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Zeche Teutoburgia-1/2 in 44627 Herne-Börnig, Schadeburg-Straße

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<strong>Zeche</strong> <strong>Teutoburgia</strong>-1/2 <strong>in</strong> <strong>44627</strong> <strong>Herne</strong>-<strong>Börnig</strong>, <strong>Schadeburg</strong>-<br />

<strong>Straße</strong><br />

Geschichte<br />

Am 10. September 1855 mutete der Kaufmann Carl Wilhelm Rüp<strong>in</strong>g bei Holthausen<br />

und wurde fündig. Den Flöz nannte er „Laura“. Am 06. August 1856 mutete er e<strong>in</strong><br />

zweites Mal, und zwar am Gut Schl<strong>in</strong>genberg zwischen dem Haus Callenberg, der<br />

Geme<strong>in</strong>de Holthausen und Obercastrop. Die Mutungen wurden 1866 von William<br />

Thomas Mulvany aufgekauft, der erste Schächte abteufte. Schon bald stellte sich<br />

jedoch heraus, dass das Grubenfeld zu kle<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e rentable Kohlenförderung war.<br />

Mulvany verkaufte die Schachtanlage ziemlich schnell.<br />

Als Käufer teufte der Bochumer Vere<strong>in</strong> für Bergbau und Gussstahlfabrikation die<br />

Schächte 1 und 2 zwischen 1905 und 1909 erneut ab und nahm den Betrieb am 01.<br />

April 1911 auf. Doch schon acht Monate später ereignete sich e<strong>in</strong> schweres<br />

Grubenunglück. Bei e<strong>in</strong>er Schlagwetter-Explosion kamen sechs Bergleute ums<br />

Leben. E<strong>in</strong> Jahr später gab es erneut e<strong>in</strong>e Schlagwetter-Explosion, wiederum mit<br />

sechs Toten. Im Jahre 1911 betrug die Förderleistung 80.500,-- Tonnen und wurde<br />

von 492 Beschäftigten erbracht.<br />

So richtig rentabel schien die <strong>Zeche</strong> trotz ihrer <strong>in</strong> der Spitze über 1.100 Bergleute<br />

nicht gewesen zu se<strong>in</strong>, denn immer wieder gab es Gerüchte über ihre Stilllegung und<br />

genauso prompte Dementis. Die recht trockene Ste<strong>in</strong>kohle war hart und<br />

wasserundurchdr<strong>in</strong>glich ― der ideale Boden für den Bau des Rhe<strong>in</strong>-<strong>Herne</strong>-Kanals <strong>in</strong><br />

dieser Region, aber der Kohleabbau erforderte enorme Anstrengungen und<br />

Ressourcen. Im Jahre 1913 betrug die Förderleistung 554.000,-- Tonnen und wurde<br />

durch 1.512 Beschäftigte erbracht.<br />

Die <strong>Zeche</strong> wurde bereits im Jahre 1925 stillgelegt. E<strong>in</strong> guter Teil der rund 1.200<br />

Arbeiter fand <strong>in</strong> den benachbarten <strong>Zeche</strong>n Constant<strong>in</strong> und Mont Cenis neue Arbeit.<br />

1929 erfolgte der Durchschlag zwischen den <strong>Zeche</strong>n Er<strong>in</strong> und <strong>Teutoburgia</strong>, um die<br />

dort noch vorhandenen Reserven von Er<strong>in</strong> aus zu nutzen. Erst wurden die Schächte<br />

auf <strong>Teutoburgia</strong> nur als Wetterschächte genutzt, bevor hier dann die Seilfahrt für Er<strong>in</strong><br />

stattfand. Erst im Jahre 1941 wurde auf <strong>Teutoburgia</strong> durch Er<strong>in</strong> wieder Kohle<br />

gefördert. Dies geschah noch bis 1983, bevor sie endgültig stillgelegt wurde, was<br />

bedeutete, dass auf e<strong>in</strong>en Schlag 3.800 Bergarbeiter arbeitslos waren.<br />

Heutige Nutzung<br />

Das Betriebsgelände ist heute bis auf das Fördergerüst von Schacht-1, die<br />

Fördermasch<strong>in</strong>enhalle und e<strong>in</strong>en Teil der Umfassungsmauer vollständig abgeräumt.<br />

Die Schachtöffnungen s<strong>in</strong>d mit Deckeln verschlossen. Überschüssige Grubengase<br />

können jeweils über e<strong>in</strong> Standrohr mit Protegohaube entweichen.<br />

Das <strong>Zeche</strong>ngelände wurde parkähnlich gestaltet und e<strong>in</strong> „Kunstwald“ e<strong>in</strong>gerichtet,<br />

der auch <strong>in</strong> der Route der Industriekultur aufgelistet wird. Verschiedene Kunstobjekte<br />

liegen an den Spazierwegen. Dazu gehören auch Klangobjekte ― aus versteckten<br />

Lautsprechern ertönen zum Teil an Handwerk und Industrie er<strong>in</strong>nernde<br />

Klangkompositionen.<br />

Der Kopf des Fördergerüstes wird abends illum<strong>in</strong>iert, was von der nahe gelegenen<br />

Autobahn A 42 weith<strong>in</strong> zu sehen ist. Die ehemalige Masch<strong>in</strong>enhalle dient dem<br />

Klangkünstler Christoph Schläger als Werkraum, Experimentierfeld und<br />

Ausstellungshalle für se<strong>in</strong>e Klangmasch<strong>in</strong>en.<br />

Am westlichen Rande des Betriebsgeländes nutzen die <strong>Herne</strong>r Stadtwerke<br />

Grubengase (vorwiegend Methan), die sich <strong>in</strong> den stillgelegten Bergbaustollen<br />

<strong>Zeche</strong> <strong>Teutoburgia</strong>-1/2 <strong>in</strong> <strong>Herne</strong>-<strong>Börnig</strong>, <strong>Schadeburg</strong>-<strong>Straße</strong> / Seite: 1


ilden. Die Hohlräume wurden angebohrt, das ausströmende Gas wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Kraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung zur Fernwärmeversorgung für die nahe<br />

Siedlung <strong>Teutoburgia</strong> und zur Stromerzeugung genutzt.<br />

Die Siedlung und die <strong>Zeche</strong> <strong>Teutoburgia</strong> bef<strong>in</strong>den sich im Nordosten von <strong>Herne</strong>,<br />

nahe der Stadtgrenze zu Castrop-Rauxel, lassen auch heute noch das typische<br />

Ensemble von Kolonie und Arbeitsstätte des Bergbaus erkennen. Heute ist der<br />

größte Teil der ehemaligen Tagesanlagen abgebrochen, aber e<strong>in</strong> deutsches<br />

Fördergerüst von 1907 / 1908 und e<strong>in</strong> Masch<strong>in</strong>enhaus markieren den Standort der<br />

ehemaligen <strong>Zeche</strong> <strong>Teutoburgia</strong>. E<strong>in</strong>gebettet s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en „Kunstwald“, der neben<br />

modernen Plastiken auch die Umrisse der abgerissenen <strong>Zeche</strong>nbauten am Boden<br />

nachzeichnet. Moderne Kunst ist auch das Thema <strong>in</strong> der Masch<strong>in</strong>enhalle, wo der<br />

Fördervere<strong>in</strong> <strong>Teutoburgia</strong> Ausstellungen und Workshops durchführt.<br />

Siedlung <strong>Teutoburgia</strong><br />

In unmittelbarer Nähe zur ehemaligen <strong>Zeche</strong> <strong>Teutoburgia</strong> entstand die Siedlung nach<br />

dem Vorbild der so genannten Gartenstadt. Viel Grün, geschwungene <strong>Straße</strong>n und<br />

großzügige Plätze laden zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>teressanten Besichtigung.<br />

Neben der Margarethenhöhe <strong>in</strong> Essen wird die Siedlung <strong>Teutoburgia</strong> stets als<br />

herausragendes Beispiel der Gartenstadtarchitektur im Ruhrgebiet angeführt ― zu<br />

Recht. In unmittelbarer Nähe zur <strong>Zeche</strong> <strong>Teutoburgia</strong> entstand zwischen 1909 und<br />

1923 das Quartier für die Arbeiter und Beamten ― <strong>in</strong>itiiert von der Gewerkschaft der<br />

<strong>Zeche</strong>. Der ausführende Architekt Berndt entwarf die Siedlung mit 136 Gebäuden<br />

und 459 Wohnungen nach dem Vorbild der aus England kommenden<br />

Gartenstadtbewegung ― und die wichtigsten Gestaltungselemente sowie das<br />

erdachte „Musterbild humanen sozialen Wohnens“ wurden <strong>in</strong> der Siedlung<br />

<strong>Teutoburgia</strong> verwirklicht.<br />

Ursprünglich war die Hauptachse der Siedlung, die Baarestraße, auf das heute nicht<br />

mehr vorhandene Werkstor ausgerichtet. Von dieser Allee abzweigend führen die<br />

kle<strong>in</strong>eren Radialstraßen geschwungen durch die gesamte Siedlung. Die Häuser<br />

liegen hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Flucht aufgereiht parallel zu den <strong>Straße</strong>n, und dar<strong>in</strong> unterscheidet<br />

sich <strong>Teutoburgia</strong> von der Margarethenhöhe, dennoch unterscheiden sie sich durch<br />

die abwechslungsreiche Gestaltung der Gebäude. Insgesamt vier Grundtypen auf<br />

denen die <strong>in</strong>sgesamt 21 Hausentwürfe aufbauen, kann der aufmerksame Besucher<br />

<strong>in</strong> der Siedlung auff<strong>in</strong>den ― überwiegend für zwei und vier Familien. Hieran lässt<br />

sich noch die soziale Hierarchie der Bewohner von e<strong>in</strong>st ablesen. Aufwendige<br />

Dachformen, sich abwechselnde Putz- und Fachwerkflächen <strong>in</strong> der<br />

Fassadengestaltung sowie E<strong>in</strong>gangsloggien sorgen für den Charme der Siedlung<br />

<strong>Teutoburgia</strong>.<br />

Im Jahre 1918, nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, wurde der <strong>Teutoburgia</strong>-Hof<br />

erbaut. Damals wie heute ist er Mittelpunkt der Siedlung, der sich mit se<strong>in</strong>er<br />

Blockbebauung als geschlossene Wohnanlage darstellt, aber etwas vere<strong>in</strong>fachte<br />

Bauformen zeigt. Und dies ist wiederum e<strong>in</strong> Element der Gartenstadtidee: Die<br />

Siedlung ist zugleich Privatsphäre wie auch kommunikationsstiftend. Hier kennt man<br />

sich, das ist auch heute noch so, und das macht die Siedlung im 21. Jahrhundert<br />

zum bevorzugten Wohnviertel.<br />

Die schmucken Gebäude werden von Hunderten <strong>Straße</strong>nbäumen flankiert und von<br />

blühenden Vorgärten mit englisch kurzem Rasen gesäumt. Die Siedlung erstreckt<br />

sich auf e<strong>in</strong>er Fläche von 21,6 ha.<br />

Kurz nach der Fertigstellung der Siedlung <strong>Teutoburgia</strong> wurde das Bergwerk auch<br />

schon wieder stillgelegt. Das Grubenfeld und e<strong>in</strong> Teil der Belegschaft wurden von der<br />

<strong>in</strong> Castrop-Rauxel ansässigen <strong>Zeche</strong> Er<strong>in</strong> übernommen. Nach dem Ende des<br />

<strong>Zeche</strong> <strong>Teutoburgia</strong>-1/2 <strong>in</strong> <strong>Herne</strong>-<strong>Börnig</strong>, <strong>Schadeburg</strong>-<strong>Straße</strong> / Seite: 2


Zweiten Weltkrieges baute man e<strong>in</strong>e neue elektrische Fördermasch<strong>in</strong>e e<strong>in</strong> und<br />

förderte für kurze Zeit mehr als 1.000,-- Tonnen Kohle am Tag. Die Übernahme der<br />

Siedlung durch die VEBA AG bescherte den Anwohnern <strong>in</strong> den 1980er Jahren e<strong>in</strong><br />

Dauerwohnrecht und die Garantie, dass <strong>Teutoburgia</strong> nicht abgerissen würde. Zu<br />

dieser Zeit fanden erste Besprechungen zur Erhaltung der Siedlung unter<br />

architektonischen, städtebaulichen, denkmalpflegerischen und stadthistorischen<br />

Gesichtspunkten statt. Das komplette Bauvorhaben g<strong>in</strong>g 1989 <strong>in</strong> das IBA Emscher<br />

Park Projekt e<strong>in</strong>, wodurch die denkmalpflegerischen Aspekte gesichert wurden. Bis<br />

Mitte der 1990er Jahre wurde die Siedlung <strong>Teutoburgia</strong> also restauriert und man<br />

achtete pe<strong>in</strong>lichst darauf, das vorhandene Idyll zu erhalten und e<strong>in</strong>en hohen<br />

Wohnstandard zu gewährleisten. Dennoch handelten Bewohner, Eigentümer<strong>in</strong>,<br />

Denkmalbehörde und IBA Kompromisse aus: So f<strong>in</strong>den sich beispielsweise auf den<br />

Häusern <strong>in</strong>nerhalb des <strong>Teutoburgia</strong>-Hofes Tonziegel-Dächer und<br />

Holzsprossenfenster, außerhalb aber die kostengünstigeren Betonpfannen und<br />

Kunststoff-Isolierfenster.<br />

Neben dem erhaltenen Förderturm der ehemaligen <strong>Zeche</strong> <strong>Teutoburgia</strong> und der<br />

Masch<strong>in</strong>enhalle entstand mit dem Kunstwald <strong>Teutoburgia</strong> e<strong>in</strong> Ort im Spannungsfeld<br />

von Wohnen, Arbeit und Kunst.<br />

Mit dem PKW erreicht man die Siedlung <strong>Teutoburgia</strong> über die Autobahn A 42,<br />

Ausfahrt (24) <strong>Herne</strong>-<strong>Börnig</strong>. Über die Sod<strong>in</strong>ger <strong>Straße</strong> <strong>in</strong> Richtung <strong>Börnig</strong> / Sod<strong>in</strong>gen<br />

ist man <strong>in</strong> wenigen M<strong>in</strong>uten vor Ort. Parken kann man an der Castroper <strong>Straße</strong> <strong>in</strong><br />

Höhe der Sod<strong>in</strong>ger <strong>Straße</strong>.<br />

<strong>Zeche</strong> <strong>Teutoburgia</strong>-1/2 <strong>in</strong> <strong>Herne</strong>-<strong>Börnig</strong>, <strong>Schadeburg</strong>-<strong>Straße</strong> / Seite: 3

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