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Stärken, Probleme und Perspektiven der PDS in den neuen ...

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2<br />

Zur Entwicklung des Parteiensystems seit <strong>der</strong> deutschen E<strong>in</strong>heit<br />

Zur Charakterisierung des b<strong>und</strong>esrepublikanischen Parteiensystems wird <strong>in</strong> diesem Beitrag auf drei<br />

Gr<strong>und</strong>begriffe aus <strong>der</strong> Parteienforschung zurückgegriffen: Fragmentierung, Polarisierung <strong>und</strong> Segmentierung.<br />

Der Grad <strong>der</strong> Fragmentierung e<strong>in</strong>es Parteiensystems hängt von <strong>der</strong> Anzahl <strong>und</strong> politischen Bandbreite <strong>der</strong><br />

Parteien ab, <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> Polarisierung wird durch die jeweiligen ideologischen Gegensätze bestimmt, <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Grad <strong>der</strong> Segmentierung gibt darüber Aufschluss, wie kooperationswillig <strong>und</strong> koalitionsfähig die Parteien<br />

untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d. In <strong>der</strong> politikwissenschaftlichen Literatur wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel betont, dass die Geschichte <strong>der</strong><br />

westlichen B<strong>und</strong>esrepublik bis Ende <strong>der</strong> achtziger Jahre im wesentlichen durch e<strong>in</strong> stabiles Parteiensystem mit<br />

e<strong>in</strong>em schwachen Grad an Fragmentierung, Segmentierung <strong>und</strong> Polarisierung geprägt war. 4 Dies gilt<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für das Zweie<strong>in</strong>halb-Parteiensystem aus CDU, SPD <strong>und</strong> FDP, das zwischen 1956 <strong>und</strong> 1979<br />

Bestand hatte. Auch als es <strong>den</strong> Grünen Anfang <strong>der</strong> achtziger Jahre gelang, <strong>in</strong> dieses “Kartell” e<strong>in</strong>zubrechen <strong>und</strong><br />

sich schrittweise im Parteiensystem zu etablieren, wurde diese Stabilität nicht ernsthaft gefährdet. Im Gegenteil:<br />

Mit <strong>der</strong> ersten rot-grünen Koalition 1984 <strong>in</strong> Hessen bewegten sich die Grünen de facto auf e<strong>in</strong>e Integration <strong>in</strong> das<br />

parlamentarische System <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik zu.<br />

Erst Ende <strong>der</strong> achtziger Jahre, als Erfolge rechtsextremer Parteien <strong>in</strong> <strong>den</strong> Parlamenten e<strong>in</strong>iger westdeutscher<br />

B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> zu verzeichnen waren, deutete sich e<strong>in</strong>e gewisse Erosion <strong>der</strong> Stabilität des Parteiensystems an. Als<br />

dann nach <strong>der</strong> deutschen E<strong>in</strong>heit mit <strong>der</strong> <strong>PDS</strong> e<strong>in</strong>e weitere Partei die parlamentarische Bühne betrat, verstärkten<br />

sich die Befürchtungen, dass die Ten<strong>den</strong>z zur Fragmentierung, ideologischen Polarisierung <strong>und</strong> Segmentierung<br />

des Parteiensystems weiter zunehmen würde. In Teilen <strong>der</strong> politikwissenschaftlichen Literatur g<strong>in</strong>g man aber<br />

1990 zunächst noch von e<strong>in</strong>er mehr o<strong>der</strong> weniger bruchlosen Übernahme des Parteiensystems <strong>der</strong> alten<br />

B<strong>und</strong>esrepublik durch die ostdeutschen Wähler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Wähler aus, während die <strong>PDS</strong> <strong>in</strong> diesem Szenario eher<br />

als temporäres Phänomen gesehen wurde, das nach e<strong>in</strong>er gewissen Übergangszeit von selbst verschw<strong>in</strong><strong>den</strong><br />

würde. 5 Durch die Wahlergebnisse im Superwahljahr 1994 wurde diese E<strong>in</strong>schätzung allerd<strong>in</strong>gs gründlich<br />

wi<strong>der</strong>legt, <strong>und</strong> es zeichneten sich bereits damals die L<strong>in</strong>ien ab, die seitdem die Entwicklung des Parteiensystems<br />

bestimmen.<br />

Auf B<strong>und</strong>esebene hat sich seit 1990 - durch die konstanten Wahlerfolge <strong>der</strong> <strong>PDS</strong> im Osten - e<strong>in</strong> Fünf-<br />

Parteiensystem herauskristallisiert, <strong>in</strong> dem die <strong>PDS</strong> de facto die Stellung e<strong>in</strong>er Außenseiterpartei e<strong>in</strong>nimmt, die<br />

von <strong>den</strong> an<strong>der</strong>en Parteien auf dieser Ebene - zum<strong>in</strong>dest bisher - aus ihren Koalitionsüberlegungen<br />

ausgeschlossen bleibt. Aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Parteienforschung ist aber vor allem die von erheblichen Disparitäten<br />

gekennzeichnete Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>entwicklung des Parteiensystems <strong>in</strong> <strong>den</strong> ost- <strong>und</strong> westdeutschen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n<br />

<strong>in</strong>teressant. Dadurch, dass FDP <strong>und</strong> Bündnisgrüne nach <strong>den</strong> Wahlen im Superwahljahr 1994 de facto zu re<strong>in</strong>en<br />

Westparteien mutiert s<strong>in</strong>d, hat sich <strong>in</strong> <strong>den</strong> ostdeutschen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> stabiles Drei-Parteiensystem<br />

durchgesetzt, wenngleich es unter bestimmten Bed<strong>in</strong>gungen auch <strong>den</strong> rechtsextremen Parteien gel<strong>in</strong>gen kann, <strong>in</strong><br />

diese Phalanx e<strong>in</strong>zubrechen (Wahlerfolge <strong>der</strong> DVU 1998 <strong>in</strong> Sachsen-Anhalt <strong>und</strong> 1999 <strong>in</strong> Bran<strong>den</strong>burg). Das<br />

Beson<strong>der</strong>e an dieser Konstellation ist die Tatsache, dass CDU, SPD <strong>und</strong> <strong>PDS</strong> drei große Blöcke repräsentieren,<br />

die, je nach B<strong>und</strong>esland <strong>und</strong> Ausgangslage, Stimmenanteile zwischen 20 % <strong>und</strong> 50 % umfassen können.<br />

Bemerkenswert ist auch die hohe Wählervolatilität <strong>in</strong>nerhalb dieser drei Blöcke, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahlforschung darauf<br />

zurückgeführt wird, dass sich <strong>in</strong> Ostdeutschland bisher - mit Ausnahme <strong>der</strong> <strong>PDS</strong> - kaum Stammwählermilieus<br />

4<br />

Vgl. Oskar Nie<strong>der</strong>mayer/Richard Stöss (Hrsg.): Stand <strong>und</strong> <strong>Perspektiven</strong> <strong>der</strong> Parteienforschung <strong>in</strong><br />

Deutschland, Opla<strong>den</strong> 1993. Vgl. auch Gerard Braunthal: Parties and Politics <strong>in</strong> Mo<strong>der</strong>n Germany,<br />

Boul<strong>der</strong>/Colorado, 1996.<br />

5<br />

Vgl. u.a. He<strong>in</strong>rich Bortfeldt: Von <strong>der</strong> SED zur <strong>PDS</strong>, Bonn/Berl<strong>in</strong> 1992, S. 495.

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