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21-24 Richtlinien Tumormarker - SGKC/SSCC

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Arbeitsgruppe «<strong>Richtlinien</strong> und Standards» der <strong>SGKC</strong> Nr. 4/01 Juli 2001<br />

<strong>Tumormarker</strong> Fassung 1.1<br />

1. Zielsetzung<br />

Die vorliegende Zusammenstellung versucht nach nahezu 20 Jahren klinischer Anwendung von <strong>Tumormarker</strong>n Laboraspekte aus<br />

der unlängst publizierten Konsensus-Empfehlung (1) der Europäischen Gruppe für <strong>Tumormarker</strong> (EGTM) widerzugeben. Sie beschränkt<br />

sich auf etablierte Marker mit belegtem klinischen Nutzen. Auch hier ist freilich die Diskussion noch durchaus offen, und<br />

manche grundlegenden Daten fehlen.<br />

2. Messgrössen<br />

Prostata-spez.<br />

Antigen (PSA)<br />

1-Fetoprotein<br />

(AFP)<br />

Choriongonadotropin<br />

(hCG)<br />

Cancer antigen<br />

(CA) 125<br />

CA 15-3<br />

2-Mikroglobulin<br />

Carcinoembryonales<br />

Antigen(CEA)<br />

Neuron specific<br />

enolase (NSE)<br />

Halbwertszeit<br />

Präanalytik (2)<br />

Probe<br />

Stabilität<br />

20°/4°C<br />

Störfaktoren 1<br />

Einflussgrössen 2<br />

2-3 d<br />

Serum (S)<br />

7 d / 30 d<br />

Bilirubinämie<br />

Alter, Rasse,<br />

Chemotherapie,<br />

Katheter, benigne<br />

urologische<br />

Erkrankungen,<br />

Manipulationen<br />

2-8 d<br />

S<br />

7 d / 7 d<br />

Alter, Schwangerschaft,<br />

Hepatitis,<br />

Lebercirrhose<br />

1-2 d<br />

S, [Heparinat-]<br />

Plasma (P)<br />

1 d / 3 d<br />

Menopause,<br />

Schwangerschaft,<br />

Uterusmyom,<br />

Ovarzysten<br />

ca. 5 d<br />

S, P<br />

3 d / 5 d<br />

Menstruation,<br />

Schwangerschaft,<br />

gynäkol. Erkrankungen,<br />

benigner<br />

Ascites, Autoimmunerkrankungen,<br />

5-7 d<br />

S, P<br />

nicht bekannt/5d nicht bekannt<br />

Alter, Schwangerschaft,<br />

Laktation<br />

ca. 2 h<br />

S, P<br />

Hyperparathyreodismus,<br />

Niereninsuffizienz,<br />

virale<br />

Infekte<br />

2-8 d<br />

S, P<br />

1 d / 7 d<br />

Speichel<br />

Rauchen, Alter,<br />

benigne<br />

pulmonale,<br />

gastrointestinale,<br />

urogenitale,<br />

Mamma-Erkrankungen<br />

ca. 1 d<br />

S<br />

2 d / 3 d<br />

Hämolyse,<br />

Thrombozyten<br />

Chemotherapie,<br />

benigne<br />

pulmonale<br />

Erkrankungen<br />

Analytik 3<br />

Messunschärfe<br />

in einem Labor<br />

zwischen<br />

Labors<br />

generell immunchemisch<br />

5 % (Variationskoeffizient<br />

[VK])<br />

20 % (VK)<br />

4 %<br />

15 %<br />

4 %<br />

15 %<br />

7 %<br />

15 %<br />

7 %<br />

20 %<br />

12 %<br />

5 %<br />

20 %<br />

12 %<br />

50 %<br />

Intraindividuelle<br />

Streuung<br />

14 % (VK)<br />

nicht bekannt<br />

nicht bekannt<br />

14 %<br />

6 %<br />

nicht bekannt<br />

9 %<br />

nicht bekannt<br />

Kosten (Fr.)<br />

45.-<br />

45.-<br />

45.-<br />

50.-<br />

50.-<br />

45.-<br />

45.-<br />

50.-<br />

1<br />

Generell können human anti-mouse antibodies (HAMA), die durch diagnostische oder therapeutische Massnahmen im Patienten erzeugt worden sind, die<br />

verwendeten Immunoassays stören.<br />

2<br />

Die <strong>Tumormarker</strong>-Konzentration ist abhängig von Synthese, Freisetzung, Tumormasse, aber auch von Blutversorgung sowie Störungen der Ausscheidung.<br />

Besonders wichtig ist es, an iatrogene Einflüsse, z.B. endoskopische Verfahren zu denken, die zu vermehrter Freisetzung führen können (3).<br />

3<br />

Weil die Messwerte bei einzelnen Markern über Grössenordnungen verschieden sein können, muss mit carry over oder high dose hook effects gerechnet<br />

werden.<br />

<strong>21</strong>


Groupe de travail «Directives et normes» de la <strong>SSCC</strong><br />

LABOLIFE<br />

3. Diagnostik<br />

Alle Autoren betonen für alle Marker den Mangel an Sensitivität für die Früherkennung sowie den Mangel an Spezifität für Malignität.<br />

Eine Diagnose ist in jedem Fall histologisch/cytologisch abzusichern.<br />

3.1.Screening<br />

Die Bestimmung von <strong>Tumormarker</strong>n gilt mit folgenden Ausnahmen für Screeningzwecke als nicht geeignet:<br />

• PSA bei Männern > 50 Jahren, zusätzlich zur manuellen Prostata-Untersuchung.<br />

• AFP bei Personen mit erhöhtem Risiko für hepatozelluläres Ca.<br />

• AFP und hCG bei Personen mit erhöhtem Risiko für Keimzelltumoren.<br />

3.2.Differenzialdiagnose<br />

• PSA kann bei urologischen Beschwerden zur Abgrenzung eines Prostata-Ca von einer benignen Hyperplasie beitragen. Besonders<br />

aussagekräftig ist der Quotient Gesamt/freies PSA, wobei ein Wert von ≥ 0,27 ein Karzinom mit erheblicher Sicherheit ausschliesst<br />

und eine überflüssige Biopsie vermeiden kann.<br />

• NSE erlaubt bei sehr hohen Werten die Zuordnung und Behandlung eines wenig differenzierten Bronchus-Ca als kleinzellig.<br />

• AFP legt bei stark erhöhten Werten bei Lebertumoren mit nicht eindeutiger Histologie die Behandlung wie ein hepatozelluläres<br />

Karzinom nahe.<br />

• Beim Lungen-Ca können mit Hilfe von CEA, NSE und CYFRA <strong>21</strong>-1 small (SCLC) von non small cell lung cancer (NSCLC) unterschieden<br />

werden.<br />

3.3.Prognose<br />

• ß2-Mikroglobulin ist ein wesentlicher prognostischer Faktor bei hämatologischen Malignomen, zusammen mit LDH und anderen<br />

Messgrössen (B-Symptome).<br />

• AFP und hCG erlauben eine Einteilung von metastasierenden Keimzelltumoren in prognostische Gruppen.<br />

4. Therapieüberwachung (4)<br />

CEA AFP CA 19-9 CA 72-4 CA 125 CA 15-3 NSE CYFRA hCG PSA Thyreoglobulin<br />

Kolon • •<br />

Pankreas • •<br />

Magen • • •<br />

Oesophagus<br />

•<br />

Hepatozellulär •<br />

Gallenwege<br />

•<br />

Mamma • •<br />

Ovar • •<br />

Chorion<br />

•<br />

Lunge SCLC • Lunge NSCLC • HNO-Tumoren<br />

•<br />

Keimzell • •<br />

Prostata<br />

•<br />

Schilddrüse<br />

•<br />

Kolorektale Tumoren: CEA hat für die Erfassung von Rezidiven eine Sensitivität von ca. 80 %, eine Spezifität von ca. 70 %. Besonders<br />

wertvoll ist die Messgrösse für die Erfassung von Lebermetastasen.<br />

Keimzelltumoren: AFP, in Kombination mit hCG, weist für die Erfassung von Rezidiven eine Sensitivität von > 80 % bei einer Spezifität<br />

von nahezu 100 % auf.<br />

Mamma-Ca: CEA und CA 15-3 erlauben in Kombination die Früherfassung von Metastasen in 60-80 % der Patientinnen, besonders<br />

in Knochen oder Leber.<br />

22


Arbeitsgruppe «<strong>Richtlinien</strong> und Standards» der <strong>SGKC</strong> Nr. 4/01 Juli 2001<br />

5. Zeitliche Intervalle für Wiederholungen<br />

Der Termin für Kontrolluntersuchungen ist in Abhängigkeit von der Halbwertszeit und der ursprünglichen Konzentration zu wählen:<br />

Nicht zu früh, um nicht eine inkomplette Operation vorzutäuschen, und nicht zu spät, um nicht ein Rezidiv zu verpassen. Beispiel:<br />

Bei einer präoperativen CEA-Konzentration von 100 mg/l ist eine erste Kontrolle frühestens nach ca. 40 Tagen indiziert. In jedem<br />

Fall sind Verläufe aussagekräftiger als Einzelbefunde.<br />

Vor dem Hintergrund von biologischer und analytischer Streuung wird häufig als signifikanter Unterschied zu einem Vorwert eine<br />

Veränderung um ± 25 % betrachtet (5). Zwecks Sicherung eines derartigen Unterschiedes ist in der Regel eine zweite Blutprobe zu<br />

verlangen.<br />

6. Andere Messgrössen und Verfahren<br />

6.1.Obsolete<br />

Messgrössen<br />

6.2.Weitere<br />

Messgrössen<br />

Saure Phosphatase, mit und ohne Tartrathemmung, enzymatisch wie auch als EIA<br />

• Estrogenrezeptoren (125.-), Progesteronrezeptoren (125.-) für die Abschätzung des Therapieerfolgs beim Mamma-Ca.<br />

• Tissue polypeptide antigen (TPA, 45.-) für Verlaufskontrolle von Blasen- und Lungen-Ca.<br />

• Tissue polypeptide specific antigen (TPS, nicht in Analysenliste) für die Verlaufskontrolle des metastasierenden Mamma-Ca.<br />

• Calcitonin (60.-) für die Diagnostik und Verlaufskontrolle von medullären Schilddrüsen-Ca. S, P, haltbar nur gefroren.<br />

• Freies PSA (25.-), Serum binnen 3 h abzentrifugiert, Haltbarkeit nicht bekannt. Die Bestimmung wird nur bei Gesamt-PSA<br />

zwischen 4 und 10 mg/l vorwiegend bei jüngeren Patienten empfohlen. Es ist zu beachten, dass nur ein äquimolar messender<br />

Test, der die verschiedenen Proteinformen mit gleicher Präferenz erkennt, ein unverfälschtes Bild geben kann.<br />

• CA 19-9 (50.-) hat für die Verlaufskontrolle des Pankreas-Ca eine eingeschränkte Spezifität. S, P, Haltbarkeit 20/4 °C 7 d / 30 d.<br />

• CA 72-2 (50.-) für die Verlaufskontrolle von Magen-Ca. S, P, Haltbarkeit 7 d / 30 d.<br />

• SCC (50.-) für die Verlaufskontrolle von Cervix-Ca. S, P, Haltbarkeit 7 d / 1 Monat.<br />

• CYFRA <strong>21</strong>-1 (50.-) für die Differenzialdiagnose von Lungentumoren. S, P, Haltbarkeit 7 d 1 Monat.<br />

• S-100 (nicht in Analysenliste), Serum, Haltbarkeit nicht bekannt. Verlaufskontrolle des malignen Melanoms.<br />

7. Kommentar<br />

Analytisch führt die ungenügende Standardisierung zu einer persistierenden Methodenabhängigkeit sowie fehlender Vergleichbarkeit<br />

zwischen Laboratorien (Mess- und Referenzwerte).<br />

Trotz der skizzierten Mängel geniesst die Bestimmung von <strong>Tumormarker</strong>n aktuell eine gewisse praktische Beliebtheit, die vermutlich<br />

zum Teil dem suggestiven Namen zu verdanken ist. Stamey (6) kritisierte kürzlich den undifferenzierten Einsatz von PSA angesichts<br />

der Tatsache, dass ca. 40 % der über 65-jährigen Männer ein Prostata-Karzinom aufweisen, aber nur etwa einer von 177<br />

daran stirbt.<br />

8. Referenzen<br />

1) EGTM: Consensus Recommendations. www.med.uni-muenchen.de/egtm<br />

2) Guder WG, Narayanan S, Wisser H, Zawta B. Samples: From the Patient to the Laboratory. 2. Aufl., GIT, Darmstadt 2001<br />

3) Kohse KP, Wisser H. Antibodies as a Source of Analytical Errors. J Clin Chem Clin Biochem 1990; 28: 881-892<br />

4) Stieber P. Möglicher Einsatz der <strong>Tumormarker</strong> in der Nachsorge. Der Bay Int 1996; 16: 42-54<br />

5) Soletormos G et al. Interpretations of results for tumor markers on the basis of analytical imprecision and biological variation.<br />

Clin Chem 1993; 39: 2077-2083<br />

6) Stamey TA. Preoperative Serum PSA Below 10 µg/l Predicts Neither the Presence of Prostate Cancer Nor the Rate of Postoperative<br />

Failure. Clin Chem 2001; 47: 631-634 (Opinion)<br />

Begutachtet von:<br />

Korrespondenz:<br />

U.S. Huber-Tribolet, Zürich<br />

P. Hagemann, medica, Postfach, 80<strong>24</strong> Zürich<br />

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