16.10.2014 Aufrufe

DIE MACHT DER GENAUEN UHREN - Uhrsachen

DIE MACHT DER GENAUEN UHREN - Uhrsachen

DIE MACHT DER GENAUEN UHREN - Uhrsachen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ZEIT UND NAUTIK – TEIL I<br />

<strong>DIE</strong> <strong>MACHT</strong> <strong>DER</strong><br />

<strong>GENAUEN</strong> <strong>UHREN</strong><br />

Bei der Entwicklung der präzisen Uhr spielte die<br />

Seefahrt eine grosse Rolle – und umgekehrt.<br />

Die genaue Zeit war unerlässlich für die exakte<br />

Bestimmung der geographischen Position auf<br />

den Weltmeeren – und damit auch ein ganz<br />

wichtiger Machtfaktor.<br />

Auch wenn es natürlich der Segelnation<br />

Schweiz gut anstehen würde<br />

– die wichtigsten Impulse für die<br />

Entwicklung von präzisen Uhren<br />

kamen aus Frankreich und England.<br />

Die Schweizer Uhrenindustrie kam<br />

erst später zum Zug, als es um die<br />

Serienproduktion von Zeitmessern<br />

ging.<br />

Die Geschichte der Zeitmessung ist<br />

alt – schon vor rund 5000 Jahren<br />

benutzten die Sumerer die Fliessdauer<br />

des Wassers als Masseinheit<br />

für die Zeit. Sonnenuhren waren<br />

dann für Jahrtausende «das höchste<br />

der Gefühle». Ende des 13. Jahrhunderts<br />

wurden in England die<br />

ersten mechanischen Turmuhren in<br />

Betrieb genommen – gigantische<br />

Räderkonstruktionen mit äusserst<br />

bescheidener Präzision. Im 16. Jahrhundert<br />

folgten erste Taschenuhren.<br />

Der<br />

Holländer<br />

Christian Huygens<br />

schaffte 1673 mit der<br />

Konstruktion einer Pendeluhr<br />

mit Stunden-, Minuten- und Sekundenanzeige<br />

den eigentlichen Durchbruch.<br />

Bis zur Serienproduktion von<br />

hoch präzisen, tragbaren Chronometern,<br />

die eine exakte Navigation<br />

auf Schiffen ermöglichten, war es<br />

aber noch ein weiter Weg.<br />

<strong>DIE</strong> BEDÜRFNISSE<br />

<strong>DER</strong> EROBERER<br />

Häufig waren in der Geschichte<br />

Macht- und Eroberungshunger die<br />

Hauptantriebsfeder für technische<br />

Entwicklungen. Die Flotten der<br />

Seefahrernationen England, Frankreich<br />

und Spanien erlitten oft hohe<br />

Verluste, weil sie in grosser Zahl<br />

Schiffe wegen ungenauer Navigation<br />

verloren. Der Schlüssel zu<br />

mehr Sicherheit und somit auch zu<br />

mehr Erfolg war, das Problem der<br />

genauen Standortbestimmung zu<br />

lösen. Und dieses Ziel würde nur<br />

mit Hilfe von präzisen Uhren zu<br />

erreichen sein.<br />

28 SwissboatYachting<br />

SwissboatYachting 29


Globus im National Maritime Museum in London.<br />

Bernard Stamm mit einem Sextant – spasseshalber!<br />

Wieso aber ist die genaue Zeit so<br />

wichtig für die exakte Positionsbestimmung?<br />

Um auf dem Meer zu<br />

wissen, wo man sich befindet, muss<br />

man die geographische Länge und<br />

Breite bestimmen können – und<br />

natürlich über möglichst gute<br />

Seekarten verfügen.<br />

Die geographische Breite<br />

lässt sich mit der Beobachtung<br />

der Gestirne und einiger<br />

Rechnerei relativ einfach<br />

herausfinden. Schon die pazifischen<br />

Inselvölker in Polynesien<br />

und Mikronesien wussten um<br />

die Zusammenhänge und<br />

Regeln der Stellungen von<br />

Planeten und Fixsternen. Sie<br />

unternahmen auf dieser Wissensbasis<br />

für die damalige<br />

Zeit unglaubliche Reisen. Die<br />

Breitenbestimmung wurde<br />

laufend verbessert und hatte<br />

im 17. Jahrhundert bereits<br />

eine erstaunliche Präzision<br />

erreicht.<br />

Unlösbar war aber für lange<br />

Zeit das möglichst exakte<br />

Bestimmen des Längengrads.<br />

Schon Anfangs des 16. Jahrhunderts<br />

existierten Methoden, die auf<br />

Beobachtungen der Monddistanz<br />

basierten; genau genommen auf der<br />

Stellung des Mondes zu bestimmten<br />

Planeten. Das System wurde<br />

Foto: DPPI/Laurent Cadoret<br />

15°<br />

1h<br />

0°<br />

In einer Stunde legt die Sonne<br />

am Äquator 15 Grad oder rund<br />

900 Seemeilen zurück.<br />

zwar laufend verbessert, erwies sich<br />

in der Praxis aber letztlich als<br />

untauglich. Vor allem scheiterte die<br />

Methode an der Ungenauigkeit der<br />

verschiedenen dafür benötigten<br />

Messungen. Die Einsicht folgte<br />

bald: Letztlich würde der Längengrad<br />

nur mit Hilfe der genauen Zeitmessung<br />

präzise bestimmt werden<br />

können.<br />

Die Grundlage dazu (siehe Grafik):<br />

Die Sonne wandert scheinbar in 24<br />

Stunden von Osten nach Westen<br />

einmal um die Erde – beschreibt<br />

also einen Kreis von 360 Grad. In<br />

einer Stunde sind das folglich 15<br />

Grad (oder rund 900 Seemeilen).<br />

Heruntergerechnet auf eine Sekunde<br />

ergibt das am Äquator einen Weg<br />

von rund 464 Metern.<br />

Wenn man also die Referenzzeit<br />

seines Heimathafens auf dem Schiff<br />

wüsste, könnte man aufgrund der<br />

Zeitdifferenz zwischen dem Ausgangsort<br />

und dem genauen Zeitpunkt,<br />

an dem die Sonne am nun<br />

aktuellen Standort im Zenit steht,<br />

die geographische Länge errechnen.<br />

Wenn unser Schiff zum Beispiel<br />

drei Stunden später unter der Mittagssonne<br />

steht als unser Ausgangshafen,<br />

bedeutet dies, dass wir 3 mal<br />

15 Grad zurückgelegt haben. Der<br />

Rest ist nur noch Kartenleserei und<br />

Rechnerei. Unter anderem gilt es<br />

noch, die Phänomene der Zeitgleichung<br />

und der magnetischen<br />

Abweichung einzubeziehen. Diese<br />

sind aber Gesetzesmässigkeiten<br />

unterworfen, die sich leicht in<br />

Tabellen fassen oder, im Fall der<br />

Abweichung, sogar auf Karten einzeichnen<br />

lassen.<br />

Die erwähnten 464 Meter Differenz<br />

pro Sekunde zeigen eindrücklich,<br />

wie wichtig die absolut präzise Zeit<br />

ist. Mit einer Abweichung von einer<br />

Minute gibt das beispielsweise<br />

schon eine Differenz von gut 15 Seemeilen.<br />

Noch nicht berücksichtigt<br />

ist zudem der Messfehler. Auf<br />

einem schwankenden Schiff mit<br />

dem Sextanten den Winkel absolut<br />

genau zu bestimmen macht auch<br />

einem gestandenen Navigator<br />

Mühe…<br />

Wie entscheidend solche Differenzen<br />

sind, dürfte jedem Seefahrer,<br />

der schon einmal um Untiefen und<br />

Riffe herumnavigiert ist, klar sein.<br />

Tausende von Entdeckerschiffen<br />

gingen unter, weil die Position<br />

falsch oder ungenau bestimmt<br />

wurde. Häufig musste dabei die<br />

ganze Mannschaft ihr Leben lassen<br />

und oftmals gingen auch wertvolle<br />

Schiffsladungen verloren.<br />

<strong>DIE</strong> BRITEN ALS<br />

SCHRITTMACHER<br />

Den Briten mit ihrem gigantischen<br />

Reich, das sich bis nach Amerika,<br />

Afrika und Indien ausdehnte, war<br />

die schnelle Lösung des Längengradproblems<br />

extrem wichtig. So<br />

wichtig, dass sie 1714 das legendäre<br />

«Board of Longitude» einberiefen,<br />

eine Kommission, welcher unter<br />

anderen der berühmte Isaac Newton<br />

angehörte. Es wurde ein Preis von<br />

20’000 Pfund ausgesetzt (für die<br />

damalige Zeit eine geradezu phänomenale<br />

Summe!), für ein Gerät, das<br />

eine Längenbestimmung mit einer<br />

Abweichung von weniger als 30<br />

Bogenminuten (also 2 Minuten<br />

Zeit) ermöglicht; und dies natürlich<br />

unter den harten klimatischen und<br />

physikalischen Bedingungen, denen<br />

ein solches Instrument auf einem<br />

Schiff ausgesetzt ist. Der entsprechende<br />

Test hatte auf einer Seereise<br />

von Grossbritannien in die «West<br />

Indies», also in die Karibik, zu<br />

erfolgen.<br />

Hier trat John Harrison auf den<br />

Plan. Der gelernte Schreiner und<br />

uhrmacherische Autodidakt tüftelte<br />

den ersten eigentlichen Seechronometer<br />

aus. Sein Ansatz war es, das<br />

von Huygens erfundene Schwingsystem<br />

so zu modifizieren, dass es<br />

sowohl gegen allfällige Temperaturänderungen<br />

unempfindlich war, als<br />

auch die steten Bewegungen der<br />

Schiffe ausgleichen konnte.<br />

H1 hiess das Monstrum, das er<br />

zwischen 1730 und 1735 erschuf,<br />

72 Pfund schwer und 90 Zentimeter<br />

hoch. Es war erstaunlich präzise,<br />

aber wegen seiner Dimensionen<br />

und seiner umständlichen Technik<br />

nicht wirklich praxistauglich. Harrison<br />

gab nicht auf und konstruierte<br />

in der Folge drei weitere Schiffsuhren,<br />

H2 bis H4 genannt. Der Bau<br />

der H2 und der H3 nahm mehr als<br />

20 Jahre in Anspruch – und Harrison<br />

musste 1759 erkennen, dass er mit<br />

der Grundkonstruktion zwar ganz<br />

passable Ergebnisse erzielte, für<br />

eine praxistaugliche Uhr technisch<br />

aber auf dem Holzweg war.<br />

Erst die H4, eine verhältnismässig<br />

kleine Uhr mit einem Durchmesser<br />

von nur 13,2 Zentimetern, sollte<br />

den Durchbruch bringen. Der Zeitmesser<br />

mit dem Aussehen einer<br />

grossen Taschenuhr startete 1761<br />

auf der «Deptford» zur Prüfungsreise<br />

nach Jamaika, in Begleitung<br />

von Harrisons Sohn William. Nach<br />

61 Tagen ergab sich eine Differenz<br />

von lediglich 5,1 Sekunden – ein<br />

fabelhafter Wert, der heute noch<br />

jeder mechanischen Uhr sehr gut<br />

anstehen würde. Obwohl sich der<br />

Chronometer auch auf der zweiten<br />

Reise bestens bewährte und die vom<br />

«Board» gestellten Anforderungen<br />

1675 wurde<br />

das Royal<br />

Greenwich<br />

Observatory<br />

gegründet,<br />

1884 wurde<br />

dieser<br />

Standort als<br />

Nullmeridian<br />

des internationalen<br />

Koordinatensystems<br />

bestimmt.<br />

©National Maritime Museum, London<br />

30 SwissboatYachting<br />

SwissboatYachting 31


<strong>DER</strong> AUTOR<br />

Hans Erb, 43, ehemaliger<br />

Journalist und langjähriger<br />

Hochseesegler. Heute ist<br />

er Inhaber von <strong>Uhrsachen</strong>,<br />

einem «Delikatessengeschäft<br />

für Uhren» in der<br />

Berner Altstadt. Neben<br />

mehreren renommierten<br />

Marken der Haute Horlogerie hat <strong>Uhrsachen</strong> verschiedene<br />

nautische und andere Uhrenspezialitäten für Sammler<br />

im Angebot, darunter antike Marine Chronometer wie<br />

den Hamilton Model 22 (Bild).<br />

Übrigens: Bei der ersten Atlantiküberquerung 1990 von<br />

Hans Erb war GPS ein Fremdwort und der Längengrad<br />

wurde noch mit Hilfe des Sextanten bestimmt…<br />

<strong>Uhrsachen</strong>, 3011 Bern<br />

Tel: 031 318 01 18, www.uhrsachen.ch<br />

Die H4, eine etwas überdimensionierte Taschenuhr,<br />

aber technisch ein eigentliches Wunderwerk.<br />

Der Engländer John Harrison (rechts) arbeitete<br />

insgesamt über 30 Jahre an der Entwicklung eines<br />

hochseetauglichen, genauen Zeitmessers!<br />

Dieser Artikel bildet den Auftakt einer kleinen Serie über<br />

Zeit und Nautik. Es folgen:<br />

• Die Geschichte der Wasserdichtigkeit von Uhren<br />

• Kuriositäten der nautischen Zeitmessung<br />

• Ulysse Nardin: Uhrmacher der Meere und der Sterne<br />

Lesetipp:<br />

Dava Sobel: Längengrad (Die wahre Geschichte eines<br />

einsamen Genies, welches das grösste wissenschafltiche<br />

Problem seiner Zeit löste.) ISBN 3-8270-0364-4<br />

© National Maritime Museum, London<br />

Die H1 von John Harrison lief zwar erstaunlich präzise,<br />

war aber in der Praxis nicht wirklich brauchbar.<br />

sogar übertraf, wurde behauptet,<br />

dass die Ergebnisse reiner Zufall<br />

seien. Auch eine nächste Reise mit<br />

ähnlichen Messwerten wurde nicht<br />

anerkannt, und mit fadenscheinigen<br />

Argumenten wurde gefordert, dass<br />

die Uhr von Harrisons Mitarbeiter<br />

Larcum Kendall nochmals nachgebaut<br />

werden müsse.<br />

1770 erhielt Harrison wenigstens<br />

die Hälfte der ursprünglichen Preissumme.<br />

Erst mit dem Nachfolger,<br />

dem Chronometer H5, der von<br />

König Georg III in dessen Privat-<br />

Observatorium gründlich geprüft<br />

wurde, erhielt er 1773 – im Alter<br />

von 80 Jahren – noch weitere 8750<br />

Pfund. Harrison sollte sich daran<br />

nicht mehr lange erfreuen können<br />

– 1776 starb der geniale Tüftler.<br />

Die Originale seiner Chronometer<br />

wurden übrigens nach dem 1. Weltkrieg<br />

in pitoyablem Zustand gefunden<br />

und während vielen Jahren<br />

von Rupert T. Gould vollkommen<br />

restauriert und wieder gangbar<br />

gemacht. Sie sind heute im sehenswerten<br />

British Maritime Museum in<br />

Greenwich zu bestaunen.<br />

DAS PROBLEM NUR<br />

IM PRINZIP GELÖST<br />

Das Längengrad-Problem als solches<br />

war also gelöst – nicht aber die Herstellung<br />

von vernünftig tragbaren<br />

Uhren in grösseren Stückzahlen.<br />

Angespornt durch Harrisons Resultate<br />

und Konstruktionen widmeten<br />

sich mehrere Uhrmacher dem Bau<br />

von Schiffschronometern. Technische<br />

Durchbrüche waren dabei die<br />

so genannte freie Ankerhemmung<br />

von Thomas Mudge, die Zylinderhemmung<br />

von John Arnold sowie<br />

die erste Seeuhr mit Chronometerhemmung<br />

des Franzosen Pierre le<br />

Roy. Der Brite Thomas Earnshaw<br />

schaffte es, eine Sperrklinkenhemmung<br />

zu konstruieren, die durch<br />

ihre relative Einfachheit eine kommerzielle<br />

Produktion ermöglichen<br />

sollte. Die Uhr war in einem robusten,<br />

stabilen Kasten aus Mahagoni<br />

gut geschützt. Das Uhrwerk wurde<br />

in einem Messinggehäuse untergebracht<br />

und kardanisch aufgehängt<br />

– die Grundlage für die meisten<br />

späteren Schiffschronometer. Viele<br />

verschiedene Kleinfirmen in England<br />

und Frankreich bauten in der<br />

Folge Marine Chronometer in<br />

Handarbeit.<br />

AUSGERECHNET IM<br />

BINNENLAND SCHWEIZ...<br />

Szenenwechsel: gerade 23 Jahre alt<br />

war der Uhrmacher Ulysse Nardin,<br />

als er sich 1846 im hoch gelegenen<br />

neuenburgischen Le Locle sein<br />

eigenes Uhrenatelier einrichtete, in<br />

dem er zusammen mit seinem<br />

Vater komplizierte Taschenuhren zu<br />

fertigen begann, die bald einmal<br />

auch nach Übersee exportiert wurden.<br />

Die Firma wuchs und schuf<br />

sich rasch hohes Renommée. Mit<br />

seinem Sohn Paul-David widmete<br />

sich Ulysse Nardin auch der Entwicklung<br />

von Marine Chronometern<br />

32 SwissboatYachting


OMEGA war<br />

und ist eine<br />

der führenden<br />

Uhrenmarken,<br />

welche sich<br />

auf Schweizer<br />

Präzision<br />

spezialisierte.<br />

– und übergab 1876 das erste<br />

Exemplar dem Observatorium in<br />

Neuenburg zur Prüfung.<br />

In akribisch genau festgelegten,<br />

strengen Testreihen wurden die<br />

Chronometer auf ihre Gangwerte<br />

untersucht – bei verschiedensten<br />

Temperaturen zwischen 12 und<br />

36 Grad. Es zeigte sich, dass aus<br />

dem Hause Nardin die präzisesten<br />

Instrumente kamen – im Laufe der<br />

Firmengeschichte sollte Ulysse<br />

Nardin über 4300 Preise einheimsen,<br />

dazu 18 Goldmedaillen an<br />

Weltausstellungen und internationalen<br />

Messen.<br />

Die Firma Ulysse Nardin prosperierte<br />

und stattete während Jahrzehnten<br />

alle Werften und Flotten<br />

mit Rang und Namen mit ihren<br />

Marine Chronometern und Decksuhren<br />

aus. Bis in die 70er Jahre des<br />

vergangenen Jahrhunderts wurden<br />

in Le Locle Marine Chronometer<br />

produziert, insgesamt mehr als<br />

10’000 Exemplare.<br />

Wer Erfolg hat, wird<br />

meistens auch<br />

kopiert. Auf der Basis<br />

der Konstruktionsprinzipien<br />

von Ulysse<br />

Nardin wurden in<br />

den USA, in<br />

Deutschland und in<br />

Russland Uhren<br />

für die zivilen und<br />

militärischen Flotten<br />

gebaut – präzise<br />

<strong>DER</strong> MARINE CHRONOMETER<br />

Um eine Uhr als Marine Chronometer bezeichnen<br />

zu dürfen, sind präzise Bestimmungen einzuhalten.<br />

• Bestehen einer Genauigkeitsprüfung in einem<br />

Observatorium nach festgelegten Rahmenbedingungen.<br />

• Der Sekundenzeiger muss hörbar die ganze<br />

oder die halbe Sekunde schlagen. Dies, damit<br />

man gleichzeitig mitzählen und eine Messung<br />

durchführen kann, ohne auf den Marine Chronometer<br />

zu blicken.<br />

• Die Gangreserve – also die Zeit vom Aufziehen<br />

bis zum Stillstand – muss 48 Stunden plus<br />

einige Stunden Reserve betragen. In der Regel<br />

liegt sie bei 54 Stunden.<br />

• Der Chronometer muss so konstruiert sein,<br />

dass jegliches unbeabsichtiges Verstellen verhindert<br />

wird.<br />

zwar, aber selten mit den selben<br />

Gangwerten wie die Originale.<br />

DAS ENDE EINER ÄRA<br />

Eine erste Konkurrenz für die<br />

mechanischen Schiffsuhren waren<br />

Zeitsignale, die ab Anfang des<br />

20. Jahrhunderts ausgestrahlt<br />

wurden. Das<br />

Problem lag allerdings<br />

noch in der<br />

Zuverlässigkeit<br />

der Empfangsgeräte<br />

– die<br />

Schiffschronometer<br />

waren also<br />

immer noch unverzichtbar.<br />

Der Anfang vom<br />

Untergang der mechanischen<br />

Marine<br />

Chronometer begann<br />

mit der Entwicklung<br />

der Quarzuhren. 1970<br />

stellte zum Beispiel Omega an<br />

der Basler Uhrenmesse einen Prototypen<br />

des ab 1974 in Serie hergestellten<br />

Modells Megaquartz 2400<br />

vor (siehe Bild). Dieser Marine<br />

Chronometer fürs Handgelenk gilt<br />

übrigens bis heute als eine der<br />

genauesten Uhren – 10 mal genauer<br />

als eine normale Quarzuhr – und ist<br />

unter Sammlern sehr gesucht.<br />

Quarzuhren wurden in die kardanisch<br />

aufgehängten klassischen<br />

Gehäuse eingebaut oder in<br />

schmucken Holzkistchen aufbewahrt.<br />

Das Quarzwerk war im<br />

Gegensatz zur mechanischen Uhr<br />

Fotos: zvg/OMEGA<br />

nicht anfällig für Temperatur- und<br />

Lageveränderungen – die genau<br />

festgelegten Schwingungen des<br />

Quarzes ersetzen Spirale und Hemmung<br />

als Taktgeber.<br />

Das definitive Aus für die Marine<br />

Chronometer kam aber mit der<br />

Satellitennavigation. Gleichzeitig<br />

– aber das ist eine ganz andere<br />

Geschichte – war das der Untergang<br />

von Sextanten und auch anderen<br />

nautischen Messinstrumenten.<br />

1978 wurde der erste GPS-Satellit<br />

in den Orbit geschossen, 1993 waren<br />

schon 24 Satelliten verfügbar.<br />

Für die professionelle Seefahrt<br />

waren Satellitennavigationsgeräte<br />

rasch eine unumgängliche Anschaffung.<br />

Im Bereich der Vergnügungsschifffahrt<br />

sollte die Verbreitung<br />

noch ein wenig auf sich warten lassen<br />

– nicht zuletzt wegen der<br />

anfänglich sehr hohen Anschaffungskosten<br />

der Geräte. Wer erinnert<br />

sich nicht an die ersten fix<br />

installierten «Navstar»-Geräte –<br />

sündhaft teuer, alle paar Stunden<br />

ein «Fix» und nicht eben speziell<br />

zuverlässig. Heute ist dies fast nicht<br />

mehr vorstellbar – präzise GPS-<br />

Empfänger sind schon für wenige<br />

hundert Franken erhältlich.<br />

Gut erhaltene Marine Chronometer<br />

sind dagegen zu gesuchten Sammlerstücken<br />

geworden. Wegen ihrer<br />

Geschichte und ihres dekorativen<br />

Charakters sind sie für ein nautisch<br />

inspiriertes Zuhause – ob an Land<br />

oder auf See – ein echtes «Must».<br />

Hans Erb, <strong>Uhrsachen</strong> AG<br />

34 SwissboatYachting

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!