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Dracontius' Konzeption des Kleinepos De raptu Helenae

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Dracontius’ <strong>Konzeption</strong> <strong>des</strong> <strong>Kleinepos</strong> <strong>De</strong> <strong>raptu</strong> <strong>Helenae</strong><br />

367<br />

Was Dracontius an Homer nachahmenswert erscheint, ist sein<br />

Stil: mollia blandifluo delimas verba palato (13) 17 . Die gelobte<br />

Qualität, mit der er zweifellos sein eigenes Stilprogramm umreißt,<br />

fällt auf. <strong>De</strong>nn die genannten Charakteristika, das Ausfeilen, das<br />

Weiche, der gefällige Sprachfluss, umschreiben für uns eher das<br />

alexandrinische Stilideal 18 , das gemeinhin als Gegenpol zu Homers<br />

Sprache gilt 19 . Im Neologismus blandifluus evoziert der verbale<br />

Bestandteil das Bild <strong>des</strong> Stroms. Die modale Präzisierung (bland-)<br />

wirkt wie eine Negierung gewisser Fehler. Homer ist grandis (12),<br />

aber sein Wortstrom ist weder schmutzig noch laut dröhnend oder<br />

donnernd, wie die großen Gesänge, gegen die sich Kallimachos<br />

wendet 20 . Ob dieser jedoch mit seiner Kritik am epischen Bombast<br />

wirklich auf Homer zielt, ist fraglich 21 . Die Tatsache, dass Homers<br />

Sprache mehr als ein Jahrtausend lang imitiert wurde (auch von den<br />

hellenistischen Dichtern und von Kallimachos selbst) 22 , spricht für<br />

eine ungebrochene Hochschätzung seiner Diktion, und Dracon -<br />

der erste Vorschlag von Wolff 1996, 115 Anm. 3 auf der Hand liegen (Weg <strong>des</strong><br />

Dichters ist besser als das parteiische Vorgehen <strong>des</strong> Paris beim iudicium, mit dem er<br />

Helena erhält). <strong>De</strong>r zweite Vorschlag (Ankündigung einer neuen Schaffensstufe, <strong>des</strong><br />

Epyllions, nach weniger bedeutenden Werken) setzt ein Corpus der profanen Werke<br />

mit geplantem Aufbau voraus.<br />

17) Im überlieferten Wortlaut bietet die Konstruktion der Verse 11–13<br />

Schwierigkeiten. Es gibt zahlreiche Konjekturen <strong>des</strong> Verbums delimas (siehe den<br />

Apparat von Wolff 1996), die mit der Änderung <strong>des</strong> Personalpronomens von te zu<br />

tu verbunden sind. Zur Bewahrung der Form te erscheint mir der Vorschlag von<br />

Grillo 1988, 120–124, sie als abl. auct. zu monitus zu verstehen (Interpunktionsänderung<br />

erforderlich) und 11 f. als Wunschsatz, syntaktisch harmonischer als die Ergänzung<br />

⟨voco⟩ von Wolff 1996, 117 Anm. 9 und die Ansicht von Brugnoli 1998,<br />

195, te hänge (anaphorisch) von vult esse (15) ab. Auch Weber 1995, 235 f. schließt<br />

sich Grillo an.<br />

18) Properz ordnet der Liebeselegie die Adjektive blandus und mollis zu<br />

(z. B. 1,7,19; 1,8,40; 3,1,19; 3,3,18), Ovid der Elegeia blanditiae (am. 3,1,46). Im Epi -<br />

thal. 6,76 verwendet Dracontius blandifluus für die Blumenzügel am Taubenwagen<br />

der Venus.<br />

19) <strong>De</strong>shalb schlägt Weber 1995, 235 f. die Konjektur delimans vor mit dem<br />

Bezug <strong>des</strong> Partizips auf das Erzähler-Ich (vgl. Anm. 17), während Brugnoli 1998,<br />

195 f., der wegen Intertextualität für das Partizip delimans plädiert (consumens verba<br />

palato, Prud. Apoth. 980), dieses offenbar auf Homere bezieht.<br />

20) Vergleich eines großen Werks mit dem Bild <strong>des</strong> assyrischen Flusses, der<br />

Schlamm und Unrat mit sich führt (Ap. 108 f.; vgl. die Kritik <strong>des</strong> Horaz an Luci lius:<br />

lutulentum fluere, sat. 1,4,11; 1,10,50); gegen das μέγα ψοφεν und βροντν, Kallim.<br />

ait. 1,1,19 f.<br />

21) Cameron 1995, 332–337 bestreitet es.<br />

22) Cameron 1995, 334, Fantuzzi 2004, 246–282.

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