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weibliche Genitalverstümmelung in Afrika

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Prosem<strong>in</strong>ararbeit<br />

zur Planung e<strong>in</strong>er 3-stündigen Unterrichtssequenz<br />

für die SEK 2 (8.Klasse AHS) zum Thema:<br />

„Sie haben mir e<strong>in</strong> Fest versprochen“ -<br />

<strong>weibliche</strong> <strong>Genitalverstümmelung</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Afrika</strong><br />

Fotoquelle: Frauenrechte.de, Grafik: Heymann Brandt de Gelm<strong>in</strong>i<br />

Erstellt im Zuge der Lehrveranstaltung:<br />

PS – Geschlechterrollenkritische Didaktik <strong>in</strong> Geographie<br />

und Wirtschaftskunde<br />

Verfasser:<br />

Univ. Lekt. Mag. a Dr. <strong>in</strong> Ingrid Schwarz<br />

Felix Magnus Bergmeister, MN: 9806309<br />

W<strong>in</strong>tersemester 2013/14


Inhaltsverzeichnis<br />

1. E<strong>in</strong>leitung ............................................................................................................................... 1<br />

2. Weibliche <strong>Genitalverstümmelung</strong> <strong>in</strong> <strong>Afrika</strong> (Doppelstunde) ................................................ 2<br />

2.1. E<strong>in</strong>stieg ................................................................................................................................ 4<br />

2.2. World Cafe - FGM… .......................................................................................................... 4<br />

2.2.1. Station 1: FGM - Verbreitung und Geschichte ................................................................ 5<br />

2.2.1. Station 2: Formen von FGM ............................................................................................ 6<br />

2.2.3. Station 3: Folgen von FGM .............................................................................................. 7<br />

2.2.4. Station 4: Begründungsversuche von FGM ..................................................................... 8<br />

2.2.5. Station 5: Stärkung von Menschenrechten und sexueller Gesundheit am Beispiel e<strong>in</strong>es<br />

GIZ Projekts <strong>in</strong> Burk<strong>in</strong>a Faso ..................................................................................................... 9<br />

2.2.6. Ergebnissicherung der Doppelstunde – Diskussion der kollaborativen Plakate im<br />

Plenum ...................................................................................................................................... 11<br />

3. Rollenspiel - End FGM now! (E<strong>in</strong>zelstunde) ....................................................................... 11<br />

3.1. Rollenkarten ...................................................................................................................... 12<br />

3.2. Ergebnissicherung der E<strong>in</strong>zelstunde ................................................................................. 14<br />

4. Verortung der Thematik im Lehrplan .................................................................................. 14<br />

5. Stundenpläne ........................................................................................................................ 17<br />

6. Quellen ................................................................................................................................. 20<br />

„Aufklärung kann nie heißen, mit dem F<strong>in</strong>ger auf praktizierende Kulturen zu zeigen,<br />

sie soll Verständnis und Solidarität mit den Betroffenen erzeugen. Natürlich nicht<br />

für die fundamentale Menschenrechtsverletzung der <strong>Genitalverstümmelung</strong> an sich,<br />

dafür soll und kann es ke<strong>in</strong>e Toleranz geben. […] Wenn es uns gel<strong>in</strong>gt unsere<br />

Grenzen im Kopf zu überw<strong>in</strong>den, können wir alles erreichen! Auch e<strong>in</strong>e Welt, <strong>in</strong> der<br />

FGM nur mehr <strong>in</strong> den Geschichtsbüchern vorkommt. Geme<strong>in</strong>sam können wir vieles<br />

verändern! (Waris Dirie, zit. <strong>in</strong> Terre de Femmes 2007)


1. E<strong>in</strong>leitung<br />

Weltweit s<strong>in</strong>d 150 Millionen Mädchen und Frauen von <strong>weibliche</strong>r<br />

<strong>Genitalverstümmelung</strong> (engl.: Female Genital Mutilation, oder abgekürzt FGM) betroffen.<br />

Alle 11 Sekunden fällt e<strong>in</strong>e junge Frau der Praktik zum Opfer. Ohne Narkose und zumeist<br />

unter katastrophalen hygienischen Bed<strong>in</strong>gungen werden Teile der äußeren <strong>weibliche</strong>n<br />

Geschlechtsorgane entfernt. Neben der Amputation der Klitoris werden häufig die äußeren<br />

und <strong>in</strong>neren Schamlippen abgetrennt und die verbleibende Haut bis auf e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Öffnung<br />

zugenäht (Terre des Femmes 2011: 1).<br />

FGM verursacht lebenslange seelische, gesundheitliche und sexuelle Beschwerden. Zu den<br />

unmittelbaren Folgen der <strong>Genitalverstümmelung</strong>, sofern diese nicht bereits während des<br />

E<strong>in</strong>griffs zum Tod führt, gehören starke Schmerzen sowie e<strong>in</strong> lebensbedrohlicher Blutverlust.<br />

Da der Mangel an hygienischen Voraussetzungen und mediz<strong>in</strong>ischen Kenntnissen der<br />

Beschneider<strong>in</strong>nen oft dazu führt, dass <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Rituals mehrere junge Frauen mit dem<br />

selben schmutzigen Behelfswerkzeug verstümmelt werden – unter anderem werden<br />

Macheten, Glasscherben oder rostige Wellblechsplitter verwendet – ist das<br />

Übertragungsrisiko von Tetanus, HIV oder Hepatitis sehr hoch (Kuckert et al. 2008: 10).<br />

Chronische Schmerzen, Inkont<strong>in</strong>enz, Beschwerden beim Wasserlassen und bei der<br />

Menstruation s<strong>in</strong>d dauerhafte Folgen, an denen Betroffene e<strong>in</strong> Leben lang leiden müssen. Im<br />

schlimmsten Fall der <strong>weibliche</strong>n <strong>Genitalverstümmelung</strong>, der Vernähung des Genitalbereichs<br />

nach außen h<strong>in</strong> bis auf e<strong>in</strong> bleistiftgroßes Loch (Infibulation), ist weder der Sexualverkehr<br />

noch die Geburt e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des möglich. Nach vollzogener Eheschließung kommt es daher oft<br />

zu e<strong>in</strong>er temporären Umkehrung des E<strong>in</strong>griffs und Ehefrauen werden so dazu gezwungen die<br />

Öffnung / Verschließung ihres Genitalbereichs viele Male im Laufe ihres Lebens über sich<br />

ergehen zu lassen (Zerm 2007: 9-11).<br />

FGM wird <strong>in</strong> weiten Teilen Westafrikas, dem Sahel sowie <strong>in</strong> Nordostafrika als<br />

gesellschaftliche und kulturelle Plicht angesehen, die junge Mädchen im Alter zwischen<br />

wenigen Monaten und 10 Jahren auf ihre soziale Rolle als Ehefrau vorbereiten soll. In den<br />

ruralen Gebieten dieser Regionen ansässige und nach Clanstrukturen organisierte<br />

patriarchalische Gesellschaften stützen sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vielzahl der Fälle auf strenge repressive<br />

Mechanismen und Religionssysteme, um die gewünschte gesellschaftliche Ausrichtung und<br />

entsprechende Ressourcenverteilung aufrechtzuerhalten. FGM hat <strong>in</strong> diesem Kontext e<strong>in</strong>e<br />

diszipl<strong>in</strong>ierende Funktion, die durch die Verknüpfung mit sogenannten religiösen<br />

1


Vorschriften zu e<strong>in</strong>er Durchsetzung der männlich geprägten Macht<strong>in</strong>teressen führt.<br />

Obwohl ke<strong>in</strong>e der großen Weltreligionen FGM verlangt oder gutheißt, befürworten sowohl<br />

ChristInnen als auch MuslimInnen die Praktik. Die Geme<strong>in</strong>samkeit bezieht sich hier auf die<br />

Unterdrückung der Frauen, sowie auf die Kontrolle ihrer Sexualität (Zerm 2007: 12).<br />

Organisationen wie TERRE DES FEMMES setzten sich weltweit dafür e<strong>in</strong>, dass Mädchen<br />

und Frauen selbstbestimmt und aufgeklärt über ihre eigenen Körper entscheiden können. Ziel<br />

ist es zu erreichen, dass die lokale sowie globale Öffentlichkeit <strong>weibliche</strong><br />

<strong>Genitalverstümmelung</strong> als schwere Menschenrechtsverletzung an Mädchen und Frauen<br />

wahrnimmt und dagegen aktiv wird (Terre des Femmes 2007: 6). Mit dieser<br />

Unterrichtssequenz möchte ich dem Ruf der Organisation folgen, dabei Anregungen aus<br />

Unterrichtsvorschlägen von Terre des Femmes (2007; 2012) sowie Zentrum Polis (2010)<br />

aufgreifen und das Thema der <strong>weibliche</strong>n <strong>Genitalverstümmelung</strong> im GW-Unterricht der<br />

AHS Oberstufe adressieren. Me<strong>in</strong> Ziel ist es Jugendliche über diese<br />

Menschenrechtsverletzung an Mädchen und Frauen zu <strong>in</strong>formieren, sie zu sensibilisieren und<br />

zum Engagement gegen FGM zu motivieren.<br />

Der folgende Abschnitt soll nun e<strong>in</strong>en Überblick über die Ziele und Aktivitäten der geplanten<br />

Unterrichtsbeispiele geben, sowie den gewählten Themenbereich gemäß dem Lehrplan der<br />

AHS Oberstufe, dem Grundsatzerlass zur politischen Bildung und dem<br />

Unterrichtspr<strong>in</strong>zip zur Gleichstellung von Frauen und Männern verorten (Punkt 4). E<strong>in</strong>e<br />

detaillierte, chronologische Auflistung der e<strong>in</strong>zelnen Lernziele und Methoden ist anschließend<br />

<strong>in</strong> den Stundenbildern (Punkt 5) enthalten.<br />

2. Weibliche <strong>Genitalverstümmelung</strong> <strong>in</strong> <strong>Afrika</strong> (Doppelstunde)<br />

Ziel dieser zweistündigen Unterrichtssequenz für die SEK 2 (8. Klasse AHS) ist es Schülern<br />

und Schüler<strong>in</strong>nen das Bewusstse<strong>in</strong> zu vermitteln, dass weltweit 150 Millionen Frauen von<br />

FGM betroffen s<strong>in</strong>d. SchülerInnen sollen sich H<strong>in</strong>tergrundwissen über FGM aneignen und<br />

erkennen, dass diese Praxis e<strong>in</strong>e fundamentale Menschenrechtsverletzung darstellt.<br />

Schließlich sollen mögliche Strategien gegen FGM thematisiert werden, die SchülerInnen<br />

als Handlungs- und Argumentationsgrundlage für das anschließende Rollenspiel „End FGM<br />

now!“ dienen sollen. Dabei soll jedoch ke<strong>in</strong>esfalls das rassistische Vorurteil primitiver<br />

afrikanischer Lebenswelten reproduziert werden, die ausschließlich „barbarische“<br />

Praktiken verfolgen würden. Vielmehr sollen differenziertere E<strong>in</strong>blicke vermittelt werden, die<br />

e<strong>in</strong>erseits FGM im lokalen Kontexte aus lokaler Perspektive beleuchten (was bedeutet FGM<br />

2


im Kontext e<strong>in</strong>er Dorfstruktur, welche Konsequenzen hat es für Frauen sich dem Ritual nicht<br />

zu unterziehen, was bedeutet der Ausschluss aus e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaft für junge Mädchen im<br />

ruralen <strong>Afrika</strong> und wor<strong>in</strong> liegen die kulturellen Begründungsversuche von FGM), sowie dabei<br />

verdeutlichen, dass <strong>Genitalverstümmelung</strong> e<strong>in</strong> bestimmter kultureller Aspekt der betreffenden<br />

Gesellschaften ist, der e<strong>in</strong>e nicht tolerierbare Verletzung der Rechte und Gesundheit von<br />

Frauen darstellt. Wichtig ist dabei, dass Schüler und Schüler<strong>in</strong>nen erkennen, dass betroffene<br />

Länder und Kulturen nicht auf den Aspekt von FGM reduziert werden dürfen, aber<br />

eben auch, dass dieser e<strong>in</strong>e Aspekt mit aller Kraft bekämpft werden muss. Es wird <strong>in</strong><br />

diesem S<strong>in</strong>ne darauf geachtete, dass die folgenden Regeln bei der Erarbeitung der<br />

Unterrichtsthemen von allen Schülern und Schüler<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>gehalten werden. Dazu wird der<br />

folgende „Denkzettel“ zu Beg<strong>in</strong>n der Unterrichtssequenz ausgeteilt:<br />

„Denkzettel“ – Regeln, die wir alle e<strong>in</strong>halten sollten!<br />

‣ Verwende ke<strong>in</strong>e Ausdrücke wie „primitiv“, „barbarisch“ oder „Wilde“ – sie s<strong>in</strong>d<br />

rassistisch geprägt und tragen nicht zur Klärung der Situation bei.<br />

‣ Europäische Kulturen s<strong>in</strong>d nicht „besser“ als afrikanische.<br />

‣ FGM ist ke<strong>in</strong> Phänomen welches <strong>in</strong> „ganz <strong>Afrika</strong>“ praktiziert wird.<br />

‣ Nicht jedes Mädchen oder jede Frau aus e<strong>in</strong>em afrikanischen Land <strong>in</strong> dem FGM<br />

ausgeübt wird ist genitalverstümmelt und nicht alle Menschen dort befürworten FGM.<br />

‣ Dass dich das Thema emotional sehr bewegt ist ganz normal. Drücke de<strong>in</strong>e Ablehnung<br />

gegen <strong>Genitalverstümmelung</strong> aber trotzdem durch sachliche Argumente aus, denn nur<br />

diese liefern die Grundlage für gesellschaftliche Veränderungen.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Ziel der Unterrichtssequenz ist die E<strong>in</strong>sicht, dass die grausame Unterdrückung<br />

und Verstümmelung der Frauen auf Pr<strong>in</strong>zipien ungleicher Machtverteilungen zur<br />

Reproduktion dom<strong>in</strong>anter Verwertungs<strong>in</strong>teressen beruhen, die Männer <strong>in</strong> bestimmten<br />

gesellschaftlichen Positionen privilegieren. SchülerInnen sollen erkennen, dass e<strong>in</strong><br />

Durchbrechen dieser Strukturen durch Aufklärung, Bildung und gesellschaftliches<br />

Umdenken möglich wird und dementsprechend auf Prozessen beruht, die die unmittelbare<br />

E<strong>in</strong>beziehung aller Beteiligten notwendig machen. Das im World Cafe thematisierte Beispiel<br />

der erfolgreichen Intervention gegen FGM <strong>in</strong> Burk<strong>in</strong>a Fasos soll verdeutlichen, dass<br />

Gerechtigkeit nicht von außen verordnet werden kann, sondern im Konsens gefunden und<br />

gelebt werden muss. Schüler<strong>in</strong>nen sollen daher die E<strong>in</strong>sicht gew<strong>in</strong>nen, dass Interventionen<br />

gegen die verschiedenen Formen der oftmals ver<strong>in</strong>nerlichten androzentrisch geprägten<br />

3


„Normalitäten“ von hoher politischer Relevanz s<strong>in</strong>d, sowie die kritische Reflexion eigener<br />

Verhaltensweisen und als „normal“ ver<strong>in</strong>nerlichter Bilder des täglichen Lebens<br />

voraussetzen.<br />

2.1. E<strong>in</strong>stieg<br />

Zum vorsichtigen E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> die emotional bewegende Thematik wird auf YouTube der<br />

Kurzfilm „Gewalt gegen Frauen ist Alltag“ von Terre des Femmes gezeigt<br />

http://www.youtube.com/watch?v=LQOuQj923fM. Im Anschluss bekommen die<br />

SchülerInnen den Arbeitsauftrag <strong>in</strong> PartnerInnenarbeit kurz zu den folgenden Impulsfragen<br />

Stichworte zu sammeln / e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>dmap anzufertigen (Terre des Femmes 2012: 2). Die Punkte<br />

werden dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Klassendiskussion erörtert.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Was denkt ihr, wenn ihr den Begriff „<strong>weibliche</strong> <strong>Genitalverstümmelung</strong>“ hört? Was<br />

verb<strong>in</strong>det ihr damit?<br />

Was wisst ihr bereits über das Thema?<br />

Welche Vorurteile zur Thematik könnte es geben?<br />

Welche Fragen tauchen bei euch vorweg auf?<br />

2.2. World Cafe - FGM<br />

Es werden (anhängig von der SchülerInnenzahl) 4 Gruppen mit 5 bis 6 Personen gebildet.<br />

Für jede der 5 World Cafe Station stehen 15 M<strong>in</strong>uten zu Verfügung. Die Arbeitsmaterialien<br />

s<strong>in</strong>d vorbereitet, an allen Stationen gibt es Informationsmaterialien zu Verbreitung, Formen,<br />

gesundheitlichen Folgen und kulturellen Begründungsversuchen von FGM, e<strong>in</strong> Flipchart,<br />

Posterpapier und Stifte. Die Infomaterialien werden von jeder Stammgruppe e<strong>in</strong>gangs<br />

analysiert und dabei die Kernpunkte auf e<strong>in</strong>em Plakat gesammelt bzw. visuell durch<br />

Kartenskizzen, M<strong>in</strong>dmaps etc. dargestellt. Im Anschluss wechseln die Gruppen bis auf e<strong>in</strong>e<br />

„Expert<strong>in</strong>“ / e<strong>in</strong>en „Experten“, die / der bei ihrer / se<strong>in</strong>er Station bleibt. Sie / er erklärt den<br />

nächsten durchwechselnden Gruppenmitgliedern kurz worum es im Text geht, diese stellen<br />

Fragen und machen ihre Bemerkungen und Vorschläge auf dem Poster. Ziel ist, dass alle<br />

Gruppen die Kern<strong>in</strong>formationen auf den Plakaten mit eigenen Anmerkungen und Fragen<br />

kommentieren und ergänzen, sodass am Ende der World Cafe Sequenz jedes der<br />

kollaborativen Plakate im Rahmen e<strong>in</strong>er Plenumsdiskussion diskutiert werden kann.<br />

4


2.2.1. World Cafe Station 1: FGM - Verbreitung und Geschichte<br />

Von FGM betroffenes Land Anteil der von FGM betroffenen<br />

Frauen<br />

Betroffene Frauen <strong>in</strong><br />

Absolutzahlen<br />

Ägypten 97% 35.806.000<br />

Äthiopien 80% 31.134.000<br />

Ben<strong>in</strong> 17% 712.000<br />

Burk<strong>in</strong>a Faso 72% 4.736.000<br />

Dschibuti 98% 389.000<br />

Elfenbe<strong>in</strong>küste 45% 4.016.000<br />

Eritrea 89% 1.994.000<br />

Gambia 89% 681.000<br />

Ghana 5% 546.000<br />

Gu<strong>in</strong>ea 99% 4.538.000<br />

Gu<strong>in</strong>ea Bissau 50% 402.000<br />

Jemen 23% 2.075.000<br />

Kamerun 20% 1.887.000<br />

Kenia 38% 6.499.000<br />

Kongo Dem. Rep. 5% 1.450.000<br />

Liberia 60% 987.000<br />

Mali 92% 6.239.000<br />

Mauretanien 71% 1101.000<br />

Niger 5% 341.000<br />

Nigeria 19% 12.344.000<br />

Senegal 20% 1.185.000<br />

Sierra Leone 90% 2.521.000<br />

Somalia 98% 4.064.000<br />

Sudan 90% 16.198.000<br />

Tansania 18% 3.100.000<br />

Togo 50% 1.555.000<br />

Tschad 45% 2.216.000<br />

Uganda 5% 720.000<br />

Zentralafrik. Republik 36% 745.000<br />

(Quelle: Terre des Femmes, Unterrichtsmappe <strong>weibliche</strong> <strong>Genitalverstümmelung</strong> 2007, S. 27)<br />

Erst Ende der 1970er-Jahre wurden zum ersten Mal Artikel über <strong>weibliche</strong> <strong>Genitalverstümmelung</strong> publiziert.<br />

Viele Leser<strong>in</strong>nnen und Leser konnten kaum glauben, was sie lasen. Die Vorstellung, dass man jungen Mädchen<br />

die Klitoris und <strong>in</strong>nere oder äußere Schamlippen abschneidet und die verbliebenen Hautfetzen danach<br />

zusammennäht, schien zu absurd. Heute ist bekannt, dass die <strong>weibliche</strong> <strong>Genitalverstümmelung</strong> (häufig FGM –<br />

female genital mutilation – genannt) weltweit verbreitet ist. Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) s<strong>in</strong>d ca. 100 bis 150 Millionen Mädchen und Frauen von <strong>weibliche</strong>r <strong>Genitalverstümmelung</strong> und ihren<br />

Konsequenzen betroffen.<br />

Der Ursprung dieser Praxis ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Es gilt als wahrsche<strong>in</strong>lich, dass sie schon vor<br />

mehreren tausend Jahren durchgeführt wurde. Es gibt Nachweise, dass bereits die frühgeschichtlichen römischen<br />

und arabischen Kulturen derartige E<strong>in</strong>griffe vorgenommen haben. E<strong>in</strong>e Theorie über das Entstehen von FGM<br />

stützt sich auf die Vorstellungen der ägyptischen Pharaonen. Sie glaubten, dass <strong>in</strong> jedem Menschen e<strong>in</strong>e<br />

männliche und e<strong>in</strong>e <strong>weibliche</strong> Seele existieren. Bei den Männern wurde die <strong>weibliche</strong> Seite <strong>in</strong> der Penisvorhaut<br />

und bei den Frauen die männliche Seite <strong>in</strong> der Klitoris vermutet. Um also e<strong>in</strong> vollständiger Mann bzw. e<strong>in</strong>e<br />

vollständige Frau zu werden, musste man sich die jeweiligen Teile entfernen lassen.<br />

FGM ist und war allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong> re<strong>in</strong> afrikanisches Phänomen. Im 19. Jahrhundert war die<br />

Klitorisbeschneidung auch <strong>in</strong> Europa (v.a. im englischsprachigen Raum) sehr weit verbreitet. Das Ziel<br />

war, Selbstbefriedigung bei Frauen zu verh<strong>in</strong>dern. Die Masturbation galt als e<strong>in</strong>er der Hauptgründe für<br />

Geisteskrankheiten. Auch <strong>weibliche</strong> Homosexualität, „Hyper-Sexualität“ und Hysterie sollten durch die<br />

Beschneidung der Klitoris „geheilt“ werden.<br />

(Quelle: polis aktuell, Nr. 2, 2010)<br />

5


2.2.2. World Cafe Station 2: Formen von FGM<br />

„FGM (Female Genital Mutilation) bezeichnet die vollständige oder partielle Entfernung der äußeren <strong>weibliche</strong>n<br />

Geschlechtsteile oder andere Verletzungen, die den <strong>weibliche</strong>n Geschlechtsorganen aus kulturellen oder anderen<br />

Gründen zugefügt werden und die ke<strong>in</strong>e mediz<strong>in</strong>ische Notwendigkeit darstellen.“ (Quelle: UNICEF Fact Sheet<br />

FGM 2005)<br />

FGM ist e<strong>in</strong>e Verletzung der Menschenrechte. Diese Praxis zeigt die tief verwurzelte Ungleichbehandlung der<br />

Geschlechter und stellt e<strong>in</strong>e extreme Form der Diskrim<strong>in</strong>ierung der Frau dar. FGM ist e<strong>in</strong>e Form der Gewalt<br />

gegen Frauen und Mädchen, die körperliche und psychische Folgen hat. Die <strong>weibliche</strong> <strong>Genitalverstümmelung</strong><br />

ist e<strong>in</strong>e gesundheitsgefährdende Praxis und e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>griff, der ohne mediz<strong>in</strong>ische Notwendigkeit durchgeführt<br />

wird, und stellt daher e<strong>in</strong>en Verstoß gegen die Rechte von Frauen und Mädchen, <strong>in</strong>sbesondere e<strong>in</strong>e Verletzung<br />

des Rechts auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit dar. Da<br />

meist m<strong>in</strong>derjährige Mädchen dieser Prozedur unterzogen werden, werden durch FGM auch die K<strong>in</strong>derrechte<br />

verletzt. Die <strong>weibliche</strong> <strong>Genitalverstümmelung</strong> verstößt gegen Artikel 3 (das Recht auf Leben, Freiheit und<br />

Sicherheit der Person) sowie gegen Artikel 5 (niemand darf Folter oder grausamer, unmenschlicher oder<br />

erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden) der allgeme<strong>in</strong>en Erklärung der Menschenrechte<br />

(Quelle: Polis aktuell, Nr. 2, 2010: 7).<br />

Es lassen sich folgende Formen von FGM unterscheiden:<br />

Milde Sunna: Die Sunna steht im Islam für das, was der Religionsstifter Mohammed gesagt, geduldet oder<br />

bewusst nicht getan haben soll. Deshalb haben auch viele MuslimInnen, die sich gegen FGM aussprechen, e<strong>in</strong><br />

besonderes Problem mit dieser Bezeichnung und bemühen sich, dieses Wort nicht im Zusammenhang mit FGM<br />

zu verwenden. Diese Form von FGM bedeutet, dass die Vorhaut der Klitoris e<strong>in</strong>gestochen, geritzt oder entfernt<br />

wird.<br />

Klitoridektomie oder „abgewandelte Sunna“: Hier wird die Klitoris der Frau oder des Mädchens teilweise<br />

oder ganz entfernt.<br />

Die Exzision: Bei der Exzision werden zusätzlich zur Klitoris die <strong>in</strong>neren Schamlippen teilweise oder ganz<br />

abgetrennt. Diese Form von FGM ist neben der Klitoridektomie e<strong>in</strong>e der häufigsten. 80% der Mädchen und<br />

Frauen s<strong>in</strong>d von e<strong>in</strong>er der beiden Formen betroffen.<br />

Die Infibulation oder „pharaonische Beschneidung“: Bei der Infibulation, die auch als pharaonische<br />

Beschneidung bekannt ist, werden neben der Klitoris die <strong>in</strong>neren und zum Teil äußeren Schamlippen entfernt.<br />

Anschließend werden die Innenseiten der Vulva zusammengenäht. Um das Wasserlassen und die Menstruation<br />

zu gewährleisten, wird e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Stück Holz e<strong>in</strong>genäht, damit e<strong>in</strong>e Öffnung bleibt. In der Regel werden den<br />

Mädchen nach dem E<strong>in</strong>griff die Be<strong>in</strong>e zusammengebunden, bis die Wunde verheilt ist, was meist mehrere<br />

Wochen dauert. Etwa 15 % aller Betroffenen weltweit s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>fibuliert.<br />

Die Defibulation: Wurden Frauen wie eben beschrieben <strong>in</strong>fibuliert, so ist es ihnen meist nicht möglich,<br />

Geschlechtsverkehr zu haben oder e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d zu gebären. Aus diesem Grund wird die Defibulation durchgeführt,<br />

was bedeutet, dass die zugenähte Vag<strong>in</strong>a wieder geöffnet wird.<br />

Die Re<strong>in</strong>fibulation: E<strong>in</strong>e Re<strong>in</strong>fibulation bedeutet, dass die Defibulation (also die Öffnung der Vag<strong>in</strong>a) nach<br />

e<strong>in</strong>er Geburt wieder rückgängig gemacht wird. Dabei werden die verbleibenden Narbenränder entfernt und das<br />

übrige Gewebe wird erneut zugenäht. Nach mehreren Entb<strong>in</strong>dungen ist unter Umständen jedoch ke<strong>in</strong> Gewebe<br />

mehr vorhanden, um die Vag<strong>in</strong>a erneut zuzunähen.<br />

(Quelle: Terre des Femmes, Unterrichtsmappe <strong>weibliche</strong> <strong>Genitalverstümmelung</strong> 2007, S. 29-30)<br />

6


2.2.3. World Cafe Station 3: Folgen von FGM<br />

Weibliche <strong>Genitalverstümmelung</strong> stellt e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>griff dar, der nicht wieder rückgängig zu machen ist. Er<br />

hat zahlreiche kurz- und langfristige Folgen für die körperliche, seelische und sexuelle Gesundheit der<br />

betroffenen Mädchen und Frauen. H<strong>in</strong>zu kommt, dass FGM <strong>in</strong> der Regel von Beschneider<strong>in</strong>nen durchgeführt<br />

wird, die kaum mediz<strong>in</strong>ische Kenntnisse über den menschlichen Körper haben und nicht über sterile Instrumente<br />

verfügen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht sich dagegen aus, dass <strong>Genitalverstümmelung</strong>en von<br />

ÄrztInnen vorgenommen werden. Nach Schätzungen der WHO sterben 10 % der Betroffenen an den<br />

akuten und 25 % an den langfristigen Folgen von FGM. Da <strong>Genitalverstümmelung</strong>en meist ohne Narkose<br />

durchgeführt werden, leiden die Betroffenen während dessen unter enormen Schmerzen. Direkte Folgen s<strong>in</strong>d oft<br />

schwere Blutungen und Schockzustände. Da FGM häufig unter unhygienischen Bed<strong>in</strong>gungen stattf<strong>in</strong>det, kann es<br />

zu Blutvergiftung und Wundstarrkrampf kommen. Wenn mehrere Mädchen mit dem gleichen Werkzeug<br />

beschnitten werden, besteht die Gefahr, dass HIV übertragen wird.<br />

Aus Angst vor den Schmerzen beim Wasserlassen kann es vorkommen, dass die Mädchen den Ur<strong>in</strong> zurückhalten<br />

und zu wenig tr<strong>in</strong>ken. Zusammen mit Verletzungen der Harnröhre ist dies e<strong>in</strong> Grund für dauerhafte Infektionen<br />

im Harnbereich und Unterleib. Bei <strong>in</strong>fibulierten Frauen staut sich meist die Monatsblutung, was langfristig zu<br />

Unfruchtbarkeit führen kann. Dies ist <strong>in</strong> vielen Teilen <strong>Afrika</strong>s für den Mann e<strong>in</strong> Scheidungsgrund, weil<br />

K<strong>in</strong>derreichtum e<strong>in</strong> wichtiges Ideal ist. Somit haben die negativen Folgen von FGM großen E<strong>in</strong>fluss auf das<br />

soziale Leben von Frauen. Außerdem kann es an der Narbe zu Eiterungen (Abszessen), Zysten und<br />

Narbenwucherungen (Keloiden) kommen. Diese können das Wasserlassen, den Geschlechtsverkehr und den<br />

Geburtsverlauf erschweren. Da das Narbengewebe der Vag<strong>in</strong>a weniger elastisch ist, besteht die Gefahr e<strong>in</strong>es<br />

Geburtsstillstandes, wodurch das K<strong>in</strong>d nicht mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird und sterben kann. Dadurch<br />

steigt auch die Müttersterblichkeit unter betroffenen Frauen. Bei e<strong>in</strong>em Geburtsstillstand kann es passieren, dass<br />

der k<strong>in</strong>dliche Körper auf <strong>weibliche</strong> Organe drückt, die Blutversorgung unterbricht und Gewebe im Unterleib der<br />

Frau abstirbt. Dies kann zur Bildung von Fisteln - das s<strong>in</strong>d häutig ausgekleidete Verb<strong>in</strong>dungen zwischen Blase,<br />

Scheide und Mastdarm - führen. Die betroffenen Frauen können den Abgang von Ur<strong>in</strong> und Stuhl nicht mehr<br />

kontrollieren. Inkont<strong>in</strong>enz bedeutet für die betroffenen Frauen soziale Ausgrenzung. Obwohl mit dem Entfernen<br />

der Klitoris das sexuelle Empf<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>deutig e<strong>in</strong>geschränkt ist, s<strong>in</strong>d die Folgen für die Sexualität für die<br />

e<strong>in</strong>zelnen Frauen sehr unterschiedlich. Es gibt Frauen, die beim Geschlechtsverkehr Schmerzen haben und an die<br />

<strong>Genitalverstümmelung</strong> er<strong>in</strong>nert werden und daher ke<strong>in</strong>e Lust empf<strong>in</strong>den. Es gibt aber auch betroffene Frauen,<br />

die mit ihrem Sexualleben zufrieden s<strong>in</strong>d, denn sexuelle Erfüllung hängt von vielen Faktoren ab.<br />

Für die meisten Frauen bedeutet FGM e<strong>in</strong>e seelische Verletzung. Vermehrt erleben sie psychische<br />

Nachwirkungen, wie zum Beispiel Depressionen, Schlaf- und Essstörungen. LehrerInnen berichten, dass die<br />

betroffenen Mädchen häufig durch e<strong>in</strong>en unerklärlichen Leistungsabfall, Konzentrationsstörungen und e<strong>in</strong><br />

ger<strong>in</strong>ges Interesse am Lernen auffallen. Sie versäumen den Unterricht und brechen daher – für Außenstehende<br />

häufig unerklärlich - die Schule vorzeitig ab. So erleiden die Mädchen aufgrund körperlicher und seelischer<br />

Folgen von FGM auch soziale E<strong>in</strong>schränkungen. Dies erschwert es den jungen Frauen, e<strong>in</strong> selbstständiges Leben<br />

aufzubauen.<br />

(Quelle: Terre des Femmes, Unterrichtsmappe <strong>weibliche</strong> <strong>Genitalverstümmelung</strong> 2007, S. 32)<br />

7


2.2.4. World Cafe Station 4: Begründungsversuche für FGM<br />

Es gibt verschiedene traditionelle Begründungen dafür, warum <strong>weibliche</strong> <strong>Genitalverstümmelung</strong> durchgeführt<br />

wird. Diese unterscheiden sich von Ethnie zu Ethnie und Land zu Land. Das grundsätzliche Motiv ist die<br />

Kontrolle der <strong>weibliche</strong>n Sexualität, e<strong>in</strong>erseits soll dadurch die Jungfräulichkeit bis zur Ehe bewahrt und<br />

andererseits promiskuitives Verhalten verh<strong>in</strong>dert werden. In den lokalen Gesellschaften ist diese Praxis durch<br />

verschiedenste traditionelle Vorstellungen und Mythen <strong>in</strong> den Menschen verankert. Wer diese Traditionen<br />

missachtet wird von der Gesellschaft ausgegrenzt. Dies bedeutet, dass Nichtbeschnittene weder soziale<br />

Anerkennung noch Respekt bekommen. Da <strong>Genitalverstümmelung</strong> als Voraussetzung für e<strong>in</strong>e Heirat gilt,<br />

br<strong>in</strong>gen Mütter ihre Töchter meist selbst zur Beschneider<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e Hochzeit bedeutet sowohl für das Mädchen als<br />

auch für die Familie die zukünftige gesellschaftliche und wirtschaftliche Absicherung; ohne diese kann e<strong>in</strong><br />

Mädchen oder e<strong>in</strong>e Frau häufig nicht selbstständig leben. Der Brautpreis, den die Familie der Braut bei der<br />

Heirat der Tochter erhält, ist <strong>in</strong> vielen Ethnien umso höher, je stärker das Mädchen genitalverstümmelt wurde.<br />

In manchen afrikanischen Gesellschaften wird die Zeit, <strong>in</strong> der sich der Übergang vom K<strong>in</strong>d zum Erwachsenen<br />

vollzieht, mit Ritualen und Festen begangen. In e<strong>in</strong>er Art „Buschschule“ werden die Mädchen von den älteren<br />

Frauen unterrichtet. Die <strong>Genitalverstümmelung</strong> ist die Initiation [E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er Person <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Gruppe durch Riten und Feierlichkeiten] zum Erwachsenwerden, welche oft mit e<strong>in</strong>em großen Fest, an dem alle<br />

Geme<strong>in</strong>demitglieder beteiligt s<strong>in</strong>d, abgeschlossen wird. Von Frauen wird <strong>in</strong> vielen afrikanischen Gesellschaften<br />

die Rolle als Ehefrau und Mutter erwartet. Dazu gehört unter anderem auch e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>geschränktes<br />

Sexualverhalten. Durch FGM soll garantiert werden, dass die Frau bis zur Ehe ihre Jungfräulichkeit bewahrt.<br />

Anschließend soll ihre eheliche Treue gewährleistet werden, <strong>in</strong>dem durch die Verstümmelung ihr sexuelles<br />

Interesse e<strong>in</strong>geschränkt ist. Dies bedeutet, dass mit der <strong>Genitalverstümmelung</strong> die Sexualität von Frauen<br />

kontrolliert werden soll.<br />

Zudem werden die äußeren <strong>weibliche</strong>n Genitalien als schmutzig und hässlich angesehen. Sie entsprechen nicht<br />

dem Schönheitsideal vieler afrikanischer Gesellschaften. In den Gesellschaften, <strong>in</strong> denen FGM praktiziert wird,<br />

geht man oftmals davon aus, dass die <strong>Genitalverstümmelung</strong> die Fruchtbarkeit der Frauen erhöht und die<br />

Schwangerschaft sowie Geburt erleichtert. Dies beruht jedoch auf biologischer und mediz<strong>in</strong>ischer Unkenntnis,<br />

denn FGM kann sich sehr negativ auf die Gesundheit der Mädchen und Frauen auswirken und schwere Folgen<br />

für Schwangerschaft und Geburt haben (vgl. „Gesundheitliche Folgen“).In vielen Gebieten wird FGM außerdem<br />

als Gebot der Religion angesehen. Dass FGM nicht mit der Religionszugehörigkeit zusammenhängt, zeigt sich<br />

daran, dass <strong>Genitalverstümmelung</strong>en sowohl bei ChristInnen, MuslimInnen und AnhängerInnen traditioneller<br />

Religionen verbreitet ist. Unter FGM praktizierenden Muslimen und Muslim<strong>in</strong>nen gibt es die Vorstellung, dass<br />

der Islam FGM verlangt. Doch weder im Koran noch <strong>in</strong> der Bibel f<strong>in</strong>det die <strong>weibliche</strong><br />

<strong>Genitalverstümmelung</strong> Erwähnung. Befürworter<strong>in</strong>nen und Befürworter von FGM im Islam berufen sich<br />

vielmehr auf e<strong>in</strong> sogenanntes Hadith (arabisch: Rede, Bericht), welches neben dem Koran e<strong>in</strong>e Gesetzesquelle<br />

darstellt. Hadithe s<strong>in</strong>d Aussprüche des Propheten Mohammed, welche allerd<strong>in</strong>gs unterschiedlich <strong>in</strong>terpretiert<br />

werden können. Es gibt zahlreiche Länder mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung, <strong>in</strong> denen<br />

<strong>Genitalverstümmelung</strong> nicht verbreitet ist, wie z.B. Iran und Afghanistan.<br />

(Quellen: Polis aktuell, Nr. 2, 2010: 4; Terre des Femmes, Unterrichtsmappe <strong>weibliche</strong> <strong>Genitalverstümmelung</strong><br />

2007, S. 33)<br />

8


2.2.5. World Cafe Station 5: Stärkung von Menschenrechten und sexueller<br />

Gesundheit am Beispiel e<strong>in</strong>es GIZ Projekts <strong>in</strong> Burk<strong>in</strong>a Faso<br />

Das folgende Projekt der GIZ (Deutsche Gesellschaft für <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit) gibt euch e<strong>in</strong>en<br />

schematischen E<strong>in</strong>blick wie komplexe soziale Problemstellungen wie FGM erfolgreich <strong>in</strong> Angriff genommen<br />

werden können. Die E<strong>in</strong>beziehung und Aufklärung lokaler AkteurInnen und Akteure setzte Prozesse des<br />

Umdenkens <strong>in</strong> Gang, die schließlich zu e<strong>in</strong>er deutlichen Verbesserung der Situation für betroffene Frauen<br />

führten. (Quelle: http://www.giz.de/de/weltweit/19101.html)<br />

Ausgangssituation<br />

Schnelles Bevölkerungswachstum, Jugendarbeitslosigkeit, Arbeitsemigration von K<strong>in</strong>dern und K<strong>in</strong>derhandel<br />

sowie nicht zuletzt die AIDS-Epidemie s<strong>in</strong>d Grundprobleme der Entwicklung Burk<strong>in</strong>a Fasos. Besonders<br />

benachteiligt s<strong>in</strong>d Frauen und Jugendliche, die an politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen<br />

unzureichend beteiligt s<strong>in</strong>d und häufig Diskrim<strong>in</strong>ierung und Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt s<strong>in</strong>d.<br />

Weibliche <strong>Genitalverstümmelung</strong>, Zwangsheirat und häusliche Gewalt s<strong>in</strong>d weit verbreitet. Die Praxis der<br />

<strong>weibliche</strong>n <strong>Genitalverstümmelung</strong> geht nur langsam zurück, obwohl sie seit 15 Jahren verboten ist. 2003 waren<br />

mehr als drei Viertel der Frauen über 15 Jahren beschnitten. Mit 18 Jahren s<strong>in</strong>d nahezu die Hälfte der jungen<br />

Frauen Mütter. Diese frühen Schwangerschaften s<strong>in</strong>d selten gewollt. Sie s<strong>in</strong>d das Ergebnis von Zwangs- und<br />

K<strong>in</strong>derheirat, sexueller Gewalt oder schlicht von fehlender Information. Entsprechend hoch ist die Zahl der<br />

heimlichen, weil illegalen, Abtreibungen. Die AIDS-Pandemie hat <strong>in</strong> der <strong>in</strong> Traditionen wurzelnden<br />

Benachteiligung der Frauen und Mädchen e<strong>in</strong>en günstigen Nährboden gefunden: Junge Frauen zwischen 20 und<br />

24 Jahren waren 2003 dreimal häufiger mit HIV <strong>in</strong>fiziert als ihre männlichen Altersgenossen. Dazu kommt der<br />

oftmals fehlende Zugang zu Bildungsmöglichkeiten. Nur rund 16 Prozent der Frauen über 15 Jahren, etwa 7<br />

Prozent auf dem Land, können lesen und schreiben.<br />

Ziel des Projekts (2004 bis vorrausichtlich 2015)<br />

Frauen und Jugendliche kennen ihre Rechte und Möglichkeiten und können sie selbstbewusst e<strong>in</strong>fordern und<br />

wahrnehmen. Dazu gehören Rechte für sexuelle und reproduktive Gesundheit sowie HIV/AIDS-Prävention, zum<br />

Schutz vor Diskrim<strong>in</strong>ierung und vor menschenrechtsverletzenden Praktiken wie FGM.<br />

Vorgehensweise<br />

Viel Gewicht wird auf die Aufklärung der Bevölkerung mit zielgruppenspezifischen Kommunikationsformen<br />

gelegt: Theatergruppen oder Filmvorführungen mit anschließenden Diskussionen <strong>in</strong> den Dörfern und<br />

audiovisuelle Medien <strong>in</strong> den jeweiligen lokalen Sprachen. Alle Aktivitäten werden kont<strong>in</strong>uierlich begleitet und<br />

ausgewertet, um ihre Wirkung zu überprüfen und sie gegebenenfalls anzupassen.<br />

Vom Programm entwickelte und erprobte <strong>in</strong>novative Vorgehensweisen f<strong>in</strong>den für größere Verbreitung E<strong>in</strong>gang<br />

<strong>in</strong> die staatlichen Aktionsprogramme. Geme<strong>in</strong>sam mit den Partnerm<strong>in</strong>isterien wurden Unterrichtsmodule gegen<br />

Beschneidung für Grundschulen und weiterführende Schulen entwickelt und erprobt. Die Module werden von<br />

den beiden Bildungsm<strong>in</strong>isterien <strong>in</strong> die Lehrerausbildung aufgenommen. Die Integration <strong>in</strong> die nationalen<br />

Curricula wird vorbereitet.<br />

9


Angestrebte Wirkungen des Programms:<br />

Durch die Unterstützung und Beratung des Programms werden besonders Frauen gestärkt. Folgende<br />

Verbesserungen werden angestrebt:<br />

Frauen ermöglichen ihren K<strong>in</strong>dern den Schulbesuch, sie lehnen die Beschneidung ihrer Töchter ab und<br />

verh<strong>in</strong>dern sie. Sie bewahren ihre K<strong>in</strong>der vor den schlimmsten Formen der K<strong>in</strong>derarbeit und vor<br />

K<strong>in</strong>derhandel.<br />

Frauen wenden moderne Methoden der Familienplanung an und schützen sich und ihre Partner vor<br />

HIV.<br />

Frauen kennen ihre gesetzlichen Rechte und fordern sie e<strong>in</strong>. Sie setzen ihren Anspruch auf die<br />

Nutzung von Ackerboden, ihr Erbrecht und ihr Recht auf Mitentscheidung <strong>in</strong> wichtigen<br />

Familienangelegenheiten durch. Sie berufen sich ebenso auf ihre Rechte um Gewalt <strong>in</strong> der Ehe<br />

wirkungsvoll entgegenzutreten.<br />

Durch diese Verhaltensänderungen werden die gesellschaftliche Stellung der Frauen und ihr<br />

Selbstbewusstse<strong>in</strong> gestärkt. Auch die Dorfgeme<strong>in</strong>schaften, die E<strong>in</strong>richtungen der Zivilgesellschaft sowie die<br />

staatlichen Strukturen und Dienste gew<strong>in</strong>nen durch die Stärkung der gesellschaftlichen Stellung von Frauen und<br />

Jugendlichen an sozialer Kompetenz und Veränderungsbereitschaft.<br />

Was bisher erreicht wurde:<br />

In Geme<strong>in</strong>den, <strong>in</strong> denen <strong>weibliche</strong> Beschneidung Bestandteil des Schulunterrichts geworden ist, ist<br />

<strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>e Mehrheit gegen diese Tradition und befürwortet die strafrechtliche Verfolgung der<br />

Täter<strong>in</strong>nen und Täter. Aufgeklärte Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler verh<strong>in</strong>dern Beschneidungen, <strong>in</strong>dem sie<br />

die Behörden bei Verdacht <strong>in</strong>formieren. Die Beschneidung von Mädchen ist <strong>in</strong>sgesamt rückläufig.<br />

Die Verwendung moderner Verhütungsmittel steigt stetig an. In der Region Ost ist die Nutzung <strong>in</strong> den<br />

letzten drei Jahren um zwei Drittel gestiegen: von 4,4 auf 7,3 Prozent, <strong>in</strong> den Schwerpunktdörfern des<br />

Programms sogar auf mehr als 24 Prozent. In der Region Süd-Westen stieg die Verwendung moderner<br />

Verhütungsmittel im gleichen Zeitraum von 11,8 auf 14,5 Prozent an, <strong>in</strong> den Schwerpunktdörfern<br />

sogar auf fast 23 Prozent.<br />

Jugendliche nutzen die Beratungszentren für sexuelle und reproduktive Gesundheit vermehrt. Sie<br />

wurden im Rahmen des Programms attraktiver gestaltet.<br />

Zwischen den Schuljahren 2002/03 und 2008/09 stieg die E<strong>in</strong>schulung von Mädchen landesweit um 64<br />

Prozent, im Südwesten um 79 und <strong>in</strong> der Region Ost sogar um 123 Prozent. Im E<strong>in</strong>satzgebiet des<br />

Programms stieg der Schulbesuch von Mädchen stärker an als <strong>in</strong> vergleichbaren Dörfern, die nicht<br />

zum E<strong>in</strong>satzgebiet gehören. Die Mädchen holen auf: 2015 werden voraussichtlich genauso viele<br />

Mädchen wie Jungen die Grundschulen besuchen.<br />

(Quelle: http://www.giz.de/de/weltweit/19101.html)<br />

10


2.2.6. Ergebnissicherung: Diskussion der kollaborativen Plakate im Plenum<br />

Im Anschluss an das World Cafe werden die <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Stationen entstandenen Plakate<br />

im Plenum besprochen. Besonderes Augenmerk wird auf das <strong>in</strong> Station 5 entstandene Poster<br />

gelegt. Es soll verdeutlicht werden, dass e<strong>in</strong>e wirkungsvolle Adressierung von FGM nur<br />

durch breite Unterstützung von Seiten der betroffenen Gesellschaften möglich wird. Es ist<br />

notwendig durch gezielte Aufklärungsvorgänge sowohl direkt als auch <strong>in</strong>direkt betroffene<br />

AkteurInnen zu erreichen, bei diesen Personen gezielt Vorgänge der Reflexion und des<br />

Umdenkens <strong>in</strong> Gang zu br<strong>in</strong>gen und schließlich sicherzustellen, dass die Umsetzung des<br />

Programmes von <strong>in</strong>nen heraus weiter getragen wird. Die Plakate werden aufgehoben und<br />

dienen als Informationsquelle für das anschließend durchgeführte Rollenspiel.<br />

3. Rollenspiel – End FGM now! (E<strong>in</strong>zelstunde)<br />

In der folgenden Unterrichtsaktivität (die Anregung zu e<strong>in</strong>em Rollenspiel zum Thema FGM<br />

stammt aus Polis aktuell, Nr. 2, 2010: 12-13, die Rollenkarten und das Sett<strong>in</strong>g wurden nach<br />

eigenen Überlegungen abgeändert bzw. erweitert) sollen SchülerInnen die <strong>in</strong> der<br />

Doppelstunde gewonnenen E<strong>in</strong>sichten und Erkenntnisse <strong>in</strong> konkrete Handlungsarrangements<br />

umsetzen. Es geht darum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em fiktiven afrikanischen Dorf <strong>in</strong> Mali, im Rahmen e<strong>in</strong>es<br />

Hilfsprojekts für Frauen, das Ziel umzusetzen Menschen zum Umdenken gegen FGM zu<br />

bewegen und mittels Argumenten davon zu überzeugen, dass <strong>weibliche</strong><br />

<strong>Genitalverstümmelung</strong> weder der Fruchtbarkeit noch der Gesundheit dient sondern e<strong>in</strong>e<br />

lebensgefährliche und lieblose Praktik darstellt. Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler setzen sich dabei<br />

sowohl mit den Begründungen der BefürworterInnen als auch mit den Argumenten der<br />

GegnerInnen ause<strong>in</strong>ander und lernen auf diese Weise die Komplexität der Thematik aus der<br />

Sichtweise beider Perspektiven kennen.<br />

Es werden 5 Kle<strong>in</strong>gruppen zu 4 bis 5 Personen gebildet. Jede Gruppe erhält e<strong>in</strong>e<br />

Rollenkarte und bereitet mit dieser, sowie mit Hilfe der Poster aus der Doppelstunde,<br />

Argumente für die Diskussion vor. Jede Gruppe wählt dann e<strong>in</strong>e Sprecher<strong>in</strong> / e<strong>in</strong>en Sprecher<br />

die / der nach E<strong>in</strong>arbeitung <strong>in</strong> die Rolle an der Diskussion teilnimmt. Die DiskutantInnen<br />

bilden e<strong>in</strong>en Sitzkreis und die übrigen SchülerInnen nehmen direkt h<strong>in</strong>ter ihnen Platz. Immer<br />

wenn KollegInnen Ideen haben sollen sie <strong>in</strong> den Sitzkreis der Diskussionsrunde wechseln und<br />

ihre Argumente aus der Sichtweise der jeweiligen Rollen vortragen.<br />

11


3.1. Rollenkarten<br />

Anmerkung zur Begriffsverwendung: In den Rollenkarten wird statt dem Begriff<br />

„<strong>Genitalverstümmelung</strong>“ das Wort „Beschneidung“ gewählt. Die Wahl der Begrifflichkeit<br />

soll nicht den E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>er Verharmlosung von FGM erwecken sondern der fairen<br />

Wahrnehmung der betroffenen Subjektpositionen gerecht werden. Betroffene Frauen sollen<br />

zwar als Opfer des Rituals erkannt werden, jedoch <strong>in</strong> ihrer Persönlichkeit nicht auf ihre<br />

Verstümmelung reduziert werden. Es ist aber wichtig darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass<br />

Menschenrechtsaktivist<strong>in</strong>nen und -aktivisten FGM nicht als „Beschneidung“ sondern als<br />

<strong>weibliche</strong> <strong>Genitalverstümmelung</strong> bezeichnen. Damit soll deutlich werden, dass die Praktik<br />

wesentlich schwerere Folgen hat als die Vorhautbeschneidung bei jungen Männern. Wie<br />

Terre des Femmes (2007: 29) anmerken ist es jedoch im direkten Gespräch mit Betroffenen<br />

angemessener, den Begriff „Beschneidung“ zu verwenden, da sich viele Mädchen und Frauen<br />

nicht als verstümmelt wahrnehmen und auch nicht so bezeichnet werden möchten. Diese<br />

Strategie wird im Rollenspiel übernommen, da die Kommunikation von und mit Betroffenen<br />

simuliert wird.<br />

Mariam, 11 jähriges Mädchen aus Mali<br />

Alle Mädchen <strong>in</strong> unserem Dorf s<strong>in</strong>d beschnitten. Ich<br />

habe aber große Angst davor. Ich weiß es tut weh und<br />

man hat mir gesagt, ich darf mich nicht dagegen<br />

wehren. Wenn ich mich wehre halten sie mich fest und<br />

es tut noch mehr weh. Me<strong>in</strong>e beste Freund<strong>in</strong> ist zwei<br />

Jahre älter als ich. Sie hat mir erzählt, dass ihre Tante<br />

und ihre Mutter ihr e<strong>in</strong> schönes Fest versprochen<br />

haben, nach dem sie auch zu den Frauen im Dorf<br />

gehören wird und ke<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Mädchen mehr ist. Nach<br />

dem Fest hat sie nie mehr länger mit mir gesprochen,<br />

sie hat gesagt, dass sie oft Schmerzen hat und oft<br />

blutet. Ich glaube sie haben ihr beim Fest wehgetan<br />

und nun lacht sie nicht mehr. Ich habe Angst, dass es<br />

mir bald auch so geht.<br />

Mariams Mutter / Vater<br />

Wir wollen nur das Beste für unsere Tochter. Ohne die<br />

Beschneidung ist sie ke<strong>in</strong>e Frau und ke<strong>in</strong> Mann wird sie<br />

heiraten. Unsere Tochter war lange krank, sie ist schon<br />

be<strong>in</strong>ahe zu alt für die Beschneidung. Andere Mädchen <strong>in</strong><br />

ihrem Alter s<strong>in</strong>d schon längst beschnitten und wenn wir<br />

nicht bald die Beschneider<strong>in</strong> rufen dann ist es vielleicht<br />

für immer zu spät. Die Leute im Dorf stellen mir schon<br />

Fragen ob unsere Tochter unfruchtbar ist und wir sie<br />

deshalb nicht zur Beschneidung br<strong>in</strong>gen. Unser Ansehen<br />

im Dorf leidet jeden Tag mehr wenn Mariam nicht bald<br />

e<strong>in</strong>e richtige Frau wird. Erst dann wird sie von allen<br />

akzeptiert werden.<br />

12


Beschneider<strong>in</strong><br />

Ich habe schon viele hundert Mädchen <strong>in</strong> diesem Dorf<br />

und <strong>in</strong> den Nachbardörfern beschnitten. Alle s<strong>in</strong>d<br />

dadurch zur richtigen Frau geworden und alle haben<br />

e<strong>in</strong>en Mann gefunden. Die Beschneidung ist gut für die<br />

Fruchtbarkeit und es ist besser für die Gesundheit<br />

wenn e<strong>in</strong>e Frau <strong>in</strong> den Fluss baden geht. E<strong>in</strong>e Frau die<br />

nicht beschnitten ist wird im Dorf nicht respektiert, sie<br />

f<strong>in</strong>det ke<strong>in</strong>en Mann und ihre Familie kann sie nicht e<strong>in</strong><br />

Leben lang erhalten. E<strong>in</strong>e Frau die nicht beschnitten ist<br />

kann nicht im Dorf leben und muss fortgehen.<br />

Experte / Expert<strong>in</strong> der <strong>in</strong>ternationalen<br />

Entwicklungszusammenarbeit<br />

Die Beschneidung von Frauen ist sehr schädlich für Körper<br />

und Psyche. Es gibt viele unmittelbare Konsequenzen und<br />

Spätfolgen. Weder die katholische Kirche noch der Islam<br />

verlangen, dass Mädchen und Frauen beschnitten<br />

werden. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass <strong>in</strong><br />

Dörfern wo Mädchen nicht mehr beschnitten werden<br />

sogar mehr K<strong>in</strong>der geboren werden und die Frauen auch<br />

weniger oft krank s<strong>in</strong>d. Viele Traditionen muss man heute<br />

<strong>in</strong> Frage stellen und D<strong>in</strong>ge anders machen. Im Dorf haben<br />

schon viele Leute Handys, das hätte vor 10 Jahren auch<br />

noch niemand im Dorf für möglich gehalten.<br />

Arzt / Ärzt<strong>in</strong> von Ärzte ohne Grenzen<br />

Weibliche <strong>Genitalverstümmelung</strong> hat ke<strong>in</strong>erlei<br />

gesundheitliche Vorteile für die betroffenen Mädchen.<br />

Infektionen s<strong>in</strong>d häufig und auch Unfruchtbarkeit und<br />

schwere Organschäden können e<strong>in</strong>treten. Im<br />

schlimmsten Fall kann der E<strong>in</strong>griff sogar zum Tod<br />

führen. Es wichtig zu verstehen, dass der menschliche<br />

Körper am besten funktioniert wenn man ihn nicht<br />

verändert. Jeder E<strong>in</strong>griff und jede Verletzung stellt e<strong>in</strong><br />

Risiko dar. Immer wenn der Körper verwundet ist<br />

können Krankheitereger <strong>in</strong> den Körper e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen und<br />

diese können dem Körper sehr schaden. Auch wenn e<strong>in</strong><br />

Mensch e<strong>in</strong>e Verwundung überlebt verliert er viel Blut<br />

und ist nachher schwächer als zuvor. Wir dürfen hier<br />

nicht die Augen vor mediz<strong>in</strong>ischen Fakten verschließen.<br />

(Quellen: die Anregung zu e<strong>in</strong>em Rollenspiel zum Thema FGM stammt aus Polis aktuell, Nr. 2, 2010: 12-13, die<br />

Rollenkarten und das Sett<strong>in</strong>g wurden nach eigenen Überlegungen abgeändert bzw. erweitert)<br />

13


3.2. Ergebnissicherung der E<strong>in</strong>zelstunde<br />

In e<strong>in</strong>er abschließenden Ergebnissicherung im Rahmen e<strong>in</strong>er Klassendiskussion sollen<br />

schließlich die E<strong>in</strong>drücke, Erkenntnisse und E<strong>in</strong>sichten des Rollenspiels reflektiert werden.<br />

Nach e<strong>in</strong>er kurzen Lockerungsübung um die eigene Rolle zu verlassen – alle<br />

DiskussionsteilnehmerInnen gehen durch die Klasse, umarmen sich oder schütteln sich die<br />

Hände – wird der Ablauf der Debatte im Plenum besprochen und dabei folgende Fragen<br />

gestellt:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Welche Rollen habt ihr als komplizierter, welche als e<strong>in</strong>facher darzustellen<br />

empfunden?<br />

Fandet ihr die Rollen und ihre Darstellungen realistisch?<br />

Hattet ihr den E<strong>in</strong>druck, dass die Argumente und Motive der e<strong>in</strong>zelnen Personen<br />

ausreichend vorgebracht und verstanden wurden?<br />

Hattet ihr den E<strong>in</strong>druck, dass eure Argumente Prozesse des Umdenkens <strong>in</strong>itiieren<br />

konnten?<br />

4. Verortung der Thematik im Lehrplan<br />

Das Thema dieser Unterrichtse<strong>in</strong>heit steht <strong>in</strong> Bezug zu den Vorgaben des Lehrplanes der AHS<br />

Oberstufe für die 8. Klasse und ko<strong>in</strong>zidiert mit den Lern<strong>in</strong>halten des Themenkreises<br />

Globalisierung – Chancen und Gefahren. Weibliche <strong>Genitalverstümmelung</strong> betrifft 150<br />

Millionen Frauen weltweit. Im Rahmen der geplanten Unterrichtsaktivitäten sollen<br />

SchülerInnen gemäß der Forderung des Lehrplans lokale Betroffenheit durch globale<br />

Probleme erkennen und Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong> für die gesamte Erde entwickeln.<br />

(BMUKK 2000:4).<br />

Ziel der vorgestellten Lernaktivitäten ist die E<strong>in</strong>sicht, dass komplexe gesellschaftliche<br />

Problemstellungen wie FGM nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en „top-down“ Verfahren von außen gelöst<br />

werden können. Es soll verdeutlicht werden, dass sowohl die Mithilfe als auch das<br />

Verständnis aller beteiligten Akteure und Akteur<strong>in</strong>nen notwendig ist, um tragfähige und<br />

nachhaltige gesellschaftliche Veränderungen <strong>in</strong>s Leben zu rufen. Auch wenn Praktiken wie<br />

FGM klar als menschenrechtswidrig zu verurteilen s<strong>in</strong>d sollte allen Beteiligten mit<br />

kulturellem Respekt begegnet werden und durch sachliche Argumentation, Aufklärung<br />

und Bildungs<strong>in</strong>itiativen e<strong>in</strong> Wandel von <strong>in</strong>nen heraus angeregt werden. SchülerInnen<br />

sollen außerdem erkennen, dass Angehörige fremder Kulturen nicht auf e<strong>in</strong>e verwerfliche<br />

14


Praktik reduziert werden dürfen sowie, dass auch VertreterInnen klar abzulehnender D<strong>in</strong>ge<br />

wie FGM aus ihrer Sicht plausible Gründe für ihr Handeln haben. Durch das Rollenspiel<br />

werden SchülerInnen <strong>in</strong> die sehr schwierige Lage versetzt auch Positionen von der anderen<br />

Seite zu betrachten, also von jener Seite, die sie ganz klar nicht selber vertreten.<br />

Im Mittelpunkt der Unterrichtssequenz steht daher nicht die Vermittlung von bloßen Fakten <strong>in</strong><br />

H<strong>in</strong>blick auf FGM sondern die Erklärung von Zusammenhängen und Auswirkungen<br />

gesellschaftlichen Handelns, sodass SchülerInnen die Bereitschaft entwickeln im lokalen<br />

und globalen Kontext verantwortungsbewusst und tolerant zu agieren. Diesen Forderungen<br />

wir dadurch entsprochen, dass SchülerInnen im Rahmen von Lernaktivitäten konkrete<br />

Problemstellungen erarbeiten, möglich Lösungswege kennenlernen und schließlich<br />

gewonnene Kenntnisse und E<strong>in</strong>sichten <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Rollenspiels praktisch erproben<br />

und erfahren. In der Aufarbeitung dieser Lernfelder werden im Rahmen der vorliegenden<br />

Unterrichtssequenz Beiträge zu den folgenden Kompetenzbereichen geleistet (BMUKK<br />

2004:1):<br />

<br />

Gesellschaftskompetenz:<br />

SchülerInnen lernen Aspekte geschlechtsspezifischer Unterschiede <strong>in</strong> verschiedenen<br />

sozioökonomischen Systemen zu analysieren und entwickeln die Motivation zur<br />

persönlichen Ause<strong>in</strong>andersetzung mit lokalen, regionalen und globalen Fragestellungen,<br />

<strong>in</strong>dem sie eigenständig im Rahmen e<strong>in</strong>er World Cafe Aktivität die gesellschaftlich sehr<br />

komplexe Problemstellung der <strong>weibliche</strong>n <strong>Genitalverstümmelung</strong> erarbeiten und anschließend<br />

gewonnene E<strong>in</strong>sichten praktisch im Rahmen e<strong>in</strong>e Rollenspiels umsetzten.<br />

<br />

Orientierungskompetenz<br />

SchülerInnen entwickeln die Fähigkeit erworbenes Wissen und gewonnene E<strong>in</strong>sichten <strong>in</strong><br />

H<strong>in</strong>blick auf politische Entscheidungen anzuwenden, <strong>in</strong>dem sie im Rahmen e<strong>in</strong>es<br />

imag<strong>in</strong>ären Entwicklungsprojekts ihrer Kenntnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e von gegensätzlichen Interessen<br />

geprägte Debatte e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen.<br />

15


Synthesekompetenz<br />

SchülerInnen gew<strong>in</strong>nen E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> das Wirkungsgefüge und die Dynamik der<br />

Gesellschaft sowie <strong>in</strong> die zugrunde liegenden Machtstrukturen, <strong>in</strong>dem sie kulturelle<br />

Praktiken wie FGM als <strong>in</strong>teressensgeleitete Intervention zu Festigung patriarchaler<br />

Machtverhältnisse begreifen.<br />

<br />

Unterrichtspr<strong>in</strong>zip „politische Bildung“<br />

Des Weiteren wird e<strong>in</strong> wichtiger Beitrag zum Unterrichtspr<strong>in</strong>zip politische Bildung<br />

geleistet. Gemäß dem Grundsatzerlass soll politische Bildung SchülerInnen befähigen,<br />

gesellschaftliche Strukturen <strong>in</strong> ihrer Art und ihrer Bed<strong>in</strong>gtheit zu erkennen und dabei<br />

Fragenstellungen <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf konfligierende Interessen, Normen, Wertvorstellungen<br />

sowie auf die Konzepte Herrschaft, Macht und Machtverteilung zu verorten. Wichtig ist dabei<br />

die Berücksichtigung der Prämisse, dass Lernen auf Erfahrung und E<strong>in</strong>sicht beruht und<br />

Erkennen und Wissen <strong>in</strong> Beziehung zu e<strong>in</strong>er möglichen Aktivität stehen (BMUKK 1978).<br />

Gemäß diesem Desiderat wird <strong>in</strong> der vorliegenden Unterrichtssequenz die Vermittlung von<br />

Lern<strong>in</strong>halten durch die Förderung des Erlebens demokratischer E<strong>in</strong>stellungen und<br />

Verhaltensweisen ergänzt, <strong>in</strong>dem SchülerInnen E<strong>in</strong>sichten die sie gew<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />

selbstständiger und problemorientierter Weise erproben (Rollenspiel).<br />

<br />

Unterrichtspr<strong>in</strong>zip „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern“<br />

Schließlich wird dazu beigetragen, dass Fragen der Gleichstellung der Geschlechter verstärkt<br />

<strong>in</strong> den Lehr<strong>in</strong>halten im Unterricht berücksichtigt werden. Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler sollen zur<br />

Bereitschaft h<strong>in</strong>geführt werden Ursachen und Auswirkungen tradierter<br />

geschlechtsspezifischer Benachteiligungen zu reflektieren und aus der gewonnenen<br />

Erkenntnis e<strong>in</strong> Verhalten entwickeln, mit dem e<strong>in</strong> Beitrag zur Gleichstellung von Frauen<br />

und Männern geleistet werden kann (BMUKK 2003: 3)<br />

16


Thema und<br />

Arbeitsphase<br />

E<strong>in</strong>stieg<br />

YouTube<br />

Kurzvideo von<br />

Terre des<br />

Femmes:<br />

„Gewalt gegen<br />

Frauen ist<br />

Alltag“<br />

5. Stundenpläne<br />

Die nun folgende Stundenplanung gibt e<strong>in</strong>en detaillierten, chronologischen Überblick über die<br />

Lernaktivitäten und Lernziele der hier vorgestellten Unterrichtsequenzen. Für den E<strong>in</strong>stieg<br />

sowie für die anschließende World Cafe Aktivität (Erarbeitungsphase) mit abschließender<br />

Posterpräsentation und Reflexion im Plenum (Ergebnissicherung) wird der Zeitraum e<strong>in</strong>er<br />

Doppelstunde anberaumt. Für das nachfolgende Rollenspiel (Handlungsphase) ist e<strong>in</strong>e<br />

weitere E<strong>in</strong>zelstunde vorgesehen<br />

Doppelstunde (World Cafe Aktivität)<br />

Zeit Lernziele und angestrebte<br />

Kompetenzbereiche im GW-<br />

Unterricht<br />

15‘ -Fähigkeit gesellschaftliche<br />

Strukturen <strong>in</strong> ihrer Art und<br />

Bed<strong>in</strong>gtheit zu analysieren und<br />

dabei Fragenstellungen <strong>in</strong><br />

H<strong>in</strong>blick auf konfligierende<br />

Interessen, Menschenrechte,<br />

Wertvorstellungen, sowie auf die<br />

Konzepte Herrschaft und<br />

Machtverteilung kritisch zu<br />

reflektieren<br />

(Gesellschaftskompetenz, Pol-<br />

Bildung, Unterrichtspr<strong>in</strong>zip<br />

Gleichstellung Frauen und<br />

Männer)<br />

Lernaktivitäten<br />

-E<strong>in</strong>leitung des Themas und<br />

Sensibilisierung der SchülerInnen<br />

<strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die zu<br />

erarbeitenden Lernbereiche<br />

-Ausgabe des „Denkzettels“ zum<br />

sensiblen Umgang mit<br />

Angehörigen anderer Kulturen<br />

(siehe S. 3)<br />

Kurzfilm: „Gewalt gegen<br />

Frauen ist Alltag“ (1 m<strong>in</strong>.)<br />

http://www.youtube.com/watch?v<br />

=LQOuQj923fM<br />

Methode und<br />

Sozialform<br />

-LehrerInnen<strong>in</strong>put<br />

-Reflexion der<br />

Leitfragen <strong>in</strong><br />

PartnerInnenarbeit<br />

Bemerkung<br />

SchülerInne<br />

n werden im<br />

Bereich ihres<br />

<strong>in</strong>dividuellen<br />

Vorwissens<br />

abgeholt –<br />

Neue Inhalte<br />

werden<br />

angeknüpft<br />

-Fähigkeit Aspekte<br />

geschlechtsspezifischer<br />

Unterschiede <strong>in</strong> verschiedenen<br />

sozioökonomischen Systemen zu<br />

analysieren<br />

(Gesellschaftskompetenz;<br />

Unterrichtspr<strong>in</strong>zip Gleichstellung<br />

Frauen und Männer)<br />

SchülerInnen beantworten<br />

folgende Fragen mittels M<strong>in</strong>dmap<br />

/ Stichworten<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Was denkt ihr, wenn ihr<br />

den Begriff „<strong>weibliche</strong><br />

<strong>Genitalverstümmelung</strong>“<br />

hört? Was s<strong>in</strong>d eure<br />

Assoziationen?<br />

Was wisst ihr bereits<br />

über <strong>weibliche</strong><br />

<strong>Genitalverstümmelung</strong>?<br />

Welche Vorurteile zur<br />

Thematik könnte es<br />

geben?<br />

Welche Fragen tauchen<br />

bei euch auf?<br />

-geme<strong>in</strong>same<br />

Diskussion der<br />

Ergebnisse im<br />

Plenum<br />

Erarbeitungsp<br />

hase<br />

World Cafe – 5<br />

Stationen mit<br />

Lesetexten und<br />

Informationsmat<br />

erialien<br />

5 x<br />

15‘<br />

- Fähigkeit Ursachen und<br />

Auswirkungen tradierter<br />

geschlechtsspezifischer<br />

Benachteiligungen zu reflektieren<br />

(Gesellschaftskompetenz, Pol-<br />

Bildung, Unterrichtspr<strong>in</strong>zip<br />

Gleichstellung Frauen und<br />

Männer)<br />

World Cafe Methode mit 5<br />

Stationen <strong>in</strong> denen Informationen<br />

zu Verbreitung, Geschichte,<br />

Folgen und kulturellen<br />

Begründungsversuchen von FGM<br />

bereitgestellt werden sowie<br />

Strategien gegen FGM präsentiert<br />

werden<br />

-Erarbeitung der<br />

Fragestellungen <strong>in</strong><br />

Kle<strong>in</strong>gruppen (4-5<br />

Personen)<br />

Die<br />

Lehrkraft<br />

geht von<br />

Station zu<br />

Station,<br />

nimmt kurz<br />

an<br />

Diskussion<br />

teil und ist<br />

17


Station 1:<br />

FGM -<br />

Verbreitung und<br />

Geschichte<br />

Station 2:<br />

Formen von<br />

FGM<br />

Station 3:<br />

Folgen von<br />

FGM<br />

Station 4:<br />

Begründungsver<br />

suche von FGM<br />

Station 5:<br />

Stärkung von<br />

Menschenrechte<br />

n und sexueller<br />

Gesundheit am<br />

Beispiel e<strong>in</strong>es<br />

GIZ Projekts <strong>in</strong><br />

Burk<strong>in</strong>a Faso<br />

-E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> das<br />

Wirkungsgefüge und die<br />

Dynamik der Gesellschaft sowie<br />

<strong>in</strong> die zugrunde liegenden<br />

Machtstrukturen, <strong>in</strong>dem<br />

SchülerInnen kulturelle Praktiken<br />

wie FGM als <strong>in</strong>teressensgeleitete<br />

Intervention zu Festigung<br />

patriarchaler Machtverhältnisse<br />

begreifen (Unterrichtspr<strong>in</strong>zip<br />

Gleichstellung Frauen und<br />

Männer, Pol-Bildung,<br />

Gesellschaftskompetenz)<br />

Zur Erarbeitung werden (15‘ <strong>in</strong><br />

den Stammgruppen) und dann 15‘<br />

pro Station anberaumt.<br />

Folgender Ablauf:<br />

1. Stammgruppen sichten<br />

die Materialien<br />

2. Stammgruppenmitglieder<br />

stellen<br />

Kern<strong>in</strong>formationen<br />

visuell auf e<strong>in</strong>em Plakat<br />

dar<br />

3. Es erfolgen die<br />

Gruppenwechsel,<br />

ExpertInnen bleiben<br />

bei ihrer Station und<br />

erklären durchwechselnden<br />

KollegInnen die<br />

jeweilige Thematik<br />

4. Diese stellen Fragen und<br />

machen Anmerkungen<br />

5. Festhalten von<br />

Kern<strong>in</strong>formation und<br />

weiteren Fragen auf den<br />

kollaborativen<br />

Plakaten (e<strong>in</strong>es pro<br />

Station)<br />

-Anfertigung von<br />

kollaborativen<br />

Plakaten (pro<br />

Station e<strong>in</strong> Plakat<br />

mit Kernpunkten<br />

und weiteren<br />

Fragen)<br />

dort<br />

behilflich wo<br />

dies benötigt<br />

wird.<br />

Ergebnissicher<br />

ung –<br />

Vorstellung<br />

und Diskussion<br />

der<br />

kollaborativen<br />

Plakate <strong>in</strong><br />

Plenum<br />

20‘ -Formulieren von Strategien die<br />

es ermöglichen <strong>in</strong> den<br />

Lernaufgaben gemachte<br />

Erfahrungen im Rahmen von<br />

Handlungsarrangements und<br />

Präsentationsformen umzusetzen<br />

(Synthesekompetenz,<br />

Methodenkompetenz)<br />

Die gemachten Erfahrungen<br />

werden im Plenum besprochen<br />

und die Poster werden kurz von<br />

den ExpertInnen der<br />

Stammgruppen vorgestellt.<br />

Ausblick und weiterführende<br />

Aktivitäten:<br />

- <strong>in</strong> der folgenden Stunde werden<br />

die Plakate als Grundlage für<br />

das Rollenspiel verwendet.<br />

Plenumsdiskussion<br />

und Posterpräsentationen<br />

Offen<br />

Fragen<br />

werden<br />

notiert und<br />

<strong>in</strong> der<br />

darauffolgen<br />

den Stunde<br />

wieder<br />

aufgriffen<br />

Anschließende E<strong>in</strong>zelstunde (Rollenspiel: End FGM now!)<br />

Thema und<br />

Arbeitsphase<br />

E<strong>in</strong>stieg<br />

Erarbeitung<br />

der<br />

Rollenkarten<br />

Zeit Lernziele und angestrebte sozioökonomische<br />

Kernkompetenzen<br />

im GW-Unterricht<br />

15‘ -Motivation zur persönlichen<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung mit lokalen,<br />

regionalen und globalen<br />

Fragestellungen (Pol-Bildung,<br />

Gesellschaftskompetenz)<br />

Lernaktivitäten<br />

-Vorbereitungen und Erklärungen<br />

zum Rollenspiel<br />

-Plakate aus der Doppelstunde<br />

werden <strong>in</strong> der Klasse als<br />

Informationsmaterialien<br />

aufgehängt<br />

- Vorbereitung auf die Diskussion<br />

mittels Rollenkarten<br />

Methode und<br />

Sozialform<br />

-Erarbeitung der<br />

Rollen <strong>in</strong><br />

Kle<strong>in</strong>gruppen (4-5<br />

Personen)<br />

Bemerkung<br />

Es wird noch<br />

e<strong>in</strong>mal<br />

darauf<br />

h<strong>in</strong>gewiesen,<br />

dass von<br />

allen<br />

respektvoll<br />

und sachlich<br />

argumentiert<br />

werden soll<br />

18


Erarbeitungsp<br />

hase<br />

Rollenspiel:<br />

End FGM<br />

now!<br />

Im Rahmen<br />

e<strong>in</strong>es<br />

Hilfsprojekts für<br />

Frauen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Dorf <strong>in</strong> Mali<br />

30‘ -Förderung des Erlebens<br />

demokratischer E<strong>in</strong>stellungen und<br />

Verhaltensweisen<br />

(Gesellschaftskompetenz, Pol-<br />

Bildung)<br />

-Erkenntnis, dass<br />

unterschiedliche Standpunkte aus<br />

unterschiedlichen Perspektiven zu<br />

argumentieren s<strong>in</strong>d (Pol-Bildung)<br />

-Allen Beteiligten soll <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Diskussion mit kulturellem<br />

Respekt begegnet werden (Pol-<br />

Bildung, Gesellschaftskompetenz)<br />

Rollenspiel mit folgenden<br />

Rollenkarten:<br />

Rolle 1: Mariam, 11-jähriges<br />

Mädchen aus Mali<br />

Rolle 2: Mutter / Vater von<br />

Mariam<br />

Rolle 3: Beschneider<strong>in</strong><br />

Rolle 4: Experte / Expert<strong>in</strong> der<br />

<strong>in</strong>ternationalen Entwicklungszusammenarbeit<br />

Rolle 5: Arzt / Ärzt<strong>in</strong> von Ärzte<br />

ohne Grenzen<br />

- Mitglieder der<br />

Kle<strong>in</strong>gruppen (4-5<br />

Personen) wechseln<br />

<strong>in</strong> regelmäßigen<br />

Abständen <strong>in</strong> den<br />

Sitzkreis der<br />

Diskussionsrunde<br />

und br<strong>in</strong>gen ihre<br />

Vorschläge e<strong>in</strong><br />

Die<br />

Lehrkraft<br />

tritt <strong>in</strong> den<br />

H<strong>in</strong>tergrund<br />

und greif nur<br />

e<strong>in</strong> wenn die<br />

Diskussion<br />

zu heftig<br />

wird bzw.<br />

nicht mehr<br />

sachlich<br />

argumentiert<br />

wird<br />

Ergebnissicher<br />

ung –<br />

Abschließende<br />

Plenums-<br />

Diskussion und<br />

Reflexion des<br />

Rollenspiels<br />

10‘ -Komplexe gesellschaftliche<br />

Herausforderungen haben ke<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>fachen Lösungen die von<br />

außen erzwungen werden können<br />

(Pol-Bildung)<br />

-Erkennen, dass<br />

verantwortungsbewusstes und<br />

nachhaltiges soziales Handeln den<br />

E<strong>in</strong>satz von allen Beteiligten<br />

braucht (Pol-Bildung)<br />

E<strong>in</strong>drücke, Erkenntnisse und<br />

E<strong>in</strong>sichten des Rollenspiels<br />

werden reflektiert. Nach e<strong>in</strong>er<br />

kurzen Lockerungsübung um<br />

die eigene Rolle zu verlassen –<br />

alle DiskussionsteilnehmerInnen<br />

gehen durch die Klasse, umarmen<br />

sich oder schütteln sich die Hände<br />

– wird der Ablauf der Debatte im<br />

Plenum besprochen und dabei<br />

folgende Fragen gestellt:<br />

Diskussion im<br />

Plenum<br />

Offene<br />

Fragen<br />

werden <strong>in</strong><br />

der nächsten<br />

Stunde<br />

wieder<br />

aufgriffen<br />

-Nur sachliche Argumente führen<br />

langfristig zu Prozessen des<br />

Umdenkens und damit zu<br />

gesellschaftlichem Wandel (Pol-<br />

Bildung, Gesellschaftskompetenz)<br />

<br />

<br />

<br />

Welche Rollen habt ihr<br />

als schwieriger, welche<br />

als e<strong>in</strong>facher<br />

empfunden?<br />

Fandet ihr die Rollen<br />

und ihre Darstellungen<br />

realistisch?<br />

Hattet ihr den E<strong>in</strong>druck,<br />

dass die Argumente und<br />

Beweggründe der<br />

e<strong>in</strong>zelnen Personen<br />

ausreichend vorgebracht<br />

und verstanden wurden?<br />

19


6. Quellen<br />

BMUKK, Hrsg. (2003): Unterrichtspr<strong>in</strong>zip Erzeihung zur Gleichstellung von Frauen und<br />

Männern. (Zugriff: 28.12.2013;<br />

http://www.bmukk.gv.at/medienpool/9716/PDFzuPubID311.pdf).<br />

BMUKK, Hrsg. (1978): Grundsatzerlass zum Unterrichtspr<strong>in</strong>zip Politische Bildung. (Zugriff:<br />

28.12.2013; http://www.bmukk.gv.at/medienpool/15683/pb_grundsatzerlass.pdf).<br />

BMUKK, Hrsg. (2004): Lehrplan der AHS Oberstufe – Geographie und Wirtschaftskunde.<br />

(Zugriff: 28.12.2013; http://www.bmukk.gv.at/medienpool/11858/lp_neu_ahs_06.pdf).<br />

Kuckert, Andrea; Sagawe Angel<strong>in</strong>a; Weskamm Andrea; Zielke-Nadkarni Andrea (2008):<br />

<strong>Genitalverstümmelung</strong>en an Mädchen und Frauen – H<strong>in</strong>tergründe und Hilfestellungen für<br />

professionelle Pflegende. (Zugriff: 28.12.2013; http://www.dbfk.de/download/FGM_DBfKweb_Broschuere_f<strong>in</strong>al_280108_v2.pdf).<br />

Terre des Femmes, Hrsg. (2007): Unterrichtsmappe – Weibliche <strong>Genitalverstümmelung</strong>. Mit<br />

e<strong>in</strong>em Vorwort von Waris Dirie. Tüb<strong>in</strong>gen. Gulde.<br />

Terre des Femmes, Hrsg. (2011): Geme<strong>in</strong>sam gegen <strong>Genitalverstümmelung</strong> – Ne<strong>in</strong> zur<br />

Gewalt an Mädchen und Frauen. (Zugriff: 28.12.2013;<br />

http://frauenrechte.de/onl<strong>in</strong>e/<strong>in</strong>dex.php/themen-und-aktionen/<strong>weibliche</strong>genitalverstuemmelung2/<strong>in</strong>formationsquellen/tdf-material).<br />

Terre des Femmes, Hrsg. (2012): Unterrichtsvorschläge zur Terre des Femmes<br />

Wanderausstellung „Sie versprachen mir e<strong>in</strong> herrliches Fest“. (Zugriff: 28.12.2013;<br />

http://www.frauenrechte.de/onl<strong>in</strong>e/images/downloads/fgm/Unterrichtsvorschlaege-FGM-<br />

Ausstellung.pdf)<br />

UNICEF, Hrsg. (2005): Fact Sheet – Weibliche <strong>Genitalverstümmelung</strong>. (Zugriff: 28.12.2013;<br />

http://www.unicef.at/fileadm<strong>in</strong>/media/Infos_und_Medien/Info-<br />

Material/Maedchen_und_Frauen/Weibliche_Genitalverstuemmelung_fact_sheet.pdf).<br />

Zentrum Polis, Hrsg. (2010): Weibliche <strong>Genitalverstümmelung</strong>. Polis Aktuell 2010/2.<br />

(Zugriff: 28.12.2013; http://www.politiklernen.at/content/site/gratisshop/shop.item/105713.html).<br />

Zerm, Christoph (2007): Weibliche Genitale Beschneidung – Umgang mit Betroffenen und<br />

Prävention. Im Auftrag der AG Frauengesundheit <strong>in</strong> der Entwicklungszusammenarbeit<br />

Tropengynäkologie. (Zugriff: 28.12.2013;<br />

https://www.frauenrechte.de/onl<strong>in</strong>e/images/downloads/fgm/EmpfehlungenFGM-2007.pdf).<br />

<br />

<br />

Kurzfilm von Terre des Femmes: „Gewalt gegen Frauen ist Alltag“<br />

- http://www.youtube.com/watch?v=LQOuQj923fM<br />

Informationen zum GIZ Projekt zur „Stärkung von Menschenrechten und sexueller<br />

Gesundheit <strong>in</strong> Burk<strong>in</strong>a Faso“<br />

- http://www.giz.de/de/weltweit/19101.html<br />

20

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