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Grenzen in der Medizin 2 - Uhlich-Online.de

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Wir alle, die wir Sterben<strong>de</strong>n und chronisch Kranken begegnen – o<strong><strong>de</strong>r</strong> selbst e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

solche Situation kommen – müssen uns mit <strong>de</strong>m Problem <strong>de</strong>s „Austrocknens“ und<br />

„Verhungerns“ befassen. Ich möchte Ihnen hierzu e<strong>in</strong>ige mediz<strong>in</strong>ische Informationen geben.<br />

„Hunger“ und mehr noch „Durst“ s<strong>in</strong>d über Zentren im Gehirn vermittelte Bedürfnisse zur<br />

Regelung <strong><strong>de</strong>r</strong> sehr komplexen Nahrungs- und Flüssigkeitsbilanz.<br />

Nochmal mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Worten: Zum Leben brauchen wir nicht nur die Luft, die wir atmen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch<br />

Flüssigkeit und Nahrung. Im Normalfall essen und tr<strong>in</strong>ken wir genau soviel, wie wir gera<strong>de</strong> brauchen: <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wüstenhitze mehr Wasser, bei schwerer Arbeit mehr Kalorien, wenn wir alt s<strong>in</strong>d o<strong><strong>de</strong>r</strong> im Bett liegen von allem<br />

weniger. All das wird exakt geregelt durch e<strong>in</strong> Areal, e<strong>in</strong> bestimmtes Gebiet im Gehirn, das sogenannte Hungerbzw.<br />

Durstzentrum.<br />

Das Gefühl für Hunger o<strong><strong>de</strong>r</strong> Durst ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausgeprägt,<br />

genauso wie das Empf<strong>in</strong><strong>de</strong>n von Kälte, Wärme o<strong><strong>de</strong>r</strong> Lärm, das ja auch sehr differiert. Wenn<br />

es mir warm ist, kann <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e durchaus noch frieren. Wenn ich schon lange satt b<strong>in</strong>, hat<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e noch Hunger. Wenn ich noch mehrere Flaschen Wasser tr<strong>in</strong>ken könnte, hat <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>e se<strong>in</strong> erstes Glas noch kaum angerührt.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus ist das Empf<strong>in</strong><strong>de</strong>n für diese Qualitäten auch beim gleichen Menschen<br />

während se<strong>in</strong>er verschie<strong>de</strong>nen Lebensphasen sehr unterschiedlich und wechselnd.<br />

Qu<strong>in</strong>tessenz me<strong>in</strong>er Feststellung: Hüten wir uns davor, von unserem Gefühl (für Wärme,<br />

Hunger, Durst, und vieles an<strong><strong>de</strong>r</strong>e) auf das Empf<strong>in</strong><strong>de</strong>n <strong>de</strong>s an<strong><strong>de</strong>r</strong>en zu schließen.<br />

Und im speziellen Fall <strong>de</strong>s Sterben<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>s Todkranken und se<strong>in</strong>es Bedürfnisses zu Essen<br />

und zu Tr<strong>in</strong>ken wird meistens verkannt, daß Menschen <strong>in</strong> solchen Situationen fast nie über<br />

Hunger o<strong><strong>de</strong>r</strong> Durstgefühl klagen.<br />

Im Gegenteil:<br />

Sie kennen alle das Phänomen, daß solche Menschen sehr gern ihre „Liebl<strong>in</strong>gsspeise“<br />

bestellen, daß sie „Appetit“ auf e<strong>in</strong> beson<strong><strong>de</strong>r</strong>es Essen haben und die Angehörigen dann<br />

bitter enttäuscht s<strong>in</strong>d, wenn die Patienten sich schon nach <strong>de</strong>m ersten Löffel, <strong>de</strong>m ersten<br />

Happen abwen<strong>de</strong>n und sagen, daß sie nun bereits „satt“ seien. Auf e<strong>in</strong>en schwerkranken<br />

Patienten, <strong><strong>de</strong>r</strong> mit Appetit ißt kommen vielleicht zwanzig, für die das Essen eher e<strong>in</strong>e<br />

Pflichtübung und Qual ist.<br />

Die Erfahrungen zeigen, daß<br />

- <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> letzten Lebensphase nur sehr wenig Flüssigkeit „nötig“ ist,<br />

- die nachfolgen<strong>de</strong>n Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen im Salzhaushalt eher die Schmerzschwelle<br />

anheben, d.h. Schmerzen weniger stark empfun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n,<br />

- das „Austrocknen“ von Ö<strong>de</strong>men (bei Tumoren) Druckersche<strong>in</strong>ungen mil<strong><strong>de</strong>r</strong>t,<br />

- die verm<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>te Ur<strong>in</strong>ausscheidung durchaus als e<strong>in</strong> positiver Effekt von <strong>de</strong>m Patienten<br />

empfun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n könnte,<br />

- bei abnehmen<strong>de</strong>m Magensekret vielleicht weniger Brechreiz besteht,<br />

- die Produktion <strong>de</strong>s Bronchialschleims abnimmt und so eventuell das lästige Absaugen<br />

verm<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>t wird,<br />

- vielleicht e<strong>in</strong>e gewisse Euphorie entstehen kann.<br />

Alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong> gewisses Trockenheitsgefühl im Mund o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Schleimhäuten mag entstehen (übrigens<br />

viel seltener als man me<strong>in</strong>t) und das wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um kann durch kle<strong>in</strong>e Schlucke Wasser, durch Pagavit-<br />

Stäbchen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Eiswürfel gebessert und beherrscht wer<strong>de</strong>n.

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