Ghana: Vom bitteren Kakao zur süßen Schokolade - FairTrade e.V.
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▸ 1. Ökonomische und soziale Rahmenbedingungen des <strong>Kakao</strong>anbaus ▸ 1. Ökonomische und soziale Rahmenbedingungen des <strong>Kakao</strong>anbaus<br />
1. Ökonomische und soziale Rahmenbedingungen<br />
des <strong>Kakao</strong>anbaus<br />
Die politische und soziale Entwicklung <strong>Ghana</strong>s wird<br />
vom <strong>Kakao</strong>anbau beeinfl usst, und zugleich hat das<br />
Umfeld, in dem die Bauern arbeiten, großen Einfl<br />
uss auf ihre Lebensumstände. Dieses Umfeld kommt<br />
▸ 1.1 „Hoffnungsträger“ Westafrikas<br />
<strong>Ghana</strong> liegt in Westafrika am Golf von Guinea (Länderdaten<br />
siehe Tabelle 1). Die ersten Europäer erreichten<br />
die Küste <strong>Ghana</strong>s im Jahr 1471 und nannten die Region,<br />
in der sich umfangreiche Goldvorkommen befi nden,<br />
„Goldküste“. In den folgenden Jahrhunderten gründeten<br />
Händler mehrerer europäischer Staaten zahlreiche<br />
Niederlassungen. Im 16. und 17. Jahrhundert entwickelte<br />
sich die Goldküste zu einem wichtigen Handelsplatz<br />
für Sklaven, die in anderen Regionen Westafrikas<br />
gefangen wurden. Die Versklavung Einheimischer<br />
blieb <strong>zur</strong> Sicherung des Goldhandels zunächst aus. Erst<br />
als der Handel von Sklaven im Tausch gegen Waffen<br />
interessanter als das Goldgeschäft wurde, begann auch<br />
hier die Jagd nach potentiellen Sklaven.<br />
Die Europäer trafen auf mehrere Völker, die zentralstaatlich<br />
organisierte Gesellschaften bildeten. Es kam<br />
zu Kriegen lokaler Staaten gegeneinander als auch<br />
gegen die Kolonialmächte. Im Laufe des 17. und 18.<br />
nach vielen Turbulenzen derzeit <strong>zur</strong> Ruhe und schafft<br />
zumindest für einen Teil der Bevölkerung wieder bessere<br />
Rahmenbedingungen.<br />
Jahrhunderts eroberten die Ashanti große Teile des<br />
heutigen Staatsgebietes von <strong>Ghana</strong> und bauten ein<br />
umfassendes Verwaltungssystem auf (Ki-Zerbo 1993:<br />
281–291).<br />
Nach langwierigen Kämpfen setzte sich unter den<br />
europäischen Staaten schließlich Großbritannien als<br />
Kolonialmacht durch, unterwarf die Ashanti sowie<br />
weitere Völker und erklärte im Jahr 1874 das Gebiet<br />
der Goldküste <strong>zur</strong> britischen Kronkolonie. Bis 1919<br />
wurde das Gebiet durch Eroberungen und die Übernahme<br />
von zuvor <strong>zur</strong> deutschen Kolonie Togo gehörenden<br />
Gebieten mehrfach erweitert.<br />
Unabhängigkeit<br />
Am 06. März 1957 erlangte <strong>Ghana</strong> als eine der ersten<br />
britischen Kolonien seine Unabhängigkeit und erhielt<br />
seinen heutigen Namen. Das erste, durch freie Wahlen<br />
bestimmte Staatsoberhaupt <strong>Ghana</strong>s<br />
wurde Kwame Nkrumah, der sich<br />
schon früh für die Unabhängigkeit eingesetzt<br />
hatte. Nach anfänglich stabilen<br />
Jahren begannen, ausgelöst durch eine<br />
verstärkte Ostblock-Orientierung und<br />
wirtschaftliche Schwierigkeiten, in den<br />
1960er Jahren zwei turbulente Jahrzehnte<br />
für das noch junge Land mit Militärputschen<br />
und häufi gen Regierungswechseln.<br />
Erst nach einem Militärputsch unter der<br />
Führung Jerry J. Rawlings im Dezember<br />
1981 stabilisierte sich die Regierung.<br />
Wahlen beendeten die Herrschaft<br />
der Militärjunta, Rawlings wurde 1992<br />
und 1996 zum Präsidenten gewählt. Ihm<br />
folgte zwischen 2001 und 2008 John<br />
Agyekum Kufuor. Die Wahlen Ende 2008<br />
gewann John Atta-Mills, der seit Anfang<br />
2009 die Regierung führt.<br />
Politische Kultur<br />
Seit der Machtübernahme durch<br />
Rawlings und den damit verbundenen<br />
politischen und wirtschaftlichen<br />
Reformen hat sich <strong>Ghana</strong><br />
zu einem „Hoffnungsträger“ der<br />
Region entwickelt (Eberlei 2009:<br />
13). Die Demokratisierung schreitet<br />
voran, was nicht zuletzt die laut<br />
internationalen Beobachtern fairen<br />
und freien Parlaments- und Präsidentschaftswahlen<br />
im Jahr 2008<br />
zeigten. Auch verschiedene andere<br />
Indikatoren belegen den Erfolg der<br />
politischen Reformen.<br />
Auf dem aktuellen Korruptionsindex<br />
von Transparency International<br />
liegt <strong>Ghana</strong> auf Rang 62 von 178<br />
Staaten und damit auf einem der<br />
vordersten Ränge afrikanischer Staaten.<br />
Nur Botswana, die Seychellen,<br />
Südafrika, Namibia und Tunesien<br />
werden höher und besser eingestuft.<br />
Zwar sind weitere Verbesserungen<br />
bei der Korruptionsbekämpfung<br />
vor allem auf lokaler Ebene nötig,<br />
doch der Index zeigt, dass <strong>Ghana</strong> auf<br />
einem guten Weg ist (TI 2010: 12).<br />
Gestärkt wurde auch die Rechenschaftspfl<br />
icht der Regierung gegenüber<br />
ihren Bürgerinnen und<br />
Bürgern, wie Debatten um die Verabschiedung<br />
des nationalen Haushalts<br />
zeigen. Während früher über<br />
die anstehenden Ausgaben nicht<br />
diskutiert wurde und deren Verabschiedung<br />
reine Formsache war,<br />
wird heute die Aufstellung und<br />
Überwachung des Haushalts, wie<br />
von der Verfassung vorgesehen,<br />
durch das Parlament durchgeführt. Defi zite gibt es<br />
allerdings noch auf lokaler Ebene und bei der Beteiligung<br />
von Frauen am politischen Geschehen. In den<br />
Institutionen und der Verwaltung, die die Regierungsbeschlüsse<br />
umsetzen sollen, gibt es ebenfalls noch<br />
große Probleme. Viele staatliche Dienstleistungen,<br />
etwa im Gesundheits- oder im Bildungsbereich sind<br />
vor allem auf dem Lande sehr schlecht. Ein Ansatz <strong>zur</strong><br />
Behebung der Probleme könnte eine weitere Dezentralisierung<br />
der Verwaltung und eine Stärkung loka-<br />
Tabelle 1<br />
<strong>Ghana</strong>: Länderdaten und Vergleich mit Deutschland<br />
Offi zieller Name: Republik <strong>Ghana</strong><br />
Unabhängigkeit: 06.03.1957<br />
Lage: Westafrika<br />
Nachbarländer: Elfenbeinküste, Burkina Faso, Togo<br />
Amtssprache: Englisch<br />
Währung: Cedi<br />
Hauptstadt: Accra<br />
Größte Religionsgruppen: Christen, Muslime, Anhänger indigener Religionen<br />
Vergleichsdaten <strong>Ghana</strong> Deutschland<br />
Fläche 238.537 km² 357.111 km²<br />
Einwohnerzahl 24,3 Mio. 82,1 Mio.<br />
Einwohnerzahl 2030 (geschätzt) 34,9 Mio. 77,9 Mio.<br />
Bevölkerung jünger als 18 Jahre 12 Mio. 15 Mio.<br />
Einwohner pro km² 100 229<br />
Größte Stadt (Einwohner) Accra (2 Mio.) Berlin (3,4 Mio.)<br />
Lebenserwartung 57 Jahre 80,2 Jahre<br />
Kindersterblichkeit bis 5. Lebensjahr 76 pro 1.000 4 pro 1.000<br />
Abschluss Grundschule (2007) 78 % 100 %<br />
Staatshaushalt 5,6 Mrd. € 304 Mrd. € (1)<br />
Bruttoinlandsprodukt 16,7 Mrd. US-Dollar 3.349 Mrd. US-Dollar<br />
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (2008) 713 US-Dollar 44.446 US-Dollar<br />
Wirtschaftswachstum 2010 (2) 5,0 % 3,3 %<br />
HDI 2010 (3) (Rang von 169 Staaten) 0,467 (130) 0,885 (10)<br />
Wirtschaft<br />
Güterexport (2009): 5,5 Mrd. US-Dollar<br />
Davon (2) : Gold: 2,5 Mrd. US-Dollar; <strong>Kakao</strong>: 1,9 Mrd. US-Dollar<br />
Güterimport (2009): Gesamt: 8,1 Mrd. US-Dollar<br />
(1) Ausgaben der Bundesregierung aus dem Bundeshaushalt, vorläufi ge Angaben vom 13.1.2011<br />
(http://www.bundesfi nanzministerium.de)<br />
(2) Vorläufi ge Angaben laut IMF 2010 und 2010b.<br />
(3) HDI (Human Development Index): Menschlicher Entwicklungsindex, berechnet hauptsächlich aus Pro-Kopf-Einkommen,<br />
Lebenserwartung und Bildungsstand.<br />
Quellen: World Bank 2011; IMF 2010 und 2010b; UNDP 2010; WTO 2010; Wikipedia<br />
ler Akteure sein. Neben den staatlichen Stellen gibt es<br />
eine Vielzahl von Nichtregierungsorganisationen, die<br />
mehr und mehr Einfl uss gewinnen, sowie eine weitestgehend<br />
freie Presse. Auch dies sorgt für ein stärkeres<br />
Gegengewicht zu den politischen Entscheidungsträgern<br />
(Eberlei 2009: 16–21).<br />
4 <strong>Ghana</strong>: <strong>Vom</strong> <strong>bitteren</strong> <strong>Kakao</strong> <strong>zur</strong> <strong>süßen</strong> <strong>Schokolade</strong> Der lange Weg von der Hand in den Mund<br />
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