Kapitel 1: Die Stiftung EVZ - Stiftung "Erinnerung, Verantwortung ...
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Helena Bohle-Szacki mit<br />
16 Jahren, kurz vor ihrer<br />
Verhaftung<br />
vensbrück verschleppt. <strong>Die</strong> willensstarke junge Frau meldet sich freiwillig für einen Transport –<br />
diese Entscheidung rettet ihr das Leben. Bis 1945 muss sie im oberfränkischen Helmbrechts, einem<br />
Außenlager des KZ Flossenbürg, für eine Nürnberger Rüstungsfirma Zwangsarbeit leisten. Danach<br />
wird sie mit anderen Häftlingen auf einen Todesmarsch getrieben: „<strong>Die</strong>ser Marsch war ein einziges<br />
Grauen. Stießen wir auf einen Abfallhaufen, dann konnten uns sogar die Deutschen nicht mehr halten.<br />
Alle stürzten sich auf diesen Abfallhaufen. <strong>Die</strong> Frauen holten alles raus.“<br />
Modedesignerin, Künstlerin, Dozentin<br />
1945 kehrt Helena zu ihren Eltern zurück und<br />
studiert in Łódź an der Staatlichen Hochschule<br />
für Bildende Künste. Sie wird erfolgreiche<br />
Modedesignerin, Künstlerin und Dozentin.<br />
Wegen des wachsenden Antisemitismus in<br />
Polen emigriert sie 1969 nach Deutschland<br />
(West-Berlin). „Ich machte die Erfahrung, dass<br />
das ein anderes Land war, dass das andere Menschen<br />
waren, eine neue Generation herangewachsen<br />
war, dass es hier ein anderes Denken,<br />
dass es hier Demokratie gab.“ <strong>Die</strong> Grafikerin<br />
ist heute eine engagierte Zeitzeugin, die es<br />
als ihre Pflicht ansieht, ihre Erfahrungen an<br />
zukünftige Generationen weiterzugeben. Für<br />
ihre Zeit in deutschen Konzentrationslagern<br />
erhielt Helena Bohle-Szacki eine Entschädigung<br />
von der <strong>Stiftung</strong> <strong>EVZ</strong>. <strong>Die</strong>se Zahlungen<br />
haben vielen Menschen auf die Beine geholfen, sagt sie, fügt aber hinzu: „Das sind keine Sachen, die<br />
man bezahlen kann. Nein, das sind andere Kategorien.“<br />
Während ihres Grafik-<br />
Studiums befasste sich<br />
Helena Bohle-Szacki mit<br />
der Lagererfahrung.<br />
Helena Bohle-Szacki berichtet über ihre Erfahrungen im KZ Ravensbrück: „Soll ich als Beispiel<br />
die Geschichte meines einzigen <strong>Die</strong>bstahls erzählen? Als man mir zu meiner Verzweiflung den Löffel<br />
gestohlen hat? Ohne Löffel kann man nicht einmal dieses bisschen Suppe essen. Und das war der erste<br />
und der einzige <strong>Die</strong>bstahl in meinem Leben: Ich stahl auch jemandem den Löffel, wie man ihn mir gestohlen<br />
hatte. Und ich brach noch den Stiel ab, damit niemand ihn wiedererkannte.“ (Interview mit<br />
Helena Bohle-Szacki, 2005, Online-Archiv „Zwangsarbeit 1939 – 1945“)<br />
<strong>Die</strong> stiftung evz Interviews mit ehemaligen Ns-Zwangsarbeitern 21