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Informationsblatt Fors<strong>ch</strong>ungsberei<strong>ch</strong><br />

ISSN 1424-5701<br />

Eidg. Fors<strong>ch</strong>ungsanstalt WSL<br />

CH-8903 Birmensdorf<br />

Institut fédéral de re<strong>ch</strong>er<strong>ch</strong>es WSL<br />

<strong>Wald</strong> 2000<br />

3<br />

Istituto federale di ricerca WSL Swiss Federal Resear<strong>ch</strong> Institute WSL<br />

Bäume – Vorbilder für eine na<strong>ch</strong>haltige Industrie<br />

Bäume können Vorbilder für na<strong>ch</strong>haltige Wirts<strong>ch</strong>aftsunternehmen sein.<br />

Diese ungewohnte These dürfte in unserer zunehmend auf Ökoeffizienz<br />

ausgeri<strong>ch</strong>teten Wirts<strong>ch</strong>aft ras<strong>ch</strong> an Bedeutung gewinnen. Darum sind immer<br />

mehr zukunftsorientierte Unternehmen daran interessiert, das Wissen<br />

über na<strong>ch</strong>haltige Organisations- und Stoffwe<strong>ch</strong>selsysteme in die Wirts<strong>ch</strong>aftspraxis<br />

zu transferieren. Für die Fors<strong>ch</strong>ung eröffnen si<strong>ch</strong> neue Mögli<strong>ch</strong>keiten,<br />

ökologis<strong>ch</strong>e Erkenntnisse umzusetzen.<br />

Roman Zweifel, WSL und Karl Herzog, Julius Bär Asset Management AG<br />

Stellen sie si<strong>ch</strong> vor, sie hätten die Mögli<strong>ch</strong>keit,<br />

eine Million Franken für 20<br />

Jahre in Aktien anzulegen. Es wäre<br />

ihnen aber ni<strong>ch</strong>t erlaubt, das Geld vor<br />

Ablauf dieser Zeitspanne wieder zurückzuziehen<br />

oder anderweitig zu gebrau<strong>ch</strong>en.<br />

Im Hinblick auf eine mögli<strong>ch</strong>st<br />

gute Wertentwicklung ihres Kapitals<br />

würden sie es daher wohl kaum<br />

wagen, ihr ganzes Guthaben auf irgendwel<strong>ch</strong>e<br />

boomenden Trendtitel zu<br />

setzen, deren künftiger Erfolg jedo<strong>ch</strong><br />

no<strong>ch</strong> alles andere als si<strong>ch</strong>er ist. Sie<br />

würden si<strong>ch</strong> wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> sehr genau<br />

überlegen, wel<strong>ch</strong>e Unternehmen<br />

über den anvisierten Zeithorizont hinweg<br />

fähig sein könnten, einen angemessenen<br />

Mehrwert zu s<strong>ch</strong>affen, d.h.<br />

ihren Umsatz und Gewinn zu erhöhen.<br />

Es gälte also Unternehmen zu finden,<br />

die ihr Werts<strong>ch</strong>öpfungsvermögen über<br />

einen Zeitraum von 20 Jahren mindestens<br />

erhalten oder, besser no<strong>ch</strong>, steigern<br />

können. Do<strong>ch</strong> woran erkennt man<br />

sol<strong>ch</strong>e Unternehmen überhaupt?<br />

«Nature’s ecosystems have 3.5 billion<br />

years experience in evolving efficient,<br />

complex, adaptive, resilient systems.<br />

Why should companies reinvent the<br />

wheel, when R&D has already been<br />

done?» (Gil Friend, business strategist).<br />

Insbesondere das physiologis<strong>ch</strong> orientierte<br />

Wissen der Ökologie stösst<br />

heute in der Industrie im Zusammenhang<br />

mit einem effizienten, na<strong>ch</strong>haltigen<br />

Systemdenken auf wa<strong>ch</strong>sendes<br />

Interesse. Angesi<strong>ch</strong>ts der Dynamik und<br />

der zugespitzten ökologis<strong>ch</strong>en Probleme<br />

unserer Industriegesells<strong>ch</strong>aft stellt<br />

ein derart disziplinen-übergreifender<br />

Wissenstransfer denn au<strong>ch</strong> eine interessante<br />

Perspektive dar. Letztli<strong>ch</strong> dürfte<br />

nämli<strong>ch</strong> vor allem die Verbreitung von<br />

grundlegendem Wissen über die Stoffwe<strong>ch</strong>selstrukturen<br />

natürli<strong>ch</strong>er Systeme<br />

dazu beitragen, die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Aktivitäten besser<br />

auf die Funktionsweise des globalen<br />

Ökosystems abzustimmen. Dadur<strong>ch</strong><br />

liessen si<strong>ch</strong> viele Abläufe na<strong>ch</strong>haltiger<br />

organisieren, was ni<strong>ch</strong>t nur Einzelunternehmen<br />

zugute käme, sondern au<strong>ch</strong><br />

der Gesells<strong>ch</strong>aft insgesamt man<strong>ch</strong> kostspieligen<br />

und s<strong>ch</strong>merzhaften Irrweg in<br />

ihrer künftigen Entwicklung ersparen<br />

könnte.<br />

Lebens- und Evolutionsfähigkeit<br />

zahlen si<strong>ch</strong> aus<br />

Die oben erwähnten Überlegungen<br />

mögen dazu beigetragen haben, dass in<br />

jüngster Zeit au<strong>ch</strong> im Finanzsektor ein<br />

wa<strong>ch</strong>sendes Interesse für na<strong>ch</strong>haltige<br />

Wirts<strong>ch</strong>aftsformen und entspre<strong>ch</strong>ende<br />

Finanzprodukte auszuma<strong>ch</strong>en ist. Vor<br />

allem seitens der institutionellen Anleger<br />

wie etwa Pensionskassen oder Versi<strong>ch</strong>erungen,<br />

wel<strong>ch</strong>e naturgemäss eher<br />

langfristige Anlagehorizonte ins Auge<br />

fassen, manifestiert si<strong>ch</strong> der Wuns<strong>ch</strong><br />

na<strong>ch</strong> Anlagemögli<strong>ch</strong>keiten mit na<strong>ch</strong>haltigem<br />

Charakter. Deswegen wird<br />

heute vielerorts das traditionelle Investment-Resear<strong>ch</strong><br />

dur<strong>ch</strong> spezielle Analysemodelle<br />

ergänzt, mit deren Hilfe si<strong>ch</strong><br />

die Anlageobjekte au<strong>ch</strong> bezügli<strong>ch</strong> ihrer<br />

Na<strong>ch</strong>haltigkeit beurteilen lassen.<br />

Au<strong>ch</strong> Industriebetriebe unterliegen<br />

Naturgesetzen<br />

Im Gegensatz zur Wirts<strong>ch</strong>aftswelt, die<br />

in ihrer heutigen Form no<strong>ch</strong> sehr junge<br />

und ökologis<strong>ch</strong> gesehen s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t ausgereifte<br />

Stoffwe<strong>ch</strong>selstrukturen besitzt,<br />

haben Bäume – wie andere Organismen<br />

au<strong>ch</strong> – den Vorteil, dass sie bereits<br />

Jahrmillionen der Evolution hinter si<strong>ch</strong><br />

haben. Ihr «Ressourcenmanagement»<br />

haben sie über diese enorme Zeitspanne<br />

hinweg äusserst effizient und systemgere<strong>ch</strong>t<br />

in den übergeordneten Stoffkreislauf<br />

und in die Energieflüsse der<br />

Natur integriert.<br />

Das System «Baum» als Vorbild für das System «Industriebetrieb» (Bilder R. Lässig, WSL)<br />

Inf.bl. Fors<strong>ch</strong>.berei<strong>ch</strong> <strong>Wald</strong> 3, 2000 1


Die Idee na<strong>ch</strong>haltiger Finanzanlagen<br />

wurde zu Beginn vielfa<strong>ch</strong> als «s<strong>ch</strong>öngeistige<br />

Grünfärberei» oder gar als<br />

Etikettens<strong>ch</strong>windel zum Zweck der<br />

blossen Imagepflege missverstanden.<br />

Mit der Zeit reiften aber immer griffigere<br />

Konzepte heran, die heute dur<strong>ch</strong>aus<br />

das Potential besitzen, das Wirts<strong>ch</strong>aftssystem<br />

quasi von innen heraus<br />

in Ri<strong>ch</strong>tung Na<strong>ch</strong>haltigkeit zu lenken.<br />

Der Baum als Vorbild...<br />

Woran sind nun ökologis<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong>haltige<br />

Unternehmen zu erkennen? Wenn<br />

Betriebe mit natürli<strong>ch</strong>en Ressourcen<br />

s<strong>ch</strong>onend umgehen oder diese einfa<strong>ch</strong><br />

einsparen, genügt das allein no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t.<br />

Vielmehr müssen die Stoff- und Energieflüsse<br />

eines Unternehmens maximal<br />

mit denjenigen eines Ökosystems<br />

kompatibel sein. Und diesbezügli<strong>ch</strong><br />

zeigen uns insbesondere grosse natürli<strong>ch</strong>e<br />

Organismen wie die Bäume all<br />

jene Funktionsprinzipien auf, mit denen<br />

das Leben auf der Erde na<strong>ch</strong>haltig<br />

und dauerhaft fortbestehen kann. Die<br />

Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> den Merkmalen na<strong>ch</strong>haltiger<br />

Systeme, die ein erfolgrei<strong>ch</strong>es Unternehmen<br />

auszei<strong>ch</strong>nen, kann also<br />

just bei den Bäumen ansetzen. Diese<br />

geben uns die Antworten auf die Frage,<br />

wie Systeme ökologis<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong>haltig<br />

funktionieren.<br />

Unternehmen produzieren Produkte<br />

oder Dienstleistungen, die sie verkaufen<br />

wollen. An deren Herstellung sind<br />

in aller Regel stoffli<strong>ch</strong>e und energetis<strong>ch</strong>e<br />

Ressourcen beteiligt. Dabei kann<br />

die Art, wie die Ressourcen genutzt<br />

werden, dur<strong>ch</strong>aus mitents<strong>ch</strong>eiden, ob<br />

und zu wel<strong>ch</strong>en Konditionen die erzeugten<br />

Produkte am Markt bestehen<br />

können. Wer eine Leistung erbringt,<br />

muss si<strong>ch</strong> daher einerseits dem wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Wettbewerb stellen, andererseits<br />

muss er aber au<strong>ch</strong> den biologis<strong>ch</strong>en<br />

und physikalis<strong>ch</strong>en Spielregeln<br />

des Ökosystems gehor<strong>ch</strong>en. Diese<br />

Doppelrolle wird häufig als unüberwindbare<br />

Kluft zwis<strong>ch</strong>en gegensätzli<strong>ch</strong>en<br />

Anforderungen empfunden. Sie<br />

wurde gar s<strong>ch</strong>on als ökologis<strong>ch</strong>es Überlebensparadox<br />

bezei<strong>ch</strong>net. Diese<br />

Si<strong>ch</strong>tweise zeugt jedo<strong>ch</strong> von einer allzu<br />

verkürzten Problemsi<strong>ch</strong>t, wie sie<br />

etwa aus einem eng te<strong>ch</strong>nokratis<strong>ch</strong>en<br />

und kaum ökosystembezogenen «Umwelts<strong>ch</strong>utzdenken»<br />

resultiert. Die vernetzten,<br />

dauerhaften Ressourcenkreisläufe,<br />

wie wir sie im Ökosystem vorfinden,<br />

stellen im Grunde Werts<strong>ch</strong>öpfungsketten<br />

dar, die ihren wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Abbildern au<strong>ch</strong> «ökonomis<strong>ch</strong>» in ni<strong>ch</strong>ts<br />

na<strong>ch</strong>stehen. Ganz im Gegenteil: sie<br />

setzen ihnen geradezu die Massstäbe,<br />

denn es kann si<strong>ch</strong> hier ni<strong>ch</strong>t um Gegensätze<br />

handeln, sondern nur um natürli<strong>ch</strong>e<br />

Vorbildstrukturen.<br />

Betra<strong>ch</strong>ten wir beispielhaft das Industrieunternehmen<br />

«Baum», wel<strong>ch</strong>es<br />

das Produkt «Blatt» herstellt. Wie<br />

«werts<strong>ch</strong>öpfend» gestaltet si<strong>ch</strong> der<br />

Herstellungsprozess dieses Produktes?<br />

Es ist erstaunli<strong>ch</strong>: dieses «Unternehmen»<br />

muss wahrli<strong>ch</strong> «Top-Manager»<br />

haben. Die produzierten Blätter sind<br />

nämli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t nur auf eine bestimmte<br />

Einzelfunktion ausgelegt, sie erfüllen<br />

vielmehr zahllose Funktionen glei<strong>ch</strong>zeitig<br />

und au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong>einander. So sind<br />

die Blätter etwa Transpirations- und<br />

Kühlorgan, Wasserpumpe, Klimasensor,<br />

Energiesammler und -umwandler,<br />

Synthesereaktor für Zuckermoleküle,<br />

usw. Und wenn die Blätter<br />

im Herbst zu Boden fallen, wird das<br />

erste Funktionsspektrum dur<strong>ch</strong> ein<br />

ebenso rei<strong>ch</strong>haltiges neues abgelöst.<br />

Die Blätter sind nun Witterungss<strong>ch</strong>utz,<br />

Bauelement für Nester, Strukturteil für<br />

Böden und Futter für eine Vielzahl von<br />

Organismen, bis sie s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> als<br />

Nährstoffe wieder dem «Baum» zugeführt<br />

werden und somit den Rohstoff<br />

zur Produktion neuer Blätter liefern.<br />

Sowohl Material- als au<strong>ch</strong> Funktionskreislauf<br />

s<strong>ch</strong>liessen si<strong>ch</strong> lückenlos. Das<br />

Blatt mit seinen zahllosen Funktionen<br />

ist ein unbes<strong>ch</strong>reibli<strong>ch</strong> effizientes und<br />

wertvolles Produkt. Au<strong>ch</strong> wertzerstörende<br />

Funktionen, wie sie beispielsweise<br />

mit dem systems<strong>ch</strong>ädigenden<br />

«Abfall» verbunden sind, fehlen über<br />

den ganzen Produktzyklus hinweg<br />

gänzli<strong>ch</strong>. Das Unternehmen «Baum»<br />

besitzt also ein Werts<strong>ch</strong>öpfungs- und<br />

Ressourcenflussdesign, dessen Raffinesse<br />

si<strong>ch</strong> zweifellos lohnt, dur<strong>ch</strong> die<br />

Wirts<strong>ch</strong>aft kopiert zu werden.<br />

Vergehende Blätter setzten Nährstoffe frei,<br />

die Baumkeimlinge wieder aufnehmen.<br />

Résumé<br />

L’industrie ne pourra être prospère à<br />

long terme que si ses flux de matières et<br />

d’énergie sont compatibles avec ceux<br />

de l’écosystème. Cette vision encourage<br />

les milieux économiques à appliquer<br />

des principes de fonctionnement et<br />

d’organisation axés sur un système durable.<br />

Les arbres, dont les principes de<br />

fonctionnement se sont avérés pendant<br />

des millions d’années, peuvent servir de<br />

modèle en l’occurrence. L’identification<br />

des principes de durabilité dans les<br />

systèmes naturels et leur intégration dans<br />

l’industrie offriront à la re<strong>ch</strong>er<strong>ch</strong>e de<br />

nouvelles <strong>ch</strong>ances de diffuser son savoir<br />

en matière d’écologie.<br />

...für na<strong>ch</strong>haltige Industriesysteme<br />

Das Erfolgsgeheimnis der na<strong>ch</strong>haltigen<br />

Produktionsfabrik «Baum» liegt<br />

weitgehend in folgenden grundlegenden<br />

Organisations- und Funktionsprinzipien<br />

begründet:<br />

– Erneuerbarkeit<br />

– Kreislauf<br />

– Multifunktionalität<br />

– Vernetzung<br />

– Standorteinbezug.<br />

Das Prinzip der Erneuerbarkeit finden<br />

wir zum Beispiel im periodis<strong>ch</strong>en<br />

Abwerfen und Austreiben der Blätter<br />

sowie in der konsequenten Nutzung<br />

si<strong>ch</strong> erneuernder Energiequellen. Interessanterweise<br />

finden die Ökosystemfors<strong>ch</strong>er<br />

au<strong>ch</strong>, dass die natürli<strong>ch</strong>erweise<br />

ökoeffizienten und na<strong>ch</strong>haltigen<br />

Systeme ni<strong>ch</strong>t selten so viel Energie<br />

verbrau<strong>ch</strong>en, wie nur irgendwie verfügbar<br />

ist. Ja sie s<strong>ch</strong>einen Energie ri<strong>ch</strong>tiggehend<br />

zu vers<strong>ch</strong>wenden. Keine<br />

Spur von generellem Sparen, dafür wird<br />

die Energie umso strikter aus systemgere<strong>ch</strong>ten<br />

und si<strong>ch</strong> erneuernden Quellen<br />

ges<strong>ch</strong>öpft. Dasselbe gilt für den<br />

Materialeinsatz. Ein System, das es<br />

si<strong>ch</strong> leistet, jährli<strong>ch</strong> einen beträ<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />

Teil seines Materials wegzuwerfen<br />

und neu aufzubauen, ers<strong>ch</strong>eint ni<strong>ch</strong>t<br />

gerade vorbildli<strong>ch</strong> für den Ressourcen-<br />

Spar-Gedanken. Sparen wäre in diesem<br />

Fall jedo<strong>ch</strong> kaum sinnvoll und<br />

au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong>haltig. Die bea<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />

Stoffumsätze bilden erst die<br />

Grundlage für ein na<strong>ch</strong>haltiges Fortbestehen<br />

und Überleben. Es darf nur kein<br />

Unglei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>t entstehen, wie es das<br />

Leeren ni<strong>ch</strong>t mehr aufgefüllter Spei<strong>ch</strong>er<br />

oder das Anhäufen ni<strong>ch</strong>t abgebauter<br />

Produkte mit si<strong>ch</strong> bringen würde.<br />

Der Produzent «Baum» fügt si<strong>ch</strong> also<br />

in den Stoff-Kreislauf ein, womit für<br />

2 Inf.bl. Fors<strong>ch</strong>.berei<strong>ch</strong> <strong>Wald</strong> 3, 2000


ihn das Thema des Ressourcensparens<br />

primär zu einem Aspekt der Konkurrenzfähigkeit<br />

wird. Ein grösserer Ressourcenbedarf<br />

bedeutet unter Umständen<br />

nämli<strong>ch</strong> einzig, die Kreisläufe anzukurbeln.<br />

Analog dazu kann au<strong>ch</strong> das<br />

Ressourcenmanagement der Industrie<br />

optimiert werden. Na<strong>ch</strong>haltige Unternehmen<br />

werden ni<strong>ch</strong>t im traditionell<br />

linearen Stoffflussdenken verharren,<br />

sondern sie werden ihre Stoffflüsse<br />

gezielt in die ökologis<strong>ch</strong>en Kreisläufe<br />

der Erde einfügen.<br />

Dabei wird ihnen das Prinzip der<br />

Multifunktionalität von Stoffen und<br />

Produkten einen ents<strong>ch</strong>eidenden S<strong>ch</strong>ritt<br />

weiter helfen. Wie das Blatt na<strong>ch</strong> dem<br />

Abwurf vom Baum weitere Funktionen<br />

übernimmt, wird au<strong>ch</strong> das ökologis<strong>ch</strong><br />

na<strong>ch</strong>haltige Unternehmen Produkte<br />

entwickeln, die in mögli<strong>ch</strong>st ges<strong>ch</strong>lossene<br />

Stoffkreisläufe eingebunden<br />

sind, d.h. die na<strong>ch</strong> dem Erfüllen<br />

einer ersten Funktion, entweder in bestehender<br />

Form, oder zerlegt in deren<br />

Bestandteile oder Ausgangsmaterialien,<br />

weitere werts<strong>ch</strong>öpfende Funktionen<br />

übernehmen.<br />

Ein weiterer S<strong>ch</strong>ritt hin zu na<strong>ch</strong>haltigen<br />

Werts<strong>ch</strong>öpfungskreisläufen ist die<br />

Vernetzung. Sie ma<strong>ch</strong>t es mögli<strong>ch</strong>, die<br />

Ressourcenbedürfnisse eines Unternehmens<br />

mit denjenigen anderer Betriebe<br />

zu koppeln. So wie der Baum Destruenten,<br />

bzw. «Zerstörer» für seine Blätter<br />

brau<strong>ch</strong>t, um diese wieder in Nährstoffe<br />

zerlegt zurück zu erhalten, so ist<br />

es au<strong>ch</strong> für ein Industrieunternehmen<br />

sinnvoll, si<strong>ch</strong> mit anderen Unternehmen<br />

zu vernetzen. Eine industrieinterne<br />

Verfle<strong>ch</strong>tung zu betriebsübergreifenden<br />

Stoffkreisläufen kann verhindern, dass<br />

si<strong>ch</strong> systemfremde Stoffe mit den ökologis<strong>ch</strong>en<br />

Kreisläufen vermis<strong>ch</strong>en und<br />

dadur<strong>ch</strong> das Ökosystem s<strong>ch</strong>ädigen. Sol<strong>ch</strong>e<br />

Bes<strong>ch</strong>ädigungen können die Werts<strong>ch</strong>öpfung<br />

von Unternehmen grundsätzli<strong>ch</strong><br />

in Frage stellen, da sie lei<strong>ch</strong>t Ausmasse<br />

annehmen, die jegli<strong>ch</strong>e monetäre<br />

Bewertbarkeit übersteigen.<br />

S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> bleibt das Prinzip des<br />

Standorteinbezugs zu nennen. Na<strong>ch</strong>haltige<br />

Unternehmen werden immer<br />

bestrebt sein, ihren Stoffkreislauf mögli<strong>ch</strong>st<br />

vorteilhaft auf die individuellen<br />

Standortgegebenheiten und das damit<br />

verbundene Ressourcenangebot anzupassen.<br />

Au<strong>ch</strong> hier dient das Unternehmen<br />

«Baum» als Vorbild. Es greift nur<br />

auf Ressourcen oder Energiequellen<br />

zu, die vor Ort verfügbar sind. Das<br />

s<strong>ch</strong>liesst natürli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> die gewaltigen<br />

Stofftransporte mit ein, die z.T. über<br />

globale Distanzen hinweg erfolgen.<br />

Allerdings sind diese dur<strong>ch</strong>wegs von<br />

erneuerbaren Energiequellen getrieben<br />

und finden vorzugsweise in gasförmiger<br />

oder flüssiger Form statt. Au<strong>ch</strong> die<br />

raffinierte Art, wie Bäume die am<br />

Standort einfallende Li<strong>ch</strong>tenergie sammeln<br />

und in konzentrierter Form nutzbar<br />

ma<strong>ch</strong>en, wird die Entwickler na<strong>ch</strong>haltiger<br />

Energiesysteme inspirieren.<br />

Die (Öko-) Systemfors<strong>ch</strong>ung<br />

als Wissensquelle<br />

Wer das Energiesystem eines Baumes<br />

erfors<strong>ch</strong>t und dessen Gesetzmässigkeiten<br />

erkennt, der besitzt beste Voraussetzungen<br />

dazu, dieses Wissen au<strong>ch</strong><br />

in anderen Zusammenhängen wie z.B.<br />

für Energiesysteme in der Industrie<br />

anwenden zu können. Zweifellos sind<br />

es die Funktionsmuster und Eigens<strong>ch</strong>aften<br />

lebender Systeme, wel<strong>ch</strong>e unserer<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft im Hinblick auf ihr na<strong>ch</strong>haltiges<br />

Fortbestehen die Massstäbe<br />

setzen. Das Wissen um das Funktionieren<br />

dieser Systeme ist in der Praxis<br />

jedo<strong>ch</strong> äusserst rar. Die Fors<strong>ch</strong>ungsinstitutionen<br />

sind daher gefordert, ihr<br />

Wissen und dessen Bedeutung für die<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft zu identifizieren und zu<br />

transferieren. Es könnte eine vornehme<br />

Aufgabe in der Zukunft sein, das in<br />

der Gesells<strong>ch</strong>aft so dringend benötigte<br />

Wissen über das Funktionieren na<strong>ch</strong>haltiger<br />

Systeme über den wald- und<br />

lands<strong>ch</strong>aftsbezogenen Berei<strong>ch</strong> hinaus<br />

einem wesentli<strong>ch</strong> breiteren Adressatenkreis<br />

zugängli<strong>ch</strong> zu ma<strong>ch</strong>en. Wer weiss,<br />

viellei<strong>ch</strong>t liegt das Erfolgsrezept, gemäss<br />

dem Bäume der Industriegesells<strong>ch</strong>aft<br />

von morgen von grösstem Nutzen<br />

sein werden, tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> darin, dass<br />

si<strong>ch</strong> Bäume als ideale Vorbildsysteme<br />

für eine überlebenswillige und daher<br />

der Na<strong>ch</strong>haltigkeit verpfli<strong>ch</strong>tete Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

erweisen.<br />

Si<strong>ch</strong>tbare Reaktionen auf Ozon und/<br />

oder S<strong>ch</strong>wermetalle bei Pflanzen<br />

Pflanzen nehmen über die Luft und über den Boden ni<strong>ch</strong>t nur lebensnotwendige<br />

Substanzen, sondern au<strong>ch</strong> vers<strong>ch</strong>iedene S<strong>ch</strong>adstoffe auf. Es war bisher<br />

unbekannt, was ges<strong>ch</strong>ieht, wenn Ozon in der Luft und S<strong>ch</strong>wermetalle im<br />

Boden gemeinsam auf die Pflanze einwirken. Erste Ergebnisse aus einem<br />

Klimakammer-Experiment an der WSL zeigen, dass si<strong>ch</strong> die Effekte von<br />

Ozon aus der Luft und von S<strong>ch</strong>adstoffen aus dem Boden gegenseitig teilweise<br />

abs<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>en.<br />

Madeleine S. Günthardt-Goerg, Pierre Vollenweider und Philipp Egli<br />

Stress aus Luft und Boden<br />

Über die Blätter und Nadeln gelangt<br />

aus der Luft neben dem für das Wa<strong>ch</strong>stum<br />

nötigen Kohlendioxid zum Beispiel<br />

au<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>ädli<strong>ch</strong>es Ozon in die Blätter<br />

und Nadeln der Pflanzen. Das Letztere<br />

kann von Auge si<strong>ch</strong>tbare Blattsymptome<br />

hervorrufen. Die Wurzeln<br />

hingegen nehmen eine Reihe von Nährelementen<br />

aus der Bodenlösung auf;<br />

Karl Herzog erarbeitete si<strong>ch</strong> das Ökosystemverständnis<br />

mit einer Dissertation<br />

über den Wasserhaushalt von<br />

Bäumen in der Gruppe Ökophysiologie<br />

der WSL bei Rudolf Häsler (1991 bis<br />

1994). Er entwickelte dann ein Bewertungskonzept<br />

zur Prüfung von<br />

Systemen im Hinblick auf ihre Na<strong>ch</strong>haltigkeit<br />

und Effizienz und analysiert<br />

heute auf dieser Basis Unternehmen für<br />

die Julius Bär Asset Management AG in<br />

Züri<strong>ch</strong>.<br />

Roman Zweifel s<strong>ch</strong>loss im November<br />

1999 unter der Leitung von Rudolf<br />

Häsler eine Dissertation über die Ökophysiologie<br />

von Bäumen an der WSL<br />

ab. Seine Erkenntnisse erweiterten das<br />

Konzept von Karl Herzog bezügli<strong>ch</strong> des<br />

Ökosystems «Baum». Seit Juli 2000<br />

arbeitet er als Oberassistent am Geobotanis<strong>ch</strong>en<br />

Institut der Universität Bern.<br />

glei<strong>ch</strong>zeitig gelangen auf diesem Wege<br />

au<strong>ch</strong> entbehrli<strong>ch</strong>e oder gar s<strong>ch</strong>ädli<strong>ch</strong>e<br />

Elemente in die Pflanze. Bei (moderatem)<br />

S<strong>ch</strong>wermetallübers<strong>ch</strong>uss kann<br />

dies zu Wa<strong>ch</strong>stumseinbussen führen.<br />

Blattsymptome infolge S<strong>ch</strong>wermetallbelastung<br />

sind bisher kaum bes<strong>ch</strong>rieben<br />

– wenn, dann ähnli<strong>ch</strong> wie bei Ozon<br />

als frühe Blattalterung oder Vergilbung.<br />

Was ges<strong>ch</strong>ieht, wenn Stressfaktoren<br />

aus der Luft und aus dem Boden ge-<br />

Inf.bl. Fors<strong>ch</strong>.berei<strong>ch</strong> <strong>Wald</strong> 3, 2000 3

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