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„Ganz privat ...“

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<strong>„Ganz</strong> <strong>privat</strong> ...<strong>“</strong><br />

versus „Gemeinwohl<strong>“</strong><br />

Anna Wall-Strasser<br />

„Du gebierst dich nicht selbst – dir wird das Leben geschenkt.<br />

Nicht nur in der ersten Stunde deines Lebens, sondern ein Leben<br />

lang ...<strong>“</strong> Fulbert Steffensky spricht eine wesentliche Grundvoraussetzung<br />

menschlichen Lebens an: Leben ist Geschenk, es<br />

verdankt sich und ist ständig angewiesen auf andere.<br />

2<br />

In alltäglichen Erfahrungen wird deutlich, dass es menschliches<br />

Leben alleine, nur individuell gedacht, nicht geben kann.<br />

Der Mensch ist ein soziales Wesen, und in allen seinen Vollzügen<br />

mit anderen Menschen verflochten, weltweit. Daher hat die<br />

christliche Soziallehre als eines ihrer wichtigsten Prinzipien das<br />

Gemeinwohl genannt. Das Gemeinwohl ist die Hilfe, die jede/r<br />

Einzelne für die Erfüllung ihrer/seiner grundlegenden Lebensziele<br />

benötigt und nur durch die gesellschaftliche Kooperation zu<br />

finden ist. Zum Gemeinwohl tragen alle bei, und alle müssen Anteil<br />

daran haben – so nachzulesen z. B. in der Enzyklika Gaudium<br />

et spes (GeS). Verantwortlich für das Gemeinwohl ist demnach<br />

der Staat, die Politik, die in der Demokratie gewählten RepräsentantInnen.<br />

Sie haben dafür zu sorgen, dass „dem Menschen alles<br />

zugänglich gemacht wird, was er für ein wirklich menschliches<br />

Leben braucht<strong>“</strong> (GeS 26).<br />

Demgegenüber steht der Zeitgeist von heute, der immer nur den<br />

einzelnen für sein/ihr Wohlergehen verantwortlich machen will.<br />

Das Private steht ganz oben in der Werteskala einer Gesellschaft,<br />

in der nur mehr die allgemeine Konkurrenz <strong>privat</strong>er Interessensstandpunkte<br />

gilt. Konkurrenz der einzelnen ist das durchgängige<br />

Prinzip, jeder gegen jeden soll sich im Wettbewerb durchsetzen.<br />

„Privare<strong>“</strong> kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „rauben<strong>“</strong>.<br />

Im Griechischen bezeichnet der „Idiotis<strong>“</strong> den Privatmann, der<br />

sich nur auf sich selbst bezieht, und sich damit aus den sozialen<br />

Zusammenhängen ausschließt. Bislang öffentliche, gemeinwirtschaftliche<br />

Betriebe werden <strong>privat</strong>isiert, von Industriebetrieben<br />

über Banken, Energieversorger, Post, Bahnen, Krankenhäuser<br />

und Altenpflege bis zu Gefängnissen. Rein betriebswirtschaftliche<br />

Effizienzkriterien verdrängen die bislang gemeinwirtschaftliche<br />

Nutzung, die sowohl regionale, soziale und qualitative Kriterien<br />

mitzubedenken hat. In <strong>privat</strong>isierten Bereichen gelten dann<br />

auch Konkurrenz und Gewinnstreben. Die Profitlogik ist eingezogen<br />

in Sektoren, in denen es um etwas anderes gehen sollte: um<br />

Versorgung, Fürsorge und Verteilung. Das heißt aber dann, dass

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