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danmag 01 Mode

danmag - das inspirierende Business Magazin. Herausgegeben von dan pearlman Markenarchitektur GmbH Kiefholzstraße 1, 12435 Berlin T: +49 (0) 30 53 000 560 F: +49 (0) 30 53 000 588 www.danpearlman.com

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Herausgegeben von dan pearlman Markenarchitektur GmbH
Kiefholzstraße 1, 12435 Berlin
T: +49 (0) 30 53 000 560
F: +49 (0) 30 53 000 588
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<strong>danmag</strong><br />

Das inspirierende Business Magazin<br />

<strong>01</strong>


<strong>danmag</strong><br />

M O DE<br />

<strong>01</strong>


DIE STÄRKE DER<br />

GOLDENEN MITTE<br />

„Setzt man einen Frosch in heißes Wasser, springt er raus. Setzt man ihn in kaltes Wasser und<br />

erwärmt es langsam, lässt sich der Frosch kochen.“<br />

Das Beispiel aus der Verhaltensforschung veranschaulicht, was gerade mit dem Mittelstand<br />

passiert. Die Märkte haben sich überhitzt und die Unternehmen „köcheln“ langsam immer<br />

weiter hoch. Natürlich bemerken viele Unternehmer die Erwärmung, aber bis zu einem gewissen<br />

Grad ist das ja sogar angenehm, jedenfalls wagen sie den Sprung nicht.<br />

In Deutschland geht es der Mitte immer noch gold. Andere Länder beneiden uns um<br />

das sehr ausbalancierte, sehr bedachte, strategische, nach vorne blickende Handeln.<br />

Doch es kommt immer mehr Druck auf, soziale Veränderungen bringen das Gerüst<br />

zum Wanken. Viele, die bisher das Gefühl hatten, in einer Komfortzone zu leben,<br />

merken, dass es auch ihnen an die Substanz gehen kann. Andere dagegen haben<br />

begriffen, wie sie weiter wachsen können und wo mutige Innovationen nötig sind.<br />

Das ist es, was mich interessiert: Unternehmen, die den Sprung wagen. Darüber<br />

möchte ich in unserer ersten Ausgabe im <strong>danmag</strong> berichten. Was ist mit diesen Unternehmen<br />

passiert, warum sind sie gesprungen? Was war der magische Moment für den Change? Und<br />

wenn es um den richtigen Sprung geht, sind wir der richtige Partner; wir planen den großen<br />

Schritt und geben die Sicherheit, ihn zu wagen. Wir gehen mit unseren Kunden gemeinsam in<br />

Change-Prozesse, kreieren ihre Relevanz und finden die essentiellen Bedürfnisse heraus. Wofür<br />

steht das Unternehmen, wo sind die Stärken? Das klappt natürlich nur, wenn es auf der Kundenseite<br />

Visionäre und Vordenker gibt, die erkennen, dass sie jetzt springen müssen und in welche<br />

Richtung es gehen soll.<br />

In dieser <strong>danmag</strong> Ausgabe dreht sich alles um das Thema Retail und darum, wie dieser Markt<br />

sich wandelt. Wir möchten zeigen, wie Unternehmen durch Veränderungen weiterkommen – und<br />

was man erkennen und daraus lernen kann.<br />

Ihre Nicole Srock.Stanley (Editor | CEO | Founder & Associate Markenarchitektur dan pearlman)<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong>


© Paula Sanz Caballero<br />

E D I T O R I A L


GLOBAL RETAIL<br />

EXPANSION<br />

Jede Marke stößt innerhalb Europas irgendwann an ihre natürlichen Grenzen, wo es gilt, neue<br />

und profitable Absatzmärkte zu erschließen. Grundsätzlich kann sich jede Marke in jedem Markt<br />

behaupten, solange sie ihren Markenwerten folgt und sie nicht grundlegend verändert. Ziel<br />

ist es, auf dem internationalen Markt ein einheitliches Markenbild zu vermitteln, allerdings<br />

unter Berücksichtigung des Wettbewerbs, unterschiedlichen Kulturkreisen und landestypischen<br />

Gegebenheiten. Deshalb ist es zunächst einfacher, sich in ein Umfeld mit vergleichbarer Kultur,<br />

Konsumgewohnheiten und Ansprüchen der Kunden zu begeben. Nehmen wir als Beispiel<br />

amerikanische Marken, die gerne nach England expandieren, da keine Sprachbarrieren<br />

vorhanden sind. Doch die eigentliche Markenstärke zeigt sich erst in der Herausforderung der<br />

Expansion in einem kulturell fremden Markt. Global werden bedeutet nach meiner festen Überzeugung,<br />

zunächst das bestehende Unternehmen zu konsolidieren. In Ruhe abzuwägen und die<br />

Hausaufgaben zu erledigen. Erst dann werden neue Märkte und Geschäftsfelder selektiert – im<br />

Sinne von Wachstum, Kaufkraft, Kultur und Begehrlichkeit.<br />

Unternehmen die zukünftig erfolgreich sein wollen, müssen<br />

beweglich und ideenreich sein, um von den Kunden wahrgenommen<br />

zu werden – offline wie auch online. Die Generation<br />

der „Digital Natives“ bewegt sich zunehmend mobil.<br />

Der Online-Handel boomt mit 33,1 Milliarden Euro Umsatz<br />

im gesamten Online-Handels-Konjunkturindex und für<br />

das Gesamtjahr 2<strong>01</strong>4 erwartet der HDE einen Anstieg um<br />

17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Grundsätzlich ist „E-Commerce“ nichts<br />

anderes als „nichtstationärer Einzelhandel“. Der Nachholbedarf ist groß. Die<br />

Investitionen in Technologie und zukunftsfähige Lösungen, fokussiert auf der<br />

Basis von Bedarfsanalysen, sind notwendig, um das Unternehmen profitabel<br />

und erfolgreich in die Zukunft zu steuern.<br />

Wir leben in einer Zeit, in der sich Grundsätzliches und das System der<br />

globalen Expansion ändern. Die Art der Information, der Kommunikation,<br />

des Bedarfs und unseres Kaufverhaltens. Erfolgreiches wirtschaftliches<br />

Handeln bedeutet auch, den Veränderungen des „E-Commerce“ Geschäftsmodells<br />

Rechnung zu tragen. Denn es ist ein wesentlicher Treiber der<br />

Unternehmensentwicklung in ein innovatives und intelligentes<br />

Erfolgsmodell.<br />

Ihr Kay Niehaus (COO dan pearlman)<br />

<strong>danmag</strong> – MODE <strong>01</strong>


© Paula Sanz Caballero<br />

E D I T O R I A L


DIE KUNST DER<br />

VERFÜHRUNG<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong>


E D I T O R I A L<br />

© Paula Sanz Caballero<br />

Bunte Farben, schillerndes Gefieder, ein betörender Duft oder<br />

ein paar beeindruckende „Balzmoves“, ob Tier, ob Mensch im<br />

Konsumdschungel, wir wollen alle das gleiche, wir wollen alle ein<br />

„Object of Desire“ sein, wir wollen begehren und begehrt werden,<br />

wir wollen uns verlieben und geliebt werden – nur dass uns ein<br />

paar Jahrtausende kulturhistorisches Menschsein die Dinge etwas<br />

verkomplizieren und skurrile Stilblüten wie Normcore treiben<br />

lassen. Aber nicht nur so eine pseudointellektuelle Einheitsuniform unterscheidet uns<br />

von Flora und Fauna. Auch das Prinzip der Verknappung ist nicht naturgegeben. Da gibt<br />

es nur unlimited Editions für jede Art. Aber wir wollen nicht Standard sein, wir suchen<br />

das Besondere, das uns Persönlichkeit gibt.<br />

Auch ich suche lieber das Besondere. Mein Object of Desire war eine 70er-Jahre-Tasche,<br />

deren Leder so dick ist, dass man sich fragt, wie sich das Rind überhaupt bewegen konnte<br />

in dieser Haut, in die der Sattler dann später seine Initialen stanzte. Aus Verführung ist<br />

Liebe geworden und dank des genialen Handwerks werden wir wohl ein Leben lang<br />

zusammenbleiben.<br />

Ihr Volker Katschinski (Creative Director Retail)


I N H A L T<br />

WORTE UND WERKE<br />

EIN METIER,<br />

EINE LEIDENSCHAFT<br />

FASHION HEROS<br />

12 Follow Your Nature<br />

Marc O'Polo<br />

44 Trendsetter in Style<br />

ABURY<br />

52 The New Change Avantgarde<br />

UMASAN<br />

18 The Kids take over<br />

P&C Junior<br />

48 Neuromarketing – ein Interview<br />

Frank Rehme<br />

58 Behütet in Berlin<br />

Fiona Bennett<br />

24 360° Männer Versteher<br />

Calamar Bültel Gruppe<br />

30 Die Zehn Gebote<br />

Youtopia<br />

36 Frischzellen für Ihre Marke<br />

BiBA<br />

40 I like my Quartier<br />

Städteprojekt<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

10


I N H A L T<br />

LEBENSART<br />

64 Zu Gast bei einem außergewöhnlichen Gastgeber<br />

FvF – Freunde von Freunden<br />

70 Who’s that Girl?<br />

Xiomara Bender<br />

80 Good to know<br />

CÖLLEN&PÉRON – the Social Impact Company<br />

83 Impressum<br />

78 Fragen,<br />

die sich Kreative<br />

täglich denken<br />

79 Fragen,<br />

die sich Unternehmer<br />

täglich denken<br />

11 INHALT


F O L L O W<br />

YOUR NATURE<br />

I N T E R V I E W M I T W E R N E R B Ö C K ,<br />

VORSITZENDER DES AUFSICHTSRATS<br />

U N D M E H R H E I T S G E S E L L S C H A F T E R<br />

DER MARC O' POLO AG<br />

Mit 24 sind Sie bei Marc O'Polo eingestiegen.<br />

Das klingt nach einem jungen Abenteurer?<br />

W.B.: Als ich die Schweden auf der Messe in Köln 1967<br />

kennenlernte, war ich von ihren Kleidungsstücken<br />

sofort begeistert. Diese Hemden aus indischer Baumwolle,<br />

die haben es mir besonders angetan. Ich brannte<br />

dafür. So sehr, dass ich die drei Gründer in Stockholm<br />

nach einer schlaflosen Woche selbst anrief, obwohl sie<br />

versprochen hatten, sich zu melden. Warum kommst<br />

Du nicht einfach mal, fragten sie mich. Am nächsten<br />

Morgen war ich bereits in Stockholm und kehrte eine<br />

Woche später mit einem Vertrag nach Hause zurück.<br />

Also wollten Sie schon ein bisschen aufbegehren<br />

gegen das Establishment?<br />

W.B.: Sie meinen die 68er-Geschichte? Na ja, meine<br />

Spezl haben mich oft „Sozi“ genannt. In meiner Grundeinstellung<br />

bin ich zwar kein Sozi, aber sehr sozial.<br />

Ich war einfach immer für Fairness ...<br />

... aber auch für <strong>Mode</strong>: Wie ist Ihr Gefühl dafür<br />

entstanden?<br />

W.B.: Meine Mutter war Putzmachermeisterin. Ich bin<br />

in ihrem Atelier Seite an Seite mit den Modistinnen<br />

aufgewachsen.<br />

Dabei waren Sie gerade erst aus London zurück?<br />

W.B.: Dort war ich knapp ein Jahr, in dem ich natürlich<br />

auch die junge <strong>Mode</strong> in der Carnaby Street kennenlernte.<br />

Diese Eindrücke nahm ich mit zurück nach Rosenheim<br />

in das Herrenausstattungsgeschäft meiner Eltern.<br />

Konnten die Eltern Ihren Sprung von bürgerlicher<br />

<strong>Mode</strong> zu den revolutionären Knitter-<br />

Klamotten nachvollziehen?<br />

W.B.: Meine Eltern waren sehr aufgeschlossen, aber<br />

dass ich handgewebte Hemden und Blusen aus Indien<br />

mit einem Akkreditiv vorfinanzierte – so was war ihnen<br />

tatsächlich vollkommen fremd!<br />

Und bei Marc O'Polo haben Sie sich gleich ins<br />

Design eingemischt?<br />

W.B.: Ich hatte in Deutschland schnell den größten<br />

Marktanteil und entsprechend auch wachsende Anteile<br />

an der Firma. Die Gründer bezogen mich bei<br />

jedem wichtigen Meeting ein – besonders, wenn es<br />

um das Design ging. Wir wollten den Marc O'Polo Stil<br />

zusammen und schnell weiterentwickeln. Nach den<br />

Baumwollhemden und -blusen war ich einer der Ersten<br />

mit dieser Logogeschichte: T-Shirts mit Logo auf dem<br />

linken Ärmel und Sweatshirts mit Logo-Aufdruck auf<br />

dem Rücken.<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

12


M A R C O ' P O L O


M A R C O ' P O L O<br />

Warum haben Sie den Firmensitz von Stockholm<br />

in den Chiemgau verlegt?<br />

W.B.: In der schwedischen Zentrale wurde es langsam<br />

schwieriger; wir wuchsen nur langsam, und nachdem<br />

zwei Partner ausgestiegen sind, habe ich in Stockholm<br />

eine neue Führungsmannschaft aufgestellt. Aber das hat<br />

nicht wirklich funktioniert. Als sich 1997 die Gelegenheit<br />

bot, meine Anteile auf 80 Prozent aufzustocken, fällte<br />

ich die Entscheidung und wir verlegten den Firmensitz<br />

in den Chiemgau. In Stephanskirchen wurde ein<br />

komplett neues Design- und Produktmanagement aufgebaut<br />

und durch die Errichtung eines Zentrallagers<br />

konnten wir von hier aus ganz Europa beliefern.<br />

Um den Erfolg neu anzukurbeln, haben Sie die<br />

Firmenstruktur umgekrempelt?<br />

W.B.: Vor allem haben wir die Marke wertiger gemacht,<br />

qualitativ viel besser und modisch interessanter.<br />

Und Sie sind teurer geworden?<br />

W.B.: Ja, wir haben die Preise um zirka 20 Prozent angehoben<br />

und in das Produkt investiert. Das war das<br />

schwierigste Jahr, aber die Neupositionierung war<br />

richtig. Wir konnten uns auf dem Markt durchsetzen<br />

und eine neue Position zwischen Marktmitte und Luxus<br />

besetzen, die die Kunden gut angenommen haben.<br />

Welche Rolle spielten für Sie die eigenen Läden?<br />

W.B.: Angefangen habe ich mit dem ersten Laden bereits<br />

1979, und zwar in Düsseldorf. Da hatten wir damals<br />

noch keine Kunden, den <strong>Mode</strong>geschäften dort waren wir<br />

zu sportlich. Also sagte ich mir, das machen wir selbst,<br />

denen zeigen wir’s! Und das war ein Erfolg. Diese Entwicklung<br />

habe ich weiter vorangetrieben und mich vom<br />

ersten Tag an besonders um die Gestaltung gekümmert.<br />

Wichtig für den Ladenbau ist die „Markenselbstähnlichkeit“<br />

– die Qualität und der besondere Charakter der<br />

Ware muss sich auch im Ladenbau widerspiegeln.<br />

Warum setzen Sie jetzt auf das Ladenkonzept<br />

„schwedische Altbauwohnung“?<br />

W.B.: Jede Marke braucht eine Heimat, unsere ist<br />

Schweden. Außerdem war uns das bisherige System etwas<br />

zu cool, das musste gedreht werden – so ist die jetzige<br />

Atmosphäre zustande gekommen. Wir wollten, dass<br />

es wohnlicher wird, auf dieser Basis hat dan pearlman<br />

diverse Ideen für uns entwickelt, nicht zuletzt die mit<br />

den verschiedenen Räumen.<br />

Eine Marke mit vielen Zimmern?<br />

W.B.: So ungefähr. Bevor wir die jetzige Ladenbaugeneration<br />

installiert haben, ist uns bewusst geworden,<br />

dass unsere Ladenarchitektur zu systemisch, zu schematisch<br />

und zu gleichartig ist. Geschäftsflächen unterschiedlicher<br />

Größe brauchen zum Beispiel auch anders<br />

strukturierte Räume. Wir haben jetzt sieben oder acht<br />

verschiedene Grundmuster von Räumen, den einen<br />

nennen wir intern „Salon“, den anderen „Halle“ usw.<br />

Sie bilden alle verschiedene Segmente unserer Kollektionen<br />

ab, die sich je nach der Größe des Ladens einsetzen<br />

lassen – in den einen passen vielleicht nur vier solcher<br />

Räume, in einen anderen ganze acht. Damit kann man<br />

spielen, die Einrichtung wirkt auf die Kunden nicht zu<br />

starr, nicht immer gleich. Man kann aus den Segmenten<br />

verschiedene kleine Welten bauen.<br />

Macht der E-Commerce den Aufwand für<br />

Ladengeschäfte langsam überflüssig?<br />

W.B.: Dann würden wir es nicht machen. Wir brauchen<br />

Multi-Channel-Distribution, daran geht kein Weg<br />

vorbei. Schon vor rund zehn Jahren haben wir unseren<br />

eigenen E-Shop eröffnet, den nennen wir jetzt<br />

unsere „größte Filiale“. Bei Amazon und Zalando sind<br />

wir ebenso vertreten, als Marke müssen wir auch im<br />

Internet alle Felder abdecken. Freilich immer in der<br />

richtigen Nachbarschaft, das Umfeld muss zu uns passen<br />

und auf dem neuesten Stand sein. Der Konsument<br />

ist alles andere als einfältig.<br />

Der Handel lebt vom Wandel?<br />

W.B.: Ein Schlüsselwort unserer Markenphilosophie ist<br />

„Innovation“ und mein persönliches Motto lautet: Wenn<br />

man will, das alles so bleibt, wie es ist, muss man sich<br />

permanent verändern. Das ist meine Einstellung, die<br />

ich zu 100 Prozent vertrete. Es muss nicht alles ständig<br />

neu erfunden werden, aber wir müssen uns beständig<br />

modernisieren und weiterentwickeln. Wenn man das<br />

verpasst, ist es schnell zu spät.<br />

☛ www.danpearlman.com/marc-o-polo-storekonzept<br />

15<br />

WORTE UND WERKE


M A R C O ' P O L O


Die Welt kann nur<br />

wirklich bunter werden,<br />

wenn wir es wagen, sie mit den<br />

Augen der Kinder zu sehen.<br />

P & C J U N I O R<br />

T H E<br />

KID S<br />

STATEMENTS VON DIETER RUNG<br />

T A K E<br />

OVER R<br />

19<br />

WORTE UND WERKE


Kinder sind unsere Zukunft, aber vor<br />

allem sind sie Menschen – und ernst zu<br />

nehmende Partner im Zusammenleben.<br />

Mit unseren vielen Erfahrungen<br />

stehen wir uns oft selbst im Weg,<br />

dabei könnten wir die Welt wieder<br />

als Abenteuer erleben – in den<br />

Fußstapfen der Kids.<br />

Wenn wir die Jungen<br />

ernsthaft nach ihrer<br />

Meinung fragen,<br />

bekommen wir völlig<br />

neue Kicks für die<br />

Innovationen, die wir<br />

im Job brauchen.<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong>


P & C J U N I O R<br />

Mit Kindern auf<br />

Augenhöhe sein heißt,<br />

die Welt aus einer<br />

neuen Perspektive<br />

zu betrachten.<br />

21


KINDER AN DIE MODE-MACHT,<br />

HEISST ES IN DER<br />

JUNIOR-ABTEILUNG VON<br />

PEEK & CLOPPENBURG.<br />

Wir sind in Shopping-Laune – Erwachsene und Kids<br />

erkunden die Fashionfläche, es herrscht Ausgelassenheit,<br />

vor allem beim Nachwuchs. Die Ladenarchitektur<br />

hat die Unbeschwertheit und den Tatendrang der<br />

jungen Kunden eingefangen und bis ins kleinste Detail<br />

abgebildet – E-Gitarren und Lippenstift auf der Tapete,<br />

über dem Kamin Bilder mit aufgemaltem Schnurrbart<br />

und Stickern.<br />

Doch die Suche nach dem richtigen Outfit ist anstrengend,<br />

die Jung-Shopper haben sich eine Pause verdient: an die<br />

Musikstation gehen, an der Wii-Konsole ein neues Spiel<br />

checken oder in einem gemütlichen Sessel lümmeln.<br />

Auch ihre Eltern können entspannen, indem sie den<br />

Nachwuchs mal kurz sich selbst überlassen und ihre<br />

Shopping-Tour nebenan in der Erwachsenen-Abteilung<br />

fortsetzen.<br />

Eine Ladenfläche speziell für Kinder<br />

und Teenies einzurichten, ist nur<br />

eine logische Entwicklung in der<br />

Markenarchitektur. Wir wissen,<br />

wie wichtig die Präsentation bei<br />

der Entscheidung des Kunden<br />

für die neue Jeans oder das neue<br />

Abendkleid ist, das gilt nicht weniger für die ganz<br />

jungen Kunden.<br />

Und für Kreativität zu haben sind sie allemal. Energie<br />

und Fantasie sind ihre großen Stärken. Also hat das<br />

Team von dan pearlman ein neues Motto ausgegeben:<br />

Let the Kids take over! Sollen sie doch ruhig mal<br />

„eingreifen“ in die Shoppingwelt der Großen.<br />

☛ www.danpearlman.com/peek-und-cloppenburg-storekonzept<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

22


P & C J U N I O R


3 6 0 ° M<br />

Das Logo ist neu, die Bildsprache,<br />

die Retail-Architektur – Make-over einer Männermarke,<br />

bei der die moderne junge Mitte im Fokus steht.<br />

Calamar setzt ein Zeichen: Bewährte <strong>Mode</strong>-Tradition<br />

geht mit der Innovation Hand in Hand.<br />

D O K U M E N T A T I O N M A R K E N R E L A U N C H<br />

DER BÜLTEL INTERNATIONAL FASHION GROUP<br />

F Ü R C A L A M A R G M B H<br />

V E R S T<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

24


C A L A M A R<br />

Ä N N E R<br />

E H E R<br />

25<br />

WORTE UND WERKE


C A L A M A R<br />

Wachstum in allen Geschäftsfeldern. Die Bültel International<br />

Fashion Group mit der Lizenzmarke camel<br />

active, den eigenen Marken Calamar und hattric sowie<br />

dem Private Label-Geschäft legt deutlich zu. Am<br />

stärksten mit der eigenen Casual- und Sportswear-<br />

Kollektion Calamar. Dieses Label hat seit dem gelungenen<br />

Relaunch 2<strong>01</strong>3 besonderen Auftrieb.<br />

Auf den Philippinen und in Vietnam produziert<br />

die weltweit agierende Unternehmensgruppe gut die<br />

Hälfte ihres Angebots in Eigenproduktion. Dazu<br />

kommen Lohnfertigungen plus Vollzukauf in China<br />

und Indonesien, und der Vertrieb in China ist bereits<br />

sehr erfolgreich. Dort läuft die Expansion besonders<br />

rasant – nach Berücksichtigung des Verkaufsmarktes<br />

in Deutschland.<br />

Pünktlich zum 30. Geburtstag der Marke Calamar<br />

hat das Unternehmen 2<strong>01</strong>3 mit einem grundlegenden<br />

Relaunch einen neuen Meilenstein auf seiner Erfolgsbahn<br />

gesetzt.<br />

Diese moderne junge Mitte<br />

unserer Gesellschaft beträgt<br />

ungefähr neun Prozent der<br />

Bevölkerung. Im Kern sind die<br />

Fans von Calamar gestandene<br />

junge Männer, die etwas erreicht<br />

haben und denen das<br />

Leben Spaß macht. Sie wollen sich in ihrer Kleidung<br />

vor allem wohlfühlen, dazu muss sie modern und smart<br />

sein – aber in jedem Fall auch funktional. Außerdem ist<br />

diese Target Group produktorientiert und achtet genau<br />

auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.<br />

Das neue Shop-Konzept ist charakterisiert durch flexible<br />

Elemente und Materialien wie unbehandeltes Holz,<br />

Beton und Kupfer – es wird ein Industrie-Loft-Charakter<br />

mit wohnlicher Atmosphäre kreiert. Accessoires für<br />

urban denkende und aktive Männer, darunter zum<br />

Beispiel das „Calamar-Bike“, sind in dieses Ambiente<br />

integriert. Sie unterstreichen den Markenanspruch des<br />

<strong>Mode</strong>designs.<br />

Ein halbes Jahr lang feilten die Bültel-Strategen<br />

gemeinsam mit den Experten von dan pearlman am<br />

neuen Markenauftritt. Die gesamte Positionierung<br />

wurde justiert und den sich ändernden Marktverhältnissen<br />

optimal angepasst. Von der Ladengestaltung bis<br />

in alle Einzelheiten des Corporate Design erhielt das<br />

Label Calamar einen höheren Wiedererkennungswert.<br />

Die Brandstory wurde klarer, die Bildsprache neu und<br />

einheitlich. Von der Überarbeitung des Logos und der<br />

Corporate Identity, vom digitalen Markenauftritt über<br />

neue Look-Books und Hangtags bis hin zu Knöpfen<br />

und Aufnähern für die künftigen Kollektionsteile.<br />

Jedes Kommunikationsmedium war in das Re-Design<br />

eingebunden.<br />

Traditionell gehört die Kernzielgruppe der Calamar-<br />

Käufer mit einem Anteil von 25 Prozent an der<br />

Gesamtzielgruppe zur Stilrichtung „<strong>Mode</strong>rn Classic<br />

Mainstream“. Allerdings stagnierten die Umsätze<br />

tendenziell. Deshalb richtet Calamar seinen Fokus<br />

stärker als zuvor auf das wachsende Milieu des „<strong>Mode</strong>rn<br />

Man Mainstream“, das bisher rund 10 Prozent Anteil<br />

an der Gesamtzielgruppe hat.<br />

Die Bildsprache der Kollektions-Kampagne ist ebenfalls<br />

neu: Die Aufnahmen wirken wie die Shooting-Abfolge<br />

einer Bildreportage. Man sieht keine <strong>Mode</strong>ls in den<br />

üblichen Posen sondern sympathische Charakterköpfe<br />

in realistischen Situationen. Smarte junge Männer,<br />

die Gelassenheit und Kompetenz ausstrahlen und ihre<br />

Individualität mit einem eigenständigen Look unterstreichen.<br />

So transportiert der Calamar-Stil das Gefühl, mit einem<br />

guten Freund durch „dick und dünn“ zu gehen. Auf<br />

allen Trips, wohin sie auch führen, einen Begleiter zu<br />

haben, der Vertrauen und Sicherheit gibt – und das<br />

Bewusstsein, immer lässig angezogen zu sein. Diesem<br />

Lebensgefühl urbaner Männer entsprechend und aufgrund<br />

der Tatsache, dass Calamar international aktiv<br />

ist, wurde das neue Markenlogo entwickelt, das an einen<br />

Globus erinnert. So wie die Marke Calamar selbst steht<br />

der Globus für Weltoffenheit, <strong>Mode</strong>rnität und Internationalität<br />

auf einer stabilen Basis. Für eine <strong>Mode</strong>, die<br />

so lässig ist, wie die Männer, die sie tragen.<br />

☛ www.danpearlman.com/calamar-showroom-und-storekonzept<br />

27 WORTE UND WERKE


C A L A M A R


DIE 10 GEBOTE<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

30


Y O U T O P I A<br />

Go Bananas – und gib dem Affen Zucker. Safari statt Shopping.<br />

<strong>Mode</strong>-Streifzüge durch eine utopische Tropenwelt – durch das<br />

Kingdom of the Apes. Erstmals wird ein gesamtes Kaufhaus<br />

auf vier Etagen durch einen Designprozess in ein reales<br />

Abenteuer verwandelt. Youtopia im <strong>Mode</strong>haus Bredl in<br />

Ravensburg: mutig, vertraut, inspirierend.<br />

31<br />

WORTE UND WERKE


6.BEDEDICATEDTOTHEHERD, B<br />

9.DON’T WOULD, SHOULD,<br />

10.YOU ARE A YOUTOPIST —<br />

5. LIFE’S AN<br />

NEVER BE THE MO<br />

7. FUN IS RELA<br />

YOU HAVE AS MUCH<br />

8. EYES FOR SEEING,<br />

TO YOUR LIANA, S<br />

ALWAYS GIVING YOU<br />

YOUTOPI A MANIFE STO<br />

1.YOU’RE ALWAYS WELCOME A<br />

2. IT DOESN’T<br />

GORILLA OR NOT<br />

3. YOU’RE FREE<br />

OUT OF YOURSELF<br />

4. SHAKE THE<br />

BANANAS<br />

WHENEVER<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

32


Y O U T O P I A<br />

T THE KINGDOM OF THE APES.<br />

MATTER IF YOU’RE A<br />

—JUST GO APE.<br />

TO MAKE A MONKEY<br />

AT ANY TIME.<br />

TREE AND GO<br />

YOU FEEL LIKE IT.<br />

EXPERIMENT,<br />

BUT<br />

NKEY IN THE CAGE.<br />

UTALSOTHINKFORYOURSELF.<br />

TIVE—JUST MAKE SURE<br />

OF IT AS POSSIBLE.<br />

PAWS FOR CLINGING<br />

PARKLING TEETH FOR<br />

R BIGGEST SMILE.<br />

COULD — JUST DO!<br />

FRIENDLY, BRAVE, CURIOUS!<br />

33<br />

WORTE UND WERKE


primarily<br />

primate<br />

Youtopia ist ein Ort zum Träumen, an dem alles möglich ist, der die <strong>Mode</strong> auf innovative Weise<br />

inszeniert und den Kunden mit auf eine Entdeckungsreise nimmt. Zwischen Gorillamasken und<br />

Bananen, Streetart-Deko und Monkey Lounge sollen sich die Kids frei fühlen wie die berühmten<br />

Affen im Dschungelbuch. Das „Manifesto“ für die Fans des Hauses liest sich wie die Zehn Gebote<br />

einer neuen Phantasy-Welt: Hier kannst Du sein, was Du willst. Tu, was sich für Dich richtig anfühlt.<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

34


Y O U T O P I A<br />

Jede der individuell gestalteten Etagen vom Sparkling Jungle bis zum Brave New Brainiac<br />

erzählt ihre eigene Geschichte und präsentiert die Sortimente, als wären es Fundstücke auf<br />

einer Entdeckungsreise. Mal liegt die Ware auf einer Werkbank, mal hängt sie an High Heels in<br />

Funktion eines Kleiderhakens. Features wie die Monkey Lounge oder die hauseigene Fotobox<br />

Photopia laden zum Entdecken ein – zum Motto Be You passt eben Look, it’s me.<br />

☛ www.danpearlman.com/youtopia-storekonzept<br />

35<br />

WORTE UND WERKE


B i B A<br />

FRISCHZELLEN<br />

I N T E R V I E W M I T O L I V E R K E S S E L ,<br />

DEM GESCHÄFTSFÜHRER DER Bi BA GMBH<br />

FUR<br />

IHRE<br />

MARKE<br />

BiBA hatte 1963 einen phänomenalen Start<br />

als DIE Trendboutique in Deutschland – eine<br />

50-jährige Erfolgsgeschichte mit nur geringfügigen<br />

Dellen.<br />

O.K.: Ja, das stimmt. Wir blicken auf eine lange Erfolgsgeschichte<br />

zurück. Natürlich hat sich das Marktumfeld<br />

in den letzten 15 Jahren erheblich geändert. Der nicht<br />

filialisierte Facheinzelhandel ist massiv zurückgegangen.<br />

Gleichzeitig hat es ein Verkaufsflächenwachstum im<br />

EZH gegeben. Die Umsätze sind inflationsbereinigt<br />

zurückgegangen. Somit befinden wir uns seit Jahren in<br />

einem Konzentrationsprozess und einer Verdrängung<br />

von Marktteilnehmern. Wir versuchen uns daher auch<br />

für die nächsten Jahre zu rüsten und sehen die Chance<br />

weiterhin in der Nische, als Boutiquenkonzept, welches<br />

die <strong>Mode</strong>trends individuell für unsere Kundinnen auswählt<br />

und raffiniert interpretiert. Wir entwickeln wie<br />

damals die Gründerin Karin Daub alle Ideen mit einem<br />

großen Designteam in Eigenregie und wir bekennen<br />

uns zum Multi-Channel-Ansatz. Der Internethandel<br />

wird immer bedeutsamer. Im März sind wir mit dem<br />

eigenen Webshop erfolgreich gestartet und bieten den<br />

Kunden die digitale Vernetzung mit unseren Flächen<br />

an. Die bestellte Ware kann kostenfrei in unseren<br />

eigenen Verkaufsflächen auf Wunsch abgeholt werden<br />

bzw. Retouren können dort abgegeben werden.<br />

Der Erfolg war auch Ergebnis einer<br />

permanenten Anpassung an die sich<br />

ändernden Altersstrukturen – bei gleichzeitiger<br />

Beibehaltung der BiBA-DNA?<br />

O.K.: Gestartet ist die Idee 1963 als Konzept für Junge<br />

<strong>Mode</strong>. Die Idee, die Laufstegmode schnell, kommerziell<br />

und bezahlbar umzusetzen, hatte schnell die breiten<br />

Altersgruppen angesprochen. Im Kern bedienen wir<br />

aber in den letzten 20 Jahren die Kundin zwischen 40<br />

und 60. Glücklicherweise konnten wir immer jüngere<br />

37 WORTE UND WERKE


B i B A<br />

Kundinnen für unser Konzept begeistern, aber auch<br />

modisch aufgeschlossene ältere Kunden mitnehmen.<br />

Die enge Beziehung unserer Mitarbeiter zu den Kunden<br />

und unsere BoutiqueCard haben sehr geholfen, die<br />

Veränderungen im Kundenverhalten schnell wahrzunehmen<br />

und unser Angebot zu adaptieren. Das, was<br />

eine Marke am Leben hält, ist stets der <strong>Mode</strong> und dem<br />

Zeitgeist zu folgen. Dadurch sind wir seit Jahrzehnten<br />

Benchmark, was die Flächenproduktivität angeht.<br />

Was ist das besondere Lebensgefühl, das BiBA<br />

heute widerspiegelt – wie kann man den Slogan<br />

„raffiniert, feminin und wertig“ anschaulich<br />

machen?<br />

O.K.: Die wichtigste BiBA-DNA ist sicherlich die Nähe<br />

zum Kunden und das Verständnis. Unsere Mitarbeiter<br />

verstehen sich als Boutiqueninhaber. Wir kennen die<br />

Kunden gut und jeder Mitarbeiter kann seine Persönlichkeit<br />

authentisch einbringen. Empathisches Verhalten<br />

führt dazu, dass wir jedem Kunden individuell begegnen<br />

und der Kunde den Grad der Betreuung bestimmt. Die<br />

individuellen Bedürfnisse bis hin zum <strong>Mode</strong>grad und<br />

Farbpräferenzen werden dabei berücksichtigt. Die<br />

Individualität zeigt sich natürlich auch in unserer <strong>Mode</strong>.<br />

Unsere Kerngrößen sind 36 bis 40. Unsere Kundin steht<br />

zu Ihrem Körper und unterstreicht gerne die feminine<br />

Silhouette. Ein gewisser Grad an Sexiness ist erlaubt.<br />

Die <strong>Mode</strong> hebt sich durch raffinierte Details, Tailoring<br />

oder auch Materialmixe vom Markt ab und unterstreicht<br />

die zeitgeistige Exklusivität. Unser Kunde legt großen<br />

Wert auf Pflegeleichtigkeit, Naturmaterialien und gute<br />

Verarbeitung, daher steht die Wertigkeit der Produkte<br />

im Vordergrund.<br />

Was ist der Zusammenhang des neuen Lebensgefühls<br />

der typischen BiBA-Kundin mit dem<br />

Refreshing der neuen Ladenkonzeption, des<br />

Flairs einer französischen Boutique?<br />

O.K.: dan pearlman hat den Markenkern der BiBA<br />

schnell erfasst und mit einer Liebe zum Detail in ein<br />

tolles Marken- und Ladenbaukonzept verankert. Wie<br />

unsere <strong>Mode</strong> soll auch der Ladenbau den exklusiven<br />

Boutiquencharakter unterstreichen. Der Besucher fühlt<br />

sich schnell aufgehoben, hat keine Hemmschwellen<br />

und Berührungsängste. dan pearlman hat Trends<br />

in der Architektur und im Ladenbau mit bewährten<br />

Boutiqueelementen verknüpft. Beispiele dafür sind<br />

sicherlich unser Schwarzchrommaterial als Ständerqualität<br />

auf der einen und Stuckelemente auf der<br />

anderen Seite. Aber natürlich auch der Tischleuchter<br />

aus Gussmaterial mit LED-Kranz. Aber immer<br />

stand die Atmosphäre einer französischen Boutique<br />

im Vordergrund. Der wohnliche Charakter wurde<br />

u.a. mit der Verwendung von einem hochwertigen<br />

Eichenholzparkett im Kabinenbereich unterstrichen.<br />

Der Boutiquecharakter z.B. auch mit einer exklusiv<br />

entwickelten Steinfliese aus einem Bogen des neuen<br />

BiBA „B“. Das Lebensgefühl, das wir ansprechen und<br />

unterstreichen möchten, ist auf Entschleunigung und<br />

Homefeeling ausgerichtet. Aber natürlich unterstreicht<br />

der Ladenbau auch die Exklusivität und Wertigkeit<br />

unserer Kollektionen.<br />

Inwiefern zielt dies auf eine neue bzw. eine<br />

erweiterte Zielgruppe ab?<br />

O.K.: Im Grunde hat sich die Zielgruppe nicht geändert.<br />

Der Kunde hat sich verändert. Der Kunde ist heute<br />

wesentlich informierter, möchte sich stärker vom<br />

Massenmarkt abgrenzen, sucht Orientierung und das<br />

Besondere bei der Fülle an Marken im Markt. Der Kunde<br />

sucht Authentizität, Individualität und eine emotionale<br />

Ansprache. Somit haben wir uns entschieden, dies noch<br />

stärker in unserem Auftritt zu verankern.<br />

Welche Rolle spielt die legendäre Schnelligkeit<br />

von BiBA im Umsetzen der Trends der Zukunft?<br />

O.K.: Wir schaffen jede Woche neue Kaufanreize. Das sind<br />

unsere Erfolgswurzeln. Wir liefern heute fast jede Woche<br />

neu aus. Dabei ist es aber sehr wichtig, harmonische, in<br />

sich kombinierbare Farbbilder auf der Fläche entstehen<br />

zu lassen. Wir bewirtschaften heute nicht nur den eigenen<br />

Retail, sondern auch Concession- und Consignmentflächen.<br />

Unsere Partner sind ein wichtiger Bestandteil unseres<br />

Erfolgs. Es ist daher wichtig, integrative Farbkonzepte<br />

zu haben und diese leicht verständlich auf die Flächen zu<br />

bringen. Momentan versuchen wir die Auslieferstruktur<br />

zu optimieren, um den Anforderungen des Markts noch<br />

gerechter werden zu können. Das BiBA-Konzept lebt von<br />

der Schnelligkeit und den stets neuen Kaufanreizen. Dabei<br />

wird es auch bleiben. Wer hat schon 40 Lieferungen pro<br />

Jahr? Aber gerade das macht ja eine Boutique aus. Ein sich<br />

ständig veränderndes Warenbild.<br />

Ist eine Ausweitung des Filialnetzes geplant?<br />

O.K.: In einem gesunden Maße, ja. Wir sind sehr<br />

erfolgreich mit Concession- und Consignmentflächen.<br />

Diese möchten wir gerne ausbauen, auch im Ausland.<br />

In guten 1-A und 1-B Lagen können wir uns auch im<br />

Storebereich eine Expansion vorstellen, vorausgesetzt,<br />

die Mieten sind bezahlbar und der Standort entwickelt<br />

sich positiv. Gerade Mittelstädte eignen sich für unser<br />

Boutiquenkonzept.<br />

☛ www.danpearlman.com/biba-corporate-design<br />

39<br />

WORTE UND WERKE


I LIKE<br />

QUAR<br />

E I N E M A R K E N D O K U M E N T A T I O N<br />

Fortschritt aus Tradition – unter diesem Motto plant<br />

Kempten die Zukunft. Und zu keiner anderen Stadt passt dieser<br />

Wahlspruch so gut. Kempten ist eine der ältesten Städte<br />

Deutschlands, blickt auf 2000 Jahre Geschichte zurück – und hat<br />

sich immer wieder als Innovatorin hervorgetan. Nun hat diese<br />

Stadt mit großer Historie, Lebensqualität, Vielfalt, Bewegung<br />

und einem hohen Maß an Engagement ein neues Viertel<br />

geschaffen, mitten in der Altstadt.<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

40


STÄDTEKONZEPTT E Z EPT<br />

MY<br />

TIER<br />

Im „Mühlbachquartier" hat ein großer Teil des Baubestandes<br />

mittelalterliche Ursprünge. Diesen alten Häusern<br />

droht nun aber nicht mehr Leerstand und Verfall.<br />

Ihre Fassaden leuchten frisch und sie sind eingebettet in<br />

ein lebendiges Quartier mit moderner Kunst, flanierenden<br />

Bürgern, neugierigen Touristen und interessanten<br />

Geschäften. Noch im Januar 2009 hatte die Hälfte der<br />

gewerblich zu vermietenden Flächen leer gestanden,<br />

Ende 2<strong>01</strong>0 war bereits alles zu 100 Prozent vermietet.<br />

Was hat prestigeträchtige Marken wie Vitra oder Mont<br />

Blanc ins neugestaltete Kemptener Viertel gelockt, wieso<br />

hat sich dort eine DJ-Schule etabliert? Den sichtbarsten<br />

Hinweis auf die gesuchten Antworten gibt das neue<br />

Wahrzeichen, ein vier Meter hohes Mühlrad aus Metall.<br />

Es symbolisiert das erfolgreiche Experiment, einen<br />

brachliegenden Stadtbezirk zu revitalisieren, indem man<br />

ihn zur Marke macht und die Sanierung der Straßenlandschaft<br />

mit einem Marketingkonzept verzahnt.<br />

Hinter dem neugestalteten „Mühlbachquartier“ steht<br />

eine gemeinschaftliche Initiative der Stadt Kempten mit<br />

engagierten Bürgern, Geschäftsleuten und Hauseigentümern.<br />

Gefördert wird dies im Städtebauförderungsprogramm<br />

„Aktive Stadt und Ortsteilzentren – Leben<br />

findet Innenstadt“ mit Mitteln des Bundes und des<br />

Freistaats Bayern.<br />

Wesentliche Elemente des Projekts waren Maßnahmen<br />

zur Steigerung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen<br />

Raum, die Neugestaltung von Ladengeschäften, Fassadensanierung,<br />

die bessere Einsehbarkeit der Straßen<br />

und auch die Schaffung optimaler Verbindungen der<br />

einzelnen Anlaufpunkte, etwa durch Fußgängerpassagen.<br />

41<br />

WORTE UND WERKE


Es sollte ein Wegesystem geschaffen werden ohne<br />

Schlusspunkte oder Sackgassen, welches die Passanten<br />

über Schleifen immer wieder in den Innenstadtkern<br />

zurückführt.<br />

Der besondere Charakter des Vorzeigeviertels<br />

ist geprägt durch<br />

das Gesamtkonzept von dan<br />

pearlman. Über den Planungen<br />

der Agentur stand von Anfang an<br />

das Motto „Fortschritt aus Tradition".<br />

Denn Kempten mit seinen<br />

etwa 65.000 Einwohnern ist nicht nur das kulturelle<br />

und kommerzielle Zentrum des Allgäus, seine Identität<br />

ist wesentlich durch die lange Stadtgeschichte geformt<br />

worden.<br />

einen Brand entstanden und zur Quartier-Konzeption<br />

gehört eine grün bepflanzte Rankbrücke, die zwischen<br />

den Fassaden gespannt ist. Diese wachsende und gedeihende<br />

grüne Verbindung ist ein Zeichen für die Lebendigkeit<br />

der urbanen Stadtlandschaft.<br />

Das Angebot im Mühlbachquartier wird so auf das<br />

Erlebnis von Lebenswelten – und nicht nur der reinen<br />

Produktwelt – ausgerichtet. Geprägt von Wertigkeit,<br />

persönlicher Beratung, Tradition und Innovation, Inspiration,<br />

originellen Marken und Familienfreundlichkeit,<br />

zeichnet es sich dabei durch ungewöhnliche Vielfalt aus;<br />

es geht um eine Mischung mit den Oberbegriffen „Tradition<br />

und Kultur", „Handel und Marktplatz", „Kempten,<br />

Allgäu und Natur", „Kulinarik und Gastfreundschaft"<br />

sowie „Technik und Kommunikation".<br />

Diese Historie macht Kempten einzigartig in Deutschland.<br />

Das Planungsteam stand vor der Herausforderung,<br />

bei der Sanierung des Projektgebiets rund um<br />

„Gerberstraße / In der Brandstatt" die Identität der<br />

Stadt unverkennbar widerzuspiegeln. Das zu sanierende<br />

Viertel, dem eine Schlüsselfunktion für die gesamte<br />

Altstadtstrategie zukommt, musste harmonisch in das<br />

städtische Gesamtbild eingebettet werden. Um herauszufinden,<br />

welche Bedürfnisse der Zielgruppe bei diesem<br />

Umwandlungsprozess ausschlaggebend sind, wurden<br />

umfangreiche Dokumentationen zur Stadtgeschichte<br />

analysiert und zahlreiche Interviews mit Bürgern aus<br />

Kempten und dem Allgäu sowie Touristen geführt.<br />

Die Idee der Mühlrad-Skulptur entstand als Referenz an<br />

die Romantik vergangener Zeiten – und dient zugleich als<br />

Symbol für Bewegung, als Zeichen für neuen Schwung.<br />

Umgeben von verschiedenen Sitz- und Spielelementen,<br />

die Jung und Alt zum Entdecken und Niederlassen<br />

einladen, schafft das Naturelement „Wasser" eine hohe<br />

Erlebnis- und Aufenthaltsqualität.<br />

Von diesem Ensemble schlängelt sich wie eine Reminiszenz<br />

an den Stadtbach aus alter Zeit der Mühlbach<br />

die Gerberstraße hinunter. Der Mühlbach wird zum<br />

Sinnbild der Tradition, zur Koppelung von natürlicher<br />

Erlebnishaftigkeit und sprudelnder Inspirationsquelle.<br />

Zum Corporate Design der Stadtmarke „Mühlbachquartier"<br />

gehört nicht zuletzt das Logo, in dem die<br />

verschiedenen genannten Angebotsbereiche mittels<br />

intuitiver Symbole aufgegriffen werden und zu einem<br />

stilisierten Mühlrad vereint sind. Dieses Key Visual<br />

wurde in einem mehrjährigen Prozess mit Anwohnern,<br />

Gewerbetreibenden und Historikern entwickelt, um<br />

neben der Produktsphäre auch die Werte des Viertels<br />

wiederzugeben: Qualität, Engagement, Vielfalt,<br />

Geschichte und Bewegung.<br />

Das Ziel, die Belebung des Quartiers voranzutreiben,<br />

konnte seit der feierlichen Eröffnung Ende November<br />

2<strong>01</strong>0 durch zahlreiche Aktionen nachhaltig in die Tat<br />

umgesetzt werden. Dazu gehört ein steter Reigen von<br />

Events wie das „Frühlingsfest" mit <strong>Mode</strong>nschau, „Rund<br />

ums Zweirad" mit Fahrradausstellung, „Rund ums<br />

Mittelalter" oder das „Römerspektakel" mit spannenden<br />

Mitmachstationen. Auch die im Viertel eröffneten<br />

gastronomischen Betriebe haben sich zu beliebten<br />

Treffpunkten entwickelt. Bei schönem Wetter lassen<br />

sich Flaneure und Touristen auf den Stufen beim Mühlrad<br />

nieder, um zu sehen und gesehen zu werden. Und<br />

auch an den Kaffee- und Restauranttischen unter freiem<br />

Himmel gibt es den Blick auf die großen und kleinen<br />

Kinder an Brunnen und Bachlauf als Sahnehäubchen<br />

obendrauf.<br />

Die Straße „In der Brandstatt" ist im Rahmen der<br />

Mühlbachquartier-Konzeption zum symbolischen Ort<br />

geworden, zum Sinnbild für entstandenen Freiraum<br />

und Inspiration, für den Blick zum Himmel. Wie der<br />

altertümlich klingende Name verrät, ist die Straße durch<br />

☛ www.danpearlman.com/muhlbachquartier-–-<br />

neue-sympathie-fur-ein-traditionelles-viertel<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

42


STÄD T E KON Z EPT


A B U R Y<br />

Kulturelle Werte als Kapital<br />

für die Zukunft<br />

EIN INTERVIEW MIT DER GRÜNDERIN<br />

U N D G E S C H Ä F T S F Ü H R E R I N A N D R E A K O L B<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

44


A B U R Y<br />

„Sozial ist sexy“ – ist das Ihr Statement?<br />

A.K.: Das war der Titel eines Artikels in der Wirtschaftswoche<br />

– und mit diesem Resümee eines Wirtschaftsjournalisten<br />

über ABURY können wir sehr gut leben!<br />

Wie viele Näherinnen beschäftigen Sie und wie<br />

lange dauert deren Ausbildung?<br />

A.K.: Insgesamt arbeiten wir mit 15 bis 25 Kunsthandwerkern<br />

zusammen – je nach Auftragslage. Die Ausbildung<br />

z.B. zur Lederbestickerin dauert je nach<br />

Talent bis zu zirka zwei Jahren. Unser Ausbilder ist ein<br />

lokaler Mastercraftsman, Monsieur Omar. Er ist über<br />

50 und hat sein Wissen von seinem Vater gelernt – und<br />

dieser von seinem Vater.<br />

Sind 100 Euro Lohn im Monat viel?<br />

A.K.: Für unsere Frauen ist der Lohn sehr hoch, weil es<br />

ein Halbtagsjob ist – und ohne vorangegangene Ausbildung.<br />

Der Durchschnittslohn eines Vollzeitarbeiters<br />

liegt bei 250 bis 300 Euro pro Monat.<br />

Wie lange braucht eine Näherin für eine Tasche<br />

und wie viele Taschen entstehen pro Monat?<br />

A.K.: Eine traditionelle Berberhandtasche benötigt im<br />

Schnitt 16 Stunden Produktionszeit. Je nach Muster<br />

kann es bei einem <strong>Mode</strong>ll aber auch bis zu 40 Stunden<br />

dauern. Wir produzieren zwischen 100 und 500 Taschen<br />

und sind noch nicht an unserer Kapazitätsgrenze<br />

angelangt.<br />

Die Näherinnen in den Dörfern arbeiten nur<br />

vier Stunden an vier Tagen?<br />

A.K.: Die Frauen lernen parallel in der von der ABURY<br />

Foundation gegründeten Schule lesen und schreiben.<br />

Und sie haben Familie mit zwei bis vier Kindern!<br />

Welches Leder verwenden Sie?<br />

A.K.: Hauptsächlich Ziegenleder. Es kommt aus der<br />

Gegend von Marrakesch und wird vor Ort traditionell<br />

mit natürlichen Mitteln gegerbt und bearbeitet.<br />

45<br />

EIN METIER, EINE LEIDENSCHAFT


Die ABURY Taschen haben ein innovatives<br />

Design und einen traditionellen Background.<br />

Worin zeigt sich vor allem die Authentizität?<br />

A.K.: In der Liebe zum Detail. Außerdem werden in<br />

der Zusammenarbeit zwischen Designer und Kunsthandwerker<br />

die alten Muster in einen neuen Kontext<br />

gesetzt – das ist das Spannende.<br />

Wie sieht man den Unterschied zu Produkten<br />

aus der Fabrik – gibt es winzige Unregelmäßigkeiten,<br />

die aber ästhetisch den Wert eher erhöhen?<br />

A.K.: Ja, auf jeden Fall. Die Handarbeit macht jedes<br />

Teil zu einem Unikat und in der Haptik liegt das Außergewöhnliche.<br />

Wie läuft der Kontakt zwischen Ihnen und den<br />

Näherinnen?<br />

A.K.: Die Frauen sprechen bisher nur Berberisch, die<br />

Kommunikation findet mit Hand und Fuß oder mit<br />

einem Übersetzer statt. Sie wollen jetzt unbedingt<br />

Französisch lernen, damit wir direkt miteinander<br />

sprechen können. Gemeinsamkeiten gibt es mehr,<br />

als mancher vielleicht denkt. Familie und vor allem<br />

Kinder stehen natürlich im Mittelpunkt des Lebens!<br />

Die Frauen in den Dörfern legen auch großen Wert auf<br />

Pflege und Schönheit – wie zum Beispiel gemeinsame<br />

Hennarituale. Da sie viel Zeit miteinander verbringen,<br />

gibt es sehr innige Freundschaften.<br />

Sie als Wirtschaftswissenschaftlerin weigern<br />

sich, Profit nur monetär zu definieren. Aber<br />

was ist genau der ökonomische Zusammenhang<br />

zwischen Ihrer Art, Gewinn zu machen<br />

und Ihrem sozialen Anliegen, Frauen in Lohn<br />

und Brot zu setzen, für Ausbildung zu sorgen,<br />

Brunnen zu bohren etc.?<br />

A.K.: Die ABURY Collection GmbH ist an sich schon ein<br />

Social Business, da wir Arbeitsplätze schaffen und faire<br />

Arbeitskonditionen bieten. Aber wir gehen noch einen<br />

Schritt weiter, da ich der festen Überzeugung bin, dass<br />

nur eine Beteiligung am Profit den Menschen vor Ort<br />

auch hilft, den nächsten Entwicklungs-Schritt zu gehen.<br />

Das heißt wir geben einen Teil des Profits über die<br />

ABURY Foundation wieder zurück in die Communities<br />

und starten dort u.a. Bildungsprogramme – immer in<br />

Absprache, was genau gebraucht und gewünscht wird.<br />

Und wir kommunizieren den Menschen auch, dass sie<br />

das nun erarbeitet haben – und es keine Spende ist.<br />

Haben Sie bei der Gründung 2<strong>01</strong>1 einen<br />

klassischen Businessplan aufgestellt?<br />

A.K.: Diese Frage bekommt ein „normaler Unternehmer“<br />

sicher nicht gestellt. Dabei sind wir natürlich ein<br />

Wirtschaftsunternehmen und wir möchten so erfolgreich<br />

wie möglich werden – denn nur dann haben am<br />

Ende alle was davon. Wir haben Ziele definiert und<br />

einen Plan erstellt, wie wir die vorhandenen Mittel am<br />

besten einsetzen. Wir haben eine Sales- und eine<br />

Marketingstrategie entwickelt – die Designstrategie<br />

kam erst später, als wir tatsächlich begonnen haben,<br />

mehrere Kollektionen zu produzieren.<br />

Können Sie Ihr Finanzierungsmodell kurz<br />

umreißen?<br />

A.K.: Die ABURY Collection GmbH habe ich mit Eigenkapital<br />

finanziert. Im Herbst letzten Jahres hatten<br />

wir dann das erste kleine Angel-Investment. Es ist<br />

nicht so einfach, in diesem Bereich Geld von Investoren<br />

in Deutschland zu bekommen, obwohl wir gar nicht<br />

schlecht dastehen. Auch die ABURY Foundation GmbH<br />

habe ich mit Eigenkapital aufgebaut. Alle Mitarbeiter<br />

der ABURY Collection arbeiten pro bono auch an<br />

Projekten der ABURY Foundation – somit haben wir<br />

bisher keine Personalkosten und die Spenden, die wir<br />

bekommen, können zu 100 % in die Projekte fließen.<br />

Sie wollen Avantgarde und traditionelles<br />

Design verbinden, wie geht das?<br />

A.K.: Im Oktober 2<strong>01</strong>4 gibt es die erste internationale<br />

Ausschreibung für Designer. Die Gewinner erhalten<br />

von uns ein Training in Kultur, Sozialem und Finanzen.<br />

Im Anschluss gehen sie für zirka drei Monate in das<br />

Land, um dort mit der von uns ausgewählten Community<br />

zu arbeiten.<br />

Welche Vertriebswege sind für Sie wichtig?<br />

A.K.: Wir haben begonnen, mit ausgewählten Einzelhändlern<br />

zu arbeiten, damit unsere Marke im Markt<br />

wahrgenommen wird und fokussieren uns immer mehr<br />

auf den direkten Verkauf. Deswegen haben wir auch<br />

den Laden in der Berliner Kastanienallee gegründet<br />

und unser Online-Shop wurde im Februar diesen Jahres<br />

gelauncht – auch er läuft gut an.<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

46


A B U R Y


UNBEWUSST?<br />

BEWUSST<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong>


NEU R O MARK E T ING<br />

EIN GESPRÄCH MIT FRANK REHME<br />

ÜBER CONSUMER NEUROSCIENCE IM FASHION RETAIL<br />

Frank Rehme hat als langjähriger<br />

Innovator in der METRO Group Maßstäbe<br />

im Handel von morgen gesetzt.<br />

In Kooperation mit dan pearlman bietet<br />

er sogenannte Neuro-Storechecks an,<br />

ein Format zur Optimierung von<br />

positiven Kauferlebnissen.<br />

„RETAIL IS DETAIL“<br />

<strong>01</strong><br />

Wann hast Du zuletzt einen Laden fluchtartig verlassen?<br />

F.R.: Das war gestern, am verkaufsoffenen Sonntag in Düsseldorf. Ein großer Department Store<br />

an der Prachtmeile Königsallee wurde mit viel Aufwand umgebaut. Das Ergebnis wollte ich mir<br />

natürlich ansehen, denn dort wurde viel Geld in die Hand genommen, um die Kunden für die<br />

nächsten Jahre für das Format zu begeistern. Der Schlag kam direkt beim Betreten des Stores:<br />

Aus dem sogenannten Torluftschleier, der beheizte Luft direkt am Eingang von oben auf die<br />

Kunden bläst, kam mir ein penetranter Verwesungsgeruch entgegen. Das lässt darauf schließen,<br />

dass sich in dem Lüftungskanal eine Maus oder anderes Getier gerade auflöst. Einen schärferen<br />

Angriff auf den Geruchssinn und damit auf das limbische System kann man schon fast gar nicht<br />

mehr fahren. Mich wundert nur, warum das keiner der dort Beschäftigten wahrnimmt.<br />

02<br />

Was für eine Rolle spielt das limbische System und damit Emotionen bei Kaufentscheidungen?<br />

Der Homo Oeconomicus kennt doch eigentlich nur rationale<br />

Entscheidungen.<br />

F.R.: Nun, den Homo Oeconomicus gibt es zum Glück nicht! Neue Erkenntnisse belegen, dass<br />

alle unsere Entscheidungen von der Intuition initiiert werden. Und die wiederum wird von<br />

unseren Emotionen beeinflusst, die im limbischen System unseres Hirns gesteuert werden. Wir<br />

können noch so viele positive Fakten vermittelt bekommen, wenn unsere Intuition nicht ihr Okay<br />

gibt, entscheiden wir uns trotzdem dagegen. Das ist wie beim Verlieben, man kann das nicht<br />

durch die Ratio initiieren, denn da spielt einzig und allein die Emotionalität die Hauptrolle. Beim<br />

Kaufen ist es oft genau so: Wenn wir uns in ein Produkt verliebt haben, dann sammeln wir alle<br />

Fakten und Argumente, um den Kauf zu rechtfertigen. Nicht umgekehrt, obwohl wir das nach<br />

außen gern so darstellen.<br />

Ein wichtiger Punkt sind dabei auch wie gesagt die Emotionen: So lange ich mich in meiner<br />

Komfortzone befinde, ist alles okay und ich entscheide vornehmlich positiv und bin offen. Sobald<br />

etwas diese Komfortzone stört, sei es Stress, ein schlechter Geruch oder akustische Überforderung,<br />

halte ich mich zurück. Das war’s dann mit dem Umsatz, und auf diese Komfortstörer muss man<br />

sein Retail-Format untersuchen.<br />

49<br />

EIN METIER, EINE LEIDENSCHAFT


03<br />

Welche Rolle spielen beim Verlieben in ein Produkt die Verkäuferinnen und<br />

Verkäufer im Laden? Was können sie tun, um die Komfortzone für den Käufer<br />

zu sichern?<br />

F.R.: Die Menschen im Store spielen eine absolute Schlüsselrolle. Ihnen kommt daher die meiste<br />

Verantwortung zu! Jeder hat sicherlich schon mal erlebt, dass er aufgrund einer unpassenden<br />

Ansprache des Verkaufspersonals aktiv versucht hat, dieses wieder abzuwimmeln. Obwohl<br />

Menschen Menschen lieben, kommt die Frage „Sie kommen zurecht“ nicht so recht beim Kunden an.<br />

Ansprachen, die der Aktivierung des Shoppers dienen, sind dagegen sehr erfolgreich, weil sie<br />

zeigen, das man sich für den Menschen interessiert.<br />

Generell kommt es aber immer auf die Erfahrung des Personals an. Sie müssen die Antennen<br />

entwickeln, wie man mit Kunden kommuniziert und wie man den Spagat zwischen Beratungsangebot<br />

und Unaufdringlichkeit hinbekommt.<br />

Jeder kennt bestimmt den alten Leitsatz, dass man für den ersten Eindruck keine zweite Chance<br />

bekommt. Das gilt aber genauso für den letzten Eindruck! Der Checkout ist daher nicht nur vom<br />

reibungslosen Prozess, sondern auch vom Personal das Erlebnis, was als letztes gespeichert bleibt.<br />

Und besonders dort kommt es auf die Menschen am echten PoS an!<br />

04<br />

Kann man einen guten Eindruck auch über das Medium des Shopdesigns und einer<br />

Atmosphäre schaffen? Was sind dabei die gröbsten Fehler, die ein Innenarchitekt<br />

begehen kann?<br />

F.R.: Ja, die Architektur spielt dabei eine ganz wichtige Rolle in der Wahrnehmung des Kunden.<br />

Die Shopausstattung muss daher einem gesamtheitlichen Kontext folgen. Sprich: Die Sinneseindrücke<br />

müssen alle kongruent sein. Das Gehirn macht praktisch einen Plausibilitätscheck, ob<br />

das, was durch unsere Sinne wahrgenommen wird, authentisch ist und zusammenpasst. Das will<br />

ich an einem zugegebenermaßen überzogenen Beispiel erklären: Stellen Sie sich eine Bäckereiabteilung<br />

im klassischen Landhausdesign vor, die mit magentafarbenen Blenden verkleidet ist<br />

und in der es stark nach Waschpulver riecht. Hier wird das Gehirn dermaßen irritiert, dass es<br />

zum Stressverhalten kommt und einen Kauf verhindert.<br />

Nun aber noch zu den Sünden: Der Kunde braucht, wenn er einen Store betritt, sofort eine<br />

Struktur. Er braucht auf den ersten Blick eine klare Orientierung, gemixt mit einer spannenden<br />

Inspiration ohne Komplexität. Diese Kombination sorgt für Vertrauen, was überhaupt erst die<br />

Basis für Kaufanreize darstellt. Die Aufteilung zwischen Klarheit und Inspiration ist je nach Format<br />

unterschiedlich, ein Foodstore hat eine andere Ratio als eine Boutique. Wenn allerdings ein<br />

Store-Designer ein Übermaß an Kreativität umsetzt, die sich für den Kunden nicht auf Anhieb<br />

dekodieren lässt, wird genau das Gegenteil vom Gewünschten erreicht.<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

50


NEU R O MARK E T ING<br />

Aber lassen Sie mich einen Punkt ansprechen, in dem noch ein erhebliches Potenzial steckt: Die<br />

Umkleiden! Überall, wo ich in der Welt unterwegs bin, schaue ich mir intensiv Storeformate an.<br />

In den vielen Jahren habe ich bisher nur eine Umkleide gesehen, die wirklich gut war: Lage in<br />

dem Store, Platz, Ablagemöglichkeit, Licht, Temperatur, Bodenbelag und nicht zuletzt der Geruch<br />

sind wichtige Conversion-Influencer. Und was passiert heute zu oft? Der Kunde findet einen<br />

Artikel, den er kaufen möchte, wenn er passt. Der Händler hat also 95 % seines Jobs erfolgreich<br />

erledigt. Und was passiert dann? Wir schicken den Kunden in die letzte Ecke, oft muss er sich<br />

lange anstellen, um dann in einem ungünstig beleuchteten Etwas mit Wollfusseln auf dem kalten<br />

Fliesenboden seinen Dress zu testen! Jede, aber auch jede kleinste Unannehmlichkeit wird<br />

dann mit dem Produkt verbunden, das dann nicht gekauft wird. Hier gilt es, sich absolut neue<br />

Gedanken über die Umkleiden der Zukunft zu machen!<br />

05<br />

„Retail is Detail“ ist eine der Maximen, die Sam Walton für sich und Wal-Mart<br />

aufgestellt hat. Welche Maxime würdest Du für Consumer Neuroscience im<br />

Retail aufstellen?<br />

F.R.: Meine Maxime für unser Thema ist relativ einfach: Das Unterbewusstsein entscheidet, der<br />

Mensch folgt! Den Satz würde ich noch gern mit einem Zitat des Gehirnforschers Professor<br />

Snyder aus Sydney untertiteln: „Das rationale Denken ist lediglich eine Marketingveranstaltung<br />

unseres Unterbewusstseins. Es lässt uns so glauben, dass wir alles im Griff hätten!<br />

„DAS UNTERBEWUSSTSEIN<br />

ENTSCHEIDET, DER MENSCH FOLGT!“<br />

51<br />

EIN METIER, EINE LEIDENSCHAFT


THE NEW CHANGE


U M A S A N<br />

AVANTGARDE<br />

UMASAN ist eine ästhetische<br />

Hommage an das ungeschliffene<br />

und funktionale Design<br />

EIN INTERVIEW MIT DER GRÜNDERIN UND<br />

G E S C H Ä F T S F Ü H R E R I N S A N D R A U M A N N<br />

53<br />

FASHION HEROS


DIE „CHANGE AVANTGARDE“ ALS<br />

NEUE SOZIALE DIMENSION<br />

Bei Ihrem Label UMASAN geht es um die<br />

Positionierung als weltweit erstes high fashion<br />

Label für die “change avantgarde”. Wie grenzen<br />

Sie sich als „das erste VEGANE HOLISTIC<br />

high-end Label“ von anderen Firmen ab die<br />

ebenfalls Naturmaterialen verwenden? Ist<br />

es vor allem das Element VEGAN, die ausschließliche<br />

Verwendung ökologisch korrekter<br />

Fasern, die Herkunft aller Stoffe nur aus<br />

Europa, die Betonung von high-end im Sinne<br />

von anspruchsvollem Stil beziehungsweise<br />

hoher Qualität in Material und Verarbeitung?<br />

Kann man UMASAN mit Stella McCartney<br />

vergleichen?<br />

S.U.: Grundsätzlich kann man uns schon mit Stella<br />

McCartney vergleichen. Will heißen: Design steht an<br />

erster und oberster Stelle, gepaart mit innovativen<br />

Materialien. Das ist Design, dem man die Nachhaltigkeit<br />

nicht ansieht und Fasern, die sich zum einen toll<br />

anfühlen und zum anderen mehr können als nur schön<br />

auszusehen. Sie sind funktional mit sehr guten Pflegeeigenschaften<br />

und ein Mehrwert für den Träger – das<br />

zeichnet uns aus. Es ist der Anspruch, den der Kunde<br />

von heute hat, nicht die Orte der Fertigungsstätten,<br />

oder die Herkunft der Materialien. Das sind Standards,<br />

die unser Kunde voraussetzt!<br />

Wo liegt der wesentliche Unterschied zwischen<br />

der Verwendung von, sagen wir, biologisch<br />

produzierter Baumwolle und den von Ihnen<br />

bevorzugten Pflanzenfasern wie Bambus oder<br />

Buche?<br />

S.U.: Zum einen in der Funktionalität, Atmungsaktivität,<br />

perfekt im Feuchtigkeitstransport, klimaausgleichend<br />

sowie in den Anreicherungen mit Algen<br />

oder Zink, die einen pflegenden Einfluss auf die Haut<br />

haben – so ist der Stoff sozusagen kosmetisch pflegend<br />

zu sehen. Davon abgesehen sind diese Materialien im<br />

Vergleich zu ökologischer Baumwolle wesentlich nachhaltiger<br />

was sich in der Gesamtbilanz des ökologischen<br />

Fußabdrucks niederschlägt. Baumwolle braucht erheblich<br />

mehr Wasser, ist nicht so schnell nachwachsend und<br />

in den Färbeeigenschaften nicht ökologisch. Weltweit<br />

gesehen nimmt die Menschheit zu, entsprechend<br />

braucht sie mehr schnell nachwachsende Rohstoffe. Die<br />

tierischen Biofasern sind leider einfach begrenzt in der<br />

Verfügbarkeit.<br />

Wo wird die UMASAN-<strong>Mode</strong> produziert?<br />

S.U.: Ausschließlich in Deutschland, Bayreuth und<br />

Chemnitz. Die Materialien werden aus dem deutschsprachigen<br />

Raum geliefert, der größte Anteil davon aus<br />

der Schweiz.<br />

Sind der Einkauf des exklusiven Materials und<br />

die Herstellung in Betrieben mit hohen Lohnkosten<br />

nicht exorbitant teuer?<br />

S.U.: Nicht exorbitant – wir haben einen ungefähr<br />

30 bis 35 Prozent höheren Material- und Produktionseinsatz,<br />

im Vergleich zur Produktion in Asien. Die Frage<br />

ist, wodurch definiert sich der Preis: Ist es die Wertschöpfungskette<br />

oder ist es der Name eines Labels, für<br />

den der Kunde letztendlich bezahlt?<br />

Wird den Kunden mit den relativ hohen Preisen<br />

der Einzelstücke auch eine lange Haltbarkeit<br />

versprochen?<br />

S.U.: In jedem Fall – darum geht es. Das ist die<br />

Quintessenz.<br />

Schaden die gewollte Zeitlosigkeit und die<br />

Haltbarkeit der Kollektionsteile dem Absatz?<br />

S.U.: Eben nicht – man schafft sich Stammkunden<br />

die Lieblingsteile haben und sie tagtäglich tragen.<br />

Entsprechend stark ist das Verlangen nach „mehr“.<br />

Eine natürliche Abnutzung liegt selbstverständlich in<br />

jedem Kleidungsstück.<br />

Ist „<strong>Mode</strong>“ mit der Abkehr von „Trends“ ein<br />

Widerspruch in sich?<br />

S.U.: Ganz und gar nicht! Ein Mensch bildet erst im Laufe<br />

der Jahre eine eigene Persönlichkeit und entwickelt seinen<br />

individuellen Stil. Dann folgt er keinem Trend mehr,<br />

sondern sucht das Persönlichkeitsunterstreichende.<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

54


U M A S A N<br />

U M A S A N


U M A S A N<br />

Wie groß ist die Zielgruppe der Change Avantgarde<br />

– und zwar des ästhetisch anspruchsvollen<br />

und zahlungskräftigen Teils davon?<br />

S.U.: Es gibt eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung<br />

die man nicht auf eine Zielgruppe beschränken<br />

darf. Vielmehr ist es ein Erwachen der Allgemeinheit<br />

hin zu neuem Werteempfinden und Qualitätsanspruch.<br />

Wie schnell wächst diese Kundschaft?<br />

S.U.: Sehr schnell – in den letzten zwei Jahren konnte<br />

U M A SA N ein rasantes Wachstum beobachten. Auch<br />

die großen Unternehmen springen auf den Zug auf,<br />

weil sie sehen, dass es nicht um Nischenprodukte geht,<br />

sondern um eine Massenentwicklung.<br />

Was bedeutet das wiederum für die Wachstumspläne<br />

von UMASAN?<br />

S.U.: Für uns ist das natürlich ein positives Zeichen. Der<br />

nationale Markt in Deutschland ist begrenzt, darum<br />

setzt UMASAN auf Internationalisierung. Schwerpunkte<br />

sind USA, Asien sowie unsere klassischen Märkte<br />

Schweiz und Österreich – da besteht bereits ein sehr<br />

hoher Qualitätsanspruch.<br />

In welchen Zeiträumen rechnen Sie und wann<br />

werden die Zahlen schwarz?<br />

S.U.: Unsere Finanzpläne sind auf sieben Jahre angelegt.<br />

UMASAN ist seit dreieinhalb Jahren in der Investitionsphase<br />

auf dem Markt, die nächsten drei Jahre sind<br />

die Wachstumsphasen – da wird noch ordentlich angepackt.<br />

Aber die Tendenz ist sichtbar und es gibt positive<br />

Rückmeldung vom Markt. Unser Anspruch ist, ab dem<br />

sechsten Jahr profitabel zu wirtschaften.<br />

Inwieweit gehört die Gestaltung der Verkaufsräume<br />

zu Ihrer Firmenphilosophie?<br />

S.U.: Das Herz des Berliner Hauptgeschäfts ist in der<br />

Linienstraße in Mitte. Bei der Gestaltung haben wir<br />

lange nach einem natürlichen Material gesucht, das<br />

unseren nachhaltigen Ansprüchen gerecht wird. Holz<br />

ist naheliegend – aber leider nicht immer nachhaltig.<br />

Dabei entdeckten wir etwas ganz Außergewöhnliches:<br />

Ein Teakholz, das vor über 100 Jahren in Bali vergraben<br />

wurde. Es war für den robusten Schiffsbau bestimmt,<br />

denn in der Erde setzt ein Mineralisierungsprozess ein,<br />

der das Holz noch um ein Wesentliches härter macht.<br />

Im Zuge der Industrialisierung wurden diese Hölzer<br />

später vergessen. Sie liegen auch heute noch unter der<br />

Erde in Bali. UMASAN hat es sich zur Aufgabe gemacht,<br />

diese Schätze zu heben und sie so natürlich wie möglich<br />

zu belassen. Wir wollen ihre uralte Energie in unseren<br />

Laden bringen.<br />

Sind die UMASAN-Ideen für viele ein wenig<br />

kompliziert?<br />

S.U.: Aber nein, unsere Vision ist doch eigentlich sehr<br />

einfach: Eine balancierte Lebensweise im Glauben an<br />

die Machbarkeit einer besseren Welt, die nicht durch<br />

Verzicht, sondern durch bessere Ideen, intelligente<br />

Technologien und aktiven Gemeinsinn erreicht wird.<br />

Wer sind Ihre Investoren, wie langfristig ist die<br />

Kalkulation, wie viel Geduld werden Sie zeigen?<br />

S.U.: Die Investoren kommen beispielsweise aus<br />

dem Solarbereich, von Business-Angels und der IBB<br />

Beteiligungsgesellschaft mit einem Kreativwirtschaftsfond,<br />

der vom Berliner Senat und der EU gestützt<br />

werden – und nicht aus dem Fashion-Business.<br />

Engt die Fokussierung auf fernöstlich inspirierte<br />

Stilelemente und japanische Schnitttechnik<br />

den Kundenkreis zu sehr ein?<br />

S.U.: Überhaupt nicht, weil unsere Schnitttechnik auch<br />

nicht an jedem Kleidungsstück sichtbar ist. Grundlegend<br />

geht es um den Tragekomfort, den die japanische<br />

Schnittführung uns bietet. Und genau diese Schlichtheit<br />

im Design und eine Fokussierung auf die Details<br />

ist die versteckte Raffinesse. Deshalb besitzt jedes Teil<br />

seine eigene Identität und Persönlichkeit.<br />

„Die neue Avantgarde ist intellektuell unabhängig,<br />

flexibel, kooperationsfähig und geprägt von einem<br />

hoch entwickelten, individuellen und kommunitären<br />

Verantwortungsbewusstsein – errichtet auf dem<br />

Prinzip der Nachhaltigkeit ohne Verzicht.“<br />

Sandra & Anja Umann<br />

57<br />

FASHION HEROS


B E HÜTE T<br />

I N B ERLI N<br />

EIN PORTRAIT ÜBER DIE MARKE<br />

UND PERSÖNLICHKEIT FIONA BENNETT<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

58


FIONA B ENNETT


FIONA B ENNETT<br />

Wo sieht Frau sich um, wenn sie einen Hut für das nächste Pferderennen<br />

in Ascot braucht? Am besten in Berlin. Etwas Außergewöhnlicheres<br />

wird sie nirgendwo finden. Und wenn sie was raffiniertes<br />

Kleines, Unspektakuläres sucht, das aber sonst noch keine auf dem<br />

Kopf trägt? Dann findet sie das auch in Berlin. Bei der Hutmacherin<br />

Fiona Bennett.<br />

Dieser Laden ist ein Ort des Staunens, und zwar in jeder<br />

Beziehung. Vor den Schaufenstern des strahlendweißen<br />

Etablissements stehen täglich Menschentrauben. Sie<br />

bewundern die außergewöhnlichen Hutkreationen –<br />

und die Modistinnen, die ihre Handwerkskunst quasi<br />

öffentlich zelebrieren.<br />

Handwerkstradition und bürgerliche Eleganz mitten im<br />

Kiez? Nein, ums Bürgerliche geht es der Hutmacherin<br />

wirklich nicht und das Wort spießig fällt einem in ihrer<br />

Gegenwart schon gar nicht ein. Sie ist wie jede ihrer<br />

Hutkreationen selbst ein Solitär, aber auf die uneitelste<br />

Art, die man sich vorstellen kann. Eindruck schinden<br />

ist nicht ihre Art, das hat sie bei ihrem Erfolg auch<br />

gar nicht nötig. Aber Lebensfreude verbreiten und die<br />

Welt ein kleines bisschen schöner machen, das ist ihr<br />

Ding – und fängt bei ihr natürlich am Kopf an. Hört da<br />

aber nicht auf: Sie geht davon aus, dass ein Hut nur gut<br />

aussehen kann, wenn er zum ganzen Menschen passt,<br />

zu seiner Kleidung, seinem Stil – aber auch zu seiner<br />

inneren Einstellung. Ihre Stammkundschaft hat sich<br />

die aus England stammende Fiona Bennett 25 Jahre<br />

lang in Berlin Mitte aufgebaut. Einen ganz besonderen<br />

Kundenkreis kreativer und stilbewusster Menschen.<br />

Sie teilen die von ihr beschworene Leidenschaft für<br />

„Fortschritt, Entwicklung und Experiment“.<br />

Das ging lange gut in Mitte, aber „mit der Verwandlung<br />

des Bezirks habe ich mich immer unpassender und<br />

unwohler gefühlt“, sagt sie rückblickend. „Es kamen<br />

immer mehr Sightseeing-Touristen, ich dachte, mein<br />

Laden wird zu einem Witzmuseum. Ich fühlte mich<br />

dem Ganzen ein wenig ausgeliefert und auch meine<br />

richtigen Kunden wollten da nicht mehr sein!“<br />

„Aus dem Bauch heraus“ hat sie sich dann für das Haus<br />

im Kiez entschieden, die ehemalige Heimstatt des<br />

„Tagesspiegel“ – und da wurde es architektonisch<br />

gleich prachtvoll. Aber den Ausdruck lässt sie nicht<br />

gelten: „Der Laden ist ganz einfach meine Visitenkarte<br />

und soll meine Handschrift perfekt und deutlich zum<br />

Ausdruck bringen.“<br />

Diese „Visitenkarte“ ist komplett<br />

in Weiß gehalten: „Die Nichtfarbe<br />

verbindet die verschiedenen<br />

Stilelemente, die zum Einsatz<br />

kommen. Der Laden ist in drei<br />

verschiedene Themen eingeteilt<br />

– Atelier, Showatelier, Couture<br />

Bereich mit beleuchten Aussparungen in der Wand.“<br />

Sogar der Boden ist weiß. Darin sind mosaikartig Hölzer<br />

eingelassen, darunter Bestandteile von Arbeitstischen,<br />

Hut-Holzköpfen oder Bügelbrettern. Vor allem aber<br />

ist der Salon auf ungewöhnliche Weise „transparent“:<br />

Durch die Schaufenster sind nicht nur die präsentierten<br />

<strong>Mode</strong>lle zu bewundern, jeder kann den Damen im Atelier<br />

bei der Arbeit zusehen. Wenn man nun argwöhnt, ob<br />

das wieder eine Touristenfalle werden soll, reagiert<br />

Fiona Bennett nicht beleidigt, sondern erklärt geduldig,<br />

worum es ihr geht: „Ich verkaufe ein Lebensgefühl<br />

und eine Welt, der man sich zugehörig fühlen soll. Die<br />

Wirkung an diesem Ort hat etwas sehr weltstädtisches,<br />

ein Hutladen dieser Größe und Dimension mit 20<br />

Metern Schaufensterfront wirkt ungewöhnlich. Ein<br />

architektonischer Traumladen, Fenster bis zum Boden,<br />

man ist mit der Straße verbunden und trotzdem in<br />

einem geschützten Raum. Ich gebe dem Handwerk eine<br />

Bühne, auf der die Hutmacherinnen in einer schicken<br />

Uniform die <strong>Mode</strong>lle herstellen. Und auf dieser Bühne<br />

werden die Hüte gleichzeitig verkauft.“<br />

61<br />

FASHION HEROS


„FÜR EINEN KULTURMENSCHEN<br />

GEHÖRT MODE EINFACH DAZU<br />

UND DER HUT IST EIN STÜCK<br />

KULTURGUT.“<br />

Fiona Bennett<br />

Fiona Bennett wollte „einen Abenteuerspielplatz<br />

für Erwachsene“ schaffen,<br />

wie sie es nennt, „einen Ort, der<br />

zum Träumen anregt“. Das ist ihr<br />

zweifellos gelungen, doch bleibt die<br />

Frage, wie man damit Geld verdient.<br />

Es klingt nach einem Kunststück,<br />

Hüte mit Gewinn zu verkaufen, deren handwerkliche<br />

Herstellung Tage oder sogar Wochen dauert. Dazu<br />

sagt die Chefin: „Bei mir decken drei Mitarbeiter das<br />

Fundament ab. Zwei Teamkollegen sind meine Partner,<br />

dazu kommen eine Hutmacherin und freie Mitarbeiter.<br />

Wir geben unser Wissen weiter und haben einen Ausbildungsbereich<br />

für zwei Lehrlinge geschaffen. Unsere<br />

Produkte liegen in der Mischkalkulation zwischen<br />

Einzelanfertigungen und andererseits Imageträgern,<br />

so dass wir preislich einen kalkulatorischen Spielraum<br />

haben. Für die ausländischen Kunden sind wir übrigens<br />

preiswert – aber nicht für die Berliner, die pflegen einen<br />

extremen Kostenvergleich!<br />

Alle tun das gottseidank nicht, Fiona Bennetts Kundenkreis<br />

hat eine erstaunliche Bandbreite. Dazu gehören<br />

Künstler und Adlige, Manager und Kreative – und auch<br />

das Mädel von nebenan. „Von 18 bis 88“ sagt Fiona<br />

Bennett und findet für ihre Kundenschar kurzerhand<br />

diese Definition: „Für einen Kulturmenschen gehört<br />

<strong>Mode</strong> einfach dazu und der Hut ist ein Stück Kulturgut.“<br />

Bei der Verbreitung dieses Kulturguts unterstützen die<br />

geniale Modistin immer wieder berühmte Namen wie<br />

der Musiker Roger Cicero oder der Schauspieler Brad<br />

Pitt mit seiner Malcolm-Kappe. Von einer wachsenden<br />

geschäftlichen Bedeutung ist die neue Linie „Kiss“, die<br />

im Jahr 2009 aus der Couture entstanden ist. Diese<br />

Zweitlinie entwickelt sich „rasant“ wie Fiona Bennett<br />

konstatiert, „sie ist für unser Geschäftsumfeld sehr<br />

wichtig, aber lange noch nicht da, wo sie hin soll.<br />

Den Gedanken produzierbarer zu werden, wollen wir<br />

weiter in die Zukunft ausbauen.“<br />

Keine kleine Herausforderung für die kreative Hutmacherin.<br />

Sie wandert zwischen dem Geschäft in<br />

der Potsdamer Straße, dem Organisationsbüro in<br />

Kreuzberg, das ihr Partner und Lebensgefährte Hans<br />

Böhme leitet, und dem „Kiss“ Produktionsbüro, wo<br />

ihre Partnerin Emmy Urban sitzt. Um diesen Kreislauf<br />

ihrer drei Stationen gelegentlich zu unterbrechen, hat<br />

sie ebenfalls ein ganz persönliches <strong>Mode</strong>ll entwickelt:<br />

Sie zieht sich zwecks Entschleunigung zurück auf ihr<br />

Hausboot im Berliner Umland. „Da fühle ich mich so<br />

wohl und geborgen, als wäre ich in einen schmeichelnden<br />

Sarong gewickelt.“<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

62


FIONA B ENNETT


F<br />

v<br />

F<br />

FREUNDE von FREUNDEN


F v F<br />

Wie andere Menschen heute leben, mit welcher Art<br />

von Kunst und Design, in welches Ambiente sie Freunde<br />

einladen – all das erfährt man eindrucksvoll im Online<br />

Magazin Freunde von Freunden. Und nun haben die<br />

Gründer Tim Seifert, Frederik Frede und Torsten<br />

Bergler mit ihrem Team den virtuellen Kosmos ihrer<br />

Ideen gewissermaßen materialisiert: In ihrem Berliner<br />

Vitra-Apartment. In dieser Altbauwohnung, einem<br />

Musterbeispiel für urbanes Leben im Zeitalter der<br />

Nachhaltigkeit, treffen sich Leute aus ihrem<br />

Netzwerk – und Gäste.<br />

STATEMENTS DES MITBEGRÜNDERS Fv F<br />

T I M S E I F E R T<br />

65 LEBENSART


Z U G A S T B E I E I N E M<br />

A U S S E R G E W Ö H N L I C H E N<br />

G A S T G E B E R<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong>


F v F<br />

Die GLOBALISIERUNG<br />

führt sowohl zur Ausbreitung<br />

bestimmter Standards als auch<br />

zu mehr individuellen Nischen.<br />

Wenn man die Lebenswelten von<br />

Kreativen weltweit vergleicht,<br />

sind sehr interessante Tendenzen<br />

und Muster zu erkennen. Design<br />

Klassiker paaren sich mit neuen<br />

Interpretationen, Establishment<br />

mit Rebellion.<br />

Die PERSÖNLICHKEIT ist<br />

in der Einrichtung heute deutlicher<br />

zu erkennen als früher. Bestimmte<br />

Details, wie das Lieblingsbuch, die<br />

Geschichte zu einem Bild an der<br />

Wand, das alte paar Lederschuhe in<br />

der Ecke, die Vintage Sonnenbrille<br />

etc. sind einzigartig – wie die<br />

Menschen und ihre Geschichten.<br />

Das VITRA-APARTMENT<br />

ist praktisch eine Erweiterung<br />

unserer Vision, die wir mit dem<br />

Online-Magazin verfolgen. Wir<br />

haben uns überlegt, wie man ein<br />

Wohnkonzept umsetzen kann, in<br />

dem Vitra stattfindet, aber auch<br />

unsere Erfahrungen einfließen.<br />

Es sollte kein Showroom sein,<br />

sondern von der Kreativität und<br />

dem Netzwerk von Freunde von<br />

Freunden leben. Gemeinsam mit<br />

den Architekten Etienne Descloux<br />

und Katrin Greiling haben wir uns<br />

eng mit Matthias Wesselmann von<br />

Vitra abgestimmt und ein Konzept<br />

entworfen.<br />

Das internationale<br />

„URBAN LIVING“<br />

bekommt immer mehr Tempo.<br />

Trends entwickeln sich sehr<br />

dynamisch, Individualität wird<br />

immer wichtiger, Mobilität<br />

und Freiheit ersetzen die alten<br />

Statussymbole. Man denkt weniger<br />

in Ländern als in Städten. Alles ist<br />

vernetzt, Kommunikation findet<br />

ständig statt.<br />

Wir stellen fest, dass die Menschen<br />

in unserem Netzwerk immer mehr<br />

bewusst leben und sich Gedanken<br />

zum KONSUM machen.<br />

Das spiegelt sich auch in den<br />

Einrichtungen und Wohnsituationen<br />

wieder.<br />

Am Verhältnis<br />

LADENVERKAUF und<br />

E-COMMERCE wird sich<br />

in Zukunft einiges ändern. Die<br />

Bereiche wachsen enger zusammen.<br />

Immer mehr Dienstleistungen<br />

können mittlerweile digital<br />

abgerufen werden. Vieles ist<br />

automatisiert. Im Bezug auf den<br />

Kauf von Design-Möbeln wird es<br />

wohl immer den Showroom geben.<br />

Die Geschichten dazu im Internet<br />

und die schlussendliche Bezahlung<br />

findet mit ziemlicher Sicherheit<br />

auch online statt. Doch die Haptik<br />

teurer Möbelstücke und der reale<br />

Eindruck von Kunst ist schwer im<br />

Internet zu replizieren. Deshalb<br />

werden Galerien immer ihren<br />

Platz haben.<br />

Das ist es, was die Portraits<br />

und Interviews in unserem<br />

Online-Magazin spannend und<br />

abwechslungsreich macht: Wie<br />

jeder Mensch seine persönliche<br />

Welt auf besondere Art und<br />

Weise individuell gestaltet. So<br />

blickt man immer wieder in neue<br />

LEBENSCOLLAGEN<br />

echter Menschen.<br />

Unser Bereich für<br />

ARCHITEKTUR und der für<br />

GASTLICHKEIT lassen sich<br />

problemlos verknüpfen. Bei uns<br />

stehen ja nicht „Stile“ sondern die<br />

Menschen im Mittelpunkt. Mit<br />

den kreativen Menschen kommen<br />

die Themen, die wir meistens<br />

als „Verticals“ bezeichnen. Das<br />

vereinfacht uns das Vorgehen in<br />

der Vermarktung. Und in Zukunft<br />

werden wir noch<br />

~<br />

tiefer in diese<br />

vertikalen Themen einsteigen –<br />

Design, Essen, <strong>Mode</strong>, Reisen.<br />

Die Marken müssen sich in der<br />

Zukunft darauf einstellen, viel mehr<br />

TRANSPARENZ zu bieten.<br />

Gleichzeitig müssen sie dem Käufer<br />

einen emotionalen Zugang öffnen<br />

und ihn zum Kauf inspirieren.<br />

Wir arbeiten zur Zeit an einem<br />

<strong>Mode</strong>ll, das qualitative Inhalte und<br />

E-Commerce in einer spannenden<br />

Form verbindet.<br />

67 LEBENSART


<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong>


F v F


I M R E CHTEN L ICHT<br />

WHO’ S<br />

THA T<br />

GIRL?<br />

FOTOS UND STATEMENTS VON XIOMARA BENDER


I M R E CHTEN L ICHT<br />

M O D E<br />

Ein nicht greifbares Phänomen. Zumeist spiegelt sie das Lebensgefühl einer Zeit. Im Idealfall<br />

ist sie sogar zeitlos. Als angehende Fotojournalistin ist sie für mich dabei so beweglich und<br />

vergänglich wie der Bruchteil einer inszenierten Sekunde, deren authentische Mitte es<br />

festzuhalten gilt. Persönlichkeiten, die sie souverän nutzen, um damit en passant eine<br />

gefestigte Identität wirkungsvoll zu unterstreichen, sind diejenigen, die mich als Fotografin<br />

interessieren – ob prominent oder unbekannt. Die Magie der Schwarzweißfotografie<br />

fokussiert dabei für mich ganz zufällig auf das Wesentliche.<br />

Xiomara Marianella Charlotte-Amalie Bender<br />

73 LEBENSART


75<br />

I M R E CHTEN L ICHT


Name: Xiomara Marianella Charlotte-Amalie Bender<br />

Geburtsort: Basel /Schweiz<br />

Alter: 26 Jahre<br />

Auszeichnung: Berlinale Close UP! Gewinnerin 2<strong>01</strong>4 – C /O Berlin<br />

Leidenschaft: Alles, was ich noch nicht kenne und weiß.<br />

Überzeugung: Habe immer mehr Fragen als Antworten.<br />

Inspiration: All die wunderbaren Menschen, die mich auf meiner<br />

Lebensreise begleiten und sie ausschließlich dadurch bereichern.<br />

Auftrag: Durch meine Bilder eine von unvoreingenommenem Interesse<br />

statt abschließender Urteile getragene Diskussion zu entfalten.<br />

Wunsch: Da das Glück ja gerade im Wünschen besteht,<br />

ist mein Wunsch das immerwährende Wandern zum Ziel.<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

76


I M R E CHTEN L ICHT


Ab wann behindert Struktur meine Freiheit?<br />

Muss man in Zeiten des Überflusses<br />

noch Innovationen erschaffen?<br />

Können einer Idee wirklich Flügel wachsen?<br />

Wäre das nicht der richtige Moment, um einfach<br />

mal zu springen – ganz ohne doppelten Boden?<br />

Hat die Angst vor der Deadline eine Farbe?<br />

Besser, neuer, höher, weiter – bombastisch genug?<br />

F R A G E N ,<br />

D I E<br />

Tick, tack, tick, tack –<br />

Kreativität wo bist Du?<br />

S I C H<br />

K R E A T I V E<br />

T Ä G L I C H<br />

Wie kann ich möglichst schnell in die Schuhe<br />

der Zielgruppe schlüpfen?<br />

Wie schmeckt die Marke der Zukunft?<br />

D E N K E N<br />

Ist gut wirklich teuer?<br />

Wie kann ich meine Idee<br />

am besten verkaufen?<br />

Wenn nun alle einzigartig sind,<br />

wird dann die Einzigartigkeit zum Mainstream?<br />

Sind die nie wach?<br />

Wie kann ich nachhaltige Ideen kreieren?<br />

Ist das Business relevant?<br />

Wie kann ich schwarze Schwäne züchten?<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

78


D I E L E TZTE S E ITE<br />

Ab wann gefährdet Freiheit meine Struktur?<br />

Was ist die nächste<br />

relevante Innovation?<br />

Wie bekommt eine Idee die nötige Bodenhaftung?<br />

Wo ist mein doppelter Boden?<br />

Oder fehlt mir nur der Mut?<br />

Hat die Farbe für mich eine Relevanz?<br />

Wo ist das Saatgut für den Geldbaum?<br />

Tick, tack, tick, tack –<br />

Wo sind die Ergebnisse?<br />

F R A G E N ,<br />

D I E<br />

Das sind doch nicht die Schuhe<br />

der Zielgruppe, oder?<br />

Wie kann ich den Geschmack konservieren?<br />

S I C H<br />

U N T E R N E H M E R<br />

T Ä G L I C H<br />

Ist teuer wirklich gut?<br />

D E N K E N<br />

Überzeugt mich die Idee oder<br />

nur die Verpackung?<br />

Wer sind die neuen Zielgruppen<br />

abseits vom Mainstream?<br />

Schlafen die nie?<br />

Kann ich Kunden für nachhaltige Ideen begeistern?<br />

Ist das businessrelevant?<br />

Wie kann ich schwarzen Schwänen<br />

ein weißes Federkleid geben?<br />

79<br />

FRAGEN


CÖLLEN&PÉRON<br />

–<br />

THE SOCIAL I MPACT COMPANY<br />

Die Deutsche Textilindustrie setzte zuletzt rund 16<br />

Milliarden Euro um, wie viel davon die nachhaltige <strong>Mode</strong><br />

ausmacht, ist fraglich, denn die Branche ist geprägt von<br />

der Globalisierung. 90 % der in Deutschland erhältlichen<br />

Bekleidung stammt aus Importen, und Skandale, wie der<br />

Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza in Bangladesch<br />

letztes Jahr, sind Folgen der globalisierten Textilindustrie.<br />

Seitdem herrscht zunehmender Druck für die <strong>Mode</strong>ketten,<br />

sich nachhaltiger auszurichten. Die „Conscious“<br />

Linie von H&M ist ein Versuch darauf zu antworten,<br />

geriet allerdings jüngst unter Kritik, da sich das<br />

Unternehmen in vielen Produktionsländern nicht zur<br />

Zahlung des Existenzlohns verpflichtete.<br />

Die Textilindustrie ist auf die Eingaben tausender<br />

verschiedener Menschen auf dem Weg der Produktion<br />

angewiesen, sodass die Transparenz ein besonders<br />

herausforderndes Thema darstellt. Laut Autorin und<br />

Forscherin, Sass Brown, verstehen nur sehr wenige<br />

Menschen die Komplexität der <strong>Mode</strong>branche, selbst<br />

unter denen, die dem engeren Kreis angehören. Wenn<br />

noch nicht einmal die Unternehmen oder Marken die<br />

Probleme in ihren Lieferketten adressieren oder realisieren,<br />

welche Auswirkungen ihre Entscheidungen<br />

haben könnten, wie kann erwartet werden dass der<br />

Konsument oder andere interessierte Parteien diese<br />

adressieren können?<br />

Sass Brown glaubt, ein Weg zur Lösung sei, uns selbst<br />

zu erziehen und Antworten von den <strong>Mode</strong>labels zu<br />

verlangen, z.B. über soziale Medien, Webseiten und<br />

durch Kampagnen, wie „Fashion Revolution“, einer<br />

globalen Bewegung, die versucht, das Bewusstsein für<br />

die „wahren Kosten“ der <strong>Mode</strong> zu schärfen.<br />

Die Verantwortung liegt nun bei den <strong>Mode</strong>firmen<br />

selbst, die notwendigen Investitionen zu tätigen. Doch<br />

unvermeidlich wird sein, dass ein Großteil der Kosten<br />

auf den Konsumenten abgewälzt wird.<br />

<strong>danmag</strong> | MODE <strong>01</strong><br />

80


C Ö LLEN&PÉ R O N<br />

Was sind die wahren Kosten<br />

der Textilindustrie und wer<br />

trägt die Verantwortung?<br />

Der Konsument würde laut einer Studie, eine Preiserhöhung<br />

von zirka fünf Prozent hinnehmen, solange es<br />

eine Garantie dafür geben würde, dass Arbeiter fair<br />

behandelt werden und sichere Arbeitsbedingungen<br />

geschaffen sind.<br />

überprüfen kann, ob <strong>Mode</strong>-Retailer die geforderten<br />

Mindeststandards einhalten. Das bedeutet, dass eine<br />

Umstellung auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit<br />

für Textilunternehmen zunehmend wichtig sein wird,<br />

um wettbewerbsfähig bleiben zu können.<br />

Nach wie vor weigert sich aber die Masse der Endkonsumenten<br />

wesentlich mehr für nachhaltige Produkte zu<br />

bezahlen – nicht zuletzt aufgrund fehlender Transparenz,<br />

was hinter den Nachhaltigkeitssiegeln steckt. „Es gibt<br />

ganz unterschiedliche Qualitätssiegel auf dem deutschen<br />

Markt, aber auch auf dem europäischen Markt, was<br />

Bekleidung betrifft, das ist ein richtiger Dschungel. Ich<br />

glaube, als einzelner Verbraucher ist man da wirklich<br />

völlig überfordert.“ So Maren Knolle, Geschäftsführerin<br />

der Berliner Beratungsfirma Sustainability Agents.<br />

Ein neues Textilsiegel zur Einhaltung sozialer und<br />

ökologischer Mindeststandards soll nun bis Ende des<br />

Jahres in Deutschland eingeführt werden. Zudem soll es<br />

ein Internetportal geben, wo jeder deutsche Konsument<br />

Unser Ziel ist es, Unternehmen zu helfen, sich Pro-Aktiv<br />

für die Herausforderungen der Zukunft aufzustellen,<br />

durch Lösungen, die einen nachhaltigen Mehrwert für<br />

das Unternehmen und die Gesellschaft schaffen.<br />

Wir unterstützen Kunden dabei, Nachhaltigkeitsstrategien<br />

und Projekte zu diesem Zweck entlang des Kerngeschäfts<br />

zu entwickeln, die Mitarbeiter in diese auch<br />

einzubinden und dafür zu begeistern. Wir helfen durch<br />

eine robuste Wirkungsmessung (inklusive Berechnung<br />

der Sozialrendite und des Return on Investment), den<br />

Erfolg dieser Initiativen zu garantieren.<br />

☛ CÖLLEN&PÉRON GmbH ist ein Kooperationspartner<br />

von dan pearlman.<br />

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LEBENSART


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IMPRESSUM<br />

dan pearlman Markenarchitektur GmbH<br />

Kiefholzstraße 1, 12435 Berlin<br />

T: +49 (0) 30 53 000 560<br />

F: +49 (0) 30 53 000 588<br />

www.danpearlman.com<br />

Geschäftsführung: Nicole Srock.Stanley<br />

Registergericht und Registernummer: Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, HRB 74005<br />

Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gemäß § 27 a Umsatzsteuergesetz: DE 207541440<br />

Herausgeber: Nicole Srock.Stanley<br />

Chefredaktion (verantwortlich): Friederike Heyne (f.heyne@danpearlman.com)<br />

Produktionsleitung: Daniela Eksen<br />

Autor: Leo Pesch<br />

Gastautoren: Frank Rehme, Dieter Rung<br />

Creative Director: Jork Andre Dieter<br />

Art Director: Arlen Schael<br />

Grafik: Paula Linke<br />

Reinzeichnung: Bettina Blome<br />

Illustrationen: Paula Sanz Caballero (S. 4 - 9)<br />

Fotografie: Xiomara Bender (S. 70 - 77)<br />

DTP: ZwieblerDesign, Zornedinger Straße 11a, 85653 Aying, www.zwiebler.de<br />

Druck: Sellier Druck GmbH, Angerstr. 54, 85354 Freising, www.appl.de<br />

Bildnachweis: Mario Sorrenti (S. 13); Wolfgang Stahr (S. 14 - 17); Mark Sanders (S. 25 - 29); BiBA GmbH (S. 38);<br />

Mat Hennek (S. 44 - 45); Suzana Holtgrave (S. 47); UMASAN (S. 52 - 56); Jennifer Steinke (S. 57);<br />

Joachim Gern (S. 58, S. 62); Seregel (S. 59); Sebastian Burgold (S. 60); Jackie Hardt (S. 63);<br />

FvF – freundevonfreunden.com (S. 64 - 69); Xiomara Bender (S. 70 - 77); fashionrevolution.org (S. 80 - 81)<br />

Vielen Dank an unsere Kooperationspartner:<br />

Andrea Kolb (www.abury.de)<br />

Sandra & Anja Umann (www.umasan-world.com)<br />

Fiona Bennett (www.fionabennett.de)<br />

Tim Seifert (www.freundevonfreunden.com)<br />

Xiomara Bender (www.xiomara-bender.com)<br />

CÖLLEN&PÉRON GmbH (www.coellenperon.de)<br />

Dieter Rung, Zentrumsleiter Pflege und Pädagogik, Clienia Littenheid (CH) (www.clienia.ch)<br />

Frank Rehme, Innovationstrainer (www.frank-rehme.de)<br />

Erscheinungsweise: Das Magazin <strong>danmag</strong> erscheint zweimal jährlich.<br />

Haftungshinweis:<br />

© 2<strong>01</strong>4 für alle Beiträge bei dan pearlman GmbH. Alle Rechte vorbehalten.<br />

Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung. Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle übernehmen wir keine Haftung<br />

für die Inhalte externer Links. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich.<br />

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ISSN 2199-3688<br />

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