Heft 3 / 2010 - UniversitätsVerlagWebler
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Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte<br />
HM<br />
sonstige Aussagen zu erfassen und in eine Ordnung zu bringen.<br />
Vordergründige Beweggründe waren die Erfassung aller<br />
möglichen, nicht allein der bereits „bewiesenen“ Aussagen<br />
sowie die Transparentmachung des Vorverständnisses (vgl.<br />
Rößl 1990, S. 100). Dies soll die Forscher/innen mit dem<br />
Forschungsobjekt vertraut machen, ihnen Gelegenheit<br />
geben, umfassend Forschungsfragen generieren und später<br />
die Antworten treffend einordnen und bewerten zu können.<br />
Der Forschungsrahmen stellt dann ein provisorisches Erklärungsmodell<br />
dar. Er enthält vorläufige, alternative Interpretationsmuster<br />
– die so genannten Arbeitsthesen. Die<br />
Methodik ihrer Erarbeitung ist letztlich ohne Bedeutung.<br />
Als Ausgangspunkt der Generierung der Arbeitsthesen<br />
dient üblicherweise eine kumulierte Literaturauswertung,<br />
der theoretischen, abtrakt-logischen wie empirischen Studien,<br />
die möglicherweise für das Untersuchungsobjekt methodisch<br />
und inhaltlich relevant sein können (vgl. Kubicek<br />
1977, S. 20ff.). Durch die Erarbeitung des Forschungsrahmens<br />
besteht dann ausreichendes Know-how, geeignete<br />
Erhebungsmethoden zweckorientiert auszuwählen, zu begründen<br />
und gedanklich umzusetzen. Dies betrifft die Erhebung<br />
ebenso wie die Auswertung und Darstellung der Untersuchungsergebnisse.<br />
Die Inhalte des Forschungsrahmens<br />
sind dabei nicht als starrer Rahmen mit unveränderlichem<br />
Charakter zu verstehen. Sie sind laufend für Reformulierungen<br />
offen (vgl. Kubicek 1977, S. 14; Staehle 1977, S. 113;<br />
Osterloh 1982, S. 14).<br />
4.2 Zur Auswahl der Quellen<br />
Um den Objektbereich möglichst umfassend abdecken zu<br />
können, wurde bei der Wahl theoretischer respektive logisch-analytisch<br />
fundierter Quellen als Ideengeber für die<br />
Fundierung des Forschungsrahmens dem Pluralismuspostulat<br />
gefolgt. Als Einschränkung war für das zugrunde gelegte<br />
Projekt zielführend, sich auf Objekttheorien zu beschränken<br />
und Metatheorien außen vor zu lassen.<br />
Bei der Wahl der zu betrachtenden Theorien wurde ein<br />
Schwerpunkt auf die sog. organisationstheoretischen Ansätze<br />
gelegt. Einbezogen wurden sowohl ökonomische<br />
Theorien als auch Theorien, die nicht originär aus der Ökonomie<br />
stammen, aber in der ökonomischen Fachliteratur<br />
angewendet werden. Auswahlkriterien waren der angenommene<br />
Erkenntniswert und uns bekannte Objektanwendungen.<br />
So wurden Ansätze der neuen Institutionenökonomie<br />
(v.a. die Agenturtheorie), der Neo-Institutionalismus,<br />
die Anreiz-Beitrags-Theorie und der ressourcenorientierte<br />
Ansatz (vgl. Kieser/Ebers 2006; Kieser/Walgenbach 2007)<br />
gezielter untersucht. Wenn auch für unterschiedliche Ansatzpunkte,<br />
so versprachen diese Ansätze zweckmäßige<br />
Analyseideen.<br />
Des Weiteren sollten theoretische Ansätze aufgegriffen<br />
werden, die einen direkten Bezug zur Hochschulforschung<br />
haben. Da hier noch nicht von einer Disziplin mit eigenen<br />
Theorien und Methoden gesprochen werden kann, hat sich<br />
der theoretische Blickwinkel für den Objektbereich der<br />
Hochschulen auf das New Public Management beschränkt<br />
(vgl. Schedler/Proeller 2000, S. 47; Vogel 2006, S. 60; Grüning<br />
2000, S. 23ff.).<br />
Bei der Suche nach empirischen Studien wurden keine<br />
Schwerpunkte auf bestimmte Disziplinen gelegt, um den<br />
Blickwinkel für den zu entwickelnden Forschungsrahmen<br />
nicht verfrüht einzuschränken. Die Studien sollten sich lediglich<br />
auf die vorliegenden Forschungsfragen beziehen,<br />
also Anreize in der Lehre, Steuerung von Hochschulen oder<br />
Professoreneinführung an Hochschulen. Aus der Menge der<br />
relevanten Studien gab es einen Anteil, der keine Grundlagentheorie<br />
verwendet oder expliziert hat, und einen, der<br />
die zu Grunde liegenden Theorien erläutert hat. Bei Letzterem<br />
konnte zudem überprüft werden, ob es für die Forschungsfrage<br />
relevante theoretische Ansätze gibt, die noch<br />
nicht berücksichtigt wurden.<br />
Daneben wurde bei der Suche (wie Auswertung) auch darauf<br />
geachtet, ob neben den theoretischen und empirischen<br />
Quellen noch andere, eher pragmatische Konzepte oder logisch-abstrakte<br />
Abhandlungen zu den Themenstellungen<br />
vorliegen. Auch diese können prinzipiell sinnvolle Ideen für<br />
das Erkenntnisobjekt beinhalten. Dies trifft auch zu auf weitere<br />
Methoden, wie der Umsetzung von Praxiserfahrungen,<br />
Analogieschlüsse, Intuition, Plausibilitätsüberlegungen, Gespräche<br />
mit Kollegen, Praktikern oder Beratern (vgl. Kubicek<br />
1977, S. 20ff.; Becker 2006, S. 293f.).<br />
4.3 Entwicklung von Arbeitsthesen<br />
Nach der Sichtung und Auswahl an objektspezifischen<br />
Theorien, Studien und Konzepten wurde die Entwicklung<br />
von Arbeitsthesen auf unterschiedliche Weise vorangetrieben.<br />
(Es wird hier bewusst nicht von Hypothesen gesprochen,<br />
um die damit in der Scientific Community verbundene<br />
strengere Wortkonnotation zu vermeiden. Zwar sind<br />
auch mit Arbeitsthesen Wenn-Dann-Beziehungen verbunden,<br />
aber lediglich als Möglichkeit, nicht als Wahrscheinlichkeit.)<br />
Die Theorien wurden kurz zusammengefasst, um einen eigenen<br />
systematischen Überblick über die jeweiligen<br />
grundsätzlichen Vorgehensweisen zu erlangen. Es folgte<br />
eine weiterführende Literaturrecherche, um herauszufinden,<br />
ob es bereits Abhandlungen mit dem jeweiligen Ansatz<br />
zu Hochschulen gibt. Diese wurde ergänzt durch logische<br />
Überlegungen, wie die theoretischen Ansätze auf das<br />
Erkenntnisobjekt angewendet werden können. Abschließend<br />
konnte aufgeführt werden, welche theoretischen<br />
Aussagen für die speziellen Forschungsfragen relevant<br />
sind respektive sein könnten.<br />
Zur Verdeutlichung werden drei Beispiele aufgeführt:<br />
• Aus der Agenturtheorie wurde die Annahme aufgegriffen,<br />
dass Menschen rational handeln und vornehmlich materiell<br />
zu steuern sind. Demgegenüber konnte aus der Anreiz-Beitrags-Theorie<br />
die Bedeutung immaterieller Anreize<br />
herausgestellt werden.<br />
• Aus einer Betrachtung von Dilger, der unter anderem die<br />
Wirkung der leistungsorientierten Komponenten der W-<br />
Besoldung anhand agenturtheoretischer Thesen untersucht<br />
hat, wurde folgende Aussage übernommen: Die W-<br />
Besoldung hat zu geringe leistungsabhängige Bestandteile,<br />
um tatsächlich einen Anreiz zu schaffen. Die Anreize<br />
sind so gering ausgestattet, dass sie nicht wie vorgesehen<br />
positive, sondern sogar negative Wirkungen entfalten<br />
können (vgl. Dilger 2001, S. 132-148; Noack 2008, S.<br />
251).<br />
• Auf Basis eigener Übertragungen der Agenturtheorie entstand<br />
folgende Idee: Es gibt neben den vertraglichen Vereinbarungen<br />
mit dem Agenten (in diesem Fall können<br />
90 HM 3/<strong>2010</strong>