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Literatur konkret - Sudetendeutsches Archiv

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Dieser Eindruck soll durch Nachweise von Quellen verstärkt werden, die radikale<br />

Vorstellungen zur Lösung von „Nationalitätenkonflikten“ formulieren. Der „Balkan“<br />

und Türkei/Armenien/Griechenland werden immer wieder als Beispiele einer<br />

verhängnisvollen „Säuberungsmentalität“ in die Darstellung des deutschtschechischen<br />

Konflikts eingeblendet. Die Behandlung der Minderheiten im<br />

Deutschen Reich wird nicht erwähnt.<br />

Unerwähnt bleiben die deutsche Politik während des Ersten Weltkrieges, die<br />

Verwirklichung eines deutschen Ostimperiums durch den Friedensvertrag mit<br />

Rußland im Frühjahr 1918 und die Pläne zur Um- und Neubesiedlung der eroberten<br />

Gebiete in Osteuropa, die vorwegnehmen, was dann von den deutschen Besatzern<br />

1939-45 verwirklicht wird.<br />

Die Gründung und politische Entwicklung der CSR von 1918 bis 1939 werden in<br />

der historischen Interpretation der Herausgeber zu einem Sieg der tschechischen<br />

Nationalisten. Entsprechend verzerrt die Auswahl der Dokumente auf groteske<br />

Weise die historische und gesellschaftliche Realität der ersten Tschechoslowakischen<br />

Republik. Souverän werden z.B. die grundlegenden Arbeiten der<br />

Historiker Wolfgang Brügel und Ferdinand Seibt ignoriert. Die 1920 verabschiedete<br />

demokratische Verfassung der CSR garantierte allen Bürgern der Republik die<br />

volle staatsbürgerliche Gleichberechtigung, folgte der westlichen Tradition der<br />

Staatsbürgernation. Gemäß den Bestimmungen des internationalen Minderheitenschutzvertrages<br />

garantierte die CSR Zweisprachigkeit, wenn der Anteil des anderssprachigen<br />

Bevölkerungsteils 20 Prozent betrug. Kulturelle Autonomie,<br />

Universitäts- und Schulselbstverwaltung waren gesetzlich garantiert und wurden<br />

auch praktiziert. Bürger jüdischen Glaubens erhielten die Möglichkeit, für eine<br />

eigene jüdische Nationalität zu votieren.<br />

Und wiederum: Die radikalen nationalistischen und antisemitischen Massenorganisationen<br />

der »Sudetendeutschen«, die diese Gleichberechtigung erbittert<br />

bekämpften, werden nicht erwähnt. Kein Dokument findet sich etwa über den<br />

völkisch-antisemitischen Deutschen Turnverband, der in seiner Satzung den<br />

»Arierparagraphen« verankert hatte, ein stilisiertes Hakenkreuz als Verbandsemblem<br />

führte und Mitte der zwanziger Jahre über 150.000 Mitglieder verfügte. Die<br />

völkischen Kampfverbände überführten ihre Mitgliedschaft in die 1933 als<br />

Nachfolge-Organisation der verbotenen DNSDAP, gegründete »Sudetendeutsche<br />

Heimatfront«, 1935 umbenannt in „Sudetendeutsche Partei“ (SDP). Über Konrad<br />

Henlein, den Führer der Partei, der die völkischen Turner bis 1933 leitete und das<br />

Land an Nazi-Deutschland verriet, liest man dies: „Nach bitteren internen, direkt<br />

vom Deutschen Reich beeinflußten Auseinandersetzungen fügten sich Henlein und<br />

die Führung der SDP im November 1937 schließlich insgeheim der Politik Hitlers“.

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