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10 Jahre WG Fluematt

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<strong>Fluematt</strong><br />

Wohngemeinschaft<br />

Dagmersellen<br />

Stiftung zur Förderung der Lebensqualität Schwerstbehinderter<br />

<strong>10</strong> <strong>Jahre</strong><br />

<strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong>


2 <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong><strong>WG</strong><strong>Fluematt</strong> Wohngemeinschaft<br />

<strong>Fluematt</strong><br />

Dagmersellen<br />

Lebensqualität für Menschen mit<br />

körperlicher Behinderung<br />

Annelies Bättig-Leuenberger,<br />

Leiterin Wohngemeinschaft<br />

<strong>Fluematt</strong>, Dagmersellen<br />

Angestellt seit dem 1.9.1999<br />

Geschätzte Gönnerinnen<br />

und Gönner<br />

Sehr geehrte Damen und<br />

Herren<br />

Der Eröffnung der <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong><br />

am 1. April 2000 ging die<br />

Idee, angepassten Wohnraum<br />

mit Beschäftigungsmöglichkei-<br />

ten für Menschen mit schwersten<br />

körperlichen Behinderungen<br />

zu schaffen, und mehrjährige<br />

intensive Vorbereitungsarbeit<br />

voraus. Waren es zu<br />

Beginn eher Übergangslösungen,<br />

welche in Anspruch genommen<br />

wurden, werden heute<br />

praktisch ausschliesslich<br />

Dauerwohnplätze vermietet.<br />

Bei der Vermietung des Ferienzimmers<br />

besteht eine grosse<br />

Nachfrage und seit <strong>Jahre</strong>n verbringen<br />

unter anderen immer<br />

wieder die gleichen Personen<br />

ihre Ferien in der <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong>.<br />

Gerne blicke ich zurück in die<br />

Anfangsphase der <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong>,<br />

welche geprägt war von<br />

Veränderungen und Entwicklungen.<br />

Die «kleine Familie»<br />

von damals ist heute ein Unternehmen,<br />

welches auf einem<br />

äusserst stabilen personellen,<br />

strukturellen und finanziellen<br />

Fundament steht.<br />

Seit dem 1. April 2000 hat sich<br />

einiges (IV-Finanzierung, NFA,<br />

Projekt Assistenzbudget, QMS,<br />

etc.) verändert. Wir stehen tagtäglich<br />

vor dem Problem, wie<br />

wir angesichts der staatlichen<br />

Mittelkürzungen, angesichts<br />

der steigenden Rentenempfänger<br />

und angesichts des wachsenden<br />

Wettbewerbsdrucks<br />

weiter bestehen können.<br />

Gleichzeitig wachsen die Bedürfnisse<br />

der Anspruchsgruppen.<br />

Menschen mit Behinderungen<br />

fordern zunehmend,<br />

trotz erheblicher Behinderung<br />

selbstbestimmt und eigenverantwortlich<br />

leben zu dürfen.<br />

Auf Grund der positiven Erfahrungen<br />

mit dem Pilotversuch<br />

Assistenzbudget könnte zukünftig<br />

ein Assistenzbeitrag<br />

eingeführt werden und somit<br />

den Weg zu einem selbständigen<br />

Leben öffnen und erleichtern.<br />

Ich bin aber überzeugt, dass es<br />

auch in Zukunft institutionelle<br />

Angebote für Menschen mit<br />

Behinderung braucht und geben<br />

wird. Unsere oberste Priorität<br />

ist und bleibt, den Menschen<br />

mit Behinderung ein optimales<br />

Wohn- und Betreuungsangebot,<br />

in welchem sie<br />

auch im institutionellen Rahmen<br />

selbstbestimmt und eigenverantwortlich<br />

leben können,<br />

anzubieten.<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

2 Editorial<br />

3 Heute<br />

Wohngemeinschaft<br />

4 Porträt Liliane Wyss<br />

5 Porträt Cyrill Guyer<br />

6 Aktives Leben in der<br />

<strong>Fluematt</strong><br />

7 Arbeit im Atelier<br />

Mitarbeit in der Küche<br />

8 Ausblick ins<br />

Jubiläumsjahr<br />

Impressum<br />

Redaktion:<br />

Melek Sarikurt-Camci (Leitung)<br />

Karin Raess-Bolliger<br />

Fotos:<br />

Karin Raess-Bolliger<br />

Heidi Bono<br />

René Pletscher<br />

<strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong><br />

Produktkoordination:<br />

Jacqueline Gut<br />

Layout:<br />

Margrit Suter / Jacqueline Gut<br />

Auftraggeber:<br />

Wohngemeinschaft <strong>Fluematt</strong><br />

Dagmersellen<br />

Druck/Verarbeitung:<br />

Zofinger Tagblatt AG<br />

Medien- und Printunternehmen<br />

Henzmannstrasse 20<br />

4800 Zofingen<br />

Telefon 062 745 93 93


3 <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong><strong>WG</strong><strong>Fluematt</strong> Wohngemeinschaft<br />

<strong>Fluematt</strong><br />

Dagmersellen<br />

Wohngemeinschaft <strong>Fluematt</strong><br />

Auf der Suche nach geeigneten<br />

Räumlichkeiten stiessen die<br />

Initianten auf das Gebäude der<br />

alten «<strong>Fluematt</strong>e», des ehemaligen<br />

Alters- und Pflegeheims<br />

von Dagmersellen.<br />

Im <strong>Jahre</strong> 1971 war dieses Gebäude<br />

an die Stelle des 130<br />

<strong>Jahre</strong> alten Bürgerheims «Stermel»<br />

getreten. Den Weg zur<br />

Realisierung der neuen Wohngemeinschaft<br />

in diesem Gebäude<br />

geebnet hatten Dr.<br />

Guido A. Zäch vom Paraplegikerzentrum<br />

Nottwil und die Albert<br />

Koechlin Stiftung AKS. Sie<br />

übernahm einen grossen Teil<br />

der Umbaukosten und kam für<br />

die Spezialeinrichtungen auf.<br />

Sechs <strong>Jahre</strong> dauerte es, bis das<br />

Projekt realisiert werden konnte.<br />

18 Studios und eine Wohnung<br />

Eröffnet wurde die <strong>WG</strong> am<br />

1. April 2000 mit 5 BewohnerInnen<br />

und 9 Betreuenden. Heute<br />

leben 19 BewohnerInnen in<br />

der <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong>. Sie ist Arbeitsort<br />

für 60 Angestellte. Das<br />

Angebot der <strong>WG</strong> umfasst 18<br />

1 1 ⁄2-Zimmer-Studios mit eigener<br />

Nasszelle sowie eine grosse<br />

3 1 ⁄2-Zimmer-Wohnung.<br />

Mitarbeitende der <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong>.<br />

Leitungsteam der <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong> (v.l.n.r.): Annelies Bättig-Leuenberger,<br />

Gesamtleitung; Rita Meyer, Bereichsleitung Hauswirtschaft;<br />

Heidi Stadelmann, Bereichsleitung Pflege/Betreuung und<br />

Stv. Gesamtleitung; Luzia Dillier, Bereichsleitung Tagesstruktur/Sozialpädagogik.<br />

Die Studios werden an Menschen<br />

mit schwersten körperlichen<br />

Behinderungen vermietet.<br />

Die grosszügigen Studios<br />

dienen als neues Zuhause, als<br />

Übergangslösung oder als Kurzaufenthalt.<br />

Ein Studio kann für Kurzaufenthalte<br />

(Ferien oder Entlastung<br />

Angehörige) gemietet werden.<br />

Die Wohnung besitzt ebenfalls<br />

den hohen technischen Stan-<br />

dard wie die Studios. Selbstverständlich<br />

gibt es auch öffentliche<br />

Räume (Meditationsraum,<br />

Wohnzimmer mit Hifi-Anlage<br />

und Beamer, Atelier, Computerraum),<br />

welche allen Bewohner-<br />

Innen zugänglich sind und ein<br />

öffentliches Café mit malerischer<br />

Terrasse, Spielplatz und<br />

Biotop. Auch drei Spezialfahrzeuge<br />

gehören zur <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong>.<br />

Ein Zuhause für<br />

Menschen mit einer<br />

schweren körperlichen<br />

Behinderung<br />

Die Wohngemeinschaft <strong>Fluematt</strong><br />

in Dagmersellen bietet seit<br />

dem Jahr 2000 insgesamt 19<br />

Frauen und Männern mit einer<br />

schweren körperlichen Behinderung,<br />

darunter auch Dauerbeatmete,<br />

eine angepasste<br />

Wohnmöglichkeit.<br />

Neben fachkompetenter Pflege,Therapie<br />

und Betreuung bestehen<br />

für die Bewohnerinnen<br />

und Bewohner auch Arbeitsund<br />

Beschäftigungsmöglichkeiten<br />

im und ausser Haus.<br />

Die Initiative zu diesem Wohnangebot<br />

ergriffen Personen,<br />

welche seit mehreren <strong>Jahre</strong>n aktiv<br />

in der Pflege und Therapie<br />

von Para- und Tetraplegikern im<br />

Paraplegikerzentrum Nottwil<br />

engagiert waren. Als Folge dieses<br />

beruflichen Engagements<br />

mit schwerstbehinderten Patienten<br />

setzten sie sich intensiv mit<br />

den Möglichkeiten des Überlebens<br />

und des Weiterlebens der<br />

hochgelähmten und dauerbeatmeten<br />

Personen nach dem Rehabilitationsaufenthalt<br />

in der<br />

Klinik auseinander. Zur Realisierung<br />

der <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong> wurde<br />

1997 die Stiftung zur Förderung<br />

der Lebensqualität Schwerstbehinderter<br />

(FLS) mit den Stiftern<br />

Albert Koechlin StiftungAKS Luzern,<br />

Einwohnergemeinde Dagmersellen,<br />

Paraplegiker Stiftung<br />

Nottwil und SUVA Luzern gegründet.<br />

Der Alltag in der <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong><br />

finanziert sich durch die Bewohner<br />

selber (über IV-Renten,<br />

Hilflosenentschädigungen, Ergänzungsleistungen),<br />

durch<br />

Subventionen des Kantons und<br />

nicht zweckgebundende Spenden<br />

sowie durch Erträge von<br />

Dienstleistungen an Dritte.<br />

Kontaktadresse:<br />

Wohngemeinschaft <strong>Fluematt</strong><br />

<strong>Fluematt</strong>weg<br />

6252 Dagmersellen<br />

Spendenkonto:<br />

CH96 0630 0016 1837 6241 0<br />

Vermerk Spendenfonds


4 <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong><strong>WG</strong><strong>Fluematt</strong> Wohngemeinschaft<br />

<strong>Fluematt</strong><br />

Dagmersellen<br />

Liliane Wyss –<br />

eine junge Frau geht ihren neuen Weg<br />

Einzigartige Leistung: Die körperlich schwerst behinderte<br />

Liliane Wyss hat in monatelanger Arbeit ein Buch geschrieben –<br />

getippt nur mit dem linken Zeigefinger.<br />

Aufstehen, das Fenster öffnen,<br />

Zähne putzen, auf die Toilette<br />

gehen – was für andere Leute<br />

alltägliche Routinetätigkeiten<br />

sind, ist für die 31 <strong>Jahre</strong> alte<br />

Liliane Wyss heute nicht mehr<br />

ohne fremde Hilfe zu bewältigen.<br />

Vor neun <strong>Jahre</strong>n brach sie<br />

zusammen und erlitt einen<br />

Hirninfarkt, seither ist die geistig<br />

gesunde junge Frau in ihrem<br />

gelähmten Körper gefangen.<br />

«Locked-in» sagen die<br />

Fachleute – eingeschlossen in<br />

sich selbst. Liliane Wyss kann<br />

nicht reden, nicht schlucken,<br />

nicht essen. Ein Computer<br />

spricht die Worte, die sie über<br />

die Tastatur eingibt, eine Sonde<br />

gibt ihrem Körper künstli-<br />

che Nahrung. Der elektrische<br />

Rollstuhl fährt Liliane Wyss in<br />

ihrer kleinen Wohnung umher.<br />

Dem Alltag eine neue<br />

Struktur geben<br />

In der Dagmerseller Wohngemeinschaft<br />

<strong>Fluematt</strong> hat Liliane<br />

Wyss vor <strong>Jahre</strong>n ein neues Zuhause<br />

gefunden. Spätestens<br />

seit der Aufnahme ihres Psychologie-Fernstudiums<br />

hat sie<br />

lernen müssen, ihrem Alltag<br />

eine neue Struktur zu geben,<br />

ihr plötzlich scheinbar leeres<br />

Leben wieder mit Sinn zu füllen.<br />

Stück für Stück, Tag für Tag,<br />

bis sich das Aufstehen für sie<br />

wieder lohnte.<br />

Ein normaler Tag beginnt für<br />

LilianeWyss mit einem Knopfdruck.<br />

Wenn sie automatisch<br />

die Storen hochfahren lässt, ist<br />

das meistens um acht Uhr. «Ich<br />

begutachte das Wetter und<br />

warte auf die Pflegeperson, die<br />

mir die Inhalation bringt. Besonders<br />

am Morgen, aber auch<br />

tagsüber bin ich stark auf pflegerische<br />

Tätigkeiten angewiesen.»<br />

Genau darum sei sie in<br />

der <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong> am richtigen<br />

Ort. Das «Mittagessen» ist keine<br />

sinnliche Angelegenheit:<br />

Liliane Wyss erhält es über<br />

eine Magensonde. «Zur Mittagszeit<br />

sitze ich meist mailend<br />

an meinem Computer.» Dieser<br />

ist ihr Fenster zur Welt und ermöglicht<br />

die Pflege von Kontakten.<br />

Für ihr Fern-Psychologiestudium<br />

lernt Liliane Wyss viele<br />

Nachmittage. «Zwischendurch<br />

gönne ich mir Pausen zum Frische-Luft-Schnappen.»<br />

Ansonsten<br />

verlässt sie die <strong>WG</strong> nur selten.<br />

Wird es Abend, schaltet Liliane<br />

Wyss den Computer aus<br />

und den Fernseher ein. «Ich<br />

gucke TV, während ich zur Essenszeit<br />

künstlich ernährt werde.»<br />

Ebenfalls vor dem Bildschirm<br />

enden die meisten Tage.<br />

«Oft schaue ich mir vom Bett<br />

aus noch eine Sendung an, bevor<br />

ich gegen zehn Uhr einschlafe.»<br />

Karin Raess-Bolliger<br />

Stärker als<br />

jede Fiktion<br />

«Rosenmeer – eingeschlossen<br />

im eigenen Körper»<br />

heisst das Buch, das Liliane<br />

Wyss geschrieben hat und<br />

das bereits in vierter Auflage<br />

auf dem Markt ist. In monatelanger<br />

Arbeit, nur mit dem<br />

linken Zeigefinger. Langsam,<br />

Zeichen um Zeichen.<br />

150 000-mal tippte sie auf<br />

die Tasten, bis die Geschichte<br />

erzählt<br />

war. Eine<br />

Geschichte,<br />

die erschüttert,<br />

berührt,<br />

aber auch<br />

Mut macht.<br />

Ergänzt worden<br />

ist<br />

die Geschichte nun um ein<br />

weiteres Kapitel, geschrieben<br />

von Liliane Wyss’ Vater. «Rosenmeer»<br />

ist auch als Hörbuch<br />

erhältlich.<br />

Buch «Rosenmeer»:<br />

<strong>10</strong>4 Seiten, gebunden, erschienen<br />

11/2005; ISBN: 3-905446-02-2;<br />

AKS-Verlag Luzern, 4. Auflage.<br />

Hörbuch «Rosenmeer»:<br />

1 CD; Laufzeit: 3:19:50; MP3-Format/Daisy-Standard<br />

2.02; erschienen:<br />

07/2006; ISBN: 978-3-<br />

905446-04-3; AKS-VerlagLuzern<br />

Mitarbeiter im Porträt<br />

Name: Hänggli-Goetschi Christian<br />

Wohnort: 4712 Laupersdorf<br />

Alter: 41 <strong>Jahre</strong><br />

Beruf /Tätigkeit in der <strong>WG</strong> seit:<br />

Koch seit 2000<br />

Das ist meine persönliche Herausforderung bei<br />

der Arbeit in der <strong>Fluematt</strong>:<br />

Meine persönliche Herausforderung bei der Arbeit<br />

ist, dass ich eine ausgewogene und abwechslungsreiche Kost zubereite<br />

und somit zum Wohlergehen der BewohnerInnen und MitarbeiterInnen<br />

beitrage.<br />

Name: Fellmann-Elmiger Helen<br />

Wohnort: 6252 Dagmersellen<br />

Alter: 47 <strong>Jahre</strong><br />

Beruf /Tätigkeit in der <strong>WG</strong> seit:<br />

Pflege FASRK seit August 2000<br />

Das ist meine persönliche Herausforderung bei<br />

der Arbeit in der <strong>Fluematt</strong>:<br />

Durch die Individualität der BewohnerInnen und<br />

Feriengäste werde ich immer wieder mit neuen pflege- und soziokulturellen<br />

Situationen konfrontiert. Ihnen nach Möglichkeit einen<br />

sebstbestimmten Alltag zu bieten fordert viel an gegenseitiger Flexibilität,<br />

Kommunikation und Kompromissfähigkeit.<br />

Die BewohnerInnen, das grosse interdisziplinäre Team, die Technik<br />

in und ums Haus fordert ganzheitliches Denken, Akzeptanz sowie<br />

viel Kreativität.


5 <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong><strong>WG</strong><strong>Fluematt</strong> Wohngemeinschaft<br />

<strong>Fluematt</strong><br />

Dagmersellen<br />

Cyrill Guyer –<br />

sein neues Leben nach dem Unfall<br />

Ein Tag im August 2003 veränderte<br />

das Leben von Cyrill<br />

Guyer auf einen Schlag. «Ich<br />

kann mich nicht erinnern, was<br />

genau passiert ist», sagt der 31-<br />

Jährige aus dem Berner Seeland.<br />

«Ich bin mit dem Töff gefahren<br />

und plötzlich gestürzt.»<br />

Die Folgen des Selbstunfalles<br />

waren erheblich: Der vierte<br />

Halswirbel des jungen Mannes<br />

war nach Aussagen der Ärzte<br />

regelrecht zersplittert. Schnell<br />

war auch Cyrill Guyer klar, was<br />

das für ihn bedeutete. Er war<br />

gelähmt, konnte nur noch seinen<br />

Kopf bewegen. Sein neues<br />

Leben als Tetraplegiker war mit<br />

vielen Hindernissen verbunden,<br />

die frühere körperliche<br />

Freiheit war weg. Unwiderruflich.<br />

Das neue Leben war<br />

schwer zu akzeptieren, manchmal<br />

unerträglich. Und doch<br />

musste es weitergehen. Cyrill<br />

Guyer ist ein starker Mann. Irgendwann<br />

wurde dieser neue<br />

Alltag für ihn wieder zur Normalität.<br />

Nach und nach, mehr<br />

und mehr. Und immer wieder<br />

war Zuversicht und Geduld<br />

nötig.<br />

Neue Medien ermöglichen<br />

Kontakte zu pflegen<br />

Seit fünf <strong>Jahre</strong>n lebt Cyrill Guyer<br />

in einem speziell auf seine<br />

individuellen Bedürfnisse eingerichteten<br />

Zimmer im zweiten<br />

Stock der <strong>Fluematt</strong>e. Nicht<br />

nur der Rollstuhl ist zu seinem<br />

Cyrill Guyer hat gelernt, seinem Alltag eine neue Struktur zu geben.<br />

Die berufliche Weiterbildung hat ihm dabei geholfen, eine<br />

neue Perspektive zu finden.<br />

ständigen Begleiter geworden,<br />

auch andere medizinische<br />

Hilfsmittel erleichtern den Alltag.<br />

Wichtig für Cyrill Guyer<br />

sind auch die neuen Medien.<br />

Sie ermöglichen ihm, Kontakte<br />

zu pflegen, lassen ihn am gesellschaftlichen<br />

Leben teilhaben.<br />

Der Computer ist für ihn<br />

eine Art Tor zur Welt. Er hat<br />

ihm viele Freiheiten zurückgebracht<br />

und zudem neue, hoffnungsvolle<br />

Perspektiven für<br />

das Berufsleben eröffnet.<br />

Der gelernte Zimmermann und<br />

Metallbauschlosser lernte, mit<br />

dem CAD zu arbeiten, und liess<br />

sich zum Maschinenteilzeichner<br />

umschulen. Eine am Computer<br />

installierte Infrarotkamera<br />

nimmt die Bewegungen eines<br />

reflektierenden Punktes<br />

auf, den sich Cyrill Guyer auf<br />

die Stirn setzen lassen kann.<br />

«So wird der Cursor bewegt,<br />

klicken kann ich mit dem Joystick<br />

an der Lehne des Rollstuhls.»<br />

Vier <strong>Jahre</strong> dauerte die<br />

Ausbildung, die er in einem<br />

50-Prozent-Pensum absolvierte.<br />

«Meistens nutzte ich zum<br />

Lernen die Nachmittage», erzählt<br />

er. Therapeutische Massnahmen<br />

und Körperpflege sind<br />

sehr aufwändig und zeitintensiv,<br />

sie beanspruchen einen<br />

Grossteil der Vormittage. Cyrill<br />

Guyer ist dankbar und stolz zugleich,<br />

dass er die Umschulung<br />

machen konnte. Er hofft,<br />

dass er seine neu erworbenen<br />

beruflichen Kompetenzen nun<br />

auch einem Arbeitgeber in einem<br />

flexiblen Teilzeitpensum<br />

zur Verfügung stellen kann.<br />

«Das würde mich motivieren<br />

und mir einen strukturierten<br />

Tagesablauf ermöglichen.»<br />

EineAufgabe zu haben, am Arbeitsprozess<br />

teilzunehmen<br />

und den Tag sinnvoll gestalten<br />

zu können, das sei sehr wichtig<br />

für ihn, erklärt Cyrill Guyer.<br />

Geht gerne in den Ausgang<br />

nach Luzern<br />

Den Hobbys, die er früher hatte,<br />

kann Cyrill Guyer nicht<br />

mehr nachgehen. Für fast alles<br />

braucht er Menschen oder Geräte,<br />

die ihm helfen. Dennoch<br />

gewährt sich Cyrill Guyer<br />

überall dort die Freiheiten, die<br />

ihm Lebensqualität geben und<br />

Freude machen. «Sehr gerne<br />

lasse ich mich in den Ausgang<br />

chauffieren, zum Beispiel nach<br />

Luzern.» Dort trifft er Freunde,<br />

geht mit ihnen eines trinken.<br />

«Zudem gehe ich sehr gerne<br />

mit jemandem auswärts essen»,<br />

verrät er.<br />

Karin Raess-Bolliger<br />

Name: Bieri Toni<br />

Wohnort: 6252 Dagmersellen<br />

Alter: 64 <strong>Jahre</strong><br />

Beruf /Tätigkeit in der <strong>WG</strong> seit:<br />

Polier-Hauswart seit 1. März 2000<br />

Das ist meine persönliche Herausforderung bei<br />

der Arbeit in der <strong>Fluematt</strong>:<br />

Hauswart in der <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong> zu sein ist mehr, als nur die<br />

Haustechnik zu überwachen, zu unterhalten und zu warten. Viele kleine<br />

Reparaturen fallen an und müssen erledigt werden, auch der Pflege der<br />

sehr anspruchsvoll gestalteten Umgebung, mit Brunnen- und Teichanlage<br />

gehört die nötige Sorgfalt. Es macht Freude, ist aber sehr herausfordernd, in<br />

so einem belebten Haus arbeiten zu dürfen. Hier sind Menschen mit einer<br />

körperlichen Behinderung im Mittelpunkt, sie leben und arbeiten in der<br />

<strong>WG</strong>. In Kontakt treten mit ihnen, ihre Lebenseinschränkungen spüren und<br />

erleben, Gesprächspartner sein, das macht Freude.<br />

Name: Kaufmann-Hunkeler Marlis<br />

Wohnort: 6246 Altishofen<br />

Alter: 51 <strong>Jahre</strong><br />

Beruf /Tätigkeit in der <strong>WG</strong> seit:<br />

Atelierverantwortliche<br />

Sozialpädagogische Mitarbeitende seit 2003<br />

Das ist meine persönliche Herausforderung bei<br />

der Arbeit in der <strong>Fluematt</strong>:<br />

In unserem Atelier ermögliche ich den BewohnerInnen der <strong>WG</strong><br />

<strong>Fluematt</strong>, sich auf einen kreativen Prozess begeben zu können.<br />

Dazu gehören: die Freude und Neugier am Tun; Offenheit, Neues<br />

zu entdecken; dieAuseinandersetzung mit verschiedenen Materialien;<br />

die Veränderung des Materials und eine anspruchsvolle und<br />

zufriedenstellende Zielsetzung. Was im äusseren Prozess passiert,<br />

passiert auch im Inneren des Menschen.


6 <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong><strong>WG</strong><strong>Fluematt</strong> Wohngemeinschaft<br />

<strong>Fluematt</strong><br />

Dagmersellen<br />

Geregelter Tagesablauf dank Tagesstrukturen<br />

Die Vorlieben sind verschieden.<br />

Ganz so, wie es die BewohnerInnen<br />

selbst sind:<br />

Während der eine besonders<br />

gerne am Computer arbeitet,<br />

zieht es die andere in die Küche.<br />

Ob Mails verschicken,<br />

eine Rezeptdatenbank anlegen<br />

Kreative und sinnvolle Arbeit und<br />

Beschäftigung<br />

Beschäftigung beinhaltet viele<br />

Aspekte: Abwechslung, Struktur<br />

in den Alltag bringen, einer<br />

sinnbringenden Arbeit nachgehen,<br />

Lebensqualität etc. Sich<br />

beschäftigen heisst aktiv sein –<br />

Aktivität ist ein Grundbedürfnis,<br />

es bedeutet handelnde<br />

selbstbestimmte Auseinandersetzung<br />

mit sich und seiner<br />

Mitwelt. Arbeit bringt auch für<br />

oder doch lieber Glückwunschkarten<br />

im Atelier gestalten<br />

– das Beschäftigungsangebot<br />

ist vielfältig und passt<br />

sich laufend den Bedürfnissen<br />

der <strong>Fluematt</strong>-Bewohnerinnen<br />

und -Bewohner sowie auch<br />

der <strong>Jahre</strong>szeit an. – Für Silvia<br />

den Bewohner Ablenkung. Wer<br />

tätig ist, befasst sich weniger<br />

mit seinem Schicksal. Die Beschäftigungsart<br />

wird mit jedem<br />

Bewohner individuell ausgearbeitet,<br />

entsprechend seiner Bedürfnisse,<br />

Interessen und Fähigkeiten.<br />

In der <strong>Fluematt</strong>e gibt es drei Arbeitsbereiche:<br />

das Atelier, die<br />

Zwahlen beispielsweise ist der<br />

regelmässige Umgang mit dem<br />

PC eine persönliche Bereicherung,<br />

die sie nicht mehr missen<br />

möchte. «Ich bin zwar schon<br />

59 <strong>Jahre</strong> alt, lerne am Computer<br />

aber ständig mehr», lacht<br />

die aufgestellte Frau, während<br />

sie in ihre liebevoll gestalteten<br />

Rezepte für süsse Desserts die<br />

passenden Bilder einfügt.<br />

Auch Bernadette Leubin zieht<br />

es immer wieder vor den Bildschirm<br />

eines der vier Computer,<br />

die im speziellen Arbeitsraum<br />

rund um die Uhr zur Verfügung<br />

stehen. Das Lesen und<br />

Verschicken von Mails öffnet<br />

ihr neue Perspektiven, eine Tür<br />

zur Kommunikation in die<br />

weite Welt. – «Die Bewohner-<br />

Innen unterstützen den <strong>WG</strong>-<br />

Administration und die Hauswirtschaft.<br />

Im vielfältigen Administrationsbereich<br />

wurden<br />

drei Arbeitsplätze geschaffen.<br />

Nebst administrativen Arbeiten<br />

werden die PC-Kenntnisse individuell<br />

verfeinert. Die Mitarbeit<br />

in der Hauswirtschaft beinhaltet<br />

Mithilfe in der Küche,<br />

in der Lingerie oder in der<br />

Cafeteria.<br />

Betrieb bei vielen administrativen<br />

Arbeiten», sagt Vreni<br />

Wechsler, die das Sekretariat<br />

führt und in der Betreuung engagiert<br />

ist. Dass diese Arbeiten<br />

von Nutzen seien und nicht<br />

blosse «Alibiübungen», sei von<br />

grosser Wichtigkeit für die BewohnerInnen,<br />

bestätigt <strong>WG</strong>-<br />

Leiterin Annelies Bättig.<br />

Dreimal pro Woche hilft Christine<br />

Pasche eine Stunde in der<br />

Küche mit. Waschen, rüsten,<br />

schneiden: Für die ehemalige<br />

Hauspflegerin sind das vertraute<br />

Tätigkeiten, die ihr immer<br />

noch viel Freude machen. «Am<br />

liebsten bereite ich Salatsauce<br />

zu», verrät die aufgestellte Bewohnerin.<br />

Im ersten Stock des <strong>Fluematt</strong>-<br />

Gebäudes ist das Atelier eingerichtet,<br />

das meistgenutzte<br />

aller Tagesstrukturangebote.<br />

Hier wird gewerkt und gebastelt,<br />

für Märkte produziert,<br />

manchmal auch auf externen<br />

Auftrag. Auch eine Sprossenwand<br />

ist hier installiert. Mit<br />

Stolz demonstriert Giovanni<br />

Casablanca die Fortschritte,<br />

die er bei seinem regelmässigen<br />

Training schon erzielt<br />

hat. Neben Werken und Fitnesstraining<br />

bietet das Atelier<br />

noch Raum für spontane Gespräche<br />

und interessante Begegnungen.<br />

Karin Raess-Bolliger<br />

Vielfältige Berufe<br />

in der<br />

<strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong><br />

In der Wohngemeinschaft <strong>Fluematt</strong> arbeiten<br />

insgesamt 60 Personen (inklusive<br />

Praktikantinnen und Lernende). Die<br />

Tätigkeiten sind vielfältig und gliedern<br />

sich in die Hauptbereiche Pflege und<br />

Betreuung (Pflegefachpersonen, Fachpersonen-Betreuung<br />

und Gesundheit/Sozialpädagogik)<br />

sowie in die Bereiche<br />

der Hauswirtschaft (Fachfrau<br />

Hauswirtschaft, Koch, Hauswart) und<br />

der Administration.<br />

Die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden<br />

ist der <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong> sehr<br />

wichtig. Folgende Ausbildungsplätze<br />

stehen zur Verfügung:<br />

– Fachfrau Betreuung<br />

– Pflegefachfrau HF<br />

– Fachfrau Gesundheit<br />

– Fachfrau Hauswirtschaft<br />

Lieblingsbeschäftigung Computer: Silvia Zwahlen<br />

schreibt und gestaltet eine Dessertrezeptsammlung.<br />

Obwohl sie weitgehend selbstständig arbeiten kann,<br />

schaut ihr Vreni Wechsler (Sekretariat und Betreuung<br />

Tagesstruktur) dann und wann über die Schulter.<br />

«Das macht mir Spass!», sagt Bernadette<br />

Leubin, die sich regelmässig im<br />

Computerraum aufhält. Mails lesen<br />

und versenden öffnet ihr eine Tür nach<br />

draussen.


7 <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong><strong>WG</strong><strong>Fluematt</strong> Wohngemeinschaft<br />

<strong>Fluematt</strong><br />

Dagmersellen<br />

Das Atelier –<br />

Hand in Hand etwas Schönes erschaffen<br />

Eigenes Projekt in die Tat<br />

umsetzen<br />

Im Atelier, das sich im Nonprofitbereich<br />

bewegt, ist es<br />

möglich, ein eigenes Projekt<br />

zu verwirklichen oder sich an<br />

der Herstellung von Verkaufsprodukten<br />

zu beteiligen. Hergestellt<br />

werden Produkte aus<br />

Filz oder Holz, neu setzen sich<br />

die Beteiligten mit Papierschöpfen,<br />

also dem Herstellen<br />

von Papier, auseinander. Das<br />

Angebot richtet sich an Frauen<br />

und Männer mit hochgradigen<br />

körperlichen Behinderungen.<br />

Wie ist es überhaupt möglich,<br />

dass diese Menschen im Atelier<br />

handwerkliche Tätigkeiten<br />

ausüben können? Marlis Kaufmann,<br />

Atelierverantwortliche,<br />

und Luzia Dillier, Bereichsleiterin<br />

Tagesstruktur/Sozialpädagogik,<br />

erklären: «Die Art der<br />

Hilfestellung, die wir leisten,<br />

nennt sich Assistenzleistung.<br />

Mit genauem, aktivem Zuhören<br />

versuchen wir die Idee des<br />

körperbehinderten Ateliermitarbeitenden<br />

möglichst genau<br />

zu erfassen und zu verstehen.»<br />

Die Hände der Person, die<br />

Assistenz anbietet, versuchen,<br />

das Vorhaben des Bewohners<br />

oder der Bewohnerin in dessen<br />

Sinn umzusetzen.<br />

Kreatives Arbeiten im Atelier: Elisabeth Berchtold und Monika Furger stellen unter professioneller<br />

Anleitung von <strong>Fluematt</strong>-Mitarbeiterin Nadia Steffen Glückwunschkarten her.<br />

Auch Menschen mit einer<br />

hochgradigen Behinderung<br />

wollen kreativ tätig sein. In der<br />

Dagmerseller Wohngemeinschaft<br />

<strong>Fluematt</strong> wird diesem<br />

Wunsch mit einem Arbeitsatelier<br />

begegnet.<br />

Was im Kleinen begann, hat<br />

konkrete Formen angenommen:<br />

Anfänglich gestalteten<br />

Mitarbeiter und Mitarbeiterin-<br />

«Es geht immer besser», freut<br />

sich Bewohner Giovanni Casablanca<br />

beim Training an der<br />

Sprossenwand.<br />

Tägliche Mitarbeit in der Cafeteria<br />

(Tisch decken, Tisch abräumen,<br />

Geschirr in Abwaschmaschine…)<br />

nen des Pflegeteams Bastelnachmittage.<br />

Im Jahr 2002<br />

entschied die Leitung der<br />

Wohngemeinschaft <strong>Fluematt</strong> ,<br />

Sozialpädagoginnen einzustellen.<br />

Dies mit dem Ziel, die<br />

Tagesstruktur auszubauen. So<br />

wurde der Grundstein für dieses<br />

Atelier gelegt. Dann kam<br />

der Stein ins Rollen: Das Bedürfnis<br />

mehrerer Bewohnerinnen<br />

und Bewohner, einer regelmässigen<br />

Tätigkeit nachzugehen,<br />

eine strukturierte Woche<br />

zu bekommen, zeigte sich<br />

klar. – Das war die Entscheidungsgrundlage,<br />

ein Atelier<br />

einzurichten. Ein Ort der Kreativität<br />

mit klar definierten<br />

Zeiten, Stellenprozenten und<br />

dem entsprechenden Raum.<br />

Das Atelier ist ein offener Ort,<br />

wo Besucher willkommen<br />

sind. Verkäufe finden oft spontan<br />

statt, wenn sich jemand für<br />

eine Girlande, eine Karte oder<br />

sonst einenArtikel begeistert.<br />

Geschwindigkeit anpassen<br />

Marlis Kaufmann und Luzia<br />

Dillier wissen: «Diese Arbeit<br />

setzt ein grosses Einfühlungsvermögen<br />

voraus, Sorgfalt und<br />

die Bereitschaft, die Geschwindigkeit<br />

anzupassen.»<br />

Sehr wichtig sei die Offenheit,<br />

die Lösungswege und Vorgehensweisen<br />

der körperbehinderten<br />

Person zu akzeptieren.<br />

Die hochgradige Körperbehinderung<br />

der teilnehmenden<br />

Person bedinge eine sogenannte<br />

Eins-zu-eins-Betreuung.<br />

Deshalb sei eine sorgfältige,<br />

gut organisierte Wochenplanung<br />

unbedingt notwendig.<br />

Und wo sehen Marlis<br />

Kaufmann und Luzia Dillier<br />

die grössten Schwierigkeiten<br />

bei ihrer Arbeit? «Sie beansprucht<br />

viel Zeit, kompetente<br />

und genügend Mitarbeitende<br />

sowie eine geeignete Infrastruktur.<br />

Wir benötigen eine<br />

Institution, die diese Ideen<br />

unterstützt, die finanzielle Absicherung<br />

gewährleistet und<br />

genügend Stellenprozente zur<br />

Verfügung stellt.» Die beiden<br />

Frauen schätzen es, dass sie in<br />

der <strong>Fluematt</strong> sehr gute institutionelle<br />

und räumliche Voraussetzungen<br />

vorfinden. «Wir<br />

werden von der Leitung ideell<br />

sehr unterstützt.»<br />

Karin Raess-Bolliger


8 <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong><strong>WG</strong><strong>Fluematt</strong> Wohngemeinschaft<br />

<strong>Fluematt</strong><br />

Dagmersellen<br />

Dank<br />

Menschen mit Behinderungen<br />

sind Teil unserer Gesellschaft.<br />

Ihrer Behinderung zum Trotz,<br />

haben sie Bedürfnisse und Erwartungen<br />

an das Leben wie<br />

alle Menschen. Vor über zehn<br />

<strong>Jahre</strong>n haben Pioniere die Idee<br />

aufgenommen, zur Förderung<br />

der Lebensqualität Schwerstbehinderter,<br />

namentlich von Paraund<br />

Tetraplegikern und von<br />

Personen mit vergleichbaren<br />

körperlichen Behinderungen,<br />

ein Angebot an Wohn-, Arbeitsund<br />

Beschäftigungsmöglichkeiten<br />

zu schaffen.<br />

Mit der Gründung der Stiftung<br />

zur Förderung der Lebensqualität<br />

Schwerstbehinderter (Stiftung<br />

FLS) und dem Erwerb des<br />

ehemaligen Altersheims <strong>Fluematt</strong>e<br />

in Dagmersellen wurde<br />

vor über zehn <strong>Jahre</strong>n der Grundstein<br />

zur Realisierung dieses<br />

ehrgeizigen Projektes gelegt<br />

und anschliessend auch umgesetzt.<br />

Seit dem 1. April 2000<br />

bietet die Wohngemeinschaft<br />

<strong>Fluematt</strong> für 19 Menschen mit<br />

Behinderung ein angepasstes<br />

Wohnangebot mit integrierter<br />

Beschäftigungsmöglichkeit.<br />

Unser Dank gilt vorab all denen,<br />

die tatkräftig die vielen<br />

Stolpersteine beseitigt und so<br />

den Weg für die Wohngemeinschaft<br />

<strong>Fluematt</strong> erfolgreich umgesetzt<br />

haben.<br />

Seit zehn <strong>Jahre</strong>n wird in der <strong>Fluematt</strong><br />

mit grossem Engagement<br />

und hoher Professionalität, soweit<br />

es die Umstände erlauben,<br />

im Dienste einer Wohngemeinschaft<br />

gewirkt. Den Bewohnerinnen<br />

und Bewohnern steht<br />

ein Angebot offen, das ihnen<br />

hilft, in den Bereichen des täglichen<br />

Lebens, des Privatlebens,<br />

der Berufstätigkeit und der Freizeitgestaltung<br />

sich weiterzuentwickeln.<br />

Diesen Weg wollen<br />

wir konsequent weitergehen<br />

im Wissen, dass sich<br />

immer wieder neue Herausforderungen<br />

stellen. In unserer<br />

künftigen Arbeit hat auch die<br />

kompetente und verantwortungsvolle<br />

Bewirtschaftung der<br />

öffentlichen Gelder weiterhin<br />

eine hohe Priorität.<br />

Im Namen des Stiftungsrates<br />

danke ich allen, die unsere Tätigkeit<br />

finanziell und ideell unterstützen<br />

oder ihren Beitrag als<br />

Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter<br />

in der <strong>Fluematt</strong> leisten.<br />

Danken möchte ich aber auch<br />

für das Wohlwollen und für das<br />

Vertrauen, das unserer <strong>Fluematt</strong><br />

von der Bevölkerung der<br />

Gemeinde Dagmersellen und<br />

der umliegenden Gemeinden<br />

entgegengebracht wird.<br />

Erwin Grüter,<br />

Präsident des Stiftungsrates<br />

Jubiläums<br />

umsprogramm<br />

Frühjahr<br />

20<strong>10</strong><br />

Freitag,<br />

23. April 20<strong>10</strong>:<br />

Apéro für geladene Gäste<br />

Samstag/Sonntag,<br />

29./30. Mai 20<strong>10</strong>:<br />

Fest der <strong>WG</strong> <strong>Fluematt</strong><br />

Jubiläumsfest<br />

Samstag,<br />

29. Mai 20<strong>10</strong>:<br />

Vorabendprogramm mit<br />

Trialvorführung, Ausstellung<br />

von amerikanischen Autos<br />

und Harleys.<br />

Abendprogramm: Rocknight<br />

Sonntag,<br />

30. Mai 20<strong>10</strong>:<br />

Jodlermesse mit Bankett<br />

und am Nachmittag Auftritte<br />

diverser Dagmerseller<br />

Dorfvereine<br />

Ein Paradiesv<br />

diesvogel zu Gast<br />

Interessante Begegnung: Bewohner Achim Kunz betrachtet das<br />

neue Buch.Von links Dodo Hug, Efisio Contini und Annelies Bättig,<br />

Leiterin <strong>Fluematt</strong>.<br />

Am Stammtisch trifft man/frau sich. Seitdem der Stammtisch<br />

aufgestellt ist, wird er rege für Diskussionen, Kaffeepausen,<br />

Smalltalk usw. benützt. Am Stammtisch lebt die Gemeinschaft.<br />

Regelmässig finden in der <strong>Fluematt</strong><br />

öffentliche Veranstaltungen<br />

statt. So war beispielsweise<br />

auch die bekannte Künstlerin<br />

Dodo Hug zusammen mit ihrem<br />

Partner Efisio Contini zu<br />

Gast in Dagmersellen.<br />

Mit Songs aus einem der ersten<br />

Alben stieg Dodo Hug, begleitet<br />

von Efisio Contini, einem<br />

sardischen Musiker und Komponisten,<br />

ins Programm ein. «A<br />

woman’s succes» und «Casino<br />

Zürihorn» brachten bereits viel<br />

Applaus. Es folgten eine<br />

«schräge» Tarantella aus Neapel.<br />

Mit dem Kreisspiel «Circle<br />

Game» beschreibt sie auf poetische<br />

Art das Leben schlechthin.<br />

Eigentlich werde man –<br />

wie auf einem Karussell – immer<br />

vorangetrieben, drehe sich<br />

gewissermassen immer im<br />

Kreis. Nur ab und zu werfe<br />

man auch noch einen Blick zurück.<br />

Nach dem grossen Applaus<br />

konnten CDs, natürlich mit einer<br />

schwungvollen Unterschrift<br />

versehen, erstanden<br />

werden. Auch das umfassende<br />

Buch über das Leben von Dodo<br />

Hug wurde eifrig angeschaut.<br />

Heidi Bono

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