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NJW 8/2013, S. 497 ff. - Kiermeier Haselier Grosse

NJW 8/2013, S. 497 ff. - Kiermeier Haselier Grosse

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Neue Juristische Wochenschrift<br />

In Verbindung mit dem Deutschen Anwaltverein<br />

und der Bundesrechtsanwaltskammer herausgegeben von Prof. Dr. Wolfgang Ewer, Rechtsanwalt in<br />

Kiel – Prof. Dr. Rainer Hamm, Rechtsanwalt in Frankfurt a. M. – Dr. Dr. h. c. Georg Maier-Reimer,<br />

Rechtsanwalt in Köln – Prof. Dr. Hans-Jürgen Rabe, Rechtsanwalt in Berlin – Ingeborg Rakete-<br />

Dombek, Rechtsanwältin und Notarin in Berlin – Dr. Michael Streck, Rechtsanwalt in Köln.<br />

Schriftleitung: Rechtsanwalt Tobias Freudenberg, Beethovenstraße 7b, 60325 Frankfurt a. M.<br />

8 <strong>2013</strong><br />

Seite <strong>497</strong>–560<br />

66. Jahrgang<br />

21. Februar <strong>2013</strong><br />

Rechtsanwalt Volker Schmidt*<br />

Aktuelle Probleme des § 648 a BGB<br />

Mit Wirkung zum 1. 1. 2009 sind die Neuregelungen des<br />

§ 648 a I, V und VI BGB zur Bauhandwerkersicherung eingeführt<br />

worden. In den vergangenen Jahren gab es mehrfach<br />

Anlass für den BGH und für die Obergerichte, sich mit diesen<br />

Neuregelungen und den praktischen Auswirkungen zu befassen.<br />

Dabei hat die Rechtsprechung zahlreiche strittige Fragen<br />

für die häufigsten Anwendungsfälle geklärt. Es hat sich<br />

gezeigt, dass § 648 a BGB zu einem wirksamen Druckmittel<br />

der Auftragnehmer geworden ist und für diese eine Option<br />

darstellt, Bauverträge kurzfristig und rechtssicher zu beenden.<br />

Dieser Beitrag befasst sich mit häufig auftretenden,<br />

aktuellen Rechtsfragen rund um § 648 a BGB.<br />

I. Einleitung<br />

Mit den Änderungen des § 648 a BGB hat der Gesetzgeber<br />

den Sicherungsanspruch des Unternehmers grundlegend neu<br />

gestaltet. Nach der Altfassung von § 648 a BGB bestand kein<br />

klagbarer Anspruch auf eine Sicherheit. Der Unternehmer<br />

hatte im Falle der Nichterfüllung des Sicherungsverlangens<br />

lediglich die Wahl, die Leistung zu verweigern und zu kündigen<br />

(§ 648 a V BGB a. F.) oder schlicht weiterzubauen und<br />

auf die Sicherheit zu verzichten. Der Gesetzgeber hat mit der<br />

Neufassung des § 648 a V 1 BGB dem Unternehmer nun<br />

mehrere Alternativen zur Verfügung gestellt: Der Unternehmer<br />

kann nach Ablauf der Frist zur Sicherheitsleistung weitere<br />

Bauleistungen verweigern oder den Vertrag kündigen.<br />

Der Unternehmer kann aber auch weiterarbeiten und seinen<br />

Anspruch auf Sicherheitsleistung mit gerichtlicher Hilfe<br />

durchsetzen 1 . Mit der Scha<strong>ff</strong>ung eines eigenen, durchsetzbaren<br />

Anspruchs auf Sicherheitsleistung hat der Gesetzgeber<br />

die Bedeutung des § 648 a BGB für die Praxis erheblich aufgewertet.<br />

Nach der Neufassung des Gesetzes muss nun jeder<br />

Besteller, der nicht unter die Ausnahmen des § 648 a VI BGB<br />

fällt, damit rechnen, dass er eine Sicherheit leisten muss.<br />

Rechtlich ist es ohne Weiteres möglich, dass der Unternehmer<br />

den Besteller unmittelbar nach Abschluss des Bauvertrags<br />

au<strong>ff</strong>ordert, eine Sicherheit in Höhe des gesamten Auftragswerts,<br />

zuzüglich 10 %, zu leisten. Auf Grund der gewachsenen<br />

Bedeutung des § 648 a BGB geht dieser Beitrag auf die<br />

zentralen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Sicherheitsleistung<br />

ein.<br />

II. Personeller Anwendungsbereich<br />

1. Anspruchsteller<br />

Eine Sicherheit gem. § 648 a BGB kann nur der Unternehmer<br />

eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon<br />

fordern. Für den Bauunternehmer, der mit Hoch-, Tief- oder<br />

Ausbauleistungen beauftragt ist, bereitet der personelle Anwendungsbereich<br />

von § 648 a BGB regelmäßig keine Probleme.<br />

Strittig ist der personelle Anwendungsbereich aber bereits<br />

dann, wenn die Leistung des Unternehmers nicht unmittelbar<br />

zu einer Werterhöhung des Bauwerks führt 2 . Nach der Gesetzesbegründung<br />

soll unter die Anspruchsberechtigten auch<br />

der Architekt oder Statiker fallen, wenn er die für die Errichtung<br />

eines Bauwerks notwendige geistige Leistung schuldet 3 .<br />

Der Wortlaut des § 648 a BGB enthält zudem keine Beschränkung<br />

auf eine mögliche Werterhöhung für das Bauwerk.<br />

Von daher ist kein Grund ersichtlich, warum Architekten,<br />

planende und überwachende Bauingenieure, Statiker<br />

oder andere Sonderfachleute von dem berechtigten Kreis der<br />

Anspruchsteller ausgenommen bleiben sollten 4 .<br />

Strittig ist zudem, ob ein Auftragnehmer, der reine Vorbereitungsarbeiten<br />

für ein Bauwerk auszuführen hat, Unternehmer<br />

eines Bauwerks i. S. von § 648 a BGB ist. Der BGH hat<br />

bereits für § 648 a I BGB a. F. entschieden, dass der Unternehmer,<br />

der lediglich Rodungsarbeiten zur Baufeldfreimachung<br />

ausführt, kein Unternehmer einer Außenanlage ist 5 .<br />

Deswegen ist auch für Gerüstbauleistungen umstritten, ob<br />

der Gerüstbauunternehmer zum Kreis der geschützten Bauwerksunternehmer<br />

i. S. von § 648 a BGB gehört, wenn er mit<br />

selbstständigen Gerüstbauleistungen beauftragt ist. Nach einer<br />

Au<strong>ff</strong>assung sind Gerüstbauleistungen eine unverzichtbare<br />

Voraussetzung dafür, dass die unmittelbar dem Bauwerk<br />

dienenden Leistungen erbracht werden können, so dass eine<br />

* Der Autor ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in der Dresdner<br />

Kanzlei <strong>Kiermeier</strong>, <strong>Haselier</strong>, <strong>Grosse</strong>.<br />

1 BT-Dr 16/511, S. 17; Joussen, IBR 2010, 3; Schmitz, in: Kni<strong>ff</strong>ka, BauvertragsR,<br />

2012, § 648 a Rdnrn. 30 <strong>ff</strong>. m. w. Nachw.; ders., BauR 2009,<br />

714 (718 f.).<br />

2 Vgl. zum Streitstand Joussen, in: Ingenstau/Korbion, VOB, 18. Aufl.<br />

(<strong>2013</strong>), Anh. 1 Rdnr. 146.<br />

3 BT-Dr 12/1836, S. 8.<br />

4 OLG Düsseldorf, NZBau 2005, 164 = BauR 2005, 416, bespr. v.<br />

Weise/Hänsel, <strong>NJW</strong>-Spezial 2005, 168; Scholtissek, NZBau 2009, 91<br />

(93).<br />

5 BGH, <strong>NJW</strong>-RR 2005, 750 = NZBau 2005, 281 = BauR 2005, 1019.


498 <strong>NJW</strong> 8/<strong>2013</strong><br />

Aufsätze<br />

Schmidt, Aktuelle Probleme des § 648 a BGB<br />

Sicherheit verlangt werden kann 6 . Ähnlich wie bei den Rodungsarbeiten<br />

handelt es sich aber auch bei selbstständigen<br />

Gerüstbauleistungen um reine Vorbereitungsmaßnahmen, so<br />

dass ausgehend vom Beschluss des BGH zu den Rodungsarbeiten<br />

auch Gerüstbauleistungen nicht unter § 648 a BGB<br />

fallen 7 . Der Wortlaut des § 648 a BGB und auch die Gesetzesbegründung<br />

8 enthalten jedoch keine Hinweise darauf,<br />

dass der Kreis der Anspruchsberechtigten auf Unternehmer<br />

beschränkt ist, die für eine Werterhöhung des Bauwerks sorgen.<br />

Es ist auch keine Beschränkung auf Unternehmer ersichtlich,<br />

deren Leistungen dem Bauwerk unmittelbar zu Gute<br />

kommen.<br />

Der Ausschluss von Vorbereitungsarbeiten und von selbstständigen<br />

Gerüstbauleistungen aus dem Anwendungsbereich<br />

von § 648 a BGB ist daher mit dem Wortlaut des Gesetzes<br />

sowie Sinn und Zweck der Norm nicht in Einklang zu bringen<br />

und deswegen nicht überzeugend. Das belegt auch ein<br />

Vergleich mit den Planungs- und Bauüberwachungsleistungen.<br />

Auch diese Leistungen führen nicht zu einer unmittelbaren<br />

Werterhöhung des Bauwerks und trotzdem sind sie<br />

von § 648 a BGB umfasst. Lediglich Bausto<strong>ff</strong>lieferanten, die<br />

ihre Leistungen auf Grund eines Kaufvertrags zu erbringen<br />

haben, sollen nach der Gesetzesbegründung nicht unter<br />

§ 648 a BGB fallen 9 .<br />

2. Anspruchsgegner<br />

Anspruchsverpflichteter ist gem. § 648 a BGB der Besteller,<br />

also der Vertragspartner des Unternehmers. § 648 a VI BGB<br />

enthält für die Anspruchsverpflichteten zwei wichtige Ausnahmen.<br />

Gemäß § 648 a VI 1 Nr. 1 BGB findet § 648 a BGB keine<br />

Anwendung, wenn der Besteller eine juristische Person des<br />

ö<strong>ff</strong>entlichen Rechts ist oder es sich um ein ö<strong>ff</strong>entlich-rechtliches<br />

Sondervermögen handelt, über deren Vermögen ein<br />

Insolvenzverfahren unzulässig ist. Häufig wird darüber gestritten,<br />

ob kirchliche Organisationen und deren Untergliederungen,<br />

also beispielsweise eine Pfarrei, zur Stellung einer<br />

Bauhandwerkersicherung verpflichtet sind. In dem Zusammenhang<br />

wird von den Unternehmen ein Beschluss des OLG<br />

Celle aus dem Jahr 2011 10 herangezogen. Diese Entscheidung<br />

befasste sich mit der Frage, ob ein Bistum ö<strong>ff</strong>entlicher Auftraggeber<br />

i. S. von § 98 Nr. 2 GWB ist und damit – unter den<br />

weiteren Voraussetzungen – zur Anwendung des Kartellvergaberechts<br />

verpflichtet ist. Diese Au<strong>ff</strong>assung berücksichtigt<br />

aber nicht, dass es bei § 648 a VI 1 Nr. 1 BGB nicht darauf<br />

ankommt, ob die betre<strong>ff</strong>ende Körperschaft ein ö<strong>ff</strong>entlicher<br />

Auftraggeber ist oder nicht. Zur Stellung einer Bauhandwerkersicherung<br />

ist der Besteller nicht verpflichtet, wenn es sich<br />

um eine juristische Person des ö<strong>ff</strong>entlichen Rechts handelt,<br />

über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren unzulässig ist.<br />

Die Untergliederungen der Kirchen sind gem. Art. 140 GG<br />

i. V. mit Art. 137 V 1 WRV Körperschaften des ö<strong>ff</strong>entlichen<br />

Rechts. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer<br />

Untergliederung der Kirche als Körperschaft des ö<strong>ff</strong>entlichen<br />

Rechts ist unzulässig. Denn gem. Art. 140 GG i. V. mit<br />

Art. 137 III WRV ordnen die Religionsgesellschaften ihre<br />

Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken der<br />

für alle geltenden Gesetze. Die Zulässigkeit einer Insolvenz<br />

über Untergliederungen der Kirche hätte aber zur Folge, dass<br />

die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnisse der betre<strong>ff</strong>enden<br />

Untergliederung eingeschränkt bzw. sogar ausgeschlossen<br />

wird, weil diese Rechte auf den Insolvenzverwalter übergehen<br />

würden. Ein solcher Eingri<strong>ff</strong> in die grundgesetzlich garantierte<br />

Selbstverwaltung der Kirchen ist damit unzulässig 11 . Damit<br />

liegen beide Voraussetzungen für den Anwendungsausschluss<br />

des§ 648 a VI 1 Nr. 1 BGB vor.<br />

Auch die zweite Ausnahme gem. § 648 a VI 1 Nr. 2 BGB<br />

bereitet in der Praxis hin und wieder Probleme. Demnach<br />

findet § 648 a I–V BGB keine Anwendung, wenn der Besteller<br />

eine natürliche Person ist und die Bauarbeiten zur Herstellung<br />

oder Instandsetzung eines Einfamilienhauses mit oder<br />

ohne Einliegerwohnung ausführen lässt. So ist beispielsweise<br />

bereits zweifelhaft, warum der Gesetzgeber diesbezüglich Privatpersonen,<br />

die eine Eigentumswohnung errichten lassen,<br />

schlechter gestellt hat als Privatpersonen, welche die Errichtung<br />

eines Einfamilienhauses beauftragt haben 12 . Als Ausnahmevorschrift<br />

und auf Grund der abschließenden Formulierung<br />

greift die Ausnahmevorschrift des § 648 a VI 1 Nr. 2<br />

BGB bei der Errichtung einer Eigentumswohnung nicht 13 .<br />

III. Sachlicher Anwendungsbereich<br />

1. Gekündigte Bauverträge<br />

Die Kündigung eines Bauvertrags steht dem Anspruch des<br />

Unternehmers auf eine Sicherheit gem. § 648 a BGB nicht<br />

entgegen. Zwar hat das LG Hamburg unlängst so entschieden<br />

14 ; andere Gerichte, wie etwa das LG Nürnberg-Fürth 15 ,<br />

das OLG Brandenburg 16 und das LG Stuttgart 17 , haben<br />

jeweils mit guten Gründen gegenteilig judiziert. Denn schon<br />

der BGH hat zur Vorgängervorschrift mit Urteil vom 22. 1.<br />

2004 18 darauf hingewiesen, dass der Unternehmer auch noch<br />

nach einer Kündigung das Recht hat, eine Sicherheit zu verlangen.<br />

Der BGH hat dies seinerzeit zwar an die Voraussetzung<br />

geknüpft, dass der Besteller noch Erfüllung fordert.<br />

Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die genannte<br />

BGH-Entscheidung noch zu der Vorgängervorschrift ergangen<br />

ist, die dem Unternehmer – anders als die Neufassung –<br />

lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt hat.<br />

Ein Leistungsverweigerungsrecht läuft in der Tat leer, wenn<br />

der Unternehmer gar keine Leistungen mehr zu erbringen hat.<br />

Außerdem enthielt die Altfassung von § 648 a BGB die Voraussetzung,<br />

dass die Sicherheit für vom Unternehmer zu<br />

erbringende Vorleistungen zu stellen sei. Auch diese Einschränkung<br />

ist mit der am 1. 1. 2009 in Kraft getretenen<br />

Fassung von§ 648 a BGB entfallen.<br />

Die Änderung im Wortlaut der Vorschrift macht – wie übrigens<br />

auch die Gesetzesbegründung 19 – deutlich, dass es unter<br />

der Neufassung von § 648 a BGB für das Sicherheitsverlangen<br />

des Unternehmers nicht mehr darauf ankommen kann,<br />

ob und inwieweit der Unternehmer noch vorzuleisten verpflichtet<br />

ist. Das LG Stuttgart hat daher in seinem Urteil vom<br />

6 OLG Köln, BauR 2000, 1874 = BeckRS 1999, 31052077.<br />

7 OLG Hamburg, BauR 1994, 123 = BeckRS 1993, 30859565; LG<br />

Baden-Baden, Beschl. v. 21. 2. 2011 – 2 O 246/10, BeckRS 2011,<br />

19499; Joussen, in: Ingenstau/Korbion (o. Fußn. 2), Anh. 1 Rdnr. 7;<br />

Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl. (<strong>2013</strong>), Rdnr. 320.<br />

8 BT-Dr 12/1836, S. 8.<br />

9 BT-Dr 12/1836, S. 8.<br />

10 OLG Celle, Beschl. v. 25. 8. 2011 – 13 Verg 5/11, BeckRS 2011,<br />

21496.<br />

11 BVerfG, <strong>NJW</strong> 1984, 2041; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl.<br />

(2010), § 12 Rdnr. 14.<br />

12 Zum Streitstand vgl. Schmitz, in: Kni<strong>ff</strong>ka (o. Fußn. 1), § 648 a<br />

Rdnr. 24.<br />

13 Werner/Pastor (o. Fußn. 7), Rdnr. 325 m. w. Nachw.; Joussen, in: Ingenstau/Korbion<br />

(o. Fußn. 2), Anh. 1 Rdnrn. 227 <strong>ff</strong>. m. w. Nachw.<br />

14 LG Hamburg, <strong>NJW</strong>-RR 2011, 312.<br />

15 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 12. 4. 2010 – 17 O 11183/09, IBRRS<br />

74629.<br />

16 OLG Brandenburg, BauR 2010, 1969 = BeckRS 2010, 16070.<br />

17 LG Stuttgart, IBR 2011, 85 = BeckRS 2010, 30075.<br />

18 BGH, <strong>NJW</strong>-RR 2004, 740 = NZBau 2004, 264 = BauR 2004, 834.<br />

19 BT-Dr 16/511, S. 17.


Schmidt, Aktuelle Probleme des § 648 a BGB<br />

Aufsätze<br />

<strong>NJW</strong> 8/<strong>2013</strong> 499<br />

3. 12. 2010 20 zutre<strong>ff</strong>end ausgeführt, dass die Grundaussage<br />

des Urteils des BGH vom 22. 1. 2004 21 , wonach der Besteller<br />

auch nach der Kündigung noch eine Sicherheit leisten muss,<br />

auch und gerade unter der Neufassung von § 648 a BGB<br />

weiter gilt. Denn gerade nach einer Kündigung besteht zumindest<br />

insoweit ein Sicherungsbedürfnis des Unternehmers,<br />

als er bis zur Kündigung Bauleistungen erbracht hat, für die<br />

der Besteller weder Zahlungen geleistet noch eine Sicherheit<br />

gestellt hat. Auch nach einer Kündigung soll der Unternehmer<br />

gem. § 648 a BGB davor geschützt werden, dass der<br />

Besteller insolvent wird. Dieses Risiko vermindert sich durch<br />

eine Kündigung nicht. Zutre<strong>ff</strong>end hebt das OLG Celle 22<br />

deswegen hervor, dass nach der Neufassung des § 648 a BGB<br />

nicht nur die zukünftige Vorleistungspflicht des Unternehmers,<br />

sondern auch gerade der bereits verdiente Werklohnanspruch<br />

des Unternehmers gesichert werden soll. Dem Unternehmer<br />

soll die Möglichkeit gegeben werden, sich eine<br />

schnelle Sicherheit zu bescha<strong>ff</strong>en, um in dem daran anschließenden<br />

Werklohnprozess die Berechtigung des geltend gemachten<br />

Anspruchs unter Berücksichtigung etwaiger Gegenforderungen<br />

des Bestellers klären zu können, ohne das Insolvenzrisiko<br />

des Bestellers während des Werklohnprozesses tragen<br />

zu müssen. Folglich kann eine Kündigung – von wem<br />

auch immer sie ausgesprochen wird – keinen Einfluss auf den<br />

Anspruch gem. § 648 a I 1 BGB haben, mit welchem dem<br />

Insolvenzrisiko des Bestellers begegnet werden soll 23 .<br />

Der Gesetzesbegründung und auch dem Gesetzeswortlaut<br />

sind keine Hinweise dafür zu entnehmen, dass der Anspruch<br />

auf eine Sicherheitsleistung nicht mehr bestehen soll, wenn<br />

der Bauvertrag gekündigt ist. Der Anspruch auf Sicherheitsleistung<br />

betri<strong>ff</strong>t natürlich nur solche Leistungen, die der Unternehmer<br />

bis zur Kündigung bereits ausgeführt hat. Der<br />

Unternehmer hat keinen Anspruch auf eine Sicherheit für<br />

solche Bauleistungen, die bis zur Kündigung noch nicht ausgeführt<br />

worden sind und nach einer wirksamen Kündigung<br />

auch nicht mehr ausgeführt werden müssen. Mit Blick auf<br />

Sinn und Zweck der Neufassung von § 648 a BGB besteht<br />

hierfür kein anzuerkennendes Sicherungsbedürfnis des Unternehmers.<br />

2. Abnahme<br />

Mit der Neufassung von § 648 a BGB hat der Gesetzgeber<br />

klargestellt, dass der Anspruch des Unternehmers auf die<br />

Sicherheit nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Besteller<br />

das Werk abgenommen hat. Nach der Rechtsprechung<br />

des BGH galt dies zwar auch für § 648 a BGB a. F. 24 . Jedoch<br />

sah sich der Gesetzgeber veranlasst, dies zum 1. 1. 2009 klarzustellen<br />

25 .<br />

3. Mängel<br />

Auch das Verhältnis eines Anspruchs auf Sicherheitsleistung<br />

gem. § 648 a BGB zu mangelbedingten Zahlungsansprüchen<br />

des Bestellers wurde mit der Neufassung des § 648 a I BGB<br />

klargestellt. Nach dessen Satz 4 bleiben Ansprüche, mit denen<br />

der Besteller gegen den Anspruch des Unternehmers auf<br />

Vergütung aufrechnen kann, bei der Berechnung der Vergütung<br />

unberücksichtigt, es sei denn, sie sind unstreitig oder<br />

rechtskräftig festgestellt. Der Gesetzgeber hat dabei in Kauf<br />

genommen, dass der Besteller auch dann eine Sicherheit leisten<br />

muss, wenn der Unternehmer mangelhaft gearbeitet hat.<br />

§ 648 a BGB hindert den Besteller zwar nicht daran, mit<br />

seinen Gegenforderungen gegen den Vergütungsanspruch des<br />

Unternehmers aufzurechnen. Auf den Sicherheitsanspruch<br />

des Unternehmers hat das aber keinen Einfluss 26 . Allein das<br />

Bestehen von Mängeln – und damit gegebenenfalls eines Leistungsverweigerungsrechts<br />

des Bestellers – ändert nichts an<br />

dem durchsetzbaren Anspruch des Unternehmers auf Sicherheitsleistung;<br />

Mängel verringern auch nicht die Höhe der<br />

Sicherheit 27 .<br />

IV. Au<strong>ff</strong>orderungsschreiben und Fristsetzung–<br />

Rechtsfolgen<br />

nach Ausbleiben der geforderten Sicherheit<br />

Nachdem eine angemessene Frist zur Übergabe der Sicherheit<br />

abgelaufen ist, hat der Unternehmer das Recht, den Bauvertrag<br />

gem. § 648 a V 1 BGB zu kündigen oder weitere Leistungen<br />

zu verweigern.<br />

1. Inhalt des Au<strong>ff</strong>orderungsschreibens<br />

Die formalen Anforderungen an die Au<strong>ff</strong>orderung zur Sicherheitsleistung<br />

sind durch die Neufassung des § 648 a BGB entschärft<br />

worden. Nach der Altfassung des Gesetzes musste der<br />

Unternehmer noch eine doppelte Frist setzen und er musste<br />

darauf achten, dass die Frist- und Nachfristsetzung nicht in<br />

dem gleichen Schreiben erfolgten 28 . Zudem musste der Unternehmer<br />

dem Besteller mit der Nachfrist ausdrücklich androhen,<br />

dass er den Vertrag kündige, wenn der Besteller die<br />

geforderte Sicherheit nicht leiste.<br />

Nach der Neufassung des Gesetzes genügt eine einmalige<br />

Fristsetzung 29 . Die Au<strong>ff</strong>orderung muss noch nicht einmal<br />

schriftlich erfolgen. Dies ist lediglich zu Beweiszwecken zu<br />

empfehlen. Da der Besteller nach § 648 a BGB nicht verpflichtet<br />

ist, eine bestimmte Sicherheit zu übergeben, darf der<br />

Unternehmer die Art der Sicherheit nicht vorgeben. Der Unternehmer<br />

sollte also beispielsweise nicht die Übergabe einer<br />

Bankbürgschaft fordern, sondern etwa eine zulässige Sicherheit.<br />

Der Besteller hat dann insoweit die Wahl. Fordert der<br />

Unternehmer eine bestimmte oder eine überhöhte Sicherheit,<br />

ist das Sicherungsverlangen aber nur dann unwirksam, wenn<br />

die Forderung des Unternehmers völlig überzogen und unverhältnismäßig<br />

ist 30 . Überschreitet die Au<strong>ff</strong>orderung des Unternehmers<br />

die Grenze zur Unverhältnismäßigkeit nicht, ist der<br />

Besteller verpflichtet, eine zulässige Sicherheit in der gesetzlich<br />

geforderten Höhe zu übergeben.<br />

2. Angemessene Frist zur Sicherheitsleistung<br />

Ein Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers oder ein<br />

Kündigungsrecht entsteht erst, wenn der Unternehmer dem<br />

Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung der<br />

Sicherheit gesetzt hat. Der Gesetzgeber hat den Begri<strong>ff</strong> der<br />

Angemessenheit in diesem Zusammenhang nicht näher definiert.<br />

Der Gesetzbegründung ist zu entnehmen, dass bewusst<br />

davon abgesehen wurde, diesen Begri<strong>ff</strong> näher zu bestimmen<br />

31 . Eine Frist zur Leistung der Sicherheit ist jedenfalls<br />

dann angemessen, wenn es dem Besteller in dieser Frist ermöglicht<br />

wird, die Sicherheit ohne schuldhaftes Zögern zu<br />

erlangen. Dabei ist darauf abzustellen, was von einem Besteller<br />

verlangt werden kann, der sich in normalen finanziellen<br />

20 LG Stuttgart, Teilurt. v. 3. 12. 2010 – 8 O 248/10, BeckRS 2010,<br />

30075.<br />

21 BGH, <strong>NJW</strong>-RR 2004, 740.<br />

22 OLG Celle, BauR 2012, 1808 = BeckRS 2012, 17930.<br />

23 So auch LG Paderborn, Urt. v. 9. 6. 2011 – 3 O 521/10, BeckRS 2011,<br />

23329 und LG Stralsund, Urt. v. 14. 9. 2011 – 1 S 41/11, BeckRS 2012,<br />

09167.<br />

24 BGHZ 157, 335 = <strong>NJW</strong> 2004, 1525 = NZBau 2004, 259.<br />

25 BT-Dr 16/511, S. 17.<br />

26 BT-Dr 16/511, S. 17.<br />

27 BGHZ 146, 24 = <strong>NJW</strong> 2001, 822 = NZBau 2001, 129.<br />

28 BGH, <strong>NJW</strong>-RR 2011, 235 = NZBau 2011, 93.<br />

29 Schmitz, BauR 2009, 714 (719).<br />

30 Joussen, in: Ingenstau/Korbion (o. Fußn. 2), Rdnr. 150 m. w. Nachw.<br />

31 BT-Dr 12/1836, S. 8.


500 <strong>NJW</strong> 8/<strong>2013</strong><br />

Aufsätze<br />

Schmidt, Aktuelle Probleme des § 648 a BGB<br />

Verhältnissen befindet 32 . Eine Frist von einer Woche kann<br />

bei professionellen Auftraggebern auch bei einem Großauftrag<br />

ausreichend sein 33 . Mittlerweile sollte es sich bei diesen<br />

Bauherren herumgesprochen haben, welche Rechte dem Unternehmer<br />

gem. § 648 a BGB zustehen. Eine Frist von deutlich<br />

über zehn Tagen wird man dem Bauherrn daher nur in<br />

seltenen Ausnahmefällen gewähren können 34 . Auf Grund der<br />

notwendigen Zeit für die Bescha<strong>ff</strong>ung der Sicherheit soll deswegen<br />

in der Regel eine Frist von sieben bis zehn Tagen<br />

notwendig sein 35 . Um die Rechtsfolge einer ausgebliebenen<br />

Sicherheitsleistung herbeizuführen, ist aus Sicht des Unternehmers<br />

darauf zu achten, in jedem Fall eine nach Tagen<br />

oder nach einem konkreten Datum bestimmte Frist zu setzen,<br />

so dass kein Zweifel darüber besteht, ab welchem Zeitpunkt<br />

ein Leistungsverweigerungsrecht bzw. ein Kündigungsrecht<br />

gegeben ist 36 . Setzt der Unternehmer dem Besteller eine zu<br />

kurze Frist, dann ist die Fristsetzung aber nicht wirkungslos,<br />

sondern es wird eine angemessene Frist in Gang gesetzt 37 .<br />

Trotzdem ist es aus Sicht des Unternehmers nicht empfehlenswert,<br />

eine zu kurze Frist zu setzen. Denn dadurch geht der<br />

Unternehmer das Risiko ein, dass die Ausübung eines Leistungsverweigerungsrechts<br />

oder die Kündigung noch vor Ablauf<br />

einer angemessenen Frist erfolgt, mit der Konsequenz,<br />

dass die Kündigung bzw. die Leistungsverweigerung zu Unrecht<br />

erfolgte und der Besteller seinerseits daraus folgende<br />

Ansprüche geltend macht.<br />

Nach der Neufassung des Gesetzes muss der Unternehmer in<br />

seinem Au<strong>ff</strong>orderungsschreiben auch nicht auf die Rechtsfolgen<br />

im Falle einer nicht fristgemäßen Sicherheitsleistung hinweisen.<br />

Weder muss der Unternehmer ein Leistungsverweigerungsrecht<br />

noch eine Vertragskündigung androhen. Denn der<br />

Verweis des § 648 a V 1 auf § 643 S. 1 BGB ist mit der ab<br />

dem 1. 1. 2009 geltenden Neufassung des § 648 a V BGB<br />

entfallen. Auch eine doppelte Fristsetzung, also die Setzung<br />

einer Nachfrist, ist nach dem Wortlaut der aktuellen Fassung<br />

des Gesetzes entbehrlich.<br />

3. Wettlauf der Fristen<br />

Der Anspruch des Unternehmers auf eine Sicherheitsleistung<br />

gem. § 648 a BGB entsteht bereits mit Abschluss des Bauvertrags<br />

38 . In der Praxis üben die Auftragnehmer dieses Recht<br />

aber häufig erst aus, wenn es während der Bauausführung zu<br />

Streitigkeiten mit dem Besteller kommt. In dieser Situation<br />

droht den Bauvertragsparteien der Wettlauf der Fristen. Verweigert<br />

der Unternehmer weitere Leistungen zu Recht, weil<br />

er dem Besteller fruchtlos eine angemessene Frist zur Übergabe<br />

einer Sicherheit gesetzt hatte, kann der Besteller von<br />

dem Unternehmer keine weiteren Leistungen beanspruchen<br />

39 . Ist eine angemessene Frist zur Übergabe einer Sicherheit<br />

abgelaufen, dann geht eine Au<strong>ff</strong>orderung des Bestellers,<br />

Mängel zu beseitigen bzw. die Bauleistungen zügig fortzusetzen<br />

(§§ 4 VII, 5 IV VOB/B), ins Leere, da der Unternehmer<br />

seine Leistungen zu Recht verweigert. Umgekehrt gilt dies<br />

jedoch genauso. Setzt der Besteller dem Unternehmer eine<br />

Frist zur Mangelbeseitigung bzw. zur zügigen Fortsetzung<br />

der Arbeiten und läuft diese Frist – gegebenenfalls verbunden<br />

mit einer Kündigungsandrohung (§ 4 VII i. V. mit § 8 III<br />

VOB/B) – ab, bevor die von dem Unternehmer gesetzte angemessene<br />

Frist zur Übergabe einer Sicherheit gem. § 648 a<br />

BGB abgelaufen ist, dann entsteht das Kündigungsrecht des<br />

Bestellers zu einem Zeitpunkt, zu dem der Unternehmer seine<br />

Leistungen noch nicht verweigern durfte. In diesem Fall kündigt<br />

der Besteller zu Recht 40 . Kommt es zu gegenseitigen<br />

Fristsetzungen der Bauvertragsparteien, ist es im Falle gegenseitiger<br />

Kündigungen daher entscheidend, welche angemessene<br />

Frist zuerst abgelaufen ist. Hier spricht man vom so genannten<br />

Wettlauf der Fristen 41 .<br />

V. Unabdingbarkeit<br />

Vereinbarungen, die eine Sicherheit nach § 648 a BGB insgesamt<br />

ausschließen, sind gem. § 648 a VII BGB unwirksam.<br />

Das gilt auch für Parteiabreden, welche die gesetzlichen Regelungen<br />

in § 648 a I–V BGB lediglich in der einen oder<br />

anderen Hinsicht verändern 42 . Das gilt selbstverständlich<br />

nicht nur für Vereinbarungen im Wege von Allgemeinen Geschäftsbedingungen,<br />

sondern auch für Individualvereinbarungen<br />

43 . Seitens der Auftraggeber wird aber häufig der Versuch<br />

unternommen, durch die Vertragsgestaltung den Unternehmer<br />

davon abzuhalten, seine Rechte gem. § 648 a BGB<br />

geltend zu machen. So ist beispielsweise die Klausel „Verlangt<br />

der Unternehmer eine Sicherheit gem. § 648 a BGB, so<br />

richtet sich die Fälligkeit der Abschlagszahlungen nach<br />

§ 632 a BGB“ gebräuchlich. Diese Klausel verstößt weder<br />

gegen § 648 a VII BGB noch als Allgemeine Geschäftsbedingung<br />

gegen § 307 BGB. Der Unternehmer hat mit der Regelung<br />

über die Bauhandwerkersicherung gem. § 648 a BGB<br />

erhebliches Druckpotenzial. Er hat die Möglichkeit, von seinem<br />

Auftraggeber unmittelbar nach Vertragsschluss eine Sicherheit<br />

in Höhe der gesamten Vergütung, zuzüglich 10 %<br />

für Nebenforderungen zu verlangen. Dieses Recht des Unternehmers<br />

ist nicht – auch nicht im Wege einer Individualvereinbarung<br />

– abdingbar. Gemäß § 632 a BGB kommt es für<br />

den Anspruch des Unternehmers auf Abschlagszahlungen<br />

darauf an, inwieweit der Auftraggeber durch die Leistung des<br />

Unternehmers einen Wertzuwachs erlangt hat. Vereinbaren<br />

die Vertragsparteien die Geltung der VOB/B, dann kommt es<br />

gem. § 16 I 1 Nr. 1 VOB/B nicht auf den Wertzuwachs beim<br />

Auftraggeber an, sondern auf die Höhe des Wertes der jeweils<br />

nachgewiesenen, vertragsgemäßen Leistungen. Die zitierte<br />

Vertragsklausel führt dazu, dass der Unternehmer Abschlagszahlungen<br />

lediglich auf Grundlage von § 632 a BGB<br />

verlangen kann, wenn er eine Sicherheit gem. § 648 a BGB<br />

fordert. Hierdurch wird zwar Druck auf den Unternehmer<br />

ausgeübt, von § 648 a BGB keinen Gebrauch zu machen 44 .<br />

Dieser Druck ändert aber nichts daran, dass die Klausel<br />

lediglich dazu führt, die Rechtslage des dispositiven Gesetzesrechts<br />

herzustellen 45 . Im Übrigen sind Vereinbarungen im<br />

Zusammenhang mit § 648 a BGB nur wirksam, wenn sie<br />

dem Unternehmer auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen<br />

zusätzliche Sicherheiten verscha<strong>ff</strong>en. In einem solchen<br />

Fall gibt es keinen Konflikt mit § 648 a VII BGB 46 .<br />

Abgesehen davon führt jede Einschränkung des Anspruchs<br />

32 BGH, <strong>NJW</strong> 2005, 1939 = BauR 2005, 1009.<br />

33 OLG Dresden, BauR 2006, 1318 = BeckRS 2011, 16551.<br />

34 Vgl. OLG Naumburg, BauR 2003, 556 = BeckRS 2001, 30199648.<br />

35 BT-Dr 12/1836, S. 9.<br />

36 OLG Naumburg, Urt. v. 8. 6. 2005 – 12 U 90/03, IBRRS 54411; BGH,<br />

Beschl. v. 30. 3. 2006 – VII ZR 192/05, BeckRS 2006, 17412.<br />

37 Busche, in: MünchKomm-BGB, 6. Aufl. (2012), § 648 BGB Rdnr. 14;<br />

Voit, in: Bamberger/Roth, BeckOK-BGB, Stand: 1. 11. 2012, § 648 a<br />

Rdnr. 23.<br />

38 Begri<strong>ff</strong> nach Schmitz, in: Kni<strong>ff</strong>ka (o. Fußn. 1), § 648 a BGB Rdnr. 111.<br />

39 BGH, <strong>NJW</strong>-RR 2008, 31 = NZBau 2008, 55, bespr. v. Weise/Hänsel,<br />

<strong>NJW</strong>-Spezial 2007, 573; OLG Düsseldorf, NZBau 2006, 717, bespr. v.<br />

Weise/Hänsel, <strong>NJW</strong>-Spezial 2007, 23.<br />

40 BGH, <strong>NJW</strong>-RR 2006, 240 = NZBau 2006, 112 = BauR 2006, 375.<br />

41 Schmitz, in: Kni<strong>ff</strong>ka (o. Fußn. 1),§ 648 a BGB Rdnrn. 111 f.<br />

42 BGHZ 167, 345 = <strong>NJW</strong> 2006, 2475 Rdnrn. 13, 15.<br />

43 Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl. (<strong>2013</strong>), § 648 a Rdnr. 4; BGHZ 167,<br />

345 = <strong>NJW</strong> 2006, 2475 Rdnr. 13; BGH, <strong>NJW</strong> 2001, 822 (823).<br />

44 Markus/Kaiser/Kapellmann, AGB-Hdb. Bauvertragsklauseln, 3. Aufl.<br />

(2011), Rdnr. 790.<br />

45 LG München I, Urt. v. 8. 2. 2005 – 11 O 15194/04, BeckRS 2011,<br />

11990; vgl. auch OLG Nürnberg, Urt. v. 22. 1. 1998 – 2 U 2639/97,<br />

BeckRS 1998, 30859963.


Schmidt, Aktuelle Probleme des § 648 a BGB<br />

Aufsätze<br />

<strong>NJW</strong> 8/<strong>2013</strong> 501<br />

des Unternehmers auf eine Bauhandwerkersicherung unmittelbar<br />

zur Unwirksamkeit.<br />

VI. Art und Höhe der Sicherheit<br />

Der Unternehmer kann eine Sicherheit für die auch in Zusatzverträgen<br />

vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich<br />

dazugehöriger Nebenforderungen verlangen. In<br />

einem ersten Schritt ist die Berechnung der Höhe der Sicherheit<br />

deswegen relativ einfach. Durch den Besteller geleistete<br />

Zahlungen sind von dem vollen vertraglichen Vergütungsanspruch<br />

abzuziehen. In Höhe der Di<strong>ff</strong>erenz kann der Unternehmer<br />

Sicherheitsleistung beanspruchen 47 . Nach dem Gesetzeswortlaut<br />

sind auch Zusatzaufträge, also Nachtragsleistungen,<br />

bei der Höhe der Sicherheit zu berücksichtigen. Für den<br />

Unternehmer besteht in der Praxis das Problem, dass er für<br />

die Höhe seines Vergütungsanspruchs darlegungs- und beweisbelastet<br />

ist 48 . Bei der Höhe der Sicherheit können deswegen<br />

in der Regel nur dem Grunde und der Höhe nach unstreitige<br />

Nachträge berücksichtigt werden, also solche Zusatzaufträge,<br />

für die bereits eine Preisvereinbarung i. S. von<br />

§ 2 V 2 bzw. § 2 VI Nr. 2 S. 2 VOB/B vorliegt. Anderenfalls<br />

besteht die Gefahr, dass der Unternehmer mit seinem Sicherheitsverlangen<br />

eine unzutre<strong>ff</strong>ende Höhe angibt 49 . Nach der<br />

Gesetzesbegründung sollen in die Höhe der Sicherheit auch<br />

solche Ansprüche des Unternehmers gegen den Besteller einbezogen<br />

werden, welche an die Stelle des Vergütungsanspruchs<br />

treten 50 . Deswegen sind auch Schadensersatzansprüche<br />

des Unternehmers gegenüber dem Besteller im Wege des<br />

§ 648 a BGB sicherbar.<br />

Die Art der Sicherheit kann der Unternehmer dem Besteller<br />

nicht vorgeben. Insofern hat der Besteller ein Wahlrecht zwischen<br />

den in § 232 I BGB genannten Arten einer Sicherheitsleistung.<br />

Zusätzlich gewährt § 648 a II BGB dem Besteller die<br />

Möglichkeit, die Sicherheit im Wege einer Garantie oder<br />

eines sonstigen Zahlungsversprechens eines befugten Kreditinstituts<br />

oder Kreditversicherers zu leisten.<br />

Aus Sicht des Unternehmers ist zu berücksichtigen, dass die<br />

üblichen Kosten der Sicherheitsleistung bis zu maximal 2 %<br />

pro Jahr dem Besteller erstattet werden müssen (§ 648 a III<br />

BGB).<br />

VII. Prozessuales<br />

Nach der Neufassung des § 648 a BGB hat der Unternehmer<br />

gegen den Besteller einen durchsetzbaren Anspruch auf die<br />

Sicherheit. Diesen Anspruch kann der Unternehmer auch<br />

klageweise durchsetzen 51 oder mit einer Klage auf Zahlung<br />

von Werklohn verbinden. Aus anwaltlicher Sicht ist eine<br />

solche Vorgehensweise sogar zu empfehlen und in der Beratungspraxis<br />

zu berücksichtigen 52 . Das Gericht kann in diesem<br />

Fall über den Anspruch auf Sicherheitsleistung durch<br />

Teilurteil gem. § 301 ZPO entscheiden 53 . Das ist regelmäßig<br />

dann der Fall, wenn der geltend gemachte Werklohnanspruch,<br />

für den auch die Sicherheit verlangt wird, der<br />

Höhe nach unstreitig ist und der Besteller die Werklohnklage<br />

mit streitigen Gegenforderungen, also beispielsweise Ersatzvornahmekosten,<br />

abwehren möchte. Da die streitigen Gegenforderungen<br />

bei der Berechnung der Sicherheitshöhe gem.<br />

§ 648 a BGB nicht zu berücksichtigen sind, ist der Anspruch<br />

auf Sicherheitsleistung in der Regel ohne Beweisaufnahme<br />

zur Endentscheidung reif, so dass ein Teilurteil ergehen<br />

kann 54 .<br />

Im Falle einer kombinierten Klage auf Leistung der Sicherheit<br />

und auf Zahlung des Werklohns müssen die Werte der beiden<br />

eigenständigen Streitgegenstände addiert werden 55 . Der Wert<br />

der Klage auf Sicherheitsleistung entspricht dabei dem vollen<br />

Wert der zu sichernden Forderung 56 . Auch zur Vollstreckung<br />

eines Urteils auf Sicherheitsleistung gibt es erste Rechtsprechung.<br />

Demnach handelt es sich bei der Sicherheitsleistung<br />

um eine vertretbare Handlung i. S. von § 887 ZPO 57 . Dabei<br />

ist auch bei der Vollstreckung zu berücksichtigen, dass dem<br />

Besteller die Wahl zwischen den unterschiedlichen Sicherheiten<br />

zusteht. Deswegen kann der Unternehmer auch im Wege<br />

der Zwangsvollstreckung nicht eine beliebige Sicherheit bewirken.<br />

Das Wahlrecht des Bestellers geht jedoch dann auf<br />

den Unternehmer über, wenn der Besteller sein Wahlrecht<br />

nicht oder nicht wirksam ausgeübt hat, § 264 BGB. Kommt<br />

der Besteller der in dem Urteil ausgesprochenen Verpflichtung<br />

zur Sicherheitsleistung nicht nach oder wählt er eine<br />

ungenügende Sicherheit 58 , dann kann der Unternehmer zwischen<br />

den zur Verfügung stehenden Sicherheiten wählen und<br />

etwa im Wege des § 887 ZPO die Hinterlegung von Geld<br />

erwirken. Die hierfür notwendigen Kosten, also den notwendigen<br />

Geldbetrag, kann der Unternehmer gem. § 887 II ZPO<br />

fordern und dementsprechend die Vollstreckung betreiben 59 .<br />

VIII. Zusammenfassung<br />

Der Gesetzgeber hat mit den am 1. 1. 2009 in Kraft getretenen<br />

Änderungen des § 648 a BGB ein wirksames Sicherungsmittel<br />

für die Unternehmer gescha<strong>ff</strong>en. Die Besteller haben<br />

nahezu keine e<strong>ff</strong>izienten Verteidigungsmöglichkeiten gegen<br />

den Anspruch des Unternehmers auf Sicherheitsleistung.<br />

Streitige Gegenforderungen der Besteller bleiben unberücksichtigt.<br />

Sofern die Höhe der o<strong>ff</strong>enen Vergütungsansprüche<br />

unstreitig ist und der Besteller sich auch nicht auf § 648 a VI<br />

BGB berufen kann, muss der Besteller eine Sicherheit leisten.<br />

Anderenfalls riskiert er, dass der Unternehmer seine Leistung<br />

verweigert, berechtigterweise kündigt oder sogar auf Stellung<br />

der Sicherheit klagt. Vor allem im Rahmen baubegleitender<br />

Rechtsberatung muss § 648 a BGB aus Sicht des Unternehmers<br />

und aus Sicht des Bestellers stets im Auge behalten<br />

werden. Ein Sicherheitsverlangen des Unternehmers, auf das<br />

der Besteller nicht vorbereitet ist, kann die weitreichenden,<br />

geschilderten Rechtsfolgen auslösen. Demgegenüber kann<br />

der Unternehmer über § 648 a BGB zumindest die Folgen<br />

einer Insolvenz des Bestellers während der Bauphase abmildern.<br />

&<br />

46<br />

BGH, <strong>NJW</strong> 2001, 822; BGHZ 167, 345 = <strong>NJW</strong> 2006, 2475; BGH, <strong>NJW</strong><br />

2010, 2272 (2273).<br />

47 OLG Karlsruhe, <strong>NJW</strong> 1997, 263 = BauR 1996, 556.<br />

48 Werner/Pastor (o. Fußn. 7), Rdnr. 329.<br />

49 Vgl. zur Forderung einer überhöhten Sicherheit Nr. IV 1.<br />

50 BT-Dr 16/511, S. 17.<br />

51 Schmitz, in: Kni<strong>ff</strong>ka (o. Fußn. 1),§ 648 a Rdnrn. 30 <strong>ff</strong>. m. w. Nachw.<br />

52 Joussen, IBR 2010, 3.<br />

53 Dingler/Gasch, IBR 2012, 1113.<br />

54 OLG Frankfurt a. M., Urt. v.19. 6. 2012 – 4 U 1/12, BeckRS 2012,<br />

23195.<br />

55 OLG Düsseldorf, NZBau 2005, 697; BauR 2009, 1009 = BeckRS<br />

2009, 04558; Beschl. v. 5. 6. 2012 – 23 W 30/12, IBRRS 86936; a. A.<br />

OLG Brandenburg, Beschl. v. 22. 2. 2012 – 4 W 34/11, BeckRS 2012,<br />

11578.<br />

56 OLG Stuttgart, Beschl. v. 13. 2. 2012 – 10 W 5/12, BeckRS 2012,<br />

20209.<br />

57 Vgl. im Einzelnen LG Darmstadt, Urt. v. 15. 2. 2012 – 12 O 12/11,<br />

IBRRS 584819; Schmitz, in: Kni<strong>ff</strong>ka (o. Fußn. 1),§ 648 a Rdnr. 35.<br />

58 LG Darmstadt, Urt. v. 15. 2. 2012 – 12 O 12/11, IBRRS 584819.<br />

59 Weyer, IBR 2008, 702; OLG Hamm, Beschl. v. 28. 1. 2011 – 19 W 2/<br />

11, IBRRS 78848, unter Bezugnahme u. a. auf LG Hamm, Urt. v. 11. 1.<br />

2011 – 21 O 83/10, IBRRS 78845.

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