Inhalt - Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund
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im Fussballclub und durch meine damaligen<br />
musikalischen Aktivitäten.<br />
FORUM: Später waren Sie in Basel in der<br />
alternativen Jugendbewegung der alten<br />
Stadtgärtnerei aktiv. Wie sind Sie dazu<br />
gekommen?<br />
FRANK: Es war für mich ein Freiraum, wo<br />
Musik gespielt wurde und wo man Themen<br />
diskutierte wie Menschenrechtsverletzungen im<br />
Ausland oder die Probleme von Randgruppen.<br />
«Ein Polizist kam auf mich zu, riss mir<br />
die Kamera aus den Händen, warf<br />
mich zu Boden und gab mir noch einen<br />
Tritt».<br />
Das war für mich auch von meiner jüdischen<br />
Herkunft her interessant, denn ich wusste,<br />
dass auch Juden ausgegrenzt werden können.<br />
Ich konnte mich dort auch mit andern<br />
Problemen von diskriminierten Minderheiten im<br />
Ausland, aber auch in der Schweiz,<br />
auseinandersetzen. Für mich war das<br />
attraktiver als die etablierte Kultur, welche<br />
weniger diese Personengruppen im Fokus hat.<br />
FORUM: Nachdem die Legalisierung der<br />
autonomen Nutzung dieses Areals in einer<br />
Abstimmung abgelehnt worden war, kam es<br />
am 3. April 1989 zu einer polizeilichen<br />
Räumung. Wie haben Sie diesen Tag erlebt?<br />
FRANK: Für mich und viele andere<br />
Jugendliche in meinem Umfeld – unabhängig<br />
von ihrer politischen Ausrichtung - war dies so<br />
etwas wie die Zerstörung eines Traums. Dieser<br />
hatte darin bestanden, sich ausserhalb der<br />
etablierten Vergnügungsmöglichkeiten in<br />
einem Freiraum durch eigene Aktivitäten zu<br />
entfalten. Die vorgebrachten Argumente, man<br />
brauche Platz für einen Car-Parkplatz und für<br />
Modelleisenbahnen, haben uns deutlich<br />
gemacht, dass unsere Bedürfnisse nicht anerkannt<br />
wurden. Es war keine gewalttätige Bewegung,<br />
sondern einfach eine Alternative. Als<br />
die Polizei den Räumungsbefehl durchsetzen<br />
musste, kam es dann zur Eskalation.<br />
FORUM: Sie hatten dabei auch ein<br />
persönliches Erlebnis mit der Polizei…<br />
FRANK: Ja. Ich wollte Erinnerungsfotos<br />
machen an das, was nach der Räumung übrig<br />
geblieben ist. Wahrscheinlich war die ganze<br />
Stimmung gereizt, auch auf Seiten der Polizei.<br />
So kam ein Polizist auf mich zu, riss mir die<br />
Kamera aus den Händen, warf mich zu Boden<br />
und gab mir noch einen Tritt. Für mich, der ich<br />
pazifistisch ausgerichtet und nie in gewalttätige<br />
Demonstrationen verwickelt war, war<br />
dies ein Schock: Dass man misshandelt werden<br />
kann, ohne etwas Illegales getan zu haben. Da<br />
stellte ich mir die Frage, was Recht in der<br />
Schweiz bedeutet und wer die Polizei im<br />
Umgang mit Minderheiten kontrolliert.<br />
FORUM: An einem Podiumsgespräch vom<br />
Dezember 2012 zum Tag der Menschenrechte<br />
im Landesmuseum Zürich haben Sie dieses<br />
Erlebnis geschildert im Zusammenhang mit<br />
Ihrer Studienwahl. War es tatsächlich<br />
bestimmend dafür, dass Sie sich den<br />
Rechtswissenschaften zugewandt haben?<br />
FRANK: Ich stand damals kurz vor der<br />
Maturität, und es war sicher mitbestimmend -<br />
zusammen mit dem allgemeinen Bedürfnis,<br />
mich für andere Minderheiten oder Gruppen in<br />
schwierigen Situationen einzusetzen. Ich sagte<br />
mir, dem Unrecht müsse man mit Recht<br />
begegnen. Und dazu müsse man dieses Recht<br />
auch kennen. Ich habe mich denn auch<br />
während des Studiums besonders stark mit<br />
Strafprozessrecht, Staatsrecht und Grundrechten<br />
auseinandergesetzt.<br />
FORUM: Seither befassen Sie sich,<br />
wissenschaftlich und beruflich, mit Fragen der<br />
Menschenrechte. Ohne auf alle Stationen Ihrer<br />
bisherigen Laufbahn einzugehen: Was<br />
fasziniert Sie generell an dieser Thematik?<br />
FRANK: Es ist meine persönliche Überzeugung,<br />
dass jeder Mensch innerhalb des<br />
Kollektivs eine gewisse Freiheit haben darf und<br />
man Macht nur zur Verhinderung von Gewalt<br />
anwenden soll. In der gesamten Menschheitsgeschichte<br />
wurden gewisse Gruppierungen<br />
immer wieder ausgegrenzt und an den Rand<br />
gedrängt. In den krassesten Fällen kam es<br />
dann zum Holocaust und andern Völkermorden.<br />
Mich interessiert, wie man einerseits<br />
in Friedenszeiten staatliche Strukturen schaffen<br />
kann, durch welche die Menschenrechte<br />
respektiert werden und anderseits in<br />
Krisensituationen – etwa bei der Terrorbekämpfung<br />
– nicht überreagiert.<br />
FORUM: Nach verschiedenen Aufgaben<br />
innerhalb der Bundesverwaltung traten Sie<br />
2007 in den diplomatischen Dienst ein. Um<br />
dort aufgenommen zu werden, sind hohe<br />
Anforderungen zu erfüllen, die der Präsident