Toxikologie der Lokalanästhetika. Pathomechanismen – Klinik
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Abb. 3 ▲ Konvulsionsdosen von Procain, Lidocain und Bupivacain bei Normokapnie<br />
(blaue Balken) bzw. bei Hyperkapnie (rote Balken). Neben dem<br />
Einfluss des pCO2 wird die enge Korrelation zwischen toxischer Potenz und<br />
Lipophilie deutlich. (Mod. nach Englesson [56]; Untersuchung an Katzen)<br />
kann [48,87,121,241].Die getrennte Untersuchung<br />
<strong>der</strong> Enantiomere von Bupivacain<br />
hat ergeben, dass das Ausmaß <strong>der</strong> Arrhythmogenität<br />
<strong>der</strong> stereoselektiven Gesetzmäßigkeiten<br />
unterliegt, wobei das<br />
R(+)-Enantiomer die höchste Potenz zur<br />
zentralnervösen Auslösung von Arrhythmien<br />
zu besitzen scheint [34, 48]. Nach<br />
wie vor ungeklärt bleibt jedoch die Frage,<br />
ob es allein zentralnervös vermittelt<br />
zum Auftreten von lebensbedrohlichen<br />
Arrhythmieformen kommen kann.<br />
Im Stadium <strong>der</strong> zentralnervösen Depression<br />
sistiert die Aktivität medullärer<br />
vegetativer Zentren. Klinisch äußert sich<br />
dies in einer ausgeprägten Bradykardie<br />
und Hypotonie; dabei kommen in diesem<br />
Stadium bereits direkte kardiodepressive<br />
Effekte zum Tragen [72].<br />
Weiterführende Details hinsichtlich<br />
dieser indirekten Effekte <strong>der</strong> <strong>Lokalanästhetika</strong><br />
auf das kardiovaskuläre System<br />
bleiben nach wie vor unklar.Dies liegt sicherlich<br />
daran,dass in einem fortgeschrit-<br />
Abb. 4 ▲ CC/CNS-Ratio von Lidocain, Etidocain und Bupivacain. Auffallend<br />
ist die deutlich geringere „Sicherheitsbreite“ <strong>der</strong> beiden lang wirksamen<br />
Substanzen im Vergleich zu Lidocain. (Mod. nach Morishima et al. [154];<br />
Untersuchung an Schafen)<br />
Abb. 5 ⊳ Abnahme <strong>der</strong> mitochondrialen ATP-Synthese-Rate in enger<br />
Korrelation mit <strong>der</strong> Lipophilie <strong>der</strong> untersuchten <strong>Lokalanästhetika</strong>. Stereoselektive<br />
Effekte scheinen keine Rolle zu spielen bei <strong>der</strong> Einflussnahme auf<br />
die mitochondriale Funktion (Daten exemplarisch zusammengefasst und<br />
mod. nach Sztark et al. [233, 234, 235])<br />
tenen Stadium die direkten kardialen und<br />
vaskulären Wirkungen immer mehr an<br />
Bedeutung gewinnen und interferieren.<br />
Darüber hinaus kommt es sowohl nach<br />
rückenmarknahen als auch nach peripheren<br />
Blockaden zu einer <strong>–</strong> therapeutisch<br />
nutzbaren <strong>–</strong> Sympathikolyse, die ihrerseits<br />
die hämodynamische Gesamtsituation<br />
in unterschiedlicher Ausprägung beeinflusst.<br />
Somit wird klar, dass sich die<br />
Einzeleffekte dieser parallel ablaufenden<br />
Vorgänge sowohl experimentell als auch<br />
klinisch nur mit größten Schwierigkeiten<br />
voneinan<strong>der</strong> trennen lassen.<br />
Die direkten Effekte <strong>der</strong> <strong>Lokalanästhetika</strong><br />
auf die kardiale Funktion dagegen<br />
beruhen auf einer unmittelbaren Interaktion<br />
mit den Kardiomyozyten <strong>der</strong> Ventrikel<br />
und des Reizleitungssystems,was sich<br />
funktionell in einer Herabsetzung <strong>der</strong><br />
Chronotropie,<strong>der</strong> Dromotropie sowie <strong>der</strong><br />
Inotropie des Herzens äußert.<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> negativ-chronotropen<br />
und dromotropen Wirkungen kommt <strong>der</strong><br />
Blockade spannungsgesteuerter kardialer<br />
Ionenkanäle eine pathophysiologische<br />
Schlüsselposition zu, wobei die Beeinträchtigung<br />
<strong>der</strong> schnellen Na + -Kanäle<br />
abermals im Vor<strong>der</strong>grund steht. Elektrophysiologisch<br />
unterscheidet sich das kardiale<br />
vom neuronalen Aktionspotential<br />
hauptsächlich durch einen langsamen<br />
Kalziumeinstrom in Phase 2,<strong>der</strong> letztendlich<br />
die Aktivierung des kontraktilen Apparates<br />
nach sich zieht. Der schnelle initiale<br />
Natriumeinstrom führt jedoch bei<br />
beiden Zelltypen zur Depolarisation und<br />
wird durch <strong>Lokalanästhetika</strong> konzentrationsabhängig<br />
unterdrückt,was sich in einer<br />
Verkürzung <strong>der</strong> Aktionspotentialdauer<br />
sowie <strong>der</strong> effektiven Refraktärperiode<br />
äußert. Elektrokardiographisch fassbar<br />
wird diese Verzögerung <strong>der</strong> intrakardialen<br />
Erregungsfortleitung durch Verbreiterung<br />
<strong>der</strong> QRS-Komplexe sowie PQ-Intervallverlängerungen<br />
bis hin zur vollständigen<br />
AV-Dissoziation. Zusätzlich<br />
wird die spontane Schrittmacheraktivität<br />
Der Anaesthesist 12 · 2003 | 1111