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Professor Dr. Friedrich Pukelsheim Institut für Mathematik der ...

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<strong>Professor</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Friedrich</strong> <strong>Pukelsheim</strong><br />

Lehrstuhl für Stochastik und ihre Anwendungen<br />

<strong>Institut</strong> für <strong>Mathematik</strong> <strong>der</strong> Universität Augsburg<br />

0821-5982204<br />

Fax: 0821-5982280<br />

Universitätsstraße 14<br />

Postadresse:<br />

D–86135 Augsburg<br />

Germany<br />

Herrn C. Schuhmacher<br />

Leiter des Gesetzgebungsdienstes<br />

Direktion <strong>der</strong> Justiz und des Innern<br />

Kaspar Escher Haus<br />

CH-8090 ZÜRICH<br />

22. März 2003 FP/fp<br />

Betr.: Neue Zürcher Zuteilungsmethode<br />

Sehr geehrter Herr Schuhmacher:<br />

Im Nachgang zu meinem Besuch bei Ihnen am 17. Februar 2003 und zu unserem<br />

Gedankenaustausch in <strong>der</strong> letzten Woche möchte ich hiermit meine Überlegungen<br />

darstellen, wie die Zuteilungsmethode für die Sitze als Teil des Wahlsystems für den<br />

Kantonsrat Zürich neu gestaltet werden könnte, um dem Bundesgerichtsentscheid<br />

(BGE) vom 18. Dezember 2002 (Az. 1P.267/2002/sta) zu genügen.<br />

I<br />

Ich gehe mit Ihnen einig, dass am Stimmgebungsverfahren nichts zu än<strong>der</strong>n ist. Aus<br />

Sicht <strong>der</strong> Wähler bleibt damit <strong>der</strong> Wahlablauf bis zum Verlassen <strong>der</strong> Wahlkabine<br />

unverän<strong>der</strong>t. Zur Befriedigung <strong>der</strong> bundesgerichtlichen Vorgaben ist es absolut<br />

ausreichend, die Zuteilungsmethode für die Sitze—das heißt das Verfahren zur<br />

Verrechnung von Stimmen in Sitze—besser den kantonalen Gegebenheiten anzupassen.<br />

II<br />

Das Bundesgericht beurteilt das mit <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Sitzzuteilungsmethode faktisch<br />

einhergehende natürliche Quorum als bundesverfassungswidrig, da es dem Grundsatz<br />

<strong>der</strong> proportionalen Repräsentation nicht genügend Rechnung trägt. Aus meiner Sicht<br />

als <strong>Mathematik</strong>er, <strong>der</strong> sich seit einigen Jahren mit Problemen des Wahlrechts befasst,<br />

teile ich die Einschätzung des Gerichts.<br />

Jede Heilung des erkannten Mangels geht zu Gunsten <strong>der</strong> kleineren Parteien—dies ist ja<br />

gerade <strong>der</strong> Tenor des Entscheids. Da nach wie vor die Gesamtsitzzahl 180 gleich bleibt,<br />

geht jede Heilung an<strong>der</strong>erseits notgedrungen auf Kosten <strong>der</strong> größeren Parteien. Die<br />

von Ihrem Hause angestellten Beispielrechungen laufen auf eine solche Umverteilung<br />

hinaus, wie auch meine nachfolgenden Rechnungen.<br />

E-Mail: <strong>Pukelsheim</strong>@Math.Uni-Augsburg.De · Internet: www.uni-augsburg.de/pukelsheim


– 2 –<br />

Angesichts dieser unausweichlichen Auswirkungen möchte ich betonen, dass mir eine<br />

Geringschätzung <strong>der</strong> Mehrheitsparteien fern liegt. Ich bin mir bewußt, dass die<br />

großen Parteien einen Großteil des politischen Lebens prägen und den größeren<br />

Teil <strong>der</strong> politischen Entscheidungen zu verantworten haben. Überdies habe ich als<br />

Deutscher die größte Hochachtung vor <strong>der</strong> eindrucksvollen demokratischen Tradition<br />

Ihres Landes.<br />

III<br />

Bei aller Wertschätzung <strong>der</strong> Parteien für die Funktion einer repräsentativen Demokratie<br />

sollte die Gestaltung eines Wahlsystems <strong>der</strong> proportionalen Repräsentation aber doch<br />

primär an den Wählern ausgerichtet sein, nicht an den Parteien. Dies klingt auch beim<br />

Bundesgericht an, wenn es Erfolgswertgleichheit einfor<strong>der</strong>t (BGE Seite 13).<br />

Der Erfolgswert eines Wähler ist nun nicht nur ein abstrakter Wert, son<strong>der</strong>n stellt sich<br />

als konkrete Zahl dar. Ich führe dies an den aktuellen kantonsweiten Zahlen vor und<br />

folge damit dem Diktum des Bundesgerichts (BGE Seite 8), dass “die Bedeutung einer<br />

Partei . . . bezogen auf den ganzen Kanton ermittelt werden [muß] und nicht nur unter<br />

Berücksichtigung eines einzelnen Wahlkreises.”<br />

Allerdings können die Wähler ihre politische Willensäußerung je nach Wahlkreisgröße<br />

unterschiedlich stückeln. (Mit “Wahlkreisgröße” bezeichne ich die Gesamtzahl<br />

<strong>der</strong> im Wahlkreis zu vergebenen Sitze.) Die in den einzelnen Wahlkreisen<br />

ausgezählten Parteistimmen sind deshalb für den Kantonszusammenzug nicht geeignet.<br />

Ihrem Exposé über “Wahlkreisverbände” (24.01.03/JI/cs) folgend basiere ich die<br />

kantonsweite Auswertung daher auf den “Wählerzahlen”. Dazu werden im Wahlkreis<br />

die Parteistimmenzahlen durch die Wahlkreisgröße geteilt und das Ergebnis zur<br />

nächstgelegenen ganzen Zahl gerundet (“Standardrundung”). Zur kantonsweiten<br />

Berechnung <strong>der</strong> Wählerzahl einer Partei werden ihre Wählerzahlen über alle achtzehn<br />

Wahlkreise summiert. Die so gewonnene Kennzahl gibt also an, wie viele Wähler hinter<br />

<strong>der</strong> Partei stehen.<br />

Für die SVP (zusammen mit JSVPW und JSVP) beispielsweise gründet sich <strong>der</strong> Erfolg<br />

von 60 Sitzen auf die Wählerzahl 81 658. Ein einzelner Wähler trägt also mit dem<br />

Bruchteil<br />

60<br />

81 658<br />

zum Erfolg bei. Dieser kleine Bruchteil hat noch wenig Aussagekraft. Eine<br />

aussagekräftige Zahl erhält man erst, wenn man die Sitze zur Gesamtzahl aller Sitze<br />

(180) in Bezug setzt und die SVP-Wählerzahl auf die Summe aller Wählerzahlen<br />

bezieht (273 489). Denn ob 60 Sitze einen großen Erfolg darstellen o<strong>der</strong> einen kleinen,<br />

erklärt sich erst aus dem Blickwinkel des Plenums, in dem sie zum Tragen kommen,<br />

und für die Wählerzahlen gilt ähnliches.


– 3 –<br />

Der Erfolgswert eines für die SVP stimmenden Wählers berechnet sich daher nicht<br />

als Quotient von Sitzzahl und Wählerzahl, son<strong>der</strong>n als Quotient von Sitzanteil und<br />

Wähleranteil:<br />

60/180<br />

= 1.116 = 111.6%.<br />

81 658/273 489<br />

Der ganze, hun<strong>der</strong>tprozentige Erfolg wurde also um 11.6 Prozentpunkte übertroffen.<br />

Am an<strong>der</strong>en Ende rangiert <strong>der</strong> Erfolgswert eines für die SD stimmenden Wählers mit<br />

2/180<br />

6 786/273 489<br />

= 0.448 = 44.8%.<br />

Hier wurde ein ganzer, hun<strong>der</strong>tprozentiger Erfolg um 55.2 Prozentpunkte verfehlt.<br />

Der Unterschied zwischen den Erfolgswerten eines für die SVP und eines für die SD<br />

stimmenden Wählers beläuft sich somit auf 111.6 − 44.8 = 66.8 Prozentpunkte. Wenn<br />

die sich hier abzeichnende Ungleichheit praktisch unvermeidbar wäre, müsste man sie<br />

hinnehmen. Das Bundesgericht hat entschieden, dass die Wähler mehr Wahlgleichheit<br />

beanspruchen dürfen, und das ist in <strong>der</strong> Tat durchaus machbar.<br />

IV<br />

Der verfassungsrechtlichen Anfor<strong>der</strong>ung, dass die Unterschiede zwischen den Erfolgswerten<br />

je zweier Wähler so gering ausfallen mögen wie nur irgend möglich, wird genau<br />

nur eine Sitzzuteilungsmethode gerecht, die Divisormethode mit Standardrundung<br />

(Webster/Sainte-Laguë). Die Namenspatrone sind <strong>der</strong> US-Amerikaner Daniel Webster<br />

(1782–1852), einer <strong>der</strong> großen Staatsmänner seiner Zeit, und <strong>der</strong> Franzose André<br />

Sainte-Laguë [s˜εt la ′ gy] (1882-1950), <strong>Mathematik</strong>professor am Conservatoire national<br />

des arts et métier in Paris (Anlage 1).<br />

Ich zeige zunächst die Auswirkungen auf die Erfolgswerte. Nach <strong>der</strong> Divisormethode<br />

mit Standardrundung (Webster/Sainte-Laguë) hätte die SVP 54 Sitze bekommen,<br />

woraus sich <strong>der</strong> Erfolgswert eines SVP-Wählers berechnet zu<br />

54/180<br />

81 658/273 489<br />

= 1.005 = 100.5%.<br />

Die SD hätten 4 Sitze bekommen, sodass ein SD-Wähler den Erfolgswert<br />

4/180<br />

6 786/273 489<br />

= 0.896 = 89.6%<br />

erzielt. Der Unterschied schrumpft jetzt also auf 100.5 − 89.6 = 10.9 Prozentpunkte,<br />

eine enorme Min<strong>der</strong>ung im Vergleich zur krassen Diskrepanz von 66.8 Prozentpunkten<br />

oben.


– 4 –<br />

Man könnte spekulieren, ob <strong>der</strong> Transfer eines Sitzes von <strong>der</strong> SVP zu den SD den<br />

Unterschied <strong>der</strong> Erfolgwerte verkleinert. Das Gegenteil ist <strong>der</strong> Fall:<br />

5/180<br />

6 786/273 489 − 53/180<br />

81 658/273 489<br />

= 112.0% − 98.6% = 13.4%.<br />

Ganz allgemein liefert die Divisormethode mit Standardrundung (Webster/Sainte-<br />

Laguë) immer solche Sitzzahlen, dass je<strong>der</strong> zusätzliche Transfer eines Sitzes von<br />

einer Partei zu einer an<strong>der</strong>en Partei den Unterschied zwischen den Erfolgswerten<br />

<strong>der</strong> für diese Parteien stimmenden Wähler größer macht und damit schlechter stellt.<br />

Die kleinsten Unterschiede und damit die geringsten Ungleichheiten werden genau<br />

dann erzielt, wenn die Divisormethode mit Standardrundung (Webster/Sainte-Laguë)<br />

benutzt wird. In diesem Sinn ist die Methode erfolgswertoptimal und besser als alle<br />

an<strong>der</strong>en Sitzzuteilungsmethoden.<br />

Diese Optimalitätsaussage ist ein mathematisches Theorem und somit beweisbar<br />

richtig. Sie geht zurück auf den Berliner Statistiker Ladislaus von Bortkiewicz (1868–<br />

1931). Einen Beweis geben M.L. Balinski und H.P. Young in ihrem wegweisenden<br />

und weitverbreiteten Buch Fair Representation—Meeting the Ideal of One Man, One<br />

Vote (Zweite Auflage, Washington, DC 2001), Seite 101, das ich übrigens in <strong>der</strong> NZZ<br />

besprochen habe (Anlage 2).<br />

V<br />

Die wählerorientierte Erfolgswertoptimalität ist das größte Juwel in <strong>der</strong> Krone <strong>der</strong><br />

Divisormethode mit Standardrundung (Webster/Sainte-Laguë). Ich habe deshalb<br />

versucht, dies so weit herauszuarbeiten, dass es von den Politikern weitergetragen<br />

werden kann (mit allfälligen Vereinfachungen), um beim Wahlvolk für die anstehenden<br />

Än<strong>der</strong>ungen die notwendige Unterstützung zu finden.<br />

Die Erfolgswertoptimalität erschließt sich nicht—jedenfalls nicht so ohne weiteres—aus<br />

den Rechenvorschriften, die mit <strong>der</strong> Methode einhergehen und die ich deshalb bis jetzt<br />

zurückgestellt habe. Aber auch aus dieser handwerklichen Sicht schneidet die Methode<br />

am besten ab, sodass gleich zwei Juwelen in ihrer Krone funkeln.<br />

Die Divisormethode mit Standardrundung (Webster/Sainte-Laguë) verfährt nach dem<br />

Motto<br />

Teile und runde!<br />

Alle Wählerzahlen sind durch einen gemeinsamen Divisor zu teilen und die sich<br />

ergebenden Quotienten sind standardmäßig zu runden, um die Sitzzahlen zu erhalten;<br />

dabei ist <strong>der</strong> Divisor so zu bestimmen, dass die vorgegebene Gesamtsitzzahl vollständig<br />

ausgeschöpft wird.<br />

Ich zeige dies für den amtierenden Kantonsrat, mit Divisor 1 510. Für die SVP (mit<br />

JSVPW und JSVP) erhält man den Quotienten<br />

81 658/1 510 = 54.1


– 5 –<br />

und Standardrundung führt zu den 54 Sitzen, die ich oben zitiert habe. In <strong>der</strong>selben<br />

Weise ergeben sich für die SD aus dem Quotienten<br />

6 786/1 510 = 4.49<br />

die erwähnten 4 Sitze. Jede Zahl zwischen 1 508.0 und 1 516.5 kann als Divisor<br />

herhalten. Dabei än<strong>der</strong>n sich die Nachkommastellen <strong>der</strong> Quotienten nur so geringfügig,<br />

dass die Standardrundung diese Än<strong>der</strong>ungen nicht bemerkt und zu denselben<br />

Sitzzahlen führt.<br />

Ein öffentlich bekanntgegebenes Zuteilungsergebnis zu überprüfen wird also dann ganz<br />

einfach gemacht, wenn gleichzeitig ein Divisor mitveröffentlicht wird. Dabei ist es<br />

unerheblich, wenn verschiedene Quellen verschiedene Divisoren zitieren. Es ist das<br />

En<strong>der</strong>gebnis, dass eindeutig ist und sein muss, nicht die Zwischenrechnungen, die<br />

dorthin führen.<br />

Die Divisormethode mit Standardrundung (Webster/Sainte-Laguë) ist eng verwandt<br />

mit <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit verwendeten Divisormethode mit Abrundung (d’Hondt/Hagenbach-<br />

Bischoff). Letztere beruht auf “Höchstzahlen”, die aus den Wählerzahlen mittels<br />

<strong>der</strong> Teilerfolge 1, 2, 3, usw. berechnet werden. Erstere lässt sich ebenfalls mittels<br />

Höchstzahlen auswerten, dann aber mit <strong>der</strong> Teilerfolge 0.5, 1.5, 2.5, usw. Bei näherer<br />

Untersuchung stellt man fest, dass zur Auswahl eines Divisors die angegebene untere<br />

Grenze gerade die Höchstzahl ist, die den nächsten Sitz bekommen würde (SD:<br />

6 786/4.5 = 1 508.0), während die obere Grenze die Höchstzahl ist, die den letzten<br />

Sitz erhalten hat (FDP: 55 353/36.5 = 1 516.5).<br />

VI<br />

Die Divisormethode mit Standardrundung (Webster/Sainte-Laguë) besticht aber auch<br />

aus parteienorientierter Sicht. Bei wie<strong>der</strong>holter Anwendung teilt sie je<strong>der</strong> Partei genau<br />

so viele Sitze zu, wie ihr nach direkter Verhältnisrechnung (<strong>Dr</strong>eisatz) zustehen. Die<br />

im Einzelfall unvermeidlichen Schwankungen sind sehr gering; gelegentliche Vor- und<br />

Nachteile gleichen sich langfristig aus. Diese Unverzerrtheit in <strong>der</strong> Sitzzuteilung kommt<br />

bei dieser Methode eben je<strong>der</strong> Partei zu Gute, den größeren wie auch den kleineren.<br />

Bei Verwendung dieser Methode macht es deshalb einfach keinen Sinn, dass mehrere<br />

Parteien eine Listenverbindung eingehen. Denn als Listenverbindung bekämen sie in<br />

den meisten Fällen genau so viele Sitze wie einzeln, in einigen Fällen einen Sitz mehr, in<br />

an<strong>der</strong>en Fällen einen weniger. Verzichtet <strong>der</strong> Gesetzgeber darauf, Listenverbindungen<br />

zuzulassen, so erwächst den Parteien daraus kein Verlust. Für die Wähler ist ein solcher<br />

Verzicht eher ein Gewinn, da die anstehenden Alternativen in klarerer Trennung zur<br />

Wahl gestellt werden.<br />

Ganz an<strong>der</strong>s verhält es sich mit <strong>der</strong> bisherigen Divisormethode mit Abrundung<br />

(d’Hondt/Hagenbach-Bischoff). An <strong>der</strong> proportionalen Repräsentation vorbei wird<br />

hier Größe prämiert, weshalb für diese Methode Listenverbindungen sehr wohl Sinn<br />

machen. Denn indem sich kleinere Parteien zusammenschließen, werden sie in <strong>der</strong><br />

Verhältnisrechnung als etwas größere Einheit geführt und min<strong>der</strong>n dadurch die Prämie,<br />

die den ganz Großen in den Schoß gelegt wird.


– 6 –<br />

Der Erste, <strong>der</strong> diese systematischen Sitzverzerrungen zahlenmäßig herausgearbeitet<br />

hat, war Ihr Landsmann Georg Pólya (1887–1985), als er als Privatdozent an <strong>der</strong><br />

ETH Zürich am Beginn seiner akademischen Karriere stand (Anlage 3). Ich lege eine<br />

demnächst erscheinende Arbeit bei, in <strong>der</strong> wir diese Pólyaschen Ergebnisse weiter<br />

ausbauen und an Hand <strong>der</strong> Solothurner Kantonsratswahlen 1896–1997 illustrieren<br />

(Anlage 4, Seite 9–12).<br />

Aus unseren theoretischen Überlegungen und empirischen Beispielen ergibt sich,<br />

dass unverzerrte Sitzzuteilungen erst dann realisiert werden können, wenn in den<br />

Wahlkreisen mindestens doppelt so viele Sitze zur Zuteilung anstehen, als es Teilnehmer<br />

am Zuteilungsprozess hat (Anlage 4, Seite 14, Punkt 1). Da es im gegenwärtigen<br />

Kantonsrat Zürich zwölf Teilnehmer gibt (wenn man JSVPW und JSVP unter SVP<br />

subsummiert, sonst 14), müssten aus meiner Sicht etwaige Wahlkreisverbände 24 (sonst<br />

28) o<strong>der</strong> mehr Sitze aufweisen.<br />

VII<br />

Allerdings geht mir die gerade Linie verloren, wenn erst Listenverbindungen abgeschafft<br />

und dann im selben Atemzug Wahlkreisverbände eingerichtet werden. Zudem würde<br />

wohl ein Wähler in dem einen Wahlkreisverband sein Recht auf Wahlgleichheit genau<br />

so realisiert sehen wollen wie ein an<strong>der</strong>er Wähler in einem an<strong>der</strong>en Wahlkreisverband.<br />

Dieser Anspruch kann ohne weiteres befriedigt werden, wenn die Stimmenverrechnung<br />

auf Kantonsebene vollzogen wird.<br />

Ich hätte Schwierigkeiten, “ausreichende sachliche Gründe” (BGE Seite 5) zu<br />

formulieren, um die Ungleichbehandlungen von Wählerstimmen zu rechtfertigen,<br />

die zwangsläufig mit <strong>der</strong> Einführung von Wahlkreisverbänden einhergehen. In den<br />

folgenden Rechnungen habe ich deshalb von <strong>der</strong> Einführung von Wahlkreisverbänden<br />

abgesehen.<br />

Werden nun als erstes auf Grund <strong>der</strong> kantonsweiten Wählerzahlen die Sitze den<br />

Parteien zugeteilt, so sinkt das vom Bundesgericht bemängelte natürliche Quorum<br />

auf eine so geringe Hürde, dass ersatzweise an die Einführung eines direkten<br />

Quorums zu denken wäre. Damit eine gültige Stimme zuteilungsberechtigt wird<br />

und zur Verhältnisrechnung beitragen kann, müsste sie also zusätzlichen, noch zu<br />

formulierenden gesetzlichen Qualifikationen genügen. Zu diesem Punkt bin ich nicht<br />

befragt und enthalte mich einer Stellungnahme.<br />

Um trotzdem die nachfolgenden Rechnungen mit <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Sitzverteilung<br />

vergleichen zu können, behandle ich genau diejenigen Stimmen als zuteilungsberechtigt,<br />

die für Parteien o<strong>der</strong> parteilose Kandidaten abgegeben wurden, die es bei dieser Wahl<br />

in den Kantonsrat geschafft haben.


– 7 –<br />

VIII<br />

Nach diesen länglichen Vorreden komme ich nun zur eigentlichen Neuen Zürcher<br />

Zuteilungsmethode, die ich für problemangemessen halte. Sie glie<strong>der</strong>t sich in eine<br />

Oberzuteilung an die kantonsweiten Listengruppen, gefolgt von einer Unterzuteilung<br />

an die Wahlkreise. Die Unterzuteilung wird auf <strong>der</strong> “doppeltproportionalen<br />

Divisormethode mit Standardrundung” beruhen, die ich gleich erläutern werde. Zur<br />

klareren sprachlichen Abgrenzung werde ich die bisher diskutierte “Divisormethode mit<br />

Standardrundung (Webster/Sainte-Laguë)” fortan umbennen in “einfachproportionale<br />

Divisormethode mit Standardrundung”und die Namenszusätze aufgeben. Denn zwar<br />

sehe ich in den Namen einen immer wie<strong>der</strong> bedenkenswerten Hinweis darauf, dass<br />

die Menschheit früher auch nicht dümmer war als heute. Aber für die Sache<br />

sind Eigennamen wenig erhellend und verführen manchmal dazu, in <strong>der</strong> Tradition<br />

frühmittelalterlicher Scholastiker sich hinter Autoritäten zu verstecken, anstatt sich<br />

mit dem eigentlichen Problem selbst auseinan<strong>der</strong> zu setzen.<br />

IX<br />

Die Oberzuteilung an die Listengruppen benutzt die einfachproportionale Divisormethode<br />

mit Standardrundung, <strong>der</strong>en Erfolgswertoptimalität ich in Abschnit IV<br />

herausgearbeitet habe. Sie geht von den Wählerzahlen aus, die aus dem Kantonszusammenzug<br />

resultieren. Für die von mir als zuteilungsberechtigt hergenommenen<br />

Stimmen ergibt sich folgende Rechnung:<br />

Kantonsratswahl vom 18. April 1999: Oberzuteilung an die Listengruppen<br />

(auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> kantonsweiten Wählerzahlen)<br />

Listengruppe Wählerzahl Quotient Sitze<br />

01+25 FDP+JFZ 55 353 36.66 37<br />

02 SP 62 378 41.31 41<br />

03+22+27 SVP+JSVPW+JSVP 81 658 54.08 54<br />

04 Grüne 15 964 10.57 11<br />

05 CVP 18 806 12.46 12<br />

06 EVP 14 054 9.31 9<br />

07 LdU 6 745 4.48 4<br />

09 SD 6 785 4.49 4<br />

14 SaS 4 688 3.09 3<br />

19 BD 791 0.52 1<br />

20 AL 1 147 0.76 1<br />

28 EDU 5 116 3.39 3<br />

Summe 273 489 (Divisor 1 510 ) 180<br />

Einfachproportionale Divisormethode mit Standardrundung, mit Divisor 1 510. Die<br />

Wählerzahlen werden durch 1 510 geteilt und die sich ergebenden Quotienten standardmäßig—das<br />

heißt zur nächstgelegenen ganzen Zahl—gerundet. Zum Beispiel<br />

errechnet man für die FDP den Quotienten 55 353/1 510 = 36.66 und rundet ihn zu<br />

37 Sitzen. Die EDU erhält mit Quotient 5 116/1 510 = 3.39 nach Rundung 3 Sitze.


– 8 –<br />

Auf Kantonsebene ist damit <strong>der</strong> Erfolgswertgleichheit <strong>der</strong> Wähler in bestmöglicher<br />

Weise Rechnung getragen. Aus Wählersicht ist das Ideal <strong>der</strong> Wahlgleichheit soweit<br />

angenähert, wie es die Wirklichkeit erlaubt.<br />

Zudem erhält auf Kantonsebene jede Listengruppe genau das, was eine <strong>Dr</strong>eisatzrechnung<br />

für sie als Idealanspruch ergibt, abgesehen von unumgänglichen Rundungseffekten.<br />

Somit ist auch aus parteienorientierter Sicht das Ideal <strong>der</strong> proportionalen<br />

Repräsentation in größtmöglicher Weise befriedigt.<br />

Die so berechneten Listengruppensitze werden in <strong>der</strong> folgenden Unterzuteilung an<br />

die Wahlkreise nicht mehr angetastet. Sie gelten als vorgegeben, so wie auch die<br />

Wahlkreisgrößen vorgegeben sind. Dass die Wahlkreisgrößen a priori vor <strong>der</strong> Wahl<br />

festliegen und die Listengruppensitze a posteriori nach <strong>der</strong> Wahl herauskommen, ist<br />

aus Sicht <strong>der</strong> Zuteilungsrechnung unerheblich.<br />

X<br />

Die Unterzuteilung an die Wahlkreise muß damit eine doppelte Bedingung erfüllen,<br />

nämlich in die eine Richtung die vorgegebenen Wahlkreisgrößen treffen und in<br />

die an<strong>der</strong>e Richtung die in <strong>der</strong> Oberzuteilung berechneten Listengruppensitze<br />

genau ausschöpfen. Eben dies leistet die doppeltproportionale Divisormethode mit<br />

Standardrundung (Anlage 5, Kasten auf Seite 74; <strong>der</strong> erklärende Text beginnt dort<br />

mit dem letzten Absatz auf Seite 73).<br />

Die Methode arbeitet für jeden Wahlkreis mit einem Wahlkreisdivisor und für<br />

jede Listengruppe mit einem Listengruppendivisor. Die Divisoren werden dabei<br />

so ausgerechnet, dass den Nebenbedingungen in beide Richtungen Genüge getan<br />

wird. Das Zuteilungsergebnis ist auf Seite 9f ausgedruckt, einschließlich <strong>der</strong> von mir<br />

errechneten Divisoren.<br />

Wenn nun Sie eine Proberechnung anstellen wollen, um sicher zu gehen, dass ich Ihnen<br />

aus dem fernen Augsburg das richtige Ergebnis auf den Schreibtisch lege, so haben<br />

Sie es denkbar einfach. Pro Wahlkreis und Listengruppe werden die Parteistimmen<br />

durch beide Divisoren geteilt, die dazu gehören, und <strong>der</strong> sich ergebende Quotient wird<br />

standardmäßig gerundet. Das Ergebnis ist die ausgedruckte Sitzzahl.<br />

Jemand Zweites, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>s rechnet als ich, mag wohl mit an<strong>der</strong>en Divisoren<br />

daherkommen. Diese können sich aber nur sowenig von den meinigen unterscheiden,<br />

dass die Rundung <strong>der</strong> Quotienten zu denselben Sitzzahlen führt. Mit an<strong>der</strong>en Worten:<br />

Es gibt zwar unterschiedliche Wege, wie man zum Ergebnis gelangen kann, aber das<br />

Zuteilungsergebnis selbst ist eindeutig bestimmt.<br />

Bei <strong>der</strong> doppeltproportionalen Divisormethode mit Standardrundung passt die<br />

Auswertung zudem auf eine Seite. Um das Wahlergebnis zu dokumentieren, sind dann<br />

vielleicht achtzehn Seiten nötig für die Wahlkreise, eine für die Oberzuteilung an die<br />

Listengruppen und eine für die Unterzuteilung an die Wahlkreise. Die <strong>Dr</strong>ucklegung im<br />

Amtsblatt würde zwanzig Seiten brauchen, statt <strong>der</strong>zeit über 130!


Kantonsratswahl vom 18. April 1999: Unterzuteilung an die Wahlkreise<br />

(auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Parteistimmen in den Wahlkreisen)<br />

01+25 02 03+22+27 04 05 06 07 09 14 19 20 28<br />

FDP+ SP SVP+ Grüne CVP EVP LdU SD SaS BD AL EDU<br />

37 41 54 11 12 9 4 4 3 1 1 3<br />

I Stadt Zürich, Kr. 1+2 5 8 994-1 10 759-1 6 917-1 3 028-0 2 487-0 650-0 3 318-1 1 092-0 3 116-1 352-0 43<br />

II Stadt Zürich, Kr. 3+9 13 23 760-1 65 841-4 51 106-3 10 457-1 14 443-1 10 532-1 4 630-0 11 515-1 17 834-1 100<br />

III Stadt Zürich, Kr. 4+5 5 1 641-0 7 764-2 4 231-1 2 064-1 1 237-0 389-0 524-0 813-0 1 104-0 1 759-1 22<br />

IV Stadt Zürich, Kr. 6+10 9 28 122-2 41 111-3 27 742-2 8 703-1 7 898-1 4 737-0 4 446-0 3 719-0 7 048-0 2 108-0 1433-0 98<br />

V Stadt Zürich, Kr. 7+8 7 28 613-3 22 557-2 13 228-1 6 715-1 4 569-0 2 695-0 2 820-0 1 349-0 3 017-0 1 047-0 60<br />

VI Stadt Zürich, Kr. 11+12 12 20 883-2 45 739-3 49 406-4 6 079-0 12 619-1 6 212-0 6 236-0 8 297-1 15 101-1 2 587-0 2119-0 85.8<br />

VII Dietikon 11 32 486-3 33 876-3 56 346-4 6 965-0 18 462-1 3 779-0 5 615-0 3 248-0 1394-0 80<br />

VIII Affoltern 6 15 345-2 12 615-1 22 078-3 3 399-0 2 421-0 1 778-0 2 959-0 278-0 1924-0 52<br />

XI Horgen 16 107 621-4 84 518-3 107 222-4 18 071-1 37 517-2 23 678-1 10 830-1 6 973-0 4381-0 148<br />

X Meilen 13 94 653-4 56 487-2 99 618-4 15 327-1 19 545-1 17 349-1 2 033-0 6477-0 150<br />

XI Hinwil 11 32 360-2 35 806-2 62 938-3 15 004-1 19 263-1 16 870-1 8 167-0 8735-1 120<br />

XII Uster 15 71 530-3 78 139-3 95 358-4 16 863-1 22 062-1 14 837-1 9 694-1 11 382-1 1 184-0 6282-0 133.15<br />

XIII Pfäffikon 7 15 850-1 15 724-1 32 416-3 6 168-0 3 720-0 7 529-1 4013-1 75<br />

XIV Stadt Winterthur 13 46 568-2 78 293-4 58 511-3 18 377-1 20 377-1 21 149-1 11 201-1 6 111-0 4885-0 120<br />

XV Winterthur-Land 7 15 883-2 15 345-1 34 081-3 5 512-0 4 063-0 7 306-1 3 263-0 2049-0 64<br />

XVI Andelfingen 4 4 733-1 5 656-1 16 223-2 2 255-0 1 040-0 1 231-0 1122-0 50<br />

XVII Bülach 16 59 210-2 72 907-3 130 701-5 19 814-1 24 622-1 20 016-1 8 788-0 11 546-1 12 660-1 8071-1 148<br />

XVIII Dielsdorf 10 22 166-2 22 995-2 49 381-4 8 276-1 7 391-1 3 231-0 6 405-0 3195-0 85<br />

162 167.7 163 176 160 170 145.58 154 144 100 100 100<br />

– 9 –<br />

Doppeltproportionale Divisormethode mit Standardrundung, mit (kursiv gesetzten) Wahlkreisgrößen links, kantonsweiten<br />

Listengruppensitzen oben, Wahlkreisdivisoren rechts und Listengruppendivisoren unten. Pro Wahlkreis<br />

und Listengruppe werden die Parteistimmen durch beide zugehörigen Divisoren geteilt und <strong>der</strong> Quotient<br />

standardgerundet zur Sitzzahl. Der Eintrag 8 994-1 (Wahlkreis I, FDP) besagt, dass mit Quotient 8 994/(43 · 162) =<br />

1.3 dorthin ein Sitz entfällt. In Wahlkreis XVIII erhält die EDU mit Quotient 3 195/(85 · 100) = 0.4 keinen Sitz.


– 10 –<br />

Kantonsratswahl vom 18. April 1999: Oberzuteilung an die Listengruppen<br />

(auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> kantonsweiten Wählerzahlen)<br />

Listengruppe Wählerzahl Quotient Sitze<br />

01+25 FDP+JFZ 55 353 36.66 37<br />

02 SP 62 378 41.31 41<br />

03+22+27 SVP+JSVPW+JSVP 81 658 54.08 54<br />

04 Grüne 15 964 10.57 11<br />

05 CVP 18 806 12.46 12<br />

06 EVP 14 054 9.31 9<br />

07 LdU 6 745 4.48 4<br />

09 SD 6 785 4.49 4<br />

14 SaS 4 688 3.09 3<br />

19 BD 791 0.52 1<br />

20 AL 1 147 0.76 1<br />

28 EDU 5 116 3.39 3<br />

Summe 273 489 (Divisor 1 510 ) 180<br />

Einfachproportionale Divisormethode mit Standardrundung, mit Divisor 1 510.<br />

Die Wählerzahlen<br />

werden durch 1 510 geteilt und die sich ergebenden Quotienten standardmäßig—das heißt zur<br />

nächstgelegenen ganzen Zahl—gerundet. Zum Beispiel errechnet man für die FDP den Quotienten<br />

55 353/1 510 = 36.66 und rundet ihn zu 37 Sitzen. Die EDU erhält mit Quotient 5 116/1 510 = 3.39<br />

nach Rundung 3 Sitze.<br />

Kantonsratswahl vom 18. April 1999: Unterzuteilung an die Wahlkreise<br />

(auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Parteistimmen in den Wahlkreisen)<br />

01+25 02 03+22+27 04 05 06 07 09 14 19 20 28<br />

FDP+ SP SVP+ Grüne CVP EVP LdU SD SaS BD AL EDU<br />

37 41 54 11 12 9 4 4 3 1 1 3<br />

I Stadt Zürich, Kr. 1+2 5 8 994-1 10 759-1 6 917-1 3 028-0 2 487-0 650-0 3 318-1 1 092-0 3 116-1 352-0 43<br />

II Stadt Zürich, Kr. 3+9 13 23 760-1 65 841-4 51 106-3 10 457-1 14 443-1 10 532-1 4 630-0 11 515-1 17 834-1 100<br />

III Stadt Zürich, Kr. 4+5 5 1 641-0 7 764-2 4 231-1 2 064-1 1 237-0 389-0 524-0 813-0 1 104-0 1 759-1 22<br />

IV Stadt Zürich, Kr. 6+10 9 28 122-2 41 111-3 27 742-2 8 703-1 7 898-1 4 737-0 4 446-0 3 719-0 7 048-0 2 108-0 1433-0 98<br />

V Stadt Zürich, Kr. 7+8 7 28 613-3 22 557-2 13 228-1 6 715-1 4 569-0 2 695-0 2 820-0 1 349-0 3 017-0 1 047-0 60<br />

VI Stadt Zürich, Kr. 11+12 12 20 883-2 45 739-3 49 406-4 6 079-0 12 619-1 6 212-0 6 236-0 8 297-1 15 101-1 2 587-0 2119-0 85.8<br />

VII Dietikon 11 32 486-3 33 876-3 56 346-4 6 965-0 18 462-1 3 779-0 5 615-0 3 248-0 1394-0 80<br />

VIII Affoltern 6 15 345-2 12 615-1 22 078-3 3 399-0 2 421-0 1 778-0 2 959-0 278-0 1924-0 52<br />

XI Horgen 16 107 621-4 84 518-3 107 222-4 18 071-1 37 517-2 23 678-1 10 830-1 6 973-0 4381-0 148<br />

X Meilen 13 94 653-4 56 487-2 99 618-4 15 327-1 19 545-1 17 349-1 2 033-0 6477-0 150<br />

XI Hinwil 11 32 360-2 35 806-2 62 938-3 15 004-1 19 263-1 16 870-1 8 167-0 8735-1 120<br />

XII Uster 15 71 530-3 78 139-3 95 358-4 16 863-1 22 062-1 14 837-1 9 694-1 11 382-1 1 184-0 6282-0 133.15<br />

XIII Pfäffikon 7 15 850-1 15 724-1 32 416-3 6 168-0 3 720-0 7 529-1 4013-1 75<br />

XIV Stadt Winterthur 13 46 568-2 78 293-4 58 511-3 18 377-1 20 377-1 21 149-1 11 201-1 6 111-0 4885-0 120<br />

XV Winterthur-Land 7 15 883-2 15 345-1 34 081-3 5 512-0 4 063-0 7 306-1 3 263-0 2049-0 64<br />

XVI Andelfingen 4 4 733-1 5 656-1 16 223-2 2 255-0 1 040-0 1 231-0 1122-0 50<br />

XVII Bülach 16 59 210-2 72 907-3 130 701-5 19 814-1 24 622-1 20 016-1 8 788-0 11 546-1 12 660-1 8071-1 148<br />

XVIII Dielsdorf 10 22 166-2 22 995-2 49 381-4 8 276-1 7 391-1 3 231-0 6 405-0 3195-0 85<br />

162 167.7 163 176 160 170 145.58 154 144 100 100 100<br />

Doppeltproportionale Divisormethode mit Standardrundung, mit (kursiv gesetzten) Wahlkreisgrößen links, kantonsweiten<br />

Listengruppensitzen oben, Wahlkreisdivisoren rechts und Listengruppendivisoren unten. Pro Wahlkreis<br />

und Listengruppe werden die Parteistimmen durch beide zugehörigen Divisoren geteilt und <strong>der</strong> Quotient<br />

standardgerundet zur Sitzzahl. Der Eintrag 8 994-1 (Wahlkreis I, FDP) besagt, dass mit Quotient 8 994/(43 · 162) =<br />

1.3 dorthin ein Sitz entfällt. In Wahlkreis XVIII erhält die EDU mit Quotient 3 195/(85 · 100) = 0.4 keinen Sitz.


– 11 –<br />

Papier hat natürlich kein Gewicht, es ist die gewonnene Transparenz, die schwer<br />

wiegt. Je<strong>der</strong> Wähler kann für seine Listengruppe in seinem Wahlkreis die Sitzzuteilung<br />

überprüfen, indem er drei Zahlen in den Taschenrechner tippt und den Quotienten, den<br />

er sieht, im Kopf zur nächstgelegenen ganzen Zahl rundet. Das geltende System ist<br />

weit davon entfernt, den Wählern einen ähnlichen Einblick zu gestatten.<br />

Die Neue Zürcher Zuteilungsmethode mit <strong>der</strong> Zweistufigkeit von Ober- bzw.<br />

Unterzuteilung gemäß einfach- bzw. doppeltproportionaler Divisormethode mit<br />

Standardrundung bringt in je<strong>der</strong> Hinsicht Verbesserungen mit sich. Vor allem trägt<br />

sie dem verfassungsrechtlichen Grundsatz <strong>der</strong> Wahlgleichheit besser Rechnung. Und<br />

als Zugabe erleichtert sie den Wählern das Nachrechnen des Wahlergebnisses.<br />

Wenn man das Zuteilungsergebnis auf Seite 9f vergleicht mit dem, was nach<br />

geltendem Recht vollzogen wurde, so empfinde ich persönlich die Übereinstimmung<br />

als sensationell. Auch wenn die Neue Zürcher Zuteilungsmethode besser ist als die<br />

alte—und das Bundesgericht die alte kassieren zu müssen glaubte—: so schlecht war<br />

die alte Methode nun auch wie<strong>der</strong> nicht.<br />

XI<br />

Aber alles hat seinen Preis, hier wird <strong>der</strong> Preis bei <strong>der</strong> Unterzuteilung an die Wahlkreise<br />

gezahlt. Denn zwar ist das Nachrechnen des Zuteilungsergebnisses denkbar einfach und<br />

braucht we<strong>der</strong> Papier noch Bleistift, son<strong>der</strong>n nur einen Taschenrechner. Dagegen ist<br />

das Ausrechnen <strong>der</strong> Divisoren aufwändig und Papier und Bleistift o<strong>der</strong> Taschenrechner<br />

würden nicht genügen.<br />

Zur Berechnung <strong>der</strong> Listengruppen- und Wahlkreisdivisoren ist wohl ein (kleines) PC-<br />

Programm unverzichtbar. Unter Statistikern ist das zu programmierende Verfahren<br />

bekannt als “alternierende Skalierung” (engl. alternating scaling) o<strong>der</strong> auch “iterative<br />

proportionale Anpassung” (engl. iterative proportional fitting). Die einzelnen<br />

Rechenschritte sind überhaupt nicht schwierig und können leicht im gymnasialen<br />

<strong>Mathematik</strong>unterricht erarbeitet werden, es sind nur ziemlich viele. (Irgendwo muß die<br />

langweilige Rechenarbeit, die bisher über 130 Seiten füllt, halt doch geleistet werden.<br />

Ein Computer erscheint mir als Ablageort geeigneter als das Amtsblatt.) Für die<br />

nicht mehr schulpflichtigen Wähler sollte ein entsprechendes Computerprogramm vom<br />

Statistischen Amt im Internet bereit gestellt und gepflegt werden.


– 12 –<br />

Sehr geehrter Herr Schuhmacher, dieser Brief gibt Ihnen vielleicht mehr Hausaufgaben<br />

auf, als Ihnen lieb ist. Sollte ich in irgendeiner Art weiter helfen können, so zögern<br />

Sie bitte nicht, mich anzufragen. Unser deutsches Wahlsystem hat auch seine Tücken.<br />

Mit diesen beschäftige ich mich in dem gerade gedruckten Report 449, den ich zu Ihrer<br />

gelegentlich Entspannung ebenfalls beilege.<br />

Mit freundlichen Grüßen!<br />

<strong>Professor</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Friedrich</strong> <strong>Pukelsheim</strong><br />

Anlagen:<br />

1. Namenspatrone (2002g)<br />

2. Buchbesprechung (2002i)<br />

3. Pólya (2001b)<br />

4. Seat biases (2003c)<br />

5. Wahlen in Mexiko (Balinski)<br />

6. Report 449 (2003b)<br />

Anlagen 1–4 und 6 sind im Internet abrufbar unter<br />

www.uni-augsburg.de/pukelsheim/publikationen.html<br />

reproduziert am 6. April 2004/tk<br />

www.uni-augsburg.de/pukelsheim/2003f.pdf

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