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Niederdeutsches Heimatblatt

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NIEDERDEUTSCHES HEIMATBLATT<br />

Nr. 760 April 2013<br />

100 Jahre Kühlhäuser in den Bremerhavener Häfen<br />

Bremerhavens Entwicklung zum „Kühlhaus Deutschlands“<br />

Das Kühlhaus am Kaiserhafen I von 1940 in der Nachkriegszeit: US Army Commissary Warehouse.<br />

Foto Lothar Wolf<br />

Das erste Kühlhaus am Kaiserhafen<br />

I wurde erst im Jahre 1913 im<br />

Nordteil des Schuppens 11 in Betrieb<br />

genommen und als gewerbliches<br />

Kühlhaus betrieben, weil der<br />

deutsche Reichstag auf Betreiben der<br />

Agrarlobby 1894 ein zwanzig Jahre<br />

währendes Importverbot für Fleisch<br />

durchgesetzt hatte.<br />

Die Firma Weddel & Co., der größte<br />

Kühlhausbetreiber der Welt, orderte<br />

diverse Ladungen mit Gefrierfleisch<br />

über Bremerhaven, die auch in die<br />

Schweiz und nach Österreich weitergeleitet<br />

wurden. Im und nach dem<br />

Ersten Weltkrieg war das Kühlhaus<br />

im Kaiserhafen I ausgelastet. Es entstand<br />

weiterer Bedarf an Kühlraum.<br />

So wurde das Frigus-Kühlhaus als<br />

gewerbliches Kühlhaus 1922 fertig gestellt.<br />

Die Reduzierung der jährlichen<br />

Importquote von Fleisch von 120.000 t<br />

auf 50.000 t durch die Reichsregierung<br />

im Jahre 1927 war der Anfang vom<br />

Ende des Kühlhauses im Kaiserhafen<br />

I. Ab 1927 stand die Kühlung still; es<br />

wurde Baumwolle eingelagert. 1937<br />

wurde es abgerissen. Ab 1927 gab es<br />

auch im Frigus-Kühlhaus am Verbindungshafen<br />

erhebliche Probleme. Von<br />

Oktober 1932 bis Juli 1934 war das<br />

Kühlhaus geschlossen; es wurde aber<br />

betriebsbereit gehalten.<br />

Mitte der 1930er Jahre kam es zu<br />

einer Änderung der nationalsozialistischen<br />

Wirtschaftspolitik. Das Importverbot<br />

wurde aufgehoben, man<br />

setzte auf Vorratshaltung. Im Februar<br />

1936 kam eine erste Lieferung von<br />

argentinischem Rindfleisch. Bis zum<br />

Kriegsbeginn 1939 löschten Kühldampfer<br />

regelmäßig Gefrierfleisch<br />

und Eier. Bei Kriegsende beschlagnahmte<br />

die amerikanische Besatzungsmacht<br />

das Kühlhaus.<br />

Bis in die 70er Jahre kamen regelmäßig<br />

Kühlschiffe aus den USA mit<br />

Lebensmitteln für die in Deutschland<br />

stationierten amerikanischen<br />

Soldaten. Ab den 70er Jahren konnte<br />

das Haus nicht mehr optimal genutzt<br />

werden, da die Kühlgüter in<br />

Kühlcontainern angeliefert wurden.<br />

1985 wurde das neue BLG-<br />

Kühlhaus in Betrieb genommen und<br />

von den Amerikanern genutzt. Das<br />

Frigus-Kühlhaus stand fünf Jahre<br />

leer und wurde 1991 abgerissen.<br />

1940 wurde in der Südostecke<br />

des Kaiserhafens I ein Kühlhaus<br />

der Marine in Betrieb genommen.<br />

Nach Kriegsende wurde es zusammen<br />

mit dem Frigus-Kühlhaus von<br />

den Amerikanern genutzt. Nach einem<br />

Brand im Jahre 1982 wurde die<br />

Kühlanlage entfernt. Das Gebäude<br />

wird heute von den Motorenwerken<br />

genutzt.<br />

Im Fischereihafen Wesermünde<br />

errichtete die Kühlfisch-AG Wesermünde<br />

1925 an der Ostseite des Fischereihafens<br />

I in der Straße „Zum<br />

Kran“ eine Tiefgefrieranlage für<br />

Fische. Als die Kühlräume zur Lagerung<br />

von Frostfisch nicht mehr<br />

ausreichten, mietete man Kühlraum<br />

im Frigus-Kühlhaus an. 1927 zog die<br />

Kühlfisch-AG in das neue Fischereihochhaus<br />

an der Westseite des Alten<br />

Hafens um. Es hatte sechs Geschosse<br />

und war 25 Meter hoch. Der nördliche<br />

Teil des Gebäudes wurde zu einem<br />

Gefrierlagerhaus umgebaut mit<br />

4.200 qm Kühlfläche. Es wurde überwiegend<br />

von der Kühlfisch-AG betrieblich<br />

genutzt. Das Gebäude war<br />

im und nach dem Kriege in Betrieb.<br />

Erst die großen Veränderungen der<br />

Frostfischverarbeitung zeigten, dass<br />

das Kühlhaus den Erfordernissen<br />

nicht mehr entsprach. Anfang der<br />

70er Jahre stand es leer und wurde<br />

1975 abgerissen.<br />

Das BLG-Kühlhaus/BLG-Coldstore<br />

übernahm die Rolle des Frigus-<br />

Kühlhauses. Zwei große Hallen hatten<br />

Raum für 16.500 Europaletten.<br />

Als die Streitkräfte der Amerikaner<br />

Deutschland verließen, wurde das<br />

Kühlhaus ein gewerblich genutztes<br />

Kühlhaus mit vielen Kunden. Im<br />

Laufe der Jahre wurden mehrmals<br />

Hallen angebaut. Das BLG-Kühlhaus<br />

ist in Bremerhaven das größte<br />

gewerbliche und zugleich von allen<br />

Kühlhäusern das mit den meisten<br />

Europaletten-Stellplätzen. Es hat<br />

ein Volumen von 170.000 cbm und<br />

31.000 Europaletten- Stellplätze.<br />

Anfang der 1950er Jahre gab es in<br />

der Fischerei einen Neubeginn mit<br />

gefrosteten Fischen. 1954 begann<br />

z.B. die NORDSEE mit der Produktion<br />

von tiefgekühlten Fischfilets.<br />

Dafür wurden kleinere Kühlhäuser<br />

eingerichtet. Südlich des Eiswerkes<br />

III in der Straße „Am Lunedeich“<br />

errichtete die Continental-Frost-<br />

Gesellschaft/Fa. F. Busse 1953 ein<br />

Kühlhaus, das später als Kühlhaus<br />

III bezeichnet wurde. 1956 wurde das<br />

ehemalige Eiswerk in der „Kosebrokenstraße“<br />

zum Tiefkühllagerhaus<br />

IV umgebaut. In den 80er Jahren<br />

wurde es umgewidmet. 1960 entstand<br />

am Südende der Halle XI eine<br />

Tiefkühllagerfläche von 500 qm, auf<br />

der maximal 1.000 Tonnen Kühlware<br />

eingelagert werden konnten. Das<br />

Kühlhaus war von 1961 bis 1983 in<br />

Betrieb.<br />

Fortsetzung auf Seite 3<br />

Die Schmiede ...<br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

Als 1956 der 74jährige Schmied<br />

von einem Reporter der BBZ besucht<br />

wurde, war dieser von der düsteren<br />

Atmosphäre in der Schmiede begeistert.<br />

„Die 200 Jahre alte Schmiede“,<br />

schrieb der Reporter, sucht ihresgleichen.<br />

Auf dem Hof hatte der Schmied<br />

viele Dinge gelagert, die das Interesse<br />

der „Leher Briten“ weckte. Doch<br />

da passte der Schmied auf: „Finger<br />

weg, dat kann ick noch allens bruken!“<br />

Auch die Werkstatt bot viel zu<br />

sehen, vorausgesetzt man konnte in<br />

der dunklen Werkstatt etwas erkennen.<br />

An den rußgeschwärzten Wänden<br />

hingen viele Werkzeuge. Auch<br />

eine Handbohrmaschine von 1870<br />

war dort zu sehen.<br />

Neben der Schmiede in der Lange<br />

Straße hatte Bockhop in Imsum<br />

(Dingen) eine kleine Landwirtschaft.<br />

Nach seinem Eintritt ins Rentenalter<br />

legte er sich dort auch noch eine<br />

kleine Schmiede zu, half aber immer<br />

noch mal in Lehe aus.<br />

Im Alter von 76 Jahren legte Heinrich<br />

Bockhop die Verantwortung<br />

für die Schmiede in die Hände seines<br />

Sohnes Heinrich. Im Adressbuch<br />

von 1961/62 wird Heinrich Bockhop<br />

jr. zum letzten Mal unter Lange<br />

Straße 136 aufgeführt. Das Haus und<br />

die Schmiede wurden 1964 abgerissen,<br />

Heinrich Bockhop sen. verstarb<br />

1965. Peter Raap<br />

Quellen:<br />

Auskünfte von Jürgen Bockhop und Hans-<br />

Dieter Haufschildt; Geschichten aus Lehe,<br />

Band 1, „Die Schmiede“ von Otto Schülmann,<br />

Geschichtswerkstatt Lehe, Seite 10 bis 12;<br />

Rinje Bernd Behrens: Die Einwohner des<br />

Flecken Lehe 1827-1875. Von der Gründung<br />

Bremerhavens bis zur Einführung der Standesämter,<br />

Bremerhaven 2012;<br />

Stadtarchiv Bremerhaven: Adressbücher,<br />

Häuserlisten, Meldebogen und<br />

Gewerbeanmeldung;<br />

Burchard Scheper: Die jüngere Geschichte<br />

der Stadt Bremerhaven, Bremerhaven 1977;<br />

Nordsee-Zeitung vom 28.12.1957;<br />

BBZ vom 15.05.1951 und 1956. Ansicht von Haus Lange Straße 136 heute. Foto: Peter Raap

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