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Präsentation - Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz

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Institut für Rechtspsychologie und Forensische Psychiatrie Halle<br />

Begutachtung, Forschung, Fortbildung<br />

Vertrauen und Missbrauch<br />

–<br />

Bedeutung des Abstinenzprinzips<br />

in der therapeutischen Beziehung<br />

Mainz, 02.03.2013<br />

Fortbildung der LandesPsychotherapeutenKammer <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

erarbeitet von: Annegret Wolf<br />

betreut durch: Dr. Steffen Dauer<br />

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Ein Fallbeispiel<br />

(aus Anonyma 1988)<br />

Eine junge Psychologin- sie wird sich in ihrem Buch Anonyma nennen - möchte, nachdem sie ihr Diplom gemacht hat, Analytikerin<br />

werden. Sie beschreibt sich vor der Analyse als kontaktfreudig und gesellig, sie geht viel aus und tanzt gern. Nach der Zulassung zur<br />

psychoanalytischen Ausbildung sucht sie sich einen Lehranalytiker. Sie genießt die analytischen Flitterwochen, die Nähe und die<br />

Intimität in der Analyse und zum Analytiker. Zu dieser Zeit schreibt sie: »Er (der Analytiker) wurde für mich der wichtigste Mann<br />

auf der Welt; mir schien als wäre er es, 'der Mann meines Lebens' ... Und so war die Analyse zum Mittelpunkt meines Lebens<br />

geworden".<br />

Einen ersten Einbruch erlebt sie, als sie die Ehefrau des Analytikers sieht. Sie ist verletzt und irritiert, wünscht sich aber weiterhin<br />

Nähe und Liebe, auch Triangulierung, indem sie merkt, dass sie zu dritt sein möchte: Sie als Kind mit Vater und Mutter. Der reale<br />

Vater hatte die Familie verlassen, als sie ein Jahr alt war.<br />

Eines Tages erzählt sie ihm einen Traum: Sie sieht seinen Wagen auf einem Parkplatz stehen, niemand ist drinnen. Durch die<br />

Scheiben sieht sie ein rosa Hemd von ihm, das ihr schon immer gut gefallen hat. Sie nimmt es an sich, vergräbt ihr Gesicht darin,<br />

atmet seinen Duft, läuft dann schnell fort, um mit ihrer Beute allein zu sei. Der Analytiker deutet: "Ich weiß, dass Sie sich schon eine<br />

ganze Weile mit meinem Penis beschäftigen." Sie erschrickt heftig, dreht sich um, sieht ihn an und schreibt: "Es knistert zwischen<br />

uns, eine nur schwer zu ertragende, angenehme Spannung." Nach jener Stunde verabschieden sich beide eher kühl und distanzierter<br />

als sonst.<br />

In der Folgezeit phantasiert sie über eine sexuelle Beziehung mit dem Analytiker, onaniert mit Phantasien an ihn und berichtet<br />

darüber in der Analyse. Er reagiert nicht. Sie beschäftigt sich mit seiner Familie, phantasiert, ein kleines Mädchen zu sein und reist in<br />

seinen Heimatort. Gleichzeitig zieht sie sich zunehmend von ihren Bekannten und Freunden zurück. Im dritten Analysejahr, dem<br />

"Jahr der Leidenschaft", wie sie es nennt, lauert sie auf Beweise seiner Liebe. Sie entwickelt den Plan, den Raum zwischen ihnen zu<br />

überwinden, kriecht schließlich in einer Analysestunde am Boden auf ihn zu, redet über das Näherkommen, berührt ihn kurz und geht<br />

wieder auf die Couch zurück. Der Analytiker sagt nichts, sie hat Schuldgefühle, weil sie meint, den analytischen Pakt gebrochen zu<br />

haben.<br />

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Ein Fallbeispiel<br />

Die darauf folgende Sitzung beginnt wie gewohnt. Sie legt sich hin und versucht, sich an die vergangene<br />

Stunde zu erinnern, wird aber durch eine Frage des Analytikers unterbrochen. Er sagt: »Glauben Sie nicht, dass ich<br />

dahinkommen kann, wo Sie sind?" Sie sagt: »Nein.« Er sagt: »Sie glauben das nicht?« Wieder antwortet sie:<br />

»Nein.« Seine Antwort: »Aber natürlich!« Er steht auf, geht zu ihr auf die Couch, nimmt sie in die Arme, es<br />

kommt zum Geschlechtsverkehr, sie ist zunächst erstarrt und erschreckt. Man trennt sich wie immer nach genau 45<br />

Minuten und wie gewohnt: »Au revoir Madame, au revoir Monsieur.« In der folgenden Stunde will sie den<br />

Analytiker umarmen, er weist sie aber zurück und schickt sie auf die Couch. Den Rest dieses Dramas nur in ein<br />

paar Sätzen: Die sexuellen Beziehungen gehen weiter, zuerst auf der Couch, später in einem, so glaubt sie, speziell<br />

für sie eingerichteten Nebenzimmer. Sie ist zunächst glücklich und phantasiert ein Leben mit ihm. In langen Pausen<br />

zwischen den intimen Kontakten geht die Analyse weiter, sie ist darüber verunsichert und verwirrt. Die Beziehung<br />

zu ihrem langjährigen Freund außerhalb der Analyse scheitert. Die Analyse gerät schließlich in eine Sackgasse: Sie<br />

erlebt zunehmend psychosomatische Dekompensationen z. T. mit subjektiv lebensbedrohlichem Charakter. Sie<br />

entwickelt einen Medikamentenabusus, trinkt auch vermehrt Alkohol, und so geht die Analyse langsam zu Ende.<br />

Sie wartet allerdings immer noch auf eine reale Beziehung zu ihm. Dementsprechend trifft sie ihn auch nach der<br />

Analyse immer wieder, wobei aber immer er Zeitpunkt und Ort der Treffen bestimmt. In diesen kurzen Episoden<br />

kommt es zu sexuellen Intimitäten, er bleibt jedoch unerreichbar für sie. Aus der ursprünglich lebensfrohen jungen<br />

Frau ist eine schwer ängstliche, von Panikattacken und Isolierung gequälte Frau geworden, die später in einer<br />

zweiten Therapie versucht, ihr Analyseschicksal aufzuarbeiten. Dabei hatte sie lange Zeit große Angst vor der<br />

Übertragung, und dementsprechend beherrschten Mißtrauen und Ängstlichkeit lange Zeit das Klima in dieser<br />

Zweittherapie.(Anonyma, 1988; Zusammenfassung aus einer Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie )<br />

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"Keiner verstand mich so wie er, er gab mir Sicherheit und Rückhalt und ich übertrug meine Sehnsucht<br />

auf ihn."<br />

"Und dann lag ich auf einmal mit ihm auf der Couch. Als ob es plötzlich Liebe wäre."<br />

„Er sagte, dass aus uns natürlich nichts werden könne, wegen des Arzt/Patienten-Verhältnisses. Es sei<br />

möglich, dass wir uns in einigen Wochen mal auf einen Kaffee irgendwo treffen könnten. Er<br />

versprach, dass wir uns wiedersehen würden: ,Ich halte mein Wort!´ Vier Wochen vergingen, und<br />

ich schrieb ihm mehrmals. Aber es kam keine Antwort. Ich war inzwischen wieder in meiner<br />

Depression, fühlte mich verlassen und ausgenutzt, war einfach nur verwirrt. Ich schrieb ihm von<br />

meiner Verzweiflung und auch von den Selbstmordgedanken, aber er reagierte nicht mehr."<br />

"Er wusste ja, wie schwer ich mich mit Vertrauen tue, wie oft ich in meinem Leben bereits im Stich<br />

gelassen wurde. Und gerade er reißt diese Wunde wieder auf. Für mich ging es von da an stetig<br />

bergab. Ich war wieder sehr depressiv und ich konnte meinen Alltag nicht mehr bewältigen. Ich habe<br />

dann meine Schule abgebrochen, bin wieder zurück zu meinen Eltern gezogen. Ich habe mich<br />

vollkommen von der Welt abgeschottet, und es hat eineinhalb Jahre gedauert, bis ich nicht mehr jede<br />

Nacht geweint habe."<br />

(Stimmen aus dem Forum des PiA (Psychtherapeuten in Ausbildung)- Netzwerk, 2010)<br />

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1) Begriffsbestimmung und Grundlagen<br />

• Nähe und Abstinenz<br />

• Grenzen und Grenzüberschreitung<br />

• Vertrauen und Missbrauch<br />

• Psychotherapie und Psychotraumatisierung<br />

• Berufsordnung und Strafrecht<br />

Inhalte<br />

2) Die therapeutische Beziehung und mögliche Konsequenzen<br />

• Psychotherapie und strukturelle Abhängigkeit<br />

• Sexuelle Annährung, sexuelle Belästigung und sexueller Missbrauch<br />

• Situationen und Typologien<br />

• Folgen für Patienten und Therapeuten<br />

• Berufsrechtliche Konsequenzen<br />

• Strafrechtliche Auswirkungen<br />

3) Prävention und Reaktionen<br />

• Bedeutung von Selbsterfahrung und Supervision<br />

• Bedeutung von Abstinenz und professioneller Distanz<br />

• Bedeutung kollegialer Netzwerke<br />

• Reaktion bei Angeboten<br />

• Verhalten beim Verspüren eigener Intentionen<br />

• Das Primat: Schutz des Patienten<br />

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Begriffsbestimmungen<br />

und Grundlagen<br />

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Nähe und Distanz<br />

Therapeutische Beziehung als Paradoxon:<br />

• Zuwendung vs. Versagung beides notwendig zur Erhaltung und Bearbeitung der<br />

Therapiesituation und Konflikte<br />

• psychoanalytische Beziehung als ‘Versagung in der Intimität’ und ‘Zustand intimer<br />

Trennung’ (Stone, 1961)<br />

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Abstinenz<br />

• lat. abstinere „sich enthalten, fernhalten“<br />

• Enthaltung oder Verzicht im weiten Sinne<br />

• heute: Abstinenzgebot in Berufsordnungen festgeschrieben<br />

• (!)Abstinenz in der Psychotherapie = nicht allein Enthaltung von<br />

„sexuellen“ Aktivitäten, sondern: Grundhaltung des Therapeuten<br />

keine persönlichen Interessen (jeglicher Art) zu verfolgen<br />

• kann auch meinen: keine Empfehlungen oder Ratschläge zu erteilen,<br />

weil so eigene Entwicklung des Patienten eingeschränkt; keine<br />

extremen Negativbeurteilungen<br />

• Abstinenz = Prinzip der „Wertfreiheit“<br />

• Therapeut und Patient müssen innehalten und reflektieren; eine<br />

verständnisvolle emotionale und eine nüchterne, distanzierte<br />

Perspektive einnehmen („Ich-Spaltung“)<br />

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Abstinenzregel<br />

• Einführung 1915 durch Sigmund Freud (im Zuge der Neutralitätsforderung von Therapeuten)<br />

„Die Kur muß in der Abstinenz durchgeführt werden; ich meine dabei nicht allein die körperliche<br />

Entbehrung, auch nicht die Entbehrung von allem, was man begehrt, denn dies würde vielleicht kein<br />

Kranker vertragen. Sondern ich will den Grundsatz aufstellen, daß man Bedürfnis und Sehnsucht als<br />

zur Arbeit und Veränderung treibende Kräfte bei der Kranken bestehenlassen und sich hüten muß,<br />

dieselben durch Surrogate zu beschwichtigen.“ (Freud ,1915).<br />

„Die analytische Kur soll, soweit es möglich ist, in der Entbehrung - Abstinenz - durchgeführt werden ...<br />

Sie erinnern sich daran, daß es eine Versagung war, die den Patienten krank gemacht hat, daß seine<br />

Symptome ihm den Dienst von Ersatzbefriedigung leisten. Sie können während der Kur beobachten,<br />

daß jede Besserung seines Leidenszustandes das Tempo der Herstellung verzögert und die<br />

Triebkraft verringert, die zur Heilung drängt. Auf diese Triebkraft können wir aber nicht verzichten;<br />

eine Verringerung derselben ist für unsere Heilungsabsicht gefährlich ... Wir müssen, so grausam es<br />

klingt, dafür sorgen, daß das Leiden des Kranken in irgendeinem wirksamen Maße kein vorzeitiges<br />

Ende finde.“ (Freud,1919)<br />

(Zitate bei Thoma & Kächele, 1992)<br />

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"Abstinenz (Abstinenzregel). engl: abstinence - frz.: abstinence<br />

(règle d'-, principe d'-) - ital: astinenza - port.: abstinencia - span.:<br />

abstinencia. Grundsatz, wonach die psychoanalytische Behandlung<br />

so geführt werden soll, daß der Patient die geringstmögliche<br />

Ersatzbefriedigung für seine Symptome findet. Für den Analytiker<br />

schließt er die Regel ein, dem Patienten die Befriedigung seiner<br />

Wünsche zu versagen und tatsächlich die Rolle zu übernehmen, die<br />

dieser bestrebt ist, ihm aufzudrängen. In bestimmten Fällen und an<br />

bestimmten Punkten der Behandlung gehört es zur Abstinenzregel,<br />

das Subjekt auf den Wiederholungscharakter seines Verhaltens<br />

hinzuweisen, der die Arbeit des Erinnerns und Durcharbeitens<br />

hemmt. Die Rechtfertigung dieses Prinzips ist im wesentlichen<br />

ökonomischer Natur. Der Analytiker soll vermeiden, daß die durch<br />

die Behandlung freigewordenen Libidomengen sofort wieder äußere<br />

Objekte besetzen." (Laplanche & Pontalis, 1973)<br />

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• „medizinisches Äquivalent“:<br />

Hippokratischer Eid (ca. 400 v. Chr.)<br />

„Welche Häuser ich betreten werde, ich will zu Nutz und<br />

Frommen der Kranken eintreten, mich enthalten jedes<br />

willkürlichen Unrechtes und jeder anderen Schädigung, auch<br />

aller Werke der Wollust an den Leibern von Frauen und<br />

Männern, Freien und Sklaven.“<br />

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Übertragung:<br />

Übertragung (Freud, 1885) und<br />

Gegenübertragung (Freud,1910)<br />

• das Erleben von Gefühlen und Haltungen gegenüber Personen in der Gegenwart, die ihren Ursprung<br />

in der Beziehung zu wichtigen Personen der frühen Kindheit haben (Mutter, Vater, Geschwister) und<br />

unbewusst auf die Figuren der Gegenwart verschoben werden<br />

• Mechanismus, verdrängte frühere Triebimpulse und Wünsche an einen gegenwärtigen, neuem<br />

Objekt festzumachen<br />

• Formen der Übertragung:<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

positive (Zuneigung, Vertrauen)<br />

negative (Hass Ärger, Feindseligkeit)<br />

gemäß Objektbeziehungen (Mutter, Vater)<br />

gemäß Libido-Entwicklung (oral, anal)<br />

gemäß Strukturinstanzen (Ich, Es, Überich)<br />

als Identifikation<br />

• Übertragung durch Patient auf Therapeut<br />

• Aufgabe des Therapeuten: Übertragungsangebote auf ihre ursprüngliche Gestalt hin analysieren und<br />

aufarbeiten, statt darauf einzugehen; Übertragung als durch die analytische Situation unvermeidlich<br />

entstandendes Elementarereignis betrachten und nicht auf sich und seine Vorzüge beziehen (Wirzt,<br />

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Übertragung (Freud, 1885) und<br />

Gegenübertragung (Freud,1910)<br />

Gegenübertragung:<br />

• komplementäre Vorgänge beim Therapeuten<br />

• Übertragung löst „Echo“ im Therapeuten aus<br />

• Therapeut richtet seine eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche auf<br />

den Patienten und reagiert damit auf ihn (bzw. auf dessen aus<br />

Übertragungsphänomenen hervorgehenden Handlungen und Äußerungen)<br />

• Verlassen der neutralen Position<br />

• Gegenübertragung durch Therapeut auf Patient<br />

• Anfänge der Psychoanalyse: Gegenübertragung als störender Einfluss, den<br />

der Therapeut sich bewusst machen und beseitigen müsse<br />

• heute: Gegenübertragung als Chance für den Therapieerfolg gesehen,<br />

Möglichkeit, mehr Vertrauen aufzubauen und so mehr Informationen über<br />

Patienten zu gewinnen<br />

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Übertragung (Freud, 1885) und<br />

Gegenübertragung (Freud,1910)<br />

Historischer Hintergrund:<br />

• Liebesbeziehung zwischen Sabina Spielrein (psychiatrische<br />

Patientin mit starker Hysterie) und Carl Gustav Jung (Spielreins<br />

behandelnder Arzt und Kollege von Sigmund Freud)<br />

• Briefwechsel zwischen Freud und Jung, in dem Freud von der<br />

Liebesbeziehung erfährt und diese als „psychoanalytischen<br />

Schuldfall“ bezeichnet (erst 1970 entdeckt!) an diesem Ereignis<br />

werden Begriffe der Übertragung, Gegenübertragung und Abstinenz<br />

„entwickelt“<br />

• Gegenübertragung zu kontrollieren sei sehr schwierig Freud gibt<br />

selber zu manchmal fast den Verführungen von Frau Spielrein<br />

erlegen zu sein<br />

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Vertrauen<br />

„Vertrauen basiert auf der Erwartung einer Person oder einer Gruppe, sich auf ein mündlich oder<br />

schriftlich gegebenes Versprechen einer anderen Person bzw. Gruppe verlassen zu können.“<br />

(Rotter, 1981)<br />

„Vertrauen reduziert die Komplexität menschlichen Handelns und gibt Sicherheit.“ (Luhmann, 1968)<br />

<br />

<br />

Probleme bzw. Hindernisse beim menschlichen Handeln können durch Vertrauen abgeschwächt und<br />

beseitigt werden<br />

Person hat Sicherheitsbasis und ist eher bereit Entscheidungen zu treffen<br />

„Vertrauen ist die Gewissheit (d. h. eine innere Repräsentanz des Eintretens) einer erwünschten Zukunft.<br />

Es beruht auf der Kontinuität des regelhaften und erwünschten Verhaltens der Umgebung oder auf<br />

der Hilfe vertrauter Menschen (auch in unwägbarer Lage) oder auf der eigenen Kenntnis und<br />

Beherrschung der Lage (einschließlich ihrer Unwägbarkeiten).“(Grimm, 2001)<br />

Merkmale von Vertrauen:<br />

• Ungewissheit<br />

• Vorhandensein eines Risikos<br />

• externale Kontrolle (freiwillig oder erzwungen) durch Person, der vertraut wird<br />

• auf Zukunft ausgerichtet<br />

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Die Bindungstheorie (Bowlby, 1999)<br />

Kernidee:<br />

• Aufbau und Erhalt enger zwischenmenschlicher Bindungen als universales Bedürfnis<br />

• Bindungstheorie als normatives Erklärungsmodell wie Bindungsmuster mit individueller<br />

Entwicklung interferieren<br />

• vordergründiger Anwendungsbereich: Mutter-Kind-Beziehung<br />

– sichere Bindung zur Mutter als Basis für Aufbau der eigenen Identität und Reflexion eigenen Verhaltens<br />

– Bindungsmuster aus Kindheit als Basis für stabiles Interaktionsmuster in Erwachsenenalter<br />

– Bindungsmuster wichtig für intime Beziehungen und Elternschaft Sexualität von „sicher gebundenen“<br />

Menschen basiert auf Selbstbewusstsein, Vertrauen, Respekt<br />

• Gewalt und Zwang als Merkmal intimer Beziehungen von Menschen mit unsicher gebundenen und<br />

unstrukturierten Bindungsmustern<br />

<br />

<br />

Sexueller Missbrauch ist nicht nur eine Verhaltensstörung, sondern eine Beziehungsstörung<br />

Kontrollausübung als einziger Weg die eigene Sexualität auszudrücken<br />

<br />

Therapeutische Beziehung kann als Analogie zur Mutter-Kind-Beziehung gesehen werden (Bowlby,<br />

1988)<br />

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Die Bindungstheorie – Implikationen<br />

für die therapeutische Beziehung<br />

(Tschan, 2003; nach Bowlby, 1988)<br />

5 Aufgaben in der therapeutischen Situation<br />

1. Der Therapeut als „sichere Basis“ Rückhalt und Sicherheit um aktuelle und<br />

vergangene Probleme zu explorieren; Vertrauensbasis, die Unterstützung,<br />

Ermutigung, Sympathie und Hilfe bereitstellt<br />

2. Reflexion der (aktuellen) Beziehungen zu wichtigen Personen welche<br />

Erwartungen an Emotionen und Verhalten anderer und von sich selbst? welche<br />

Unsicherheiten in Aufbau und Erhalt intimer Beziehungen?<br />

3. Reflexion der Beziehung zum Therapeuten als einer Beziehungsfigur<br />

4. Reflexion der aktuellen Sicht der Welt wie sind aktuelle Wahrnehmungen,<br />

Einstellungen, Erwartungen, Emotionen und Verhaltensweisen geprägt von<br />

Erfahrungen in Vergangenheit (insb. mit Eltern) oder von wiederholten<br />

Anweisungen und Erklärungsmodellen der Eltern?<br />

5. Reflexion der Angemessenheit der Arbeitsmodelle des Patienten<br />

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Ziel der Therapie: Patient soll mit alten Stereotypen und<br />

Denkmustern brechen und neue Denk-und<br />

Verhaltensmuster aufbauen<br />

• ohne Aufbau von Sicherheit und Vertrauen ist Therapie<br />

nicht möglich<br />

• Therapeut bietet secure base für Patienten zur Exploration<br />

eigener Gefühle, Kognitionen und Verhalten analog der<br />

Rolle der Mutter, wenn Kind die Umwelt exploriert<br />

• Empathie des Therapeuten als wichtige Voraussetzung<br />

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Brisch’s Empfehlungen<br />

(1999; in Anlehnung an Bowlby)<br />

1. Der Therapeut muss sich in seinem Fürsorgeverhalten durch das aktivierte Bindungssystem des<br />

hilfesuchenden Patienten ansprechen lassen und ihm zeitlich, räumlich und emotional zur Verfügung stehen.<br />

2. Der Therapeut muss als eine verlässliche sichere Basis fungieren, von welcher aus der Patient mit emotionaler<br />

Sicherheit seine Probleme bearbeiten kann.<br />

3. Der Therapeut verhält sich in Kenntnis der unterschiedlichen Bindungsmuster flexibel im Hinblick auf den<br />

Umgang mit Nähe und Distanz in der realen Interaktion mit dem Patienten sowie im Hinblick auf die<br />

Gestaltung des Settings.<br />

4. Der Therapeut sollte den Patienten dazu ermutigen, sich Gedanken darüber zu machen, in welcher<br />

Beziehungsform er heute seinen wichtigen Bezugspersonen begegnet.<br />

5. Der Patient muss angeregt werden, und der Therapeut muss darauf fokussieren, die therapeutische Beziehung<br />

genau zu überprüfen, weil sich hier alle von den Selbst und Elternrepräsentanzen geprägten<br />

Beziehungswahrnehmungen widerspiegeln.<br />

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Brisch’s Empfehlungen<br />

(1999; in Anlehnung an Bowlby)<br />

6. Der Patient sollte behutsam aufgefordert werden, seine aktuellen Wahrnehmungen und Gefühle<br />

mit denen aus der Kindheit zu vergleichen.<br />

7. Dem Patienten sollte einsichtig gemacht werden, dass seine schmerzlichen Bindungs- und<br />

Beziehungserfahrungen und die daraus entstandenen verzerrten Selbst- und Objektrepräsentanzen<br />

vermutlich für die aktuelle Lebensbewältigung von relevanten Beziehungen nicht mehr<br />

angemessen, also überholt sind.<br />

8. Der Therapeut verhält sich bei der behutsamen Lösung des therapeutischen Bündnisses als<br />

Vorbild für den Umgang mit Trennungen. Die Initiative für die Trennung wird dem Patienten<br />

überlassen. Dieser wird darin ermutigt, Trennungsängste einerseits und die Neugier auf<br />

Erkundung eigenständiger Wege ohne Therapie andererseits zu verbalisieren und vielleicht auch<br />

auszuprobieren. Eine vom Therapeuten forcierte Trennung könnte vom Patienten als<br />

Zurückweisung erlebt werden. Die physische Trennung ist nicht gleichbedeutend mit dem Verlust<br />

der 'sicheren Basis'. Die Möglichkeit bei erneuter 'Not und Angst' zu einem späteren Zeitpunkt auf<br />

den Therapeuten zurückgreifen zu können, bleibt bestehen.<br />

9. Frühzeitige Wünsche nach Trennung und/oder mehr Distanzierung in der therapeutischen<br />

Beziehung könnten bei Patienten mit bindungsvermeidendem Muster dadurch ausgelöst worden<br />

sein, dass der Therapeut zu viel emotionale Nähe anbot, die der Patient noch nicht aushielt und als<br />

Bedrohung erlebte.”<br />

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Missbrauch<br />

Wortherkunft<br />

• disperditio (lat.: Verderbnis, Zugrunderichtung)<br />

• abusus (lat.: Verbrauch, Ausnutzung, uneigentlicher<br />

Gebrauch)<br />

sexueller (geschlechtlicher) Missbrauch: eine grundsätzlich<br />

als verfehlt und falsch zu bezeichnende Handlungs- und<br />

Ausübungsweise menschlicher Sexualität als Verderbnis<br />

und Zugrundrichtung<br />

• kein "verkehrter" oder "uneigentlicher" Gebrauch als<br />

Ausnutzung (abusus)<br />

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Formen des Missbrauchs<br />

• Missbrauch: Ausnutzung des<br />

entgegengebrachten Vertrauens zum eigenen<br />

Vorteil<br />

• durch eine Fachperson<br />

• immer auf konkrete Situation bezogen<br />

(Verhaltensweise im Kontext betrachten)<br />

• subjektive Wertung und Einschätzung der<br />

betroffenen Person entscheidend<br />

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Formen des Missbrauchs (Tschan, 2001)<br />

1. emotionaler Missbrauch<br />

– Inadäquate Komplimente<br />

– Patient als Ratgeber für persönliche Belange benutzen<br />

– Persönliche Beziehung<br />

– Patient wird kein Glauben geschenkt<br />

– Mangel an Empathie seitens des Therapeuten<br />

– Therapeut verwendet Fachjargon<br />

– Rassistische und sexistische Äußerungen<br />

– negative Bemerkungen über Aussehen und demografische Variablen<br />

– Einschüchterungen und Beschuldigungen<br />

2. direkte körperliche Gewalt<br />

– Berührungen gegen den Willen eines Patienten<br />

– Vortäuschung und Rechtfertigung, dass dies zu regelgerechter körperlicher Behandlung gehöre<br />

– Körperliche Überforderung bei Behinderung<br />

– Verweigerung adäquater Medikation oder Therapie oder Empfehlung ungeeigneter Medikation oder<br />

Therapien<br />

– Anwendung nicht erprobter Verfahren oder Substanzen<br />

3. sozialer Missbrauch<br />

– außerhalb der Behandlung<br />

– dual relationship<br />

– persönliche Dienstleistungen<br />

– Weitergabe persönlicher Daten<br />

– Opferbeschuldigung (besonders gefährlich bei Personen mit psychiatrischen Störungen)<br />

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Formen des Missbrauchs (Tschan, 2001)<br />

4. finanzieller Missbrauch<br />

– Überredung zu Betrug<br />

– falsche Abrechnung<br />

– Geldgeschäfte<br />

– Fortsetzung der Behandlung aus rein finanziellen Motiven<br />

– Verantwortung an Patienten, wenn Drittbeteiligte nicht bezahlen<br />

5. religiöser Missbrauch<br />

– Indoktrination<br />

– Androhung göttlicher Strafen<br />

6. sexueller Missbrauch<br />

– Schilderung eigener sexueller Erlebnisse<br />

– Voyeuristische Befragung<br />

– Bemerkung über Aussehen und Kleidung<br />

– Offenbarung von Liebesgefühlen ggü. Patient und Beendigung der Behandlung um<br />

Beziehung aufnehmen zu können<br />

– anzügliche Bemerkungen<br />

– Berührungen im Intimbereich<br />

– sexuelle Handlungen<br />

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Grenzen und Grenzüberschreitung<br />

Distanz und Verwehrung<br />

• zunehmender Distanzabbau und Gegenübertragung<br />

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Grenzen und Grenzüberschreitungen<br />

• Grenzen durch moralische, ethische, juristische, berufliche und individuelle<br />

Maßstäbe und Regelungen gesetzt<br />

• hier: oberstes Gebot Abstinenzgebot<br />

• Grenzüberschreitungen: fachliche Handlungen, die eine Abweichung von<br />

den eigentlichen Behandlungsregeln darstellen, die sich jedoch<br />

therapeutisch begründen lassen und im Interesse der Patientin oder des<br />

Patienten erfolgen (Tschan, 2004)<br />

• z.B. der Erlass des geschuldeten Honorars, Hausbesuche, Eingehen auf<br />

persönliche Bedürfnisse von Klienten<br />

• verletzen keine strafrechtlichen Bestimmungen.<br />

• Grenzverletzungen: Handlungen, bei denen die anerkannten Regeln des<br />

Fachs verletzt werden (Tschan, 2004)<br />

• hier: durch sexuellen Missbrauch Professional Sexual Misconduct<br />

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Bandbreite sexueller Grenzverletzungen und<br />

Belästigungen (nach Mäulen, 2002)<br />

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Professional Sexual Misconduct (PSM)<br />

(Tschan, 2001)<br />

= alle sexuellen Handlungen im Rahmen einer Therapeut-<br />

Patienten-Beziehung<br />

• im engeren Sinne: Penetrationen (vaginal, anal, oral) und<br />

genitale Stimulationen; ohne notwendige Ejakulation<br />

• im weiteren Sinne: Küssen und Streicheln, v.a. der intimen<br />

Bereiche, auch über der Bekleidung, voyeuristische und<br />

exhibitionistische Handlungen<br />

• sexuell anzügliche und sexistische Äußerungen, Dating<br />

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Professionales Missbrauchs-Trauma<br />

• Folgesyndrom des PSM<br />

(PMT) (Fischer & Riedesser , 1993)<br />

• „professional“, weil auf die Berufsrolle und Rollenkonstellation bezogen<br />

• verursacht durch Missbrauch und Pervertierung der beruflichen Funktion<br />

• gekennzeichnet durch spezielle Dynamiken und Situationskonstellationen (siehe Tätertypologien,<br />

Becker-Fischer et al., 2008)<br />

• Kernaspekt: erhebliches Machtgefälle zwischen Therapeut und Patient<br />

• Therapeut übernimmt Verantwortung und hält fachliche Grenzen ein,<br />

• bei Grenzüberschreitung und Zeigen eigener Bedürftigkeit des Therapeuten kommt es zu<br />

Rollenumkehr Auswirkungen auf Patient<br />

Kernmerkmale des PMT: Vertrauensbruch und Ausnutzung der Macht zu egoistischen Zwecken<br />

(bei vorgeblich selbstloser und professionaler Beziehung)<br />

• Trauma kann durch alle Personen ausgelöst werden, die anbieten, „fachkundig seelisches Leiden“<br />

lindern zu können<br />

• wird oft lange aufrechterhalten aufgrund unbewusst fortgeführter Verbundenheit zum Therapeuten<br />

und/oder Nichtanerkennung der Tat in Gesellschaft/ Schuldzuweisung an Opfer<br />

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Psychotraumatisierung<br />

• Traumatisierung durch Ereignis, dessen Bewältigung die individuellen<br />

Ressourcen übersteigt<br />

• erstarrter Zustand, in denen Verarbeitung des Ereignisses nicht erfolgen<br />

kann<br />

• Beurteilung des Schweregrades anhand ICD-10 bzw. DSM-IV:<br />

„Trauma (griech. „Wunde“): ein belastendes Ereignis oder eine Situation<br />

kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder<br />

katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung<br />

hervorrufen würde (z. B. Naturkatastophe oder menschlich verursachtes<br />

schweres Unheil – man-made disaster – Kampfeinsatz, schwerer Unfall,<br />

Beobachtung des gewaltsamen Todes Anderer oder Opfersein von Folter,<br />

Terrorismus, Vergewaltigung oder anderen Verbrechen).“(ICD-10)<br />

sexuelle Traumatisierung trifft körperliche Integrität und sexuelle<br />

Selbstbestimmung<br />

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30


Einteilung nach dem ICD-10 (2012)<br />

F43.- Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen<br />

• ein außergewöhnlich belastendes Lebensereignis, das eine akute<br />

Belastungsreaktion hervorruft, oder eine besondere Veränderung im Leben,<br />

die zu einer anhaltend unangenehmen Situation geführt hat und eine<br />

Anpassungsstörung hervorruft.<br />

F43.0 Akute Belastungsreaktion<br />

• Inkl.: Akut: Belastungsreaktion<br />

F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung<br />

• Inkl.: Traumatische Neurose<br />

F43.2 Anpassungsstörungen<br />

• Inkl.: Hospitalismus bei Kindern Kulturschock Trauerreaktion Exkl.:<br />

Trennungsangst in der Kindheit (F93.0)<br />

F43.8 Sonstige Reaktionen auf schwere Belastung<br />

F43.9 Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet<br />

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Symptomatik<br />

• Intrusion (ungewolltes und wiederholtes Erinnern an das<br />

traumatische Ereignis, oft hervorgerufen durch Trigger)<br />

• avoidance (gezieltes Vermeiden von Gedanken und<br />

Gefühlen, die Erinnerung an Trauma auslösen könnten, vom<br />

Ort des Geschehens und anderen Schlüsselreizen; nicht<br />

mehr aus dem Haus gehen; Vermeiden von schmerzhaften<br />

Erinnerungen durch Dissoziation oder durch Teilamnesien)<br />

• emotionale Taubheit (Fähigkeit Wut, Freude, Trauer zu<br />

spüren ist stark eingeschränkt)<br />

• Hyperarousal (gesteigerte Wut;<br />

Konzentrationsschwierigkeiten; Hypersensibilität auf<br />

Gefahrenreize; leichte Erschreckbarkeit)<br />

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Psychologische Reaktion beim<br />

Trauma – 3 Phasen (Tschan, 2001)<br />

1. Schockphase<br />

– Dauer: ca. 1-2 Wochen nach Ereignis<br />

– Ausmaß der Verletzung meist erst einige Zeit später erfasst (insbesondere bei<br />

PSM)<br />

– initiale Verleugnung des Schadens und eigener Betroffenheit<br />

– Derealisierung und Depersonalisation<br />

– starke endokrine und hormonelle Veränderungen<br />

2. Einwirkungsphase<br />

– einige Zeit nach Ereignis, bis zu zwei Wochen andauernd<br />

– Wut und Ärger (z.B. auf sich selbst, Rettungskräfte, Behörden..)<br />

– starke Zweifel am Selbst und am Sinn des eigenen Überlebens<br />

– depressive Symptomatik<br />

– Flash-backs<br />

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Psychologische Reaktion beim<br />

Trauma – 3 Phasen (Tschan, 2001)<br />

3. Erholungsphase<br />

– Überwindung des traumatischen Ereignisses<br />

– durch Austausch mit weiteren Betroffenen und Vertrauenspersonen, oder<br />

fachliche Hilfe ( Mensch kann und sollte dies nicht allein bewältigen)<br />

– entscheidend: wie verhält sich soziales Umfeld und Gesellschaft dem Opfer<br />

gegenüber? (schwierig bei PSM)<br />

– wichtig: Entfernen von traumatischer Umgebung; Vermeidung der<br />

Konfrontation mit Stressoren und Schlüsselreizen<br />

– andernfalls: Entwicklung einer kumulativen Traumatisierung<br />

• Latenzphase kann ganzes Leben andauern traumatisches Ereignis hinter sich<br />

zu lassen und neu anzufangen, bedeutet nicht zu Vergessen, sondern zu<br />

Überwinden<br />

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Trauma – normaler und pathologischer Ablauf<br />

(Tschan, 2001; nach Horowitz, 1976)<br />

„Normaler“ Ablauf (physiologisch: „stress response“)<br />

1. Peritraumatische Expositionsphase (Angst, Wut, Trauer, Empörung)<br />

2. Verleugnungsphase (Vermeidung des Erinnerns)<br />

3. Wiederauftauchen von Erinnerungsbildern (vermehrtes Auftauchen von Kognitionen und<br />

Emotionen, die mit Ereignis zusammenhängen)<br />

4. Durcharbeiten (zugelassene Erinnerungen führen zu Verarbeitung, persönliche Auseinandersetzung)<br />

5. Abschlussphase( Verletzung wird überwunden und kann ohne übersteigerte Emotionen zugelassen<br />

werden; nicht Vergessen)<br />

Pathologischer Ablauf<br />

1. Peritraumatische Reizüberflutung ( Reizüberflutung ohne Bewältigungsmöglichkeiten,<br />

Panikreaktionen und Erschöpfungszustände)<br />

2. Verleugnungsphase (seelischer Schmerz führt zu jeglichen Vermeidungsversuchen<br />

(Substanzmissbrauch))<br />

3. Dauernde Präsenz von Erinnerungen (massives und ständiges Erinnern, Schlafstörungen)<br />

4. Fehlendes Durcharbeiten ( Vermeidung der inneren Auseinandersetzung, häufig unter zu<br />

Hilfenahme von Substanzen)<br />

5. Kein Abschluss (lebenslanges Leiden, Fixierung auf Opferhaltung)<br />

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• Besonderheit im Beratungs- und Ausbildungssetting:<br />

– weniger direkte körperliche Gewalt ( hier wohl häufiger<br />

und schneller Anzeige bzw. Gegenwehr)<br />

– stattdessen: subtile Formen wie psychische Manipulation<br />

Missbrauchssituation wird Patient erst spät bewusst<br />

– Sexualität als unbewusst und bewusst eingesetztes Mittel<br />

zur Manipulation und Bedürfnisbefriedigung<br />

• traumatisches Ereignis: weniger der sexuelle Kontakt,<br />

vielmehr der Vertrauensbruch und Missbrauch der<br />

Abhängigkeit<br />

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Epidemiologie<br />

• keine Hauptrisikogruppen alle therapeutischen Schulen sowie<br />

Berufsgruppen (Ärzte, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter, Erziehungsberater..)<br />

vertreten<br />

• persönliche sexuelle, religiöse oder politische Einstellung des Experten nicht<br />

von Belang<br />

• keine Typologie von Patienten/innen; doch Mehrzahl der Opfer weiblich und<br />

schwerwiegende Folgeschäden<br />

• anerkannter Durchschnitt: 10 % aller Therapeuten im Laufe ihrer<br />

Berufstätigkeit missbrauchen Patienten<br />

• jährlich minimal 300 Fälle in krankenkassenfinanzierten Verfahren, 300<br />

außerhalb der Kassen (z.B. Gestalttherapie, Tanz-und Atemtherapien..)(Becker-<br />

Fischer et al., 2008)<br />

• Umfrage unter 1000 Psychologen/innen: 12 % der Therapeuten und 3%<br />

Therapeutinnen<br />

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Epidemiologie<br />

• 96% der Patienten von männlichen Therapeuten missbraucht<br />

(Bouhoutsos et al., 1983; bei Tschan, 2001); 95% der Fälle<br />

männliche Therapeuten zu weibliche Patienten; 2,5% zu männlichen<br />

Patienten; 3 % weibliche Therapeuten zu männlichen Patienten,<br />

1,4% zu weiblichen Patienten (ansteigender Trend bei weiblichen<br />

Therapeuten)<br />

• Wiederholungstäter: schwankende Angaben zwischen 33% und 80%<br />

• hohe ökonomische Kosten (bezogen auf Missbräuche im gesamten<br />

Gesundheitssystem: für Deutschland: ca. 1 Milliarde €, für Schweiz:<br />

ca. 100 Millionen € (abhängig von Bevölkerungszahl); im<br />

psychotherapeutischen Kontext: Kosten von ca. 20 Mio. DM (Studie<br />

von Fischer et al., 1999; bei Becker-Fischer et al., 2008)<br />

• nicht einberechnet: Kosten aus Langzeitschäden wie<br />

Arbeitsunfähigkeit<br />

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Epidemiologie<br />

zu beachten: Dunkelziffern höher, denn<br />

– Anzeige- und Aussagebereitschaft oft gering<br />

– gesellschaftliches Tabuthema<br />

– Daten stammen aus Eigenbefragungen sowie Befragung von Folgetherapeuten<br />

– oft niedrige Rücklaufquoten<br />

– Dunkelziffer insbesondere bei missbrauchten Männern höhe (aufgrund gesellschaftlicher<br />

Rollenvorstellung)<br />

– objektive Zahlen schwierig, da sexuelle Beziehungen etwas sehr Privates<br />

– Geständnisbereitschaft niedrig<br />

– subjektive Färbung zu Beginn von PSM meist positive Gefühle seitens Patient, erst<br />

bei Bewusstwerdung negative Einstellung<br />

– Definitionsprobleme Wo beginnt sexueller Missbrauch?<br />

– doppelte Dunkelziffer: Taten ohne jegliche Kenntnis und Taten, die (z.B.<br />

Opferberatungsstellen) bekannt, aber dennoch nicht angezeigt wurden<br />

• Vermutung:160.000 Opfer von PSM im deutschen Gesundheitswesen<br />

(Tschan, 2001)<br />

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Nachfolgeuntersuchung von Eichenberg, Becker-Fischer &<br />

Fischer, 2006<br />

• Internetstudie zu sexuellen Übergriffen in der Psychotherapie<br />

• Zweck: Nach Einführung des § 174 c StGB soll erforscht werden, ob PSM ein<br />

zeitkonstantes Phänomen ist (in Anlehnung an Erstuntersuchung Anfang der 90er<br />

(Becker-Fischer, Fischer, 1997))<br />

• Stichprobe: N = 77; betroffene Pat., die im Rahmen einer Psychotherapie o.<br />

psychiatrischen Behandlung sexuellen Kontakt zu ihrem Therapeuten hatten bzw.<br />

haben.<br />

Fragebogen zu sexuellen Kontakten in Psychotherapie und Psychiatrie (SKPP;<br />

Onlineversion):<br />

• 1. Sozialbiografische Daten<br />

• 2. Vorgeschichte des sexuellen Kontaktes<br />

• 3. Ablauf der Ereignisse<br />

• 4. Zeit nach dem sexuellen Kontakt<br />

• 5. Bewältigungsbemühungen<br />

• 6. Biografische Angaben<br />

• 7. Impact of Event-Scale (IES; Horowitz et al., 1979)<br />

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Nachfolgeuntersuchung von Eichenberg, Becker-Fischer &<br />

Fischer, 2006<br />

Patienten<br />

• n = 66 weiblich (85,7%); n = 11 männlich (14,3%)<br />

• Alter zum Befragungszeitpunkt: M = 34,8 (SD = 11,1) (range: 15-69 J.)<br />

• Alter zur Zeit des sexuellen Kontaktes: M = 28,4 (SD = 11,1) (range: 6- 63 J.)<br />

• 13,6 % zum Zeitpunkt des sexuellen Kontaktes noch nicht volljährig<br />

• Eingangssymptomatik:<br />

– am häufigsten depressive Symptome (54%),<br />

– Angst und Panik (37%) und Grenzstörungen (26,8%)<br />

– selbstverletzendes Verhalten und Autoaggression (24%)<br />

– bei ca. 33% Diagnose einer PTSD<br />

• Belastende lebensgeschichtliche Ereignisse:<br />

– 44% mind. eine frühere sexuelle Gewalterfahrung<br />

– 30% sexueller Missbrauch innerhalb Kindheit<br />

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Nachfolgeuntersuchung von Eichenberg, Becker-Fischer &<br />

Fischer, 2006<br />

Therapeuten (beschrieben durch befragte Patienten)<br />

• 71 % männlich; 28,8 % weiblich<br />

• Alter: M = 46,9 (SD = 9,1; Range: 27-65 J.),<br />

• Beruf: 55,7 % Diplom-Psychologen, 36% Ärzte (mit 87% Facharztausbildung)<br />

• Therapierichtung: VT: 18,9%, TP: 18,9%, sonstige: ca. 15%; unbekannt: 23%<br />

• Lebenssituation:<br />

– Therapeut verheiratet (38,6%)<br />

– Geschieden oder getrennt lebend (19,3% )<br />

– generell oder schon länger allein stehend (15,8%)<br />

– 39,5 % der Pat. beschrieben die persönliche Lebenssituation des Therapeuten als<br />

– problematisch und belastend<br />

• Persönlichkeit:<br />

– 44% ausschließlich mit positiven Eigenschaften beschrieben<br />

– 21% ausschließlich mit negativen Eigenschaften beschrieben<br />

– bei 31% hatten Patienten widersprüchliche Eindrücke<br />

– 57,9% Wunscherfüllertypus<br />

– 42,1% Rachetypus.<br />

– 88,9% der Thp bedauerten den sexuellen Kontakt nicht (laut Befragtenaussage)<br />

– 83,6% hatten keine Schuldgefühle (laut Befragtenaussage)<br />

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Nachfolgeuntersuchung von Eichenberg, Becker-Fischer &<br />

Fischer, 2006<br />

Geschlechterkombination und Variablen des sexuellen Kontaktes<br />

• 67,1% Therapeut/ Patientin<br />

• 10,0% Therapeutin/Patientin<br />

• 4,1% Therapeut/Patient<br />

• 17,8% Therapeutin/Patient<br />

• in 79,6% der Fälle Initiative zum sexuellen Kontakt von Therapeuten aus<br />

• einmaliger Kontakt: 71,7%<br />

• über Zeitraum von 3-7 Monate oder 1-2 Jahre (26%)<br />

• zu 60,4% fand sexueller Kontakt während Therapietermine in Praxis statt<br />

• 30% der Pat. gaben an, dass Therapeut körperlich gewalttätig wurde<br />

• 40 % Bedrohungen<br />

• 33% Versprechungen<br />

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Nachfolgeuntersuchung von Eichenberg, Becker-Fischer &<br />

Fischer, 2006<br />

Folgen des sexuellen Kontakts<br />

• 93,3% der Pat. : sexueller Kontakt hatte problematische Folgen<br />

• 84% neue u./o. verstärkte Beschwerden als Folge (Durchschnitt verstärkter<br />

Beschwerden: M = 2,3 (SD = 1,9); durchschnittliche Anzahl neuer Beschwerden:<br />

M = 1,5 (SD = 1,3))<br />

Häufigste neue Beschwerden<br />

Häufigste verstärkte Beschwerden<br />

Isolation und emotionaler Rückzug<br />

(30,0%)<br />

Misstrauen (30,0%)<br />

Angst und Panik (10,0%)<br />

depressive Symptome (10,0%)<br />

lügen/sich verstellen müssen (10,0%)<br />

Wut und Aggressionen (10,0%)<br />

Isolation und emotionaler Rückzug (34,6%)<br />

Misstrauen (23,1%)<br />

Angst und Panik (19,2%)<br />

Scham und Schuldgefühle (19,2%)<br />

Selbstzweifel und -unsicherheit (19,2%)<br />

depressive Symptome (15,4%)<br />

• nach Angaben auf der Impact-of-Event Scale (IES) :<br />

– 90% durch den sex. Kontakt in der Therapie traumatisiert<br />

– 78,9% mit schwerer o. mittelgradiger Traumatisierung<br />

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Nachfolgeuntersuchung von Eichenberg, Becker-Fischer &<br />

Fischer, 2006<br />

Hilfreiche Umstände und Ereignisse für die Bewältigung<br />

• 45% erlebten insbesondere positiv erlebten Kontakt mit Mitmenschen als hilfreich<br />

• nur eine Patientin wand sich an Selbsthilfegruppen (Problem: in Dtl. existieren nur wenige)<br />

Folgetherapie:<br />

– 54,0% der Pbn. hatten aufgrund der sexuellen Kontakte das Bedürfnis nach Folgetherapie<br />

(Rest äußerte Bedenken aufgrund des Vertrauensmissbrauches)<br />

• Misstrauen auch deutlich in:<br />

– 50% konsultierten min. 2 verschiedene Folgetherapeuten<br />

– 32% konsultierten min. 5 verschiedene Folgetherapeuten<br />

Rechtliche Schritte:<br />

– 69% dachten nie an Einleitung rechtlicher Schritte gegen den Therapeuten (Grund:<br />

mangelnder Mut).<br />

– Einleitung in 5 Fällen (2x zivilrechtlich, 3x strafrechtlich).<br />

– förmliches Verfahren in 3 Fällen ( von Patient als nutzbringend empfunden)<br />

– davon 2 Verurteilungen, eins ausstehend<br />

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Die therapeutische<br />

Beziehung und mögliche<br />

Konsequenzen<br />

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46


Therapiesituation - Merkmale<br />

• exklusive Zweierbeziehung<br />

• Patient erwartet professionelle Heilung und Behandlung seiner Probleme durch Person mit<br />

entsprechend Ausbildung, Wissen und Fähigkeit<br />

• sind angewiesen auf Kompetenz, Uneigennützigkeit und persönliche Integrität des Therapeuten <br />

muss auf Grenzeinhaltung vertrauen können<br />

• baut in seiner Suche nach Hilfe und Unterstützung Vertrauen zum Therapeuten auf<br />

• Vertrauen und Compliance, Bereitschaft zum „Öffnen“ als notwendige Voraussetzung einer<br />

Therapiebeziehung; reduziert Hemmungen und alltägliche Schutzmechanismen<br />

strukturelle Abhängigkeit (und Verletzlichkeit) unerlässlich und gefährlich<br />

kurzzeitiger Autonomieverlust, Auslieferung durch Abbau Schutzmechanismen<br />

• Projektion der Bedürfnisse auf Therapeuten; dieser im Idealfall Hoffnungsträger für neue<br />

Entwicklungen und Perspektiven Idealisierung<br />

• intensive Beziehung und Bindung, die mit Gefühlen von Wut, Liebe, Hass, verbunden sein kann<br />

• Bindungssystem wird in Gefahren-und Bedürfnissituationen aktiviert Patient befindet sich mit<br />

seinen seelischen oder körperlichen Schäden in Bedürfnis nach Hilfe<br />

• optimal Wechsel des Bindungsmusters von unsicher zu sicher im Verlaufe der Therapie<br />

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47


Therapiesituation - Merkmale<br />

• Merkmal jeder Patient-Experten-Beziehung: Machtimbalance (Asymetrie in der Machtverteilung)<br />

• Therapeut besitzt Macht (bzgl. Zeit, Ort, persönliche Verfügbarkeit, Wissenstand und Definitionsgewalt)<br />

• oft: gesellschaftlich höheres Ansehen und Achtung sowie moralisch erhöhte Glaubwürdigkeit durch<br />

Mitarbeit in Institution<br />

• Therapeut trägt Verantwortung für Prozess: setzt Grenzen, besitzt das notwendige Wissen, bestimmt Ort<br />

der Behandlung Schutzfunktion<br />

• Förderung der Heilung und der Entwicklung des Patienten ohne Einbringen eigener Bedürftigkeit und<br />

Probleme<br />

• Patient ist in seiner Entwicklung, seinen Urteilen abhängig von Interpretation des Therapeuten <br />

Definitionsgewalt<br />

Unterschiede zu allgemeinen Beziehungen:<br />

• Zeitrahmen bzw. begrenzte Dauer<br />

• Einseitigkeit, fehlender Reziprozität Abhängigkeitsverhältnis ( Patient sollte nichts von Therapeuten<br />

wissen, „muss“ sich aber vollkommen öffnen)<br />

• non-erotische bzw. non-sexuelle Gestaltung<br />

übersteigerte Intimität als Pflichtverletzung und Vertrauensbruch, unabhängig davon, wer die Grenze zuerst<br />

überschreitet<br />

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48


Die Rollen von<br />

Therapeut und Patient<br />

gesellschaftliche Rollenerwartung (Luepker & Schoener, 1989) an:<br />

1) Therapeuten<br />

• Fachleute, die ihren Patienten und Klienten nach bestem Wissen und<br />

Gewissen helfen (wollen)<br />

• sind in der Lage ihre Bedürfnisse, Wünsche, Fantasien im beruflichen<br />

Alltag zurückzustellen und den Patienten dadurch Hilfe zu leisten<br />

• hohe ethische und mitmenschliche Werte<br />

2) Patient<br />

• bedürftiger Mensch, der aufgrund seines körperlichen oder seelischen<br />

Leidens auf Hilfe von Fachleuten angewiesen ist<br />

• suchen mit Erwartung an kompetente Hilfe<br />

• zeigen Offenheit und Vertrauen, welches nicht alltäglich ist<br />

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• stillschweigendes Übereinkommen bzgl.<br />

Erwartungen an Therapeut und Patient<br />

• Emotionen und sexuelle Gefühle in<br />

menschlichen Beziehungen normal und per se<br />

nicht schädlich Problem: unzureichende<br />

Thematisierung des Umgangs mit solchen<br />

Gefühlen und Einhaltung der Grenzen<br />

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50


Merkmale sexueller Übergriffe in<br />

der Therapiesituation<br />

• Abhängigkeit und Verletzlichkeit (des Patienten) und starkes Machtgefälle als<br />

bedeutsame Kennzeichen Möglichkeit der Ausnutzung von Macht<br />

• Missbrauch der beruflichen Expertenstellung<br />

• Missbrauch des Abhängigkeitsverhältnisses<br />

• Missbrauch des Vertrauens (für egoistische Zwecke wie der sexuellen<br />

Befriedigung) Vertrauensbruch als Pflichtverletzung Zerstörung der<br />

Therapiebasis<br />

• Therapeut als Liebespartner Rollenvermischung; Patienten misstrauen ihren<br />

Gefühle und Wahrnehmungen , können Liebe und Zuneigung nicht mehr<br />

auseinanderhalten Konfusion<br />

• Rollenumkehr eigene Bedürftigkeit des Therapeuten; kann aufgrund fehlender<br />

Distanz seine Rolle nicht mehr wahrnehmen<br />

• Arzt bricht Therapie vorzeitig ab, um sexuelle Beziehung (legal) zu ermöglichen <br />

Definition als „ebenbürtige Beziehung zwischen zwei Erwachsenen“<br />

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51


Merkmale sexueller Übergriffe in<br />

der Therapiesituation<br />

• Therapeut hat alleinige Verantwortung für die Gestaltung und Aufrechterhaltung<br />

der psychotherapeutischen Situation definiert das Verhalten als „krank/nicht<br />

krank“ und zieht Grenzen<br />

• Therapeut ist aktiver Part und manipuliert subtil<br />

• Verliebtsein seitens Patient wird gefördert (Therapeut fühlt sich geschmeichelt und<br />

begehrt)<br />

• Abhängigkeit auch nach Beendigung der Therapie und außerhalb des gewohnten<br />

Settings (Raum und Zeit)<br />

• prozesshaftes Geschehen slippery slope concept (nach Tschan, 2001)<br />

• bei Initiative durch Patient: oft Abläufe nach Muster von „Inzest“ erkennbar <br />

Annäherung an Therapeut mit kindlichem Wunsch nach Liebe, Zuwendung,<br />

körperlicher Nähe und Zärtlichkeit; vom Therapeut als sexuelle Annäherung und<br />

„erotisch“ interpretiert und beantwortet<br />

• daher sexuelle Übergriffe in Psychotherapien oft als „Inzestbeziehung“ beschrieben<br />

( nach Becker-Fischer et al., 2008)<br />

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Der Prozess<br />

Slippery Slope Concept („Rutschbahn“) (nach Tschan, 2001)<br />

• selten direkter Beginn mit sexuellen Kontakten, sexuelle Ausbeutung als letztes Glied<br />

• stattdessen: chain of antecedants (vorbereitende Tathandlungen, bei denen Grenzen<br />

ausgetestet werden) bzw. seemingly unimportant decisions (scheinbar nebensächliche<br />

Begebenheiten; Salter, 1995)<br />

• vorherige Ereignisse haben gravierende Folgen, werden jedoch oft bagatellisiert und<br />

vergessen z.B. auch: Überschreiten der Rahmenbedingungen z.B. der<br />

Sitzungsdauer/häufigkeit, Minderung der Zahlung<br />

• Patient ignoriert Warnsignale im Sinne von „Der Therapeut weiß, was er da tut“<br />

Missbrauchsverhalten als Summe und logischer Abfolge mehrere Ereignisse und<br />

Handlungen<br />

• auf Grund von Erwartungshaltung/ Vertrauen in Therapeuten werden „Signale“ und<br />

vorbereitende Handlungen uminterpretiert als Ratschläge und notwendige Teile des<br />

Beratungsprozess<br />

• zu Beginn der Übergriffe (!) oft emotionale Bedürftigkeit und Verletzbarkeit des<br />

Therapeuten (dadurch „hineinschlittern“)<br />

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53


Der Prozess<br />

• Grooming (engl. ein Pferd striegeln): Manipulationsstrategien zur Verschleierung der wahren<br />

Absichten seitens des Täters<br />

– frühes Angebot sich zu duzen persönliche Note<br />

– geben eigenes Privatleben preis<br />

– weihen Patient in andere Patientenfälle ein<br />

– Komplimente über Aussehen<br />

– zufällige Berührungen (scheinbar)<br />

– aktives Interesse und Explorieren sexueller Gedanken (wenn diese eigentlich nicht relevant für<br />

Behandlung)<br />

– aktives Interesse und Explorieren sexueller Gedanken bzgl. den Therapeuten<br />

– eigene sexuelle Gedanken bzgl. dem Patienten und Äußerung dieser<br />

• sexuelle Kontakt wird vom Theapeuten initiiert geplant und beabsichtigt<br />

• Patienten erleben sich als etwas Besonderes, erfahren narzisstische Aufwertung, genießen die<br />

Aufmerksamkeit (umgekehrt genauso) nehmen Annäherungsversuche als Zeichen von<br />

besonderer Zuneigung Kontakt auch im Privatbereich (Telefonate, außerdienstliche<br />

Treffen, Wochenendausflüge) Entwicklung echter Gefühle seitens des Patienten <br />

Hoffnung auf echte Beziehung, gemeinsame Zukunft<br />

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Der Missbrauchskreis (vgl. Tschan, 2001)<br />

Gesellschaftlicher<br />

Kontext<br />

Motivation<br />

Angst,<br />

Scham,<br />

Schuld<br />

Triggermechanismen<br />

Missbrauch/<br />

Seitensprung<br />

Kognitive<br />

Verzerrungen<br />

Grooming<br />

Sexuelle<br />

Aktivitäten<br />

Sexuelle<br />

Fantasien<br />

Aussuchen des<br />

Opfers<br />

Konkrete Planung<br />

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Risikofaktoren (Therapeut)<br />

• zuverlässigster Prädiktor: bereits frühere sexuelle Kontakte in professioneller Beziehung (Sexueller<br />

Missbrauch im Therapiesetting ist fast immer einer Serientat!), aktiv oder passiv (z.B. durch Ausbilder,<br />

Lehrer, Supervisoren, Doktorväter..)<br />

• Rollenkonfusion ehemaliger Helfer zeigt Hilfebedürftigkeit Patient wird in seinem Hilfegesuch<br />

enttäuscht<br />

• sexuell attraktive Patienten/innen<br />

• Burnout-Symptome<br />

• unsichere Bindungsmuster<br />

• Bedürftigkeit<br />

• Naivität und unzureichendes Wissen über Abstinenzgebot<br />

• Substanzabhängigkeit und andere Süchte (Spielsucht, Sexsucht..)<br />

• Kontrollillusion und Selbstüberschätzung<br />

• sexuelle Kontakt als zulässige Behandlungsoption<br />

• Persönlichkeitsstörungen (insbesondere Narzissmus)<br />

• situative Faktoren: Krise in der eigen Partnerschaft oder Familie, Scheidung, Krise am Arbeitsplatz,<br />

finanzielle Notlagen, auch Todesfälle, Desillusionierung<br />

• berufliche Isolation (alleinpraktizierend), fehlender Austausch mit Kollegen<br />

• ausgeprägtes Machtbedürfnis und Empathiemangel<br />

• sexueller Missbrauch in der Anamnese (Übergriffe als Umkehr der ehemaligen Opferrolle)<br />

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56


Risikofaktoren (Patient)<br />

• Hilfsbedürftigkeit<br />

• starkes Bedürfnis nach Nähe, Interesse, Fürsorglichkeit und Wärme<br />

• sexuelle Beziehung als „exklusiv“ interpretiert („er kümmert sich um mich<br />

und mag mich besonders“) Gefühl des Begehrtseins<br />

• frühkindliche Deprivation und Fehlen von Nähe und Bindung in<br />

Partnerschaften ungestillte Sehnsüchte Erfüllung und Befriedigung<br />

durch Zuwendung des Therapeuten<br />

(doch: Ziel sollte die Entwicklung von Autonomie sein, nicht die Erfüllung<br />

dieser Wünsche)<br />

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57


Psychodynamik des Missbrauchs im<br />

Traumaverlauf (vgl. Becker-Fischer & Fischer, 2008)<br />

• Therapeut forciert die eigene Idealisierung<br />

• Patient in persönlicher Weise aufwerten, gleichzeitig darstellen, man sei<br />

ohne ihn nicht lebensfähig<br />

• Hinwirken, den Patienten sozial zu isolieren<br />

• Rollenkonfusion bis zum Rollentausch:Therapeut erzählt von eigenen<br />

Bedürfnissen und Problemen, Patient fühlt sich als Vertrauter und sehr<br />

geehrt<br />

• Patient spürt Bedürftigkeit<br />

<br />

erste sexuelle Äußerungen<br />

• Patient gibt Verliebtsein vor, um sich weiterhin Zuwendung zu sichern<br />

besonders bei in Kindheit missbrauchten Patientinnen („ich bin nur<br />

liebenswert, wenn ich mich meinen Körper anbiete“)<br />

• bei Gegenwehr, Ablehnung der Annäherungsversuche und Kritik seitens des<br />

Patienten Umdeutung durch Therapeut als Abwehr der echten Liebe<br />

• soziale Beziehung verarmt und gegenseitige Idealisierung wird verstärkt<br />

immer tieferes Macht- und Abhängigkeitsverhältnis<br />

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58


• Abhängigkeit als Katalysator für Missbrauchssituationen<br />

• entwickelt sich Patient und löst sich aus Abhängigkeit<br />

(eigentliches Ziel der Therapie) besteht Gefahr der<br />

Drohungen, Gewaltanwendung, Beendigung der Therapie<br />

und Entwertung der Patienten durch Therapeut/in <br />

Auslösen einer tiefgreifenden Krise beim Patient<br />

• Bewusstsein, dass sexuelle Handlungen keine ebenbürtige<br />

Liebesbeziehung, sondern Verrat und Missbrauch waren <br />

Auslösen einer tiefgreifenden Krise beim Patient<br />

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59


Tätertypologien - 1 (Schoener & Gonsiorek, 1989;<br />

bei Becker-Fischer et al., 2008)<br />

1) Uninformierte Naive<br />

– Ausbildung und/oder persönliche Reife unzureichend<br />

2) Gesunde oder durchschnittlich Neurotische<br />

– Einmaliges Ereignis, situative Auslöser<br />

– Vorwürfe<br />

– Einsicht vorhanden Bereitschaft für eigene Behandlung oder<br />

Supervision<br />

– günstige Prognosen<br />

3) Schwer Neurotische/ Sozial Isolierte<br />

– Emotionale Probleme (speziell Depression)<br />

– Schuldgefühle eher unbewusst und ohne Veränderungsmotivation<br />

– Therapie als Lebensinhalt<br />

– eingeschränkte Prognose<br />

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Tätertypologien - 1 (Schoener & Gonsiorek, 1989;<br />

bei Becker-Fischer et al., 2008)<br />

4) Impulsive Charakterstörungen<br />

– Schwierigkeiten in Triebkontrolle<br />

– meist bereits mehrere und gleichzeitige sexuelle Kontakte zu Patienten<br />

– oft Sexualdelikte in Vorgeschichte<br />

– Einsicht und Reue nur wenn Konsequenzen<br />

– Therapieresistent<br />

5) Soziopathische oder narzißtische Charakterstörungen<br />

– berechnend, Experten in Manipulation und Verführung auch gegenüber Kollegen und<br />

Gremien<br />

– therapieresistent bzw. eingeschränkt therapiefähig<br />

6) Psychotische oder Borderline-Persönlichkeiten<br />

– Gestörter Realitätsbezug, fehlende soziale Urteilsfähigkeit<br />

– bizarre Rationalisierungen<br />

– dissoziative und paranoide Symptome<br />

– nicht behandelbar<br />

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Tätertypologien – 2<br />

(Steuerungsgruppe PABS (Patienten-Anlauf und Beratungsstelle der<br />

Medizinischen Gesellschaft Basel), 2003)<br />

1. situational handelnde Fachleute aufgrund von<br />

Lebensumständen und/oder mit ethischen bzw.<br />

moralischen Defiziten<br />

2. Fachleute mit psychischer oder somatischer Erkrankung<br />

(Depression, Persönlichkeitsstörung, neurologische<br />

Defizite..), welche Fähigkeiten zu Entscheidungen und<br />

Grenzeinhaltungen beeinflusst<br />

3. Fachleute mit forensischen Defiziten (Vergewaltigungen,<br />

Pädosexualität, Gewalterfahrungen in Kindheit..)<br />

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Tätertypologien – 3 (Becker-Fischer et al., 2008)<br />

1. „Liebeskranke Therapeuten“<br />

• primär akute situative Krisen und Belastungen führen zu Grenzüberschreitungen<br />

2. Persönlichkeitsgestörte<br />

• Spaltungen/Dissoziationen; Doubling-Phänomene<br />

• Bsp.: Nazidoktor Mengele: liebevoller Vater vs. Todesarzt<br />

3. ( Opfer von Missbrauch in der Biografie)<br />

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Psychodynamik des Missbrauchs im<br />

Traumaverlauf (Becker-Fischer et al., 2008)<br />

• Alleinherrscher, Retter, Gott, Messias, potenter Liebhaber<br />

1. Aktuelle persönliche Probleme Wunsch nach Beziehung schwer<br />

kontrollierbar<br />

2. Mangelnde Liebe Helfersyndrom, Befriedigungen in therapeutischer<br />

Arbeit nicht genug (können Geben-müssen nicht ertragen, ohne selbst etwas<br />

zu bekommen)<br />

3. Narzißtische Probleme bereits Forderung nach Abstinenz wird als<br />

Kränkung empfunden sowie die Kränkung durch Altersprozesse<br />

• In Begegnung mit traumatisierten Patienten eigene Traumata reaktiviert<br />

• Massive Rettungsphantasien als Abwehrmaßnahme<br />

• golden phantasy (Smith, 1984): Vorstellung eines Zustandes von absoluter<br />

Versorgung und Geborgenheit intensive Bindung an Therapeuten,<br />

besonders in Risiko-und Problemsituationen dafür zugänglich<br />

• Wunsch des Therapeuten in einen prätraumatischen Zustand zurückzukehren<br />

nicht möglich, somit Gefühl und Zwang nur einseitig zu geben<br />

• Hass-/Destruktionsimpulse und Wünsche nach Gratifikation<br />

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Rache- und Wunscherfüllungstypus<br />

(Skripte der Therapeuten) (Becker-Fischer et al., 2008)<br />

Grundidee:<br />

• durch Begegnung mit Patient kommt es zur Reaktivierung eigener Traumata<br />

beim Therapeuten sexuelle Übergriffe als Reinszenierung eigener<br />

Erfahrungen<br />

Unterscheidung der Typen aufgrund (unbewusster) Motivation:<br />

1. Rachetypus<br />

– Rache an Patientinnen im Vordergrund<br />

– traumatische Enttäuschungen aus Kindheit werden weitergegeben<br />

– Abwehr durch Identifikation mit früherem Täter<br />

– Wechselt Opfer häufiger<br />

– trotzdem enge Bindung<br />

– braucht ständig mindestens ein Opfer<br />

2. Wunscherfüllungstypus<br />

– Rettungsphantasie<br />

– Verleugnung des Traumas durch Illusion einer heilen Welt<br />

– Umkehr der Rollenverteilung<br />

• nicht alle Täter lassen sich hier einordnen<br />

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Stereotype Interaktionsmuster<br />

(Becker-Fischer et al., 2008)<br />

1. Golden phantasy<br />

− Wunscherfüllungstypus<br />

− Rettungsfantasie des Therapeuten, die Patient schließlich<br />

übernimmt<br />

− Therapeut gibt Patient Gefühl vollkommener Sicherheit,<br />

Geborgenheit und Schutz<br />

− Patient fühlt sich aufgewertet, frühe Warnsignale werden<br />

bagatellisiert<br />

− Rollenumkehr<br />

2. Distanzierter Gott<br />

− Rachetypus<br />

− Grenzen zunächst übersteigert eingehalten, sehr unpersönliche<br />

Beziehung<br />

− Patient wird emotional depriviert<br />

− sexuelle Übergriffe im Rahmen von Selbstständigkeits-und<br />

Ablöseprozessen seitens Patient<br />

− plötzlicher Übergriff, oft sadistische Ausmaße<br />

− Patient als „Eigentum“ des Therapeuten<br />

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Stereotype Interaktionsmuster<br />

(Becker-Fischer et al., 2008)<br />

3. Hilfloser Messias<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

Wunscherfüllungstypus<br />

therapeutisches Setting von Anfang an undefiniert<br />

Patient als extrem hilflos und unselbstständig dargestellt<br />

Therapeut bietet persönliche Hilfestellungen an, die eigenständige Entwicklung<br />

des Patienten unterbinden<br />

4. Guru „Sextherapie“<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

Rachetypus<br />

bereits zu Beginn kein definierter Beratungsrahmen, Treffen außerhalb der<br />

Therapieräume<br />

Therapeut öffnet sich und erzählt viel Privates<br />

Sexualpraktiken als Rache<br />

sexuelle Handlungen als „fortschrittliche“ Therapiemethode dargestellt<br />

narzisstische Aufwertung des Patienten<br />

Überrumpelungstaktik<br />

• Gemeinsamkeit aller Muster: Rollenumkehr<br />

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weitere Hintergründe für PSM<br />

• Rache- und Wunscherfüllungstypus = Wiederholungstäter, da<br />

ständige Reaktivierung des Traumas ohne wirkliche Bewältigung<br />

• aber : nicht immer hat Therapeut selbst traumatische Erfahrungen<br />

gemacht<br />

• auch Grund für sexuelle Übergriffe: schlichte Machtbedürfnisse,<br />

sadistische Neigungen<br />

• Sexuelle Ebene für Therapeuten nur Mediator-Funktion<br />

• Sexuelle Handlungen als „Therapiemittel“<br />

• Patient als Objekt der Zerstörungslust und Projektionsfläche<br />

eigener Machtbedürfnisse<br />

• oft auch Angehörige und privates Umfeld des Patienten<br />

einbezogen (z.B. mit manipuliert)<br />

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Abwehrstrategien vom Therapeuten<br />

(Becker-Fischer et al., 2008)<br />

• Abwehrstrategien zu erkennen an:<br />

– Vermeidung von Erkenntnissen<br />

– Vermeidung von Handeln<br />

• Ziel:<br />

– Reduktion der Spannung und kognitiver Dissonanz<br />

– narzisstische Selbstaufwertung (müssen sich nicht auf das niedere Niveau dieses tabuisierten<br />

Themas aufhalten)<br />

• Rechtfertigungen und Begründungen:<br />

– Schicksal (auch: „jedes Opfer findet seinen Täter“)<br />

– Therapeutische Maßnahme „Liebe als einzig wirksame Therapieform“ Liebe gleichgesetzt<br />

mit sexuellen Kontakten<br />

– Schuld/Mitschuld der Patientin („Blaming the Victim“)<br />

– Bagatellisierung<br />

– Überdramatisierung<br />

– Leugnung<br />

– Beteuerung von echten, romantischen Gefühlen<br />

Gefühl der Sicherheit wiederhergestellt<br />

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„Blaming the Victim“ (Tschan, 2001)<br />

• Opferbeschuldigung<br />

• häufiger Abwehrmechanismus<br />

• Opfer-Täter-Umkehr Opfer habe Täter verführt und wolle<br />

ehrenhaften Fachmann in Ruin treiben<br />

• durch Gesellschaft und Täter initiiert<br />

Folge: sekundäre Viktimisierung und Retraumatisierung<br />

(Opfer wird in Hilfegesuch erneut allein gelassen, trifft auf wütende<br />

und schuldzuweisende Reaktionen)<br />

• weiterhin Beratungsstellen und Folgetherapeuten betroffen:<br />

Vorwurf, sie würden das Problem unnötig „aufbauschen“<br />

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„Blaming the Victim“ (Tschan, 2001)<br />

durch die Gesellschaft<br />

1) Reaktion auf Opferrollen<br />

– Konfrontation mit negativen Gefühlen (Schmerz, Wut, Hass, Verwirrung), Betroffenheit, Hilflosigkeit,<br />

Verzweiflung, Ausweglosigkeit<br />

– Erschütterung des Vertrauens in Institutionen<br />

– Forderung nach Unterstützung, Positionseinnahme und Übernahme von Verantwortung<br />

statt Verantwortungsübernahme leichter: Schuld beim Opfer suchen ( „Schicksal“)<br />

2) Tabuisierung der Thematik<br />

– Anzeigen als Übertreibungen gesehen, Rollenerwartungen in männlich geprägter Gesellschaft<br />

– Bild von „verführerischen“ Frauen und „ehrenhaften“ Helferberufen ( „Götter in weiß“)<br />

– Opfer (und seine Helfer) seien verantwortlich, dass wir uns mit Unangenehmen beschäftigen müssen<br />

– fehlende Sensibilisierung in Gesellschaft und Medien<br />

– fehlende Aufklärung über Statistiken<br />

– fehlende Aufklärung und unzureichende Diskussion in der Ausbildung<br />

– fehlendes Qualitätsmanagement<br />

– ungenügende Opferorientierung und wenig Beachtung der Opferanliegen<br />

– Umfrage: professionelle Opferberatungen raten in 94% der Fälle von Anzeige ab (Fegert; zit bei Tschan,<br />

2001)<br />

• „Blaming the Victim“ zweiter Ordnung: Konfrontation der Fachleute mit Thematik wollen sich<br />

und ihre Berufsordnung schützen bagatellisieren Thematik in Öffentlichkeit und schweigen<br />

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„Blaming the Victim“(Tschan, 2001)<br />

durch den Täter<br />

• weitere Manipulation unter dem Deckmantel der gesellschaftlichen<br />

Schuldzuweisung („Täter nimmt Meinung der Gesellschaft an“)<br />

• werden nicht zur Verantwortung gezogen keine berufsrechtlichen und<br />

sozialen Folgen<br />

• auch gerichtliche Instanzen durch gesellschaftliche Meinungen geprägt <br />

Vorteil für Täter<br />

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Folgen für Patient<br />

• Enttäuschung über ausbleibende Hilfe durch Therapeut (bei Rollenkonfusion)<br />

• Wut (auch Übertragung auf nahestehende Personen, unkontrolliert)<br />

• Vertrauensverlust<br />

• Selbstanklagen und Schuldgefühle<br />

• Idee der „wahren Liebe“<br />

• tiefes Misstrauen in andere und Wahrnehmung eigener Gefühle, ambivalente Gefühle<br />

• Schamgefühle<br />

• verringerter Selbstwert und Erschütterung des Welt-und Selbstverständnisses<br />

• Angst<br />

• Depression<br />

• Symptome einer PTSD<br />

• suizidale Gedanken und selbstdesdruktive Handlungen<br />

• sexuelle Dysfunktionen, sexuelle und intime Handlungen sowie Gefühle mit Angst und Scham<br />

besetzt<br />

• Partnerschafts- und Bindungsprobleme<br />

• Blockade für Nachfolgetherapien, da Vertrauensverlust und Angst<br />

• Schuldzuweisung durch Täter und vllt. Öffentlichkeit (Verdacht einer Falschaussage) eigene<br />

Zweifel; gesellschaftlich keine Anerkennung<br />

• sekundäre Viktimisierung durch juristische Folgen Offenlegung der Tat und intimer Details<br />

privater Beziehungen<br />

• sekundäre Folgen: Arbeitslosigkeit/unfähigkeit, Abbruch Partnerschaft, soziale Isolation,<br />

Substanzabhängigkeiten<br />

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73


Folgen für Therapeut<br />

• Rufschädigung<br />

• juristische Folgen<br />

• Kündigung und Verlust der Approbation<br />

• Bloßstellung (z.B. in Medien), Offenlegung der Privatssphäre<br />

und Nachforschungen an Arbeitsplatz, Beschlagnahme von<br />

Patientenakten, privaten Dokumenten, Computer…<br />

• Misstrauen nachfolgender Patienten sowie eigener Kollegen<br />

und Arbeitsstelle<br />

• Rückwirkungen auf private Beziehungen und soziale Kontakte<br />

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Folgen für die Vorgesetzten<br />

(bei angestellten Psychotherapeuten)<br />

• Anzweifeln der Ausübung der Aufsichtspflicht<br />

• Anzweifeln der Ausbildungsmaßnahmen und Kontrollinstanzen<br />

• Zwang zu Rechtfertigung und Schadensbegrenzung / Entschädigung<br />

( häufig Verdachtskündigungen)<br />

• Angst vor Medienskandal<br />

• Unterstellen einer Mitverantwortung<br />

• Qualitätskontrollen und verstärkte Er/Aufarbeitung von<br />

Maßnahmenkatalogen<br />

• Polarisierungen unter Mitarbeitern, erschwertes Arbeitsklima und<br />

Misstrauen<br />

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Rechtliche Regelung<br />

1) Strafrecht<br />

2) Berufsrecht<br />

3) Zivilrecht<br />

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Strafrecht<br />

§ 174c StGB<br />

Sexueller Mißbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder<br />

Betreuungsverhältnisses<br />

(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm wegen einer geistigen oder<br />

seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder<br />

wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung<br />

oder Betreuung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Beratungs-, Behandlungs- oder<br />

Betreuungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt, wird mit<br />

Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.<br />

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm zur<br />

psychotherapeutischen Behandlung anvertraut ist, unter Mißbrauch des<br />

Behandlungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt.<br />

(3) Der Versuch ist strafbar.<br />

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Strafrecht<br />

• Einführung des § 174c StGB am 1. April 1998<br />

(6. Strafrechtsreformgesetz)<br />

• neue Formulierungen 1.April 2004:<br />

– oder wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung<br />

– Freiheitsstrafe von drei Monaten (statt Geldstrafe)<br />

• Zweck: Schließen einer Strafbarkeitslücke bisher konnten<br />

sexuelle Übergriffe in psychotherapeutischen Behandlungen<br />

Erwachsener nicht immer anderen bereits geltenden strafrechtlichen<br />

Bestimmungen zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung<br />

zugeordnet werden<br />

• Grund: steigende fachliche und gesellschaftliche Aufmerksamkeit;<br />

spezifisches Abhängigkeitsverhältnis in therapeutischer Beziehung<br />

erleichtert sexuelle Übergriffe<br />

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Begriffsbestimmungen<br />

• Sexuelle Handlung ( § 184 g StGB)<br />

– solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind<br />

– Sexuelle Handlung vor einem anderen<br />

– nur solche, die vor einem anderen vorgenommen werden, der den Vorgang wahrnimmt.<br />

– i.d.R. durch das aktive Tun und unter Einsatz des eigenen Körpers das Geschlechtliche im Menschen zum<br />

unmittelbaren Gegenstand hat<br />

• muss objektiv gegeben sein d.h. in ihrem äußeren Erscheinungsbild für das allgemeine Verständnis den Bezug<br />

auf das Geschlechtliche erkennen lassen<br />

• subjektive Absicht und deren evtl. geschlechtliche Färbung unerheblich (diese nur bei mehrdeutigem Verhalten<br />

berücksichtigt)<br />

• Erheblichkeit<br />

– normativ: Handlung ist sozial nicht hinnehmbar; quantitativ: hebt sich in Dauer und Intensität ab<br />

– Erheblichkeitsschwelle (Fischer, 2001): gemäß § 184 g StGB zu bestimmen; Schwelle abhängig von der<br />

Gesamtwürdigung der Situation (konkreten Beeinträchtigung der Person, von Stellung des Täters innerhalb<br />

des Beratungsverhältnisses und dessen Ausgestaltung)<br />

– Überschreiten der Schwelle Einzelfallentscheidung<br />

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79


• Rechtsgut: sexuelle Selbstbestimmung<br />

– Freiheit der Person, über Ort, Zeit, Form und Partner der sexuellen Betätigung frei zu<br />

entscheiden. Die sexuelle Selbstbestimmung ist Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts<br />

(die der Menschenwürde entspringt) (§§ 174ff. StGB).<br />

– (diskutiert: Professionalität des Behandlungsverhältnisses)<br />

• Offizialdelikt Strafantrag nicht erforderlich; Tat ist zu verfolgen, wenn sie den<br />

Strafverfolgungsbehörden bekannt wird<br />

• psychotherapeutische Behandlung:<br />

– Begriff weit gefasst<br />

– nicht auf Vorgaben der Psychotherapie-Richtlinien oder anderer „Schulen“ begrenzt<br />

– Behandlung muss nicht als Therapie bezeichnet werden und Täter muss nicht über<br />

entsprechende Qualifikation (nach §§5,6 PsychThG) bzw. Erlaubnis (§ 1 HeilPrG) besitzen<br />

– auch alternative Therapieformen und Außenseitermethoden (z.B. durch religiöse oder<br />

Weltanschauungsgruppierungen)<br />

Anwendung auch auf psychosoziale Beratung jeder Art, damit auch z.B. Fachkräfte der<br />

Erziehungs- und Familienberatung<br />

ausgeschlossen: Veranstaltungen, Kurse, Selbsthilfegruppen, Workshops (auf Grund<br />

mangelndem Machtgefälles)<br />

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80


entscheidend:<br />

• Opferintention und therapeutischer Behandlungswille<br />

– Intention des Opfers sich zum Zweck der Diagnose, Heilung oder Linderung<br />

einer geistigen oder psychischen Beeinträchtigung einer hierauf ausgerichteten<br />

Behandlung zu unterziehen und sich einer Person anzuvertrauen<br />

• professionelles Angebot zur Besserung bzw. Beseitigung solcher Probleme<br />

durch Täter Aufbau einer besonderen Vertrauensbeziehung mit<br />

starkem Abhängigkeitsverhältnis<br />

• Ausnutzen einer spezifischen Abhängigkeits- und Vertrauenssituation<br />

indiziert Missbrauch der betroffenen Person<br />

• Zustimmung des Opfers zur Handlung ist OHNE Belang<br />

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81


zur Bestimmung des Grades der Abhängigkeit hilfreich:<br />

• Intensität der Beratung wie stark ist Ratsuchender vom Problem<br />

betroffen bzw. wie sehr erhält sie/er Unterstützung?<br />

• Dauer der Beratung je länger bzw. häufiger, desto mehr Informationen<br />

und tiefere Analyse der Problemsituation<br />

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Unterschied Absatz 1 und 2 (§ 174c StGB)<br />

• gesonderte Regelung in Abs. 2 § 174c, sodass auch leichte oder<br />

vorübergehende Beeinträchtigungen des seelischen Wohls erfasst<br />

werden<br />

• Patienten gehen Abhängigkeitsverhältnis (entgegen denen aus<br />

Abs. 1) meist aus eigenem Antrieb ein<br />

• Einschluss anderer Personengruppen Unterschied im Ausmaß<br />

der Beeinträchtigung, die den Anlass zur Beratung, Behandlung<br />

oder Betreuung gibt<br />

• Beeinträchtigung leichten Grades fallen nicht unter Abs. 1, aber<br />

unter Abs.2<br />

• maßgeblich: nicht Grad der Beeinträchtigung, sondern Vertrauensund<br />

Abhängigkeitsverhältnis<br />

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Strafrechtliche Folgen<br />

Strafrahmen<br />

• Freiheitsstrafe: drei Monate bis fünf Jahre<br />

• Geldstrafe : als Ersatz für kurze Freiheitsstrafe<br />

(< 6 Monate, nach § 47 StGB)<br />

• Berufsverbot (befristet !, nach § 70 StGB)<br />

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Strafbarkeit nach Beendigung des<br />

Behandlungsverhältnisses<br />

• strittig; denn: Tatbestand setzt das Anvertrauen zur psychotherapeutischen<br />

Behandlung voraus dafür ist Opferintention vorausgesetzt nach<br />

regelgerechter Beendigung weder Intention seitens Opfer noch Behandlungswille<br />

seitens Therapeut vorhanden<br />

• bei vorzeitigem (nicht regelgerechtem) Abbruch dauert Beziehung zwar an; jedoch<br />

auch dann nicht mehr Opferintention oder therapeutischer Behandlungswille <br />

kein Anvertrauen<br />

Sexuelle Kontakte nach Beendigung oder Abbruch eines Behandlungsverhältnis<br />

fallen nicht unter § 174 c StGB<br />

• aber (!): wenn Behandlung nur pro forma ( z.B. bei Streichung aus Patientenkartei,<br />

kein Treffen mehr in Praxis…) beendet bestehen sowohl Opferintention als auch<br />

Behandlungswille § 174 c StGB<br />

• auch wenn nur Intention besteht, und Therapeut fehlgeleitete<br />

Behandlungserwartung des Patienten nicht ausräumt weiterhin anvertraut <br />

§ 174 c StGB<br />

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Berufsordnung<br />

• Abstinenzgebot<br />

• Regelung der Berufsausübung von Psychotherapeuten<br />

in Heilberufsgesetz des Landes sowie in<br />

untergesetzlichen Normen der öffentlich-rechtlichen<br />

Berufskammern (= Berufsordnungen)<br />

• Empfehlung in Muster-Berufsordnung<br />

(§ 6 Abstinenz) Ausgestaltung in Berufsordnungen<br />

der Landeskammern<br />

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86


Berufsordnung der PtK<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

§ 6 Abstinenz<br />

(1) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben die Pflicht, ihre Beziehungen zu Patientinnen und Patienten<br />

und deren Bezugspersonen professionell zu gestalten und dabei jederzeit die besondere Verantwortung gegenüber<br />

ihren Patientinnen und Patienten zu berücksichtigen.<br />

(2) Sie dürfen die Vertrauensbeziehung von Patientinnen und Patienten nicht zur Befriedigung eigener Interessen und<br />

Bedürfnisse missbrauchen.<br />

(3) Die Tätigkeit von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wird ausschließlich durch das vereinbarte Honorar<br />

abgegolten. Die Annahme von entgeltlichen und unentgeltlichen Dienstleistungen im Sinner einer Vorteilnahme ist<br />

unzulässig. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dürfen nicht direkt oder indirekt Nutznießer von<br />

Geschenken, Zuwendungen, Erbschaften oder Vermächtnissen werden, es sei denn, der Wert ist geringfügig.<br />

(4) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sollen außertherapeutische Kontakte zu Patientinnen und Patienten<br />

auf das Nötige beschränken und so gestalten, dass eine therapeutische Beziehung möglichst wenig beeinträchtigt<br />

wird.<br />

(5) Jeglicher sexuelle Kontakt von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu Patientinnen und Patienten ist<br />

unzulässig.<br />

(6) Die abstinente Haltung erstreckt sich auf die Personen, die einer Patientin oder einem Patienten nahe stehen, bei<br />

Kindern und Jugendlichen insbesondere auf deren Eltern und Sorgeberechtigte.<br />

(7) Das Abstinenzgebot gilt auch für die Zeit nach Beendigung der Psychotherapie, solange noch eine<br />

Behandlungsnotwendigkeit oder eine Abhängigkeitsbeziehung der Patientinnen und Patienten zur<br />

Psychotherapeutin oder zum Psychotherapeuten gegeben ist. Die Verantwortung für ein berufsethisch einwandfreies<br />

Vorgehen trägt allein die behandelnde Psychotherapeutin oder der behandelnde Psychotherapeut.<br />

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§ 12 Abstinenz<br />

Berufsordnung der LpK<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

(1) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben ihre Beziehungen zu ihren Patientinnen und Patienten<br />

berufsbezogen zu gestalten und die besondere Verantwortung und ihren besonderen Einfluss gegenüber<br />

ihren Patientinnen und Patienten jederzeit angemessen zu berücksichtigen.<br />

(2) Sie dürfen die Vertrauensbeziehung zu Patientinnen und Patienten nicht zur Befriedigung eigener<br />

Bedürfnisse oder Interessen ausnutzen oder versuchen, aus den Kontakten persönliche oder wirtschaftliche<br />

Vorteile zu ziehen.<br />

(3) Sie sollen außertherapeutische Kontakte zu Patientinnen und Patienten gering halten und so gestalten, dass<br />

sie die therapeutische Beziehung und die eigene Unabhängigkeit nicht beeinträchtigen.<br />

(4) Sexuelle Kontakte zu Patientinnen und Patienten sind unzulässig.<br />

(5) Die Abstinenz muss auch gegenüber Personen eingehalten werden, die den Patientinnen und Patienten nahe<br />

stehen.<br />

(6) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten steht für ihre Arbeit nur das gesetzliche oder vereinbarte<br />

Honorar zu. Sie dürfen im Rahmen ihrer psycho-therapeutischen Tätigkeit keine Geschenke annehmen,<br />

deren Wert den einer kleinen Aufmerksamkeit übersteigt. Sie dürfen nicht direkt oder indirekt Nutznießer<br />

größerer Schenkungen, Erbschaften, Erbverträge oder Vermächtnisse von Patientinnen und Patienten oder<br />

diesen nahe stehenden Personen werden und haben diese abzulehnen.<br />

(7) Sie dürfen im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Berufs keine Waren verkaufen oder gewerbliche<br />

Dienstleistungen erbringen.<br />

(8) Das Abstinenzgebot gilt auch für die Zeit nach Beendigung der Psychotherapie, solange noch eine<br />

Behandlungsnotwendigkeit, eine Abhängigkeitsbeziehung oder ein Übertragungsgeschehen des Patienten<br />

zum Psychotherapeuten gegeben ist, und ist für mindestens ein Jahr einzuhalten. Die Verantwortung für ein<br />

berufsethisch einwandfreies Vorgehen trägt allein der behandelnde Psychotherapeut.<br />

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88


Berufsrechtliche Folgen<br />

• berufsgerichtliche Verfahren nach den<br />

Heilberufsgesetzen<br />

• Rüge<br />

• Geldbuße<br />

• Entziehen des aktiven oder/und passiven<br />

Berufswahlrechtes<br />

• Feststellung der Berufsunwürdigkeit<br />

• Widerruf der Approbation<br />

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89


Abstinenz nach Beendigung des<br />

Behandlungsverhältnisses<br />

• eigene Regelung in den Berufsordnungen<br />

• sehr uneinheitlich (z.B. Baden-Württemberg: auf drei Jahre; in<br />

Niedersachsen keine Erwähnung; in Muster-Berufsordnung: 1 Jahr<br />

für „private Kontakte“)<br />

• Abstinenz ohne zeitliche Angaben auf nach Beendigung erstreckt<br />

oder anhand der Behandlungsnotwendigkeit bzw. der<br />

Abhängigkeitsbeziehung von Patient zu Therapeut konkretisiert<br />

• Würdigung des Einzelfalls (entscheidend: Abhängigkeitsverhältnis)<br />

notwendig; Abwägung der Interessen, Patientenschutz sowie<br />

Freiheitsrechte (auch des Behandelnden)<br />

• zudem: Begriff „privater Kontakt“ als Auslegungssache<br />

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Zivilrecht<br />

§ 611 BGB<br />

Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag<br />

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste,<br />

der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.<br />

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.<br />

• Behandlung nach allgemeinen Regeln der psychotherapeutischen Wissenschaft dazu gehört<br />

Abstinenzgebot<br />

• sexuelle Übergriffe im Rahmen einer Therapie: Pflichtverletzungen nach §§ 280 ff. BGB (wenn als<br />

Behandlungsfehler bestimmt)<br />

§ 280 BGB<br />

Schadensersatz wegen Pflichtverletzung<br />

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch<br />

entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten<br />

hat.<br />

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen<br />

Voraussetzung des § 286 verlangen.<br />

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des<br />

§ 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.<br />

• Gesundheitsschädigung nach § 823 Abs 1. BGB<br />

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Zivilrecht<br />

• Haftung des Behandlers ergibt sich aus § 823 Abs 2. BGB zivilrechtliche<br />

Haftung für Verletzung von Schutzgesetzen<br />

§ 823 Schadensersatzpflicht<br />

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit,<br />

das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist<br />

dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.<br />

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines<br />

anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein<br />

Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur<br />

im Falle des Verschuldens ein.<br />

• Verstoß gegen §174 c StGB und gegen die Berufsordnung als Schutzgesetze<br />

gleichzeitig zivilrechtliche Folgen<br />

• entsprechend der Regelungen in Berufsordnung auch NACH Beendigung des<br />

Therapieverhältnisses<br />

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Zivilrechtliche Folgen<br />

• Patient: Anspruch auf Schadensersatz Behandlung der durch Missbrauch entstandenen möglichen<br />

psychischen Folgeschäden sowie weitere Behandlung der ursprünglichen psychischen Probleme (§§<br />

249 ff. BGB )<br />

• Ersatz der materiellen und immateriellen Schäden in Folge der Gesundheitsschäden (§ 823 I, II<br />

BGB i.V.m. §174 c II StGB)<br />

• Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeld (§ 253 II i.V.m. § 823 I, II BGB)<br />

• bei vorzeitigem Abbruch durch Patienten kein Vergütungsanspruch des Therapeuten<br />

vorausgezahltes Honorar kann in voller Höhe zurückgefordert werden (§ 628 bzw. §§ 627, 346<br />

BGB)<br />

• bei vertragsmäßiger Beendigung und Aufnahme einer sexuellen Beziehung im Rahmen der Therapie<br />

Anspruch auf Rückforderung des Honorars ab Beginn der sexuellen Kontakte ( § 813 I, § 812 I<br />

S.1, 1. Alt. BGB);<br />

• aber kein Vergütungsanspruch des Therapeuten (§242 BGB): Therapeut verhielt sich grob vertragsund<br />

treuwidrig; sexuelle Handlungen im Widerspruch zu geschuldeter Leistung und Zweck des<br />

Therapievertrages<br />

§ 242 Leistung nach Treu und Glauben<br />

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die<br />

Verkehrssitte es erfordern.<br />

Unterlassung von Störungen, wenn noch rechtswidrige Beeinträchtigungen des ehemaligen Patienten<br />

durch den Behandler erfolgen (§§ 823 Abs. 1 und 1004 BGB)<br />

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Zivilrechtliche Folgen nach Beendigung des<br />

Therapieverhältnisses<br />

• aus zivilrechtlicher Sicht kann kein Behandlungsfehler mehr angenommen<br />

werden<br />

• Abstinenz betrifft hier Pflicht in Bezug auf Beziehung außerhalb der<br />

Behandlung positive Vertragsverletzung ergibt sich aus<br />

nachvertraglichen Pflicht, dass Vertragspartner alles unterlassen müssen,<br />

welches Vertragszweck gefährden könnte<br />

• fraglich, ob sexuelle Kontakte nach der Therapie diese Gefährdung<br />

darstellen<br />

• für Bestimmung der andauernden Wirkung des Abstinenzgebotes nach<br />

Behandlung ist Feststellung eines andauernden Abhängigkeitsverhältnisses<br />

(objektiv schwer bestimmbar) daher Bezug auf Geltung des<br />

Abstinenzgebotes nach Beendigung der Therapie in den Berufsordnungen<br />

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Prävention und Reaktion<br />

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„Um kompetentere Therapeuten/innen zu haben,<br />

müßte in der Ausbildung viel offener mit<br />

erotischen Gegenübertragungsgefühlen und<br />

sexuellen „Fallstricken“ umgegangen<br />

werden.“ (Becker-Fischer, 1997)<br />

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Problem: Gesellschaftliches Tabu<br />

(Tschan, 2001)<br />

• Bagatellisierung und Schuldzuweisungen<br />

• feste Rollenvorstellungen<br />

• männlich geprägte Gesellschaft<br />

• Identifikation mit Opfer wird vermieden (da so Konfrontation mit Wut,<br />

Resignation, Schmerz..)<br />

• Tabuisierung von Sexualität und der Machtverhältnisse kollektive<br />

Abwehrhaltung<br />

• Situation wird heruntergespielt Opfer wird nicht als solches wahrgenommen <br />

keine Unterstützung oder Hilfe<br />

• Extremfall: Umkehr/Umdeutung Schuld auf Seiten des Opfers<br />

• auch: auf Grund Rollenvorstellungen werden männliche Opfer noch weniger<br />

wahr/ernstgenommen Anzeigebereitschaft und Problembewusstsein noch<br />

geringer<br />

• seit Einführung des § 174 c StGB zunehmende Sensibilisierung und<br />

Öffentlichmachung; jedoch nicht ausreichend<br />

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aktuelle Situation<br />

Ergebnisse einer anonymen Online-Befragung (2006)<br />

unter 71 Mitgliedern (51 w, 20 m) des VFP<br />

Frage Frauen % Männer %<br />

Keine Aufklärung über § 174 c<br />

StGB<br />

Abstinenzgebot in Ausbildung gar<br />

nicht behandelt<br />

Thema „sexuelle Übergriffe in<br />

Psychotherapie“ gar nicht in<br />

Ausbildung behandelt<br />

Thema „sexuelle Übergriffe in<br />

Psychotherapie“ unzureichend in<br />

Ausbildung behandelt<br />

53 20<br />

29 20<br />

47 20<br />

16 10<br />

„Sexualität im Umgang mit eigenen<br />

erotischen Gefühlen und Gedanken<br />

im therapeutischen Kontext“ als<br />

Modulinhalt gar nicht behandelt<br />

71 25 (+20% Enthaltung)<br />

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Frage<br />

Gefühl, je eine sexuelle Grenze überschritten zu<br />

haben (verbal, gedanklich, körperlich)<br />

% der Bejahungen<br />

Je einen Patienten in Folgetherapie gehabt Einmalig: 23<br />

Häufiger: 18<br />

Einmalig: 29 (heterogeschlechtlich)<br />

Einmalig: 32 (homogeschlechtlich)<br />

Mehrmalig: 22<br />

Anregungen, Wünsche und Forderungen der Befragten (ausgewählte Ergebnisse)<br />

Mehr Aufklärung und Information in Ausbildung<br />

Sensibilisierung, intensive Behandlung und Selbsterfahrung<br />

Supervision (auch gesetzlich verpflichtend)<br />

Für eigene bewusst ausgelebte Sexualität außerhalb der Therapie sorgen<br />

„ausgereifte“ Schulungsangebote, Pflichtseminare, Vorträge<br />

Erfahrungsaustausch mit Dozenten, erfahrenen Kollegen<br />

Einrichtung von Qualitätsmanagement (für 25% sehr wichtig) und Prüfungskomissionen<br />

Stärkung der Opfer<br />

Verpflichtende Texte im Erstgespräch mit Hinweisen auf Merkmale sexueller Übergriffe<br />

Selbstreflexion (vllt. Eigentherapie) über eigenes Verhalten, Auseinandersetzung mit Übertragung und<br />

Gegenübertragung, sexuelle Zufriedenheit herstellen<br />

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Aus- und Weiterbildung (Tschan, 2001)<br />

• „Sexueller Missbrauch“ als curricular eingebundene Thematik notwendig<br />

• Vermittlung der nötigen Grundkenntnisse (Abstinenzgebot, §174 c StGB, Umgang<br />

mit eigenen Gefühlen, was sind sexuelle Grenzüberschreitungen…)<br />

• kontinuierliche Fortbildungen, mehrere (!) Veranstaltungen<br />

• diese obligatorisch gestalten<br />

• Bereitstellung der notwendigen Ressourcen und Errichtung einer informierten und für<br />

dieses Thema sensibilisierten Kultur durch Berufsorganisationen und Institutionen<br />

• Thematisierung früherer Traumatisierungen der Auszubildenden<br />

• Hinweise auf missbrauchsfördernde Schwachstellen und Rechtfertigungsstrategien in<br />

den verschiedenen Therapierichtungen finden und aufklären (Becker-Fischer et al.,<br />

2008) (z.B. sexuelle Maßnahmen in VT als therapeutische Notwendigkeit<br />

gerechtfertigt)<br />

• Modelle:<br />

– Maryland Departement of Health and Mental Hygiene (USA)<br />

– AGAVA (Schweiz)<br />

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Selbsterfahrung, Supervision und kollegiale Netzwerke<br />

(Tschan, 2001)<br />

• Problem: Tabuisierung der sexuellen Gefühle ggü. Patienten + der persönlichen Probleme und<br />

Krisen<br />

• Anschein, Fachleute würden von sich absolute Problemlosigkeit fordern müssen<br />

• Angst vor Hilfe von Kollegen, aufgrund von Vertraulichkeitsbrüchen und mgl. beruflichen<br />

Schwierigkeiten sowie Ablehnung und Unverständnis<br />

zum Zeitpunkt sexueller Grenzüberschreitungen haben viele Therapeuten Krisen und persönliche<br />

Probleme diesen sollte mehr Beachtung geschenkt werden<br />

• Vorbild USA: Selbsthilfegruppen von gefährdeten Therapeuten<br />

• kollegialer Austausch und Supervision unumgänglich, insbesondere für belastete Therapeuten<br />

• oft: keine Wahrnehmung und Bewusstwerdung eigener Grenzen der Belastbarkeit und der subtilen<br />

anfänglichen Grenzüberschreitungen<br />

• wichtig: Sensibilität der Probleme von Kollegen<br />

• Arbeitsatmosphäre, in der offen über Krisen und Schwierigkeiten geredet werden kann<br />

• Vorurteile und Stereotypen vermeiden<br />

• Supervision durch externe Fachleute wichtig, doch Supervision durch Kollegen noch wichtiger (da<br />

diese ständig vorhanden)<br />

• bei Kollegen, die potentiell Grenzen überschreiten könnten: Gespräch suchen und zusammen mit<br />

diesem Maßnahmen einleiten; Hilfe anbieten, ohne zu verurteilen<br />

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Selbsterfahrung, Supervision und kollegiale Netzwerke<br />

(Tschan, 2001)<br />

• Pope (1987; bei Becker-Fischer et al., 2008): optimal, wenn Therapeuten in Risikosituationen<br />

kollegiale Supervision aufnähmen sowie Beginn individueller Therapie<br />

• Zweck: Aufklärung über Thematik, Einfühlung in die Lage der Patienten (da oft<br />

Empathiemangel missbrauchender Therapeuten aufgrund ihres Alleingelassenseins mit<br />

eigenen Problemen), Einüben Selbstkontrolltechniken und Wissen über Gegenübertragung,<br />

Schwierigkeiten frühzeitig erkennen und effektive Lösungsstrategien erarbeiten<br />

• Ziel: Selbstorganisation und selbstverantwortliches Handeln im Sinne der Berufspflichten<br />

• Supervisions- und spezielle Übungsgruppen zum Thema Selbst-und Fremdwahrnehmung<br />

notwendig<br />

• Einzel- oder Teamsupervision<br />

• Anforderung an Supervisoren und Ausbilder:<br />

– umfangreiche Kenntnisse über Psychopathologie der Täter<br />

– Fähigkeit Warnsignale frühzeitig zu erkennen und zu reagieren (nicht zu bagatellisieren)<br />

– oft Tendenzen zu ersten Grenzüberschreitungen bereits in Ausbildung erkennbar!<br />

– bewusst machen: Gefühle sind durchaus normal der adäquate Umgang mit ihnen ist wichtig<br />

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Selbsterfahrung, Supervision und kollegiale Netzwerke<br />

(Tschan, 2001)<br />

• innerhalb Supervision muss Bereitschaft bestehen Probleme offen<br />

anzusprechen (ohne verurteilende Blicke)<br />

• Programme nur bei „gesunden“ Therapeuten hilfreich, die sexuellen<br />

Missbrauch verhindern und vorbeugen wollen<br />

• bei Therapeuten mit Persönlichkeits-und Verhaltensstörungen eher<br />

ohne Erfolge hier Prävention in Ausbildung wichtig, um solche<br />

Personen zu erkennen<br />

• es gilt: Supervision kann sexuelle Missbräuche NICHT verhindern<br />

• kein Kontrollinstrument bei tätlich gewordenen Therapeuten<br />

• einzige Kontrollmöglichkeit: Therapeut und Patient<br />

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Täterberatung – Assessment und<br />

Rehabilitation (Tschan, 2001)<br />

• Grundregel: Beratung und Behandlung von Täter und Opfer<br />

strikt trennen<br />

• Problemeinsicht und Verantwortungsübernahme seitens<br />

Therapeut als Voraussetzung zur Rehabilitation<br />

• Problem: nicht alle Tätertherapeuten sind rehabilitierbar<br />

• Behandlung ist auf Persönlichkeit des Täters und Art seines<br />

Vergehens abzustimmen und dahingehend auszuwählen<br />

• zwei Schritte: Assessment und Rehabilitation<br />

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Täterberatung – Assessment und<br />

Assessment<br />

Rehabilitation (Tschan, 2001)<br />

• Beurteilung und Evaluation<br />

• Verfahren, ob ein Täter therapierbar ist und nach Behandlung seinen Beruf ohne<br />

Wiederholungsgefahr ausüben kann<br />

• dauert ca. 2-3 Tage<br />

Inhalte:<br />

– gründliche biographische, psychiatrische und Sexualanamnese<br />

– Substanzmittelmissbräuche<br />

– welche Strategien und Annäherungstaktiken werden verwendet? (grooming)<br />

– Delikt und Deliktablauf<br />

– psychologische Testverfahren zu Intelligenz und Persönlichkeit<br />

– Erfassen der Kooperationsbereitschaft und damit der Fähigkeit zur Rehabilitation<br />

– allgemeinmedizinische Untersuchung zu endokrinologischen Parametern und Schädel-Gehirn-CTs<br />

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Täterberatung – Assessment und<br />

Rehabilitation (Tschan, 2001)<br />

• Assessment in Europa ein Novum: hier eher strafrechtliche Sanktionen,<br />

Maßnahmen wie Supervision, Ermahnungen und milde Bußen sowie ständiges<br />

Misstrauen<br />

• grundsätzlich Anwendung von Disziplinarmaßnahmen mit folgenden Zielen:<br />

– Durchsetzung von Berufsrichtlinien und Dokumentation, dass sexuelle Missbräuche<br />

nicht geduldet werden<br />

– Abschreckung anderer Fachleute<br />

– Verhinderung von Wiederholungstaten<br />

– fachliche Integrität der Berufsorganisation oder Institution nach außen hin zu wahren<br />

• solche Maßnahmen dienen nicht der Rehabilitation und verfehlen Zweck oft, da<br />

ohne innere Überzeugung und wirklicher Aufarbeitung der Problematik<br />

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Täterberatung – Assessment und<br />

Rehabilitation<br />

Rehabilitation (Tschan, 2001)<br />

• keine Bestrafung, sondern Chance und Rückfallprophylaxe<br />

• Prämissen:<br />

– Verhinderung weiterer Fälle von sexuellem Missbrauch<br />

– persönliche berufliche Rehabilitation<br />

– rechtliche Absicherung für Institution und Berufsorganisation<br />

• Gestaltung nach kognitiv-verhaltenstherapeutischen, suchttherapeutischen und psychodynamischen Konzepten<br />

• Voraussetzung: positive Evaluation des Assessments<br />

• danach Suche nach geeigneter Fachperson zur Durchführung und den Arbeitgeber in Kenntnis setzen<br />

• Erstellung des Programms auf individuellen Täter<br />

• minimale Behandlungsdauer: entspricht 25-30 Doppellektionen<br />

• populärstes Behandlungsprogramm: Boundary-Programm (bisher v.a. in USA)<br />

• am Ende erneute Evaluation bzgl. Behandlungserfolg durch Rehabilitationsspezialisten (da viele Täter sich doch<br />

nicht verändern wollen oder können keine positive Abschlussbeurteilung)<br />

• berufliche Rehabilitation mit hohen emotionalen und kognitiven Anforderungen und finanziellen Aufwendungen<br />

verbunden<br />

• bei negativer Abschlussbeurteilung: Berufsverbot oder max. Berufsausübung unter engmaschiger Supervision<br />

• Rückfallquote generell sehr gering nach erfolgreicher Rehabilitation<br />

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Verhalten beim Verspüren eigener<br />

Intentionen und bei Angeboten<br />

2 Möglichkeiten:<br />

1) angemessen: Therapieverhältnis sofort beenden und an anderen Kollegen überweisen<br />

• Problem und seine Gefühle offenlegen (vor Kollegen) und Hilfe bei<br />

Beratungsstellen suchen + vllt. eigene Therapie (als Präventionsmaßnahme)<br />

2) Therapie aufrechterhalten, dabei Übungen zu Grenzproblemen durchführen und<br />

Befriedigung der eigenen Gefühle und Bedürfnisse außerhalb der Therapie suchen<br />

(erfordert Selbstdisziplin und Selbstorganisation!)<br />

• Gefühle des Patienten thematisieren und klarstellen, dass auf diese nicht<br />

eingegangen wird<br />

• mögliche Übungen (siehe Boundary Programm) :<br />

– private und professionelle Beziehungen<br />

– Was ist ok, was nicht?<br />

– Ist dies immer so?<br />

– Wie ist ein Klient zu verführen bzw. wie sicher nicht?<br />

– Wie bin ich selbst verführbar?<br />

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Prävention<br />

• erster Schritt: Existenz des Problems muss anerkannt und anerkannt werden <br />

Wissensvermittlung und Sensibilisierung in Gesellschaft und Aus-und Fortbildung<br />

• klare juristische Regelungen (ohne Rechtslücken)<br />

• klar berufliche Ordnungen (Einheitlichkeit herstellen)<br />

• Opferschutz und Konsequenzen ernst nehmen gesellschaftliche<br />

Berücksichtigung als Notwendigkeit für das Opfer<br />

• Verantwortung von öffentlichen Behörden, Ausbildungsinstituten, Universitäten<br />

etc. präventiv in der Ausbildung zu handeln<br />

• interdisziplinäre Arbeit bei der Aufklärung (da Übergriffssituationen und<br />

Konsequenzen in allen Berufsgruppen vergleichbar)<br />

• interdisziplinäre Arbeit bei der Maßnahmenerarbeitung zur Verminderung sexueller<br />

Übergriffe Ziel sollte nicht die gänzliche Verhinderung sein (nicht möglich),<br />

sondern eine deutliche Reduzierung<br />

• mehr Veröffentlichungen in Medien und Fachliteratur zu dieser Thematik <br />

erhöhte Aufmerksamkeit erhöhter Forschungsbedarf erhöhtes öffentliches<br />

Ausmaß<br />

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Prävention beim Opfer (Tschan, 2001)<br />

• oberstes Ziel: Einwirken auf allen Präventionsebenen<br />

1) primäre Prävention: zur Verhinderung der Taten und<br />

entsprechend des Traumas an sich<br />

2) sekundäre Prävention: Milderung der Folgen einer<br />

Traumatisierung (z.B. Notfallversorgung in<br />

Krisenzentren)<br />

3) tertiäre Prävention: langfristige Erhaltung und<br />

Stärkung der eigenen Ressourcen (z.B.<br />

Folgetherapien und berufliche Rehabilitationen)<br />

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Prävention (Tschan, 2001)<br />

• präventives Einwirken auf Individuum,<br />

Kleingruppen (Fachleute), Gesellschaft<br />

• Förderung der Forschung zu Traumata,<br />

Konversionsstörungen, Symptomatik Aufbau<br />

einer effektiveren Intervention<br />

• Gewaltprävention im Kindesalter (Verhinderung<br />

einer Gewaltspirale)<br />

• Auseinandersetzung mit Sexualität und<br />

geschlechtsspezifischen Problemen<br />

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Opferberatung und Opferhilfe<br />

• Opfer sollte mit „Politik der offenen Tür“ begegnet werden Gefühl geben, dass Problem<br />

anerkannt und ernst genommen wird<br />

• gesellschaftliche Akzeptanz notwendig<br />

Bewältigungshilfen (Becker-Fischer et al., 2008):<br />

• besonders hilfreich: Gespräche mit Vertrauenspersonen aus sozialem Umfeld<br />

• aber: Gespräche mit Lebenspartner als weniger hilfreich und besonders schwierig empfunden<br />

(machen Opfer oft Vorwürfe), sollten daher mit Hilfe eines fachlich geschulten Dritten erfolgen<br />

• Selbsthilfegruppen und soziale Netzwerke<br />

– Vorteile: Durchführung von Bewältigungsstrategien wie Auflösung der Isolation; Informationen und<br />

Erfahrungsaustausch zum Abbau von Schuld- und Schamgefühlen; Bewusstmachung, dass Therapeut<br />

verantwortlich war und man mit dem Problem nicht alleine steht; Vernetzungen zu Folgetherapeuten,<br />

ehemaligen Patientinnen etc.<br />

– insbesondere in Anfangsphase wichtig und bei Patienten mit erhöhtem Misstrauen<br />

– Vernetzungen hilfreich um Wiederholungstäter einzukreisen<br />

• eintägige Workshops unter fachlicher Anleitung und mit klarer Struktur (z.B. Dish, 1989)<br />

• offene Gruppen ohne Leitung durch Fachleute<br />

• Soziales Engagement und juristische Schritte gegen den Täter als „Empowerment“<br />

• Aktives Engagement für die Thematik und Aufklärungsarbeit in Öffentlichkeit<br />

insbesondere beiden letzten Schritte helfen aus Ohnmachtsgefühlen und Hilflosigkeit heraus, doch:<br />

Gefahr der Retraumatisierung stets gegeben<br />

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Konfrontation mit dem Tätertherapeut –<br />

notwendig oder unzumutbar? (Becker-Fischer et al., 2008)<br />

• Konfrontation oder Vermittlung: Gespräche zwischen Patient und<br />

Ersttherapeuten in Anwesenheit von mind. 1 (besser 2) neutralen Personen<br />

• Frage nach Vermittlungsgespräch sollte aktiv in erster Phase einer<br />

Folgetherapie thematisiert werden<br />

• viele Patienten äußern Wunsch nach Konfrontation; Gründe:<br />

– oft noch tiefe Verbundenheit zum Ersttherapeuten sowie undeutliche Hoffnungen<br />

idealisierte Beziehung wieder aufzunehmen<br />

– diffuse Hoffnung, alles würde wieder gut werden und es würde sich eine echte<br />

Beziehung entwickeln können<br />

– Ungeschehenmachen des Traumas<br />

– Rache- und Wutimpulse<br />

– Fixierung an illusionäre narzisstische Aufwertung, Patienten fühlen sich ohne<br />

Zuwendung durch Therapeut wertlos<br />

in diesen Fällen sollte von Konfrontation abgeraten werden<br />

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Konfrontation mit dem Tätertherapeut –<br />

notwendig oder unzumutbar? (Becker-Fischer et al., 2008)<br />

• weitere Gründe: Klärung von Verwicklungen, Feststellung von<br />

Tatsachen, Realisieren des Geschehens<br />

• Motive dafür können sein (nach Schoener & Milgrom, 1989, bei Tschan, 2001):<br />

– gewisses Maß an Kontrolle wiedererlangen<br />

– Beschwerden über Therapie und Therapeuten durchdenken<br />

– erfahren, welche Erklärungen Therapeut für sein Verhalten hat<br />

– Entwicklung und Prozess der sexuellen Beziehung verstehen<br />

– Therapeut die Konsequenzen schildern (in Gegenwart Dritter) um ihn zu<br />

Verantwortungsübernahmen zu bewegen<br />

• hilfreich dafür: „Processing-Sessions“ (Konfrontation) mit Ziel<br />

Patient zu besserem Verständnis der Situation und eigener Gefühle<br />

zu verhelfen<br />

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Konfrontation mit dem Tätertherapeut –<br />

notwendig oder unzumutbar? (Becker-Fischer et al., 2008)<br />

• andere Gestaltungsmethode für Konfrontationsgespräche:<br />

Mediation (Vermittlung)<br />

• Ziel: Einigung über Schadenswiedergutmachung durch<br />

Ersttherapeut oder freiwillige Rehabilitation<br />

• grundsätzlich gilt:<br />

– Entscheidung für Gespräch sollte von Patient ausgehen<br />

– Patient sollte stabil und bereit dafür sein (da sonst allzu schnell mit<br />

Realität konfrontiert und Patient vllt. erkennen muss, dass er/sie nur ein<br />

„Sexobjekt“ darstellte)<br />

– stabile Beziehung zum Folgetherapeuten<br />

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Warum schweigen Opfer?<br />

• Schamgefühle<br />

• Schuldgefühle – Opfer suchen Fehler bei sich,<br />

wollen sich nicht eingestehen „völlig ausgeliefert<br />

gewesen zu sein“<br />

• Druck durch Täter, die Tat geheimzuhalten<br />

• Angst (auf Grund früherer Erfahrungen), niemand<br />

würde einem glauben<br />

• „Liebes-Patriarchat“ männlich geprägte<br />

Gesellschaft tarnt ungerechte Strukturen als<br />

Liebe; Bagatellisierung der Tat (auch auf Seiten<br />

des (weiblichen) Opfers)<br />

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116


Reaktionen des Opfers<br />

Wheel of Options (J. Milgrom, 1989; bei Steuerungsgruppe PABS, 2004):<br />

• nichts tun<br />

• Zivilrechtliche Klagen, Schadenersatz, Genugtuung<br />

• Meldung an die Aufsichtsbehörden<br />

• Kontaktaufnahme mit dem Täter auf eigene Initiative<br />

• Außergerichtliche finanzielle Abmachungen<br />

• Strafrechtliche Klage<br />

• Meldung an staatliche Behörden: Staatsanwaltschaft, Ermittlungsbehörden<br />

• Meldung an Vorgesetzte im Falle von Anstellungsverhältnissen<br />

• Beschwerde an Fachverband und Anrufung von Verbandsgerichten<br />

• Kompensationen aus Opfer-Hilfe-Gesetzgebung<br />

• Konfrontationsgespräche unter Mitwirkung einer Vertrauensperson<br />

• Einzel- oder Gruppentherapien<br />

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Beratung und Aufgaben von Berufsverbänden,<br />

Gesellschaften und Arbeitgebern<br />

• Kulturarbeit im eigenen Betrieb Änderungen von Einstellungen, Überzeugungen und Haltungen<br />

• sexuelle Themen zur Sprache bringen und Formulierungen finden, Verhaltenskodex erstellen,<br />

Tabuthema aufheben<br />

• konstruktiv Beschwerden und Verdachtsmomente nutzen sowie Betroffene ernstnehmen Dialog<br />

und Überzeugungsarbeit leisten, dass bisherige Reaktionen ungenügend sind (Tschan, 2001)<br />

• Aufgaben: Probleme wahrnehmen und geeignete Maßnahmen einleiten bzw.<br />

Präventionsmaßnahmen erarbeiten und in Berufsstruktur implementieren Erarbeitung von<br />

Richtlinien (z.B. Berufsordnung)<br />

• wichtig: Schaffung von Beratungsstellen für Opfer, Angehörige und die Täter (bzw. potentielle)<br />

• psychotherapeutische und juristische Beratung<br />

• vorwiegend weibliche Mitarbeiter (aufgrund vorwiegend weiblicher Opfer)<br />

• besondere Schulung der Mitarbeiter hinsichtlich PSM und Beziehungstraumen (für Opfer) bzw.<br />

Erfahrung und Kenntnisse im Umgang mit Täter“kollegen“<br />

• weiterhin Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen<br />

• Einrichtung von Monitoring zur Überwachung von Fachleuten<br />

• Kontaktaufnahme soll erleichtert werden, durch einfache und anonymisierte Zugangsweise (z.B.<br />

Online), darüber auch Antwort und Beratung seitens der Beratungsstellen<br />

• international erfolgreichstes Beratungsangebot: www.advocateweb.org (allgemeine<br />

Informationsplattform für alle Aspekte zum Missbrauch durch Fachleute, inkl. Beratung und Forum)<br />

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Boundary Programm<br />

(Werner Tschan, ab 2000; seit 1986)<br />

• kognitiv-verhaltenstherapeutisches und psychoedukatives<br />

Rehabilitationsprogramm von Tätertherapeuten<br />

• auch zur Ausbildung und kontinuierlichen Fortbildung<br />

geeignet Qualitätssicherung<br />

• für Auszubildende, Personen, die im Begriff sind Grenzen<br />

zu überschreiten und bereits Schuldige<br />

• für jegliche Berufsgruppen, in denen Beziehung eine<br />

strukturelle Abhängigkeit aufweist<br />

• „Training für sensiblen Umgang mit Grenzen“<br />

• erfolgreicher Einsatz in den USA Rückfallquote über<br />

Beobachtungszeitraum von 7 Jahren unter 1%<br />

• im europäischen Raum noch selten<br />

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119


Boundary Programm -Durchführung<br />

• Kleingruppen<br />

• interaktive Workshops<br />

• verstärkter Erfahrungsaustausch<br />

• komplexer Einsatz von Medien<br />

• 24 Module<br />

• 20-30 Doppelsitzungen (individuelle Verlängerung möglich)<br />

• notwendig: auffangendes, verständnisvolles, lehrreiches Klima ohne Schuldzuweisungen und Ächtungen<br />

• Voraussetzung seitens Teilnehmer: Einsicht ein Problem zu haben; Notwendigkeit einer Teilnahme am<br />

Programm bewusst sein; Veränderungsmotivation<br />

Arbeitsinstrumente:<br />

• Fragebogen<br />

• Fallvignetten<br />

• Übungen zu Grenzproblemen<br />

• Psychotraumatologie<br />

• Epidemiologie (aktuelle Forschung zu Häufigkeit und Ablauf des PSM)<br />

• grooming, manipulative Verhaltensmuster erkennen<br />

• der Täterkreis<br />

• Videopräsentation eines Täters<br />

• persönliche und rechtliche Konsequenzen<br />

• Konsequenzen für die Berufsorganisation und Institution<br />

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120


Boundary Programm -Durchführung<br />

Kernthemen:<br />

• Verantwortungsübernahme<br />

• vorausgehende und begleitende Fantasien<br />

• kognitive Devianzen<br />

• persönliche Probleme und situative Auslöser<br />

• Substanzmittelabhängigkeiten<br />

• fachbezogenes Wissen, Kompetenzen, Einstellungen<br />

• Planung der Tat und das prozesshafte Geschehen vor der Tat<br />

• Wissen über Grenzen und Grenzüberschreitungen, Entstehungsweise,<br />

Voraussetzungen und Konsequenzen (persönlich, rechtlich)<br />

• Wissen über Traumatisierung<br />

• Empathie mit Opfer (früher auch: Konfrontation mit Opfer)<br />

• Fehlen der internen und externen Hemmungsmechanismen<br />

• Rückfallprophylaxe<br />

auch:<br />

• persönliche und berufliche Ziele<br />

• Aggressions-und Stressmanagement<br />

• Ausgeglichenheit im Arbeitsleben<br />

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121


Module<br />

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122


Basis: 3-Säulen-Modell (Medizinische<br />

Gesellschaft Basel)<br />

Prophylaxe<br />

curriculare<br />

Integration der<br />

Problematik in Ausund<br />

Weiterbildung<br />

Konsequenzen<br />

Hilfe<br />

zero-tolerancestandard<br />

(Cullen,<br />

1999) <br />

unmittelbarer Entzug<br />

der Approbation<br />

UND Teilnahme an<br />

Behandlungsprogramm<br />

Beratungsmöglichkeit<br />

für Betroffene<br />

herstellen;<br />

reporting und<br />

Problemeinsicht als<br />

notwendige<br />

Voraussetzung<br />

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Die Nachfolgetherapie als besondere<br />

Schwierigkeit (Becker-Fischer et al., 2008)<br />

die Aufarbeitung des PMT birgt besondere Schwierigkeit in Folgetherapien :<br />

• Unterscheidung zwischen Arbeitsbündnis und Übertragung erreichen „Optimale<br />

Differenz“ (auch zur Ersttherapie), statt „minimaler Differenz“, da Patienten oft negative<br />

Beziehungserfahrungen auf neue Therapiesituation übertragen und generelles Misstrauen<br />

entwickelt haben<br />

• Grundsätze: 100% Transparenz in Bezug auf weitere Schritte; „informed consent“<br />

(gegenseitig unterzeichneter Arbeitsvertrag); Kontrolle den Opfern überlassen; Gesprächsort<br />

als Ort der Sicherheit gestalten; Aufrichtigkeit; Aufbau Vertrauensverhältnis; Ermutigung der<br />

Patientin, kritische Gedanken gegenüber Folgetherapeut jederzeit einbringen zu können;<br />

klare, empathisch vermittelte Grenzen<br />

• Formen der Folgetherapie:<br />

– Einzeltherapie<br />

– Gruppentherapien (weniger soziale Isolierung und Erfahrungsaustausch)<br />

– Paartherapien (da Partner von Betroffenen oft „Schocktrauma“ erleiden und es zu Entfremdung und<br />

Beziehungsauflösungen kommen kann)<br />

– Therapie der Kinder von Betroffenen<br />

– ! sollten keine Angehörigen existieren, muss Fokus auf soziale Reintegration des Patienten gelegt<br />

werden<br />

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124


Die Nachfolgetherapie<br />

(Becker-Fischer et al., 2008)<br />

primäre Ziele in Folgetherapie :<br />

1. Aufarbeitung der traumatischen<br />

Aktualerfahrung<br />

2. Aufarbeitung jener primären Störung, die zur<br />

Ersttherapie führte<br />

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125


Die Nachfolgetherapie<br />

(Becker-Fischer et al., 2008)<br />

Grundregeln für Folgetherapien:<br />

– Berücksichtigung der besonderen Situation der Pat.<br />

– Berücksichtigung der besonderen Situation der Folgethp.<br />

– Berücksichtigung hilfreicher vs. hinderlicher Haltungen in Folgetherapien<br />

Regeln für die therapeutische Aufarbeitung des PMT:<br />

1. Aufbau einer tragfähigen Arbeitsbeziehung (Differenzierung zw.<br />

Arbeitsbündnis und Übertragungsbeziehung; optimale Differenz zur<br />

Ersttherapie)<br />

2. Aufarbeitung der traumatischen Aktualerfahrung<br />

3. Aufarbeitung jener primären Störung, die zur Ersttherapie führte<br />

4. Allgemeine Regeln der Traumatherapie beachten: „Prinzip der Normalität“<br />

5. Typische Übertragungskonstellation beim Durcharbeiten des PMT beachten<br />

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mögliche Probleme in der Nachfolgetherapie<br />

(Becker-Fischer et al., 2008)<br />

„Kollegialität“ der Folgetherapeuten als Problem<br />

– Eigenübertragungsgefühle<br />

– Wut und Empörung über Ersttherapeut<br />

– Mitgefühl und Bedauern mit Ersttherapeut<br />

– Bedürfnis nach dissonanzfreier Informationslage<br />

– Angst vor dem Tätertherapeuten (durch Opfer und<br />

durch Folgetherapeut)<br />

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mögliche Probleme in der Nachfolgetherapie<br />

(Becker-Fischer et al., 2008)<br />

Förderliche und hinderliche Haltungen und Einstellungen vom Folgetherapeut<br />

förderlich (laut Patientenbefragungen):<br />

hinderlich:<br />

•klare Position des Folgetherapeuten<br />

•verständnisvolle Haltung des Folgetherapeuten<br />

•klare Haltung zum Vorfall als Missbrauch<br />

•klare, vom Therapeuten respektierte Grenzen<br />

•Missverständnisse sind klärbar<br />

•Sicherheit, dass kein sexueller Kontakt vorkommt<br />

•Verständnis für positive Gefühle gegenüber Ersttherapeut<br />

•Therapeut vermittelt Anteilnahme, Sorge, Empathie,<br />

Mitleid<br />

•Patient wird nicht für Viktimisierung verantwortlich<br />

gemacht<br />

•Therapeut hilft sexuelle Kontakte und Verbundenheit zum<br />

Ersttherapeuten zu beenden und reagiert nicht schockiert<br />

auf Eröffnung der sexuellen Kontakt<br />

•Therapeut glaubt Patient nicht und hält Erzählungen für<br />

Fantasien<br />

•Tat wird bagatellisiert und als nicht schädigend dargestellt<br />

•Verschreibung zu vieler Medikamente<br />

•Patient wird Schuld gegeben und unterstellt das<br />

Geschehen genossen zu haben<br />

•Therapeut ist schockiert und abgestoßen von Eröffnung<br />

der sexuellen Beziehungen<br />

• weiterhin wichtig: parteiliche Abstinenz des Folgetherapeuten (Abstinenz ja, doch keine Neutralität im<br />

Sinne völliger Unparteilichkeit; sowie klare Stellungnahme und Engagement für Interventions- und<br />

Präventionsmaßnahmen in Öffentlichkeit) Ehrlichkeit des Therapeuten<br />

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mögliche Probleme in der Nachfolgetherapie<br />

(Becker-Fischer et al., 2008)<br />

Typische Übertragungskonstellationen beim Durcharbeiten des PMT<br />

Wiederholungszwänge hinsichtlich:<br />

– Grenzüberschreitungen Patient hat hohe Erwartungshaltung an<br />

Folgetherapeut und mögliche abgespaltene Wut (sofern Patient an<br />

Beziehung zum Ersttherapeuten festhält)<br />

– Provokationen durch Patient (Folgetherapeut sei herzlos, rigide an<br />

Grenzen festhaltend, nicht empathisch; Ersttherapeut sei hilfreich,<br />

empathisch, fürsorglich) Grund: Wunsch nach erneuter<br />

narzisstischer Aufwertung und unbewusster Test auf Grenzeinhaltung<br />

durch Folgetherapeut<br />

– typische Gegenübertragungsgefühle in Folgetherapie: Größen-und<br />

Rettungsfantasien<br />

– Verliebtheitsgefühle und sexuelle Wünsche seitens Patient (als<br />

Wiederholung der Beziehung zum Ersttherapeut)<br />

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Schutz des Patienten (nach Becker-Fischer et al., 2008)<br />

• Hauptprinzipien:<br />

Tue das Beste für deinen Patienten!<br />

Schädige deinen Patienten nicht!<br />

• Aufgabe einer Psychotherapie: seelisches Leiden oder<br />

seelisch verursachte körperliche Erkrankungen lindern<br />

bzw. heilen<br />

• Primat: Patient und seine Leiden und Bedürfnisse<br />

• Bedürfnisse und Wünsche des Therapeuten ohne<br />

Belang<br />

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Schutz des Patienten (nach Becker-Fischer et al., 2008)<br />

Basisregeln der Psychotherapie<br />

– vor Beginn klare Absprachen über Rahmenbedingungen und angewandte<br />

Therapiemethoden (Ort, Dauer und Häufigkeiten der Sitzungen, voraussichtliche<br />

Gesamtbehandlungsdauer, Art und Höhe der Bezahlung, Bestandteile der Therapie<br />

und ihr Sinn (z.B. im Sitzen oder Liegen, Medikamente, notwendige<br />

Körperkontakte..), Sinn, Möglichkeiten und Grenzen der Therapiemethode<br />

– Patient muss über alles informiert werden, Informationen verstehen und<br />

Einverständnis geben<br />

– Veränderungen bedürfen fundierter Begründung durch Therapeuten<br />

– Patienten haben Recht und Pflicht auf Nachfragen und Hinterfragen<br />

– thematisiert werden muss weiterhin:<br />

– Machtgefälle und Fachkompetenz des Therapeuten<br />

– starke Bindung an Therapeut und mögliche Gefühle, die auftreten können<br />

– Therapeut muss private Angelegenheiten und Bedürfnisse strikt aus Behandlung<br />

herauslassen<br />

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Schutz des Patienten (nach Becker-Fischer et al., 2008)<br />

Rechte der Patienten<br />

– genaue Informationen über Rahmenbedingungen<br />

– vollständiges Verständnis dieser Informationen<br />

– Information über Veränderung der Rahmenbedingungen<br />

mit Recht auf Begründungen und Thematisierung<br />

möglicher Konsequenzen<br />

– bei Unklarheiten, Befangenheit, Unbehagen etc. muss stets<br />

darüber offen gesprochen werden können<br />

– bei ausbleibender Klärung: Heranziehen von weiteren<br />

Fachleuten<br />

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Prävention und Intervention –<br />

Was müssen wir tun?<br />

Vorab<br />

• Vermittlung von Wissen über professionelle Grenzen und Grenzüberschreitungen in Ausbildung<br />

• Wissen über regelkonformen und angemessenen Umgang mit Patienten/innen<br />

• Erfahrungsaustausch mit älteren Kollegen<br />

• Selbsteinschätzungen durch Fragebögen<br />

• Hinweise auf Grauzonen und „Warnsignale“<br />

als Intervention<br />

• Schutzmaßnahmen, z.B. Supervision<br />

• keine oder minimale Selbstoffenbarung eigener Gedanken, Emotionen und Bedürfnisse (Gefahr der<br />

Rollenkonfusion) ggü. Patient<br />

• keine unbezahlte Behandlung<br />

• keine Abend-oder Nachttermine ohne weitere Anwesende<br />

• sofortige Weiterleitung von Patienten bei ersten Auffälligkeiten<br />

• regelmäßige und obligatorische Weiterbildungsmaßnahmen<br />

• Training für schwierige Situationen (Annäherung durch Patienten)<br />

• Einrichtung einer Beschwerde und Anlaufstelle für Patienten UND Therapeuten<br />

• klarer und verbindliche Richtlinien in den Berufsordnungen und durch Ethikkommissionen (Beispiel<br />

einer Uneinheitlichkeit: Abstinenz nach Beendigung des Therapieverhältnisses)<br />

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Danke für die Aufmerksamkeit<br />

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Literatur<br />

Hauptliteratur:<br />

Becker-Fischer, M., & Fischer, G. (1997). Sexuelle Übergriffe in Psychotherapie und<br />

Psychiatrie. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.),<br />

Schriftenreihe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />

(Band 107). Stuttgart, Deutschland: Kohlhammer.<br />

Becker-Fischer, M., Fischer, G., & Eichenberg, C. (2008). Sexuelle Übergriffe in der<br />

Psychotherapie und Psychiatrie. Orientierungshilfen für Therapeuten und<br />

interessierte Patienten (2., vollständ. überarb. Aufl.). Kröning, Deutschland:<br />

Asanger.<br />

Tschan, W. (2001). Missbrauchtes Vertrauen- Grenzverletzungen in professionellen<br />

Beziehungen. Ursachen und Folgen: Eine transdisziplinäre Darstellung. Basel,<br />

Schweiz: Karger.<br />

Tschan, W. (2005). Missbrauchtes Vertrauen. Sexuelle Grenzverletzungen in<br />

professionellen Beziehungen. Ursachen und Folgen (2., neu bearb. U. erw. Aufl.).<br />

Basel, Schweiz: Karger.<br />

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weiterführende Literatur:<br />

Anonyma (1988) Verführung auf der Couch. Freiburg, Deutschland: Kore.<br />

Bowlby, J (1999). Attachment. Attachment and loss Vol. I (2. Aufl.). New York, N.Y.: Basic Books.<br />

Brisch, K. H. (1999). Bindungsstörungen. Von der Bindungstheorie zur Therapie. Stuttgart, Deutschland: Klett-Cotta.<br />

Dilling, H., Mombour, W., & Schmidt, M. H. (2011). Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10 Kapitel V (F). Klinischdiagnostische<br />

Leitlinien. (8. überarb. Aufl.). Bern, Göttingen, Toronto: Huber.<br />

Fischer, G., & Riedesser, P. (2003). Lehrbuch der Psychotraumatologie (3. aktual. u. erw. Aufl.). München, Deutschland: Reinhardt.<br />

Freud, S. (1974). Briefwechsel. Frankfurt am Main, Deutschland: Fischer.<br />

Freud, S. (1912). Zur Dynamik der Übertragung. In S. Freud (Hrsg.) ,Gesammelte Werke. Bd. VIII. Frankfurt am Main, Deutschland:<br />

Fischer.<br />

Grimm, R. (2001). Vertrauen im Internet: Wie sicher soll E-Commerce sein? In G. Müller (Hrsg.), Sicherheitskonzepte für das Internet.<br />

Berlin, Deutschland: Huber.<br />

LaPlanche, J., & Pontalis, J. B. (1973). Abstinenz (Abstinenzregel). In J. LaPlanche & J. B. Pontalis (Hrsg.), Das Vokabular der<br />

Psychoanalyse. Frankfurt, Deutschland: Suhrkamp.<br />

Luhmann, N. (1968). Vertrauen - ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. Stuttgart, Deutschland: Lucius & Lucius.<br />

Mäulen, B. (2002). Sexuelle Grenzverletzungen durch Ärzte. Münchener Medizinische Wochenschrift, 24, 4-10.<br />

Rotter, J. B. (1981). The psychological situation in social learning theory. In D. Magnusson (Hrsg.), Toward a psychology of situations: An<br />

interactional perspective. Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum.<br />

Salter, A. (1995). Transforming trauma: A guide to understanding and treating survivors of child sexual abuse. Newbury Park, CA: Sage<br />

Publications.<br />

Stone, L. (1961). The psychoanalytic situation. New York, NY: ILIP.<br />

Tschan, W. (2003). The psychotherapist as a secure base – professional sexual misconduct from the attachement theory‘s perspective.<br />

International Conference on Trauma, Attachement and Dissociation. Transforming Trauma: critical, controversial and core issues.<br />

Melbourne, Australia.<br />

Tschan, W. (2006). Prävention von sexuellen Übergriffen in Institutionen. Zeitschrift für Psychotraumatologie und Psychologische<br />

Medizin,, 4(4), 39–44.<br />

Thomä, H., & Kächele, H. (1992). Lehrbuch der psychoanalytischen Therapie. Berlin, Deutschland: Springer.<br />

Wirtz, U. (1991). Das Abstinenzgebot in der Psychotherapie. In C. Heyne (Hrsg.) Tatort Couch. Sexueller Mißbrauch in der Therapie -<br />

Ursachen, Fakten, Folgen und Möglichkeiten der Verarbeitung. Frankfurt, Deutschland: Fischer.<br />

Internetseiten:<br />

http://280116.forumromanum.com/member/forum/entry.user_280116.2.1109182065.als_ob_es_ploetzlich_liebe_waere_sexueller_missbrauch_psychothe<br />

rapie-des_pia_netzwerkes.html<br />

http://www.sgipt.org/th_schul/pa/misbr/smeinf.htm<br />

http://www.medges.ch/uploads/media/Fakten_PSM_0203_01.pdf<br />

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