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Dr. Götz Klostermann Vortrag „Gestaltung von Schul- und - Allgemein

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<strong>Dr</strong>. Götz <strong>Klostermann</strong><br />

<strong>Vortrag</strong> „Gestaltung <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsverträgen“:<br />

gehalten auf der Tagung der Wirtschaftskonferenz der<br />

Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen <strong>Schul</strong>bünde e.V. am<br />

28. Mai 1999 in Herchen


Seite 2<br />

Vorwort:<br />

Von einem perfekten Schema für die Gestaltung <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsverträgen<br />

kann kaum die Rede sein. Konsequent gibt es auch keinen Mustervertrag, der als<br />

Gr<strong>und</strong>lage für die konkrete Vertragsgestaltung dienen könnte. Die bestehenden<br />

vertraglichen Regelungen gründen zum einen auf dem Umfang notwendiger<br />

Vereinbarungen, zum anderen auf Erfahrungswerten, die zumindest teilweise durch<br />

rechtliche Auseinandersetzungen erzielt wurden.<br />

Auch dieser Beitrag erhebt deshab nicht den Anspruch auf Vollständigkeit <strong>und</strong> zeitlose<br />

Gültigkeit. Vielmehr zeigen die hier aufgezeigten Lösungen Ansätze, die es für die<br />

Vertragsgestaltung zu beachten gilt.<br />

1. Teil: Einführung in die Problemlage<br />

Ein Blick auf die Themenstellung „Gestaltung <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsverträgen“ mag<br />

die Vermutung nahelegen, es handele sich dabei um eine einheitliche Angelegenheit.<br />

Der Vertrag über die Unterbringung eines Schülers in einem Internat, üblicherweise,<br />

wenn auch nicht zwingend, verb<strong>und</strong>en mit dem Beschulungsvertrag an einer privaten<br />

Ersatzschule in einheitlicher Trägerschaft, scheinen die umfassende Regelung eines<br />

einheitlichen Komplexes zu sein, der die Lebensverhältnisse des betreffenden Schülers<br />

in einem erheblichen Umfang betrifft.<br />

Bei näherem Hinsehen jedoch zeigen sich erhebliche Unterschiede. Wie die<br />

Bezeichnung „Ersatzschule“ schon nahelegt, weist das <strong>Schul</strong>verhältnis in einer<br />

Privatschule zumindest in seiner praktischen Ausgestaltung zahlreiche Parallelen zum<br />

<strong>Schul</strong>verhältnis an einer öffentlichen <strong>Schul</strong>e auf. Dem korrespondiert, daß<br />

Ersatzschulen zu einem ganz erheblichen Teil staatlich refinanziert werden, so daß sie,<br />

dies auch wegen des Verbotes der „Sonderung der Schüler nach den<br />

Besitzverhältnissen ihrer Eltern“ in Art. 7 IV 3 GG, nur in geringem Umfang <strong>Schul</strong>gelder<br />

erheben dürfen. Dagegen erhalten Internate, wenn überhaupt, nur in geringem Maße<br />

staatliche Gelder. Die wirtschaftliche Sicherung erfolgt hier in erster Linie aus<br />

Internatsgeldern, so daß sich daraus ein umfassender Regelungsbereich im Vertrag<br />

eröffnet.<br />

Erhebliche Unterschiede ergeben sich jedoch auch für die übrigen Regelungsbereiche.<br />

Für die Ersatzschule gibt es stets zumindest einen Vergleichsmaßstab mit der<br />

öffentlichen <strong>Schul</strong>e. Dies muß sich auch in den Regelungen zur Ausgestaltung dieses<br />

<strong>Schul</strong>verhältnisses niederschlagen. Das Anforderungsprofil „gleichwertig, aber nicht<br />

gleichartig“ erfordert zumindest die Beachtung derjenigen Regelungen des allgemeinen<br />

<strong>Schul</strong>rechts, die nicht zwingend mit der Eigenart der öffentlichen <strong>Schul</strong>en verknüpft<br />

sind.<br />

Das Internat kennt dagegen kein Pendant im staatlichen Bereich, die rechtliche<br />

Ausgestaltung des Internatsverhältnisses hat demnach auch keinen Orientierungspunkt


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in vergleichbaren staatlichen Regelungen, Vorgaben ergeben sich hier im wesentlichen<br />

aus den Vorschriften des Kinder- <strong>und</strong> Jugendrechts.<br />

Gleichzeitig ergeben sich jedoch im Internat in einem sehr weiten Umfang Konfliktfelder,<br />

für die Spielregeln geschaffen werden müssen, wobei freilich die Frage strittig sein<br />

dürfte, in welchem Umfang diesen Spielregeln über ihre Niederlegung in<br />

Internatsvertrag <strong>und</strong> Internatsordnung ein rechtlicher Charakter zuzukommen hat. Vorab<br />

seien jedoch zum besseren Verständnis die komplizierten soziologischen<br />

Voraussetzungen einer rechtlichen Ordnung des Internatslebens aufgezeigt.<br />

I. Das Internat, ein eng verb<strong>und</strong>ener Lebensraum, aber keine richtige<br />

Familie<br />

Im Internat lebt stets eine größere Zahl <strong>von</strong> Menschen auf vergleichsweise engem<br />

Raum mit vielerlei Berührungspunkten <strong>und</strong> zeitlich umfassend miteinander. Auch bei<br />

allen Versuchen, das Internatsleben in „Familien“ zu organisieren, fehlen die<br />

emotionalen Verknüpfungspunkte, wie sie für die leibliche Familie charakteristisch sind.<br />

Gleichwohl müssen im Internat die gleichen Aufgaben bewältigt werden. Die Probleme<br />

Heranwachsender <strong>und</strong> ihre Konflikte mit der Erwachsenenwelt <strong>und</strong> dem<br />

Erwachsenwerden stellen sich in gleicher Weise wie beim Aufwachsen in einer<br />

normalen Familie, allerdings steht in den meisten Internaten kaum der Familie<br />

vergleichbare individuelle Betreuung zur Verfügung. Kommen in der Vergangenheit<br />

liegende Erziehungsdefizite bei einzelnen Internatsschülern hinzu, verschärfen sich die<br />

hier entstehenden Schwierigkeiten. Der Seelenzustand vieler Internatsschüler wird im<br />

übrigen in beispielhafter <strong>und</strong> auch für Außenstehende sehr gut nachvollziehbarer<br />

Weise in dem jüngst erschienen Buch „crazy“ <strong>von</strong> Benjamin Lebert dargestellt.<br />

Dieser Seelenzustand <strong>und</strong> daraus erwachsende Verhaltensstörungen sind denn auch<br />

eine wesentliche Ursache für einen Großteil der sozialen Konflikte in <strong>und</strong> in der<br />

Umgebung <strong>von</strong> Internaten, die, <strong>und</strong> auch dies zeigt das vorgenannte Buch meisterhaft<br />

auf, im allgemeinen nicht <strong>von</strong> irgendeinem Unrechtsbewußtsein der betroffenen<br />

Internatsschüler begleitet sind.<br />

Die diesen Konflikten zugr<strong>und</strong>eliegenden Verhaltensstörungen sind <strong>von</strong> sehr<br />

unterschiedlicher Qualität. Sie reichen <strong>von</strong> bloßen Streichen, die mit formlos zu<br />

erteilenden erzieherischen Maßnahmen wie „gemeinnütziger Arbeit im<br />

Internatsbereich“ geahndet werden können, über Ordnungsverstöße, die disziplinarisch<br />

zu ahnden sind, bis hin zu erheblichen Verstößen, die aus disziplinarischen aber auch<br />

aus anderen Gründen unmittelbar rechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung des<br />

Internatsvertrages nach sich ziehen.<br />

Diese Aufzählung macht einen Gesichtspunkt deutlich, der sich in Hinblick auf das<br />

<strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsleben <strong>und</strong> seine Organisation in vielerlei Weise stellt, das<br />

Nebeneinander, das Ineinandergreifen, aber auch der stets mögliche Konflikt <strong>von</strong><br />

pädagogischen <strong>und</strong> juristischen Aspekten.<br />

II. Recht <strong>und</strong> Pädagogik in Internat <strong>und</strong> <strong>Schul</strong>e. Welche Bedeutung können<br />

Internats- <strong>und</strong> <strong>Schul</strong>vertrag für die Umsetzung pädagogischer Konzepte<br />

haben? Inwieweit haben sich pädagogische Konzepte an rechtlichen<br />

Vorgaben zu orientieren?


Seite 4<br />

Hier zeigt sich eine Gr<strong>und</strong>problematik auch für die Frage nach den zulässigen <strong>und</strong><br />

rechtmäßigen Regelungsgehalten <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsordnungen, <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong><br />

Internatsverträgen – hier wird da<strong>von</strong> ausgegangen, daß entsprechend der rheinischen<br />

Vertragsgestaltung die <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsordnung Bestandteil der entsprechenden<br />

Verträge sind. Sie läßt sich darstellen anhand der Frage, welche Elemente des <strong>Schul</strong><br />

–<strong>und</strong> Internatslebens der rechtlichen Regelung bedürfen. Diese Frage ist immer<br />

zumindest auch in Zusammenhang mit der pädagogischen Funktion zu sehen. So gibt<br />

es sicherlich Situationen, in denen mit Bestrafung normierte Sanktionen pädagogische<br />

Anliegen untermauern <strong>und</strong> stützen. Gleichzeitig kann jedoch ein allzu schnelles<br />

Zurückgreifen auf disziplinarische <strong>und</strong> Strafmaßnahmen den Spielraum für eine<br />

adäquate pädagogische Reaktion einengen, zumal wenn der Gr<strong>und</strong>satz der<br />

Gleichbehandlung hier allzu enge Vorgaben liefert. Sanktionsbewehrte Straf- <strong>und</strong><br />

disziplinarrechtliche Bestimmungen sollten daher in <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsordnungen<br />

<strong>und</strong> –verträgen immer nur als „Kann“-Bestimmungen ins Ermessen gestellt werden. Für<br />

diesen Fall steht auch der Gleichheitsgr<strong>und</strong>satz einer Nichtanwendung <strong>von</strong> eigentlich<br />

vorgesehenen Sanktionen zumindest in den Fällen nicht entgegen, in denen dies eine<br />

besondere Fallkonstellation, die durch besondere pädagogische Anforderungen<br />

begründet ist, erfordert.<br />

Sofern dem <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag, sei es expressis verbis oder aber auch<br />

ungeschrieben, ein bestimmtes pädagogisches Konzept zugr<strong>und</strong>e liegt, genießt dieses<br />

den Schutz der Rechtsordnung jedenfalls in den Fällen, in denen durch Interpretation<br />

zu ermitteln ist, was beispielsweise als „schwerer Verstoß....gegen den<br />

Erziehungsauftrag der <strong>Schul</strong>e oder des Internates“, so eine Formulierung des<br />

rheinischen Internatsvertrages, anzusehen ist. Dies kann freilich nur in den Fällen<br />

gelten, in denen dieses pädagogische Konzept mit den gesetzlichen Anforderungen im<br />

<strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Erziehungsbereich, in dem Rahmen, in denen sie auf private <strong>Schul</strong>träger<br />

anwendbar sind, übereinstimmt. Die genannten Normen haben öffentlichen Charakter,<br />

sind somit nicht durch vertragliche Vereinbarung disponibel.<br />

Im Rahmen dieser gesetzlichen Vorgaben verbleibt dem Internat jedoch ein weiter<br />

pädagogischer Spielraum, der gegebenenfalls mit den Mitteln der vertraglich<br />

vorgesehenen Sanktionsmöglichkeiten umgesetzt werden kann.<br />

So ist es beispielsweise das gute Recht des Betreibers eines Internates, aber auch<br />

einer bloßen Privatschule, ob er in Hinblick auf den Umgang mit <strong>Dr</strong>ogen auch den<br />

Gebrauch <strong>von</strong> Mitteln wie Haschisch, deren Konsum dem Zeittrend entsprechend<br />

mittlerweile angeblich der zu duldende Normalfall sei, in der Internatsordnung zu<br />

sanktionieren <strong>und</strong> Verstöße zur Gr<strong>und</strong>lage <strong>von</strong> Maßnahmen bis hin zur Kündigung des<br />

<strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrages zu machen. Allerdings sollte dieser pädagogische<br />

Gr<strong>und</strong>satz einen ausdrücklichen Niederschlag zumindest in dieser Ordnung finden. So<br />

stellt ein Änderungsentwurf der Internatsrahmenordnung für die Internate der EKiR<br />

ausdrücklich klar, daß der Besitz, Gebrauch <strong>und</strong> Vertrieb <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>ogen aller Art einen<br />

„schweren Verstoß“ gegen diese Rahmenordnung darstellt. Sofern sich ein<br />

pädagogisches Konzept dagegen weder aus der <strong>Schul</strong>- oder Internatsordnung noch<br />

aus einer sonstigen Bestimmung, die mit dem <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag in<br />

Zusammenhang gebracht werden kann, ableiten läßt, wird es spätestens in einem<br />

Kündigungsprozeß in Folge einer vom Internatsschüler erwirkten einstweiligen


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Verfügung sehr schwer nachzuweisen sein, daß der betreffende Internatsschüler gegen<br />

ein pädagogisches Konzept des Internatsbetreibers verstoßen habe.<br />

Betrachtet man die pädagogischen Gestaltungsmöglichkeiten des <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong><br />

Internatsbetreibers, so verbleibt ihm insbesondere auch die Entscheidung über die<br />

Frage, ob das Internat koedukativ oder nur für ein Geschlecht zu betreiben ist <strong>und</strong> auf<br />

welche Weise das Zusammenleben zwischen den Geschlechtern in koedukativ<br />

geführten Internaten auszugestalten sei. Generell steht es dem Internatsträger auch frei,<br />

seine Vorstellungen <strong>von</strong> Sexualität, natürlich im Rahmen des gesetzlich erlaubten<br />

Maßes, im Internat durchzusetzen. So kann der Internatsträger Besuche auf fremden<br />

Zimmern in der Internatsordnung verbieten oder einschränken. Etwas anderes kann im<br />

übrigen auch nicht nach dem hiesigen Windecker Landrecht gelten. Anderer Meinung<br />

ist ganz offensichtlich ein Waldbröler Amtsrichter, der vor sehr kurzer Zeit am Rande<br />

einer Gerichtsverhandlung ernsthaft die Ansicht vertrat, es müsse in einem Internat bei<br />

einem Besuchsverbot, ähnlich wie in Gefängnissen, einen Raum geben, in dem<br />

Männlein <strong>und</strong> Weiblein ungestört zusammensein könnten.<br />

Auch der <strong>Schul</strong>vertrag kann pädagogisch geprägte Elemente enthalten. Sofern sich<br />

hierdurch Abweichungen <strong>von</strong> den staatlichen Lehrplänen ergeben, sollte darauf<br />

ausdrücklich in einer Vertragsbestimmung hingewiesen werden. Die inhaltliche<br />

Ausgestaltung dieser Abweichungen hat sich in der Vergleichsbetrachtung mit<br />

staatlichen <strong>Schul</strong>en an dem Gr<strong>und</strong>erfordernis zu orientieren, daß der an der privaten<br />

Ersatzschule erteilte Unterricht im Verhältnis zu dem Unterricht öffentlicher <strong>Schul</strong>en<br />

stets „gleichwertig", aber nicht "gleichartig“ zu sein hat.<br />

III. Der theologisch besonders begründete Anspruch kirchlicher <strong>Schul</strong>en<br />

<strong>und</strong> Internate. Inwieweit kann er der Anwendung allgemeiner Rechtssätze<br />

Grenzen setzen? Einflußnahme auf die Interpretation vertraglicher<br />

Bestimmungen?<br />

Einen Freiraum müssen besonders aber auch kirchlich <strong>und</strong> anderweitig religiös oder<br />

weltanschaulich ausgerichtete <strong>Schul</strong>en <strong>und</strong> Internate haben, wobei in diesem<br />

Zusammenhang jedenfalls nicht allein auf die Frage der Trägerschaft abzustellen ist.<br />

Der <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsarbeit religiös motivierter Träger kommt aufgr<strong>und</strong> der<br />

traditionell extensiven Auslegung des Gr<strong>und</strong>rechts der Religionsausübungsfreiheit gem.<br />

Art. 4 II GG dieses Gr<strong>und</strong>recht genausogut zugute wie dem kirchlichen Träger die<br />

institutionelle Garantie in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 III WRV. Daraus folgt aber, daß<br />

<strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag <strong>und</strong> -ordnung Bedingungen mit religiösem Zusammenhang<br />

festschreiben können. So kann die Aufnahme in ein Internat unproblematisch an ein<br />

bestimmtes religiöses Bekenntnis geb<strong>und</strong>en werden. Für kirchliche Ersatzschulen gilt<br />

dieser Gr<strong>und</strong>satz entsprechend, Grenzen können sich freilich an denjenigen<br />

Standorten ergeben, an denen die kirchliche Ersatzschule Regelschule ist.<br />

Auch das Leben im Internat kann an bestimmte religiöse Verhaltensweisen geknüpft<br />

werden. So kann die <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsordnung die Verpflichtung zur Teilnahme am<br />

Religionsunterricht genauso vorsehen wie die Erwartung, daß sich die Schülerschaft<br />

am Leben der Ortsgemeinde beteiligt. Dem widerspricht auch nicht die negative<br />

Komponente der Religionsfreiheit, das Recht sich dem Zugriff <strong>von</strong> Religion <strong>und</strong> Kirche


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zu entziehen, das ebenfalls in Art. 4 GG <strong>und</strong> für den Religionsunterricht in Art. 7 III 1 GG<br />

enthalten ist. Diese negative Komponente gilt zunächst gegenüber dem Staat <strong>und</strong> nicht<br />

in vergleichbarer Weise gegenüber dem freien Träger einer <strong>Schul</strong>e oder eines<br />

Internates. Der Unterschied besteht hier darin, daß der Internatsschüler der<br />

Internatsordnung nicht per se untersteht, sondern sich ihr aufgr<strong>und</strong> eigenen<br />

Willensentschlusses oder vermittelt durch einen bestimmten Willensentschluß der Eltern<br />

unterwirft. Die negative Religionsfreiheit kann in diesem Zusammenhang nur insoweit<br />

Bedeutung erlangen, als dem Schüler, der sich nicht mehr mit der religiösen Einstellung<br />

der Einrichtung identifizieren kann, die Möglichkeit gegeben sein muß, sich im Wege<br />

der ordentlichen Kündigung <strong>von</strong> dem Internat zu lösen bzw. für die Übergangszeit bis<br />

zu einer möglichen Kündigung <strong>von</strong> den <strong>von</strong> ihm abgelehnten religiösen Verrichtungen<br />

freigestellt zu werden. Umgekehrt muß aber auch dem Betreiber des Internates die<br />

Möglichkeit gegeben werden, eine Kündigung des Internatsvertrages auf religiös<br />

geprägte Gründe zu stützen.<br />

IV. Die Finanzierung kirchlicher <strong>Schul</strong>en <strong>und</strong> Internate. Auswirkungen auf<br />

die Gestaltung <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsverträgen.<br />

Einfluß auf die Prägung <strong>und</strong> Ausgestaltung, aber auch für die Interpretation der<br />

Bestimmungen <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsverträgen haben auch ganz profane Dinge.<br />

Eine Gr<strong>und</strong>lage bildet die Finanzierung des <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsbetriebes. Private<br />

<strong>Schul</strong>en, die als Ersatzschulen anerkannt sind, werden nicht unerheblich staatlich<br />

refinanziert. Sofern darüber hinaus <strong>Schul</strong>dgelder erhoben werden, sind die Betreiber<br />

schon aufgr<strong>und</strong> <strong>von</strong> Art. 7 IV 3 GG verpflichtet, die Festsetzung dieses <strong>Schul</strong>geldes so<br />

zu gestalten, daß darüber nicht Kindern einkommensschwacher Eltern der Zugang zu<br />

der privaten <strong>Schul</strong>e verbaut wird. Hier stellt sich die Frage, ob allein schon dieser<br />

Gesichtspunkt das zu erhebende <strong>Schul</strong>geld vom Betrag her begrenzt. Etwas anderes<br />

könnte gelten, wenn gleichzeitig ein sozialer Ausgleichsmechanismus geschaffen wird.<br />

So ist es durchaus denkbar, Ungleichgewichte dadurch auszugleichen, daß für<br />

bedürftige Schüler Stipendien eingerichtet werden.<br />

Im Gegensatz zum Betrieb einer Ersatzschule erhält das Internat keine Gelder aus der<br />

staatlichen Refinanzierung, ist somit im Gegensatz zur privaten <strong>Schul</strong>e auf die<br />

Erhebung <strong>von</strong> Internatsgeldern verwiesen. Dies führt zunächst dazu, daß das Internat in<br />

finanziellen Bezügen weniger abhängig <strong>von</strong> staatlichen Vorgaben ist als die<br />

Privatschule. So werden in den <strong>Schul</strong>en der evangelischen Kirche im Rheinland aus<br />

Gründen der staatlichen Refinanzierung, die Lehrer getreu den im staatlichen<br />

<strong>Schul</strong>dienst geltenden Maßgaben eingestuft. Der Internatsbetrieb kennt dagegen<br />

derartige Bindungen nicht. Vielmehr richten sich die finanziellen Ansprüche im<br />

Internatsbetrieb im Normalfall gegen die Eltern der Internatsschüler. Auch soziale<br />

Bindungen der genannten Art, wie sie sich für die Ersatzschulen aus Art. 7 IV 3 GG<br />

ergeben, bestehen für das Internat gr<strong>und</strong>sätzlich nicht.<br />

Auf der anderen Seite rücken die genannten Aspekte den Dienstleistungscharakter des<br />

Internatsvertrages gegenüber dem des <strong>Schul</strong>vertrages stärker in den Mittelpunkt des<br />

Bewußtseins. Zwar ist auch der <strong>Schul</strong>vertrag ein Dienstvertrag. Anders als bei diesem<br />

kann sich beim Internatsvertrag jedoch für den Betreiber der Einrichtung das Erfordernis


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ergeben, ausstehende Internatsgelder einzuklagen. Hierbei hat der Internatsbetreiber<br />

jedoch zu beachten, daß ihm stets Einwendungen wie Nicht- oder Schlechtleistung<br />

entgegengehalten werden können, die sich aus dem Dienstcharakter der aus dem<br />

Internatsvertrag geschuldeten Leistung ergeben. Bei der Gestaltung des<br />

Internatsvertrages sollte der Internatsbetreiber deshalb gründlich erwägen, zu welchen<br />

Leistungen er sich bei der Aufnahme eines Internatsschülers verpflichtet. Hier kann ein<br />

Weniger an zugesicherten Leistungen hilfreich sein, wenn der Internatsbetreiber<br />

lediglich die normalerweise <strong>von</strong> einem Internat zu erbringenden Leistungen intendiert.<br />

In den Fällen, in denen in der aufgezeigten Weise über eine entsprechende Klausel die<br />

Internats-, Haus- <strong>und</strong> sonstigen Ordnungen in den Internatsvertrag integriert sind, ist<br />

darüber hinaus Obacht zu wahren, ob sich nicht aus einer eigentlich als<br />

Ordnungsvorschrift gedachten Klausel ungewollt ein Anspruch ableiten läßt. Es kann<br />

beispielsweise geschehen, daß in einer Internatsordnung bestimmt ist, daß sich die<br />

Internatsschüler, wenn sie über das Wochenende im Internat bleiben, an den<br />

gemeinsamen Aktivitäten zu beteiligen haben. Werden derartige Aktivitäten aber gar<br />

nicht angeboten, kann es durchaus passieren, daß sich Eltern mit Aussicht auf Erfolg<br />

auf eine Schlechtleistung der aus dem Internatsvertrag geschuldeten Leistung des<br />

Internatsbetreibers berufen bzw. diese Leistung einfordern. Hier kann die sächliche <strong>und</strong><br />

personelle Kalkulation des Internates aber in gefährlicher Weise berührt sein, wenn<br />

plötzlich eine aus Vertrag <strong>und</strong> Ordnung abzuleitende Wochenendbetreuung nur <strong>von</strong><br />

ganz wenigen Internatsschülern eingefordert wird.<br />

Führt somit die Entgeltpflicht beim Internatsvertrag dazu, daß stets die Möglichkeit einer<br />

Überprüfung der Leistungen des Internatsbetreibers durch die Eltern oder deren<br />

Rechtsanwälte im Auge zu behalten ist, darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen<br />

werden, daß das Internatsgeld wahrlich nicht in allen Fällen, <strong>und</strong> das gilt insbesondere<br />

für kirchliche Internate, die gesamten Kosten, die dem Internatsbetreiber aus dem<br />

Internatsverhältnis in Wirklichkeit entstehen, auch nur annähernd abdeckt. Im Bereich<br />

der Internate der Evangelischen Kirche im Rheinland tragen die Internatsgelder nur<br />

einen Teil der Kosten, selbst wenn man die Kosten für die Bauerhaltung <strong>und</strong><br />

vergleichbare Maßnahmen noch gar nicht einrechnet. Auch diese Tatsache hat<br />

Auswirkungen auf die Ausgestaltung des Internatsverhältnisses. Sofern die Kosten über<br />

den Einnahmen liegen, gibt dies dem Internatsbetreiber die Möglichkeit, einzelne<br />

Leistungen, die er seither über den vorgegebenen Standard hinaus erbracht hat,<br />

zurückzufahren, sofern die verbleibende Leistung sich noch im Rahmen des vertraglich<br />

festgelegten <strong>und</strong>, mangels ausdrücklicher Regelung, des Üblichen hält.<br />

Eine zweite wesentliche Auswirkung der üblicherweise fehlenden Kostendeckung<br />

durch Internatsgeld besteht darin, daß die Ersparnisklauseln bei Annahmeverzug gem.<br />

§§ 324 I 2 <strong>und</strong> 615 S. 2 BGB im allgemeinen nicht zur Anwendung kommen. Das betrifft<br />

die Fälle, in denen die Eltern ihr Kind vorzeitig aus dem Internat genommen haben <strong>und</strong><br />

keine wirksame Kündigung vorliegt. Dies begründet Annahmeverzug mit der Folge, daß<br />

das Internatsgeld gr<strong>und</strong>sätzlich weiter zu entrichten ist. Nach dem bereits erwähnten §<br />

324 I 2 <strong>und</strong> speziell für das Dienstvertragsrecht § 615 S. 2 BGB müßte der<br />

Internatsbetreiber sich gr<strong>und</strong>sätzlich das auf die Internatsgeldforderung anrechnen<br />

lassen, was er infolge des Unterbleibens seiner Dienstleistung erspart. Die Ermittlung<br />

derartiger Ersparnisse ist im Internatsbetrieb, in dem knapp kalkuliert werden muß,<br />

schon an sich nur schwer zu bewerkstelligen. In den genannten Fällen, in denen das<br />

Internatsgeld die tatsächlichen Aufwendungen des Trägers nicht deckt, kann diese


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Ersparnis jedenfalls nicht in der Verringerung des eigenen Defizits des<br />

Internatsbetreibers liegen.<br />

2. Teil: Rechtliche Voraussetzungen <strong>und</strong> Gestaltungsmöglichkeiten <strong>von</strong><br />

<strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag<br />

Im ersten Teil klang schon an einigen Stellen die Rechtsnatur <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong><br />

Internatsvertrag an, es hier noch einmal gr<strong>und</strong>sätzlich darauf eingegangen.<br />

I. Der <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag als Dienstvertrag<br />

1. Ableitung<br />

Der <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag ist nach seiner Rechtsnatur ein Dienstvertrag. Die<br />

Gr<strong>und</strong>norm des Dienstvertrages, die auch sein Wesen zentral beschreibt, ist § 611<br />

BGB. Nach dessen Formulierung „wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur<br />

Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der<br />

vereinbarten Vergütung verpflichtet.“ Satz 2: „Gegenstand des Dienstvertrages<br />

können Dienste jeder Art sein.“ Bezogen auf den <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag<br />

verpflichtet sich der Betreiber der Einrichtung allgemein zur Erbringung der in<br />

<strong>Schul</strong>e <strong>und</strong> Internat üblichen Dienstleistungen, das sind insbesondere eine<br />

Beschulung, die im Falle der Ersatzschulen in Art <strong>und</strong> Umfang dem öffentlichen<br />

<strong>Schul</strong>wesen gleichwertig, aber nicht gleichartig ist für die Privatschule bzw. die<br />

Unterbringung im Internat, Verköstigung <strong>und</strong> Betreuung des schulischen<br />

Werdegangs, unabhängig da<strong>von</strong>, ob der Internatsschüler eine mit dem Internat<br />

verb<strong>und</strong>ene <strong>Schul</strong>e besucht, <strong>und</strong> altersangemessene Wahrnehmung<br />

erzieherischer Aufgaben.<br />

In dieser Aufzählung zeigt sich bereits das Wesensmerkmal eines Dienstvertrages.<br />

Er begründet in Abgrenzung zum Werkvertrag allein die Verpflichtung zum<br />

Tätigwerden, nicht aber zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges. Gefordert<br />

sind beim <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag somit die dargestellten Bildungs- <strong>und</strong><br />

Erziehungsleistungen. Das Erreichen des angestrebten Bildungs- <strong>und</strong><br />

Erziehungserfolges ist jedoch vom Internatsvertrag in seiner Rechtsnatur als<br />

Dienstvertrag nicht umfaßt. Nichts anderes gilt in dem Fall, in dem der <strong>Schul</strong>- oder<br />

Internatsbetreiber sich in dem Vertrag verpflichtet, alles zum Erreichen des<br />

angestrebten Bildungszieles des Schülers beizutragen. Maßstab einer<br />

gegebenenfalls auch gerichtlichen Prüfung, wenn beispielsweise die Eltern das<br />

Internatsgeld unter Berufung auf Schlechtleistung mindern, kann hier stets nur die<br />

Frage sein, ob der <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsträger seine Leistungspflicht zur Schaffung<br />

der erforderlichen äußeren Voraussetzungen für den erstrebten <strong>Schul</strong>erfolg<br />

erfüllt hat. Dies folgert so ganz nebenher auch aus der Lebenswirklichkeit. Für den<br />

schulischen Erfolg bedarf es neben der Schaffung der bloß äußeren<br />

Voraussetzungen stets der Kooperation des betreffenden Schülers <strong>und</strong><br />

gegebenenfalls auch seines Umfeldes außerhalb des Internates. Interessante<br />

Abgrenzungsfragen mag es hier geben, wenn der schulische Erfolg aus


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erzieherischen Gründen ausbleibt, da das Internat zu einem gewissen Grade für die<br />

erzieherische Entwicklung des Internatsschülers mitverantwortlich zeichnet. Doch<br />

auch in diesem Zusammenhang sind außerhalb der Methoden des Rechts Kriterien<br />

zu entwickeln, die eine Zuordnung der Verantwortlichkeiten ermöglichen.<br />

2. Möglichkeiten der Ausfüllung bzw. Abbedingung gesetzlicher Bestimmungen<br />

Die Rechtsnatur des <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrages als Dienstvertrages hat zur<br />

Folge, daß für den Umgang mit diesem Vertrag gr<strong>und</strong>sätzlich die Bestimmungen der<br />

§§ 611 ff. BGB heranzuziehen sind, wobei hier insbesondere die Vorschriften über<br />

die Möglichkeit der Beendigung eines solchen Vertragsverhältnisses, §§ 620 ff.<br />

BGB in den Vordergr<strong>und</strong> treten. Freilich ist es den Vertragsparteien in dem Vertrag<br />

möglich, Abweichungen <strong>von</strong> den gesetzlichen Bestimmungen zu vereinbaren bzw.<br />

diese konkretisierend auszugestalten.<br />

Dieses Erfordernis ergibt sich insbesondere für den <strong>Schul</strong>vertrag der Ersatzschulen:<br />

Hier sind die Vorschriften über die Beendigung des <strong>Schul</strong>verhältnisses primär den<br />

schulischen Erfordernissen anzupassen. So ist eine ordentliche Kündigung nach §<br />

7 des rheinischen <strong>Schul</strong>vertrages gr<strong>und</strong>sätzlich nur zum Ende eines<br />

<strong>Schul</strong>halbjahres möglich.<br />

Diese Vertragsbestimmung konkretisiert § 620 I BGB, so daß im Sinne <strong>von</strong> § 620 II<br />

BGB die gesetzlich vorgesehenen geringeren Kündigungsfristen des § 621 BGB<br />

nicht heranzuziehen sind.<br />

Nicht vertragsgestaltenden, sondern lediglich hinweisenden Charakter haben<br />

dagegen Klauseln, die auf gesetzliche Regelungen, beispielsweise über<br />

Versetzungen <strong>und</strong> Prüfungen verweisen, die für Ersatzschulen ebenso gelten wie<br />

für öffentliche <strong>Schul</strong>en. Der Rechtsgr<strong>und</strong> für die Geltung dieser Vorschriften ergibt<br />

sich bereits aus der Natur des <strong>Schul</strong>vertrages mit einer Ersatzschule. Eine mögliche<br />

Abweichung <strong>von</strong> diesen Bestimmungen wäre ohnehin wirkungslos, weil sie den<br />

Staat, beispielsweise bei der Abnahme <strong>von</strong> Prüfungsleistungen nicht binden würde,<br />

<strong>und</strong> somit der Verpflichtung des Privatschulbetreibers widersprechen würde, die<br />

äußeren Voraussetzungen für den schulischen Erfolg zu schaffen.<br />

Hierbei sollte freilich stets Obacht darauf gegeben werden, daß nicht durch eine<br />

allzu pauschale Einbeziehung der gesetzlichen Normen in den <strong>Schul</strong>vertrag eine<br />

Bindung an Normen des staatlichen <strong>Schul</strong>rechts geschieht, die über das<br />

erforderliche Maß hinausgeht. So sollten die Normen des staatlichen <strong>Schul</strong>rechts,<br />

wie die ASchO <strong>und</strong> die APO-Gost, ausdrücklich nur in Hinblick auf die Bereiche des<br />

schulischen Lebens einbezogen werden, in denen der <strong>Schul</strong>betreiber diesen<br />

Regelungen auch unterworfen ist. Dies gilt insbesondere bei der Abnahme <strong>von</strong><br />

Prüfungsleistungen wie dem Abitur, wo, nach Landesrecht in Einzelheiten<br />

differierend, die anerkannten Ersatzschulen als Beliehene unmittelbar staatliche<br />

Funktionen wahrnehmen. Die Anwendung der genannten staatlichen Normen auf


Seite 10<br />

die Privatschulen wird deshalb durch den rheinischen <strong>Schul</strong>vertrag auf<br />

Versetzungen <strong>und</strong> Prüfungen beschränkt. In Hinblick auf die Art <strong>und</strong> Weise der<br />

Prüfungsvorbereitung verbleibt dagegen dem Privatschulträger ein wesentlich<br />

größerer Spielraum. So muß sich die Ausgestaltung des Kurssystems in der<br />

gymnasialen Oberstufe an den Vorschriften der APO-Gost nur insoweit orientieren,<br />

als es auf die Zielsetzung der Erfüllung der vorgegebenen Prüfungsleistungen<br />

gerichtet ist. Dabei kann durchaus die Freiheit bestehen, Fächer, die im Abitur nur<br />

wie ein Gr<strong>und</strong>kurs geprüft werden, für gewisse Zeit mit dem St<strong>und</strong>endeputat eines<br />

Leistungsfaches zu unterrichten. Eine, allerdings nicht zu unterschätzende,<br />

faktische Grenze gibt es hier nur aufgr<strong>und</strong> des Systems der<br />

Ersatzschulfinanzierung. Dabei kann aber nur die Zahl der in diesem Rahmen<br />

erteilten Unterrichtsst<strong>und</strong>en insgesamt berücksichtigt werden, nicht aber deren<br />

Verteilung.<br />

II. <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag als Formularvertrag<br />

Grenzen für die Vertragsgestaltung ergeben sich beim <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag nach<br />

zivilrechtlichen Kriterien daraus, daß er als Formularvertrag für eine Vielzahl <strong>von</strong><br />

Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen enthält <strong>und</strong> deshalb so betrachtet wird,<br />

als seien diese Vertragsbedingungen zwischen den Parteien nicht im einzelnen<br />

ausgehandelt worden.<br />

Dies bedingt für den <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag die Anwendung des Gesetzes zur<br />

Regelung des Rechts der <strong>Allgemein</strong>en Geschäftsbedingungen, AGB-Gesetz. Das<br />

schafft nach § 9 des AGB-Gesetzes eine Bindung an die Vorschriften des<br />

Dienstvertragsrechts gem. §§ 611 ff. BGB <strong>und</strong> eine daraus folgende Einschränkung der<br />

Vertragsgestaltungsfreiheit jedenfalls insoweit, als die Vertragsbestimmungen, sofern<br />

sie Abweichungen <strong>von</strong> den Vorschriften des Dienstvertragsrechts enthalten, nicht den<br />

wesentlichen Gr<strong>und</strong>gedanken der gesetzlichen Regelung widersprechen dürfen.<br />

1. Die Bedeutung des AGB-Gesetzes, aufgezeigt an den Bestimmungen zur<br />

ordentlichen Kündigung<br />

Daß dieser Gr<strong>und</strong>gedanke der gesetzlichen Regelung im Einzelfall jedoch gar nicht so<br />

einfach zu ermitteln ist, sei anhand eines Beispiels aus der Rechtsprechung des<br />

B<strong>und</strong>esgerichtshofes (BGH NJW 1985, 2585) verdeutlicht.<br />

Die Eltern des Schülers hatten mit dem Träger der Einrichtung einen <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong><br />

Internatsvertrag abgeschlossen. Dieser enthielt unter anderem die Klausel, daß der<br />

Vertrag gr<strong>und</strong>sätzlich bis zum Erreichen des erstrebten <strong>Schul</strong>abschlusses gelte, jedoch<br />

mit einer Frist <strong>von</strong> 8 Wochen zum <strong>Schul</strong>jahresende gekündigt werden könne. Eine<br />

Bestimmung über eine Probezeit enthielt der Vertrag nicht.<br />

Schon kurz nach der Aufnahme des Schülers in <strong>Schul</strong>e <strong>und</strong> Internat erwies sich seine<br />

mangelnde Internatstauglichkeit, die Eltern nahmen ihn deshalb aus <strong>Schul</strong>e <strong>und</strong><br />

Internat hinaus <strong>und</strong> begehrten die Auflösung des Vertragsverhältnisses, während der


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Träger <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>e <strong>und</strong> Internat weiterhin die Entrichtung des vereinbarten Entgeltes<br />

verlangte.<br />

Zur Klärung der Rechtslage sah das Gericht hier eine umfassende Abwägung der<br />

vertraglichen <strong>und</strong> gesetzlichen Bestimmungen als erforderlich an. Dabei wurde in<br />

Hinblick auf § 9 AGBG zunächst die vertragliche Vereinbarung, Kündigungsfrist jeweils<br />

acht Wochen zum <strong>Schul</strong>jahresende mit der gesetzlichen Regelung verglichen. Als<br />

gesetzliche Regelung wurde für den vorliegenden Fall § 620 I BGB herangezogen.<br />

Danach endigt ein Dienstverhältnis gr<strong>und</strong>sätzlich mit dem Ablauf der Zeit, für das es<br />

eingegangen ist, im vorliegenden Falle mit dem Erreichen des angestrebten<br />

<strong>Schul</strong>zieles. Betrachtet man in diesem Zusammenhang die bereits angeführte<br />

Vertragsklausel, nach der das <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsverhältnis mit einer Frist <strong>von</strong> acht<br />

Wochen zum <strong>Schul</strong>jahresende beendet werden kann, liegt die Vertragsklausel<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich in dem Rahmen, den die gesetzliche Bestimmung, § 620 BGB, vorgibt,<br />

weil sie gegenüber diesem Rahmen gr<strong>und</strong>sätzlich sogar eine erweiterte<br />

Kündigungsmöglichkeit vorsieht.<br />

Das Gericht beließ es freilich nicht bei dieser Betrachtung. Es verwies in diesem<br />

Zusammenhang darauf, daß das Vertragsformular weder Bestimmungen über eine<br />

Probezeit enthielt noch erweiterte Kündigungsmöglichkeit für die Anfangszeit. Unter<br />

diesen Voraussetzungen wurde dann die gesetzliche Bestimmung des bereits<br />

dargelegten § 620 BGB nach dem hier üblichen Maßstab <strong>von</strong> Treu <strong>und</strong> Glauben<br />

interpretiert. Ausgangspunkt der Betrachtung war der Sinn <strong>und</strong> Zweck eines <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong><br />

Internatsvertrages. Dieser sei, wenn auch nicht im Sinne einer Erfolgsgarantie auf die<br />

bereits dargelegte Erreichung des erstrebten schulischen Abschlusses gerichtet. Die<br />

Vorschrift des § 620 BGB, die gr<strong>und</strong>sätzlich eine vorzeitige Kündigung des Vertrages<br />

nicht ermögliche, sei aber dahingehend auszulegen, daß der Ausschluß der vorzeitigen<br />

Kündigung bei einem über mehrere Jahre laufendem Vertrag wie dem <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong><br />

Internatsvertrag nur dann zu einem sachgerechten Ergebnis führen könne, wenn sich<br />

nach dem Ablauf einer Probezeit erwiesen habe, daß das angestrebte <strong>Schul</strong>ziel auf<br />

dem durch den <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag eingeschlagenen Wege überhaupt denkbar<br />

zu erreichen sei. Dies sei aber in dem vorliegenden Fall, in dem sich die fehlende<br />

Internatstauglichkeit bereits kurz nach der Aufnahme des Schüler in <strong>Schul</strong>e <strong>und</strong> Internat<br />

erwiesen habe, nicht gegeben. Da aber § 620 BGB aufgr<strong>und</strong> der aufgezeigten<br />

Auslegung <strong>von</strong> einer Probezeit mit weitergehenden <strong>und</strong> insbesondere kurzfristigen<br />

Kündigungsfristen ausgehe, seien diese Voraussetzungen, Probezeit <strong>und</strong><br />

weitergehende Kündigungsmöglichkeit auch für die Beurteilung des Internatsvertrages<br />

<strong>und</strong> dessen Kündigungsfristen heranzuziehen. In diesem Sinne seien jedoch die<br />

Kündigungsfristen des Internatsvertrages, acht Wochen jeweils zum <strong>Schul</strong>jahresende<br />

für die Dauer einer Probezeit so lang bemessen, daß sie im Sinne <strong>von</strong> § 9 II ABGB nicht<br />

mehr mit dem Gr<strong>und</strong>gedanken der gesetzlichen Regelung in Einklang zu bringen seien.<br />

Der rheinische <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag zieht aus diesen Feststellungen zwei<br />

Konsequenzen: Zum einen ist eine einjährige Probezeit mit erweiterten<br />

Kündigungsmöglichkeiten unter anderem für den Fall vorgesehen, daß sich die<br />

erwarteten schulischen Leistungen nicht einstellen. Zum anderen normiert der<br />

Internatsvertrag, dessen Bestand mit demjenigen des <strong>Schul</strong>vertrages verknüpft ist, die<br />

Möglichkeit der ordentlichen Kündigung zum 31. Januar <strong>und</strong> 31. Juli eines jeden<br />

Jahres.


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III. Die außerordentliche Kündigung des <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrages<br />

nach gesetzlichen <strong>und</strong> vertraglichen Bestimmungen.<br />

1. Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Die außerordentliche <strong>und</strong> damit fristlose Kündigung eines <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrages<br />

wirft eine Reihe schwerwiegender Fragen auf, die bis jetzt besonders <strong>von</strong> der<br />

Rechtsprechung noch nicht in einer Art <strong>und</strong> Weise gelöst worden sind, die hier die<br />

erforderliche Rechtssicherheit schaffen könnte.<br />

Dies beginnt bereits mit der Frage, was nach der hier einschlägigen gesetzlichen<br />

Vorschrift, § 626 BGB, als wichtiger Gr<strong>und</strong> anzusehen ist.<br />

Für die nähere Ausgestaltung dieser Vorschrift durch die Bestimmungen der <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong><br />

Internatsverträge sollte stets beachtet werden, daß die dort aufgezählten<br />

Konstellationen, die zur Annahme eines zur Kündigung berechtigenden wichtigen<br />

Gr<strong>und</strong>es führen, niemals in dem Sinne als abschließend anzusehen sind, daß sie<br />

weitere Fallgestaltungen ausschließen können.<br />

So sollte durch Vorwörter wie „insbesondere“ sichergestellt werden, daß die darauf<br />

folgende Aufzählung nicht vollständig <strong>und</strong> damit abschließend ist.<br />

Zudem sollte jedenfalls in dem Vertrag die Darstellung dieser wesentlichen Gründe so<br />

abstrakt bleiben, daß sie Raum für einen weiten Rahmen tatsächlicher<br />

Kündigungsgründe läßt.<br />

So nennen im Rheinland sowohl der <strong>Schul</strong>- als auch der Internatsvertrag als wichtige<br />

Gründe einerseits schwere Verstöße gegen den Vertrag, da<strong>von</strong> sind dann auch<br />

Verstöße gegen die in den Vertrag integrierten Ordnungen umfaßt, sowie andererseits<br />

Verstöße gegen den Erziehungsauftrag <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>e <strong>und</strong> Internat.<br />

Klar <strong>und</strong> in sich abschließend geregelt ist in der Internatsordnung lediglich die<br />

außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsgverzuges <strong>von</strong> 2 Monaten.<br />

Ansonsten findet eine Konkretisierung nur über die Bestimmungen der verschiedenen<br />

Ordnungen <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>e <strong>und</strong> Internat statt. Auch hier stellt sich jedoch die aufgezeigte<br />

Problematik in einer ähnlichen Art <strong>und</strong> Weise. Es muß daher Vorkehrung dafür getroffen<br />

werden, daß die dortigen Bestimmungen nicht als abschließend angesehen werden.<br />

Das wird hier zusätzlich in einer zweiten Hinsicht relevant: Es muß stets beachtet<br />

werden, daß mit der Aufzählung <strong>von</strong> Verboten, deren Nichtbeachtung die Annahme<br />

eines wichtigen Gr<strong>und</strong>es nahelegt, stets auch ein Präjudiz für die Schwere eines<br />

Verstoßes geschaffen wird, der für die Annahme eines wichtigen Kündigungsgr<strong>und</strong>es<br />

maßgeblich ist. Dazu ein Beispiel: Jedenfalls nach Auffassung der Evangelischen<br />

Kirche im Rheinland als <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsträger fällt unter die <strong>Dr</strong>ogendelikte, die den<br />

Gr<strong>und</strong> zu einer außerordentlichen Kündigung legen können, auch der Konsum <strong>von</strong><br />

Haschisch. Diese Ansicht wird heute teilweise <strong>von</strong> den Kreisen bestritten, die den<br />

Konsum <strong>von</strong> Haschisch als bloße Alltagsdroge verharmlosen wollen, zum Beispiel die<br />

Rechtsanwälte der betreffenden Internatsschüler. Im Falle einer gerichtlichen<br />

Auseinandersetzung ist es dann wenig hilfreich, wenn bei der Betrachtung der Schwere<br />

des Vorwurfs der Besitz <strong>und</strong> Gebrauch <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>ogen in der bisherigen Bestimmung der<br />

rheinischen Internatsrahmenordnung unmittelbar neben den Besitz <strong>und</strong> Gebrauch <strong>von</strong><br />

Schuß- <strong>und</strong> Schlagwaffen gestellt wird. Hier ist zumindest eine Klarstellung, daß <strong>von</strong><br />

der Bestimmung <strong>Dr</strong>ogen aller Art umfaßt sind, hilfreich.


Seite 13<br />

Als Begebenheit, die einen Anhaltspunkt für einen zur Kündigung berechtigenden<br />

wichtigen Gr<strong>und</strong> auch ohne ausdrückliche Erwähnung in Vertrag oder Ordnung bildet,<br />

ist die Begehung <strong>von</strong> Straftaten anzuführen. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen<br />

Körperverletzungs- <strong>und</strong> Diebstahlsdelikte, aber auch mutwillige Sachbeschädigung<br />

aufgr<strong>und</strong> der Gesamtwürdigung des Täters zu einer Verurteilung geführt haben. Diese<br />

Delikte können als Gr<strong>und</strong>lage für eine außerordentliche Kündigung gr<strong>und</strong>sätzlich auch<br />

herangezogen werden, wenn sie nicht ausdrücklich in der <strong>Schul</strong>- oder Internatsordnung<br />

aufgeführt sind. Wegen der oben aufgeführten Präjudizwirkung sei auch hier<br />

Zurückhaltung angeraten.<br />

In Hinblick auf die aufgeführten Straftaten kann es keine Rolle spielen, ob diese im<br />

<strong>Schul</strong>- oder Internatsbereich <strong>und</strong> zu Lasten <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>e <strong>und</strong> Internat oder <strong>von</strong><br />

Mitschülern <strong>und</strong> Lehrern stattgef<strong>und</strong>en haben. Nach der Rechtsprechung ist hier darauf<br />

abzustellen, ob sich die Auswirkungen der Straftat <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>e <strong>und</strong> Internat fernhalten<br />

lassen. Dies wird aber gerade bei Diebstahls- <strong>und</strong> Körperverletzungsdelikten in der<br />

Regel zu verneinen sein, zumal die Rechtsprechung hierzu die Gefahr der<br />

Wiederholung im Internatsbereich, sowie Nachahmungseffekte <strong>und</strong> die stets mögliche<br />

Schädigung der Reputation eines Internates als ausreichend erachtet.<br />

2. Auswirkungen bei <strong>Dr</strong>ogenverfehlungen<br />

In besonderer Weise gelten die dargestellten Auswirkungen <strong>von</strong> Verfehlungen der<br />

Schüler auf <strong>Schul</strong>e <strong>und</strong> Internat jedoch für das Thema <strong>Dr</strong>ogenbesitz, -gebrauch <strong>und</strong><br />

–vertrieb. Gerade in Hinblick auf <strong>Dr</strong>ogen lassen sich die Auswirkungen, auch wenn sich<br />

die Begebenheit örtlich außerhalb <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>e <strong>und</strong> Internat ereignet hat, kaum aus dem<br />

<strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsbetrieb heraushalten, zumal hier noch die suchtbedingten Folgen<br />

des <strong>Dr</strong>ogenkonsums, die sich häufig in Verhaltensstörungen manifestieren, zu<br />

beachten sind. Es empfiehlt sich deshalb, in der <strong>Schul</strong>- bzw. Internatsordnung<br />

ausdrücklich festzuhalten, daß <strong>Dr</strong>ogenkonsum außerhalb <strong>und</strong> innerhalb <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>e<br />

<strong>und</strong> Internat einen Verstoß gegen diese Ordnungen darstellt.<br />

Zwei wichtige Vertragselemente, um Schwierigkeiten für die Abwicklung einer<br />

Kündigung vorzubeugen:<br />

3. Verbindungsklauseln <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag<br />

Gerade in Zusammenhang mit <strong>Dr</strong>ogenverfehlungen zeigt sich zudem die<br />

Notwendigkeit, zu gewährleisten, daß im Falle einer Kündigung des Internatsvertrages<br />

auch der <strong>Schul</strong>vertrag beendet ist.<br />

Ansonsten besteht die Gefahr, daß ein volljähriger Schüler, dessen Internatsvertrag<br />

wegen <strong>Dr</strong>ogenverfehlungen im Internat gekündigt ist, sich ein – wesentlich<br />

preiswerteres - Zimmer am <strong>Schul</strong>standort anmietet <strong>und</strong> <strong>von</strong> dort aus völlig ohne Zugriff<br />

<strong>von</strong> <strong>Schul</strong>e <strong>und</strong> Internat seine Neigung zu <strong>Dr</strong>ogen auslebt <strong>und</strong> damit auch weiterhin<br />

andere Schüler in Gefahr bringt.<br />

Um die diesbezügliche Einheit <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag sicherzustellen, sollten<br />

die Verträge eine ausdrückliche Klausel enthalten, daß die Beendigung des einen<br />

Vertrages automatisch auch die Beendigung des anderen Vertrages zur Folge hat. Ein


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einheitliches Vertragsformular allein reicht für diese Klarstellung nicht aus, weil dies die<br />

Möglichkeit nicht ausschließt, beide Materien als getrennte Einheiten zu interpretieren.<br />

4. Trennung <strong>von</strong> Kündigung <strong>und</strong> Disziplinarverfahren<br />

Als Problem für die Abwicklung einer außerordentlichen <strong>und</strong> fristlosen Kündigung<br />

können sich die Vorschriften über die Durchführung <strong>von</strong> Disziplinarverfahren in den<br />

<strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsordnungen erweisen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil hier die<br />

fristlose Kündigung normalerweise als ultima ratio, das heißt als äußerstes Mittel<br />

aufgeführt ist, dem andere Sanktionen wie ein schriftlicher Verweis oder die Androhung<br />

der Kündigung vorzugehen haben, so daß eine außerordentliche Kündigung erst nach<br />

der dritten Verfehlung ausgesprochen werden könnte. Die ausdrückliche Verbindung<br />

<strong>von</strong> außerordentlicher Kündigung <strong>und</strong> Disziplinarverfahren mag es nahelegen, die<br />

Verhaltensweisen die zu einem Disziplinarverfahren führen <strong>und</strong> die Art, in der<br />

Disziplinarverfahren durchzuführen sind, als abschließende <strong>und</strong> damit zwingende<br />

Voraussetzung für einen wichtigen Gr<strong>und</strong> im Sinne des Kündigungsparagraphen § 626<br />

BGB oder dessen anzusehen, was der <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag als Verstoß gegen<br />

die Erziehungsziele der <strong>Schul</strong>e ansehen. Nimmt man die zum Teil recht komplizierten<br />

Verfahrens- <strong>und</strong> Beteiligungsvorschriften bei Disziplinarverfahren hinzu, besteht die<br />

Gefahr, daß der <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsbetreiber hier zum Gefangenen seiner eigenen<br />

Vorschriften wird, was ihm dann auch <strong>von</strong> gegnerischen Rechtsanwälten genüßlich<br />

vorgehalten wird. Zwar wird der <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsträger auf Regelungen zur<br />

Durchführung <strong>von</strong> Disziplinarverfahren nicht gänzlich verzichten können, zumal es hier<br />

jedenfalls für das Beschulungsverhältnis gesetzliche Vorgaben gibt. Jedoch sollten die<br />

Vorschriften über das Disziplinarverfahren zumindest so ausgestaltet sein, daß ein<br />

Hinweis erfolgt, daß bei schweren Verfehlungen nicht zuerst mit dem mildesten Mittel,<br />

im allgemeinen dem Verweis, zu verfahren ist, <strong>und</strong> daß die außerordentliche <strong>und</strong><br />

fristlose Kündigung im Einzelfall auch ohne vorherige Androhung erfolgen kann.<br />

Sinnvoll erscheint im Zusammenhang mit den Vorschriften über das<br />

Disziplinarverfahren in den <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsordnungen aber auch der<br />

ausdrückliche Hinweis, daß die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung aus anderen<br />

Gründen da<strong>von</strong> unberührt bleibt.<br />

3. Teil: Schlußbetrachtung:<br />

Die hier vorgenommen Ausführungen sollten klargestellt haben, daß die Gestaltung<br />

eines <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrages, aber auch der damit zusammenhängenden<br />

Ordnungen, in vielerlei Hinsicht eine Gratwanderung ist. Dies gilt insbesondere für die<br />

Frage der Regelungsdichte dieser Bestimmungen. Bei fehlender Konkretisierung<br />

verallgemeinernder Bestimmung besteht stets die Gefahr der Unberechenbarkeit in der<br />

Auslegung durch die Gerichte. Mit Konkretisierungen besteht dagegen stets die Gefahr,<br />

daß dem Einzelbeispiel Präjudizwirkung zuerkannt wird, auch in Fällen, wo dies nicht<br />

zu einem sachgerechten <strong>und</strong> insbesondere dem Willen des <strong>Schul</strong>betreibers


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entsprechenden Ergebnissen führt. Diese Gratwanderung macht die ständige<br />

Beobachtung <strong>von</strong> Entwicklungen, auch im vorrechtlichen Raum, erforderlich.<br />

Zu leisten <strong>und</strong> jedem Betreiber <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>en <strong>und</strong> Internaten dringend anzuraten ist<br />

jedoch zu gewährleisten, daß <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag aufeinander <strong>und</strong> mit den<br />

Bestimmungen <strong>von</strong> <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsordnung, sowie anderen Vorschriften in diesem<br />

Umfeld in Übereinstimmung zu bringen sind <strong>und</strong> daß der Träger nicht Vorschriften<br />

schafft, die ihm in seinem eigenen Vorgehen hinderlich sind. Rechtsanwälte der<br />

Gegenseite bemerken so etwas sehr zügig.<br />

Den für alle Zeit gültigen <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag wird es nie geben. Das gilt schon<br />

deshalb, weil Entwicklungen im außerrechtlichen Bereich hier stets eine Anpassung<br />

erfordern. Es kann deshalb nicht darum gehen, mit dem <strong>Schul</strong>- <strong>und</strong> Internatsvertrag ein<br />

perfektes Instrumentarium für die Bewältigung <strong>von</strong> Problemen in <strong>Schul</strong>e <strong>und</strong> Internat zu<br />

schaffen, dies ist abgesehen da<strong>von</strong> auch entscheidend ein Problem der Pädagogik <strong>und</strong><br />

der Pädagogen. Es kann deshalb nur darum gehen, einen, freilich immmer besseren,<br />

Beitrag zur Lösung der genannten Probleme zu leisten.

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