Dresden Alt und Neu - Schau Verlag Hamburg
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„Wir wollen ein spannendes<br />
Miteinander schaffen“<br />
Jörn Marx, Bürgermeister für Stadtentwicklung in <strong>Dresden</strong>, über den<br />
architektonischen Fahrplan der sächsischen Hauptstadt – <strong>und</strong> warum er den<br />
Werkstoff Stahl so mag<br />
Jörn Marx ist seit 2008<br />
Bürgermeister im<br />
Geschäftsbereich<br />
Stadtentwicklung in<br />
<strong>Dresden</strong><br />
Wenn die Morgensonne das Wasser<br />
der Elbe glitzern <strong>und</strong> die berühmte<br />
<strong>Alt</strong>stadtsilhouette aufleuchten lässt,<br />
dann geraten sogar die Dresdner<br />
selbst ins Schwärmen. Das gilt umso mehr, seitdem<br />
die mächtige Kuppel der Frauenkirche das Stadtbild<br />
wieder komplettiert. <strong>Dresden</strong> gehört zu den begehrtesten<br />
Reisezielen in Deutschland. R<strong>und</strong> 10 Millionen<br />
Besucher zählt die Stadt jedes Jahr. Die meisten<br />
sind auf der Suche nach einem Mythos, nach dem<br />
„deutschen Florenz“, wie Johann Gottfried Herder<br />
die sächsische Residenz einst nannte. Seit 1990,<br />
dem Jahr der deutschen Wiedervereinigung, ist viel<br />
Geld für die Restauration der historischen Gebäude<br />
geflossen – allein der Wiederaufbau der Frauenkirche<br />
kostete r<strong>und</strong> 180 Millionen Euro.<br />
Parallel dazu wurde von der Stadtplanung ganz<br />
bewusst zeitgenössische Architektur gefördert – „um<br />
ein spannendes Nebeneinander von <strong>Alt</strong> <strong>und</strong> <strong>Neu</strong> zu<br />
schaffen“, wie es Jörn Marx, Bürgermeister für Stadtentwicklung<br />
in <strong>Dresden</strong>, in einem Gespräch mit STIL<br />
formulierte. Er selbst residiert mit seiner Behörde in<br />
einem dieser neuen Ausrufezeichen <strong>Dresden</strong>s – im<br />
World Trade Center an der Freiberger Straße, einem<br />
lichten Komplex aus Stahl <strong>und</strong> Glas. Aus seinem<br />
Eckbüro im achten Stock liegen ihm die Highlights<br />
seiner Stadt zu Füßen. Der Blick geht an klaren Tagen<br />
über die Elbe bis hin zur Loschwitzer Brücke, dem<br />
„Blauen W<strong>und</strong>er“, für deren Bau zwischen 1891 <strong>und</strong><br />
1893 r<strong>und</strong> 3.500 t Stahl eingesetzt wurden.<br />
STIL: Gut 20 Jahre nach der Wiedervereinigung – wo<br />
steht <strong>Dresden</strong> heute architektonisch?<br />
Jörn Marx: Ich kenne schon von Berufs wegen viele<br />
Städte. Und deshalb behaupte ich, dass das, was wir<br />
hier in <strong>Dresden</strong> machen, zur europäischen Spitze<br />
zählt. Dieses Spiel zwischen <strong>Alt</strong> <strong>und</strong> <strong>Neu</strong>, das man<br />
zum Beispiel in der Salzgasse w<strong>und</strong>erbar beobachten<br />
kann – auf der einen Seite historische Gebäude, auf<br />
der anderen ganz bewusst zeitgenössische Architektur<br />
– das ist schon ziemlich einmalig.<br />
STIL: Wie weit mischt sich die Stadtplanung in<br />
<strong>Dresden</strong> ein?<br />
Marx: Bei historischen Stadtteilen wie zum Beispiel<br />
r<strong>und</strong> um den <strong>Neu</strong>markt schauen wir schon sehr genau<br />
hin. Da schreiben wir teilweise bis zur Fassadenfarbe<br />
alles vor. Bei <strong>Neu</strong>bauten muss sich der Bauherr<br />
nur an der allgemeinen Planung orientieren.<br />
STIL: Architektur ist ja ein beliebtes Streitthema in<br />
jeder Kommune. Wie sieht es mit dem Konsens in<br />
<strong>Dresden</strong> aus? Baut man <strong>Alt</strong>es originalgetreu wieder<br />
auf, ist oft abfällig von Historisierung die Rede, aber<br />
Glas <strong>und</strong> Stahl passen auch nicht jedem.<br />
Marx: Unterschiedliche Auffassungen existieren<br />
bei uns natürlich auch. Aber wie beim langjährigen<br />
Streitpunkt <strong>Neu</strong>markt sind es oft gar nicht gr<strong>und</strong>sätzliche<br />
Dinge, sondern eher Details, um die man<br />
streitet. Und Stahl <strong>und</strong> Glas sind für mich eine Kombination,<br />
ohne die zeitgenössische <strong>und</strong> ästhetische<br />
Architektur gar nicht möglich ist.<br />
STIL: Beim Thema Infrastruktur kommt man nicht<br />
um die Waldschlösschenbrücke herum, wegen<br />
deren Bau <strong>Dresden</strong> seinen Status als Weltkulturerbe<br />
verloren hat …<br />
Marx: Mich ärgert die ganze Diskussion. Es ist ja<br />
ein komplettes Verkehrssystem, das die Stadtteile<br />
nördlich <strong>und</strong> südlich der Elbe nach der Eröffnung in<br />
den nächsten Monaten miteinander verbindet <strong>und</strong><br />
nicht nur die Brücke. Und ich bin nach wie vor der<br />
Meinung, dass <strong>Dresden</strong> diese dringend braucht.<br />
STIL: Wie lautet das Ziel der Stadtplanung, wo steht<br />
<strong>Dresden</strong> in zehn, 20 Jahren?<br />
Marx: <strong>Dresden</strong> ist eine wieder wachsende Stadt.<br />
Zurzeit leben r<strong>und</strong> 535.000 Menschen bei uns, unser<br />
Ziel sind 600.000 – so viel, wie es vor 1990 schon<br />
einmal waren. Das <strong>Dresden</strong> von heute ist äußerst<br />
attraktiv. Es punktet nicht nur mit einem hohen Freizeitwert<br />
<strong>und</strong> bietet u. a. in den Bereichen Pharma,<br />
Auto- <strong>und</strong> Maschinenbau attraktive Arbeitsplätze –<br />
mit 44.000 Studenten sind wir auch eine junge Stadt.<br />
Anders als zum Beispiel <strong>Hamburg</strong> verfügen wir noch<br />
über viele freie Brachflächen in der Stadt, sodass<br />
es platzmäßig überhaupt kein Problem gibt, genug<br />
Wohnraum zu schaffen. Neben einer Verdichtung<br />
der Wohnbebauung <strong>und</strong> damit einer weiter zunehmenden<br />
Urbanität planen wir aber auch ganz neue<br />
Wohnviertel. Ein Beispiel ist das mehr als 50 Hektar<br />
große Areal „Leipziger Vorstadt – <strong>Neu</strong>städter Hafen“<br />
direkt an der Elbe. Dort sollen bis 2025 einmal<br />
1000 Menschen leben.<br />
Fotos: PHOTOBOJAHR.DE<br />
Das Dresdner World Trade<br />
Center, in dem auch die<br />
Stadtplanung ihren Sitz hat<br />
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