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Die Verwandlung 4 - Textanalyse

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Kafka: <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> - Unterrichtskonzept<br />

1. Einstieg<br />

2. Interpretation als Symptomhandlung<br />

3. Interpretation als geheimer Appell<br />

k k k k k<br />

ka ka ka ka ka<br />

kafkafkafkafka<br />

kafsafkafsafka<br />

safsafsafsafsa<br />

samsamsamsamsa<br />

sa sa sa sa sa<br />

s s s s s Ashliman<br />

4. <strong>Die</strong> Reaktion der Familie am Beispiel der Schwester<br />

5. Episoden der <strong>Verwandlung</strong><br />

6. Das Ende – Gregors Überflüssigkeit<br />

7. Verschiedene Aufgaben: (Themen für Schülerreferate, Klausurthemen,<br />

analytische und kreative Aufgaben für Hausarbeiten<br />

8. Rückverwandlung: Perspektiven<br />

9. Schulz von Thun: Verdeckte Appelle<br />

10. Ein Paralleltext (Auszug: Hochzeitsssvorbereitungen auf dem Lande)


Kafka: <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 1<br />

Einstieg<br />

1. Ersten Absatz vorlesen<br />

2. schriftlich: Welche Gedanken werden Gregor jetzt durch den Kopf<br />

schießen?<br />

Auswertung<br />

3. Weiterlesen bis S.59 oben:<br />

Reagiert Gregor so, wie es zu erwarten war?<br />

Ziel: Begrenztheit seines Sorgenhorizonts herausarbeiten


Kafka: <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 2<br />

Interpretation Interpretation der der <strong>Verwandlung</strong> <strong>Verwandlung</strong> als als Symptomhandlung<br />

Symptomhandlung<br />

1. Voraussetzung: Lektüre bis S.59 oben<br />

2. Explikation der Fragestellung: Was "bedeutet" die <strong>Verwandlung</strong> Gregors?<br />

3. Exkurs: Symptomhandlungen<br />

a. Lehrererzählung: Erlebnis eines Schülerfunktionärs auf einer Wochenendtagung<br />

(Zimmerschlüssel-Bierdeckel-Episode)<br />

Auswertung: Warum errötete der Schülerfunktionär?<br />

b. Lektüre: S.Freud, Symptom- und Zufallshandlungen [s. M1:ORDNER]<br />

3. Anwendung auf den Fall Gregor Samsa


Kafka: <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 3<br />

Interpretation der <strong>Verwandlung</strong> als geheimer Appell<br />

1. Voraussetzungen:<br />

- Lektüre 1. Kap. (= bis S.70 oben)<br />

- Interpretation als Symptomhandlung<br />

2. Exkurs: Geheime Appelle und finale Blickrichtung<br />

a. Was "bedeutet" es, wenn kleine Kinder schreien?<br />

b. Lektüre: Fr.Schulz v. Thun, Geheime Appelle [s. M2: ORDNER]<br />

3. Anwendung auf den Fall Gregor Samsa (Textstellen s. nächste Seite)<br />

• Hilfe Hilfe (60)<br />

(60)<br />

• Vertrauen Vertrauen (61)<br />

(61)<br />

• in in Ruhe Ruhe Ruhe lassen lassen (62) (62)<br />

(62)<br />

• Aufmerksamkeit/Besorgnis<br />

Aufmerksamkeit/Besorgnis<br />

(63)<br />

(63)<br />

• keine keine Verantwortung Verantwortung (64) (64)<br />

(64)<br />

• Aufmunterung Aufmunterung (65)<br />

(65)<br />

�<br />

LIEBE<br />

LIEBE<br />

GEBORGENHEIT<br />

GEBORGENHEIT


<strong>Die</strong> entsprechenden Textstellen:<br />

60 ... fiel ihm ein, wie einfach alles wäre, wenn man ihm zu Hilfe käme.<br />

61 Warum war nur Gregor dazu verurteilt, bei einer Firma zu dienen, wo man bei der kleinsten Versäumnis<br />

gleich den größten Verdacht faßte?<br />

63 Man hätte es mir ansehen müssen.<br />

64 Würden sie erschrecken, dann hatte Gregor keine Verantwortung mehr und konnte ruhig sein.<br />

Er fühlte sich wieder einbezogen in den menschlichen Kreis.<br />

65 ... alle hätten ihm zurufen sollen, auch der Vater und die Mutter: „Frisch, Gregor“, hätten sie rufen<br />

sollen ...<br />

66 Machen Sie es mir nicht schwieriger, als es schon ist.<br />

67 Wäre doch die Schwester hiergewesen.


Kafka: <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 4<br />

<strong>Die</strong> Reaktion der Familie am Beispiel der Schwester<br />

1. Voraussetzung: Interpretation der <strong>Verwandlung</strong> Gregor Samsas<br />

- als Symptomhandlung<br />

- als geheimer Appell<br />

2. Analyse S.72f.: Reagiert die Schwester appellkonform?<br />

a. Erstverständnis<br />

b. Detailanalyse einzelner Textstellen<br />

• Folie: Was die Schwester tut<br />

• Arbeitsblatt: <strong>Die</strong> Schwester bringt Essen<br />

• Folie: Gregors Sicht der Dinge<br />

3. Welche Motive bewegen die Schwester (87f.)<br />

4. Ist das Handeln der Schwester verständlich? (83ff.)


Detailanalyse S. 72 f. (I)<br />

Was die Schwester tut: sie ...<br />

• öffnet die Tür, sieht herein<br />

• erschrickt, schlägt die Tür von außen zu<br />

• öffnet die Tür wieder<br />

• tritt auf Fußspitzen herein<br />

• bemerkt den vollen Milchnapf<br />

• hebt ihn auf<br />

• breitet verschiedene Essensangebote auf einer Zeitung aus<br />

• stellt den Napf, diesmal mit Wasser gefüllt, hinzu<br />

• entfernt sich, dreht den Schlüssel um<br />

• dreht den Schlüssel um, kommt wieder herein<br />

• fegt alle Speisen zusammen, schüttet alles in einen Kübel, schließt diesen<br />

mit einem Holzdeckel<br />

• trägt alles hinaus


Detailanalyse S. 72 f. (II)<br />

Gregors Sicht der Dinge<br />

• "die Schwester in ihrer Güte" ..."Zartgefühl" (72)<br />

• "als sei sie bei einem Schwerkranken oder gar bei einem<br />

Fremden" (72)<br />

• "zwar nicht mit den bloßen Händen, sondern mit einem Fetzen"<br />

(72)<br />

• "den wahrscheinlich ein für allemal für Gregor bestimmten<br />

Napf" (72)<br />

• "als seien also auch diese nicht mehr zu gebrauchen" (73)


Kafka: <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 4<br />

TAFELBILD<br />

<strong>Die</strong> <strong>Die</strong> <strong>Die</strong> Schwester<br />

Schwester Schwester<br />

(Gregors) (Gregors) Kommentar:<br />

Kommentar:<br />

Kommentar:<br />

öffnet die Tûr, sieht herein mit Spannung<br />

erschrickt, schlägt die Tûr von außen zu ohne sich beherrschen zu können<br />

öffnet die Tûr wieder als bereue sie ihr Unternehmen<br />

tritt auf Fußspitzen herein als sei sie bei einem Schwerkranken oder gar bei<br />

einem Fremden<br />

bemerkt den vollen Milchnapf<br />

hebt ihn auf zwar nicht mit bloßen Händen, sondern mit einem<br />

Fetzen<br />

breitet verschiedene Essensangebote auf einer Zeitung<br />

aus<br />

in ihrer Gûte<br />

stellt den Napf, diesmal mit Wasser gefûllt, hinzu den wahrscheinlich ein- fûr allemal fûr Gregor bestimmten<br />

entfernt sich, dreht den Schlûssel um aus Zartgefûhl, eiligst<br />

dreht den Schlûssel um, kommt wieder herein langsam<br />

fegt alle Speisen zusammen, schûttet alles in einen<br />

Kûbel, schließt diesen mit einem Holzdeckel,<br />

trägt alles hinaus hastig<br />

nichtsahnend, selbst die unberûhrten Speisen, als<br />

seien also auch diese nicht mehr zu gebrauchen,


5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

<strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 4 - <strong>Textanalyse</strong><br />

Hätte Gregor nur mit der Schwester sprechen und ihr für alles<br />

danken können, was sie für ihn machen mußte, er hätte ihre<br />

<strong>Die</strong>nste leichter ertragen; so aber litt er darunter. <strong>Die</strong> Schwester<br />

suchte freilich die Peinlichkeit des Ganzen möglichst zu<br />

verwischen, und je längere Zeit verging, desto besser gelang<br />

es ihr natürlich auch, aber auch Gregor durchschaute mit der<br />

Zeit alles viel genauer. Schon ihr Eintritt war für ihn schrecklich.<br />

Kaum war sie eingetreten, lief sie, ohne sich Zeit zu<br />

nehmen, die Türe zu schließen, so sehr sie sonst darauf achte-<br />

te, jedem den Anblick von Gregors Zimmer zu ersparen, ge-<br />

radewegs zum Fenster und riß es, als ersticke sie fast, mit hastigen<br />

Händen auf, blieb auch, selbst wenn es noch so kalt war,<br />

ein Weilchen beim Fenster und atmete tief. Mit diesem Laufen<br />

und Lärmen erschreckte sie Gregor täglich zweimal; die<br />

ganze Zeit über zitterte er unter dem Kanapee und wußte doch<br />

sehr gut, daß sie ihn gewiß gerne damit verschont hätte, wenn<br />

es ihr nur möglich gewesen wäre, sich in einem Zimmer, in<br />

dem sich Gregor befand, bei geschlossenem Fenster aufzuhalten.<br />

Einmal, es war wohl schon ein Monat seit Gregors Verwand-<br />

lung vergangen, und es war doch schon für die Schwester<br />

kein besonderer Grund mehr, über Gregors Aussehen in Erstaunen<br />

zu geraten, kam sie ein wenig früher als sonst und<br />

traf Gregor noch an, wie er, unbeweglich und so recht zum<br />

Erschrecken aufgestellt, aus dem Fenster schaute. Es wäre für<br />

Gregor nicht unerwartet gewesen, wenn sie nicht eingetreten<br />

Arbeite mit textbeschreibenden Aussagen + Zeilenangaben heraus, was typisch ist<br />

• für Gregors Wünsche im Hinblick auf seine Schwester<br />

• für Gregors Wahrnehmung der Tatsachen<br />

• für die Perspektive des Erzählers.<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

wäre, da er sie durch seine Stellung<br />

verhinderte, sofort das Fenster zu öffnen,<br />

aber sie trat nicht nur nicht ein, sie fuhr sogar zurück und<br />

schloß die Tür; ein Fremder hätte geradezu denken können, Gregor<br />

habe ihr aufgelauert und habe sie beißen wollen. Gregor versteckte<br />

sich natürlich sofort unter dem Kanapee, aber er mußte bis zum<br />

Mittag warten, ehe die Schwester wiederkam, und sie schien viel<br />

unruhiger als sonst. Er erkannte daraus, daß ihr sein Anblick noch<br />

immer unerträglich war und ihr auch weiterhin unerträglich bleiben<br />

müsse, und daß sie sich wohl sehr überwinden mußte, vor dem Anblick<br />

auch nur der kleinen Partie seines Körpers nicht davonzulaufen,<br />

mit der er unter dem Kanapee hervorragte. Um ihr auch diesen<br />

Anblick zu ersparen, trug er eines Tages auf seinem Rücken – er<br />

brauchte zu dieser Arbeit vier Stunden – das Leintuch auf das Ka-<br />

napee und ordnete es in einer solchen Weise an, dag er nun gänzlich<br />

verdeckt war, und daß die Schwester, selbst wenn sie sich<br />

bückte, ihn nicht sehen konnte. Wäre dieses Leintuch ihrer Meinung<br />

nach nicht nötig gewesen, dann hätte sie es ja entfernen kön-<br />

nen, denn daß es nicht zum Vergnügen Gregors gehören konnte,<br />

sich so ganz und gar abzusperren, war doch klar genug, aber sie<br />

ließ das Leintuch, so wie es war, und Gregor glaubte sogar einen<br />

dankbaren Blick erhascht zu haben, als er einmal mit dem Kopf<br />

vorsichtig das Leintuch ein wenig lüftete, um nachzusehen, wie die<br />

Schwester die neue Einrichtung aufnahm.<br />

(S. 77 f.)


Wünsche<br />

Wahrnehmung<br />

Perspektive<br />

<strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 4 <strong>Textanalyse</strong> (Ergebnis))<br />

Ergebnisse (Thesen) Textbelege Parallelstellen<br />

1. Seiner Schwester offenbaren,<br />

wie sehr er sie<br />

liebt.<br />

2. <strong>Die</strong> Schwester soll<br />

sich gerne um ihn kümmern.<br />

1. von Wunschdenken<br />

gesteuerte<br />

mungWahrneh-<br />

2. <strong>Die</strong> Realität wird<br />

dennoch (gleichsam wider<br />

besseren Willen) „unterschwellig“<br />

(und kritisiert).<br />

gesehen<br />

Er-Erzähler, aber Gregors<br />

Sicht der Dinge<br />

♦ G. beklagt, dass er seiner Schwester<br />

nicht danken kann.<br />

♦ <strong>Die</strong> Hast, mit der sie das Fenster aufreißt,<br />

ist für G. „schrecklich“. (7ff.)<br />

♦ <strong>Die</strong> (uneingestandene) Kritik, die in dem<br />

Wort „sogar“ liegt: 29, 47<br />

♦ Sie hätte das Leintuch „ja“ entfernen<br />

können (= sollen!): 42 ff.<br />

♦ Der Schwester wird ein Zartgefühl unterstellt,<br />

von dem der Leser nicht zu überzeugen<br />

ist: 4 ff., 15 ff.<br />

♦ <strong>Die</strong> „nackten“ Tatsachen, die für sich<br />

sprechen.<br />

♦ keine Distanz zu Gregors („verblendeter“)<br />

Wahrnehmung: „durchschaute“ (6),<br />

„wußte doch sehr gut“ (15 f.)<br />

♦ erlebte Rede (1 f.; immer wieder:<br />

„doch“, „ja“, „nur“ etc.)<br />

Violinszene<br />

<strong>Die</strong> Schwester<br />

bringt das Essen<br />

<strong>Die</strong> Schwester<br />

bringt das Essen<br />

durchgehend


Kafka: <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 5<br />

1. [70-73] <strong>Die</strong> Schwester bringt das Essen<br />

Abschnitt II: Episoden<br />

2. [73-76] <strong>Die</strong> Klärung der finanziellen Verhältnisse<br />

„<strong>Die</strong>se Erklärungen des Vaters waren zum Teil das erste Erfreuliche, was Gregor seit seiner Gefangenschaft<br />

zu hören bekam“ (74)<br />

� Würdet ihr dieser Beurteilung zustimmen?<br />

3. [76-81] Gregors Zimmer wird ausgeräumt<br />

� Idee: wer und warum<br />

� Initiative, Entscheidung: wer und warum<br />

� Bedenken: wer und warum<br />

4. [81-85] Gregor „bricht aus“ und wird zurückgeschlagen<br />

Zwischenbilanz: Wie reagiert die Familie auf den „neuen Gregor“?<br />

� Vater<br />

� Mutter<br />

� Schwester


Kafka: <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 6<br />

Das Ende: Gregors "Überflüssigkeit"<br />

1. Wie verändert sich die Gesamtsituation der Familie infolge der <strong>Verwandlung</strong> Gregors?<br />

2. Welche unmittelbaren Folgen hat Gregors Tod?<br />

3. Hat die Geschichte ein "happy end"?<br />

Alternative (?): kreative Aufgabe:<br />

a) ein anderes Ende erfinden<br />

b) Stelle dir vor, Gregor wäre zugleich mit seinem Ableben als „Ungeziefer“ als Gregor<br />

wiederauferstanden und hätte, das weitere Geschick seiner Familie aus der Ferne<br />

verfolgend, ein neues Leben begonnen. Nach vielleicht einem halben Jahr<br />

schreibt er der Familie einen Brief, in dem er sich als Lebender „zurückmeldet“ und<br />

zugleich für immer Abschied nimmt.<br />

Formuliere diesen Brief!


Kafka: <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 7<br />

Unterrichtszusammenhang<br />

1. Schülerreferat zu Kafkas Biographie<br />

2. Ebenfalls als Schülerreferat denkbar: Kafkas "Brief an den Vater"; Anknüpfungspunkte:<br />

- Fehlen von Aufmunterung wird beklagt<br />

- "Gefühl der Nichtigkeit"<br />

- Jagd um den Tisch<br />

- Kafka bekommt nicht, "was ihm gebührt" (hier: Wasser)<br />

- "Ungeziefer" (K. antizipiert Reaktion des Vaters)


Kafka: <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 7<br />

Klausurthemen<br />

1. Wir haben die <strong>Verwandlung</strong> Gregors als eine Aktion seines Unterbewußtseins gedeutet.<br />

a) Stelle dar, was dieser Interpretationsansatz erbracht hat!<br />

b) Kann man die <strong>Verwandlung</strong> auch anders deuten? Versuche einen alternativen Interpretationsansatz,<br />

der nicht auf das Unterbewußtsein abhebt!<br />

2. kreative Aufgabe (s. Karte 5: Das Ende)<br />

Stelle dir vor, Gregor wäre zugleich mit seinem Ableben als „Ungeziefer“ als Gregor wiederauferstanden<br />

und hätte, das weitere Geschick seiner Familie aus der Ferne verfolgend, ein<br />

neues Leben begonnen. Nach vielleicht einem halben Jahr schreibt er der Familie einen<br />

Brief, in dem er sich als Lebender „zurückmeldet“ und zugleich für immer Abschied nimmt.<br />

Formuliere diesen Brief!<br />

Kriterien: In welchem Grade reflektiert der Brief<br />

a) das Problem:<br />

• enttäuschtes Liebesbedürfnis<br />

• „Sinnlosigkeit“ des eigenen (Vor-)Lebens<br />

b) die Situation<br />

• Wozu der Brief?<br />

• Abstand von einem Jahr<br />

• Abschied für immer<br />

Negativfolie: „Wie geht es Euch? Mir geht es gut.“


Kafka: <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 7 - Themen für eine Hausarbeit<br />

A. A. Analytische Analytische Themen<br />

Themen<br />

1. Kafkas „<strong>Verwandlung</strong>“ – ein „Problemlösungsspiel“ des Dichters?<br />

Eine Gruppe von drei Themen, die sich mit verschiedenen autobiographischen Aspekten<br />

der Erzählung befassen:<br />

� Das Verhältnis zum Vater<br />

� Das Liebes-/Sexualleben<br />

� Der ungeliebte Beruf<br />

<strong>Die</strong> Arbeit soll – am Beispiel des gewählten Aspekts – eine Antwort auf die Titelfrage<br />

geben: Kann die „<strong>Verwandlung</strong>“ als „Problemlösungsspiel“ des Dichters gelesen<br />

werden? Dazu ist im Detail zu untersuchen:<br />

� Welche persönlichen Probleme Kafkas spiegeln sich in der Erzählung wider?<br />

� Kann die Erzählung (auch) als Versuch des Autors verstanden (interpretiert) werden,<br />

Möglichkeiten des Umgangs mit seinen Problemen literarisch „durchzuspielen“?


2. Kafkas „<strong>Verwandlung</strong>“ – ein „Antimärchen“?<br />

In seinem Umgang mit dem Phantastischen greift Kafka auf Elemente zurück, die<br />

uns aus Märchen bekannt sind. Zwei Themen sollen dem Verhältnis seiner Erzählung<br />

zu dieser Gattung nachspüren, und zwar durch einen Textvergleich mit<br />

� „La belle et la bête“ (Charles Perrault 1697)<br />

� „Hänsel und Gretel“ (KHM 15)<br />

Am Beispiel des gewählten Texts soll untersucht werden:<br />

� Welche Berührungspunkte (Handlung, Personenkonstellation, Thematik ...) legen<br />

einen Vergleich nahe?<br />

� Welche Unterschiede schärfen das Verständnis für die Besonderheiten von Kafkas<br />

Erzählung?<br />

3. Kafkas „<strong>Verwandlung</strong>“ als produktive Rezeption literarischer Vorbilder<br />

Zwei Texte des russischen Dichters Gogol bieten sich zum Vergleich besonders an:<br />

� „<strong>Die</strong> Nase“ (1836)<br />

� „Der Mantel“ (1842)<br />

Untersuchungsfragen wie bei den Themen der Gruppe 2:<br />

� Welche Berührungspunkte (Handlung, Personenkonstellation, Thematik ...) legen<br />

einen Vergleich nahe?<br />

� Welche Unterschiede schärfen das Verständnis für die Besonderheiten von Kafkas<br />

Erzählung?


B. Kreative Kreative Aufgaben<br />

Aufgaben<br />

<strong>Die</strong> Arbeiten zu dieser Abteilung sollen zweierlei liefern:<br />

� ein literarisches Produkt<br />

� ein „statement“, in dem das Konzept erläutert wird.<br />

1. Zur „<strong>Verwandlung</strong>“ selbst:<br />

Etwas für diejenigen, denen Kafkas Phantastik zu weit geht. <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> Gregors<br />

läßt sich, wie wir gesehen haben, auf verschiedenste Weise interpretieren – warum<br />

nicht auch als phantastische Übersteigerung einer realen Veränderung des<br />

Helden, eines durch äußere Einflüsse (Unfall?) bewirkten Gestaltwandels, einer<br />

durch innere „Reifung“ bewirkten, sprunghaft sich äußernden Persönlichkeitsentwicklung,<br />

eines „coming out“ von irgend etwas ...<br />

Erzähle eine neue Geschichte (mit neuem Personal), die sich ganz auf einen derartigen<br />

„realistischen Kern“ beschränkt! <strong>Die</strong>se neue Geschichte sollte aber darin der<br />

alten gleichen, daß die Reaktion der Mitmenschen aus der Perspektive des/der<br />

Verwandelten dargestellt wird.<br />

2. Produktive Rezeption einer selbstgewählten Erzählung Kafkas<br />

„Produktive Rezeption“ kann dabei alles Mögliche heißen: „Gegendichtung“ (Umwertung,<br />

Perspektivwechsel), Aktualisierung, Psychologisierung, Parodie ...<br />

<strong>Die</strong>s ist ein sehr freies Thema; entsprechend groß ist die Eigenverantwortung für die<br />

Entscheidungen, die mit der Wahl des Projekts verbunden sind.


C. Lesetagebuch:<br />

Lesetagebuch:<br />

Eine die Lektüre begleitende gedankliche Auseinandersetzung mit einem<br />

der Romane Kafkas. <strong>Die</strong> Konzeption dieses Tagebuchs sollte mit<br />

mir abgesprochen werden.


<strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong> 8 - Rückverwandlung: Perspektiven<br />

alter Gregor:<br />

Selbstaufopferung<br />

wunschgesteuerte Wahrnehmung<br />

unterdrückter Protest/Liebesbedürfnis<br />

Rückverwandlung<br />

Ihr habt mir<br />

Unrecht getan!<br />

Anklage<br />

Selbstmitleid<br />

Schnulze<br />

neuer Gregor:<br />

kann aus seiner<br />

<strong>Verwandlung</strong> lernen<br />

Ich habe<br />

falsch gelebt!<br />

So ist das Leben<br />

(der Mensch)


D Kommunikation Kommunikation verdeckte verdeckte Appelle Appelle<br />

Gh<br />

Gh<br />

Verdeckte Appelle (Appelle «auf leisen Sohlen»)<br />

aus: Schulz von Thun, Miteinander reden I, S. 221 f.<br />

Wer den unbewußten Wünschen des Senders auf die Spur kommen will, muß auf seine<br />

Gefühle als Empfänger achten. [Ein Beispiel:] Jemand weint. Zunächst sind wir geneigt,<br />

dieses Weinen als Ausdruck von Traurigkeit zu nehmen... Möglicherweise haben wir<br />

damit aber nicht die ganze psychologische Bedeutung des Weinens verstanden. Was<br />

geschieht mit mir, wenn der andere anfängt zu weinen? Ich bin betroffen, mein Zorn<br />

von eben ist verraucht, ich habe Mitleid, ich gebe nach, «mein Herz schmilzt», ich wende<br />

mich dem Weinenden zu, um ihn zu beruhigen und zu trösten, höre auf, ihn mit<br />

meinen Ansprüchen und «Wahrheiten» zu quälen. Und wenn dies Sinn und Zweck des<br />

Weinens gewesen wäre? Der Weinende würde diese Unterstellung entrüstet von sich<br />

weisen: Das Weinen sei einfach über ihn gekommen, mitnichten handele es sich um<br />

eine von ihm benutzte Strategie, auf den anderen Einfluß zu nehmen.<br />

Der Weinende lügt nicht wider besseres Wissen. Ihm ist die Strategie, die er benutzt,<br />

nicht bewußt. Vermutlich hat ihm diese Strategie in seiner Kindheit genützt: In bedrohlichen<br />

Situationen hat sie ihm das Schlimmste erspart («Lernen am Erfolg»).


Am Beispiel des Weinens haben wir eine psychologische Arbeitsmethode kennengelernt,<br />

deren Kennzeichen in einer finalen Blickrichtung besteht. Damit ist gemeint: Um<br />

ein Verhalten zu verstehen oder zu erklären, wird nicht nach den (in der Vergangenheit<br />

liegenden) Ursachen gefragt, sondern nach den (vielfach unbewußten) Zielen, für die<br />

das Verhalten dienlich ist. Bei dieser ... «Wozu»-Frage wird allen Verhaltensweisen ein<br />

(oft unbewußter) Zweck unterstellt. <strong>Die</strong>sem Zweck kommt man am besten auf die Spur,<br />

wenn man die Reaktionen der Umwelt auf dieses Verhalten betrachtet. Am Beispiel<br />

des Weinens haben wir diese Betrachtung vorgenommen, indem wir uns in den Empfänger<br />

hineinversetzt und gefragt haben: «Was löst das Weinen in mir aus?» Über den<br />

gefühlsmäßig empfundenen Appell sind wir der geheimen Zielsetzung des Senders auf<br />

die Spur gekommen und haben damit ein tieferes Verständnis für sein Verhalten erreicht.<br />

Wenden wir diese Arbeitsmethode der finalen Blickrichtung auf ein paar Beispiele an,<br />

um uns darin einzuüben, den geheimen Appellcharakter von manchen Nachrichten<br />

und Handlungen zu entdecken:<br />

Selbstmordversuche. (...)<br />

Angstzustände. (...)<br />

Empfindlichkeiten. (...)<br />

Allerlei kindliche Unarten. (...)<br />

Allerlei Hilflosigkeiten, Unfähigkeiten und Schwächen. (...)


Kafka: <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong><br />

Ein Paralleltext<br />

Raban, der „Held“ einer anderen Erzählung Kafkas („Hochzeitsvorbereitungen auf dem<br />

Lande“*), schickt sich an, eine 14tägige Urlaubsreise aufs Land zu unternehmen. Der<br />

Gedanke daran bereitet ihm zunächst Unbehagen, wenn nicht Angst:<br />

„... Ich bin sogar zu müde, um ohne Anstrengung den Weg zum Bahnhof zu gehn, der doch kurz ist. Warum<br />

bleibe ich also diese kleinen Ferien über nicht in der Stadt, um mich zu erholen? Ich bin doch unvernünftig.<br />

- <strong>Die</strong> Reise wird mich krank machen, ich weiß es wohl. Mein Zimmer wird nicht genügend bequem<br />

sein, das ist auf dem Land nicht anders möglich. Kaum sind wir auch in der ersten Hälfte des Juni,<br />

die Luft auf dem Lande ist oft noch sehr kühl. Zwar bin ich vorsichtig gekleidet, aber ich werde mich<br />

selbst Leuten anschließen müssen, die spät am Abend spazieren. Es sind dort Teiche, man wird entlang<br />

der Teiche spazierengehn. Da werde ich mich sicher erkälten. Dagegen werde ich mich bei den Gesprächen<br />

wenig hervortun. Ich werde den Teich nicht mit andern Teichen in einem entfernten Land vergleichen<br />

können, denn ich bin nie gereist, und um vom Mond zu reden und Seligkeit zu empfinden und<br />

schwärmend auf Schutthaufen zu steigen, dazu bin ich doch zu alt, um nicht ausgelacht zu werden.“ (8)<br />

Er beruhigt sich dann aber wieder:<br />

Da schien es Raban, er werde auch noch die lange schlimme Zeit der nächsten vierzehn Tage überstehn.<br />

Denn es sind nur vierzehn Tage, also eine begrenzte Zeit, und wenn auch die Ärgernisse immer größer<br />

werden, so vermindert sich doch die Zeit, während welcher man sie ertragen muß. Daher wächst der Mut<br />

ohne Zweifel. „Alle, die mich quälen wollen und die jetzt den ganzen Raum um mich besetzt haben,


werden ganz allmählich durch den gütigen Ablauf dieser Tage zurückgedrängt, ohne daß ich ihnen auch<br />

nur im geringsten helfen müßte. Und ich kann, wie es sich als natürlich ergeben wird, schwach und still<br />

sein und alles mit mir ausführen lassen und doch muß alles gut werden, nur durch die verfließenden Tage.<br />

Und überdies kann ich es nicht machen, wie ich es immer als Kind bei gefährlichen Geschäften machte?<br />

Ich brauche nicht einmal selbst aufs Land fahren, das ist nicht nötig. Ich schicke meinen angekleideten<br />

Körper. Wankt er zur Tür meines Zimmers hinaus, so zeigt das Wanken nicht Furcht, sondern seine<br />

Nichtigkeit. Es ist auch nicht Aufregung, wenn er über die Treppe stolpert, wenn er schluchzend aufs<br />

Land fährt und weinend dort sein Nachtmahl ißt. Denn ich, ich liege inzwischen in meinem Bett, glatt<br />

zugedeckt mit gelbbrauner Decke, ausgesetzt der Luft, die durch das wenig geöffnete Zimmer weht. <strong>Die</strong><br />

Wagen und Leute auf der Gasse fahren und gehen zögernd auf blankem Boden, denn ich träume noch.<br />

Kutscher und Spaziergänger sind schüchtern und jeden Schritt, den sie vorwärts wollen, erbitten sie von<br />

mir, indem sie mich ansehn. Ich ermuntere sie, sie finden kein Hindernis.<br />

Ich habe, wie ich im Bett liege, die Gestalt eines großen Käfers, eines Hirschkäfers oder eines Maikäfers,<br />

glaube ich. ...<br />

Eines Käfers große Gestalt, ja. Ich stellte es dann so an, als handle es sich um einen Winterschlaf, und ich<br />

preßte meine Beinchen an meinen gebauchten Leib. Und ich lisple eine kleine Zahl Worte, das sind Anordnungen<br />

an meinen traurigen Körper, der knapp bei mir steht und gebeugt ist, Bald bin ich fertig - er<br />

verbeugt sich, er geht flüchtig und alles wird er aufs beste vollführen, während ich ruhe.“ (10 f.)<br />

* <strong>Die</strong> Seitenzahlen beziehen sich auf die Fischer-TB-Ausgabe<br />

1. Beschreibe Rabans Käfer-Phantasie und analysiere die Funktion, die sie für ihn hat!<br />

2. Stelle dar, wie Gregor Samsas <strong>Verwandlung</strong> zu interpretieren wäre, wenn man sie<br />

analog zu diesem Paralleltext verstünde.

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