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Bewegung, Sport und Krebs

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Dr. med. Martina Berthold<br />

Dr. Freerk T. Baumann<br />

8<br />

<strong>Bewegung</strong>, <strong>Sport</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Krebs</strong><br />

<strong>Bewegung</strong><br />

<strong>Sport</strong><br />

Grün-gelbe<br />

Broschürenreihe<br />

1


Autoren<br />

Dr. med. Martina Berthold<br />

Ärztin <strong>und</strong> Medizinjournalistin<br />

Wissenschaftliches Lektorat: Dr. Freerk T. Baumann<br />

Deutsche <strong>Sport</strong>hochschule Köln<br />

Institut für Rehabilitation <strong>und</strong> Behindertensport<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Unterstützung der DRV-BUND <strong>und</strong> des FREISTAATES Sachsen<br />

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6<br />

INHALT<br />

Vorwort<br />

1. Was bewirkt <strong>Sport</strong>?<br />

1.1. Körperliche Effekte<br />

1.2. Psychische <strong>und</strong> soziale Effekte<br />

7<br />

7<br />

8<br />

2. <strong>Sport</strong> zur <strong>Krebs</strong>prävention<br />

2.1. <strong>Sport</strong> hilft, gefährliches Übergewicht zu reduzieren<br />

2.2. <strong>Sport</strong> kann direkt die Entstehung einiger Tumorarten hemmen<br />

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3. <strong>Sport</strong> bei <strong>Krebs</strong>, <strong>Sport</strong> nach <strong>Krebs</strong><br />

3.1. <strong>Sport</strong> tut gut – das gilt auch für Tumorpatienten<br />

3.2. <strong>Bewegung</strong>stherapie versus <strong>Sport</strong><br />

3.3. <strong>Bewegung</strong>stherapie begleitend zur <strong>Krebs</strong>therapie<br />

3.4. <strong>Sport</strong> – was <strong>Krebs</strong>patienten gr<strong>und</strong>sätzlich beachten sollten<br />

3.5. <strong>Sport</strong> während der <strong>Krebs</strong>therapie<br />

3.6. Kontraindikationen: Wann sollten <strong>Krebs</strong>patienten gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

kein <strong>Sport</strong> treiben?<br />

3.7. Rehabilitationssport für Tumorpatienten: Wohin wende ich mich?<br />

Wer bezahlt ihn?<br />

Adressen <strong>und</strong> Ansprechpartner<br />

2008 Sächsische <strong>Krebs</strong>gesellschaft e.V. 3


Vorwort<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Krebs</strong> – das sind zwei Begriffe, die eigentlich<br />

nicht zusammenzupassen scheinen.<br />

Doch der Schein trügt: Denn zum einen kann <strong>Sport</strong> Tumorerkrankungen<br />

entgegenwirken <strong>und</strong> so eine wirksame<br />

Präventionsmaßnahme darstellen, zum anderen kann<br />

<strong>Sport</strong> auch eine wichtige Stütze bei Therapie <strong>und</strong> Nachsorge<br />

sein. Das gilt nicht nur für Ausnahmesportler wie<br />

Radprofi Lance Armstrong, die Fußballer Ebbe Sand oder<br />

Heiko Herrlich, den Handballprofi Christian Berge oder die<br />

russisch-schwedische Leichtathletin Ludmilla Engquist, die<br />

drei Monate nach einer Brustkrebsoperation nach siegreichem<br />

Hürdenlauf ins Publikum rief „Ich lebe noch!“<br />

Anliegen dieser Broschüre ist, den Nutzen von <strong>Sport</strong> herauszustellen<br />

– <strong>und</strong> zwar für ges<strong>und</strong>e Menschen wie auch<br />

für Menschen mit <strong>Krebs</strong>. Denn auch für sie kann <strong>Sport</strong><br />

gewinnbringend sein – er verbessert Kondition <strong>und</strong> Körpergefühl,<br />

wirkt positiv auf die psychische Verfassung <strong>und</strong><br />

fördert in vielen Fällen soziale Kontakte, die besonders<br />

für erkrankte Menschen wichtig sind, denn häufig führt<br />

„<strong>Krebs</strong>“ auch zur sozialen Isolation.<br />

Natürlich gelten für Tumorpatienten aber krankheits- <strong>und</strong><br />

therapiebedingte Einschränkungen. Betroffenen möchten<br />

wir mit diesem Heft einen konkreten, praktischen Ratgeber<br />

an die Hand geben, der sowohl die Möglichkeiten als<br />

auch die Grenzen von körperlicher Aktivität aufzeigt.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich sollten <strong>Krebs</strong>patienten vorab mit ihrem Arzt<br />

sprechen, wenn sie <strong>Sport</strong> treiben möchten. Auch sollte<br />

jeder sein eigenes Maß finden <strong>und</strong> sich nicht überfordern –<br />

für viele Patienten ist es eine anerkennenswerte, sportliche<br />

Leistung, regelmäßig zehn Minuten spazieren zu gehen<br />

oder Gymnastik zu machen. Sie werden sehen, die <strong>Bewegung</strong><br />

tut Ihnen gut!<br />

2008 Sächsische <strong>Krebs</strong>gesellschaft e.V. 5


1. Was bewirkt <strong>Sport</strong>?<br />

Der Nutzen von <strong>Sport</strong> bzw. ausreichend körperlicher Aktivität<br />

(das können auch Alltagsaktivitäten sein!) ist vielfach<br />

belegt. Daher wird allgemein ein aktiver Lebensstil empfohlen.<br />

Dafür ist gar nicht unbedingt ein engmaschiges<br />

Trainingsprogramm erforderlich, oft reicht es schon, den<br />

Alltag körperlich aktiver zu gestalten, also mal mit dem<br />

Fahrrad zur Arbeit fahren anstatt mit dem Auto oder die<br />

Treppen nehmen anstelle des Lifts. Bereits das trägt dazu<br />

bei, Übergewicht zu vermeiden, ein positives Körpergefühl<br />

zu entwickeln <strong>und</strong> verschiedene Krankheiten – auch <strong>Krebs</strong>!<br />

– vorzubeugen.<br />

<strong>Sport</strong> bereichert die Freizeit <strong>und</strong>, wenn man in der Gruppe<br />

trainiert, auch das Sozialleben. Er hat verschiedene Effekte<br />

auf Körper <strong>und</strong> Psyche, die „gut tun“.<br />

1.1. Körperliche Effekte<br />

<strong>Sport</strong> fördert gr<strong>und</strong>sätzlich die Ausdauer, Kraft, Koordination,<br />

Beweglichkeit <strong>und</strong> Schnelligkeit. Je nach <strong>Sport</strong>art<br />

liegt der Schwerpunkt auf einem oder mehreren dieser Bereiche.<br />

Gewichtheben beansprucht <strong>und</strong> trainiert die Kraft,<br />

Joggen / „Dauerlauf“ die Ausdauer <strong>und</strong> Tanz beispielsweise<br />

die Koordination <strong>und</strong> Beweglichkeit.<br />

Egal, welche <strong>Sport</strong>art sie treiben – die regelmäßige körperliche<br />

<strong>Bewegung</strong> hat verschiedene ges<strong>und</strong>heitsfördernde<br />

Effekte: <strong>Sport</strong> wirkt blutdrucksenkend <strong>und</strong> kreislaufstabilisierend,<br />

senkt auch das „schlechte“ Cholesterin<br />

(LDL-Cholesterin), fördert den Muskelaufbau <strong>und</strong> hemmt<br />

den Knochenabbau <strong>und</strong> heizt die Fettverbrennung an.<br />

Menschen, die regelmäßig <strong>Sport</strong> treiben, fühlen sich daher<br />

„fit“, sind in der Regel weniger übergewichtig <strong>und</strong> werden<br />

statistisch gesehen nicht so häufig krank.<br />

1.2. Psychische <strong>und</strong> soziale Effekte<br />

Neben diesen körperlichen Effekten, wirkt <strong>Sport</strong> auch positiv<br />

auf die Psyche. Er hilft, Stress abzubauen <strong>und</strong> schafft<br />

kleine Erfolgserlebnisse. Es konnte zudem gezeigt werden,<br />

6


dass <strong>Sport</strong> stimmungsaufhellend wirkt <strong>und</strong> bei leichten bis<br />

mittelschweren Depressionen sogar die medikamentöse<br />

Therapie mit sogenannten Anti-Depressiva ersetzen kann.<br />

Hinzu kommen soziale Effekte: Gruppensportarten, wie<br />

Fußball, Volleyball oder <strong>Sport</strong> in Gruppen (z. B. Lauftreffs,<br />

Ruderverein, Yogakurs) fördern soziale Kontakte <strong>und</strong><br />

schützen vor Isolation.<br />

fAzit: <strong>Bewegung</strong> tut jedem Menschen gut!<br />

2. <strong>Sport</strong> zur <strong>Krebs</strong>prävention<br />

Es ist allgemein bekannt, dass <strong>Sport</strong> Herz-Kreislauf- <strong>und</strong><br />

Gefäßerkrankungen sowie auch dem Diabetes (Zuckerkrankheit)<br />

vorbeugt. Dass <strong>Sport</strong> aber auch das Risiko, an<br />

<strong>Krebs</strong> zu erkranken, reduzieren kann, wissen die meisten<br />

Menschen gar nicht.<br />

Dabei wirkt <strong>Sport</strong> sogar „doppelt“ gegen <strong>Krebs</strong>: Zum<br />

einen indirekt, da durch die sportliche Betätigung das<br />

Übergewicht <strong>und</strong> damit auch das <strong>Krebs</strong>risiko reduziert<br />

wird. Zum anderen hat <strong>Sport</strong> auch direkte Auswirkungen<br />

auf die <strong>Krebs</strong>entstehung, wie neueste Studien belegen.<br />

2.1. <strong>Sport</strong> hilft, gefährliches Übergewicht zu<br />

reduzieren<br />

Übergewicht ist ein „gewichtiger Risikofaktor“ für <strong>Krebs</strong>.<br />

Das zeigte bereits 2005 eine große Untersuchung an<br />

145.000 Menschen. Übergewicht, insbesondere Übergewicht<br />

in krankhaftem Ausmaß („Adipositas“ = Body Mass<br />

Index > 30), geht deutlich mit dem Auftreten verschiedener<br />

Tumorerkrankungen einher. So haben adipöse<br />

Männer im Vergleich zu normalgewichtigen ein bis zu 2,5<br />

fach erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Auch<br />

das Risiko, Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreas-Karzinom)<br />

zu bekommen, war bei diesen stark übergewichtigen<br />

Männern deutlich erhöht.<br />

2008 Sächsische <strong>Krebs</strong>gesellschaft e.V. 7


Bei Frauen wirkt sich Übergewicht ebenso negativ aus,<br />

auch wenn bei ihnen die „überflüssigen Pf<strong>und</strong>e“ andere<br />

<strong>Krebs</strong>arten zu begünstigen scheinen. Adipöse Frauen<br />

erkranken signifikant häufiger an Nierenkrebs, Non-Hodgkin-Lymphomen<br />

<strong>und</strong> Brustkrebs. Gravierend erhöht<br />

ist außerdem das Risiko für Gebärmutterkörperkrebs.<br />

Studienleiter Dr. Kilian Rapp von der Universität Ulm geht<br />

davon aus, dass allein 26 % aller Gebärmutterkörper-Karzinome<br />

auf Fettleibigkeit zurückzuführen sind.<br />

<strong>Sport</strong> wirkt nicht nur der Fettleibigkeit entgegen, die mit<br />

einer deutlichen Erhöhung des <strong>Krebs</strong>risikos in Zusammenhang<br />

gebracht wird, er beugt auch dem Diabetes-Typ-2<br />

(auch „Altersdiabetes“ oder „Wohlstandsdiabetes“ genannt)<br />

vor. Der wiederum ist mit einem höheren Auftreten<br />

(Inzidenz) von Darm- <strong>und</strong> Bauchspeicheldrüsenkrebs<br />

assoziiert, wie seit Jahren bekannt ist.<br />

2.2. <strong>Sport</strong> kann direkt die Entstehung einiger<br />

tumorarten hemmen<br />

<strong>Sport</strong> senkt nicht nur indirekt via Gewichtsreduktion <strong>und</strong><br />

Diabetes-Prophylaxe das <strong>Krebs</strong>risiko, er hat auch auf die<br />

Entstehung verschiedener Tumorarten einen direkten,<br />

hemmenden Einfluss. <strong>Sport</strong> hat verschiedene physiochemische<br />

Effekte, welche die Entstehung von verschiedenen<br />

<strong>Krebs</strong>arten unterschiedlich beeinflussen, z. B.:<br />

• Brustkrebs <strong>und</strong> Endometrium-Karzinom:<br />

Körperliche Aktivität senkt die Hormonspiegel, insbesondere<br />

bei Frauen vor dem Klimakterium. So sinkt<br />

auch der Insulinspiegel sowie der IGF 1 (= „insulinähnlicher<br />

Wachstumsfaktor 1“), außerdem verbessert sich<br />

die Immunantwort – all das könnte zu einem „Tumorschutz“<br />

beitragen.<br />

• Darmkrebs:<br />

Ein Darmkrebs-hemmender Effekt wird der durch<br />

den <strong>Sport</strong> beschleunigten Magen-Darm-Passage der<br />

Nahrung zugeschrieben. Die Darmschleimhaut ist<br />

bei aktiven Menschen nicht so lange potenziell<br />

karzinogenen (krebserregenden) Stoffen ausgesetzt<br />

wie bei inaktiven Menschen mit langsamer Verdauung.<br />

8


Außerdem hat <strong>Sport</strong> eine Reihe von Wirkungen auf<br />

Entzündungs- <strong>und</strong> Immunfaktoren, was das Darmkrebsrisiko<br />

verringern könnte.<br />

So senkt körperliche Aktivität auch den Prostaglandin-<br />

Spiegel. Hohe Prostaglandin-Spiegel sind mit einer<br />

erhöhten Darmkrebsinzidenz vergesellschaftet.<br />

Führt man sich die indirekten <strong>und</strong> direkten Effekte von<br />

<strong>Sport</strong> vor Augen, ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass die<br />

amerikanische <strong>Krebs</strong>gesellschaft ges<strong>und</strong>en Erwachsenen<br />

fünfmal pro Woche eine sportliche Aktivität von ca. 30<br />

Minuten empfiehlt.<br />

3. <strong>Sport</strong> bei <strong>Krebs</strong>, <strong>Sport</strong> nach <strong>Krebs</strong><br />

3.1. <strong>Sport</strong> tut gut – das gilt auch für Tumorpatienten<br />

Früher wurde <strong>Krebs</strong>patienten häufig zur körperlichen<br />

Schonung geraten, doch diese Sichtweise ist seit einigen<br />

Jahren komplett überholt. Die heutige Studienlage dokumentiert<br />

ganz klar positive Effekte körperlicher Aktivität<br />

– sowohl während als auch nach einer <strong>Krebs</strong>erkrankung.<br />

<strong>Sport</strong> ist also nicht nur etwas für Ges<strong>und</strong>e, sondern<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich auch für kranke, sogar krebskranke Menschen.<br />

Allerdings sollten Tumorpatienten ein paar „Regeln“<br />

beherzigen, um sich nicht zu überfordern oder gar<br />

zu gefährden (siehe Punkte 3.4, 3.5, 3.6!).<br />

Zahlreiche Studien belegen, dass <strong>Sport</strong> für das Allgemeinbefinden<br />

zuträglich ist <strong>und</strong> positiv auf Körper <strong>und</strong> Psyche<br />

wirkt. Bahnbrechend für den Stellenwert von <strong>Sport</strong> in der<br />

<strong>Krebs</strong>nachsorge war jedoch die Erkenntnis, dass er sogar<br />

die Rezidivrate (Rückfallhäufigkeit) einiger Tumorarten<br />

senken kann.<br />

• <strong>Sport</strong> verbessert die körperliche Konstitution von<br />

<strong>Krebs</strong>patienten<br />

Die <strong>Krebs</strong>therapie zieht oft einen deutlichen Abfall der<br />

körperlichen Leistungsfähigkeit nach sich.<br />

Diesem Leistungsabfall kann <strong>Sport</strong> jedoch entge-<br />

2008 Sächsische <strong>Krebs</strong>gesellschaft e.V. 9


genwirken. Durch regelmäßige körperliche Aktivität<br />

nehmen Muskelmasse <strong>und</strong> -kraft zu, außerdem kommt<br />

es zu einer Erhöhung des Blutvolumens (es kann also<br />

mehr Sauerstoff transportiert werden), zu einer verbesserten<br />

Durchblutung der Muskulatur sowie zu einer<br />

Erhöhung der Pumpreserve des Herzens. Auch zeigte<br />

sich, dass Ausdauertraining zu einer schnelleren Wiederherstellung<br />

der Blutbildung (Hämotopoese) nach<br />

einer intensiven Chemotherapie führen kann.<br />

Der aktive Patient fühlt sich also trotz der Strapazen<br />

der <strong>Krebs</strong>therapie körperlich „fitter“ <strong>und</strong> regeneriert<br />

schneller.<br />

• <strong>Sport</strong> wirkt positiv auf die psychische Konstitution von<br />

<strong>Krebs</strong>patienten<br />

Ein regelmäßiges körperliches Training steigert nicht<br />

nur die körperliche Konstitution, es wirkt sich auch<br />

positiv auf die Psyche aus: Der Patient hat Erfolgserlebnisse,<br />

auch wenn nicht jeder ein Lance Armstrong ist!<br />

Außerdem gilt als belegt, dass <strong>Sport</strong> Ängste <strong>und</strong><br />

Depressionen mindern kann – nicht umsonst hat die<br />

<strong>Sport</strong>therapie einen großen Stellenwert in der Behandlung<br />

seelischer Erkrankungen.<br />

Da <strong>Krebs</strong>patienten während der Therapie häufig in<br />

Gruppen unter physiotherapeutischer Anleitung trainieren,<br />

kommt auch ein psychosozialer Effekt hinzu:<br />

Der Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen<br />

macht Mut <strong>und</strong> die Gruppe gibt Halt.<br />

Letztendlich führt <strong>Sport</strong> auch zu einer besseren Akzeptanz<br />

des eigenen Körpers, der sich oft unter der<br />

<strong>Krebs</strong>therapie verändert hat, <strong>und</strong> kann so das Selbstwertgefühl<br />

stärken – mit positiven Auswirkungen auf<br />

das psychische Wohlbefinden.<br />

• <strong>Sport</strong> wirkt dem Fatigue-Syndrom entgegen<br />

Ein gravierendes Problem bei Tumorpatienten ist das<br />

sogenannte Fatigue-Syndrom. Fatigue bezeichnet<br />

den Zustand chronischer körperlicher wie psychischer<br />

10


Ermüdung. Die Betroffen leiden unter einem Erschöpfungszustand,<br />

der mit einer bleiernen Müdigkeit <strong>und</strong><br />

Energielosigkeit einhergeht. Vielen Patienten fällt es<br />

schwer, einfache Alltagstätigkeiten zu verrichten. Bislang<br />

ist nicht eindeutig geklärt, ob diese Erschöpfung<br />

eine Nebenwirkung der <strong>Krebs</strong>therapie ist oder durch<br />

die Tumorerkrankung selbst hervorgerufen wird.<br />

<strong>Sport</strong> lindert durch die beschriebenen Effekte auf Körper<br />

<strong>und</strong> Psyche das Fatigue-Syndrom, was sowohl ganz<br />

allgemein als auch für spezielle Tumorarten gezeigt<br />

wurde.<br />

• <strong>Sport</strong> kann einen positiven Einfluss auf Überleben <strong>und</strong><br />

Rezidivrate (Rückfallhäufigkeit) haben<br />

Für besonderes Aufsehen sorgte 2005 eine Studie, die<br />

zeigte, dass <strong>Sport</strong> bei Brustkrebspatientinnen auch das<br />

Rückfallrisiko senken <strong>und</strong> das Leben verlängern kann:<br />

Die Forschungsgruppe um Holmes untersuchte 2.987<br />

Frauen mit der Diagnose Brustkrebs im Stadium I-III<br />

<strong>und</strong> zeigte, dass die Patientinnen deutlich von einem<br />

Walking-Training (3 – 5 St<strong>und</strong>en pro Woche) profitieren.<br />

Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch eine Studie zu<br />

Darmkrebs, auch hier hatte <strong>Sport</strong> einen vor Rückfällen<br />

schützenden Effekt <strong>und</strong> beeinflusste das Überleben der<br />

Patienten positiv.<br />

Eigentlich sind diese Ergebnisse gar nicht so überraschend:<br />

Wenn man bedenkt, dass <strong>Sport</strong> das Auftreten<br />

von <strong>Krebs</strong> bei Ges<strong>und</strong>en vorbeugen kann (siehe Kapitel 2)<br />

<strong>und</strong> die Entstehung von Tumoren hemmt, liegt es<br />

nahe, dass er ebenso die Tumorentstehung <strong>und</strong> somit<br />

das Rückfallrisiko bei Betroffenen reduzieren kann.<br />

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3.2. <strong>Bewegung</strong>stherapie versus <strong>Sport</strong><br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich sollte man <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> bewegungstherapeutische<br />

Maßnahmen unterscheiden.<br />

<strong>Bewegung</strong>stherapie ist ein Sammelbegriff für alle Formen<br />

der <strong>Bewegung</strong>, die bei der Behandlung einer Krankheit<br />

eingesetzt werden können. Der behandelnde Arzt<br />

verschreibt diese Therapie, ein <strong>Sport</strong>therapeut führt sie<br />

durch <strong>und</strong> beide kontrollieren regelmäßig den Erfolg der<br />

Behandlung.<br />

Physiotherapie als therapiebegleitende oder rehabilitative<br />

Maßnahme zielt darauf ab, unerwünschten Begleit- <strong>und</strong><br />

Folgeerscheinungen einer Erkrankung oder ihrer Therapie<br />

entgegenzuwirken. Sie orientiert sich bei der Behandlung<br />

an den Beschwerden <strong>und</strong> den Funktions- bzw. Aktivitätseinschränkungen<br />

des Patienten <strong>und</strong> trainiert gezielt<br />

dagegen. So kann beispielsweise Beckenbodengymnastik<br />

die Inkontinenz als eine häufige Folge nach der Prostata-<br />

Entfernung bei Prostatakrebspatienten beseitigen oder<br />

zumindest lindern.<br />

<strong>Sport</strong>therapie gehört auch zur <strong>Bewegung</strong>stherapie. Diese<br />

noch junge Fachrichtung erobert sich allmählich ihren<br />

Platz in der Rehabilitation. <strong>Sport</strong>liche Aktivitäten tragen<br />

dazu bei, körperliche, seelische <strong>und</strong> auch soziale Probleme<br />

zu beheben. Hierfür gibt es speziell ausgebildete <strong>Sport</strong>therapeuten<br />

in ambulanten <strong>und</strong> stationären Reha-Einrichtungen.<br />

Die <strong>Sport</strong>therapie findet zumeist in Gruppen statt.<br />

3.3. Physiotherapie begleitend zur <strong>Krebs</strong>therapie<br />

Die Physiotherapie kann als supportive (unterstützende)<br />

Therapie begleitend zur <strong>Krebs</strong>therapie zum Einsatz<br />

kommen <strong>und</strong> typischen Begleit- <strong>und</strong> Folgebeschwerden<br />

entgegenwirken. Sie wird nur mit einem Therapeuten<br />

durchgeführt <strong>und</strong> niemals allein!<br />

Nach Chemotherapie kommt es mitunter zur Immobilität,<br />

Gelenkbeschwerden <strong>und</strong> Neuropathien (=Nervenbeschwerden,<br />

die typischerweise zu Taubheitsgefühl in<br />

Armen oder Beinen führen). Die Physiotherapie hat für diese<br />

Beschwerden eine ganze Reihe an Behandlungsmethoden<br />

12


(manuelle Techniken wie Lymphdrainagen <strong>und</strong> Massagen,<br />

Kräftigungsübungen, Atemgymnastik, Entspannungsübungen,<br />

Gleichgewichts-<strong>und</strong> Koordinationsschulungen),<br />

die je nach Tumorart <strong>und</strong> Konstitution des Patienten zur<br />

Anwendung kommen.<br />

Nach Strahlentherapie kann es zu Fibrosierung (Vernarbung<br />

<strong>und</strong> Schrumpfung) des bestrahlten Gewebes<br />

kommen, der mit manuellen Techniken (Lymphdrainagen,<br />

Massagen) sowie Atemtherapie (insbesondere bei Lungenfibrose)<br />

entgegengewirkt werden kann.<br />

Die Beschwerden nach einer Operation sind so vielfältig,<br />

dass die physiotherapeutischen Maßnahmen individuell<br />

<strong>und</strong> je nach OP abgestimmt werden. Nach thoraxchirurgischen<br />

Eingriffen bei Lungenkrebs steht beispielsweise<br />

die Kräftigung der Atemhilfsmuskulatur im Vordergr<strong>und</strong>,<br />

bei Bauchoperationen hingegen die Regeneration der<br />

Bauch- <strong>und</strong> Rückenmuskulatur.<br />

Bei einer krebsbegleitenden Physiotherapie wird das<br />

Training individuell auf die Beschwerden abgestimmt, der<br />

behandelnde Therapeut kennt Ihre Krankengeschichte <strong>und</strong><br />

arbeitet ein spezielles Programm für Sie aus.<br />

3.4. <strong>Sport</strong> – was <strong>Krebs</strong>patienten gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

beachten sollten<br />

Jeder Patient ist anders <strong>und</strong> bringt auch andere körperliche<br />

Voraussetzungen sowie krankheits- <strong>und</strong> therapiebedingt<br />

andere Einschränkungen mit. So ist es beispielsweise<br />

ein großer Unterschied, ob ein ehemaliger Leistungssportler<br />

während oder nach der <strong>Krebs</strong>therapie weitertrainiert,<br />

oder ob ein bekennender „<strong>Bewegung</strong>smuffel“ sich erstmalig<br />

in seinem Leben aufrafft. Auch spielt der Schweregrad<br />

der Erkrankung eine große Rolle.<br />

Wenn möglich, sollte der Patient mindestens dreimal pro<br />

Woche jeweils ca. 20 bis 45 Minuten trainieren, so lautet<br />

die allgemeine Empfehlung. Hierfür bietet sich ein- bis<br />

zweimal pro Woche Ausdauersport <strong>und</strong> einmal pro Woche<br />

„Gymnastik“ in Form von Krafttraining, Dehnübungen<br />

oder Koordination an. Sorgen Sie darüber hinaus für ausreichend<br />

<strong>Bewegung</strong> im Alltag.<br />

2008 Sächsische <strong>Krebs</strong>gesellschaft e.V. 13


Die <strong>Sport</strong>art kann jeder Patient nach persönlicher Vorliebe –<br />

<strong>Sport</strong> soll ja auch Spaß machen – <strong>und</strong> nicht nur „Pflichtprogramm“<br />

sein! – <strong>und</strong> Konstitution wählen: Generell sind<br />

<strong>Sport</strong>arten wie z. B. Radfahren, Walken, sanftes Joggen<br />

oder Gymnastik, besonders geeignet. Auch Ballsportarten<br />

sind gr<strong>und</strong>sätzlich möglich, allerdings sind sie bei einer<br />

Thrombozytenzahl unter 50 untersagt – siehe Kapitel 3.6..<br />

Bevor Sie sich eine <strong>Sport</strong>art auswählen <strong>und</strong> loslegen,<br />

sollten Sie auf jeden Fall darüber mit Ihrem behandelnden<br />

Onkologen <strong>und</strong> einem erfahrenen Therapeuten sprechen.<br />

Beide kennen Ihre Krankengeschichte <strong>und</strong> können Sie<br />

beraten, welche <strong>Sport</strong>arten bei Ihrer Erkrankung <strong>und</strong> in<br />

Ihrem Stadium der Therapie empfehlenswert sind <strong>und</strong><br />

welche hingegen Schaden anrichten könnten. Wer beispielsweise<br />

während einer Strahlentherapie ein leichtes<br />

Krafttraining im Fitnessstudio absolviert, handelt sich<br />

u. U. Mikrorisse <strong>und</strong> ein erhöhtes Ödemrisiko (=Wasser im<br />

Bindegewebe) ein. Nach Abschluss der Therapie kann ein<br />

solches Training aber durchaus sinnvoll sein, aber nicht<br />

währenddessen.<br />

Auch ist bei älteren Patienten oder bei Patienten mit<br />

einem bestimmten kardiovaskulären Risikoprofil vor intensivem<br />

Ausdauertraining eine kardiologische Untersuchung<br />

empfehlenswert – Ihr Arzt wird Sie bei Bedarf untersuchen<br />

oder zu einem Herzspezialisten (Kardiologen) überweisen.<br />

Fazit: Nicht jeder <strong>Sport</strong> ist zu jedem Zeitpunkt gut, daher<br />

sollten Sie mit Ihrem Arzt über geplante sportliche Aktivitäten<br />

reden. In einigen Fällen sollten vorab Herz-Kreislauf-<br />

Schwächen ausgeschlossen werden.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt: Es ist nie zu spät anzufangen!<br />

Aber:<br />

• Reden Sie erst mit Ihrem behandelnden Arzt über<br />

<strong>Sport</strong>art <strong>und</strong> Trainingszeiten, er kann einschätzen,<br />

was Sie sich zumuten können.<br />

• Beginnen Sie langsam <strong>und</strong> steigern Sie das Training<br />

Schritt für Schritt. <strong>Sport</strong>liche Kondition baut sich<br />

nicht von heute auf morgen auf!<br />

• Hören Sie immer auf Ihren Körper – achten Sie auf<br />

seine Signale, überfordern Sie sich nicht!<br />

• Seien Sie vorsichtig bei <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Training, damit<br />

Sie sich nicht zuviel zumuten oder sich sogar verletzen.<br />

14


3.5. <strong>Sport</strong> während der <strong>Krebs</strong>therapie<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich kann auch während einer Tumortherapie<br />

(Chemotherapie, Strahlentherapie) <strong>Sport</strong> getrieben<br />

werden, allerdings sollten sich die Patienten an den Tagen<br />

schonen, an denen Sie Chemo- oder Strahlentherapie<br />

verabreicht bekommen, die den Herzmuskel <strong>und</strong> die Nieren<br />

belasten. An therapiefreien Tagen kann aber generell<br />

trainiert werden.<br />

Patienten, die eine Immuntherapie bekommen, entwickeln<br />

oft grippeähnliche Beschwerden. Das sportliche Training<br />

muss solange ausgesetzt werden, bis diese Beschwerden<br />

vollkommen abgeklungen sind.<br />

Auch sollte die <strong>Sport</strong>art so gewählt werden, dass Heilungsprozesse<br />

nicht gefährdet werden. So sind beispielsweise<br />

nach einer Strahlentherapie Wassersportarten erst<br />

möglich, wenn die Hautreizungen abgeklungen sind.<br />

Für einige Tumorarten gibt es konkrete Trainingsempfehlungen.<br />

Brustkrebs<br />

Empfehlenswert:<br />

• Wassertherapie<br />

• Ausdauersportarten wie Radfahren oder Wandern (mit<br />

leichtem Gepäck), Skilanglauf, Nordic Walking<br />

Tanzen, Aerobic, Tai-Chi, Qigong oder Yoga<br />

Gut sind in der Regel alle fließenden, sanften sowie<br />

rhythmischen <strong>Bewegung</strong>en mit dem Arm auf der<br />

operierten Seite. Das Öffnen <strong>und</strong> Schließen der Hände<br />

über dem Kopf regt die Muskelpumpe an <strong>und</strong> kann<br />

damit z. B. ein Lymphödem lindern.<br />

Nicht empfehlenswert:<br />

• <strong>Sport</strong>arten mit intensivem Körperkontakt<br />

• Ruckartige, reißende <strong>Bewegung</strong>en<br />

Prostatakrebs<br />

Empfehlenswert:<br />

• Gymnastische Kräftigungsübungen (vor allem für den<br />

Beckenboden)<br />

• Moderates Krafttraining an Geräten<br />

• Wandern, Nordic Walking, Skilanglauf<br />

2008 Sächsische <strong>Krebs</strong>gesellschaft e.V. 15


• Ballspiele wie Volleyball, Fußball oder Hockey sowie<br />

Tennis (Überlastung vermeiden)<br />

Nicht empfehlenswert:<br />

• Schwimmen solange noch ein Problem mit Inkontinenz<br />

besteht<br />

• Radfahren in den ersten Monaten nach der Entfernung<br />

der Prostata<br />

Magen- <strong>und</strong> Darmkrebs<br />

Empfehlenswert:<br />

• Radfahren, Nordic Walking, Wandern, Schwimmen<br />

• Kräftigung der Bauch- <strong>und</strong> Rückenmuskulatur<br />

• Ohne Stoma können Sie nahezu uneingeschränkt <strong>Sport</strong><br />

treiben. Mit einem Stoma sollten Sie gymnastische<br />

Übungen vermeiden, bei denen Sie auf dem Bauch<br />

liegen.<br />

• Wichtig: Steigern Sie die Belastungen nur sehr langsam,<br />

essen <strong>und</strong> trinken Sie ausreichend.<br />

Nicht empfehlenswert:<br />

• Ruckartige, reißende <strong>Bewegung</strong>en, schnelle <strong>und</strong> starke<br />

Schläge<br />

• <strong>Sport</strong>arten mit intensivem Körperkontakt<br />

• Heben von schweren Gewichten <strong>und</strong> Lasten<br />

Lungenkrebs<br />

Empfehlenswert:<br />

• Das Erlernen neuer Atemtechniken kann die Lungenfunktion<br />

<strong>und</strong> die Atemmuskulatur „trainieren“.<br />

• Kräftigungs- <strong>und</strong> Beweglichkeitstraining für Rücken<br />

<strong>und</strong> Rumpf, Dehngymnastik<br />

• Radfahren, Wandern, Nordic Walking auf zunächst<br />

kurzen Strecken<br />

16


• Schwimmen<br />

• Vorsichtige <strong>Bewegung</strong>sspiele mit (weichen) Bällen<br />

Nicht empfehlenswert:<br />

• <strong>Sport</strong>arten mit intensivem Körperkontakt<br />

Kehlkopfkrebs<br />

Empfehlenswert:<br />

• Gymnastische Übungen, Dehnübungen, Atemgymnastik<br />

• Kräftigungs- <strong>und</strong> Beweglichkeitstraining für Rücken<strong>und</strong><br />

Bauchmuskulatur<br />

• Schwimmen, Wassergymnastik (hier gibt es spezielle<br />

„Schwimmprothesen“)<br />

• Ausdauersportarten wie Ballspiele, Badminton, Tennis<br />

Nicht empfehlenswert:<br />

• Allgemeine Pressübungen, Heben von schweren Lasten<br />

• <strong>Sport</strong> in kalter <strong>und</strong> staubiger Luft<br />

• Beugeübungen nach vorn<br />

Leukämie <strong>und</strong> Lymphomerkrankungen<br />

Empfehlenswert:<br />

• Radfahren (Training auf dem Standfahrrad), Wandern<br />

<strong>und</strong> Nordic-Walking<br />

• Gymnastik <strong>und</strong> Kräftigungsübungen an Geräten<br />

Nicht empfehlenswert:<br />

• <strong>Sport</strong>arten, bei denen das geschwächte Immunsystem<br />

durch krankheitserregende Keime gefährdet werden<br />

könnte: Schwimmen <strong>und</strong> Saunabesuche, <strong>Sport</strong> in<br />

größeren Menschenansammlungen, <strong>Sport</strong>arten mit<br />

Körperkontakt (ggf. können Sie einen M<strong>und</strong>schutz<br />

tragen)<br />

• Ballsportarten nur in abgeschwächter Form z. B. mit<br />

weichen Bällen<br />

• Stoßende <strong>und</strong> reißende <strong>Bewegung</strong>en<br />

Gebärmutterkrebs <strong>und</strong> Leberkrebs<br />

• Siehe Empfehlungen für Magen-Darmkrebspatienten<br />

2008 Sächsische <strong>Krebs</strong>gesellschaft e.V. 17


Für alle anderen <strong>Krebs</strong>arten gilt: Beginnen Sie erst mit<br />

den Übungen, wenn die Operationsnarben vollständig<br />

abgeheilt sind. Fragen Sie auf jeden Fall im Vorfeld Ihren<br />

Arzt, ob Sie mit dem <strong>Sport</strong> beginnen können. Auch für<br />

krebskranke Kinder gilt, dass <strong>Bewegung</strong>, Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong><br />

das gesamte Befinden <strong>und</strong> die Lebensqualität des kleinen<br />

Patienten verbessern können. Eltern <strong>und</strong> Geschwister<br />

sollten in die Therapie mit einbezogen werden. Informieren<br />

Sie sich in der Rehabilitationsklinik, welche Übungen<br />

zu Hause fortgeführt werden können.<br />

Generell gilt: Das Training sollte nicht überfordern, es<br />

sollte keine Schmerzen <strong>und</strong> keinen Muskelkater verursachen!<br />

• Bei Schmerzen: Sofort aufhören!<br />

• Bei Muskelkater: Trainingsdauer <strong>und</strong>/oder -intensität<br />

verringern.<br />

3.6. Kontraindikationen: Wann sollten <strong>Krebs</strong>patienten<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich keinen <strong>Sport</strong> treiben?<br />

„No sports!“ – dieses von Winston Churchill geprägte<br />

Motto ist unbedingt zu befolgen, wenn Sie eine dieser<br />

Beschwerden haben:<br />

• Thrombopenie (=„Thombos“ unter 20.000 Gpt/l):<br />

Bei einer geringen Zahl an Thrombozyten (Blutplättchen)<br />

ist die Blutungsgefahr stark erhöht <strong>und</strong> daher<br />

kein Training möglich. Warten Sie, bis die Werte ansteigen<br />

<strong>und</strong> Ihnen Ihr Arzt „grünes Licht“ gibt.<br />

• Anämie (=Blutarmut: Hämoglobin (=Hb)-Wert unter<br />

8,0 g/dl bzw. 5 mmol/l)<br />

Patienten mit ausgeprägter Anämie fühlen sich so<br />

schwach, dass <strong>Sport</strong> ohnehin jenseits der Belastungsgrenze<br />

liegt. Der wäre dann auch gefährlich <strong>und</strong><br />

könnte zu Herzrhythmusstörungen <strong>und</strong> Herzschwäche<br />

führen. Die Anämie ist aber medikamentös zu beheben.<br />

Bei normalen Hb-Werten kann das Training wieder<br />

aufgenommen werden.<br />

• Akute Blutungen<br />

• Übelkeit / Erbrechen<br />

• Schmerzen<br />

• Kreislaufbeschwerden / Schwindel<br />

• Starke Infekte / Fieber über 38º C<br />

• Bewusstheitseinschränkungen / Verwirrtheitszustände<br />

18


Zudem gelten Einschränkungen bei Leukopenie:<br />

• Der Mangel an weißen Blutkörperchen (Leukopenie)<br />

ist nach schweren Chemotherapien häufig. Es dauert<br />

dann eine Weile, bis sich das Knochenmark von den<br />

Zellgiften erholt <strong>und</strong> neue Blutkörperchen heranreifen.<br />

Bestimmte Medikamente können diesen Prozess beschleunigen.<br />

Per se ist die Leukopenie keine Kontraindikation<br />

für <strong>Sport</strong>. Da aber die Immunabwehr durch den<br />

Mangel an weißen Blutkörperchen geschwächt ist, sind<br />

Gruppensport <strong>und</strong> Wassersportarten wegen möglicher<br />

Infektionsgefahr untersagt.<br />

Außerdem ist zu beachten:<br />

• Kein <strong>Sport</strong> an Tagen, an denen Chemo- oder Strahlentherapien<br />

verabreicht werden!<br />

• Brustkrebspatientinnen, die mit sogenannten monoklonalen<br />

Antikörpern gegen „HER-2/neu“ (Trastuzumab)<br />

behandelt werden, sollten vorerst ganz von<br />

<strong>Sport</strong> absehen, da die Therapie insbesondere in Kombination<br />

mit einer Chemotherapie evtl. die Gefahr der<br />

Herzschwäche bergen könnte. Das wird nun in Studien<br />

überprüft. Solange sich <strong>Sport</strong> bei diesen Patientinnen<br />

nicht als unbedenklich erwiesen hat, sollte davon abgesehen<br />

werden.<br />

3.7. <strong>Sport</strong> für Tumorpatienten:<br />

Wohin wende ich mich? Wer bezahlt es?<br />

<strong>Sport</strong> allein zu treiben, macht den meisten Menschen<br />

weniger Spaß als in der Gruppe – allein verliert man<br />

schnell die Motivation. Es ist daher zu empfehlen, einer<br />

<strong>Krebs</strong>sportgruppe beizutreten. Dort „sportelt“ man<br />

in der Gruppe unter speziell ausgebildeter Aufsicht. Je<br />

nach Gruppe liegt der Schwerpunkt auf einer anderen<br />

<strong>Sport</strong>art (so gibt es Wandergruppen, Radfahrgruppen<br />

etc.). Insgesamt sind im B<strong>und</strong>esgebiet über 800 vom<br />

Landessportb<strong>und</strong> zertifizierte <strong>Krebs</strong>sportgruppen aktiv.<br />

Welche Gruppen es in Ihrer Nähe gibt, können Sie beim<br />

Landessportb<strong>und</strong> Ihres B<strong>und</strong>eslandes sowie auch bei den<br />

Landeskrebsgesellschaften erfragen (wichtige Adressen:<br />

siehe Anhang der Broschüre!).<br />

Dieses <strong>Sport</strong>angebot ist für Betroffene kostenlos. Jeder<br />

<strong>Krebs</strong>patient hat ein Anrecht auf Rehabilitationssport.<br />

So stehen jedem Kassenpatienten 50 Übungsst<strong>und</strong>en (je<br />

mind. 45 Minuten) in einer zertifizierten <strong>Sport</strong>gruppe zu.<br />

2008 Sächsische <strong>Krebs</strong>gesellschaft e.V. 19


Ihr Arzt füllt dafür ein Formular aus (Muster 56 – zu bestellen<br />

bei der KV), das Sie bei dem Leiter der <strong>Sport</strong>gruppe<br />

abgeben – <strong>und</strong> schon kann´s losgehen!<br />

Wenn die 50 St<strong>und</strong>en „abgearbeitet“ sind, sollte man<br />

nach Möglichkeit nicht aufhören. Die Gebühren, die man<br />

dann selbst tragen muss, sind eine gute Investition in die<br />

eigene Ges<strong>und</strong>heit. Und wenn es doch mal „eng“ aussieht:<br />

Mit Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Gleichgesinnten / Mitpatienten<br />

eine R<strong>und</strong>e durch den Park zu walken oder eine Radtour<br />

zu unternehmen, kostet nichts, macht aber trotzdem<br />

Spaß!<br />

Adressen <strong>und</strong> Ansprechpartner<br />

Im Folgenden haben wir Ihnen eine Liste mit den wichtigsten<br />

Adressen <strong>und</strong> Ansprechpartnern zusammengestellt,<br />

die für Sie hilfreich sind, wenn Sie sich über<br />

Möglichkeiten, Regelungen <strong>und</strong> Beschränkungen der<br />

<strong>Sport</strong>ausübung informieren wollen.<br />

Sächsische <strong>Krebs</strong>gesellschaft e. V.<br />

Schlobigplatz 23<br />

08056 Zwickau<br />

Telefon: 03 75 - 28 14 03<br />

E-Mail: info@skg-ev.de<br />

www.saechsische-krebsgesellschaft-ev.de<br />

Deutsche <strong>Krebs</strong>gesellschaft e. V.<br />

TiergartenTower<br />

Straße des 17. Juni 106 – 108<br />

10623 Berlin<br />

Telefon: 030 - 3 22 93 29 00<br />

www.krebsgesellschaft.de<br />

Deutscher Behindertensportverband e. V.<br />

Friedrich-Alfred-Straße 10<br />

47055 Duisburg<br />

Telefon: 02 03 - 7 17 41 70<br />

E-Mail: dbs@dbs-npc.de<br />

www.dbs-npc.de<br />

20


Sächsischer Behinderten- <strong>und</strong> Versehrtensportverband<br />

e. V.<br />

Am <strong>Sport</strong>forum 10/H2<br />

04105 Leipzig<br />

Telefon: 03 41 - 2 11 38 65<br />

E-Mail: sbv@behindertensport-sachsen.de<br />

www.behindertensport-sachsen.de<br />

Behinderten- <strong>und</strong> Rehabilitations-<strong>Sport</strong>verband<br />

Sachsen-Anhalt e.V.<br />

Ludwig-Wucherer-Straße 86<br />

06108 Halle/Saale<br />

Telefon: 03 45 - 5 17 08 24<br />

E-Mail: info@bssa.de<br />

Landessportb<strong>und</strong> Thüringen e. V.<br />

Werner-Seelenbinder-Straße 1<br />

99096 Erfurt<br />

Telefon: 03 61 - 3 40 54 53<br />

E-Mail: h.hoepfner@lsb-thüringen.de<br />

www.thueringen-sport.de<br />

Thüringer Behinderten- <strong>und</strong> Rehabilitations-<br />

<strong>Sport</strong>verband e. V.<br />

Schützenstraße 4<br />

99096 Erfurt<br />

Telefon: 03 61 - 3 46 05 39<br />

E-Mail: tbrsv@t-online.de<br />

www.behinderten-rehasport.de<br />

Deutscher Olympischer <strong>Sport</strong>b<strong>und</strong><br />

Otto-Fleck-Schneise 12<br />

60528 Frankfurt am Main<br />

Telefon: 069 - 6 70 00<br />

E-Mail: office@dosb.de<br />

www.dosb.de<br />

Landessportb<strong>und</strong> Sachsen e. V.<br />

Goyastraße 2d<br />

04105 Leipzig<br />

Telefon: 03 41 - 21 63 10<br />

E-Mail: lsb@sport-fuer-sachsen.de<br />

www.sport-fuer-sachsen.de<br />

2008 Sächsische <strong>Krebs</strong>gesellschaft e.V. 21


Deutsche <strong>Sport</strong>hochschule Köln<br />

Am <strong>Sport</strong>park Müngersdorf 6<br />

50933 Köln<br />

Telefon: 02 21 - 49 82 - 0<br />

www.dshs-koeln.de<br />

Verein für Kinder krebskranker Eltern e. V.<br />

Dr. Lida Schneider<br />

Güntherstraße 4a<br />

60528 Frankfurt<br />

Telefon: 0 69 - 67 72 45 04<br />

E-Mail: hkke@hilfe-fuer-kinder-krebskranker.de<br />

www.hilfe-fuer-kinder-krebskranker.de<br />

Deutsche Rentenversicherung<br />

Mitteldeutschland<br />

(ehemals LVA Thüringen, LVA Sachsen-Anhalt <strong>und</strong><br />

LVA Sachsen)<br />

Standort Leipzig<br />

Georg-Schumann-Straße 146<br />

04159 Leipzig<br />

Telefon: 03 41 - 5 50 - 55<br />

Standort Erfurt<br />

Kranichfelder Straße 3<br />

99097 Erfurt<br />

Telefon: 03 61 - 4 82 - 0<br />

Standort Halle<br />

Paracelsusstraße 21<br />

06114 Halle<br />

Telefon: 03 45 - 2 13 - 0<br />

22


Unabhängige Patientenberatung Deutschland –<br />

UPD gemeinnützige GmbH<br />

B<strong>und</strong>esgeschäftsstelle<br />

Littenstraße 10<br />

10179 Berlin<br />

Telefon: 0 30 - 20 08 92 33<br />

E-Mail: info@upd-online.de<br />

www.unabhaengige-patientenberatung.de<br />

B<strong>und</strong>esministerium für Ges<strong>und</strong>heit (BMG)<br />

Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />

11055 Berlin<br />

Telefon: 0 30 - 1 84 41 - 0 (b<strong>und</strong>esweiter Ortstarif)<br />

E-Mail: info@bmg.b<strong>und</strong>.de<br />

www.bmg.b<strong>und</strong>.de<br />

Deutsche Fatigue Gesellschaft e. V. (DFaG)<br />

Maria-Hilf-Straße 15<br />

50677 Köln<br />

Telefon: 02 21 - 9 31 15 96<br />

E-Mail: info@deutsche-fatigue-gesellschaft.de<br />

www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de<br />

2008 Sächsische <strong>Krebs</strong>gesellschaft e.V. 23


Herausgeber <strong>und</strong> Verleger<br />

Sächsische <strong>Krebs</strong>gesellschaft e.V.<br />

Schlobigplatz 23<br />

08056 Zwickau<br />

Telefon: 03 75 - 281403<br />

Fax: 0375 - 2814 04<br />

E-Mail: info@skg-ev.de<br />

Internet: www.skg-ev.de<br />

Steuer-Nr.: 227/141/02471<br />

ISSN 1869-5728<br />

gedruckt 11/2012

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