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Batseba und die Ehebrecherin Predigt 1. Advent ... - von St. Ludwig

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Es ist als kulminierten in Jesus <strong>von</strong> Nazareth mit den unbewußt weitergegebenen<br />

Erfahrungen seiner Vorfahren <strong>die</strong> Erfahrungen des Menschseins als solchem. Jeder der<br />

genannten Namen beschreibt eine Erfahrungspalette, <strong>die</strong> dem Menschensohn als dem<br />

„Sohn Davids“ zur Verfügung stehen wird. Von ihm gilt daher tatsächlich, daß „nichts<br />

Menschliches ihm fremd“ war.<br />

Lesen wir in <strong>die</strong>sem Zusammenhang <strong>die</strong> uns überlieferte Erzählung <strong>von</strong> <strong>Batseba</strong>, der<br />

Frau des Urija. Eigentlich <strong>die</strong> Erzählung <strong>von</strong> David <strong>und</strong> <strong>Batseba</strong>. Und noch eigentlicher<br />

<strong>die</strong> Erzählung <strong>von</strong> Urija, dessen Frau, <strong>Batseba</strong>, <strong>von</strong> David, seines toten Kindes <strong>und</strong> <strong>von</strong><br />

Salomo. Denn so hängen <strong>die</strong> Dinge zusammen. Wer weiß um <strong>die</strong> Ehe Urijas mit der<br />

zunächst nicht beim Namen genannten Frau? Die jüdische Tradition äußert hie <strong>und</strong> da<br />

<strong>die</strong> Auffassung Batsheba sei <strong>von</strong> je her David bestimmt gewesen. Daß sie in der<br />

Darstellung des Mattäus nicht mit Namen genannt, sondern als „Frau des Urija“ <strong>und</strong><br />

dann als „Mutter Salomos“ bezeichnet wird, reduziert sie auf ihre jeweilige Rolle, aus der<br />

sie erst tritt als David sie rufen läßt <strong>und</strong> mit Namen anspricht. Nicht mehr nur „Frau des“<br />

<strong>und</strong> „Mutter <strong>von</strong>“, sondern: <strong>Batseba</strong>. Endlich gemeint <strong>und</strong> beim Namen genannt. Und das<br />

auf Abwegen. Denn Ehebruch bleibt Ehebruch. Er wird als das benannt, was er ist. David<br />

bekennt seine Schuld. Was ist mit der <strong>Batseba</strong>s Schuld? Ist sie nichts als Opfer eines<br />

wolllüstigen Herrschers? Opfer männlicher Begierde? Oder gar einer Vergewaltigung?<br />

Oder doch auch ihrer misslungenen Ehe? Und also jener Namenlosigkeit, zu der sie<br />

verdammt schien? Ist sie Opfer jener so wohltuenden Aufmerksamkeit Davids, der ihre<br />

Schönheit nicht nur aus Wollust, sondern im Sinne einer nie gekannten Wertschätzung<br />

wahrnahm? Sah er sie nicht nackt? So jedenfalls stellte Jan Massys sie dar. Sie finden<br />

eine Reproduktion seines 1562 entstandenen Gemäldes „David <strong>und</strong> Bathseba“ auf der<br />

Rückseite Ihres Liedblattes. Er nahm sie nackt wahr. Also so wie sie jenseits der ihr<br />

aufgedrängten <strong>und</strong> offensichtlich eingenommenen Rolle eigentlich <strong>und</strong> wirklich ist. Eben<br />

jenseits ihrer Klamotte. Aus den abertausend Verkleidungen ihres Ichs entstiegen: sie<br />

selbst. Fühlte sie sich demgegenüber <strong>von</strong> dem Krieger Urija in ihrer Schönheit, in ihrem<br />

So-Sein, in ihrem Eigen-Sein nicht wahrgenommen, sondern auf ihre Rolle reduziert?<br />

Und jetzt er. Dieser Blick! So angesehen fühlt sie sich wie neugeboren.<br />

Wie eigenartig sich Schuld <strong>und</strong> Heil verbinden! Die Schuld gebiert zunächst Tod <strong>und</strong><br />

Ränke, Taktik <strong>und</strong> Verzweiflung, Tränen <strong>und</strong> Verlust. Man sagt <strong>von</strong> David er habe<br />

angesichts <strong>die</strong>ser Gemengelage unaufhörlich geweint. Ein beredtes Zeugnis seiner Reue<br />

gibt Psalm 51, der überschrieben ist „Ein Lied Davids nachdem der Prophet Natan ihn<br />

wegen seines Ehebruchs mit <strong>Batseba</strong> zurechtgewiesen hatte“. Von den Tränen <strong>Batseba</strong>s<br />

nicht zu sprechen. Es scheint als seien beide nicht in der Lage <strong>die</strong> Konsequenzen des<br />

eigenen Handels übersehen zu können. Schuld hat Folgen. Ein Wirrwahr der Gefühle.<br />

Hier: ein Gemisch aus Trauer, Reue, Liebe, Sehnsucht, Bangen, Versuchung <strong>und</strong> Lust.<br />

Sie spüren, daß das, was da erzählt wird, uns nicht fremd ist. Nicht unbedingt in <strong>die</strong>sen<br />

Zusammenhängen, obwohl auch in <strong>die</strong>sen Zusammenhängen: ich muß Sie nicht an <strong>die</strong><br />

hohen Scheidungszahlen, an das viele Leid, an <strong>die</strong> Enttäuschung, an <strong>die</strong> Untreue <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Verzweiflung erinnern, <strong>die</strong> mit Trennungen verb<strong>und</strong>en sind <strong>und</strong> <strong>die</strong> sie für <strong>die</strong><br />

Betroffenen zeitigen.<br />

Es bricht aber in unseren Familien-, <strong>und</strong> in unseren persönlichen Biographien weitaus<br />

mehr. Hin <strong>und</strong> wieder stehen wir solchen Entwicklungen machtlos gegenüber, sind noch<br />

Generationen später da<strong>von</strong> geprägt oder irgendwie in unserer Disposition betroffen. So<br />

ist es eben zwischen Menschen <strong>und</strong> in Familien. Die Geschichten gehen nicht glatt. Wer

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