AK Armut
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<strong>Armut</strong>snetzwerk Oberösterreich<br />
per Adresse: Sozialplattform, 4020 Linz, Weingarthofstr. 38<br />
Tel.: 0732/667594, e-mail: office@sozialplatform.at<br />
Leseheft „<strong>Armut</strong> und Reichtum in Österreich“ zeigt alarmierende Entwicklung auf<br />
Österreich sieht sich mit einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich konfrontiert.<br />
Das neu aufgelegte Leseheft über „<strong>Armut</strong> und Reichtum in Österreich“ belegt<br />
diese alarmierende Entwicklung:<br />
• Trotz steigenden Reichtums steigt in Österreich das <strong>Armut</strong>srisiko<br />
• Trotz 1.000 Milliarden Euro Privatvermögen gibt es eine Million <strong>Armut</strong>sgefährdeter<br />
• Die Armen werden ärmer, die Reichen reicher<br />
• Das Lohnsteueraufkommen wächst drei Mal so schnell wie die Steuern auf Gewinne<br />
• Die Großkonzerne verabschieden sich von der Finanzierung des Gemeinwohls<br />
Christian Winkler, <strong>Armut</strong>snetzwerk OÖ, Bischöfliche Arbeitslosenstiftung:<br />
Wer von <strong>Armut</strong> spricht darf vom Reichtum nicht schweigen.<br />
Österreich ist eines reichsten Länder der Erde. Nach einer Phase relativ ausgewogener<br />
Verteilung des Wohlstandes in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nimmt nun sowohl<br />
<strong>Armut</strong> als auch Reichtum zu. Die Zahlen sind offiziell und veröffentlicht:<br />
1.030.000 Menschen sind in Österreich armutsgefährdet, 13,2% der Bevölkerung müssen<br />
mit knappstem Einkommen leben und bei jeden Euro überlegen, ob sie diesen ausgeben<br />
können.<br />
461.000 Menschen in Österreich sind tatsächlich arm. Diese Menschen haben über einen<br />
längeren Zeitraum ein niedriges Einkommen und sind auf Grund ihrer finanziellen Situation<br />
von vielen Lebensbereichen ausgeschlossen. Bei schlechtem Gesundheitszustand können<br />
sich diese Menschen nicht die nötige Behandlung leisten. Krankmachende<br />
Wohnverhältnisse, Zahlungsrückstände, reduzierte Bildungschancen etc. manifestieren die<br />
<strong>Armut</strong>.<br />
Auf Oberösterreich umgerechnet sind etwa 179.000 Menschen armutsgefähdet und 83.000<br />
als arm zu bezeichnen.Es muss als Schande bezeichnet werden, wenn fast eine halbe<br />
Million Menschen in Österreich arm sind. Eine Schande ist es vor allem deshalb, weil wir -<br />
die Gesellschaft, die Politik - die Möglichkeiten hätten, gerechtere Strukturen zu schaffen, um<br />
für eine ausgewogene Verteilung unseres gemeinsam erwirtschafteten Wohlstandes zu<br />
sorgen.<br />
Wie sieht es mit dem Reichtum aus: Das gesamte Privatvermögen aller Österreicher/innen<br />
wird derzeit auf ca. 1.000 Mrd. Euro geschätzt. Das reine Geldvermögen der privaten<br />
Haushalte ist seit 1999 um 36 % gewachsen und beträgt derzeit 356 Mrd. Euro. Allerdings ist<br />
dieses Vermögen auf wenige Menschen konzentriert. Würde das vorhandene Geldvermögen<br />
auf alle Einwohner Österreichs aufgeteilt, könnte jeder Österreicher/jede Österreicherin –<br />
vom Baby bis zum Greis - 44.500,-- Euro sein eigen nennen!
Die Finanzmärkten quellen über, 98% der Transaktionen erfolgen nur aus<br />
Spekulationsgründen. Großkonzerne vermelden ernorme Gewinnsteigerungen.<br />
Managergehälter steigen in Riesenschritten und verdoppelten sich in nur fünf Jahren.<br />
Der Zusammenhang ist offensichtlich: Steigender Reichtum und steigende <strong>Armut</strong><br />
bedingen einander.<br />
Für eine gerechtere Gesellschaft braucht es Veränderung:<br />
• eine gerechtere Verteilung der Einkommen um die Teilhabechancen für alle<br />
Menschen zu gewährleisten;<br />
• ein gerechteres Steuersystem, das die Verantwortung der Vermögenden für das<br />
Gemeinwohl wirksam macht;<br />
• ein solidarisches Sozialsystem mit sozialen Leistungen, die über der<br />
<strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle liegen und <strong>Armut</strong> tatsächlich beenden;<br />
• mehr Verteilungsgerechtigkeit als gemeinsames Ziel im Wirtschaftsprozess um die<br />
Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern.<br />
Ein erster Schritt zur Verbesserung wird begonnen, wenn die Lage der von <strong>Armut</strong><br />
betroffenen Menschen mehr ins Bewusstsein rückt. Dazu hat das <strong>Armut</strong>snetzwerk<br />
Oberösterreich als Ziel in seinen Leitsätzen formuliert: „Wir wollen <strong>Armut</strong> und soziale<br />
Ausgrenzung sowie deren Ursachen sichtbar machen und die Bevölkerung informieren, um<br />
den sozialen Zusammenhalt zu stärken.“ Mit dieser Broschüre wollen wir die zunehmende<br />
ungerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen zu Thema machen, den von <strong>Armut</strong><br />
betroffenen Menschen eine Stimme geben und uns nach unseren Kräften für mehr<br />
Gerechtigkeit einsetzen.<br />
Dr. Johann Kalliauer, <strong>AK</strong>-Präsident<br />
Die Löhne und Gehälter in Österreich stagnieren. <strong>Armut</strong> trotz Arbeit und prekäre Jobs,<br />
welche die Existenz nicht sichern, breiten sich aus. Auf der anderen Seite eilen die Gewinne<br />
der Großkonzerne und die Vermögen weniger Reicher von Rekordwert zu Rekordwert.<br />
Zur Bekämpfung der <strong>Armut</strong> braucht es einen handlungsfähigen und -willigen Staat: Die dafür<br />
nötigen Steuern müssen aber zu einem immer größeren Anteil von den Arbeitnehmern/-<br />
innen, aufgebracht werden, während die Großkonzerne und Superreichen immer geringere<br />
Beiträge zur Finanzierung öffentlicher Leistungen zahlen<br />
Wir brauchen daher eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmer/-innen am wachsenden<br />
Wohlstand durch kräftige Lohn- und Gehaltssteigerungen. Sozialleistungen, die unter der<br />
<strong>Armut</strong>sschwelle liegen, müssen angehoben, prekäre Beschäftigungsverhältnisse besser<br />
abgesichert werden. Wir brauchen eine gerechtere Finanzierung des Sozialstaates durch<br />
höhere Steuerleistungen der Großkonzerne und der Superreichen. Dann hat der Staat auch<br />
die Mittel, um die Beschäftigung durch mehr öffentliche Investitionen in Infrastruktur und Bildung<br />
und eine Stärkung der Massenkaufkraft anzukurbeln.<br />
Margit Hauft, Präsidentin der Katholischen Aktion OÖ:<br />
<strong>Armut</strong> ist eine Realität und steht für eine Einteilung der Gesellschaft in Habende und Habenichtse.<br />
Erschütternd ist, dass die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden,<br />
auch in Österreich. Diese Einteilung hat ihre Wurzeln in wirtschaftlichen Systemen, die<br />
es den Habenden ermöglichen, sich ungestraft auf Kosten der Habenichtse zu bereichern.
Die Ungerechtigkeit der Einteilung wird vor allem für Frauen spürbar. Österreichische Frauen<br />
verdienen nach wie vor ein Drittel weniger als Männer. Weltweit sind 70 Prozent aller Armen<br />
Frauen, sie beziehen nur zehn Prozent aller Einkommen und besitzen ein Prozent des Vermögens.<br />
Diese Unterschiede rühren auch daher, dass die Arbeit ungerecht verteilt ist und<br />
Frauen den ungleich größeren Anteil der unbezahlten, aber unverzichtbaren Arbeit zu leisten<br />
haben. Dementsprechend schlecht sind die Pensionsansprüche vieler Frauen<br />
Dieses Unrecht dürfen wir nicht einfach hinnehmen, vielmehr ist es unsere Aufgabe, die<br />
Wurzeln dieser menschenverachtenden Einteilung aufzudecken und zu benennen. Das<br />
Recht auf Sozialleistung statt Almosen und eine gerechtere Verteilung der bezahlten und<br />
unbezahlten Arbeit zwischen Männern und Frauen sind zwei wichtige Schritte, die wir heute<br />
einmal mehr einfordern.