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Von einem, der auszog, erwachsen zu werden

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Text: Hanka Paetow<br />

<strong>Von</strong> <strong>einem</strong>,<br />

Gerade feierte Eros Ramazzotti<br />

seinen 50.Geburtstag<br />

<strong>der</strong> <strong>auszog</strong>,<br />

warum sein Leben ein wenig<br />

<strong>einem</strong> Märchen gleichT<br />

<strong>erwachsen</strong> <strong>zu</strong> <strong>werden</strong><br />

Foto: ©Universal Music<br />

Um die Augen graben sich in das lachende Gesicht tiefe<br />

Falten. Die lichter gewordenen Haare und sein Drei-<br />

Tage-Bart sind grau. Es scheint, als stünde Eros Ramazzotti,<br />

<strong>der</strong> sich wegen ein paar silbernen Schläfen vor ein<br />

paar Jahren noch den Kopf kahl rasierte, mittlerweile <strong>zu</strong><br />

s<strong>einem</strong> Alter. Am 28. Oktober feierte <strong>der</strong> Italiener seinen<br />

50. Geburtstag. Seiner Musik haben die Jahre nichts anhaben<br />

können. Ramazzotti ist bis heute die Stimme des<br />

„Dolce Vita“: Etwas näselnd klingen seine Weisen auch<br />

rein akustisch nach Liebe, Lust und Leidenschaft,wie<br />

eh und je. Bei ihm schmelzen beson<strong>der</strong>s die weiblichen<br />

Fans dahin wie das berühmte Gelato in <strong>der</strong> Sonne. Dabei<br />

hat <strong>der</strong> Sänger selbst in den letzten 20 Jahren die<br />

eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Volte hinnehmen müssen.<br />

Aber ein Eros „nationale“ lässt sich nicht unterkriegen.<br />

Er ist die Inkarnation des Italomachos. Ein bisschen<br />

schlicht, die richtige Mischung aus Frechheit und<br />

Charme und immer noch <strong>der</strong> Sohn seiner Mama Raffaella,<br />

<strong>der</strong> weiß, dass es ein paar hinter die Ohren gibt,<br />

wenn er etwas anstellt. Seine Kindheit verbrachte <strong>der</strong><br />

Sohn eines Malers in ärmlichen Verhältnissen, in Cinecittà,<br />

<strong>der</strong> Filmvorstadt Roms. Hier kickte er mit all den<br />

an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n zwischen kalten Wohnblöcken und<br />

dem uncharmanten Filmgelände. Manchmal übernahm<br />

er eine Komparsenrolle, um sich das knapp bemessene<br />

Taschengeld auf<strong>zu</strong>bessern.<br />

Ansonsten sei Cinecittà, so Eros Ramazotti in <strong>der</strong> Erinnerung<br />

an seine Kindheit, <strong>der</strong> Ort gewesen, an dem<br />

es leichter war <strong>zu</strong> träumen,als <strong>der</strong> Realität ins Auge<br />

<strong>zu</strong> blicken. Und Eros träumte: von Ruhm, großem Geld<br />

und schönen Frauen. Die Erste,die seine Träume ernst<br />

nahm,war seine Mutter Raffaella. Sie war es, die jede<br />

Lira in seine Ambitionen steckte Sänger <strong>zu</strong> <strong>werden</strong>. Als<br />

<strong>der</strong> Junge nach <strong>der</strong> Mittleren Reife dann ans Konservatorium<br />

wollte, fuhr sie ihn <strong>zu</strong>r Aufnahmeprüfung und,<br />

als ihr Eros mit Pauken und Trompeten durch die Aufnahmeprüfung<br />

gefallen war, glaubte sie noch immer an<br />

ihn – dann macht <strong>der</strong> Junge halt eben erst einmal eine<br />

Lehre <strong>zu</strong>m Buchhalter. An Wochenenden fuhr sie ihn <strong>zu</strong><br />

Auftritten. Bis er es beim „Voci Nuove di Castrocaro“ -<br />

Gesangswettbewerb 1981 auch direkt ins Finale schaffte.<br />

Eros Ramazzotti kassierte seinen ersten Plattenvertrag<br />

beim Mailän<strong>der</strong> Label DDD und zog mit Mutter und<br />

Bru<strong>der</strong> in die norditalienische Modemetropole.<br />

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Es ging wie im Fahrstuhl erstmal nur noch nach oben. Als<br />

habe eine gute Fee seine Wünsche erhört und die richtigen<br />

Knöpfe gedrückt, kamen Ruhm, Geld und alsbald<br />

auch unendlich viele Affären. Ramazzotti surfte auf <strong>der</strong><br />

Italowelle, die gerade durch Europa schwappte, mit Größen<br />

wie Toto Cutugno o<strong>der</strong> Umberto Tozzi und er landete<br />

wie sie einen Hit nach dem an<strong>der</strong>en. Nur hatte <strong>der</strong> junge<br />

Troubadour seinen Kollegen noch eines voraus. Er war <strong>zu</strong>dem<br />

jung und sah einfach unglaublich gut aus. Einer wie<br />

er, <strong>der</strong> keinen Zweifel an seiner Schwäche für hübsche<br />

Mädchen ließ, beflügelte die Fantasie eines meist weiblichen<br />

Publikums. Eros startete seinen Höhenflug.<br />

„Es war eine verrückte Zeit“, sagt er heute und ärgert<br />

sich über sich selbst „ich feierte Partys, hatte die falschen<br />

Freunde und lebte völlig exzessiv.“ Er wechselte seine Begleiterinnen<br />

wie seine ewig schwarzen T-Shirts, die <strong>der</strong> Figurneurotiker<br />

trug, um den immer wie<strong>der</strong> aufkeimenden<br />

Hüftspeck <strong>zu</strong> kaschieren. Sein Clan, den er auch gern seine<br />

Familie nannte, wuchs mit jedem Jahr und je<strong>der</strong> Tournee.<br />

Das ging so eine ganze Weile, bis sich eines abends<br />

ein Dessous-Model namens Michelle Hunziker in seinen<br />

Backstagebereich mogelte und in sein Herz schlich. Die<br />

Schweizerin war nicht nur mit endlos langen Beinen gesegnet,<br />

son<strong>der</strong>n auch mit <strong>einem</strong> so betörenden Lachen<br />

und <strong>einem</strong> klugen Kopf unter ihrer blonden Engelsmähne,<br />

dass Ramazzotti sie heiratete. Später behauptete er,<br />

sie habe ihn regelrecht vor den Altar gezerrt – und nach<br />

fast vier Jahren und einer entzückenden Tochter aus<br />

dieser Verbindung, vor den Scheidungsrichter. Und während<br />

es um die meisten an<strong>der</strong>en Italostars langsam ruhig<br />

wurde, machte Eros Ramazzotti immer noch Schlagzeilen,<br />

wenn auch nun vorwiegend privater Natur. Sicher,<br />

die Nackenschläge <strong>der</strong> Hunziker <strong>zu</strong>m Eheaus (er sei ein<br />

schlechter Liebhaber und ein noch schlechterer Ehemann<br />

gewesen) waren auch für einen wie den göttlichen<br />

Eros schmerzhaft.Dennoch, wie heißt es so schön: „Jede<br />

Schlagzeile ist eine gute Schlagzeile“.<br />

Der Sänger blieb im Gespräch. Die Konzerthallen waren,<br />

wenn auch nicht mehr ganz so voll wie einst, so doch<br />

immer noch gut verkauft und Eros Ramazzotti verdiente<br />

mit ein paar Charterfolgen, wie mit dem Duett mit Tina<br />

Turner „Cose Della Vita“, ganz gutes Geld. Die Honorare<br />

brauchte er jedoch auch. Musste er doch die Löcher<br />

stopfen, die er mit s<strong>einem</strong> ausschweifenden Lebenswandel<br />

in den 90ern immer wie<strong>der</strong> in die eigene Kasse<br />

gerissen hatte. Häuser, Autos, Motorrä<strong>der</strong>, eine Villa am<br />

Comer See mit Kino, Wellness-und Fitness-Center sowie<br />

<strong>einem</strong> Festsaal, außerdem ein 4000 Quadratmeter großes<br />

Schloss, das sich als eine Unsummen verschlingende<br />

Baustelle entpuppte und die teure Scheidung, all das<br />

hatte einen großen Teil seines Vermögens verschlungen.<br />

So blieb dem Mann nicht viel von dem Glück, das er im<br />

Überschwang so strapaziert hatte.<br />

Eros Ramazzotti mit seiner Freundin Marcia Pellegrinelli<br />

Eros Ramazzotti sagt heute reumütig über diese Zeit:<br />

„Ich war so dumm. Ich wollte alles haben, kaufte nur<br />

noch maßlos, spielte fast nur Fußball mit Freunden und<br />

wurde dabei immer fetter.“<br />

Doch was wäre ein Märchen ohne Happy End. Ramazzotti<br />

besann sich. Der wilde Sün<strong>der</strong> mutierte <strong>zu</strong>m samtweichen<br />

Papa, <strong>der</strong> sich entschlossen um sein Töchterchen<br />

Aurora kümmerte. Er verkaufte alles Überflüssige, zog in<br />

die Nähe seiner Ex Michelle, mit <strong>der</strong> er freundschaftlich<br />

verkehrte und brachte wie<strong>der</strong> Ordnung in sein Leben.<br />

Seinen Fuhrpark tauschte er gegen einen Mini, und begann<br />

fortan wie<strong>der</strong> fleißig <strong>zu</strong> arbeiten.<br />

Seit drei Jahren hat er nun nach langer Durststrecke<br />

endlich wie<strong>der</strong> sein Glück gefunden. Marcia heißt seine<br />

neue Liebe. Mit dem 24 Jahre jüngeren Model lebt er seit<br />

2010 <strong>zu</strong>sammen. Die brachte ihm vor gut <strong>einem</strong> Jahr seine<br />

zweite Tochter Raffaella Maria <strong>zu</strong>r Welt und sei <strong>der</strong><br />

Fixpunkt in s<strong>einem</strong> Leben, nach dem er sich so lange<br />

gesehnt habe. Gestand er kürzlich strahlend in <strong>einem</strong> Interview.<br />

Und als sei das Alles noch nicht genug, schickt<br />

sich sein gerade veröffentlichtes neues Album an, an alte<br />

Verkaufserfolge an<strong>zu</strong>knüpfen. Das darauf enthaltene<br />

Duett mit dem US-Superstar Nicole Scherzinger hat in<br />

jedem Fall schon Nummer-Eins-Qualität. Ab September<br />

steht Eros Ramazzotti mit seiner Tournee wie<strong>der</strong> selbst<br />

auf <strong>der</strong> Bühne und wenn ihm dann seine schmachtenden<br />

Fans wie in alten Tagen <strong>zu</strong>jubeln, <strong>werden</strong> sie begeistert<br />

feststellen, aus dem anscheinend ewigen Lausbub<br />

mit den großen Träumen aus dem schäbigen Vorort von<br />

Rom ist ein toller <strong>erwachsen</strong>er Kerl geworden.<br />

Foto: ©Getty Images<br />

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