in allen betrachteten Zwei-Jahres-Zeiträumen überproportional viele<br />
Arbeitsplätze geschaffen haben – gleichzeitig waren sie aber auch überproportional am<br />
Abbau von Arbeitsplätzen beteiligt. Bei den „großen Mittelständlern“ aus den Größenklassen<br />
3 und 4 entsprechen die Anteile am Arbeitsplatzaufbau und -abbau in etwa den<br />
Anteilen an der Gesamtbeschäftigung. Die Großbetriebe mit 250 und mehr Beschäftigten<br />
weisen sowohl bei der Arbeitsplatzschaffung als auch beim Arbeitsplatzabbau verglichen<br />
mit ihrem Anteil an allen Beschäftigten unterproportionale Werte auf. Zwischen rund einem<br />
Viertel und einem Drittel aller neuen Industriearbeitsplätze insgesamt entstanden<br />
hierbei in den Großbetrieben, die etwas mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze bereitstellten.<br />
Auch bei dieser Art der Betrachtung finden sich keine Indizien, die eine Sichtweise<br />
des Mittelstandes als alleinigen Jobmotor stützen.<br />
84 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Jobmotor Mittelstand? Arbeitsplatzdynamik und Betriebsgröße in der westdeutschen Industrie<br />
Tabelle 3<br />
Anteile am Arbeitsplatzaufbau, Arbeitsplatzabbau und an allen Arbeitsplätzen (%) von westdeutschen Industriebetrieben nach<br />
Betriebsgrößenklassen, 1995–2001<br />
Größenklasse GK1 GK2 GK3 GK4 GK5 GK6<br />
Zeitraum<br />
Anzahl Personen < 20 20-–9 50–90 100–249 250–499 > = 500<br />
1995/96 Arbeitsplatzaufbau 20,70 15,44 13,18 18,44 11,71 20,53<br />
Arbeitsplatzabbau 16,22 11,87 11,74 15,58 12,68 31,90<br />
Anteil an allen Arbeitsplätzen 5,42 8,73 10,06 17,11 14,56 44,12<br />
1996/97 Arbeitsplatzaufbau 26,09 19,05 11,32 14,77 9,80 18,97<br />
Arbeitsplatzabbau 16,56 12,97 11,82 17,13 12,57 28,96<br />
Anteil an allen Arbeitsplätzen 5,40 8,85 10,17 17,42 14,64 43,51<br />
1997/98 Arbeitsplatzaufbau 18,05 13,48 11,92 16,34 12,38 27,83<br />
Arbeitsplatzabbau 18,98 14,62 11,08 14,43 12,21 28,67<br />
Anteil an allen Arbeitsplätzen 5,26 9,54 10,26 17,32 14,69 42,93<br />
1998/99 Arbeitsplatzaufbau 20,73 16,29 12,55 17,71 12,90 19,81<br />
Arbeitsplatzabbau 20,45 13,82 11,62 15,24 12,83 26,05<br />
Anteil an allen Arbeitsplätzen 5,34 9,35 10,33 17,39 14,78 42,82<br />
1999/00 Arbeitsplatzaufbau 16,25 13,21 12,87 19,76 12,70 25,21<br />
Arbeitsplatzabbau 13,52 10,50 8,06 11,69 9,00 19,18<br />
Anteil an allen Arbeitsplätzen 5,14 9,42 10,40 17,60 14,98 42,45<br />
2000/01 Arbeitsplatzaufbau 25,29 12,60 10,85 15,50 12,33 23,43<br />
Arbeitsplatzabbau 14,02 10,04 8,66 11,30 8,60 16,82<br />
Anteil an allen Arbeitsplätzen 5,02 9,29 10,45 17,64 15,21 42,39<br />
2001/02 Arbeitsplatzaufbau 26,44 18,41 13,69 15,71 9,70 16,05<br />
Arbeitsplatzabbau 19,69 13,88 11,83 17,69 12,91 24,00<br />
Anteil an allen Arbeitsplätzen 5,49 9,41 10,34 17,84 14,97 41,96<br />
Quelle: Eigene Berechnungen.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 85
Joachim Wagner<br />
4 Folgerungen für die wissenschaftliche Politikberatung<br />
Die hier vorgelegten empirischen Befunde belegen einmal mehr, dass die These vom<br />
„Jobmotor Mittelstand“ viel zu undifferenziert ist. 6 In mittelständischen Betrieben entstehen<br />
viele Arbeitsplätze, aber es werden auch viele abgebaut, und dasselbe gilt für Großbetriebe.<br />
Diese Ergebnisse zeigen in dieselbe Richtung wie die, die wir aus Überprüfungen<br />
der Gültigkeit des Gibrat-Gesetzes – wonach Firmengröße und Firmenwachstum unabhängig<br />
voneinander sind – für Deutschland mit Daten aus Erhebungen der amtlichen Statistik<br />
erhalten haben (vgl. Wagner 1992, Schmidt 1995, Strotmann 2002). Ferner zeigen<br />
Komponentenzerlegungen der Arbeitsplatzdynamik, dass wachsende und schrumpfende,<br />
neu gegründete und geschlossene Betriebe in jeweils erheblichem Umfang in jedem Jahr<br />
in allen Größenklassen anzutreffen sind (vgl. z.B. für <strong>Berlin</strong> Fischer, Pohl und Semlinger<br />
2004, für Mecklenburg-Vorpommern Wagner 2002, für Niedersachsen Gerlach und Wagner<br />
1992).<br />
Wirtschaftspolitische Maßnahmen mit einer spezifischen Ausrichtung auf bestimmte Firmengrößenklassen<br />
lassen sich daher nicht mit einem besonders ausgeprägten Beitrag dieser<br />
Firmen zur Beschäftigungsdynamik rechtfertigen. Hier gilt die von Brown, Hamilton<br />
und Medoff (1990: 91) auf der Basis umfangreicher Studien mit US-amerikanischen Daten<br />
gezogene Schlußfolgerung:<br />
86 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
„Sentiments aside, the results of our research suggest a clear message for policies affecting<br />
large and small firms: do not judge employers by their size alone.“<br />
Die empirischen Befunde, die die hier vertretene skeptische Haltung gegenüber der These<br />
vom „Jobmotor Mittelstand“ stützen, beruhen auf empirischen Analysen mit Betriebspaneldaten.<br />
Solche Mikrodaten für Firmen haben sich in zahlreichen Untersuchungen zu<br />
weiteren Fragestellungen ebenfalls als wertvolle – wenn nicht unverzichtbare – Basis für<br />
wissenschaftliche Studien und für daraus abzuleitende politikrelevante Folgerungen erwiesen<br />
(vgl. Wagner 2006 für eine Übersicht hierzu). Immer wieder zeigt sich hier, dass<br />
sich wirtschaftspolitische Maßnahmen nicht an Kategorien wie Wirtschaftszweig oder Firmengröße<br />
orientieren sollten, denn diese Einteilungen sind nicht trennscharf im Hinblick<br />
auf Eigenschaften von Betrieben wie Wachstum, Exporterfolg oder Effizienz. James<br />
Heckman (2001: 673) hat dies in seiner Nobelpreisrede so auf den Punkt gebracht:<br />
„The most important discovery [from microeconometric investigations, J.W.] was the evidence<br />
on the pervasiveness of heterogeneity and diversity in economic life.“<br />
Anders formuliert: Firmen sind sehr heterogene Individuen, sie lassen sich nicht – zumindest<br />
nicht gut fundiert – einfach in Kästchen sortieren und so Zielgruppen wirtschaftspolitischer<br />
Eingriffe zuordnen. Deshalb sollte auf entsprechende Maßnahmen und Programme<br />
verzichtet werden.<br />
6 Dies gilt zumindest für den hier betrachteten Sektor Industrie. Da vergleichbare Betriebspaneldaten für die<br />
Dienstleistungssektoren aus Erhebungen der amtlichen Statistik nicht vorliegen, ist die Übertragbarkeit der<br />
Aussage auf diesen immer wichtigeren Teil der Wirtschaft eine offene Frage.
Jobmotor Mittelstand? Arbeitsplatzdynamik und Betriebsgröße in der westdeutschen Industrie<br />
Literaturverzeichnis<br />
Brown, C., J. Hamilton und J. Medoff (1990): Employers large and small. Cambridge und<br />
London.<br />
Davis, S.J., J. Haltiwanger und S. Schuh (1996): Small business and job creation: Dissecting<br />
the myth and reassessing the facts. Small Business Economics, 8 (4), 297–315.<br />
Fischer, J., R. Pohl und K. Semlinger (2004): <strong>Berlin</strong>s Industrie nach der Wiedervereinigung.<br />
Was bringt die neue Gründerzeit? <strong>Berlin</strong>.<br />
Gerlach, K. und J. Wagner (1992): Die Beschäftigungsdynamik im Bergbau und Verarbeitenden<br />
Gewerbe in Niedersachsen: Eine Komponentenanalyse für den Zeitraum 1978<br />
bis 1990. Statistische Monatshefte Niedersachsen, 46 (1), 5–10.<br />
Heckmann, J.J. (2001): Micro data, heterogeneity, and the evaluation of public policy:<br />
nobel lecture. Journal of Political Economy, 109, 673–748.<br />
Konold, M. (2007): New possibilities for economic research through integration of establishment-level<br />
panel data of German official statistics. Schmollers Jahrbuch, 127 (2),<br />
321–334.<br />
Malchin, A. und R. Pohl (2007): Firmendaten der amtlichen Statistik – Datenzugang und<br />
neue Entwicklungen im Forschungsdatenzentrum. In diesem Heft, S. 8–16.<br />
Schmidt, E.M. (1995): Betriebsgröße, Beschäftigtenentwicklung und Entlohnung. Eine<br />
ökonometrische Analyse für die Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a.M., New<br />
York.<br />
Strotmann, H. (2002): Arbeitsplatzdynamik in der baden-württembergischen Industrie.<br />
Eine Analyse mit amtlichen Betriebsdaten. Frankfurt a.M. u.a.<br />
Wagner, J. (1992): Firm size, firm growth, and persistence of chance: testing Gibrat’s law<br />
with establishment data from Lower Saxony, 1978–1989. Small Business Economics, 4<br />
(2), 125–131.<br />
Wagner, J. (1995): Firm size and job creation in Germany. Small Business Economics, 7<br />
(4), 469–474.<br />
Wagner, J. (2002): Arbeitsplatzdynamik in den Industriebetrieben der Raumordnungsregionen<br />
Mecklenburg-Vorpommern (1995–1999). Statistische Monatshefte Mecklenburg-Vorpommern,<br />
12 (2), 38–55.<br />
Wagner, J. (2006): Politikrelevante Folgerungen aus Analysen mit Firmendaten der Amtlichen<br />
Statistik. Schmollers Jahrbuch, 126, 359–374.<br />
Wolter, H.-J. und H.-E. Hauser (2001): Die Bedeutung des Eigentümerunternehmens in<br />
Deutschland – Eine Auseinandersetzung mit der qualitativen und quantitativen Definition<br />
des Mittelstands. Jahrbuch zur Mittelstandsforschung 1/2001. Wiesbaden, Deutscher<br />
Universitätsverlag, 25–77.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 87
Beschäftigungsprognosen auf Basis<br />
amtlicher Firmendaten als Instrument<br />
einer handlungsorientierten Politikberatung<br />
am Beispiel Brandenburg<br />
Von Markus Höhne, Carsten Kampe*, Anna Lejpras und Andreas Stephan**<br />
88 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Vierteljahrshefte<br />
zur Wirtschaftsforschung<br />
76 (2007), 3, S. 88–112<br />
Zusammenfassung: Das in diesem Artikel beschriebene ökonometrische Prognosemodell stellt<br />
einen innovativen Ansatz der Nutzung von amtlichen Firmendaten (Mikrodaten) für die Vorhersage<br />
von sektoral bzw. regional differenzierten Fachkräftebedarfen dar. Ziel unseres dynamischen Modells<br />
ist eine kurzfristig orientierte Prognose des Beschäftigungsverlaufs – mit einem Horizont von 12 bis<br />
24 Monaten – unter Berücksichtigung der Umsatz-, Auftrags-, Lohn- sowie Exportentwicklung am<br />
Beispiel Brandenburger Metallwirtschaft zu ermitteln. Die Grundlage für das Prognosemodell bildet<br />
ein Betriebspanel aus dem „Monatsbericht für Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes sowie des<br />
Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden“. Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass<br />
das Modell als ein geeignetes Prognoseinstrument der kurzfristigen Beschäftigungsentwicklung für<br />
eine handlungsorientierte Politikberatung anzusehen ist.<br />
Summary: The econometric model described in this paper presents an innovative approach of the<br />
firm level data (micro data) usage, compiled from official statistics for the projection of the demand<br />
for labour differentiated at the sectoral and/or regional level. The aim of our dynamic model is to<br />
determine a short term oriented forecast of the employment process – with the horizon from 12 to 24<br />
months – taking into consideration the turnover, order situation, wage level and export rates developments<br />
for the metal sector in Brandenburg as an example. The forecast model is based on the firm<br />
data panel from “the Monthly Report for Companies from the Manufacturing Industry as well from<br />
Mining and Quarrying of Stones and Earths”. Basically our model seems to be an appropriate forecasting<br />
instrument of the employment development for the action-oriented policy advisory services.<br />
JEL Klassifikationsnummern: J23, R23<br />
Keywords: Labour demand, forecast model, metal sector, Brandenburg<br />
1 Einleitung<br />
Ökonometrische Prognosemodelle des regionalen Fachkräfte- und Qualifikationsbedarfs<br />
haben im Kontext der Politikberatung an Bedeutung gewonnen. Grund hierfür sind demografisch<br />
verursachte und wachstumsbedingte Fachkräfteengpässe, die mittelfristig vermutlich<br />
eine wesentliche Herausforderung regionaler Arbeitsmärkte darstellen werden.<br />
Prognosen des Fachkräfte- und Qualifikationsbedarfs sind notwendig, um zukunftsgerichtete<br />
arbeitsmarktpolitische Maßnahmen auf eine verlässliche Informationsbasis stellen zu<br />
können. Ohne Kenntnis der wesentlichen Dimensionen mittelfristiger Arbeitsmarktdynamiken<br />
ist eine zielgerichtete und gestaltende Arbeitsmarktpolitik nur begrenzt möglich.<br />
* Landesagentur für Struktur und Arbeit Brandenburg GmbH, E-Mail: Markus.Hoehne@lasa-brandenburg.de,<br />
Carsten.Kampe@lasa-brandenburg.de<br />
** Jömköping International Business School und <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>, E-Mail: andreas.stephan@ihh.hj.se
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten<br />
Bei solchen Prognosen kann zwischen Kurz- und Langfristprojektionen unterschieden<br />
werden. Erstere bilden konjunkturbedingte Umsatzentwicklungen und/oder Beschäftigtenzahlen<br />
für max. 36 Monate ab. Langfristige Prognosen – für Zeiträume von fünf bis<br />
zehn Jahren – sind strukturell angelegt. Hier spielen Faktoren wie der technologische<br />
Wandel, demographische Entwicklungen und auch mögliche Standortverlagerungen von<br />
Unternehmen eine wichtigere Rolle als die kurzfristigen konjunkturellen Einflüsse. Da die<br />
Prognoseunsicherheit infolge sich ändernder Rahmenbedingungen mit längeren Prognosezeiträumen<br />
deutlich zunimmt, zielen Langfristprognosen eher auf (strategische) Grundsatzfragen<br />
des wirtschaftlichen Strukturwandels (hierzu etwa Papies 2005b).<br />
Das in diesem Artikel beschriebene Prognosemodell auf Basis betrieblicher Mikrodaten<br />
ist als kurzfristig orientiertes Prognoseinstrument – mit einem Horizont von 12 bis 24 Monaten<br />
– für den Brandenburger Wirtschaftsraum angelegt und wurde im Auftrag des Brandenburger<br />
Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, und Familie entwickelt. Die finanzielle<br />
Förderung des Projektes erfolgte aus Mitteln des Landes Brandenburg und des<br />
Europäischen Sozialfonds. Ziel des Modells ist es, für ausgesuchte Wirtschaftszweige<br />
Brandenburgs den Zusammenhang zwischen Umsatz-, Auftrags-, Lohn- sowie Exportentwicklung<br />
auf der einen und der Beschäftigtenentwicklung auf der anderen Seite abzubilden.<br />
Die wesentliche Herausforderung solcher Prognosen ergibt sich aus der sachlichen<br />
und regionalen Differenzierungstiefe der Analysen: Je branchenspezifischer und kleinräumiger<br />
die Untersuchungen angelegt sind, desto stärker wirken sich Heterogenität wie auch<br />
unvorhersehbare Einflüsse auf die Prognosegüte aus – denn in der Aggregatbetrachtung<br />
nivellieren sich solche Einflüsse oftmals. Wir können zeigen, dass Branchenprognosen auf<br />
Bundeslandebene, welche die Beschäftigtennachfrage von Betrieben anhand von Mikrodaten<br />
analysieren, zu präziseren Schätzungen der unterstellten Zusammenhänge führen,<br />
als Modelle die auf aggregierten (regionalen) Zeitreihen (Indices) beruhen.<br />
Um den praktischen Nutzen mikrodatenbasierter Prognoseinstrumente zu verdeutlichen,<br />
erläutern wir zunächst, worin der steigende Bedarf an differenziertem Arbeitsmarkt-<br />
Know-how in Brandenburg begründet liegt (Abschnitt 2). Neben der zu erwartenden Dynamisierung<br />
des Brandenburger Arbeitsmarktes, kommt vor allem die Differenzierung der<br />
Brandenburger Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zum Tragen. Ökonometrische Modelle<br />
können einen wesentlichen Beitrag zur Befriedigung entstehender Informationsbedarfe<br />
leisten. Wir sehen vor allem im Wechselspiel zwischen quantitativen und qualitativen<br />
Ansätzen umfangreiche Möglichkeiten, solides Branchen- und Arbeitsmarktwissen zu<br />
generieren (Abschnitt 3). Der Blick auf europäische Good-Practice (Abschnitt 4) soll zeigen<br />
wo die Möglichkeiten und Grenzen bereits erprobter Ansätze liegen und welche<br />
Gründe für ein Modell auf Basis von Mikrodaten sprechen. Aufbauend auf dieser Bestandsaufnahme<br />
beschreiben wir das von uns entwickelte Prognosemodell am Beispiel der<br />
Brandenburger Metallwirtschaft. 1 Hierbei wird im Einzelnen auf die Methodik (Abschnitt<br />
5) und die Daten des Modells (Abschnitt 6) eingegangen. Aufbauend auf den Resultaten<br />
der ökonometrischen Schätzung (Abschnitt 7) lässt sich durch In-sample-Prognosen<br />
die Prognosegüte des Modells prüfen. Im abschließenden Fazit (Abschnitt 8) werden<br />
Möglichkeiten der Modellerweiterung diskutiert.<br />
1 Hierbei wurden die Bereiche 27 (Metallerzeugung und -bearbeitung) und 28 (Herstellung von Metallerzeugnissen)<br />
der Klassifizierung der Wirtschaftszweige (WZ 03) in den Blick genommen.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 89
Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und Andreas Stephan<br />
2 Steigender Bedarf an branchenspezifischem Arbeitsmarkt-<br />
Know-how infolge wirtschaftlicher Dynamik und einer differenzierten<br />
Arbeitsmarktpolitik<br />
In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird sich die Situation auf dem Brandenburger Arbeitsmarkt<br />
aller Voraussicht nach nachhaltig verändern. Nach dem massiven Beschäftigungsabbau<br />
Anfang der 1990er und der geringen Arbeitsmarktdynamik der letzten zehn<br />
Jahre 2 wird es mittelfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer stärkeren Belebung des<br />
Arbeitsmarktes kommen. Einer der wesentlichen Gründe hierfür liegt im demografischen<br />
Wandel. In den nächsten Jahren werden überdurchschnittlich viele Arbeitnehmer aufgrund<br />
von Verrentung aus dem Erwerbsleben ausscheiden. 3 Eine steigende Nachfrage nach<br />
Fachkräften ergibt sich außerdem aus dem zu erwartenden Erweiterungsbedarf einzelner<br />
Wachstumsbranchen. Hieraus auf einen baldigen Mangel an Arbeitskräften insgesamt zu<br />
schließen geht am eigentlichen Problem jedoch vorbei: Ein quantitativer Mangel an Arbeitskraft<br />
ist trotz alternder Gesellschaft in nächster Zeit nicht zu erwarten. 4 Engpässe<br />
zeichnen sich jedoch in einzelnen Berufsfeldern ab, weil in bestimmten Branchen Qualifikationsprofile<br />
abverlangt werden, die auf dem Arbeitsmarkt bereits heute nicht in ausreichendem<br />
Maße vorhanden sind. Die zu erwartende Belebung des Brandenburger Arbeitsmarktes<br />
wird dann zu einem entwicklungshemmenden Problem, wenn es nicht gelingt,<br />
durch gezielte Aus- und Weiterbildung einen Abgleich zwischen betrieblichen Fachkräftebedarfen<br />
und den Kompetenzen potenzieller Arbeitnehmer herzustellen. 5 Gestaltende Intervention<br />
im Sinne einer vorausschauenden Arbeitsmarktpolitik bedarf solider Informationen<br />
über mittelfristige Entwicklungen der Brandenburger Wirtschaft. Die Erarbeitung<br />
zukunftstauglicher Arbeitsmarktprogramme und -maßnahmen ist – etwa der zielgenaue<br />
Einsatz von Fördermitteln zur Teilfinanzierung von Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen<br />
– ohne Kenntnis der aktuellen und zukünftigen Wirtschaftslage kaum möglich.<br />
6<br />
Differenziertes Arbeitsmarktwissen ist auch auf der betrieblichen Ebene von Interesse.<br />
Wenn bekannt ist, in welchen Branchen und Qualifikationsbereichen es voraussichtlich zu<br />
Personalengpässen kommen wird, können sich Unternehmen gezielt auf veränderte Arbeitsmarktbedingungen<br />
einstellen und notwendige Anpassungsstrategien auf den Weg<br />
bringen. Neben der Bereitstellung von Orientierungs- und Entscheidungsgrundlagen für<br />
die betriebliche Personalplanung, erfüllen derartige Informationen auch eine allgemein<br />
aufklärende Funktion, indem sie Unternehmen für die wachsende Bedeutung forcierter<br />
2 Behr et al. sprechen in diesem Zusammenhang von einer Stausituation auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt<br />
und meinen damit, dass der Anteil der auf den Arbeitsmarkt drängenden Jugendlichen wesentlich über der<br />
Zahl der Renteneintritte liegt: Zwischen 1995 und 2004 standen 200000 Arbeit suchenden jungen Menschen<br />
etwa 50000 Renteneintritte gegenüber (Behr et al. 2006: 3).<br />
3 Zwar kann nicht davon ausgegangen werden, dass jede durch Verrentung frei werdende Stelle auch wiederbesetzt<br />
wird, dennoch ist zu erwarten, dass die Zahl zu besetzender Stellen mittelfristig zunimmt (Behr 2005,<br />
Papies 2005a).<br />
4 Der Brandenburger Arbeitsmarkt wird aufgrund hoher Beschäftigungsreserven und eines alles in allem stagnierenden<br />
bis rückläufigen Arbeitsplatzangebotes (Bundesagentur für Arbeit 2005) wohl auch zukünftig<br />
durch Arbeitslosigkeit geprägt sein (Kistler und Huber 2002, Kistler 2004 und 2006, <strong>Berlin</strong>er Zeitung 2007).<br />
5 Da solche Abstimmung ohne Qualifizierung kaum zu haben sein dürfte, geht es nicht nur um das Zusammenbringen<br />
von Angebot und Nachfrage, sondern um die gezielte Entwicklung benötigter Kompetenzen.<br />
6 Papies (2005b) diagnostiziert gerade für den ostdeutschen Arbeitsmarkt einen hohen Informationsbedarf.<br />
Informationsdefizite liegen seiner Einschätzung nach in der Abschottung und dem Mangel an strategischer<br />
und personalpolitischer Kompetenz ostdeutscher Betriebe (in der Mehrzahl Klein- und Kleinstbetriebe) sowie<br />
einer nicht ausreichenden Systematisierung vorhandener Datenlagen begründet.<br />
90 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten<br />
Aus- und Weiterbildungsaktivitäten sensibilisieren. Im schulischen Bereich kann das Wissen<br />
über die zukünftige wirtschaftliche Situation in Bandenburg resp. über zukunftssichere<br />
Tätigkeitsbereiche den Prozess der Berufsfindung unterstützen. Die Entscheidung für<br />
Ausbildungs- und Studiengänge sollte Unentschlossenen leichter fallen, wenn bekannt ist,<br />
welche Wirtschaftsbereiche sich in Brandenburg voraussichtlich als Zukunftsbranchen<br />
durchsetzen werden und wo Arbeitsmarktchancen entstehen. Die Abbildung zukünftiger<br />
Qualifizierungsbedarfe stellt außerdem eine notwendige Basis für ein eigenverantwortliches<br />
und berufsorientiertes Weiterbildungsmanagement von Arbeitnehmern und Arbeitssuchenden<br />
dar.<br />
3 Ökonometrische Modelle als Instrument regionaler Arbeitsmarktprognosen<br />
Den skizzierten Informationsbedarfen kann mit zwei zu unterscheidenden Methoden<br />
nachgekommen werden. Bei qualitativen Verfahren (1) nutzt man das Branchenwissen der<br />
Wirtschaftsakteure (Betriebs- und Personalleiter, Branchenkenner, Vertreter von Verbänden<br />
und Kammern etc.). Auf Basis verschiedener Verfahren der qualitativen Sozialforschung<br />
7 werden Entwicklungen von Branchen und Einzelbetrieben sowie erwartete Entwicklungsverläufe<br />
aus Sicht der Betriebe erhoben und mit Branchenexperten diskutiert.<br />
Durch Aggregation der Einzeldaten können Branchentrends herausgearbeitet werden. 8 Vor<br />
allem regional begrenzte bzw. branchenspezifische Studien greifen auf qualitative Verfahren<br />
zurück, da durch die direkte Ansprache der Akteure sehr spezifische Informationen<br />
generiert werden, wodurch das Problem geringer Fallzahlen kompensiert werden kann. Eine<br />
wesentliche Stärke derartiger Verfahren liegt in der hohen Informationsdichte der Befragungen.<br />
Erfasst werden nicht nur die Auswirkungen branchenspezifischer Entwicklungen<br />
sondern auch die wesentlichen Gründe, die zu den Veränderungen geführt haben.<br />
Spezifisches Merkmal qualitativer Erhebungen ist, dass die Befragungen immer auch die<br />
subjektive Problemperspektive und Realitätswahrnehmung der Befragten dokumentieren.<br />
Das führt zu einer gewissen Unschärfe bei der Erfassung bisheriger Entwicklungen und<br />
begrenzt den Aussagegehalt qualitativ fundierter Prognosen. Die Erfahrung zeigt, dass<br />
subjektive Entwicklungserwartungen aus einer spezifischen (Problem-)Perspektive heraus<br />
in Teilen stark von Branchentrends abweichen können.<br />
Quantitative Analysen (2) stützen sich demgegenüber auf die amtliche Statistik der Statistischen<br />
Ämter und der Bundesagentur für Arbeit sowie die halbamtlichen Statistiken der<br />
Kammern und Verbände. Indem wirtschaftliche Strukturdaten (Beschäftigten- und Arbeitslosenzahlen,<br />
Umsatz, Auftragseingänge, Exportrate etc.) für einen längeren Zeitraum<br />
ausgewiesen werden, lassen sich Wirtschaftstrends der letzten Jahre abbilden. Des Weiteren<br />
bieten derartige Zeitreihen die Möglichkeit, wesentliche Wechselwirkungen – etwa<br />
den Zusammenhang zwischen Umsatzentwicklung und Beschäftigung – innerhalb der<br />
Branchen auszuweisen. Die Kenntnis solcher Wechselbeziehungen ermöglicht es, Entwicklungsverläufe<br />
auf Basis erklärender Variablen zu prognostizieren bzw. mögliche<br />
7 Die gängigsten Instrumente sind: Standardisierte Fragebogenaktionen per Mail, Post, Telefon und persönlicher<br />
Befragung, halbstandardisierte und offene Interviews sowie strukturierte Expertenrunden (etwa Delphi-<br />
Methode). Bei qualitativen Studien liegt häufig eine Kombination aus standardisierten Befragungen und<br />
Expertenrunden vor.<br />
8 Exemplarisch hierfür steht etwa das IAB Betriebspanel, der ifo-Geschäftsklimaindex und vielzählige regionale<br />
Branchen- und Arbeitsmarktstudien.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 91
Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und Andreas Stephan<br />
Entwicklungen in Form von Szenarien zu modellieren (Erstellung von ökonometrischen<br />
Modellen): Wenn beispielsweise bekannt ist, welchen Beschäftigungseffekt branchenspezifische<br />
Umsatzsteigerungen mit sich bringen, lässt sich für verschiedene angenommene<br />
Umsatzentwicklungen hochrechnen, welche Beschäftigungseffekte voraussichtlich eintreten<br />
werden. 9<br />
Sobald branchenspezifische Bestandsanalysen und Prognosen über reine Deskription hinausgehen,<br />
Entwicklungen also nicht nur beschrieben sondern auch ursächlich begründet<br />
werden sollen, sollten quantitative Datenauswertungen um qualitative Untersuchungen ergänzt<br />
werden. Plausible Gründe dafür, warum bestimmte Szenarien wie wahrscheinlich<br />
sind, lassen sich zwar aus vergangenen Entwicklungen ableiten, fundierte Prognosen, die<br />
über eine Weiterschreibung vergangener Trends hinausgehen, sind ohne das Know how<br />
von Branchenkennern aber nur begrenzt möglich. Die Diskussion unterschiedlicher Entwicklungsszenarien<br />
und diagnostizierter Wechselbeziehungen zwischen branchenspezifischen<br />
Strukturmerkmalen ermöglicht es umgekehrt, den Gehalt qualitativ fundierter Prognosen<br />
zu bewerten und die Gründe – etwa zukünftige Umsatzsteigerungen – erwarteter<br />
Entwicklungen herauszuarbeiten.<br />
Indem wir nachstehend die wesentlichen Dimensionen des niederländischen Prognosemodells<br />
skizzieren, zeigen wir in Anlehnung an europäische Good-Practice, inwieweit erprobte<br />
ökonometrische Verfahren dazu in der Lage sind, den skizzierten Informationsbedarfen<br />
nachzukommen beziehungsweise an welche Grenzen derartige Instrumentarien<br />
stoßen. Deutlich wird, dass Prognosen auf Basis aggregierter Makrodaten dem notwendigen<br />
Differenzierungsgrad der Analysen nur bedingt gerecht werden. Die Komplexität solcher<br />
Prognoseverfahren begrenzt darüber hinaus den Informationsgehalt der Berechnungen,<br />
da kaum nachvollzogen werden kann, welche Wechselbeziehungen innerhalb des<br />
Modells in welcher Art zum Tragen kommen. Eine modellbasierte Begründung der Prognoseergebnisse<br />
ist nur eingeschränkt möglich.<br />
4 Europäische Good-Practice im Bereich Beschäftigtenprognose<br />
am Beispiel der Niederlande<br />
Bei den vom Forschungsinstitut für Ausbildung und Arbeitsmarkt (ROA) mit Sitz in<br />
Maastricht durchgeführten Fünfjahresprognosen für den niederländischen Arbeitsmarkt<br />
handelt es sich um einen sogenannten Top-down-Ansatz. Bei Top-down-Verfahren wird<br />
zunächst die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ganzer Volkswirtschaften prognostiziert<br />
(etwa zu erwartende Erwerbstätigenzahlen). 10 Aufbauend auf einer solchen Gesamtschätzung<br />
besteht die Möglichkeit, die Prognoseergebnisse unter Nutzung von Wirtschafts- und<br />
Arbeitsmarktstrukturdaten auf einzelne Berufsgruppen und Ausbildungsberufe umzurechnen:<br />
Wenn bekannt ist, wie hoch der Anteil einer bestimmten Berufsgruppe an der Ge-<br />
9 Derartige Prognosen sind selten als bivariate Analyse angelegt (Zusammenhang zwischen zwei Variablen),<br />
sondern stützen sich auf oftmals hoch komplexe multivariate Modelle (Wechselabhängigkeiten vielzähliger<br />
sozioökonomischer Einflussfaktoren).<br />
10 Neben der Niederlande greift bspw. auch Irland bei seinen Arbeitsmarktprognosen auf einen markrodatenbasierten<br />
Top-down-Ansatz zurück (Doyle, Lunn und Sexton 2006). In Großbritannien hingegen basieren die<br />
Arbeitsmarktprognosen auf sog. Bottom-up Modelle, welche aus mehreren regionalen Multisektormodellen<br />
bestehen (Wilson, Homenidou und Dickerson 2006, Wilson 2005). Gemeinsam ist allen drei Prognosemodellen,<br />
dass sie bei ihrer Modellierung auf Makrodaten zurückgreifen.<br />
92 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten<br />
samtbeschäftigung ist bzw. sich in den letzten Jahren entwickelt hat, können auf Basis der<br />
Erwerbstätigenschätzung zukünftige Beschäftigungszahlen der Berufsgruppe prognostiziert<br />
werden. Neben der berufstypischen Differenzierung können darüber hinaus Regionalprognosen<br />
erstellt werden, die wiederum auf einer regionalspezifischen Gewichtung<br />
der nationalen Projektionen aufbauen.<br />
Basis des niederländischen Modells ist eine sektorspezifische Prognose der zu erwartenden<br />
Erweitungsnachfrage 11 für jeweils fünf Jahre. Die Prognose der Erweitungsnachfrage<br />
wird vom niederländischen Amt für Wirtschaftspolitikanalyse (CPB) unter Anwendung<br />
des sog. Athena-Modells 12 durchgeführt. Da die verschiedenen Berufsgruppen und Ausbildungsgänge<br />
unterschiedlich vom Wachstum einzelner Sektoren profitieren (Cörvers<br />
2003), berechnen die Mitarbeiter des ROA Instituts in einem zweiten Arbeitsschritt die<br />
berufsspezifische Bedeutung der vom CPB erstellten Prognosen. Hierbei werden 128 Berufe<br />
aus 44 Berufsklassen und 114 Ausbildungsgängen (sowohl berufliche als auch akademische<br />
Ausbildungen) in den Blick genommen, wobei in der Ausbildungsprognose nochmals<br />
zwischen sechs Bildungsniveaus unterschieden wird (Cörvers und Heijke 2004).<br />
Zusätzlich zur Ausweitungsnachfrage wird die Ersatznachfrage 13 für die verschiedenen<br />
Berufe und Ausbildungen ermittelt. Hierbei werden vor allem Daten der „Enquete<br />
Beroepsbevolking (EBB)“ 14 genutzt, die sowohl Schlussfolgerungen auf berufsspezifische<br />
Rentenabgänge als auch auf die Anzahl von Berufswechslern zulassen. Die Ausweitungsund<br />
die Ersatznachfrage bilden zusammen die Gesamtnachfrage.<br />
Neben der Arbeitskräftenachfrage wird das Arbeitskräfteangebot für die nächsten fünf<br />
Jahre prognostiziert. Dabei wird – differenziert nach Ausbildungskategorie – die Zahl derer<br />
ermittelt, die nicht länger als ein Jahr auf Arbeitssuche sind (Kriechel, Cövers und<br />
Heijke 2005). Diesem Vorgehen liegt die Annahme zugrunde, dass diejenigen, die länger<br />
als ein Jahr arbeitslos sind, dem niederländischen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen<br />
(Cövers 2003). Weiterhin wird auf Basis bisheriger Ausbildungszahlen und abgeschlossener<br />
Ausbildungsverträge bzw. Studierendenzahlen sowie der jeweiligen Absolventenquoten<br />
die Zahl der Hochschulabsolventen und der Absolventen einer<br />
Berufsausbildung für die nächsten fünf Jahre prognostiziert. Die Summe aus Berufs- und<br />
Hochschulabsolventen sowie Arbeitslosen bildet das Gesamtangebot an Arbeitskräften.<br />
Im Anschluss werden die Vorausberechnungen der Arbeitskräftenachfrage und des Arbeitskräfteangebotes<br />
für die einzelnen Berufe und Ausbildungen zusammengeführt, um<br />
die Entwicklung auf berufsspezifischen Teilarbeitsmärkten vorhersagen zu können. Insbesondere<br />
den Substitutionsprozessen zwischen einzelnen Berufen und Ausbildungen wird<br />
hierbei Rechnung getragen. Indem das niederländische Prognosemodell den Bedarf respektive<br />
die Berufseinstiegschancen für einzelne Berufsgruppen ausweist, fungiert es sowohl<br />
als branchenspezifisches „Frühwarnsystem“ – zumindest dann, wenn wie in den<br />
11 Die Erweiterungsnachfrage beschreibt wachstumsbedingten Beschäftigungsaufbau und -abbau.<br />
12 Beim Athena-Modell handelt es sich um ein Multi-Sektoren-Modell, welches Prognosen für einzelne Sektoren<br />
über kurze Zeiträume sowie Szenarioanalysen über mittlere und längere Zeiträume zulässt. In dem Modell<br />
werden über 3000 exogene Variablen auf Basis von ca. 7500 Gleichungen berücksichtigt (Vromans 1998).<br />
13 Ersatznachfrage entsteht, wenn Arbeitskräfte aus verschiedenen Gründen den Teilarbeitsmarkt verlassen<br />
(z.B. Berufswechsel, Verrentung) und deren Arbeitsplatz dann für den Arbeitsmarkt verfügbar ist (Cörvers<br />
2003).<br />
14 Die EBB ist eine 1%-Stichprobe der Berufsbevölkerung und damit mit dem deutschen Mikrozensus vergleichbar.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 93
Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und Andreas Stephan<br />
Niederlanden bekannt ist, wie sich die Berufsstruktur einzelner Branchen darstellt –, als<br />
auch als Orientierungsrahmen für Arbeitsuchende und Berufseinsteiger. 15<br />
Die Prognose zukünftiger Arbeitskraftbedarfe nach Berufs- und Ausbildungstypen bzw.<br />
den Arbeitsmarktchancen dieser Berufsgruppen, stellt Informationen bereit, die im Bereich<br />
regionaler Politikberatung äußerst Nutzen stiftend sein könnten. Die Möglichkeit,<br />
die geschätzte Gesamtbeschäftigung in den einzelnen Sektoren nach Ausweitungs- und eine<br />
Ersatznachfrage (Verrentung und Substitution) zu unterteilen, erweitert den Handlungsrahmen<br />
einer ziel- und gestaltungsorientierten Arbeitsmarktpolitik. Die Übertragung des<br />
niederländischen Modells auf den Brandenburger Arbeitsmarkt ist dennoch wenig sinnvoll.<br />
Vor allem die Komplexität bzw. die Kosten-Nutzen-Relation des Ansatzes hat zur<br />
Folge, dass dieser für Brandenburg nicht praktikabel ist.<br />
Gegen die Nutzung umfangreicher Top-down-Ansätze spricht außerdem die geringe<br />
Transparenz derartiger Modelle. Aus den Prognoseergebnissen kann nur bedingt geschlussfolgert<br />
werden, welcher Faktor bei den Berechnungen in welcher Art zum Tragen<br />
kommt. Die inhaltliche Interpretation der modellbasierten Projektionen ist nur begrenzt<br />
möglich, da offen bleibt, welche Prozesse in der „Black-Box Prognosemodell“ ablaufen.<br />
Damit die Arbeitsmarktprognosen als Instrument der Politikberatung in Anschlag gebracht<br />
werden können, müssen die Analyseergebnisse auf kommunaler Ebene kommunizierbar<br />
sein. Die Bedeutung und der Wert hoch komplexer Vorausberechnungen sind<br />
außerhalb von Expertenkreisen nur schwer vermittelbar. Insgesamt würde ein Prognosemodell,<br />
wie es in den Niederlanden zur Anwendung kommt, für Brandenburg ein inakzeptables<br />
Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen.<br />
Indem wir bei dem von uns erarbeiteten Modell auf amtliche Firmendaten (Mikrodaten)<br />
des Forschungsdatenzentrums der Statistischen Landesämter zurückgreifen, werden die<br />
oben skizzierten Probleme weitgehend umgangen. Der wesentliche Vorteil des mikrodatenbasierten<br />
Ansatzes besteht in der regionalen Fokussierung der Analysen. Dadurch, dass<br />
die Prognosen ausschließlich auf regionalspezifische Daten zurückgreifen, lassen sich die<br />
Berechnungen auf Basis weniger, zentraler Indikatoren durchführen. Die den Vorausberechnungen<br />
zugrunde liegenden Basisannahmen und -zusammenhänge sind leichter zu<br />
kommunizieren; die Ergebnisse der Prognosen damit im Bereich der regionalen Politikberatung<br />
weniger schwierig einzusetzen.<br />
5 Methodik<br />
Im Vergleich zu Makromodellen entwickeln wir ein relativ einfaches dynamisches Modell,<br />
welches der Beschreibung der Beschäftigungsentwicklung auf der Mikroebene dient.<br />
Wir gehen davon aus, dass die Beschäftigungsnachfrage eines Betriebes von bestimmten<br />
Faktoren abhängt: In unserem Fall sind dies vor allem die zu erzielende Produktion (Umsatz),<br />
die zu leistenden Stunden sowie die Lohnhöhe. Umsatz und Stundenzahl sind jedoch<br />
in unserem Modell ebenfalls abhängige Variablen, die von weiteren Variablen beeinflusst<br />
15 Wobei die Mitarbeiter des ROA-Instituts hervorheben, dass die Prognosen ausschließlich Orientierungshilfe<br />
für Unentschlossene geben sollen; die eigenen Interessen sollten für die Berufswahl wesentlicher sein, als<br />
ökonometrische Arbeitsmarktprognosen.<br />
94 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten<br />
werden. Die drei endogenen Variablen Umsatz, Stunden und Beschäftigte können durch<br />
ein simultanes Gleichungssystem 16 beschrieben werden:<br />
Umsatz f (, t Auftragslage, Export),<br />
=<br />
1<br />
Stunden f (, t Umsatz, Lohnhöhe, Beschäftigung),<br />
=<br />
2<br />
Beschäftigung f (, t Umsatz, Lohnhöhe, Stunden),<br />
=<br />
3<br />
wobei t ein Zeittrend ist. Der Personalbestand bedingt demzufolge die Kapazität der möglichen<br />
Stunden, andererseits wird angenommen, dass der Stundenumfang auch Auswirkungen<br />
auf die Beschäftigtennachfrage des Betriebs hat.<br />
Für die weitere Modellerstellung wird nun angenommen, dass sich Änderungen in der<br />
Produktion bzw. Lohnhöhe nicht unmittelbar auf die Beschäftigungsnachfrage auswirken,<br />
sondern dass es einen Anpassungsprozeß gibt, bis ein optimaler Beschäftigungsstand B*<br />
erreicht wird, der durch die aktuelle Produktion bzw. aktuelle Lohnhöhe bedingt wird. Die<br />
Veränderung der Beschäftigung B t –B t-1 in Periode t soll dabei proportional zur Differenz<br />
zwischen dem optimalen Beschäftigungstand B* und dem tatsächlichen Beschäftigungsstand<br />
in Periode t–1 sein. Der Anpassungsprozess lässt sich daher als partielles Anpassungsmodell<br />
beschreiben durch:<br />
B − B = λ(<br />
B −B<br />
).<br />
t t−1 *<br />
t t−1<br />
Der Parameter λ ist der Anpassungsparameter, welcher beschreibt, wie stark sich die Differenz<br />
zwischen dem optimalen Beschäftigungsstand und dem tatsächlichen Beschäftigungsstand<br />
der Vorperiode auf die Veränderung der Beschäftigung, B t–B t-1, auswirkt. Je<br />
höher λ ist, desto stärker wirkt sich die Differenz zwischen optimalem und tatsächlichem<br />
Stand auf die Veränderung der Beschäftigung aus und desto schneller wird der optimale<br />
Beschäftigungsstand erreicht.<br />
In der Regel wird eine lineare Funktionsform für Gleichung (3) angenommen, d.h. der optimale<br />
Beschäftigungsstand lässt sich beispielsweise wie folgt ausdrücken:<br />
B = b + b t + b Umsatz + b Lohnhöhe + b Stunden<br />
*<br />
t<br />
0 1 2 3 4 .<br />
Setzt man (5) in (4) ein, so erhält man weiter:<br />
B = λb + λbt+ λbUmsatz + λbLohnhöhe + λbStunden + (1 − λ) B +<br />
ε ,<br />
t 0 1 2 t 3 t 4 t t−1 t<br />
wobei ε t einen unsystematischen Zufallseinfluss auf die Beschäftigungsnachfrage darstellt.<br />
Diese Gleichung bildet die Basisspezifikation des Prognosemodells. Eine wichtige<br />
16 Das Gleichungssystem ist simultan, weil als erklärende Variablen auch endogene Variablen vorkommen.<br />
(1)<br />
(2)<br />
(3)<br />
(4)<br />
(5)<br />
(6)<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 95
Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und Andreas Stephan<br />
Eigenschaft des Modells ist, dass alle Parameter im Rahmen einer linearen Schätzung ermittelt<br />
werden können. Die Schätzgleichung lautet daher<br />
B δ δ t δ Umsatz δ Lohnhöhe δ Stunden δ B ε<br />
wobei aus der Beziehung δ 5 = (1–λ)der Wert des Anpassungsparameters λ ermittelt wird.<br />
Liegen wie in unserem Fall Paneldaten vor, lässt sich die Gleichung (7) um panel-spezifische<br />
Effekte erweitern und man erhält demzufolge<br />
wobei δ i betriebsspezifische Effekte darstellen.<br />
Entsprechend den Ausführungen für die zu schätzende Beschäftigungsgleichung (Gleichungen<br />
(4)–(8)) werden auch die Gleichungen für Umsatz (1) und Stunden (2) als Anpassungsprozesse<br />
spezifiziert. Die endogenen Variablen Umsatz, Beschäftigte und Stunden<br />
werden logarithmiert. Für jede Variable wird weiterhin die Within-Transformation durchgeführt,<br />
d.h. der betriebsspezifische Mittelwert der Variablen wird jeweils abgezogen.<br />
Da die endogenen Variablen jeweils auch als verzögerte Variablen auf der rechten Seite<br />
der Gleichungen stehen, wurde ein dynamisches Paneldatenmodell formuliert. Da die Dimension<br />
von t bei den von uns analysierten Betriebsdaten relativ groß ist (zwischen 36<br />
und 60 für die meisten Betriebe, im Maximum 108) verzichten wir auf eine Instrumentenvariablenschätzung<br />
zur Verringerung des Downward Bias, wie sie von Arellano und Bond<br />
(1991) vorgeschlagen wurde. Stattdessen wird eine Kleinst-Quadrate-Schätzung (OLS),<br />
eine zweistufige (2SLS 17 ) sowie eine dreistufige Kleinst-Quadrate-Schätzung (3SLS 18 )<br />
durchgeführt. Die zweite und dritte Schätzmethode berücksichtigen die Endogenität von<br />
Variablen im simultanen Gleichungssystem. Die dritte Schätzmethode berücksichtigt darüber<br />
hinaus Korrelationen der Residuen zwischen den Gleichungen.<br />
6 Daten<br />
Die Grundlage des Prognosemodells bildet ein Betriebspanel aus dem „Monatsbericht für<br />
Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes sowie des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen<br />
und Erden“. Einbezogen werden in der Regel Betriebe, die einem Unternehmen des<br />
Wirtschaftszweiges des „Produzierenden Gewerbes“ angehören, das mehr als 20 Beschäftigte<br />
aufweist. Liegt der Schwerpunkt des Unternehmens selbst außerhalb des „Produzierenden<br />
Gewerbes“, werden die Betriebe des Unternehmens, die im Bereich „Verarbeitendes<br />
Gewerbe“ tätig sind, dann einbezogen, wenn sie mindestens 20 Personen<br />
beschäftigen. Für die Betriebe besteht Auskunftspflicht (Forschungsdatenzentrum der Statistischen<br />
Landesämter 2006: 27).<br />
Erfragt werden die wirtschaftlichen Basisdaten der Betriebe, z.B. die Zahl der Beschäftigten,<br />
Inlandsumsatz, Auslandsumsatz, Löhne, Gehälter und die Arbeitsstunden. Bis ein-<br />
17 2SLS = Two Stage Least Squares.<br />
18 3SLS = Three Stage Least Squares.<br />
96 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
t = 0 + 1 + 2 t + 3 t + 4 t + 5 t−1 + t,<br />
B t Umsatz Lohnhöhe Stunden B<br />
it = δ 0 + δi+ δ1 + δ2 it + δ3 it + δ4 it + δ5 i, t −1<br />
+<br />
εit<br />
,<br />
(7)<br />
(8)
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten<br />
schließlich 2002 war auch der Energieverbrauch Bestandteil der Erhebung. Ergebnisse<br />
dieser Statistik erlauben die Darstellung der Entwicklung nach Wirtschaftsbereichen oder<br />
regionalisiert für Deutschland, nach Bundesländern bis hinab zur Kreisebene. Da in der<br />
Regel bei jeder Erhebung dieselben Betriebe befragt werden, eignet sich diese Statistik<br />
auch sehr gut für Zeitreihenanalysen. Der Monatsbericht zählt zu den kurzfristigen Wirtschaftsstatistiken<br />
im Produzierenden Gewerbe zum Zweck der Beobachtung der konjunkturellen<br />
Lage. Ergebnisse der Statistik finden Eingang in weitere Berechnungen, wie z.B.<br />
die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, und sind Quelle für Sekundärstatistiken.<br />
In den Abbildungen 1 bis 4 sind die Umsatz- sowie Beschäftigungsindices (Basisjahr =<br />
2000) in WZ 27 Metallerzeugung und -bearbeitung und WZ 28 Herstellung von Metallerzeugnissen<br />
für Brandenburg und Deutschland dargestellt. Die Indices für Brandenburg<br />
werden anhand der Betriebsdaten des Forschungsdatenzentrums berechnet und für<br />
Deutschland der amtlichen Statistik (Reihe Monatsbericht) entnommen. Es zeigt sich, dass<br />
insbesondere die Umsatzindices beider Branchen für Deutschland und Brandenburg stark<br />
korreliert sind und dabei einen deutlich positiven Trend aufweisen. Das bedeutet, dass die<br />
Entwicklung dieser beiden Branchen in Brandenburg mit der deutschlandweiten Entwicklung<br />
im Einklang steht. Hingegen zeigt die Beschäftigungsentwicklung beider Branchen<br />
eine fallende Tendenz, wobei die Beschäftigung in der Branche 28 Herstellung von Metallerzeugnissen<br />
in Brandenburg stärker als die Gesamtbeschäftigung dieser Branche<br />
deutschlandweit zurückgegangen ist. Abbildung 5 zeigt zudem, dass beide Branchen insgesamt<br />
nur sehr kleine Anteile an der Gesamtbeschäftigung in Deutschland haben, welche<br />
zwischen 1,5 und 2,5% liegen.<br />
Generell weist die Branche 27 Metallerzeugung und -bearbeitung nur wenig Betriebe auf,<br />
im Schnitt etwa 18. Dagegen ist der Wirtschaftsbereich 28 Herstellung von Metallerzeugnissen<br />
durch etwa 170 Betriebe repräsentiert, wobei die Zahl der Betriebe seit 1998 von<br />
etwa 180 auf nur noch 135 im Jahr 2006 gesunken ist. In Branche 28 beträgt die Betriebsgröße<br />
im Schnitt nur 50 Beschäftigte und ist im Zeitverlauf relativ stabil. In WZ 27 macht<br />
die durchschnittliche Betriebsgröße 315 Beschäftigte aus, wobei die Zahl 1998 nur bei etwa<br />
275 lag und bis 2006 auf 330 Beschäftigte angestiegen ist. Die Umsatzproduktivität<br />
(Umsatz pro Beschäftigten) ist in WZ 27 deutlich höher als in WZ 28: Sie stieg von 17000<br />
Euro im Jahr 1998 auf 21500 Euro im Jahr 2006, während die Umsatzproduktivität in WZ<br />
28 im Jahr 1998 nur etwa 7500 Euro betrug und bis 2006 auf etwas über 9000 Euro angestiegen<br />
ist.<br />
7 Resultate der ökonometrischen Schätzungen des Brandenburger<br />
Prognosemodells<br />
In Tabelle 1 werden die ökonometrischen Schätzresultate des Drei-Gleichungssystems<br />
dargestellt. Dabei werden die Ergebnisse der OLS-, 2SLS- und 3SLS-Kleinst-Quadrate-<br />
Schätzung für WZ 27 Metallerzeugung und -bearbeitung und WZ 28 Herstellung von Metallerzeugnissen<br />
im Einzelnen aufgeführt 19 . In allen Gleichungen wurde eine Dummy-Variable<br />
für die Erfassung des Einflusses des Januareffekts 20 auf die endogenen Variablen zu-<br />
19 Die festen Effekte der einzelnen Betriebe werden aus Platzgründen nicht ausgewiesen.<br />
20 Beispielsweise ist im Januar der Umsatz immer deutlich geringer als im Dezember.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 97
Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und Andreas Stephan<br />
sätzlich aufgenommen. 21 Es wird eine gewichtete Schätzung durchgeführt, wobei jede<br />
Beobachtung (also die Betriebe) mit dem Anteilswert an der Gesamtbeschäftigung in der<br />
Branche gewichtet wird. Dies soll dazu führen, dass die ökonometrischen Schätzungen die<br />
Entwicklungen in den aggregierten Reihen möglichst gut repräsentieren.<br />
Die Anpassungsparameter der einzelnen abhängigen Variablen weisen hohe Werte zwischen<br />
0,85 und 0,95 auf, besonders in den Gleichungen für WZ 27. Inhaltlich bedeutet<br />
dies, dass die Anpassung des Umsatzes, der Stunden- und Beschäftigtenzahl an den optimalen<br />
Stand im Hinblick auf Veränderungen der exogenen Variablen rasch erfolgt. Der<br />
Einfluss von der Umsatz- auf die Beschäftigungsentwicklung (aber auch die Stundenentwicklung)<br />
ist bei den OLS Schätzungen nur sehr gering. Erst bei der Instrumentenvariablenschätzung<br />
ergeben sich plausible Größenordnungen der Umsatzelastizität der Beschäftigung<br />
zwischen 0,1 und 0,3% bei einer einprozentigen Erhöhung des Umsatzes.<br />
Die Bestimmtheitsmaßen bei den Beschäftigtengleichungen für WZ 28 sind hoch, für WZ<br />
27 hingegen deutlicher niedriger. 22 Im 3SLS-Modell zeigt sich sogar ein negativer R 2 -Wert<br />
beim WZ 27. Daher vermuten wir, dass die Anwendung von 3SLS problematisch ist und<br />
interpretieren im Weiteren die Ergebnisse der 2SLS Schätzungen. 23<br />
Es zeigt sich, dass für die Beschäftigungsnachfrage die Residuen der aggregierten Monatswerte<br />
im Vergleich zu Umsatz- und Stundenzahlresiduen noch geringer sind (Abbildungen<br />
6 bis 8), die Abweichungen der vorhergesagten und der tatsächlichen Beschäftigtenzahlen<br />
betragen meistens nur wenige Prozent. Somit kann das Modell die<br />
Beschäftigtenentwicklung generell gut beschrieben, allerdings für den WZ 28 deutlich<br />
besser als für WZ 27.<br />
In den Umsatz- und Stundenzahlmodellen ist der geschätzte Zeittrend signifikant positiv.<br />
Dagegen ist der Zeittrend für die Beschäftigtennachfrage in meisten Fällen signifikant negativ<br />
(außer in den 2SLS- und 3SLS-Modelle für WZ 27). Dies reflektiert die Tatsache,<br />
dass trotz steigendem Umsatz und Stundenvolumen die Beschäftigung kontinuierlich gesunken<br />
ist. Der Anstieg des Umsatzes war in der Vergangenheit noch nicht hoch genug,<br />
um zu einer positiven Erweiterungsnachfrage der Beschäftigung zu führen. Gründe hierfür<br />
sind möglicherweise der arbeitssparende technische Fortschritt sowie Auslagerungen von<br />
arbeitsintensiven Prozessen durch die Betriebe.<br />
Erhöht sich der Lohnsatz, so hat dies wie zu erwarten war einen negativen Effekt auf die<br />
Beschäftigtennachfrage wie auch auf die geleistete Stundenzahl in beiden Branchen. Dabei<br />
weisen die Koeffizienten der Lohnsätze in den Beschäftigungsmodellen äußerst geringe<br />
Werte auf und sind teilweise nicht signifikant.<br />
21 Weiterhin definieren wir für die Stundengleichung noch eine Dummy-Variable für den Januar 2003, welche<br />
den Effekt einer Definitionsänderung der erfassten Stunden (vor 2003: Arbeiterstunden, ab 2003: Arbeiterund<br />
Angestelltenstunden) erfassen soll.<br />
22 So beträgt bei der 2SLS-Schätzung das Bestimmtheitsmaß nur noch 0,07, d.h. nur 7% der Varianz der<br />
Beschäftigtenentwicklung wird durch das 2SLS Modell erklärt. Das höhere Bestimmtheitsmaß für den WZ 28<br />
kann an der größeren Zahl der Betriebe im Vergleich zu WZ 27 liegen. Bei einer kleineren Anzahl von Betrieben<br />
ist eventuell das Ausmaß der Heterogenität der Beschäftigtenentwicklung zwischen den Betrieben zu groß.<br />
23 Die Studie von Badi et al. (2003) deutet auch auf eine gute Schätzperformance von Within-2SLS im Vergleich<br />
zu alternativen Schätzansätzen hin.<br />
98 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten<br />
Die Umsatzentwicklungen der Betriebe werden vor allem im WZ 28 durch die Exportquote<br />
positiv beeinflusst. Die Effekte von Veränderungen der Auftragslage und des Exportanteils<br />
sind für die Branche 27 relativ vergleichbar.<br />
Beurteilung der Prognosefähigkeit des Modells<br />
Um einen Eindruck zu erhalten, inwiefern das von uns formulierte Modell geeignet ist, zuverlässige<br />
Prognosen der Umsatz- und Beschäftigungsentwicklung zu erstellen führen wir<br />
sogenannte „In-sample“-Prognosen einmal für das Jahr 2006 (also für einen Zeitraum von<br />
12 Monaten) und weiterhin für die Jahre 2005 und 2006 durch (Zeitraum 24 Monate). Dabei<br />
werden die Werte der endogenen Variablen Umsatz, Stunden und Beschäftigte jeweils<br />
als unbekannt gesetzt, und nach Schätzung des Modells ohne die betreffenden Jahre basierend<br />
auf den als bekannt angenommenen Werten der exogenen Variablen Prognosen für<br />
die betreffenden Jahre erstellt. Da bei den In-sample-Prognosen die tatsächlichen Werte<br />
der endogenen Variablen bekannt sind, kann der Prognosefehler ermittelt werden. Dieser<br />
erlaubt einen Rückschluss auf die Unsicherheit der Prognose bzw. auf die Prognosegüte<br />
des Modells. 24<br />
Das Modell wird zuerst für den Gesamtzeitraum (ab Januar 1998 bis Dezember 2006) geschätzt<br />
und dann werden die ex-post vorhergesagten Werte für jeden Betrieb in jedem Monat<br />
ermittelt. Diese Einzelwerte werden zum monatlichen Aggregat für jede Branche aufsummiert.<br />
Im zweiten Schritt wird das Modell ohne Werte für 2006 geschätzt. Da aber die<br />
tatsächlichen Werte der abhängigen Variablen bekannt sind, lässt sich somit die prozentuale<br />
Abweichung des vorhergesagten aggregierten Monatswertes (über alle Betriebe) und<br />
mit dem tatsächlichen Wert aller Betriebe bestimmen. Im dritten Schritt wird wie im zweiten<br />
vorgegangen, wobei die Werte für die beiden Jahre 2005 und 2006 ausgelassen werden.<br />
In Tabelle 2 werden die Prognosen des Umsatzes und der Beschäftigung für WZ 27 auf<br />
der Quartalsebene dargestellt. Die prognostizierten Umsatzwerte weichen generell stärker<br />
von den tatsächlichen Werten ab als die prognostizierten Beschäftigungswerte. Die geringste<br />
Abweichung der vorhergesagten Umsatzwerte von den tatsächlichen ergibt sich im<br />
Schnitt bei Einbeziehung der kompletten Daten bis 2006. Werden die Daten für 2006 bzw.<br />
für 2005 und 2006 eliminiert, verschlechtert sich die Prognosekraft für das Jahr 2006 erheblich.<br />
Jedoch hat diese Vorgehensweise nahezu keinen Einfluss auf die Umsatzabweichungen<br />
im Jahr 2005. Diese Tatsache lässt sich vermutlich mit der positiven Umsatzentwicklung<br />
im Jahr 2006 erklären. Die Beschäftigung wird durch das Modell generell sehr<br />
gut erklärt, selbst nach dem Auslassen von Jahren bei den Schätzungen zeigen sich nur<br />
sehr geringe Abweichungen.<br />
In WZ 28 weichen die prognostizierten Umsatzwerte von den tatsächlichen viel stärker als<br />
in WZ 27 ab (siehe Tabelle 3). Eine Eliminierung der Daten für 2006 bzw. für 2005 und<br />
2006 ergibt lediglich eine Veränderung der Umsatzabweichungen, führt jedoch zu keiner<br />
Verschlechterung/Verbesserung der Prognosegüte des Modells. Die Prognose der Beschäf-<br />
24 Werden Prognosen für die Zukunft erstellt (Projektionen) ist hierbei ein wichtiger Unterschied, dass bei Projektionen<br />
auch die Werte der exogenen Variablen nicht bekannt sind und ebenfalls ermittelt werden müssen,<br />
was natürlich die Unsicherheit der Prognose deutlich erhöht.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 99
Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und Andreas Stephan<br />
tigung in WZ 28 zeigt insbesondere bei Verwendung aller Daten einen guten Fit. Das Auslassen<br />
der Daten für 2006 bzw. für 2005 und 2006 verursacht eine Verschlechterung der<br />
Prognosegüte vor allem für das dritte und vierte Quartal im Jahr 2006.<br />
Generell kann festgestellt werden, dass besonders die Beschäftigungsentwicklung durch<br />
das Modell relativ gut erklärt werden kann, d.h. der Prognosefehler ist nicht übermäßig<br />
groß, und somit erscheint das Modell insgesamt für eine kurzfristige Projektion über zwei<br />
Jahre grundsätzlich geeignet.<br />
Ermittlung von Projektionen anhand des Modells für die Jahre 2007 und 2008<br />
Um eine Projektion der endogenen Variablen bis Ende 2008 zu ermitteln, müssen auch die<br />
exogenen Variablen für diesen Zeitraum fortgeschrieben werden. In zukünftigen Anwendungen<br />
sollten die Projektionen basierend auf den Mikrodaten 25 erfolgen und anschließend<br />
aggregiert werden. Im Rahmen dieser Studie war es jedoch nur möglich, eine<br />
Prognose basierend auf Aggregatdaten durchzuführen, wobei die Parameter des Strukturmodells<br />
wie beschrieben mit den Mikrodaten geschätzt wurde. Die exogenen Variablen<br />
des Modells – Auftragseingänge, Exportquote, Lohnsätze wurden mithilfe von einfachen<br />
ARIMA Modellen 26 fortgeschrieben. Die Ergebnisse dieser Fortschreibungen wie auch die<br />
Resultate der Modellprojektion sind in den Tabellen 4 und 5 dargestellt, wobei die monatlichen<br />
Werte zu Quartalswerten zusammengefasst wurden.<br />
Für alle exogenen Variablen ergibt sich ein positiver Trend, d.h. insbesondere Auftragseingänge<br />
wie auch die Exportquote werden auch in 2007 und 2008 weiter zunehmen.<br />
Auch bei den endogenen Variablen Umsatz und Arbeitsvolumen in Stunden zeigen sich<br />
positive Entwicklungen, jedoch nicht bei der Beschäftigtennachfrage, die weitgehend auf<br />
dem Niveau von 2006 stabil bleibt. Der langfristige negative Trend der Beschäftigtenentwicklung<br />
in beiden Branchen wird durch die prognostizierte positive Umsatzentwicklung<br />
gerade kompensiert, so dass im Gesamteffekt von keinem signifikanten Anstieg der Beschäftigtenzahlen<br />
in den Branchen 27 und 28 bis Ende 2008 in Brandenburg auszugehen<br />
ist.<br />
8 Fazit und Ausblick<br />
Das von uns für die Vorhersage von sektoral resp. regional differenzierten Fachkräftebedarfen<br />
verwendete ökonometrische Prognosemodell stellt einen innovativen Ansatz der<br />
Nutzung von amtlichen Firmendaten (Mikrodaten) für regionale Beschäftigungsprognosen<br />
dar. Im Gegensatz zu den komplexen Makrodatenmodellen, die beispielsweise in den<br />
Niederlanden Anwendung finden, zeichnet sich unser Modell durch eine höhere Transparenz<br />
und leichtere Kommunizierbarkeit sowie einer umfangreicheren Datenlage und einem<br />
flexibleren Sampling bei relativ kurzen Beobachtungszeiträumen aus. Aus diesen<br />
Gründen ist das von uns entwickelte Prognosemodell für die handlungsorientierte Politikberatung<br />
in Brandenburg besser zu nutzen als Makrodatenmodelle.<br />
25 Dieses könnte beispielsweise über Mikrosimulation erfolgen.<br />
26 Für Auftragseingang wurde ein (1,0,0) ARIMA Modell, für die Exportquote ein (1,0,1), für die Lohnsätze<br />
jeweils (2,1,0) Modelle mit Zeittrend jeweils verwendet.<br />
100 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten<br />
Im Mittelpunkt einer künftigen Schärfung und Weiterentwicklung des Modells steht die<br />
Differenzierung der prognostizierten Beschäftigtennachfrage nach Qualifikationsniveaus<br />
bzw. Berufsgruppen. Die Fokussierung unserer Prognosen auf die Arbeitskräftenachfrage<br />
liegt primär darin begründet, dass das Arbeitskräfteangebot mithilfe der Statistiken des<br />
Amtes für Statistik und der Bundesagentur für Arbeit verhältnismäßig gut abbildbar ist.<br />
Um Qualifikations- und Weiterbildungsmaßnahmen zielgenauer ausrichten zu können, ist<br />
eine Erweiterung der Beschäftigungsprognosen um die Spezifizierung der vorhergesagten<br />
Nachfrage nach bestimmten Qualifikationsniveaus bzw. Berufsbildern notwendig. Darüber<br />
hinaus böte die Differenzierung der prognostizierten Arbeitskräftebedarfe nach bestimmten<br />
Qualifikationsniveaus oder Berufsbildern Rückschlüsse auf brancheninterne<br />
Substitutionsprozesse zwischen verschiedenen Qualifikationsstufen und Berufen. In diesem<br />
Zusammenhang sollte geprüft werden, inwieweit die Verknüpfung der Daten des Betriebspanels<br />
der Forschungsdatenzentren mit den Daten der sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit möglich ist.<br />
Ein weiterer Aspekt, der bei unserem Modell zukünftig Berücksichtigung finden muss, ist<br />
die Trennung der Beschäftigungsentwicklung in Ersatz- und Erweiterungsbedarf. Diese<br />
Trennung ermöglicht neben der quantitativen Bewertung der Beschäftigungsentwicklung<br />
einer Branche auch weitere qualitative Aussagen. Unser Modell schätzt zunächst nur die<br />
künftige Gesamtnachfrage einer Branche. Die Gegenüberstellung des derzeitigen Ist-Zustandes<br />
mit dem prognostizierten Wert lässt dann Aussagen über einen künftigen positiven<br />
oder negativen Erweiterungsbedarf zu. Um Aussagen über einen möglichen zusätzlichen<br />
Ersatzbedarf treffen zu können, müssen die Altersstruktur einer Branche resp. eines Berufes<br />
sowie branchenspezifische Renteneintritte ermittelt werden. Durch die Gegenüberstellung<br />
des errechneten potenziellen Ersatzbedarfs mit der prognostizierten Gesamtbeschäftigung<br />
können dann Aussagen darüber getroffen werden, ob die anstehenden Verrentungswellen<br />
tatsächlich zu einem zusätzlichen betrieblichen Ersatzbedarf führen oder wie<br />
bisher überwiegend zum Abbau der Beschäftigung genutzt werden.<br />
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102 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong>
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten<br />
Anhang A<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 103
Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und Andreas Stephan<br />
Tabelle A1 Schätzresultate<br />
27: Metallerzeugung und -bearbeitung 28: Herstellung von Metallerzeugnissen<br />
Schätzmethode OLS 2SLS 3SLS OLS 2SLS 3SLS<br />
104 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Parameter der Variable Schätzwert t-Wert Schätzwert t-Wert Schätzwert t-Wert Schätzwert t-Wert Schätzwert t-Wert Schätzwert t-Wert<br />
1. Gleichung, abh. Variable: Umsatz<br />
t 0,003 13,85 0,003 13,85 0,003 14,94 0,002 11,19 0,002 11,19 0,002 12,20<br />
Umsatz der Vorperiode 0,046 4,40 0,046 4,40 0,036 3,50 0,226 34,62 0,226 34,62 0,199 32,10<br />
Auftragslage 0,347 24,55 0,347 24,55 0,332 23,67 0,212 39,79 0,212 39,79 0,209 40,50<br />
Export 0,374 4,33 0,374 4,33 0,280 3,53 0,649 12,57 0,649 12,57 0,557 11,54<br />
Dummy für Januar –0,032 –1,79 -0,032 –1,79 –0,032 –1,79 –0,267 –17,35 –0,267 –17,35 –0,268 –17,41<br />
R 2 -Wert 0,460 0,460 0,459 0,203 0,203 0,202<br />
2, Gleichung, abh. Variable: Stunden<br />
t 0,003 27,17 0,002 11,49 0,002 12,64 0,002 40,14 0,001 9,61 0,001 11,35<br />
Stunden der Vorperiode 0,061 8,28 0,150 11,67 0,165 15,53 0,254 57,13 0,430 57,55 0,386 67,11<br />
Umsatz 0,126 13,43 0,347 14,32 0,395 16,45 0,030 16,05 0,193 24,37 0,188 24,32<br />
Lohnsatz pro Stunde –0,018 –37,00 –0,013 –17,33 –0,013 –17,72 –0,019 –95,31 –0,017 –64,16 –0,019 –85,58<br />
Beschäftigung 0,801 28,39 –0,497 –4,55 –1,366 –18,38 0,679 103,01 0,074 4,66 0,199 14,47<br />
Dummy für Januar 0,025 2,93 0,042 3,30 0,050 4,07 0,024 5,62 0,080 13,80 0,076 13,47<br />
Dummy für Januar 2003 0,083 3,56 0,128 3,69 0,090 4,23 0,154 13,51 0,204 13,72 0,179 17,08<br />
R 2 -Wert 0,805 0,582 0,201 0,783 0,633 0,664<br />
3. Gleichung, abh. Variable: Beschäftigung<br />
t –0,0008 –10,28 0,0005 4,63 0,001 13,96 –0,0010 –31,92 –0,0004 –9,29 –0,0002 –5,11<br />
Beschäftigung der Vorperiode 0,064 12,29 0,079 12,93 0,085 15,70 0,433 115,40 0,559 93,81 0,544 96,82<br />
Umsatz 0,043 5,93 0,052 3,29 0,150 10,12 0,027 19,26 0,113 20,63 0,159 30,08<br />
Lohnsatz pro Beschäftigten –0,000007 –1,61 –0,000004 –0,87 –0,000050 –12,61 –0,000080 –32,10 –0,000060 –18,94 –0,000140 –56,35<br />
Stunden 0,218 18,81 –0,062 –3,50 –0,281 –20,00 0,309 90,22 0,011 1,77 –0,011 –1,84<br />
Dummy für Januar –0,017 –2,86 0,004 0,52 0,017 2,41 –0,015 –5,25 0,011 2,87 0,019 4,95<br />
R 2 -Wert 0,313 0,076 –0,395 0,750 0,622 0,538<br />
Anzahl der Beobachtungen 1946 18444<br />
Quelle: Eigene Berechnungen anhand der Mikrodaten FDZ für Brandenburg.
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten<br />
Tabelle A2<br />
Umsatz- und Beschäftigungsprognosen für WZ 27: Metallerzeugung und -bearbeitung<br />
Tatsächlicher<br />
Wert<br />
Umsatz in 1000 Euro Beschäftigung<br />
Vorhergesagter<br />
Wert<br />
Modellprognosen anhand der Werte 1998 bis 2006<br />
Abweichung<br />
in %<br />
Quelle: Eigene Berechnungen anhand der Mikrodaten FDZ für Brandenburg.<br />
Quelle: Eigene Berechnungen anhand der Mikrodaten FDZ für Brandenburg.<br />
Tatsächlicher<br />
Wert<br />
Vorhergesagter<br />
Wert<br />
Abweichung<br />
in %<br />
1. Quartal 2005 415517 405971 –2,30 5674 5655 –0,34<br />
2. Quartal 2005 442569 395653 –10,60 5647 5682 0,61<br />
3. Quartal 2005 388444 403801 3,95 5633 5673 0,71<br />
4. Quartal 2005 395063 405412 2,62 5639 5680 0,73<br />
1. Quartal 2006 442881 445043 0,49 5576 5723 2,65<br />
2. Quartal 2006 474360 451472 –4,83 5566 5771 3,69<br />
3. Quartal 2006 463481 451603 –2,56 5564 5776 3,83<br />
4. Quartal 2006 497377 481139 –3,26 5605 5804 3,54<br />
Modellprognosen anhand der Werte 1998 bis 2005<br />
1. Quartal 2005 415517 402898 –3,04 5674 5692 0,31<br />
2. Quartal 2005 442569 392462 –11,32 5647 5729 1,45<br />
3. Quartal 2005 388444 400214 3,03 5633 5730 1,72<br />
4. Quartal 2005 395063 401422 1,61 5639 5742 1,83<br />
1. Quartal 2006 442881 348361 –21,34 5576 5735 2,85<br />
2. Quartal 2006 474360 349457 –26,33 5566 5743 3,18<br />
3. Quartal 2006 463481 349457 –24,60 5564 5743 3,22<br />
4. Quartal 2006 497377 349457 –29,74 5605 5743 2,45<br />
Modellprognosen anhand der Werte 1998 bis 2004<br />
1. Quartal 2005 415517 393080 –5,40 5674 5697 0,41<br />
2. Quartal 2005 442569 393080 –11,18 5647 5697 0,89<br />
3. Quartal 2005 388444 393080 1,19 5633 5697 1,14<br />
4. Quartal 2005 395063 393080 –0,50 5639 5697 1,04<br />
1. Quartal 2006 442881 395379 –10,73 5576 5714 2,48<br />
2. Quartal 2006 474360 396529 –16,41 5566 5722 2,81<br />
3. Quartal 2006 463481 396529 –14,45 5564 5722 2,84<br />
4. Quartal 2006 497377 396529 –20,28 5605 5722 2,08<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 105
Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und Andreas Stephan<br />
Tabelle A3<br />
Umsatz- und Beschäftigungsprognosen für WZ 28: Herstellung von Metallerzeugnissen<br />
106 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Tatsächlicher<br />
Wert<br />
Umsatz in 1000 Euro Beschäftigung<br />
Vorhergesagter<br />
Wert<br />
Modellprognosen anhand der Werte 1998 bis 2006<br />
Abweichung<br />
in %<br />
Tatsächlicher<br />
Wert<br />
Vorhergesagter<br />
Wert<br />
Abweichung<br />
in %<br />
1. Quartal 2005 206354 179341 –13,09 7819 7819 –0,01<br />
2. Quartal 2005 224262 209254 –6,69 7801 7793 –0,09<br />
3. Quartal 2005 259706 223239 –14,04 7904 7941 0,47<br />
4. Quartal 2005 244719 216563 –11,51 7764 7719 –0,58<br />
1. Quartal 2006 256557 207022 –19,31 7398 7441 0,58<br />
2. Quartal 2006 251923 232327 –7,78 7623 7509 –1,49<br />
3. Quartal 2006 290979 243090 –16,46 7941 7770 –2,15<br />
4. Quartal 2006 312707 245197 –21,59 8085 7865 –2,73<br />
Modellprognosen anhand der Werte 1998 bis 2005<br />
1. Quartal 2005 206354 176424 –14,50 7819 7795 –0,31<br />
2. Quartal 2005 224262 206072 –8,11 7801 7761 –0,51<br />
3. Quartal 2005 259706 219482 –15,49 7904 7900 –0,04<br />
4. Quartal 2005 244719 212512 –13,16 7764 7674 –1,17<br />
1. Quartal 2006 256557 205126 –20,05 7398 7407 0,12<br />
2. Quartal 2006 251923 206820 –17,90 7623 7444 –2,35<br />
3. Quartal 2006 290979 207992 –28,52 7941 7464 –6,00<br />
4. Quartal 2006 312707 208364 –33,37 8085 7504 –7,19<br />
Modellprognosen anhand der Werte 1998 bis 2004<br />
1. Quartal 2005 206354 211034 2,27 7819 7962 1,82<br />
2. Quartal 2005 224262 211836 –5,54 7801 7866 0,84<br />
3. Quartal 2005 259706 214510 –17,40 7904 7851 –0,66<br />
4. Quartal 2005 244719 211925 –13,40 7764 7659 –1,36<br />
1. Quartal 2006 256557 209330 –18,41 7398 7432 0,46<br />
2. Quartal 2006 251923 211792 –15,93 7623 7463 –2,09<br />
3. Quartal 2006 290979 213381 –26,67 7941 7471 –5,92<br />
4, Quartal 2006. 312707 221316 –29,23 8085 7557 –6,53
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten<br />
Tabelle A4<br />
Projektionen der Variablen für die Jahre 2007-2008, WZ 27: Metallerzeugung<br />
und -bearbeitung<br />
Auftragslage<br />
in 1000<br />
Euro<br />
Quelle: Eigene Berechnungen anhand der Mikrodaten FDZ für Brandenburg.<br />
Exogene Variablen Endogene Variablen<br />
Exportanteil<br />
in %<br />
Lohnsatz<br />
pro Stunde<br />
in Euro<br />
Lohnsatz<br />
pro<br />
Beschäftigten<br />
in Euro<br />
Umsatz in<br />
1000 Euro<br />
Stunden<br />
Beschäftigung<br />
1. Quartal 2005 405999 16,55 15,50 2097 374935 639667 5519<br />
2. Quartal 2005 371348 15,55 15,81 2227 368753 630390 5517<br />
3. Quartal 2005 383186 18,41 16,12 2157 379593 635647 5533<br />
4. Quartal 2005 381467 18,47 17,96 2466 379179 626128 5538<br />
1. Quartal 2006 490418 17,64 15,19 2234 414295 682263 5556<br />
2. Quartal 2006 452643 15,65 16,97 2429 409671 662046 5561<br />
3. Quartal 2006 446718 16,49 16,39 2275 412474 669662 5571<br />
4. Quartal 2006 495086 17,37 19,20 2508 432896 662764 5593<br />
1. Quartal 2007 430319 17,21 16,74 2334 410539 681968 5587<br />
2. Quartal 2007 436425 17,26 18,03 2487 420676 672463 5597<br />
3. Quartal 2007 442349 17,37 17,68 2368 426398 681315 5608<br />
4. Quartal 2007 448352 17,51 19,69 2554 432265 671491 5621<br />
1. Quartal 2008 454438 17,69 18,02 2419 433418 699754 5627<br />
2. Quartal 2008 460606 17,88 18,97 2543 444367 692723 5636<br />
3. Quartal 2008 466857 18,08 18,77 2450 450582 700995 5647<br />
4. Quartal 2008 473194 18,29 20,22 2600 456897 695811 5659<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 107
Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und Andreas Stephan<br />
Tabelle A5<br />
Projektionen der Variablen für die Jahre 2007 und 2008, WZ 28: Herstellung von<br />
Metallerzeugnissen<br />
Quelle: Eigene Berechnungen anhand der Mikrodaten FDZ für Brandenburg.<br />
108 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Auftragslage<br />
in 1000<br />
Euro<br />
Exogene Variablen Endogene Variablen<br />
Exportanteil<br />
in %<br />
Lohnsatz<br />
pro Stunde<br />
in Euro<br />
Lohnsatz<br />
pro Umsatz<br />
Beschäftigten in 1000 Euro<br />
in Euro<br />
Stunden<br />
Beschäftigung<br />
1. Quartal 2005 192584 4,30 13,18 1873 248448 986065 7817<br />
2. Quartal 2005 233674 4,,61 13.19 1938 290978 995442 7916<br />
3. Quartal 2005 248266 5,28 13,26 1940 301541 1010216 7982<br />
4. Quartal 2005 249865 4,82 14,39 2039 303598 999716 7942<br />
1. Quartal 2006 319067 6,32 12,90 1880 294440 1049817 7979<br />
2. Quartal 2006 271354 6,03 13,63 1963 317882 1040134 8053<br />
3. Quartal 2006 308300 5,71 13,23 1932 328794 1056623 8090<br />
4. Quartal 2006 305351 6,07 14,68 2064 332062 1035443 8016<br />
1. Quartal 2007 268641 5,92 13,77 1912 290637 1045781 7930<br />
2. Quartal 2007 269195 5,86 14,12 1984 324521 1038367 7974<br />
3. Quartal 2007 272192 5,88 14,04 1959 328082 1045286 7987<br />
4. Quartal 2007 275275 5,92 14,68 2070 331425 1038128 7919<br />
1. Quartal 2008 278394 5,99 14,41 1945 300808 1052613 7862<br />
2. Quartal 2008 281549 6,08 14,62 2007 337934 1048033 7939<br />
3. Quartal 2008 284739 6,17 14,66 1988 341938 1053828 7960<br />
4. Quartal 2008 287965 6,26 14,99 2082 345565 1052815 7905
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten<br />
Anhang B<br />
Abbildung B1<br />
Umsatzindices in WZ 27: Metallerzeugung und -bearbeitung<br />
Umsatzindex (2000 = 100)<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Brandenburg<br />
Deutschland<br />
Quelle: Brandenburg Mikrodaten FDZ, Werte für Deutschland aus Reihe Monatsbericht, Statistisches<br />
Bundesamt.<br />
Abbildung B2<br />
Umsatzindices in WZ 28: Herstellung von Metallerzeugnissen<br />
Umsatzindex (2000 = 100)<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Brandenburg<br />
Deutschland<br />
Quelle: Brandenburg Mikrodaten FDZ, Werte für Deutschland aus Reihe Monatsbericht, Statistisches<br />
Bundesamt.<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 109
Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und Andreas Stephan<br />
Abbildung B3<br />
Beschäftigungsindices in WZ 27: Metallerzeugung und -bearbeitung<br />
Umsatzindex (2000 = 100)<br />
106<br />
104<br />
102<br />
100<br />
Quelle: Brandenburg Mikrodaten FDZ, Werte für Deutschland aus Reihe Monatsbericht, Statistisches<br />
Bundesamt.<br />
110 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
98<br />
96<br />
94<br />
92<br />
90<br />
Abbildung B4<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Beschäftigungsindices in WZ 28: Herstellung von Metallerzeugnissen<br />
Umsatzindex (2000 = 100)<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
85<br />
80<br />
75<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Brandenburg<br />
Deutschland<br />
Brandenburg<br />
Deutschland<br />
Quelle: Brandenburg Mikrodaten FDZ, Werte für Deutschland aus Reihe Monatsbericht, Statistisches<br />
Bundesamt.
Beschäftigungsprognosen auf Basis amtlicher Firmendaten<br />
Abbildung 5<br />
Beschäftigungsanteil in Brandenburg an Deutschland<br />
Beschäftigungsanteil in %<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Quelle: Brandenburg Mikrodaten FDZ, Werte für Deutschland aus Reihe Monatsbericht, Statistisches<br />
Bundesamt.<br />
Abbildung 6<br />
Differenz von monatlichen Prognosen und tatsächlichen Werten des Umsatzes<br />
(2SLS-Schätzmethode, Daten 1998 bis 2006)<br />
Umsatzresiduenl in %<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-10<br />
-20<br />
-30<br />
-40<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Quelle: Eigene Berechnungen anhand der Mikrodaten FDZ für Brandenburg.<br />
27: Metallerzeugung<br />
und -bearbeitung<br />
28: Herstellung von<br />
Metallerzeugnissen<br />
27: Metallerzeugung<br />
und -bearbeitung<br />
28: Herstellung<br />
von Metallerzeugnissen<br />
<strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> 111
Markus Höhne, Carsten Kampe, Anna Lejpras und Andreas Stephan<br />
Abbildung 7<br />
Differenz von monatlichen Prognosen und tatsächlichen Werten von Stunden<br />
(2SLS-Schätzmethode, Daten von 1998 bis 2006)<br />
Stundenresiduen in %<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
-10<br />
-20<br />
-30<br />
-40<br />
Quelle: Eigene Berechnungen anhand der Mikrodaten FDZ für Brandenburg.<br />
112 <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong><br />
0<br />
Abbildung 8<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
27: Metallerzeugung<br />
und -bearbeitung<br />
28: Herstellung von<br />
Metallerzeugnissen<br />
Differenz von monatlichen Prognosen und tatsächlichen Werten der Beschäftigten<br />
(2SLS-Schätzmethode, Daten von 1998 bis Ende 2006)<br />
Beschäftigungsresiduen in %<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-10<br />
-20<br />
-30<br />
-40<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Quelle: Eigene Berechnungen anhand der Mikrodaten FDZ für Brandenburg.<br />
27: Metallerzeugung<br />
und -bearbeitung<br />
28: Herstellung von<br />
Metallerzeugnissen
Hinweise für Autoren der Vierteljahrshefte<br />
Die Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung werden seit 1927 vom <strong>DIW</strong> <strong>Berlin</strong> herausgegeben.<br />
Sie veröffentlichen Aufsätze zu aktuellen wirtschaftspolitischen Fragestellungen<br />
und wenden sich an Wissenschaft, Politik und Wirtschaft.<br />
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liegen im Allgemeinen weniger als drei Monate. Alle Beiträge werden begutachtet.<br />
Die Themen der nächsten Schwerpunkthefte und ausführliche Hinweise für Autoren können<br />
der <strong>DIW</strong>-Internetseite entnommen werden (www.diw.de).<br />
Beiträge sind an die Redaktion, an das jeweils zuständige Redaktionsmitglied oder z.H.<br />
Ellen Müller-Gödtel einzusenden. Berücksichtigt werden nur Originalbeiträge, die im Falle<br />
der Annahme auch tatsächlich zur Veröffentlichung in den Vierteljahrsheften zur Verfügung<br />
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Die Beiträge sollten in deutscher (ausnahmsweise in englischer) Sprache verfasst sein. Es<br />
gilt die neue deutsche Rechtschreibung. Eine Zusammenfassung des Beitrags ist in deutscher<br />
und in englischer Sprache gesondert zu erstellen. Diese soll jeweils nicht mehr als<br />
150 Wörter umfassen. Außerdem müssen dem Manuskript mindestens vier Begriffe der<br />
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Das Manuskript ist in Schriftgröße 12 pt im Zeilenabstand von 1,5 zu erstellen und mit einem<br />
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Zitierweise ist den Aufsätzen des Vierteljahrsheftes bzw. der o.g. Internetseite zu entnehmen.<br />
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Die maximale Breite von Tabellen und Abbildungen beträgt 12,6 cm. Bei Tabellen<br />
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Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung<br />
Erscheinen zurzeit im 76. Jahrgang. Format DIN B 5. Die Hefte werden einzeln berechnet.<br />
Unverbindliche Preisempfehlung.<br />
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2008. Von Johannes Becker und Clemens Fuest • Unternehmensteuerreform<br />
2008 – Mogelpackung statt großer Wurf. Von Ralf Maiterth und Heiko Müller •<br />
Aufkommens- und Verteilungseffekte der Unternehmensteuerreform 2008. Von Stefan<br />
Bach, Hermann Buslei, Nadja Dwenger und Frank Fossen • Einfluss der Unternehmensteuerreform<br />
2008 auf die effektive Steuerbelastung. Von Christoph Spengel, Christina Elschner,<br />
Michael Grünewald und Timo Reister • Fundamentale Steuerreformen für Deutschland: Die<br />
Unternehmensteuerreform 2008, die Duale Einkommensteuer und die Einheitssteuer im<br />
Vergleich. Von Doina Maria Radulescu und Michael Stimmelmayr<br />
Wochenbericht<br />
Erscheint zurzeit im 74. Jahrgang. Umfang jeder Nummer 10 bis 16 Seiten. Format DIN A 4.<br />
Der Bezugspreis für die Druckausgabe beträgt jährlich Euro 180,–, die Einzelnummer kostet<br />
Euro 7,–. Unverbindliche Preisempfehlung.<br />
Diskussionspapiere<br />
Erscheinen mehrmals monatlich seit 1989. Jede Ausgabe der Diskussionspapiere wird als<br />
kostenlose Volltextversion online angeboten. Der Bezugspreis als Print beträgt Euro 5,–.<br />
Nr. 732 A Complementarity Model for the European Natural Gas Market. Von Ruud<br />
Egging, Steven A. Gabriel, Franziska Holz und Jifang Zhuang. Oktober 2007.<br />
Nr. 731 Access Price Regulation and Price Discrimination in Intermediate Goods Markets.<br />
Von Claudia Salim. Oktober 2007.<br />
Nr. 730 Price Convergence in the Enlarged Internal Market. Von Christian Dreger, Konstantin<br />
Kholodilin, Kirsten Lommatzsch, Jiri Slacalek und Przemyslaw Wozniak.<br />
Oktober 2007.<br />
Nr. 729 The "Bali Convention": Flexibility of Targets and Instruments Inevitable. Von<br />
Claudia Kemfert. September 2007.<br />
Nr. 728 Mergers & Acquisitions and Innovation Performance in the Telecommunications<br />
Equipment Industry. Von Tseveen Gantumur und Andreas Stephan. September<br />
2007.<br />
Alle Online-Publikationen sind abrufbar von unserer Homepage www.diw.de