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§<br />
Recht, Normen und Technik<br />
Geschichte<br />
des Explosionsschutzes<br />
von Michal Górny<br />
Bild 1: Abfackelung von Methangas<br />
Vorwort<br />
Diese Arbeit beschreibt die Geschichte<br />
der Entwicklung des Explosionsschutzes in<br />
Polen. Ähnlich wie auch in anderen industrialisierten<br />
Ländern gehen die Anfänge des<br />
Explosionsschutzes auf die 1920‘er Jahre<br />
des 20. Jahrhunderts zurück. Der erste Industriebereich,<br />
in dem der Explosionsschutz<br />
eine Rolle spielt, war der Bergbau. In den<br />
Vorkriegsjahren stützten sich weitere Industriezweige<br />
auf die einschlägigen Erfahrungen<br />
im Bergbau. Der Erfolg und die Weiterentwicklung<br />
von Prüfmethoden des<br />
Explosionsschutzes basierten vorwiegend<br />
auf der Grundlage der Druckfestigkeit von<br />
Gehäusen.<br />
Dieser Beitrag befasst sich zum einen mit<br />
den historischen Unterlagen (Normen, Vorgaben)<br />
und enthält zum anderen die Daten<br />
aus den Archiven des Versuchsstollens<br />
›BARBARA‹ bei Katowice, bei dem es sich<br />
um den einzigen und sehr zuverlässigen polnischen<br />
Prüfstand handelt (wie später ausgeführt).<br />
Das extreme industrielle Wachstum im<br />
18. Jahrhundert führte zu einem rasanten<br />
Anstieg des Energiebedarfs (Kohle), So wurden<br />
immer mehr Stollen für die Förderung<br />
ausgehoben.<br />
Zu den größten natürlichen Gefahren bei einem<br />
Kohlestollen gehört die Freisetzung von<br />
Methan. So war das Schreckgespenst einer<br />
Methangasexplosion der ständige Begleiter<br />
der Bergleute. Am Anfang reduzierte man<br />
diese Gefahren weitgehend durch das Abfackeln.<br />
1815 entwickelte der britische Chemiker<br />
Sir Humphry Davy eine Lichtquelle, die sich<br />
zur Arbeit unter Schlagwetter eignete, eine<br />
Grubenlampe, bei der die offene Flamme von<br />
einem Drahtgeflecht umgeben war. Diese<br />
Grupenlampe wurde hier dadurch geschützt,<br />
dass es keine Möglichkeit einer Schlagwetterexplosion<br />
(ausgelöst durch Methan) gab.<br />
Spezielle Grubenlampen kommen auch heute<br />
noch in den Gruben zum Einsatz.<br />
Ein Vergleich der Grubenlampe nach<br />
Davy mit dem aktuellen Stand der Technik<br />
zeigt, dass der Aufbau der Lampe dem<br />
druckfest gekapselten Gehäuse ähnelt, bei<br />
dem die aktive Zündquelle durch ein spezielles<br />
Gehäuse von der umgebenden explosionsfähigen<br />
Atmosphäre so isoliert wird,<br />
dass kein Zünddurchschlag nach außen erfolgen<br />
kann.<br />
Zu radikalen Veränderungen kam es<br />
dann mit der Einführung elektrischer Betriebsmittel<br />
in den Gruben, die ab etwa 1870<br />
einsetzte. Ab 1882 kam damit auch elektrische<br />
Beleuchtung zum Einsatz und 1882<br />
wurde in der Trafalgar Grube der erste<br />
Elektromotor (3 kW, DC) aufgestellt. Galileo<br />
Ferraris erfand 1885 das dreiphasige Wechselstromsystem<br />
(Drehstrom) und der erste<br />
Käfigläufer-Asynchronmotor wurde 1888 von<br />
Michael von Dolivo-Dobrowolsky entwickelt.<br />
Die ersten Untersuchungen der wichtigsten<br />
Parameter einer Schlagwetterzündung<br />
führten Lehman und Wülner in den Jahren<br />
1884 bis 1885 in Deutschland durch. Die ersten<br />
Tests für die konstruktionsbedingten Parameter<br />
schlagwetterfester Gehäuse wur-<br />
Seite 40 | Ex-Zeitschrift 2013
Bild 2: Druckfest gekapselter Elektromotor um 1950,<br />
Foto CELMA INDUKTA, Polen<br />
Bild 3: Elektromotor in verbesserter Explosionsschutzausführung<br />
um 1950, Foto CELMA INDUKTA,<br />
Polen<br />
den von Statham und Wheeler (Sheffield<br />
University) und von Carl Beyling (Berggewerkschaftliche<br />
Versuchsstrecke Gelsenkirchen<br />
und Dortmund) durchgeführt.<br />
Diese Arbeiten wurden mit der Ausgabe<br />
der ersten Vorschriften und Normen in<br />
Deutschland und Großbritannien abgeschlossen.<br />
1912 gab der Verband Deutscher<br />
Elektrotechniker (VDE) die Norm VDE 0170<br />
zum Geräteschutz in schlagwetterexplosionsgefährdeten<br />
Gruben heraus. 1929 gab<br />
die British Standards Institution die Norm<br />
BS 229-1929 für druckfest gekapselte Geräte<br />
heraus. Die ersten Gutachten (heute Zertifikate)<br />
hinsichtlich druckfest gekapselter Betriebsmittel<br />
stammen unter anderem von der<br />
Sheffield University. So wurden zwischen<br />
1922 und 1931 etwa 285 Gutachten erstellt.<br />
Im Rahmen der zunehmenden internationalen<br />
Normung wurde 1906 die International<br />
Electrotechnical Commission (IEC) gegründet.<br />
1948 wurde unter dieser Organisation<br />
das Technische Komitee TC31 (Explosionsschutz<br />
elektrischer Betriebsmittel) gegründet.<br />
In Polen wurde die erste Norm für explosionsgeschützte<br />
Anlagen 1929 vom Polnischen<br />
Verband für Elektrotechnik (SEP) erlassen:<br />
PNE-17:1929. Diese Norm wurde in<br />
Zusammenarbeit mit dem Tschechoslowakischen<br />
Verband für Elektrotechnik erarbeitet<br />
und 1930 zum ersten Mal, 1937 und unmittelbar<br />
nach dem zweiten Weltkrieg 1946 in<br />
überarbeiteter Fassung herausgegeben.<br />
Untersucht man die Entwicklung der<br />
Testmethoden von Anlagen mit Explosionsschutz<br />
sowie die einschlägige Normung, so<br />
muss man sich zunächst vor Augen führen,<br />
dass die Ursprünge des Explosionsschutzes<br />
im Bergbau liegen. Die technischen Lösungen<br />
zum Explosionsschutz im Bergbau bildeten<br />
später auch die Grundlage für ähnliche<br />
Lösungen in der chemischen Industrie. Dies<br />
wird auch durch den Umstand bestätigt,<br />
dass die erste polnische Norm für elektrische<br />
Betriebsmittel zum Einsatz in explosionsgefährdeten<br />
Bereichen der chemischen<br />
Industrie erst im Jahr 1963 herausgegeben<br />
wurde.<br />
Die Elektromotoren verdeutlichen am<br />
aussagekräftigsten die Entwicklung explosionsgeschützter<br />
elektrischer Betriebsmittel,<br />
obgleich auch andere Konstruktionen eine<br />
ganz ähnliche Geschichte erzählen könnten<br />
(z. B. Trafos, Schaltgeräte und andere).<br />
Mit der ersten Norm zum Explosionsschutz<br />
für die chemische Industrie 1963 gab es<br />
zahlreiche weitere Informationen zum Explosionsschutz<br />
in diesem Industriebereich. Es<br />
existierten aber auch vor diesem Zeitpunkt<br />
schon einige eigene Entwicklungen in der<br />
Chemieindustrie, die Prüfverfahren und<br />
auch die Vorschriften der staatlichen Seite,<br />
nahmen jedoch dabei stets Bezug auf die<br />
Normen im Bergbau.<br />
Im Jahr 1934 wurde eine Verordnung zu<br />
Acetylenanlagen und auch die Norm PNE-17<br />
für Beleuchtungsanlagen herausgegeben.<br />
Prüfmethoden<br />
Parallel zur verstärkten Berücksichtigung<br />
von Explosionsgefahren wurden immer mehr<br />
Prüfmethoden für explosionsgeschützte Anlagen<br />
entwickelt. Im Anschluss an die Prüfung<br />
der Eigenschaften von Gasgemischen<br />
wurden Verfahren zur Prüfung elektrischer<br />
Betriebsmittel und später auch für die Errichtung<br />
von explosionsgeschützten Anlagen<br />
weitergeführt. Zunächst wurden staatliche<br />
Verordnungen erlassen, die dann später<br />
durch Normen zur Installation und zu den<br />
Prüfmethoden ersetzt wurden.<br />
Die ersten Normen enthielten keine präzisen<br />
Anforderungen. Vielmehr war hier von ›einem<br />
zuverlässigen Prüfstand‹ die Rede, auf<br />
dem alle Prüfungen und Beurteilungen vorzunehmen<br />
waren.<br />
Die Norm PNE-17:1929 schrieb Folgendes<br />
vor: ›Sämtliche Maschinen, Anlagen, Kabel<br />
etc. sind in der Form herzustellen, zu installieren,<br />
zu sichern und zu warten, dass sie<br />
unter den üblichen Betriebsbedingungen<br />
keine Funken an die umgebende Atmosphäre<br />
abgeben.‹ Interessant ist hier auch, dass<br />
es keine Vorgabe zur Fehleranalyse gab und<br />
sich der Explosionsschutz lediglich auf die<br />
üblichen Arbeitsbedingungen beschränkte.<br />
Es wurden hier weder Prüf- noch Wartungsverfahren<br />
präzisiert. Die heutigen Ver- <br />
Ex-Zeitschrift 2013 | Seite 41
Geschichte des Explosionsschutzes in Polen<br />
Bild 4: Explosionsgeschütztes Schaltgerät mit druckfester<br />
Kapselung, Polen, um 1930<br />
fahren auf Grundlage der Zündwahrscheinlichkeit<br />
(z. B. eigensichere Stromkreise Ex i)<br />
wurden lediglich im Rahmen von Empfehlungen<br />
für die Gestaltung des Arbeitsplatzes<br />
berücksichtigt:<br />
Die Auswahl der unten aufgeführten baulichen<br />
Systeme sollte auf Grundlage der folgenden<br />
Methode erfolgen: Die Zündwahrscheinlichkeit<br />
eines explosionsfähigen<br />
Gemischs auf Grundlage eines elektrischen<br />
Funkens in einer Grube ist das Produkt der<br />
beiden folgenden Faktoren:<br />
> die Bildung eines solchen Gemischs und<br />
> die gleichzeitige Entstehung eines elektrischen<br />
Funkens an derselben Stelle und<br />
zur selben Zeit.<br />
Ein druckfest gekapseltes Gehäuse wurde<br />
folgendermaßen definiert: ›Gehäuse, das die<br />
Ausbreitung von Feuer verhindert, das gegebenenfalls<br />
im Innenraum entsteht.‹<br />
Die erste Norm wurde 1930, 1946 und<br />
1957 überarbeitet und durch die Norm PN-<br />
57/E-08101 ersetzt. Der wichtigste Unterschied<br />
bei der Neufassung lag hier insbesondere<br />
in deren Umfang. Auf mehr als 40<br />
Seiten waren Definitionen, bauliche Vorschriften,<br />
Zeichnungen, Prüfmethoden,<br />
Kennzeichnungsgrundlagen sowie Beschreibungen<br />
der Unterlagen zu Prüfungen<br />
aller bekannten Schutzarten festgehalten<br />
(druckfeste oder lamellenförmige Gehäuse,<br />
erhöhte Sicherheitsanforderungen, Ölbefüllung<br />
und Sonderkonstruktionen). Diese<br />
Norm definiert zwei Niveaus von Geräteprüfungen:<br />
Typprüfungen für neue Geräte und<br />
Routineuntersuchungen bei der serienmäßigen<br />
Herstellung.<br />
Bei Typprüfungen für druckfest gekapselte<br />
Gehäuse wurden ein Drucktest und ein<br />
Methanexplosionstest definiert. Zum ersten<br />
Mal wurde hier auch vorgegeben, dass eine<br />
Prüfung dahingehend vorzunehmen sei,<br />
dass Explosionen im Inneren nicht nach außen<br />
dringen dürfen. Die Druckprüfung basiert<br />
auf definierten Standarddruckwerten<br />
(es ist keine Prüfung zur Messung eines maximalen<br />
Explosionsdrucks vorgeschrieben,<br />
sondern beim sechsfachen Explosionsdruck<br />
darf kein Zünddurchschlag nach außen erfolgen).<br />
Die nächste wichtige Norm war die PN-<br />
63/E-08102, also die erste Norm für die chemische<br />
Industrie (nicht für den Bergbau).<br />
Hier ist besonders bemerkenswert, dass eigensichere<br />
Stromkreise in dieser Norm<br />
nicht berücksichtigt wurden. Diese Norm<br />
führte Zündgruppen (G1 bis G5) ein und unterteilte<br />
die Anlagen nach Explosionsklassen<br />
(I, II, III, IV) und schrieb die Markierung<br />
des Explosionsschutzes über ein entsprechendes<br />
Kennzeichen vor.<br />
1972 wurden die gemeinsamen Vorschriften<br />
Für Stellen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit<br />
des Faktors 1 sollten zuverlässigere<br />
elektrische Konstruktionen verwendet werden,<br />
wie beispielsweise druckfest gekapselte<br />
Gehäuse. Um die Wahrscheinlichkeit<br />
nach Faktor 1 und damit die Gefahren zu<br />
senken, sollten elektrische Betriebsmittel an<br />
gut belüfteten Standorten aufgestellt werden.<br />
So galt von Anfang an ein druckfest gekapseltes<br />
Gehäuse als zuverlässigste Methode<br />
zur Einhaltung des Explosionsschutzes.<br />
Bild 5: Die erste polnische Norm für Industriezweige außerhalb des Bergbaus (Gruppe II-Betriebsmittel) und<br />
die entsprechenden französischen Vorschriften<br />
Seite 42 | Ex-Zeitschrift 2013
für den Explosionsschutz im Bergbau und<br />
außerhalb des Bergbaus in einer einzigen<br />
Norm festgehalten. Zudem wurde für jede<br />
Zündschutzart eine weitere Norm erlassen.<br />
Die Normen von 1972 führten eine Unterteilung<br />
in zwei Gruppen ein: Gruppe I für den<br />
Bergbau und Gruppe II für die chemische Industrie.<br />
Die Gruppe II wurde wiederum in<br />
die Gruppen IIA, IIB und IIC unterteilt und<br />
die Zündgruppen entsprechen den Temperaturklassen<br />
T1-T6.<br />
Im Jahr 1983 wurden die letzten polnischen<br />
Normen erlassen. Ab diesem Jahr<br />
gab es dann die international gemeinsamen<br />
Kennzeichnungsvorschriften, die gemeinsamen<br />
Symbole zur Kennzeichnung der<br />
Schutzklassen etc., die denjenigen anderer<br />
Länder entsprechen. Am interessantestem<br />
ist hier die Vorschrift für die Prüfung unter<br />
Kurzschlussbedingungen. Für bestimmte Anlagen<br />
im Bergbau wurden Kurzschlusstests<br />
zwingend vorgeschrieben. Diese Untersuchungen<br />
mussten in einem Methan-Luft-Gemisch<br />
ausgeführt werden und ähnelten den<br />
Verfahren zur Messung des Explosionsdrucks<br />
und zur Feststellung des Schutzes<br />
gegen die Ausbreitung von Explosionen. Die<br />
typischen Kurzschlussparameter sind dabei:<br />
1.000 V, 10 kA und 100 ms Dauer.<br />
Der Kurzschlusstest endete mit Einführung<br />
der europäischen Normen EN 50014 in<br />
Polen im Jahr 1997. Solche Kurzschlusstests<br />
sind aber nach wie vor in den Ländern ein<br />
wichtiges Thema, in denen es noch eine<br />
ausgeprägte Bergbauindustrie gibt. Die europäischen<br />
Normen sollten entsprechend<br />
ergänzt werden. Aus der Perspektive der internationalen<br />
Normierung gab es hier einzelstaatliche<br />
Normen, die, wie gleich zu Beginn<br />
vermutet, ins ›Leere laufen mussten‹.<br />
2006 wurden die EN-Normen in die weltweiten<br />
IEC-Normen eingebunden.<br />
Die letzten 20 Jahre waren so für die pol-<br />
Norm<br />
PNE-17: 1929<br />
PN-57 / E-08101<br />
PN-63 / E-08102<br />
PN-72 / E-08110<br />
PN-83 / E-08110<br />
PN-EN 50014:1997<br />
Anmerkungen<br />
Erste polnische Norm. Nur Bergbauanlagen. Regierungsvorschrift, auf<br />
die der Explosionsschutz häufig Bezug nimmt Neufassungen 1930 und<br />
1946<br />
Nur Bergbauanlagen. Definition druckfester und lamellenförmiger Gehäuse<br />
(Kennzeichnung: BM) sowie der Zündschutzarten ›Erhöhte Sicherheit‹<br />
und ›Ölkapselung‹)<br />
Erste Normen für elektrische Betriebsmittel zum Einsatz außerhalb<br />
des Bergbaus. Einteilung in Zündgruppen (G1-G5) und in Explosionsklassen<br />
in Abhängigkeit der Parameter der Druckfestigkeit.<br />
Ex-Kennzeichnung zusammen mit einem Symbol für den Schutzgrad<br />
(landesweites Symbol)<br />
Gemeinsame Norm für die Gruppe I (Bergbau) und die Gruppe II (chemische<br />
Industrie). Die Gruppe II wurde in die Gruppen IIA, IIB und IIC<br />
unterteilt. Getrennte Kennzeichnung der Anlagen für Gruppe I und II.<br />
Zusätzliche Norm für die einzelnen Schutzeinrichtungen<br />
Einführung einer gemeinsamen Ex-Kennzeichnung für alle Anlagen<br />
(Bergau und chemische Industrie). Einführung internationaler Schutzsymbole.<br />
Für einige Hochspannungsanlagen nach Gruppe I Anforderung<br />
von Kurtschlusstests (in Methan-Luft-Gemisch)<br />
Einführung der EEx-Kennzeichnung, keine weitere Vorgabe von Kurzschlusstests.<br />
Tabelle 1: Polnische Normierung im Bereich des Explosionsschutzes elektrischer Betriebsmittel<br />
nischen Hersteller von Ex-Anlagen recht unruhig,<br />
denn die Änderungen der Normen erfordern<br />
permanente Anpassungen der<br />
Produkte. Zuvor wurde eine Norm etwa alle<br />
10 Jahre geändert. Ab 1993 müssen sich die<br />
Hersteller an folgenden Normen halten:<br />
> PN-83/E-08110,<br />
> PN-EN 50014:1997,<br />
> PN-EN 50014:2002,<br />
> PN-EN 50014:2004,<br />
> PN-EN 60079-0:2006,<br />
> PN-EN 60079-0:2009.<br />
Außerdem mussten sich die Hersteller in<br />
der EG an die Änderungen durch die Einführung<br />
der IEC-Normen anpassen. Die Veränderungen<br />
der polnischen Normen sind in Tabelle<br />
1 festgehalten.<br />
Entwicklung der Prüfmethoden und des<br />
Versuchsstollens ›BARBARA‹<br />
In Polen haben sich die Prüfverfahren in<br />
ähnlicher Weise entwickelt wie in anderen<br />
Ländern, in denen die Kohleförderung entscheidend<br />
zur Wirtschaft beiträgt. Wie in<br />
Großbritannien wurde auch in Deutschland<br />
dafür eine unabhängige Testanlage eingerichtet.<br />
Bei der ersten Testanlage ging es lediglich<br />
um die Sicherheit in einem Bergbaustollen.<br />
1925 wurde der Versuchsstollen ›BARBA-<br />
RA‹ eingerichtet. Im Anschluss an einen Beschluss<br />
des Parlaments wurde dafür am<br />
Standort einer stillgelegten Kohlegrube ein<br />
Institut für Grubensicherheit in Mikołów <br />
Ex-Zeitschrift 2013 | Seite 43
Geschichte des Explosionsschutzes in Polen<br />
Bild 6: Versuchsstollen ›BARBARA‹ in den 1920er Jahren<br />
(in der Nähe von Katowice) aufgebaut. Die<br />
Hauptaktivität bei dieser neuen Versuchsanlage<br />
bestand in der wissenschaftlichen Forschung<br />
zu Methan- und Kohlestaubexplosionen<br />
sowie Rettungsmaßnahmen im Stollen.<br />
Bei dem Versuchsstollen ›BARBARA‹<br />
nach PNE-17:1929 handelt es sich um eine<br />
Versuchsanlage zur Ausführung von Prüfungen<br />
und Untersuchungen zur Ausgabe von<br />
Bescheinigungen. Obgleich es am Anfang<br />
keine Norm für elektrische Betriebsmittel<br />
zum Einsatz in chemischen Betrieben gab,<br />
wurden dort auch Geräte und Anlagen der<br />
Gruppe II getestet und beurteilt (siehe Bild<br />
8).<br />
Die Entwicklung der Prüfverfahren in<br />
Polen ähnelt stark den Entwicklungen in anderen<br />
Ländern. Bemerkenswert hier ist allerdings,<br />
dass bei den ersten Versuchen ein<br />
definierter Explosionsdruck zugrunde gelegt<br />
wurde (Definition in Normen). Die ersten<br />
Vorgaben hinsichtlich des Explosionsdrucks<br />
gab es um 1957.<br />
Damals gab es noch keine Sicherheitszuschläge<br />
– die Versuche zur Verhinderung<br />
der Ausbreitung von Explosionen erfolgten<br />
in einem Gemisch mit demselben brennbaren<br />
Gas, das auch in den betreffenden Betriebsanlagen<br />
auftreten konnte. Für Details<br />
zur Entwicklung der Prüfmethoden für<br />
druckfeste Gehäuse siehe Tabelle 2.<br />
Bild 7: Ex d Motor, 65 kW, 500 V, getestet im Versuchsstollen<br />
›BARBARA‹<br />
Bild 8: Werbebroschüre für Ex-Induktionsmotoren eiens<br />
polnischen Unternehmens zum Einsatz in der<br />
chemischen Industrie, Foto ZME, ›EMIT‹<br />
Seite 44 | Ex-Zeitschrift 2013
Bild 9: Tests an einem Ex d Motor mit ca. 6.000 kg<br />
Gewicht in Niedrigtemperaturausführung, Foto ZME<br />
›EMIT‹<br />
Zusammenfassung<br />
Die Entwicklung des Bewusstseins über<br />
die Bedeutung explosionsgeschützter Anlagen<br />
und die entsprechende Anpassung der<br />
rechtlichen und technischen Anforderungen<br />
haben in Polen einen ähnlichen Verlauf wie<br />
auch in anderen industrialisierten Ländern<br />
genommen. Zudem gilt es auch für Polen,<br />
dass der Explosionsschutz seine Anfänge im<br />
Bergbau hatte.<br />
Die Weiterentwicklung der Prüfmethoden<br />
sowie die neuen Vorschriften und Verordnungen<br />
ergaben sich in Zusammenarbeit mit<br />
dem Versuchsstollen ›BARBARA‹, der als<br />
verlässlichster Prüfstand für die polnische<br />
Normung herangezogen wurde.<br />
Im vergangenen Jahr haben die KDB-Mitarbeiter<br />
(KDB steht für den Versuchsstollen<br />
›BARBARA‹) innerhalb des internationalen<br />
IECEx-Schemas einen besonderen Beitrag<br />
geleistet und dabei eine große Exd-Anlage<br />
unter sehr niedrigen Temperaturen getestet.<br />
Norm<br />
PNE-17:1929<br />
PN-57 / E-08101<br />
PN-63 / E-08102<br />
PN-72 / E-08110<br />
PN-83 / E-08110<br />
PN-EN 50018:2000<br />
PN-EN 60079-1<br />
Anforderung<br />
8 bar Überdrucktest für Gehäuse mit 1 Liter Inhalt für kleinere Gehäuse<br />
und 3 bar, Prüfung auf Mängel in der Druckfestigkeit, jedoch nur Anforderungen<br />
hinsichtlich der Flanschverbindungen und der Gelenkwellen,<br />
Mindestlänge der Gelenkwelle 50 mm<br />
Statischer Überdrucktest 6 bar für Gehäuse 0,05 – 0, 1 dm 3 und 8 bar<br />
für Gehäuse von mehr als 0,1 dcm 3 ; Explosionstest: Prüfung auf Verhinderung<br />
der Ausbreitung mit Methan-Luft-Gemisch (ca. 9 % CH4).<br />
Testreihe: 6 Mal<br />
Testreihe: 5 Mal. Drucktest mit einem maximalen Explosionsdruck. Der<br />
Test erfolgt anhand einer geeigneten Gasmischung (unterschiedlich<br />
für die einzelnen Explosionsklassen I, II, III, IVa, IVb, IVc, IVn). Testreihe:<br />
5 Mal. Drucktest mit einem maximalen Explosionsdruck. 10 Mal<br />
Prüfung der Verhinderung der Ausbreitung einer Explosion anhand<br />
derselben Gasgemische.<br />
Gemeinsame Norm für Anlagen der Gruppe I und II. Feststellung des<br />
Explosionsdrucks für Anlagen der einzelnen Sicherheitsklassen (I, IIA,<br />
IIB, IICa, IICb). Feststellung (außer für die Klassen IICa und IICb) anhand<br />
von 3-Komponenten-Gemischen (Methan + Wasserstoff + Luft).<br />
Testreihe: 3 Mal. Bei uneinheitlichen Ergebnissen zwei weitere Prüfungen;<br />
Überdrucktest mit dem 1,5-fachen des maximalen Explosionsdrucks;<br />
Prüfung der Verhinderung der Ausbreitung anhand derselben<br />
Gemische. Für Elektromotoren Prüfungen beim laufenden und blockiert<br />
Motor. Testreihe: 10 Mal<br />
Feststellung des maximalen Explosionsdrucks anhand charakteristischer<br />
Gasluftgemische für die einzelnen Gruppen (und Untergruppen):<br />
Gruppe I<br />
9,8 % Methan + Luft<br />
Gruppe IIA 4,6 % Propan + Luft<br />
Gruppe IIB 8,0 % Ethylen + Luft und beim Druckaufbau<br />
20,4 % Wasserstoff + 3,6 % Methan + Luft<br />
Guppe IIC 31,0 % Wasserstoff + Luft und 8 % Acetylen + Luft<br />
Testreihe: 3 Mal. Für manche Anlagen der Gruppe I werden zusätzliche<br />
Kurzschlussprüfungen in einem Methan-Luft-Gemisch vorgeschrieben;<br />
Prüfung der Verhinderung der Ausbreitung von Explosionen anhand<br />
von Gasgemischen mit Sicherheitszschlägen. Testreihe: 5 Mal.<br />
Anpassung der Kurzschlussversuche<br />
Zusätzliche Anforderungen für Tests unter niedrigen (unter -20° C) und<br />
hohen Temperaturen (über +60° C)<br />
Tabelle 2: Entwicklung der Prüfmethoden von druckfest gekapselten Gehäusen<br />
Ex-Zeitschrift 2013 | Seite 45