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Friedrich der Große und die Abschaffung der Folter

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Ressort <strong>die</strong> Criminalsachen gehörten, verlangte seinerseits vom Criminalcollegium eine<br />

Stellungnahme, <strong>die</strong> unter dem 29.6.1740 auch erfolgte <strong>und</strong> 13 Än<strong>der</strong>ungsvorschläge enthielt<br />

(Wortlaut bei Sch. Anm.105): So sei <strong>die</strong> Tortur bei Diebstahl zu Meßzeiten weiterhin<br />

unerlässlich, weil dann gestohlenes Gut schnell zurückgegeben werden müsse. Das<br />

Criminalcollegium in Berlin hat auch im Juni 1740 - offenbar in Erwartung einer weiteren,<br />

endgültigen Ordre F.’s - noch mehrfach <strong>die</strong> Tortur zugelassen (Z. S.42).<br />

F. ließ aber alle Einwände gegen seine Entscheidung vom 3.6.1740 unbeachtet. Wie sich aus<br />

späteren Dokumenten ergibt, hielt sich in den kommenden Jahren nun auch <strong>die</strong> Praxis<br />

weitgehend daran: <strong>Abschaffung</strong> des hölzernen Bocks aufgr<strong>und</strong> Reskripts vom 29.5.1754<br />

(Sch.Anm.118) <strong>und</strong> in dem <strong>der</strong> Kabinettsordre vom 27.6.1754 (Z.S.47) zugr<strong>und</strong>liegenden<br />

Kriminalfall des Schäfers Schmidt, wo das Kriminalgericht ausdrücklich F.’s Verfügung befolgt<br />

<strong>und</strong> von <strong>der</strong> <strong>Folter</strong> abgesehen hatte, weil nur einzelne Menschen betroffen waren. Hieraus<br />

ergibt sich , dass F. nicht nur <strong>die</strong> <strong>Abschaffung</strong> <strong>der</strong> <strong>Folter</strong> als ein „Feuerwerk“ abgebrannt,<br />

son<strong>der</strong>n auch <strong>die</strong> Einhaltung seines Gebots als „Justizkommissar“ (Sch.S.29) sorgfältig<br />

überwacht hat (siehe auch das nachstehend erwähnte Circulare von 1756).<br />

2) Kabinettsordre vom 13.3.1752:<br />

Hier ordnete F. – entgegen Venohr - selbst ausnahmsweise <strong>und</strong> unter ausdrücklicher<br />

Aufrechterhaltung seines gr<strong>und</strong>sätzlichen <strong>Folter</strong>verbots <strong>die</strong> Tortur 1.Grades bei zwei<br />

beson<strong>der</strong>s „hartnäckigen <strong>und</strong> boshaften Malefikanten“ an ( Z. S.45). Dies war in <strong>der</strong> Tat<br />

wi<strong>der</strong>sprüchlich, weil offenbar schon genügend Indizien zu <strong>der</strong>en Verurteilung vorlagen, F.<br />

also hier noch im Sinne früheren Prozessrechts nach einem Geständnis als letztem Beweis<br />

verlangte. Diese Ordre zeigt einerseits, dass F. sich gedanklich noch nicht (wie später in <strong>der</strong><br />

Ordre vom 4.8.1754) vollständig von den herkömmlichen Beweisregeln freimachen konnte.<br />

Sie bestätigt an<strong>der</strong>erseits, dass nicht <strong>die</strong> Gerichte, son<strong>der</strong>n allein F. zu entscheiden hatte, ob<br />

ein Ausnahmefall i. S. seiner Ordre vom 3.6.1740 vorlag. Danach hat es offenbar nur noch<br />

zwei Fälle von „mit allerhöchster Genehmigung“ ausgeführten <strong>Folter</strong>ungen gegeben, <strong>und</strong><br />

zwar 1772 in Stargard <strong>und</strong> 1777 in Müncheberg, allerdings in <strong>der</strong> milden Form, dass sich <strong>der</strong><br />

Inquisit in einen ausgehöhlten Baumstamm legen musste, was keine physische Körperverletzung<br />

verursachte (Sch. S.39 mit Anm.145).<br />

3)Kabinettsordre vom 27.6.1754<br />

gerichtet an den „Etats-Minister“ von Bismarck betr. Strafprozess gegen Gört Heinrich<br />

Schmidt wegen Verdachts mehrfachen Raubmordes. F. bestätigt („approbiert“) hier das ihm<br />

zur Überprüfung vorgelegte Urteil des Kriminalgerichts, das <strong>die</strong> Anwendung <strong>der</strong> <strong>Folter</strong> in<br />

seinem Sinne abgelehnt hatte: „...weil ich in <strong>der</strong>gleichen Criminal-Fällen <strong>die</strong> Tortur allemal<br />

als ein theils grausames, theils aber ungewisses Mittel ansehe, <strong>die</strong> Wahrheit <strong>der</strong> Sache<br />

herauszubringen“ ( R. zum Jahr 1754).<br />

4)Kabinettsordre vom 4.8.1754<br />

an Großkanzler Cocceji betr. Strafverfahren gegen eine in Schlesien entdeckte „große<br />

Räuberbande“: Die Tortur nicht anzuwenden gegen <strong>die</strong> trotz vorliegen<strong>der</strong> Indizien<br />

leugnenden Räuber, weil „ich das grausame,<strong>und</strong> zugleich zur Herausbringung <strong>der</strong> Wahrheit<br />

sehr ungewisse Mittel <strong>der</strong> Tortur, in <strong>der</strong>gleichen Fällen gänzlich abgeschafft habe, es also<br />

auch dabey sein Bewenden haben muss“... (R. 4.8.1754; Z. S.48 f.). Da es hier nicht um<br />

Delikte ging, bei denen F. in seiner Ordre vom 3.6.1740 ausnahmsweise weiterhin <strong>die</strong> <strong>Folter</strong><br />

erlaubt hatte, stellt <strong>die</strong>se Anordnung entgegen häufig geäußerten Meinungen (so schon

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