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flair oct 10 - Michel Mayer

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lack issue farb-TALK<br />

von der Autorität bis zum Souverän:<br />

Schwarz beinhaltet alles. Das macht<br />

aber nicht die schwarze Farbe an sich,<br />

sondern diese Grenzwertigkeit, die sie<br />

repräsentiert. Das ist die Chance für<br />

die Mode: Weil man Schwarz so oder<br />

so interpretieren kann, gibt es alle<br />

möglichen Einsatzgebiete.<br />

<strong>Mayer</strong>: Das hat sich aber auch entwickelt<br />

in den letzten fünfzig Jahren …<br />

Spiegl: Man nehme zum Beispiel<br />

die 50er-Jahre: Da war alleine die<br />

Verwendung der Farbe Schwarz als<br />

Bekleidung schon so was wie ein<br />

Zeichen – „Ich bin am Rand der<br />

Gesellschaft“. Diese gewisse Exzentrik<br />

ist genau die Funktion, um die es geht.<br />

Und die gerät zusehends in die Krise.<br />

<strong>Mayer</strong>: Genau, denn wenn ich zu einem<br />

klassischen Event gehe, weiß ich: Mit<br />

dem schwarzen knielangen Kleid<br />

liege ich nie verkehrt, das funktioniert<br />

immer. Schwarz steht da fast schon für<br />

Anpassung. Wenn ich in Rot erscheinen<br />

würde, wäre das der eigentliche<br />

Grenzgang.<br />

„Modisch steht<br />

schwarz heute<br />

fast schon für<br />

anpassung. rot<br />

wäre da oft<br />

der eigentliche<br />

grenzgang.“<br />

Ich möchte erneut auf die Frage der<br />

Erotik zu sprechen kommen. Rührt<br />

da die Bedeutung von Schwarz vom<br />

Gegensatz zum unschuldigen Weiß?<br />

Spiegl: Erotik stellt auch so etwas wie<br />

einen Grenzwert dar – wenn man etwas<br />

berührt, das man in der Öffentlichkeit<br />

nicht berühren sollte.<br />

Bohatsch: Das ist natürlich kulturell<br />

bedingt. So wie die Farbe für Trauer.<br />

Gibt es Situationen, wo man<br />

unbedingt Schwarz tragen sollte? Und<br />

welche, in denen man das keinesfalls<br />

tun darf?<br />

Bohatsch: Bei Begräbnissen sind die<br />

Normen noch relativ streng, zumindest<br />

für Männer, und ich finde das auch<br />

ganz in Ordnung. Sie markieren, so wie<br />

Spiegl sagte, einen Ausnahmezustand.<br />

Durch diesen Kleidungskodex wird die<br />

Trauer kollektiv erfahren.<br />

<strong>Mayer</strong>: Also ich finde es nicht passend,<br />

wenn bei Hochzeiten ein Gast in<br />

Schwarz erscheint. Das ist eben doch<br />

mit Trauer besetzt. Es gibt da den<br />

ungeschriebenen Dresscode, eher in<br />

hellen Farben, aber eben nicht in Weiß<br />

zu kommen.<br />

Spiegl: Aber gerade diese Fragen<br />

lösen sich ja auf. Dahinter steht<br />

ein Gesellschaftsbegriff, der dafür<br />

plädiert, dass es keine Grenzen mehr<br />

gibt. Ich entscheide alleine, jenseits<br />

irgendwelcher Normierungen, was ich<br />

heute haben mag. Und genau damit<br />

verliert das Schwarz das Exzentrische,<br />

das es einmal hatte. Es normalisiert<br />

sich in den Farbrahmen hinein.<br />

Weil wir vorhin darüber gesprochen<br />

haben: Wenn man pubertiert, ist diese<br />

Exzentrik die Lebensaufgabe, die man<br />

hat. Also trägt man Schwarz …<br />

<strong>Mayer</strong>: Heute braucht man aber ein<br />

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