Fachsimpeln über eine Unvollendete - Das Buch zum BAK Kriwoi Rog

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Donnerstag, 24. April 2008
Fachsimpeln über eine Unvollendete
Fast sieben Jahre lang bauten bis zu 1300 Arbeiter und Ingenieure am
Bergbau- und Aufbereitungskombinat Kriwoi Rog (BAK) in der
ukrainischen Provinz. Heute ist das nie fertiggestellte Kombinat wohl eine
der größten Investruinen der Welt. Am Bau beteiligte Deutsche trafen sich
am vergangenen Wochenende, rund 22 Jahre nach Baubeginn, in
Luisenthal.
LUISENTHAL.
"Es gibt bei uns regelmäßig Treffen, heute sind vor allem ehemalige
Leitungskader gekommen", erklärt Lutz Noack (64), Organisator des
Kollegentreffens mit rund 80 Personen im Luisenthaler Hotel "Berghof".
Der in der Nähe von Halle wohnende Noack war einst auf der Baustelle als
Betreiber-Chef tätig, ist schwer verunglückt und inzwischen Invalide. Er
kam mit der Ukrainerin Anna - seiner Lebensretterin von einst und
heutigen Ehefrau. Natürlich hat Lutz Noack zwiespältige Erinnerungen an
das Abenteuer "BAK". "Ökonomisch war der Bau von Anfang an
zweifelhaft. Wir arbeiteten stets im Schatten der Trasse und sind heute
von der Geschichte vergessen."Tatsächlich ist das riesige
Industriebauvorhaben in der ukrainischen Steppe bei Dolinskaja kaum
bekannt, obwohl in Spitzenzeiten bis zu 1300 Arbeiter aus der DDR,
CSSR, Rumänien und Bulgarien von 1985 an sieben harte Jahre lang dort
gearbeitet haben. Im Jahr 1992 war es, da zog der damalige
bundesdeutsche Wirtschaftminister Jürgen Möllemann die Reißleine und
holte alle Arbeiter nach Hause. Bis dahin hatten beide deutsche Staaten
schätzungsweise zwei Milliarden DM verbaut.Das Bergbau- und
Aufbereitungskombinat Kriwoi Rog (BAK) wurde als
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Gemeinschaftsvorhaben des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe
(RGW), des einstigen Wirtschaftsverbands der sozialistischen Länder,
geplant. Ziel war es, die riesigen Abraumhalden der ukrainischen
Eisenerzförderung, auf denen oxidiertes Eisenerz mit einem geringen
Eisenanteil lagerte, in dem Kombinat in Erzpellets zu verwandeln, die für
die Metallurgie verwendbar wären. Die DDR-Arbeiter errichteten
"außerplanmäßig" Werkhallen, Anlagen, Verwaltungsgebäude sowie Teile
einer Wohnsiedlung. Geplant war die Anlage für rund 34 Millionen Tonnen
pro Jahr. Fakt ist, es hat nie eine größere Menge Erzpellets aus Kriwoi
Rog den Weg in einen Hochofen gefunden. Es wurde weder vor noch
nach der Wende viel über dieses unvollendete Bauvorhaben veröffentlicht
- kein Vergleich zur gleichzeitig gebauten Gastrasse. "Das BAK war ein
Lebensabschnitt, ich habe menschlich und fachlich dazugelernt", sagt
Iryna Berndt. "Zweifel an dem Projekt hatte ich erst mit dem
Zusammenbruch der Sowjetunion." Iryna lernte ihren Ehemann Wolfgang,
er war zweieinhalb Jahre Bauleiter, bei Verhandlungen mit der Gegenseite
kennen. Inzwischen hat die Ukrainerin die deutsche Staatsbürgerschaft
und lebt mit Wolfgang Berndt in Hamburg als diplomierte Übersetzerin für
fünf Sprachen.Für die Mehrzahl der deutschen Arbeiter war der Job in der
Ukraine, mit heißen Sommermonaten und bitterkalten Winterwochen, ein
einziges großes Abenteuer. "Und die Autokarte lockte", erinnert sich der
einstige Dolmetscher Rolf Junghanns an die Vergünstigung, innerhalb von
"nur" zwei Jahren einen Pkw zu erhalten. Der Leipziger erhielt zwar seinen
"Trabant" erst mit der Wende, möchte aber trotzdem an die vergangene
Zeit erinnern. Mit einem Buch. Denn: "Wir wollen mit Stolz zeigen, was wir
geleistet haben." Junghanns gehört zum Herausgeberteam des BAK-
Buchs. Im Gegensatz zu ihrer Baustelle wollen die Schreiber das Buch
vollenden und Ende April herausgeben. Enthalten ist eine bunte BAK-
Mischung aus Anekdoten, Erlebnisberichten, Interviews und natürlich auch
Sachtexten sowie Fotos. Beim Treffen in Luisenthal kursierte schon eine
Art Vorexemplar des Druckwerks, das unter den Kollegen ausgiebig
besprochen wurde.Trotz des langen Fachsimpelns über die unvollendete
Baustelle kam auch die Erholung bei den durchweg schon etwas betagten
ehemaligen BAK-Arbeitern nicht zu kurz, und so wurden Ausflüge in den
Thüringer Wald um Luisenthal unternommen. Dirk BERNKOPF http://www.
bakbuch.de.
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