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Sorge tragen für die zweite Haut - Yogaschule Bergkamen

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Schnittmuster <strong>für</strong> Tunika mit verschiedenen Stoffen<br />

Zeichnung: Elisabeth Lockhart<br />

und vitalisiert. Und da soll ich <strong>die</strong> Poren verstopfen mit Modal, Goretex, Acetat,<br />

Elasthan, Polyacryl etc.? Nein – auch nicht ein „bisschen als Futter oder Beigemisch“.<br />

Da bleiben nur Wolle, Seide, Baumwolle, Hanf, Nessel, Leinen – also genau<br />

das, was meine Ahninnen sich ausschließlich geleistet haben.<br />

Ich stelle neue Fragen, <strong>die</strong> mich mehr und mehr von konditionierten und vorgegebenen<br />

Ideen erlösen:<br />

Was sind meine Kriterien beim Schnitt? Die <strong>zweite</strong> <strong>Haut</strong> muss mir passen – ganz<br />

einfach. Und ich bin keine Burdagröße, sondern eine vollkommen einmalige Erscheinungsform<br />

in <strong>die</strong>ser Welt. Das führt zu einem Schnitt, der maßgeschneidert ist –<br />

auch das haben seit 20.000 Jahren meine Vorfahrinnen immer gehabt.<br />

Welche Form und welche Art zu kleiden würde ich wählen, wenn - und das tut es ja –<br />

mir alle historischen und ethnischen Schnitte zur Verfügung ständen? Was wünsche<br />

ich mir von meiner <strong>zweite</strong>n <strong>Haut</strong> noch? Als Yogalehrerin liebe ich <strong>die</strong> Bewegung,<br />

also muss meine Kleidung mir Bewegungsfreiheit garantieren. Sowohl im Rock, als<br />

auch in einer Hose möchte ich mich im Schneidersitz auf <strong>die</strong> Erde niederlassen können,<br />

ich möchte mich drehen und große Schritte machen können; sowohl in der<br />

Jacke wie im Oberkleid möchte ich meine Arme nach oben ausstrecken oder mit den<br />

Händen im Wasser arbeiten können, mich vorbeugen und mich nach hinten lehnen<br />

können.<br />

Wenn es mir warm wird, möchte ich ein Kleidungsstück ausziehen, oder etwas drüber<br />

ziehen können, wenn es kälter wird. Langsam merke ich, dass ich auf der Suche<br />

bin nach einem Gewand <strong>für</strong> <strong>die</strong> Kräfte in mir, <strong>die</strong> ich verkörpere – ich nenne es ein<br />

Seelengewand; oder: das Gewand <strong>für</strong> <strong>die</strong> Göttin in mir. Manchmal will ich aber auch<br />

Kräfte ausbalancieren und Energieformen, <strong>die</strong> geschwächt sind, wieder verstärken –<br />

dann nenne ich es ein Heilkleid oder ein Schutzgewand.<br />

Diese Gewänder sind nicht zu kaufen, ich muss sie also selber machen. Ausgewählt<br />

habe ich aus all dem, was meine Ahninnen im unermesslichen Raum bewahrt haben<br />

einen Lagenlook, wobei der Lagenlook - der sich aus all meinen Wünschen ergibt –<br />

zeitlos ist, er war schon „in“ bei den Wikingerinnen und Keltinnen, ebenso wie bei<br />

den Schwestern überall in der Ferne, <strong>die</strong> in einem ähnlichen Klima wohnen. Farben<br />

und Verzierungen werden sorgsam ausgesucht, denn mit den Energieformen trete<br />

ich in Kontakt über <strong>die</strong> Farbe, oder über besondere Muster, oder über alte Zeichen,<br />

<strong>die</strong> ich einarbeiten kann.<br />

Beim Drunter habe ich mich <strong>für</strong> Nessel entschieden, eine einfache, weiche kba-<br />

Qualität, <strong>die</strong> ich selber färbe. Das Drunter ist mal eine einfache Hose und T-Shirt,<br />

mal ein weiter Rock und T-Shirt. Das Drüber ist ein Trägerkleid (aus einem Sarafan<br />

entwickelt) oder ein Wickelkleid (aus der tibetischen Chupa entwickelt), mal aus<br />

Wolle <strong>für</strong> den Winter, mal aus Leinen <strong>für</strong> den Sommer. Ergänzt wird <strong>die</strong> Kleidung<br />

durch eine kurze Strickjacke/Bolerojäckchen <strong>für</strong> drinnen oder einen Mantel (aus der<br />

syrischen Tunika entwickelt) <strong>für</strong> draußen.<br />

So ist meine Kleidung ganz aus der Mode, aber zeitlos und mir angemessen. Sie ist<br />

eine wirkliche „<strong>zweite</strong> <strong>Haut</strong>“. Inzwischen ist mein „Handarbeitsraum“ einmal im Monat<br />

(natürlich an einem Freitag) offen <strong>für</strong> meine Yogaschülerinnen, <strong>die</strong> nun auch <strong>die</strong>sen<br />

Ausstieg aus dem fremdbestimmten, aggressiven Textilmarkt und den Einstieg in das<br />

ökologisch und sozial verantwortliche, <strong>die</strong> eigenen Bedürfnisse respektierende Selbermachen<br />

wagen wollen. Langsam öffnet sich dabei <strong>die</strong> Schatztruhe und offenbart<br />

einen Reichtum durch Austausch von Ideen in einer lebendigen Gemeinschaft, der<br />

weit größer ist als das mit der Hand genähte „Gewand <strong>für</strong> <strong>die</strong> Göttin in jeder“.<br />

Literaturhinweis:<br />

- India Flint: second skin, published in 2011 by Murdock Books, Pty limited<br />

- Natalie Chanin: Alabama Studio Sewing + Design , published in 2012 by Stewart, Tabori<br />

&Chang

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