¥¥ Buch Butch/Femme - Querverlag
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Es ist zynisch und zugleich tragisch, daß sich in den siebziger<br />
Jahren eine Bewegungsspitze selbst ernannte, die ihre sozialen Privilegien<br />
wie Bildung und Klassenherkunft nutzte, um neue Werte<br />
und Normen zu konstituieren, in denen für <strong>Femme</strong>s und <strong>Butch</strong>es<br />
kein Platz sein sollte.<br />
Eine Kultur, älter als die Lesbenbewegung, sah sich plötzlich<br />
gezwungen, wieder in die subkulturelle Isolation abzutauchen,<br />
nachdem sie für kurze Zeit auf soziale Veränderungen und gesellschaftliche<br />
Akzeptanz hoffen durfte. Die Kessen Väter und <strong>Femme</strong>s<br />
waren in den Frauenzentren und Lesbengruppen, die im Gegensatz<br />
zu ihnen noch mit ihrer Selbstverwirklichung beschäftigt<br />
waren, unerwünscht. <strong>Butch</strong>es oder Kesse Väter wurden kurzerhand<br />
zum Imitat von zu verdammender Männlichkeit erklärt.<br />
<strong>Femme</strong>s galten als Opfer ihrer weiblichen Sozialisation. Oder<br />
schlimmer noch: als Frauen, die ihre lesbische Identität in der<br />
Öffentlichkeit durch feminines Äußeres verleugneten. Neben dem<br />
Kampf gegen das Patriarchat war es ein Hauptanliegen der radikal-feministischen<br />
Lesben, den „Feind in sich“ zu suchen und zu<br />
eliminieren, auch wenn es zum Ausblenden eigener Identität<br />
führte. An verinnerlichte Frauenfeindlichkeit und Homophobie<br />
wurde dabei nicht gedacht.<br />
Der ideale Prototyp „Lesbe“ kleidete sich androgyn, liebte androgyn<br />
und verhielt sich androgyn. BHs, Make-up, Röcke, Anzüge<br />
und Rüden waren plötzlich verpönt.<br />
Natürlich ist es eine altbekannte Weisheit, daß dort, wo ein<br />
Imperativ herrscht, die Bigotterie nicht weit entfernt ist. Politisierte<br />
Lesben beschäftigen sich nicht mehr mit ihrem Aussehen<br />
und ihrer Inszenierung. Vor Partys grübelten sie nur stundenlang,<br />
ob sie ein grünes oder ein blaues Karohemd tragen sollten, das<br />
kurze Haar offen trugen oder mit einem Stirnband und einer<br />
Feder schmückten. Sexualität war plötzlich eine im Weichzeichner<br />
verschwommene, sehr kuschelige Angelegenheit. Das Phänomen<br />
des lesbian bed death (LBD – des lesbischen Bettodes), wurde<br />
lange mit dem Mythos von zuviel Nähe psychologisiert – wenn<br />
Sexualität überhaupt thematisiert wurde. Daß es sich dabei in den<br />
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