Wie wird die Zukunft des ZVCH aussehen? - Zuchtverband CH ...
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<strong>CH</strong>-SPORTPFERDE<br />
<strong>Wie</strong> <strong>wird</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong> für den <strong>ZV<strong>CH</strong></strong> <strong>aussehen</strong>?<br />
«Diese grosse Herausforderung<br />
kann auch Chance sein»<br />
D<br />
as erste Präsidialjahr von Hansruedi Bracher beim <strong>Zuchtverband</strong><br />
<strong>CH</strong>-Sportpferde <strong>ZV<strong>CH</strong></strong> verlief – insbesondere in der zweiten Hälfte<br />
– recht turbulent. Und <strong>die</strong> erste Mitgliederversammlung, <strong>die</strong> er am<br />
9. Mai in Bern zu leiten haben <strong>wird</strong>, dürfte als denkwürdig in <strong>die</strong><br />
Verbandsgeschichte eingehen, werden doch für <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong> sehr<br />
bedeutende Entscheide zu treffen sein. Im Gespräch mit dem<br />
«Bulletin» verhehlt Hansruedi Bracher deren Tragweite zwar<br />
keineswegs, hält aber auch fest: «Die heutige Zeit zu beklagen<br />
bringt nichts; <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong> muss gestaltet werden. Diese grosse<br />
Herausforderung kann auch Chance sein.»<br />
Die Zeiten, in denen der <strong>ZV<strong>CH</strong></strong> als Nonprofit-Organisation<br />
auch dank der Unterstützung<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> beim Angebot von Leistungen<br />
zur Qualitätsförderung und Vermarktungshilfe<br />
von <strong>CH</strong>-Sportpferden noch<br />
mehr oder weniger aus dem Vollen habe<br />
schöpfen können, sei nun definitiv vorbei,<br />
hält Verbandspräsident Hansruedi Bracher<br />
fest. «Unabhängig von den Entscheidungen<br />
der kommenden Mitgliederversammlung<br />
steht eines fest: Wir müssen mit<br />
wesentlich weniger Geld auskommen.»<br />
Der Weg von der Nonprofit-Organisation<br />
zum Dienstleistungsunternehmen sei vorgezeichnet.<br />
In welchem Umfang <strong>die</strong>s zu ge -<br />
schehen habe, liege am 9. Mai in den Händen<br />
der Verbandsmitglieder.<br />
<strong>Wie</strong> es soweit kam<br />
Mittlerweile hinlänglich bekannt sein dürfte,<br />
dass mit der ab 2014 in Kraft tretenden<br />
revi<strong>die</strong>rten Tierzuchtverordnung dem <strong>ZV<strong>CH</strong></strong><br />
ein Verlust von ca. Fr. 200 000.– entstehen<br />
<strong>wird</strong>. Der grösste Teil resultiert aus der Streichung<br />
von Beiträgen an Leistungsprüfungen,<br />
der Rest aus Mindereinnahmen für<br />
Dienstleistungen der Geschäftsstelle für<br />
den Haflingerverband durch Anhebung der<br />
Förderschwelle. Dieser unerwartete und<br />
unverständliche Rückzug <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> geht<br />
«Im Zentrum aller<br />
Bemühungen <strong>wird</strong><br />
<strong>die</strong> Beantwortung<br />
der Frage stehen:<br />
Was wollen wir vom<br />
Verband – und zu<br />
welchem Preis?»<br />
Hansruedi Bracher<br />
einher mit einer sich in jüngster Zeit akzentuierenden<br />
Entwicklung, <strong>die</strong> sich ohnehin<br />
negativ auf <strong>die</strong> Verbandsfinanzen auswirkt<br />
und nun dringend Massnahmen erfordert.<br />
Der Rückgang der Zahl von Fohlengeburten,<br />
der sich in den letzten Jahren fortsetz-<br />
Zur Debatte<br />
werden auch<br />
vermarktungstechnisch<br />
wichtige<br />
Anlässe wie<br />
beispielsweise <strong>die</strong><br />
Swiss Breed Classic<br />
stehen.<br />
Bilder: Elisabeth Weiland<br />
40 «Bulletin» 4 / 8. 4. 2013
<strong>CH</strong>-SPORTPFERDE<br />
te, wirkte sich nun auch negativ auf <strong>die</strong><br />
Anzahl an Leistungsprüfungen und Stuteneintragungen<br />
aus, was bereits 2012 zu<br />
erheblichen Mindereinnahmen führte.<br />
Diese Entwicklung <strong>wird</strong> sich auch im laufenden<br />
Jahr und darüber hinaus zweifellos<br />
fortsetzen, selbst wenn sich <strong>die</strong> Zahl der<br />
Fohlengeburten stabilisieren sollte.<br />
<strong>Wie</strong> es weitergehen könnte<br />
<strong>Wie</strong> bereits in der Berichterstattung über <strong>die</strong><br />
Zuchtkonferenz ausgeführt, hat sich der<br />
Vorstand <strong>des</strong> <strong>ZV<strong>CH</strong></strong> mit grosser Umsicht<br />
und unter Berücksichtigung aller möglichen<br />
Szenarien in <strong>die</strong> Herkulesaufgabe vertieft,<br />
am 9. Mai den Züchterinnen und Züchtern<br />
denkbare Wege aus dem Dilemma und <strong>die</strong><br />
Folgen präsentieren zu können. Hansruedi<br />
Bracher hält dazu unmissverständlich fest:<br />
«Im Zentrum aller Bemühungen <strong>wird</strong> <strong>die</strong><br />
Beantwortung der Frage stehen: Was wollen<br />
wir vom Verband – und zu welchem<br />
Preis?» Allein mit Sparübungen werde ein<br />
rigoroser Leistungsabbau <strong>des</strong> Verban<strong>des</strong><br />
nicht zu umgehen sein. «Das heisst, es müssen<br />
auch neue Einnahmequellen erschlossen<br />
werden, wobei selbst Mitgliederbeiträge<br />
und Gebühren nicht ausgeklammert<br />
werden können.» Eine Option im Bereich<br />
Mittelbeschaffung sei <strong>die</strong> (im letzten «Bulletin»<br />
besprochene) Öffnung der Promotionsprüfungen,<br />
wobei zahlenmässig vorläufig<br />
nur spekuliert werden könne. Im Bereich<br />
Sparen stehen laut Hansruedi Bracher auch<br />
Themen wie <strong>die</strong> Ausgestaltung der SM<br />
<strong>CH</strong>-Sportpferde, <strong>die</strong> Beschickung der<br />
Zuchtweltmeisterschaften junger Dressur-,<br />
Spring- und CC-Pferde, <strong>die</strong> Durchführung<br />
der Swiss Breed Classic, <strong>die</strong> Präsenz am<br />
<strong>CH</strong>I-W Genf und Verkaufsveranstaltungen<br />
zur Debatte. «Klar ist, dass sich Einschränkungen<br />
in <strong>die</strong>sen Bereichen auch massiv<br />
auf <strong>die</strong> Vermarktungsförderung auswirken<br />
würden. Wir kommen aber nicht umhin,<br />
unter Umständen auch <strong>die</strong>s in Kauf nehmen<br />
zu müssen.» Das schlimmste Szenario, das<br />
sich Hansruedi Bracher vorstellen kann,<br />
bestände in der Verweigerung <strong>des</strong> grössten<br />
Teils der vorgeschlagenen Mehreinnahmen<br />
durch <strong>die</strong> Mitgliederversammlung. «Aber<br />
auch <strong>die</strong>s wäre ein Auftrag, den der Vorstand<br />
zu erfüllen hätte.» Auch mit <strong>die</strong>ser<br />
<strong>ZV<strong>CH</strong></strong>-Präsident Hansruedi Bracher sieht<br />
in der grossen Herausforderung auch eine<br />
mögliche Chance.<br />
Feststellung weist der <strong>ZV<strong>CH</strong></strong>-Präsident auf<br />
<strong>die</strong> Bedeutung <strong>die</strong>ser Mitgliederversammlung<br />
hin. Der Vorstand habe, so präzisiert er,<br />
in allen möglichen Bereichen auch kleinste<br />
Sparmöglichkeiten gesucht und werde<br />
auch darüber informieren bzw. <strong>die</strong>se um -<br />
setzen, soweit es in seiner Kompetenz sei.<br />
«Was aber an der kommenden Mitgliederversammlung<br />
von den Züchterinnen und<br />
Züchtern zu beschliessen sein <strong>wird</strong>, ist das<br />
wirklich Wegweisende.»<br />
Was, wenn?<br />
Nun könnte ja im Hinblick auf <strong>die</strong> Debatte<br />
im Parlament bezüglich Sparvorschlägen<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rates <strong>die</strong> Frage auftauchen, ob<br />
es nicht sinnvoller sei, das Ergebnis abzuwarten,<br />
bevor so wegweisende und zweifellos<br />
auch einschneidende Entschlüsse<br />
durch <strong>die</strong> Mitgliederversammlung <strong>des</strong><br />
<strong>ZV<strong>CH</strong></strong> gefasst werden. Würde das Parlament<br />
<strong>die</strong>sen Vorschlägen folgen und damit<br />
sämtliche Beiträge für <strong>die</strong> Wamblutzucht<br />
streichen, wäre <strong>die</strong> ganze Spar- und Mittelbeschaffungsübung<br />
ohnehin überflüssig,<br />
könnte argumentiert werden. Dazu gibt<br />
Hansruedi Bracher Folgen<strong>des</strong> zu bedenken:<br />
«Erstens sind wir, wie ausgeführt, unabhängig<br />
von <strong>die</strong>sem Parlamentsbeschluss<br />
«Was aber an der kommenden Mitgliederversammlung<br />
von den Züchterinnen und<br />
Züchtern zu beschliessen sein <strong>wird</strong>, ist das<br />
wirklich Wegweisende.»<br />
Hansruedi Bracher<br />
gezwungen, bereits für 2013 den Hebel<br />
anzusetzen. Zweitens müssen wir <strong>die</strong> im<br />
Hinblick auf 2014 bekannt nötigen Massnahmen<br />
jetzt beschliessen und einleiten<br />
bzw. organisieren. Drittens besteht <strong>die</strong> reelle<br />
Chance, dass der Bun<strong>des</strong>rat mit seinem<br />
Ansinnen im Parlament nicht durchkommen<br />
<strong>wird</strong>, da sich auch der Schweizerische<br />
Bauernverband vehement dagegen<br />
wehrt.» Der <strong>ZV<strong>CH</strong></strong>-Präsident ist überzeugt<br />
davon, dass auch das Ergebnis der Mitgliederversammlung<br />
<strong>des</strong> <strong>ZV<strong>CH</strong></strong> nicht ohne Einfluss<br />
auf <strong>die</strong> Debatte im Parlament sein<br />
<strong>wird</strong>. «Jetzt schon <strong>die</strong> Segel zu streichen,<br />
wäre katastrophal.»<br />
Dennoch zieht Hansruedi Bracher auch <strong>die</strong><br />
für <strong>die</strong> <strong>CH</strong>-Sportpferdezucht negativste<br />
Möglichkeit in Betracht, wenn er ausführt:<br />
«Sollte <strong>die</strong>ser völlig absurde Vorschlag <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong>rates beim Parlament eine Mehrheit<br />
finden, dürfte <strong>die</strong>s keinesfalls heissen, von<br />
den Prinzipien der <strong>ZV<strong>CH</strong></strong>-Zuchtpolitik abzuweichen:<br />
hohe Anforderungen an Qualität,<br />
Nachhaltigkeit in jeder Hinsicht, entsprechende<br />
Selektionskriterien. Alles andere<br />
wäre», so Hansruedi Bracher, «eine grundsätzliche<br />
und definitive Bankrotterklärung<br />
der Schweizer Warmblutzucht.» Die meisten<br />
Züchterinnen und Züchter, davon ist<br />
der <strong>ZV<strong>CH</strong></strong>-Präsident überzeugt, seien sich<br />
darüber schon heute klar, rede ihnen der<br />
Verband bei der Wahl der Anpaarung doch<br />
in keiner Weise drein. Dennoch sei zu<br />
befürchten (und anhand ausländischer Beispiele<br />
auch zu beweisen), dass ohne klare<br />
Leitlinien eines funktionsfähigen Verban<strong>des</strong><br />
nachhaltiger Zuchtfortschritt und damit<br />
Konkurrenzfähigkeit gefährdet seien.<br />
«Wenn der Verband nur noch das Herdebuch<br />
führen kann, sehe ich schwarz», sagt<br />
Hansruedi Bracher. Und genau <strong>die</strong>s würde<br />
geschehen, sollten <strong>die</strong> Parlamentarier dem<br />
Bun<strong>des</strong>rat folgen.<br />
Schliesslich wollten wir vom seit Jahrzehnten<br />
aktiven bäuerlichen Pferdezüchter<br />
Hansruedi Bracher noch wissen, was er von<br />
der bun<strong>des</strong>rätlichen Begründung für <strong>die</strong><br />
anvisierte Streichung aller Unterstützungmassnahmen<br />
für <strong>die</strong> Pferdezucht (mit Ausnahme<br />
der Freibergerzucht) halte, <strong>die</strong> da<br />
lautet: «Dies ist vertretbar, weil der Nutzen<br />
aus der Zucht von Sport- und Freizeitpferden<br />
hauptsächlich ausserhalb der Landwirtschaft<br />
entsteht.» Dies sei, so Bracher, eine<br />
völlig unhaltbare Behauptung, bar jeden<br />
Wissens um <strong>die</strong> tatsächlichen Begebenheiten.<br />
Dieser Behauptung werde, so ist der<br />
<strong>ZV<strong>CH</strong></strong>-Präsident überzeugt, eine vom <strong>ZV<strong>CH</strong></strong><br />
bei der Fachhochschule Zollikofen in Auftrag<br />
gegebene wissenschaftliche Stu<strong>die</strong><br />
jede Grundlage entziehen. Diese Stu<strong>die</strong><br />
<strong>wird</strong> noch vor der Parlamentsdebatte verfügbar<br />
sein. Ob sich <strong>die</strong> Parlamentarier<br />
schliesslich von Tatsachen oder von Behauptungen<br />
überzeugen lassen werden?<br />
HIS.<br />
«Bulletin» 4 / 8. 4. 2013 41