Ausgabe 11 - Katholische Kirchengemeinde St. Laurentius in ...
Ausgabe 11 - Katholische Kirchengemeinde St. Laurentius in ...
Ausgabe 11 - Katholische Kirchengemeinde St. Laurentius in ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Warum gerade ich?<br />
Man hat das Glück, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er stabilen Beziehung<br />
zu se<strong>in</strong>, ist glücklich mite<strong>in</strong>ander<br />
und irgendwann möchte man e<strong>in</strong>e Familie<br />
se<strong>in</strong>, wünscht sich e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d. Man erlebt<br />
neun Monate Spannung: Wie ist das mit<br />
K<strong>in</strong>d? Ist es e<strong>in</strong> Junge oder e<strong>in</strong> Mädchen?<br />
Wem sieht es ähnlich?<br />
Dann endlich ist es soweit, die Spekulation<br />
hat e<strong>in</strong> Ende, das K<strong>in</strong>d wird geboren. Nur<br />
noch e<strong>in</strong>e Rout<strong>in</strong>euntersuchung durch<br />
Oft überwiegen irgendwann die Gefühle,<br />
die e<strong>in</strong>e positive Beziehung ermöglichen.<br />
Man orientiert sich neu, lernt mit dem<br />
beh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>d zu leben, es zu lieben<br />
um se<strong>in</strong>er selbst willen, denn die eigenen<br />
Hoffnungen und Projektionen wird es nie<br />
erfüllen können.<br />
Idealtypisch handelt es sich bei den oben<br />
beschriebenen Gefühlsentwicklungen um<br />
die von vielen Autoren beschriebenen<br />
gebote <strong>in</strong>formiert wird und Hoffnung<br />
schöpfen kann. Austauschmöglichkeiten<br />
h<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>er Neudef<strong>in</strong>ition se<strong>in</strong>er<br />
Mutter-, Vater- und auch Geschwisterrolle<br />
s<strong>in</strong>d notwendig und u.a. dort möglich.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Kraftquelle kann, <strong>in</strong>dividuell<br />
unterschiedlich gestaltet, e<strong>in</strong>e weltanschauliche,<br />
religiöse oder spirituelle<br />
Überzeugung se<strong>in</strong> (s. auch Geschichte<br />
“Warum?“ auf Seite 8).<br />
den K<strong>in</strong>derarzt, dann kann das neue Glück Phasen der Trauerbewältigung. Man Damit dann letztlich auf e<strong>in</strong>er neuen Ebene<br />
beg<strong>in</strong>nen - oder auch schon zu Ende se<strong>in</strong>.<br />
Dann nämlich, wenn beim K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Beh<strong>in</strong>derung<br />
festgestellt wird. Manchmal<br />
direkt nach der Geburt, manchmal aber<br />
auch erst e<strong>in</strong>ige Wochen oder Monate<br />
oder sogar Jahre danach.<br />
Man steht unter Schock, will es nicht wahr<br />
haben, hofft, es sei alles nur e<strong>in</strong> böser<br />
Traum. E<strong>in</strong> Schuldiger wird gesucht, man<br />
klammert sich an e<strong>in</strong>e mögliche Fehldiagnose,<br />
fragt vorwurfsvoll:“Warum gerade<br />
ich?“. Manchmal geht die Überforderung<br />
so weit, dass man sich wünscht, dass das<br />
Baby nicht überlebensfähig sei und stirbt,<br />
was auch schrecklich wäre, aber e<strong>in</strong>en<br />
Neuanfang möglich machen würde.<br />
In die Gefühle von Trauer mischen<br />
sich nach und nach und abwechselnd<br />
Wut, Zorn, Angst, Hoffnungslosigkeit,<br />
Schuldgefühle. Aber auch erste Keime<br />
von e<strong>in</strong>er Annäherung, e<strong>in</strong>em neuen<br />
Kennenlernen tauchen auf. Das K<strong>in</strong>d,<br />
irgendwie anders als erwartet, ist da, e<strong>in</strong>e<br />
Beziehung beg<strong>in</strong>nt.<br />
durchleidet sie eben bei der Geburt e<strong>in</strong>es<br />
beh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>des, aber auch beim Tod<br />
e<strong>in</strong>es geliebten Menschen, bei Arbeitslosigkeit<br />
oder bei anderen Verlusterlebnissen.<br />
E<strong>in</strong>e der Autoren ist die Schweizer<br />
Psychoanalytiker<strong>in</strong> Verena Kast, die folgende<br />
Phasen benennt:<br />
1. Phase: Nicht-Wahrhaben-Wollen<br />
2. Phase: Aufbrechende Emotionen<br />
3. Phase: Loslassen<br />
4. Phase: Neuorientierung<br />
All diese Phasen laufen jedoch nicht h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander<br />
ab, es geht h<strong>in</strong> und her, rauf<br />
und runter. Man denkt, man hat es geschafft,<br />
aber dann vers<strong>in</strong>kt man wieder <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e tiefe Trauer, es ereilen e<strong>in</strong>en Zweifel:<br />
Gibt es e<strong>in</strong>en Alltag, e<strong>in</strong>e Normalität,<br />
e<strong>in</strong>e Zukunft für me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, kann man je<br />
wieder se<strong>in</strong> wie andere?<br />
Ganz wichtig für das Durchlaufen der<br />
Phasen s<strong>in</strong>d gute Ressourcen, z.B. Netzwerke<br />
wie Selbsthilfegruppen, <strong>in</strong> denen<br />
man Verständnis erfährt, über Hilfsan-<br />
wieder e<strong>in</strong> Alltag entsteht, der e<strong>in</strong>em<br />
das Gefühl e<strong>in</strong>er relativen Normalität geben<br />
kann, ist es wichtig, Unterstützung zu<br />
erfahren durch Familie, Freunde, Nachbarn,<br />
Therapeuten usw. Man benötigt Informationen<br />
über z.B. ambulante Dienste,<br />
geeignete Ärzte, passende, vielleicht <strong>in</strong>tegrative<br />
Freizeitangebote, Krabbelgruppen,<br />
K<strong>in</strong>dergärten und Schulen.<br />
Falls bei den Eltern e<strong>in</strong> Wiedereistieg <strong>in</strong><br />
den Beruf erwünscht ist, sollte das organisierbar<br />
se<strong>in</strong>. Aber auch „E<strong>in</strong>fach mal<br />
zwei <strong>St</strong>unden etwas für sich tun“, wie das<br />
e<strong>in</strong> Gesprächskreis für Eltern beh<strong>in</strong>derter<br />
K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> Bergisch Gladbach ausdrückt, ist<br />
e<strong>in</strong> wichtiges, Kraft spendendes Angebot.<br />
(Nähere Informationen zu den Frühstückterm<strong>in</strong>en<br />
des Gesprächskreises bei<br />
<strong>St</strong>ephanie Krieger, Tel.: 01577-7785768)<br />
(gr/nh)<br />
Bild: railwaycomps/photocase.com<br />
UNSER NAMENSGEBER<br />
Papst kann jeder werden.<br />
Der beste Beweis dafür b<strong>in</strong> ich selbst.<br />
Sel. Papst Johannes XXIII.<br />
Der Mann,<br />
der Gladbach<br />
gerettet hat<br />
Geschichten und Anekdoten<br />
von Horst Breiler<br />
Dass die <strong>St</strong>adt Bergisch Gladbach <strong>in</strong> den Wirren der letzten Kriegstage<br />
fast kampflos den amerikanischen Truppen übergeben wurde,<br />
ist nicht zuletzt der Initiative e<strong>in</strong>es Mannes zu verdanken. Hätte der<br />
LKW-Fahrer und Spediteur Karl „Charly“ Vollmann nicht Sprachkenntnisse<br />
und Verhandlungsgeschick beherzt e<strong>in</strong>gesetzt, hätte alles<br />
ganz anders kommen können.<br />
Vollmann hatte se<strong>in</strong>e Jugend <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>igten <strong>St</strong>aaten verbracht<br />
und nach se<strong>in</strong>er Rückkehr <strong>in</strong> die Heimatstadt an der Odenthaler<br />
<strong>St</strong>raße Ecke Gertrudenstraße e<strong>in</strong> Fahrgeschäft eröffnet. Als e<strong>in</strong>e Panzerkolonne<br />
der US-Army am Mittag des 13. April 1945 von Paffrath<br />
her auf die <strong>St</strong>adtmitte zurollte, fuhr Vollmann ihr entgegen. An der<br />
„Flora“ kletterte er auf e<strong>in</strong>en Panzer und verhandelte mit den GIs<br />
<strong>in</strong> akzentfreiem Englisch. Inzwischen jedoch war die Truppe unter<br />
deutsches Artilleriefeuer geraten. Vollmann hörte e<strong>in</strong> Gespräch zwischen<br />
zwei Offizieren mit, die erwogen, die <strong>St</strong>adt deshalb bombardieren<br />
zu lassen. Der Gladbacher bat händer<strong>in</strong>gend darum, das zu<br />
unterlassen, da die Bevölkerung ke<strong>in</strong>erlei Widerstand leisten werde<br />
und den friedlichen E<strong>in</strong>marsch der US-Truppen geradezu herbeisehne.<br />
Die Offiziere schickten Vollmann mit dem Auftrag zurück,<br />
den örtlichen Polizeiführer herbeizubr<strong>in</strong>gen, der die <strong>St</strong>adt übergeben<br />
solle. Der zuständige Polizeichef, e<strong>in</strong> Revierhauptmann, lehnte<br />
erst mal ab. Vollmann suchte den Bürgermeister Dr. Kappes auf, der<br />
erklärte, er könne wegen des ständigen Artilleriefeuers nicht zu den<br />
Amerikanern durchkommen. Allerd<strong>in</strong>gs ermächtigte er den Revierhauptmann,<br />
an se<strong>in</strong>er <strong>St</strong>elle die <strong>St</strong>adt zu übergeben. Der Polizeichef<br />
HORST BREILER<br />
Der Journalist Horst Breiler g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Bergisch Gladbach<br />
zur Schule. Nach Lehrjahren <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, Portugal und<br />
Hannover kam er zurück und übernahm 1970 <strong>in</strong> Bergisch<br />
Gladbach die Redaktionsleitung der Bergischen<br />
Landeszeitung bis zu se<strong>in</strong>er Pensionierung im September<br />
2007.<br />
wollte auch jetzt nicht mit den Amerikanern verhandeln, versicherte<br />
jedoch, die letzten E<strong>in</strong>heiten der Wehrmacht hätten die <strong>St</strong>adt verlassen<br />
und se<strong>in</strong>e Polizisten würden ke<strong>in</strong>en Widerstand leisten. Vollmann<br />
<strong>in</strong>formierte die US-Kommandeure, die ihm <strong>in</strong>zwischen offenbar<br />
vertrauten, über diese Zusage. Am Nachmittag rollte der erste<br />
Sherman-Panzer auf den Marktplatz. Die Situation spitzte sich plötzlich<br />
zu, e<strong>in</strong> paar Schüsse fielen, e<strong>in</strong>e Panzergranate beschädigte den<br />
Turm der <strong>Laurentius</strong>kirche. Vollmann trat <strong>in</strong> Aktion: Er verhandelte<br />
mit den misstrauischen Soldaten und hisste zusammen mit anderen<br />
Bürgern e<strong>in</strong> großes weißes Tuch am Kirchturm. Für e<strong>in</strong>e gewisse<br />
Entspannung sorgte auch e<strong>in</strong>e russische Zwangsarbeiter<strong>in</strong>, die den<br />
GIs e<strong>in</strong>en Blumenstrauß zur Begrüßung auf den Panzer reichte.<br />
Die Polizisten ließen sich ohne Zwischenfälle entwaffnen. Dass die<br />
Amerikaner mit der Vielzahl deutscher Uniformen so ihre Schwierigkeiten<br />
hatten, erfuhr auch e<strong>in</strong> <strong>St</strong>raßenbahnschaffner namens Nussbaum<br />
<strong>in</strong> Heidkamp, der e<strong>in</strong> GI mit vorgehaltener Waffe als Kriegsgefangenen<br />
abführen wollte. Nussbaum, der englischen Sprache nicht<br />
mächtig, zeigte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Verzweiflung immer wieder auf se<strong>in</strong>e Uniform<br />
und sagte „Bim bim!“. Der Soldat ließ ihn laufen.<br />
Auszüge aus dem Buch<br />
„Narren, Helden,<br />
Rote Teufel“<br />
von Horst Breiler<br />
erschienen im<br />
Wartberg Verlag<br />
80 Seiten, gebunden<br />
<strong>11</strong> Euro