Verfahrensanweisung VA XX Untersuchung von Frauen ... - SGRM
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<strong>Verfahrensanweisung</strong><br />
<strong>VA</strong> <strong>XX</strong><br />
<strong>Untersuchung</strong> <strong>von</strong> <strong>Frauen</strong> nach<br />
sexueller Gewalt<br />
<strong>VA</strong> <strong>XX</strong> Autor geprüft freigegeben<br />
Name:<br />
Datum:<br />
Unterschrift:
2<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
2 Geltungsbereich 3<br />
3 Grundlagen 3<br />
4 Verantwortlichkeiten 3<br />
5 Beschreibung 3<br />
5.1 Grundsätze 3<br />
5.2 Einverständniserklärung 3<br />
5.3 Anamneseerhebung 4<br />
5.4 Körperliche <strong>Untersuchung</strong> 4<br />
5.5 Gynäkologische <strong>Untersuchung</strong> 5<br />
5.6 Fotografische Dokumentation 5<br />
5.7 Spurenkundliche Asservation 6<br />
5.8 Urin- und Blutentnahme 6<br />
5.9 Behandlung und Weiterbetreuung 6<br />
6 Mitgeltende Unterlagen 7<br />
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3<br />
1 Zweck dieser <strong>Verfahrensanweisung</strong><br />
Zweck dieser Anweisung ist die standardisierte <strong>Untersuchung</strong> <strong>von</strong> erwachsenen weiblichen Personen<br />
nach sexueller Gewalt. Sie enthält die generellen Richtlinien zur Anamneserhebung, körperlichen<br />
und gynäkologischen <strong>Untersuchung</strong>, Spurenasservation und Befunddokumentation. Das detaillierte<br />
Vorgehen ist Bestandteil des im <strong>Untersuchung</strong>skit enthaltenen <strong>Untersuchung</strong>sprotokoll.<br />
2 Geltungsbereich<br />
Abteilung Forensische Medizin.<br />
3 Grundlagen<br />
Die folgenden Richtlinien basieren auf den Richtlinien der WHO (Guidelines for medico-legal care<br />
for victims of sexual violence) aus dem Jahre 2003<br />
4 Verantwortlichkeiten<br />
Die Zuständigkeit für die Durchführung der <strong>VA</strong> liegt beim Abteilungsleiter, dem stellvertretenden<br />
Abteilungsleiter, den Oberärzten und Assistenzärzten.<br />
5 Beschreibung<br />
5.1 Grundsätze<br />
• Jedes Sexualdelikt das innerhalb der letzten 72 Stunden geschah ist notfallmässig zu untersuchen.<br />
Länger zurückliegende Ereignisse können planmässig erfolgen.<br />
• Bei der <strong>Untersuchung</strong> muss das oberste Ziel die Gesundheit und das Wohlergehen der Geschädigten<br />
sein. Ein einfühlsamer aber zugleich distanzierter und respekvoller Umgang mit<br />
der Geschädigten wird ihren Heilungs- und Verarbeitungsprozess positiv beeinflussen.<br />
• Eine vollständige rechtsmedizinisch-gynäkologische <strong>Untersuchung</strong> mit Spurenasservation<br />
und Befunddokumentation sollte unabhängig <strong>von</strong> einer Anzeige ermöglicht werden.<br />
• Die <strong>Untersuchung</strong> muss gründlich sein. Die gynäkologische und rechtsmedizinische <strong>Untersuchung</strong><br />
sollten wenn möglich in der gleichen Sitzung durchgeführt werden.<br />
• Alle <strong>Untersuchung</strong>sgänge müssen dem Opfer vorgängig erklärt werden. Es sollte genügend<br />
Zeit zur Verfügung stehen, damit sich die Geschädigte gegebenenfalls auf die Situation einstellen<br />
kann.<br />
• Wenn möglich soll die <strong>Untersuchung</strong> durch weibliches Personal durchgeführt werden. Dies<br />
gilt vor allem während der offiziellen Arbeitszeit. Für den Dienstbetrieb kann dies seitens<br />
des IRM nicht gewährleistet werden.<br />
5.2 Einverständniserklärung<br />
Das Einverständnis der Geschädigten und deren Kooperation ist die Grundlage für eine <strong>Untersuchung</strong>.<br />
Dies gilt ebenfalls für Fälle, die der Strafuntersuchungsbehörde bereits gemeldet wur-<br />
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4<br />
den. Basis für die Einverständniserklärung ist die Urteilfähigkeit des Opfers und eine umfassende<br />
Aufklärung über die zu erfolgende <strong>Untersuchung</strong>. Wenn nötig, muss eine Übersetzerin beigezogen<br />
werden. Grosses Gewicht bei der Aufklärung muss darauf gelegt werden, dass im<br />
Falle einer Anzeige die ärztliche Schweigepflicht gegenüber der Strafuntersuchungsbehörde<br />
erlischt und die <strong>Untersuchung</strong>sresultate dieser weitergegeben werden. Ihr Einverständnis muss<br />
die Geschädigte aus freien Stücken und ohne jeglichen äusseren Druck erteilen können. Sie<br />
bestätigt dies durch ihre Unterschrift auf dem <strong>Untersuchung</strong>sprotokoll. Diese muss vor der<br />
Anamneseerhebung und dem ersten <strong>Untersuchung</strong>sgang vorliegen.<br />
Wenn die Urteilsfähigkeit des Opfers in Frage gestellt ist und dringende Indikationen für eine<br />
<strong>Untersuchung</strong> vorliegen, sollte diese nur nach Rücksprache mit dem Auftraggeber (<strong>Untersuchung</strong>srichter,<br />
Staatsanwalt) erfolgen.<br />
5.3 Anamneseerhebung<br />
Die Befragung des Opfers ist Aufgabe der Polizei. Kenntnis über den Ereignishergang ist aber<br />
Voraussetzung für die <strong>Untersuchung</strong> des Opfers und die Beurteilung <strong>von</strong> Verletzungen. Sollte<br />
ein polizeiliches Befragungsprotokoll bereits zur Verfügung stehen, ist dieses vor der <strong>Untersuchung</strong><br />
zu studieren. Es muss dabei aber bedacht werden, dass das Opfer der Polizei gegenüber<br />
aus Scham gewisse Details zum Tatablauf verschwiegen haben könnte und für die<br />
rechtsmedizinische <strong>Untersuchung</strong> wichtige Details bei der polizeilichen Befragung nicht angesprochen<br />
wurden. Der Tatablauf sollte deshalb noch einmal erfragt werden. Suggestive Fragen<br />
müssen vermieden werden.<br />
Der genaue Inhalt der Anamnese ist dem im <strong>Untersuchung</strong>skit enthaltenen <strong>Untersuchung</strong>sprotokoll<br />
zu entnehmen. Die sexuellen Handlungen wie Art und Lokalisation einer Penetration wird<br />
das Opfer nur selten <strong>von</strong> sich aus schildern. Hier ist ein Nachfragen in der Regel unerlässlich.<br />
Die Fragen müssen im <strong>Untersuchung</strong>sprotokoll erwähnt werden.<br />
Für die Spurensicherung ist <strong>von</strong> Bedeutung, welche Reinigungshandlungen des Opfer nach der<br />
Tat vollführte und ob die beim Ereignis getragenen Kleidungstücke gewechselt wurden. Die<br />
Frage, ob die Tat unter dem Einfluss <strong>von</strong> Alkohol, Medikamenten oder Betäubungsmittel geschah,<br />
kann für die rechtliche Qualifikation entscheidend sein.<br />
Nebst der Befragung des Opfers zum Ereignis sollte eine klinische-gynäkologische Anamneseerhebung<br />
erfolgen.<br />
5.4 Körperliche <strong>Untersuchung</strong><br />
Für die <strong>Untersuchung</strong> muss ein geeignetes <strong>Untersuchung</strong>szimmer zur Verfügung stehen. Dieses<br />
sollte genügend Raum bieten, damit eine physische Distanz zwischen Opfer und Untersucher/Untersucherin<br />
geschaffen werden kann. Der Raum sollte hell sein und eine angenehme<br />
neutrale Temperatur haben. Es muss eine geeignete künstliche Lichtquelle und ein Instrumentarium<br />
für die gynäkologische <strong>Untersuchung</strong> zur Verfügung stehen. Für die Entkleidung des<br />
Opfers muss eine Abschrankung bestehen.<br />
Die <strong>Untersuchung</strong> muss immer im Beisein einer Drittperson erfolgen (z.B. Gynäkologin, Pflegeperson<br />
oder Begleitperson), vor allem wenn der Untersucher männlich ist. Falls das Opfer die<br />
bei der Tat getragenen Kleider noch auf sich hat, muss für Ersatzkleidung gesorgt werden. Falls<br />
aus spurenkundlichen Überlegungen die Kleider nicht auf der Papierunterlage sichergestellt<br />
werden müssen, soll sich das Opfer hinter einem Vorhang ausziehen können. Um den Schamgefühlen<br />
Rechnung zu tragen, sollte auf eine vollständige Nacktheit der Geschädigten verzich-<br />
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5<br />
tet werden. Es hat sich bewährt, den Oberkörper zuerst zu untersuchen, das Opfer sich oben<br />
wieder ankleiden zu lassen, bevor die <strong>Untersuchung</strong> des Unterkörpers erfolgt.<br />
Die genauen Inhalte der körperlichen <strong>Untersuchung</strong> sind im <strong>Untersuchung</strong>sprotokoll festgehalten.<br />
In jedem Fall soll eine Ganzkörperuntersuchung (<strong>von</strong> Kopf bis Fuss) mit Einbezug der <strong>von</strong><br />
aussen nicht einsehbaren Körperregionen. (Haarboden, Mundhöhle, Bindehäute, Gehörgänge,<br />
Haut hinter den Ohren) erfolgen.<br />
5.5 Gynäkologische <strong>Untersuchung</strong><br />
Da die Geschädigte auf dem gynäkologischen Stuhl den <strong>Untersuchung</strong>sgang nicht verfolgen<br />
kann, ist sie vor jedem <strong>Untersuchung</strong>sschritt zu informieren. Vor jeder Berührung oder vor jedem<br />
<strong>Untersuchung</strong>sgang mit einem Instrument und bei der Berührung mit Asservatetupfern soll<br />
das Opfer instruiert werden.<br />
Auch hier sind die genauen Inhalte der <strong>Untersuchung</strong> im <strong>Untersuchung</strong>sprotokoll festgehalten.<br />
Der <strong>Untersuchung</strong>sumfang und der Umfang der Spurenasservation richtet sich nach den Gegebenheiten<br />
des Falls. Die <strong>Untersuchung</strong> soll chronologisch nach folgendem Schema erfolgen:<br />
• <strong>Untersuchung</strong> des äusseren Genitales, der Analöffnung und der Dammregion. Spreizen<br />
der grossen Schamlippen und Inspektion der hinteren Kommissur. Spurenasservation<br />
und Dokumentation <strong>von</strong> Verletzungen.<br />
• Inspektion des Hymens vor allem des Hymenalsaumes wenn möglich mit Hilfe einer<br />
Kugelsonde aus Glas oder eines Harnblasenkatheters mit Aufblasen des Ballons. Dokumentation<br />
alter oder frischer Hymenalverletzungen.<br />
• Anfärbung der Schleimhaut am Scheideneingang (hintere Kommissur) und der Dammregion<br />
mit Toluidinblau mit anschliessendem Abspritzen mit Essigsäure zur Darstellung<br />
oder zum Ausschluss <strong>von</strong> <strong>von</strong> blossem Auge unsichtbaren Verletzungen. Dokumentation<br />
<strong>von</strong> Verletzungen.<br />
• <strong>Untersuchung</strong> mit dem Scheidenspiegel. Kein Gleitmittel oder nur Kochsalzlösung verwenden.<br />
Dokumentation <strong>von</strong> Verletzungen (wenn möglich mit Kolposkop).<br />
Spurenasservation <strong>von</strong> Scheidenwand, hinterem Scheidengewölbe und<br />
Muttermundskanal und Asservation klinisch relevanter Proben (Abstriche auf<br />
Chlamydien, Bakterien, PAP, ev Ueraplasma urealyticum).<br />
In jedem Fall sind Abstriche des Anus und Rektums, des äusseren Genitales, der Scheidenwand<br />
und des Muttermundes entnehmen. Die anderen Asservate sollen gezielt und bei Bedarf<br />
erfolgen.<br />
Bei Verdacht auf eine Verletzung des Rektums oder der Analöffnung sollte ein Proktologe beigezogen<br />
werden.<br />
5.6 Fotografische Dokumentation<br />
Verletzungen sind in der Übersicht und im Detail mit Massstab fotografisch zu dokumentieren.<br />
Besonders das Fotografieren des Genitales wird vom Opfer oft als beschämend empfunden.<br />
Gegebenenfalls ist mit Nachdruck auf die Bedeutung der Befunddokumentation hinzuweisen.<br />
Fotografien vom Genitale werden dem Bericht nicht routinemässig beigelegt sondern nur der<br />
Strafverfolgungsbehörde auf deren Antrag hin ausgehändigt.<br />
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6<br />
5.7 Spurenkundliche Asservation<br />
Die Asservation <strong>von</strong> Spuren erfolgt gemäss Untersuchunsprotokoll F<strong>XX</strong>. Das Ausmass der Spurensicherung<br />
richtet sich nach den Gegebenheiten des Falls.<br />
Kleidungsstücke müssen in Papiersäcken getrennt asserviert werden.<br />
Die Asservation <strong>von</strong> biologischen Spuren zur forensisch-molekularbiologischen <strong>Untersuchung</strong><br />
am Köpfer erfolgt mittel Wattetupfern nach dem Prinzip „feucht mit trocken“ und „trocken mit<br />
feucht“. Zur Befeuchtung der Wattetupfer soll sterile Kochsalzlösung verwendet werden. Die<br />
Asservation <strong>von</strong> biologischen Spuren (z.B. Speichel- oder Spermaanhaftungen auf der Haut)<br />
soll gezielt und nur dort erfolgen, wo entweder Sekretspuren erkennbar sind oder deren Existenz<br />
aufgrund der Opferangaben zu erwarten ist. Auf ein grossflächiges Abreiben der Haut mit<br />
Asservatentupfern ist zu verzichten, da so vor allem die DNA des Opfers erfasst wird. Die Wattestäbchen<br />
sollten in einem geeigneten Transportbehälter aufbewahrt werden, der eine Trocknung<br />
der Asservate gewährleistet. Bei der Verwendung <strong>von</strong> Plastikbehältnissen, müssen die<br />
Proben vorher kontaminationsfrei getrocknet werden.<br />
Auch die klinisch-diagnostischen <strong>Untersuchung</strong>sresultate können <strong>von</strong> kriminalistischem Wert<br />
sein und das Ereignis und die Täterschaft belegen (Typisierung <strong>von</strong> Krankheitserregern).<br />
5.8 Urin- und Blutentnahme<br />
Die Blutentnahme ist ein invasiver Eingriff der einer Indikation bedarf. Grundsätzlich wird Urin<br />
und Blut dann abgenommen, wenn der Konsum oder die Verabreichung <strong>von</strong> Alkohol, Drogen<br />
und/oder Betäubungsmittel geltend gemacht wird. Es soll immer ein Vollblutröhrchen und ein<br />
Röhrchen mit Zusatz (z.B. Natriumfluorid) zur Cocainstabilisierung entnommen werden.<br />
Falls das Opfer eine Bewusstlosigkeit oder Gedächtnislücke schildert, muss an die Möglichkeit<br />
einer unwissentlichen Verabreichung einer sogenannten „Rape Drug“ durch den Täter gedacht<br />
werden. In solchen Fällen, sollte drei bis vier Wochen nach dem Ereignis eine Haarprobe beim<br />
Opfer entnommen werden.<br />
Eine Blutentnahme kann auch aus klinischer Sicht, z.B. zur Abklärung <strong>von</strong> Infektionskrankheit<br />
oder zur Sicherstellung eines „Nullserums“ notwendig sein.<br />
Falls Oralverkehr geltend gemacht wird. Sollte EDTA-Blut für die Bestimmung der Opfer-DNA<br />
entnommen werden.<br />
5.9 Behandlung und Weiterbetreuung<br />
Die Behandlung <strong>von</strong> Verletzungen und Infektionskrankheiten ist Aufgabe der Klinik. Falls die<br />
<strong>Untersuchung</strong> nicht zusammen mit dem ärztlichen Dienst einer Klinik durchgeführt wird, ist das<br />
Opfer einem Spital für die Behandlung zuzuweisen. Vor allem die Durchführung einer<br />
postkoitalen Konzeption (Pille danach) und die medikamentöse Vorbeugung einer Infektion<br />
durch HI und Hepatitisviren (Postexpositionsprophylaxe) muss so schnell wie möglich erfolgen.<br />
Für die weitere Betreuung und Nachfolgeuntersuchung soll die Geschädigte an eine geeignete<br />
Institution (Opferhilfestellen) weitergewiesen und mit Dokumentationsmaterial versorgt werden.<br />
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6 Mitgeltende Unterlagen<br />
<strong>Untersuchung</strong>sprotokoll F<strong>XX</strong> enthalten im <strong>Untersuchung</strong>sset<br />
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