Workshop 1 - Bildung für nachhaltige Entwicklung
Workshop 1 - Bildung für nachhaltige Entwicklung
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Runder Tisch der UN-Dekade „<strong>Bildung</strong> für <strong>nachhaltige</strong> <strong>Entwicklung</strong>“<br />
08.-09.11.2010 in Hamburg<br />
<strong>Workshop</strong> 1:<br />
Stadt als Herausforderung für die<br />
<strong>Bildung</strong> für <strong>nachhaltige</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
Welchen Beitrag leistet <strong>Bildung</strong> für <strong>nachhaltige</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
für die Förderung der Integration und Partizipation?<br />
Partizipationsprojekte mit Jugendlichen in der großstädtischen Stadtentwicklung<br />
Prof. i.V. Dr. Ulrike Ohl, Universität Duisburg-Essen<br />
Verantwortungsübernahme von jungen Menschen mit Migrationshintergrund<br />
Dr. Turgut Altug, Türkisch-deutsches Umweltzentrum Berlin<br />
Netzwerk für Nachhaltigkeit und BNE in einer ausgezeichneten Kommune der UN-Dekade<br />
Werner Rybarski, Agenda-21-Büro, Gelsenkirchen<br />
Moderation:<br />
Dr. Friedrun Erben, Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung
Einführende Gedanken in das Thema des <strong>Workshop</strong>s:<br />
In der 16. Shell-Jugendstudie „Jugend 2010“ wird deutlich, dass das Thema Klimawandel bei<br />
fast allen Jugendlichen (95 %) – egal welcher sozialen Herkunft und welchen <strong>Bildung</strong>sstands –<br />
als bedeutsam eingeschätzt wird (vgl. Shell Deutschland 2010, S. 177ff.).<br />
Bedenkt man, dass der Klimawandel in der Bevölkerung praktisch sinngleich für die<br />
allgemeinen Umweltprobleme steht, zeigt es die große Bedeutung, die dieses Thema hat.<br />
Auch wenn das Wissen über Zusammenhänge, Ursachen und Folgen des Klimawandels je<br />
nach <strong>Bildung</strong>sstand variiert, schätzen von den 95 % der Jugendlichen, für die der Klimawandel<br />
in Begriff ist, 76 % ihn als ein sehr großes bzw. großes Problem ein. Die Existenz der<br />
Menschheit insgesamt sieht zwei Drittel der Jugendlichen bedroht.<br />
Geht es um die persönlichen Konsequenzen, die für das eigene Handeln im Alltag für mehr<br />
Klimaverträglichkeit stehen könnten, wird vorwiegend das Energiesparen genannt (51 %).<br />
Auch für Fahrrad statt Auto bzw. für ein kleineres Auto sprechen sich 44 bzw. 39 % der<br />
Jugendlichen über 18 Jahren aus. Ein politisches Engagement für eine zukunftsfähige<br />
Klimapolitik oder auch einschneidende Konsequenzen, spielen eher eine geringe Rolle für das<br />
eigene Verhalten (vgl. auch Waldmann/Erben 2010).<br />
Wie gelingt es, die Jugendlichen für ein unmittelbares Engagement in Ihrem Umfeld zu<br />
begeistern?
In diesem <strong>Workshop</strong> wurde aus unterschiedlicher Richtung auf Stadtentwicklungsprozesse<br />
geschauen und auf Ideen und Beispiele, mit denen es gelungen ist, auch Jugendliche aus<br />
marginalisierten Stadtteilen einzubeziehen.<br />
Städte stehen vor großen Herausforderungen: Sie haben finanzielle Probleme, sind durch<br />
Zuzug oder Abwanderung betroffen, erleben die wachsende soziale Ungleichheit der<br />
Gesellschaft in geballter Form.<br />
Die moderne Stadt – auch betrachtet vor dem Hintergrund der Bedingungen in der<br />
Einwanderungsgesellschaft – braucht deshalb neue Ideen und Konzepte, um die Menschen<br />
zu integrieren und ihnen vielfältige Möglichkeiten der Teilhabe zu offerieren.<br />
Wichtig ist: Es geht nicht ‚nur‘ um die Partizipation und Integration von Jugendlichen mit<br />
Migrationshintergrund, sondern von Jugendlichen aus sozial benachteiligten Milieus, von<br />
Jugendlichen mit besonderem Förderungsbedarf, Jugendlichen in sozialen Brennpunkten.<br />
Die Fragen, die in diesem <strong>Workshop</strong> u.a. diskutiert wurden:<br />
− Was kann <strong>Bildung</strong> für <strong>nachhaltige</strong> <strong>Entwicklung</strong> beitragen, diese Prozesse zukunftsfähig,<br />
gerecht und sozial verträglich zu gestalten?<br />
− Wie können Jugendliche aus sozial marginalisierten Milieus in die Gestaltung der<br />
zukunftsfähigen Gesellschaft einbezogen werden?<br />
− Wie gelingt BNE in sozialen Brennpunkten?<br />
− Wie sehen gute Erfahrungen nachhaltigkeitsorientierter Stadtentwicklung aus?<br />
Im Folgenden Befunde zur Partizipation und zu Interessen von Jugendlichen aus<br />
benachteiligten Milieus:
„Demokratie ja, aber „auf Distanz“ zur Politik<br />
Allgemeiner Bezug auf Politik<br />
Angaben in %<br />
Eigenes Interesse an Politik (Quelle: Shell 2010, S. 143)<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45<br />
stark interessiert<br />
interessiert<br />
wenig interessiert<br />
2002<br />
2006<br />
2010<br />
gar nicht interessiert<br />
k.A.
Für mich persönlich ist wichtig, mich politisch zu engagieren<br />
Angaben in %<br />
(Quelle: Shell 2010, S. 143)<br />
0 10 20 30 40 50 60<br />
wichtig<br />
mal so, mal so<br />
unwichtig<br />
2002<br />
2006<br />
2010<br />
k.A.
Sich in Politik einzumischen ist bei Jugendlichen …<br />
Angaben in %<br />
(Quelle: Shell 2010, S. 143)<br />
2002 2006 2010<br />
80<br />
70<br />
66<br />
68<br />
71<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
25<br />
28<br />
24<br />
9<br />
4<br />
5<br />
In Out k.A.
Themen aus der eigenen Lebenswelt werden oft nicht als<br />
politische Themen verstanden<br />
Eine typische Aussage der Jugendlichen in einer Studie zu Themenwelten und<br />
politischem Interesse ist:<br />
„Politik interessiert mich nicht, weil es nichts mit Menschen<br />
zu tun hat. Ich interessiere mich mehr für so Sachen, wo es<br />
um die Menschen geht und was sie machen.“<br />
(Calmbach/Borgstedt 2010, S. 25)
»„<strong>Bildung</strong>sferne“ Jugendliche sind keineswegs politikfern, wenn man den<br />
Politikbegriff weiter fasst und unter „politisch sein“ auch versteht:<br />
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
Interesse an Ungerechtigkeit in der Gesellschaft und<br />
Interesse an Gestaltung von Lebensräumen zu haben;<br />
Sprachrohre zu suchen, die die eigenen Probleme, Sehnsüchte aber auch<br />
(politischen/sozialen) Interessen artikulieren (können) – und zwar in „ihrer“<br />
Sprache und mit Bezug zu „ihren“ Themen;<br />
Bereitschaft und Selbstverpflichtung zu zeigen, sich für andere einzusetzen<br />
(z.B. für Schwächere);<br />
Sich persönlich für eine konkrete soziale Sache im Nahumfeld zu engagieren.«<br />
(Calmbach/Borgstedt 2010, S. 7f.)
Die Erschließung politischer Themen erfolgt fast ausschließlich über<br />
unmittelbare konkrete und sozialräumliche Erfahrungen.<br />
Um politisch handlungsfähig zu sein, brauchen die Jugendlichen bestimmte<br />
Bedingungen; z.B.:<br />
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
Eigenen Interessen erkennen, um sie öffentlich einbringen zu können;<br />
Eigene Position entwickeln können und diesen Ausdruck verleihen;<br />
Sie brauchen die Hoffnung, Gehör zu finden;<br />
Sie brauchen Wertschätzung, Anerkennung und Respekt<br />
Sie brauchen verschiedene (niedrigschwellige) Gelegenheitsstrukturen und<br />
Angebote verschiedener Teilhabe- und Ausdrucksmöglichkeiten;<br />
Sie müssen ihre eigenen Stärken einbringen können
Literatur:<br />
Calmbach, Marc/Borgstedt, Silke (2010): ‚Unsichtbares‘ Politikprogramm? Themenwelten<br />
und politisches Interesse von „bildungsfernen“ Jugendlichen im Alter von 14-19 Jahren.<br />
Zusammenfassung der zentralen Befunde einer qualitativen Untersuchung von Sinus<br />
Sociovision im Rhamen des bpb-Projekts Elementarisierung von politischer <strong>Bildung</strong>.<br />
Heidelberg/Berlin 2010<br />
Waldmann, Klaus/Erben, Friedrun (2010): „Uns lässt die Zukunft nicht kalt“ <strong>Bildung</strong> für<br />
<strong>nachhaltige</strong> <strong>Entwicklung</strong> als Schwerpunkt der gesellschaftspolitischen Jugendbildung. In:<br />
Dies. (Hrsg.): „Uns lässt die Zukunft nicht kalt“ <strong>Bildung</strong> für <strong>nachhaltige</strong> <strong>Entwicklung</strong> .<br />
Jahrbuch 2009/2010 der Evangelischen Trägergruppe für gesellschaftspolitische<br />
Jugendbildung . Berlin, S. 7-15<br />
Shell Deutschland Holding (Hrsg.) (2010): Jugend 2010. Eine pragmatische Generation<br />
behauptet sich. Frankfurt am Main