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Rede zum Schillerjahr - Theaterportal.de

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onalsozialisten die sogenannte Kulturnation überhöht verzerrt, mor<strong>de</strong>nd gesäubert<br />

und damit verkümmert.<br />

In <strong>de</strong>n Jahren zwischen 1945 bis 1989 war die zerrissene Kulturnation wie<strong>de</strong>r bloße<br />

Utopie, in <strong>de</strong>r das Gemeinsame trotz aller politischen Trennungsbefehle sich bewahrte.<br />

Jetzt haben wir wie<strong>de</strong>r eine geeinte Nation – aber um die Kultur scheint es nicht so<br />

gut bestellt zu sein. Was begreifen wir heute unter Schillers „sittlicher Größe“? Wie<br />

konzipieren wir heute die Utopie unserer Kulturnation? Ohne sie gleich wie<strong>de</strong>r trivial<br />

dingfest machen zu wollen, will ich lieber sagen: Die Vorstellung von <strong>de</strong>r Kulturnation<br />

ist fruchtbar anspornen<strong>de</strong> Sehnsucht. Sie ist eine dauern<strong>de</strong> Ermahnung zur Freiheit<br />

<strong>de</strong>s Subjekts in gemeinschaftlicher Verantwortung. Sie ist die Auffor<strong>de</strong>rung zur Wertschätzung<br />

<strong>de</strong>r Kultur – die in ihrer ganzen Vielfalt die nationale Gemeinschaft erst<br />

motiviert. Unser Radius heute geht aber über die nationalen Grenzen hinaus.<br />

Wir kommen heute stets auf zwei Faktoren zurück, wenn wir Europa zu <strong>de</strong>finieren<br />

versuchen: die gemeinsamen Werte und die Kultur. Der Reichtum <strong>de</strong>r kulturellen und<br />

sprachlichen Vielfalt taugt nicht nur für Verfassungspräambeln, son<strong>de</strong>rn ist Grundlage<br />

unseres Zusammenlebens. Wo ist die Neugier, die Aufbruchstimmung geblieben,<br />

das Gespür für die unbegrenzten Möglichkeiten an I<strong>de</strong>en und Visionen, die sich mit<br />

<strong>de</strong>m Geschenk von 1989 eröffneten? Wenn die europäische Einigung auch geistig<br />

vorankommen soll, müssen wir an unserer gemeinsamen I<strong>de</strong>ntität weiterarbeiten.<br />

I<strong>de</strong>ntität lässt sich aber nur schaffen, wenn es uns gelingt, unsere Wahrnehmung zu<br />

verän<strong>de</strong>rn und <strong>de</strong>n Zauber Europas wie<strong>de</strong>r zu ent<strong>de</strong>cken. Und dazu brauchen wir die<br />

Kultur. Lassen Sie uns also gemeinsam arbeiten für ein Europa <strong>de</strong>r Kulturnationen.<br />

Die Arbeit an <strong>de</strong>r Kulturnation ist eine geistige Aufgabe, die nie been<strong>de</strong>t ist. Und sie<br />

ist eine europäische Aufgabe. Der Weg ist das Ziel. Wir müssen uns immer wie<strong>de</strong>r<br />

neu fragen. Schiller reicht uns dabei die Hand. Ich danke Ihnen!

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