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Eick, Wolfgang Rechtsprechung ziviles Baurecht

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Neueste <strong>Rechtsprechung</strong> des<br />

BGH zum zivilen <strong>Baurecht</strong><br />

30. März 2012 in Weimar<br />

RiBGH Dr. <strong>Wolfgang</strong> <strong>Eick</strong>


1. WGG neben § 2 Nr./Abs. 3<br />

VOB/B<br />

• Beschluss vom 23. März 2011 – VII ZR<br />

216/08<br />

• Fundstellen:<br />

• MDR 2011, 653-654 (Leitsatz und Gründe)<br />

• NZBau 2011, 353-354 (Leitsatz und Gründe)<br />

• BauR 2011, 1162-1164 (Leitsatz und Gründe)<br />

• NJW-RR 2011, 886-887 (Leitsatz und<br />

Gründe)<br />

• WM 2011, 1715-1716<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 2


Sachverhalt VII ZR 216/08:<br />

Die Beklagte beauftragte die Klägerin im Zusammenhang<br />

mit der Erneuerung einer Bundesautobahn mit<br />

Bauleistungen. Unter anderem war eine Menge von fünf<br />

Tonnen zu entsorgender Abfälle (Abfall, Busch, Heckenund<br />

Schnittgut) ausgeschrieben. Die Klägerin hatte nach<br />

ihrer Behauptung auf der Grundlage eines<br />

Nachunternehmerangebots einen Einheitspreis von 2.413<br />

€/t angeboten und den Zuschlag erhalten. Sie beauftragte<br />

einen Nachunternehmer mit dieser Leistung zu einem<br />

Einheitspreis von 62,10 €/t. Die Klägerin macht geltend, die<br />

tatsächliche Menge sei ca. 610 t.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 3


Leitsatz:<br />

• VOB/B § 2 Nr. 3, BGB § 313<br />

• Ein Rückgriff auf die gesetzlichen Reglungen zum<br />

Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt grundsätzlich<br />

nicht in Betracht, soweit eine vertragliche Regelung wie<br />

§ 2 Nr. 3 VOB/B (jetzt: § 2 Abs. 3 VOB/B) vorliegt.<br />

• Die Anwendung der gesetzlichen Regelungen zum<br />

Wegfall der Geschäftsgrundlage ist jedoch möglich,<br />

wenn die Parteien einer Einheitspreisvereinbarung<br />

ausnahmsweise eine bestimmte Menge zugrundegelegt<br />

haben und diese Menge überschritten wird.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 4


2. WGG beim<br />

Detailpauschalvertrag<br />

• Urteil vom 30. Juni 2011 – VII ZR 13/10<br />

• Fundstellen:<br />

• MDR 2011, 1099-1100<br />

• NZBau 2011, 553-556<br />

• BauR 2011, 1646-1652<br />

• WM 2011, 2004-2008<br />

• IBR 2011, 503<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 5


Sachverhalt VII ZR 13/10<br />

Die Klägerin verlangt von der Beklagten restlichen Werklohn für den Abbruch<br />

einer Klinik in T.<br />

Die Parteien vereinbarten eine Vergütung von 618.655,49 €. Diese Vergütung<br />

setzt sich zusammen aus Pauschalen für den Abriss der drei Bauteile und für<br />

Zulagepositionen. In einer der für alle drei Bauteile ausgeschriebenen<br />

Zulagepositionen für "Abbruch, Estrich mit Trittschalldämmung" war die<br />

Estrichstärke mit 3 cm (geschätzt) angegeben. Die Klägerin stellte während der<br />

Arbeiten Estrichmehrstärken von über 4 cm fest. Wegen des Mehraufwandes<br />

beanspruchte sie von der Beklagten einen Nachtrag von 590.321,76 €. Die<br />

Beklagte akzeptierte den Nachtrag nicht. Es kam darüber zum Zerwürfnis<br />

zwischen den Parteien. Schließlich kündigte die Beklagte den Vertrag,<br />

nachdem die Klägerin die Arbeiten eingestellt hatte.<br />

Die Klägerin hat mit der Klage den ihr vermeintlich zustehenden restlichen<br />

Werklohn geltend gemacht und dabei für die Estrichmehrstärken einen Betrag<br />

von 124.695 € berechnet.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 6


Leitsatz:<br />

BGB §§ 133, 157, § 313; VOB/B (2002) § 2 Nr. 7 Abs. 1<br />

a) Inwieweit eine detaillierte Angabe im Leistungsverzeichnis einer funktionalen<br />

Ausschreibung (hier: Abbruch einer Klinik) dazu führt, dass sie die Pauschalierung der<br />

Vergütung begrenzt, ergibt die Auslegung des Vertrages. Die Auslegung kann auch<br />

ergeben, dass die detaillierte Angabe lediglich die Geschäftsgrundlage des Vertrages<br />

beschreibt.<br />

b) Beschreibt der Auftraggeber in einem Pauschalvertrag Mengen oder die Mengen<br />

beeinflussende Faktoren (hier: Estrichstärke in einer Zulageposition), können diese zur<br />

Geschäftsgrundlage des Vertrages erhoben worden sein. Das kann insbesondere dann<br />

angenommen werden, wenn der Auftragnehmer davon ausgehen durfte, der<br />

Auftraggeber habe eine gewisse Gewähr für eine verlässliche Kalkulationsgrundlage<br />

geben wollen.<br />

c) In diesem Fall kommt ein Ausgleichsanspruch nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B in<br />

Betracht, wenn sich eine deutliche Mengensteigerung ergibt. Wirken sich die von den<br />

irreführenden Angaben des Auftraggebers im Vertrag abweichenden Mengen derart auf<br />

die Vergütung aus, dass das finanzielle Gesamtergebnis des Vertrages nicht nur den zu<br />

erwartenden Gewinn des Auftragnehmers aufzehrt, sondern auch zu Verlusten führt, ist<br />

das Festhalten an der Preisvereinbarung häufig nicht mehr zumutbar. Auf eine starre<br />

Risikogrenze von 20 % der Gesamtvergütung kann nicht abgestellt werden.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 7


3. Sekundärhaftung von<br />

Sonderfachleuten<br />

• Urteil vom 28. Juli 2011 – VII ZR 4/10<br />

• Fundstellen:<br />

• MDR 2011, 1165-1166<br />

• NJW 2011, 3086-3087<br />

• IBR 2011, 589<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 8


Sachverhalt VII ZR 4/10:<br />

Der Beklagte, ein Elektroingenieur, wendet sich gegen seine Verurteilung zur Zahlung<br />

von Schadensersatz. Im Revisionsverfahren geht es nur darum, ob er sich aufgrund einer<br />

Sekundärhaftung nicht auf die Einrede der Verjährung berufen kann.<br />

Der Kläger beauftragte in den Jahren 1990 und 1997 die Beklagten zu 1 und 3 sowie den<br />

früheren Beklagten zu 2 mit den Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 Abs. 2<br />

HOAI a.F. hinsichtlich des Um- und Erweiterungsbaus zweier Altenpflegeheime. Beim<br />

ersten Bauvorhaben übertrug der Kläger dem Beklagten mit Vertrag vom 26. April 1995<br />

"Teilleistungen des Elektro-Ingenieurs nach HOAI" von insgesamt 62 %. Hinsichtlich des<br />

zweiten Bauvorhabens beauftragte der Kläger den Beklagten durch Vertrag vom 12.<br />

August 1997 mit insgesamt 68 % der Leistungen nach den Leistungsphasen des § 73<br />

HOAI a.F. In der Präambel dieses Vertrages heißt es:<br />

"Der Ingenieur ist unabhängiger Sachwalter des Bauherrn …"<br />

Die vom Beklagten über die von ihm erbrachten Leistungen erstellten<br />

Schlussrechnungen vom 9. November 1998 und 6. April 2000 wurden vom Kläger<br />

bezahlt.<br />

Die Elektroarbeiten wurden von der Streithelferin des Klägers ausgeführt. Sie waren<br />

mangelhaft. Der Beklagte wendet sich nicht dagegen, dass er als vom Kläger für den<br />

Bereich Elektrotechnik eingeschalteter Sonderfachmann für die Mängel einzustehen hat.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 9


Leitsatz:<br />

• BGB §§ 635, 638 a.F.<br />

Die zur Sekundärhaftung des Architekten<br />

entwickelten Grundsätze sind<br />

grundsätzlich nicht auf<br />

Sonderfachleute anwendbar.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 10


4. Beschaffenheit und<br />

Funktionstauglichkeit<br />

• Urteil vom 29. September 2011 – VII ZR<br />

87/11<br />

• Fundstellen:<br />

• NJW 2011, 3780-3782<br />

• NZBau 2011, 746-748<br />

• ZGS 2011, 5780-573<br />

• ZfBR 2012, 30-33<br />

• BauR 2012, 115-119<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 11


Sachverhalt VII ZR 87/11:<br />

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz für die Folgen der fehlerhaften<br />

Vermessung eines Dükers in Anspruch.<br />

Die Stadt P. beauftragte die Klägerin am 22. Februar 2007 mit der Herstellung eines<br />

Elektrodükers. Gegenstand des Auftrages war auch die Vermessung des Dükers sowie<br />

die Dokumentation seiner Lage. Diese Leistungen übertrug die Klägerin der Beklagten.<br />

Die Beklagte nahm die Lage der Start- und Zielgrube des Dükers auf und stellte den<br />

Verlauf des Dükers mittels einer idealisierten geradlinigen Verbindung der zwei<br />

aufgemessenen Punkte dar. Eine Einmessung des tatsächlichen Verlaufs des Dükers<br />

anhand oberirdisch angebrachter Farbmarkierungen erfolgte nicht. Die so gefertigten<br />

Bestandspläne überließ die Beklagte in Absprache mit der Klägerin zunächst einem im<br />

Auftrag der Stadt P. mit der Erstellung von Rammplänen für Folgegewerke beauftragten<br />

Drittunternehmen, sodann am 26. März 2007 auch der Klägerin selbst. Am 10. April 2007<br />

wurde bei Rammarbeiten der von der Klägerin verlegte Düker beschädigt und es kam zu<br />

einer Unterbrechung der Stromversorgung in einem Stadtteil von P. Auf Verlangen der<br />

Stadt P. musste die Klägerin den Düker mit einem Kostenaufwand von 82.489,23 € neu<br />

verlegen. Mit der vorliegenden Klage verlangt sie diesen Betrag nebst Zinsen sowie<br />

vorgerichtlich angefallene Anwaltskosten von der Beklagten erstattet.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 12


Leitsatz:<br />

§ 633 Abs. 2 BGB<br />

a) Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit liegt vor,<br />

wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines<br />

Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder<br />

nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt.<br />

b) Beruft sich der Unternehmer zu seiner Entlastung darauf, er<br />

habe aufgrund bindender Anordnung einer untauglichen<br />

Ausführungsweise durch den Auftraggeber die vereinbarte oder<br />

nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllen können,<br />

trägt er die Darlegungs- und Beweislast für eine solche<br />

Behauptung.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 13


5. Nullpositionen<br />

• BGH, Urteil vom 26. Januar 2012 – VII ZR<br />

19/11<br />

• Fundstellen (vorerst):<br />

• juris Volltext<br />

• NSW BGB § 157 D (BGH-intern)<br />

• NSW BGB § 157 Ge (BGH-intern)<br />

• NSW VOB/B § 2 F.: 1996 (BGH-intern)<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 14


Sachverhalt :<br />

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Restvergütung aus einem Bauvertrag über die<br />

Verlegung einer Bundesstraße in O.<br />

Die Beklagte übertrug der Klägerin im Jahre 1999 die Arbeiten in einem<br />

Einheitspreisvertrag unter Vereinbarung der VOB/B (1996).<br />

Bei der Durchführung der Baumaßnahme entfielen Leistungen mehrerer Positionen des<br />

Leistungsverzeichnisses vollständig, ohne dass dies auf einer Kündigung, eines<br />

Verzichts oder einer Anordnung der Beklagten beruhte. Der Fortfall der Leistung beruhte<br />

auf tatsächlichen Gegebenheiten. Die Ausführung der Leistung erwies sich als nicht<br />

notwendig. Nach Abnahme der Arbeiten stellte die Klägerin am 31. Dezember 2003<br />

Schlussrechnung, die nicht vollständig beglichen wurde.<br />

Gegenstand der Klage ist nach teilweiser Klagerücknahme noch ein Vergütungsanspruch<br />

von 4.765,70 €, den die Klägerin aus der Summe der in den Einheitspreisen für die<br />

ersatzlos entfallenen Leistungspositionen nach ihrer Kalkulation als prozentuale<br />

Zuschläge enthaltenen Beträge für Baustellengemeinkosten (BGK), Allgemeine<br />

Geschäftskosten (AGK), Wagnis und Gewinn ermittelt hat. Die Parteien streiten darüber,<br />

ob die Klägerin in anderen Leistungspositionen eine über die dort kalkulierten Beträge<br />

hinausgehende Deckung dieser Anteile erzielt hat und ob insoweit eine<br />

Ausgleichsberechnung stattfinden muss.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 15


Leitsatz:<br />

• BGB § 157; § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B (1996)<br />

In ergänzender Auslegung eines VOB/B-<br />

Einheitspreisvertrages kann der Auftragnehmer<br />

eine Vergütung für ersatzlos entfallene<br />

Leistungspositionen (Nullpositionen) nach<br />

Maßgabe des § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B verlangen,<br />

wenn ein Fall der vom Regelungsgehalt dieser<br />

Vertragsklausel erfassten Äquivalenzstörung<br />

vorliegt.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 16


6. Auslegung der<br />

Ausschreibung<br />

• BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011 – VII<br />

ZR 67/11<br />

• Fundstellen:<br />

• NJW 2012, 518-521<br />

• EBE/BGH 2012, BGH-Ls 69/12<br />

• IBR 2012, 65<br />

• NJW-Spezial 2012, 76<br />

• MDR 2012, 143<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 17


Sachverhalt:<br />

Die Klägerin verlangt von den Beklagten zusätzliche Vergütung für Tiefbauarbeiten mit<br />

der Begründung, sie habe beim Aushub von Boden unterhalb einer Ortsdurchfahrt<br />

schadstoffhaltigen Boden angetroffen, der nicht ausgeschrieben gewesen sei.<br />

Die Beklagten haben Teile einer Ortsdurchfahrt im Gemeindegebiet der Beklagten zu 2<br />

ausgebaut. Die Klägerin wurde im Jahre 2002 teilweise von der Beklagten zu 1 und<br />

teilweise von der Beklagten zu 2 unter anderem damit beauftragt, die teerhaltige<br />

Asphaltschicht der Ortsdurchfahrt und den darunter liegenden Boden zu entfernen. Das<br />

Leistungsverzeichnis für die gesamten Arbeiten sah in verschiedenen Positionen vor,<br />

dass der Boden gelöst und von der Klägerin weiterverwendet wird. Angaben zur<br />

Bodenbeschaffenheit enthielten die Verträge nicht. Die Geltung der VOB/B wurde<br />

vereinbart.<br />

Die Analyse des gelösten Bodens ergab den Zuordnungswert Z 1.1 der Mitteilung der<br />

Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA). Dies bedeutet eine geringfügige<br />

Schadstoffbelastung.<br />

Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei von schadstofffreiem Boden ausgegangen. Infolge<br />

der Zuordnung zu LAGA Z 1.1 sei der vorgesehene Wiedereinbau nicht möglich gewesen<br />

und ihr seien wegen der Notwendigkeit der Deponierung des Bodens Mehrkosten<br />

entstanden.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 18


Leitsatz:<br />

• BGB §§ 133, 157; VOB/A § 9 a.F.; DIN 18300<br />

a) Grundsätzlich ist der öffentliche Auftraggeber gehalten, ihm<br />

mögliche und zumutbare Angaben zur Kontamination eines zum<br />

Aushub und zur Weiterverwendung vorgesehenen Bodens zu<br />

machen. Ein Unterlassen solcher Angaben, kann die Auslegung des<br />

Vertrages dahin rechtfertigen, eine Bodenkontamination liege nicht<br />

vor.<br />

b) Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Kontaminierung des zum<br />

Aushub und zur Weiterverwendung vorgesehenen Bodens ist nicht<br />

notwendig, wenn diese sich aus den Umständen klar und eindeutig<br />

ergibt, weil der im Leistungsverzeichnis beschriebene Boden<br />

regelmäßig kontaminiert ist (hier: Boden unterhalb einer teerhaltigen<br />

Asphaltschicht).<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 19


7a. Beendigung des selbständigen<br />

Beweisverfahrens<br />

• Urteil vom 28. Oktober 2010 – VII ZR 172/09<br />

• Fundstellen:<br />

MDR 2011, 185-186 (Leitsatz und Gründe)<br />

ZfBR 2011, 134-136 (Leitsatz und Gründe)<br />

BauR 2011, 287-291 (Leitsatz und Gründe)<br />

NJW 2011, 594-596 (Leitsatz und Gründe<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 20


Sachverhalt VII ZR 172/09:<br />

Der Antragsteller beantragte mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2004, eingegangen am selben Tag<br />

und zugestellt an den Antragsgegner am 2. November 2004, die Durchführung eines<br />

selbständigen Beweisverfahrens zur Ursache von Schäden an einer Einspritzpumpe und zu<br />

Art und Kosten der Schadensbeseitigung. Das Amtsgericht beauftragte mit der Erstellung des<br />

Gutachtens den Sachverständigen Dipl.-Ing. T. Dieser ist Mitarbeiter im Kfz-<br />

Sachverständigen-Büro J. Z. GmbH, deren Geschäftsführer der Kfz-Meister J. Z. war. Dieser<br />

besichtigte in Anwesenheit des Beklagten das Fahrzeug und fertigte neun Lichtbilder, anhand<br />

derer der Sachverständige T. unter dem 29. März 2005 sein Gutachten erstattete. Dieses<br />

wurde den Prozessbevollmächtigten der Parteien am 7. April 2005 zugestellt, wobei ihnen<br />

eine Frist von drei Wochen, später stillschweigend verlängert bis 12. Mai 2005, für etwaige<br />

Einwendungen und Anträge eingeräumt wurde. Mit an diesem Tag eingegangenen<br />

Schriftsatz rügte der Beklagte im Hinblick auf die Tätigkeit des Kfz-Meisters J. Z., es sei<br />

gegen den Grundsatz, dass der Sachverständige sein Gutachten höchstpersönlich zu<br />

erstatten habe, § 407 a Abs. 2 Satz 1 ZPO, verstoßen worden; Fragen an den Gutachter<br />

erschienen daher wenig zweckmäßig. Das Amtsgericht leitete diesen Schriftsatz dem<br />

Sachverständigen T. mit der Aufforderung zur Stellungnahme zu, die an dessen Stelle der<br />

Kfz-Meister J. Z. unter dem 19. Juni 2005 abgab und die den Parteien durch Verfügung vom<br />

21. Juni 2005 übermittelt wurde. Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2005 widersprach der Beklagte<br />

einer Verwertung des Gutachtens. Mit Verfügung vom 20. Juli 2005, ausgefertigt und<br />

abgesandt am 27. Juli 2005, wies das Amtsgericht darauf hin, dass es einen Verstoß gegen<br />

§ 407 a Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht erkennen könne. Am 17. August 2005 verfügte es die<br />

Schlussbehandlung der Sache. Mit Schriftsatz vom 8. September 2005, eingegangen am<br />

9. September 2005, rügte der Beklagte, dass eine Stellungnahme des Sachverständigen T.<br />

nicht vorliege und beantragte, diesen zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Mit<br />

Beschluss vom 26. Oktober 2005 stellte das Amtsgericht fest, dass das selbständige<br />

Beweisverfahren beendet sei. Die Beschwerde des Beklagten dagegen wurde vom<br />

Landgericht mit Beschluss vom 18. Januar 2006, dem Beklagtenvertreter zugestellt am<br />

26. Januar 2006, zurückgewiesen. Eine Gegenvorstellung des Beklagten blieb erfolglos.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 21


Leitsatz:<br />

• BGB § 204 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2<br />

Haben die Parteien rechtzeitig Einwendungen<br />

gegen das im selbständigen Beweisverfahren<br />

erstattete Gutachten erhoben, ist – sofern nicht<br />

eine weitere Beweisaufnahme stattfindet – das<br />

selbständige Beweisverfahren jedenfalls dann<br />

beendet, wenn der mit der Beweisaufnahme<br />

befasste Richter zum Ausdruck bringt, dass eine<br />

weitere Beweisaufnahme nicht stattfindet und<br />

dagegen innerhalb angemessener Frist keine<br />

Einwände erhoben werden.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 22


7b. Kein Rechtsmittel gegen<br />

Ablehnung Obergutachten im sBV<br />

• Beschluss vom 20. April 2011 – VII ZB<br />

42/09<br />

• Fundstellen:<br />

MDR 2011, 746-747<br />

NZBau 2011, 420<br />

BauR 2011, 1366<br />

NJW-Spezial 2011, 332<br />

IBR 2011, 443<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 23


Sachverhalt VII ZB 42/09<br />

Das Landgericht hat auf Antrag der Antragstellerin, die von der<br />

Antragsgegnerin zu 1 Pflasterflächen im Bereich des Tankplatzes im<br />

Hansehafen M. nach Planung der Antragsgegnerin zu 2 herstellen ließ,<br />

in einem selbständigen Beweisverfahren die Einholung eines<br />

schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet. Der<br />

Sachverständige hat das in Auftrag gegebene Gutachten erstattet und<br />

in mündlicher Verhandlung erläutert. Die Antragsgegnerin zu 2 hat die<br />

Einholung eines ergänzenden Gutachtens bzw. die Einholung eines<br />

Obergutachtens gemäß § 412 ZPO beantragt. Diesen Antrag hat das<br />

Landgericht zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat<br />

das Beschwerdegericht die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde<br />

der Antragsgegnerin zu 2 als unzulässig verworfen. Dagegen wendet<br />

sich diese mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen<br />

Rechtsbeschwerde.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 24


Leitsatz:<br />

ZPO §§ 412, 485, 492 Abs. 1, 567 Abs. 1<br />

Gegen die Ablehnung der Einholung eines<br />

weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO ist<br />

auch im selbständigen Beweisverfahren kein<br />

Rechtsmittel gegeben (im Anschluss an<br />

BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 - VI<br />

ZB 59/09, BauR 2010, 932 = ZfBR 2010,<br />

449).<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 25


7c. Keine ÜEE im selbständigen<br />

Beweisverfahren<br />

• Beschluss vom 24. Februar 2011 – VII ZB<br />

108/08<br />

• Fundstellen:<br />

MDR 2011, 502-503<br />

BauR 2011, 1046-1047<br />

NZBau 2011, 356-357<br />

ZfBR 2011, 465-466<br />

NJW-RR 2011, 931-932<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 26


Sachverhalt VII ZB 108/08:<br />

Die Parteien haben übereinstimmend das<br />

selbständige Beweisverfahren für erledigt<br />

erklärt, weil der Beklagte während seines<br />

Betreibens die gerügten Mängel beseitigt<br />

hat. Mit der zugelassenen<br />

Rechtsbeschwerde rügt der Kläger die<br />

ergangene Kostenentscheidung.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 27


Leitsatz:<br />

• ZPO §§ 91a, 485<br />

Eine Kostenentscheidung in entsprechender<br />

Anwendung von § 91a ZPO kommt im<br />

selbständigen Beweisverfahren nicht in Betracht.<br />

Das gilt unabhängig davon, zu welchem<br />

Zeitpunkt des selbständigen Beweisverfahrens<br />

übereinstimmende Erledigungserklärungen der<br />

Parteien erfolgen.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 28


7d. Keine EEE im selbständigen<br />

Beweisverfahren<br />

• Beschluss vom 24. Februar 2011 – VII ZB<br />

20/09<br />

• Fundstellen:<br />

MDR 2011, 503<br />

BauR 2011, 1045-1046<br />

NZBau 2011, 355-356<br />

ZfBR 2011, 464-465<br />

NJW-RR 2011, 932-933<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 29


Sachverhalt VII ZB 20/09:<br />

Der Kläger wendet sich mit der<br />

Rechtsbeschwerde gegen die<br />

Kostenentscheidung des Erstgerichts,<br />

wonach er die Kosten des selbständigen<br />

Beweisverfahrens analog § 269 Abs. 3<br />

ZPO auferlegt bekommen hat, nachdem er<br />

das Beweisverfahren einseitig für erledigt<br />

erklärt hatte.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 30


Leitsatz:<br />

• ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2, § 485<br />

Eine im selbständigen Beweisverfahren<br />

unzulässige einseitige Erledigungserklärung des<br />

Antragstellers ist regelmäßig in eine<br />

Antragsrücknahme mit der Kostenfolge des<br />

§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO umzudeuten. Das gilt<br />

auch dann, wenn das<br />

Beweissicherungsinteresse zum Zeitpunkt der<br />

Erklärung entfallen war (Bestätigung von BGH,<br />

Beschluss vom 7. Dezember 2010 -<br />

VIII ZB 14/10, WuM 2011, 46).<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 31


7e. Weiteres sBV des Zessionars mit ident.<br />

Beweisthemen gegen denselben Gegner?<br />

• Beschluss vom 27. Oktober 2011 – VII ZB<br />

126/09<br />

• Fundstellen:<br />

NZBau 2012, 36-38<br />

BauR 2012, 292-295<br />

NJW-RR 2012, 224-226<br />

ZfBR 2012, 145-147<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 32


Sachverhalt VII ZB 126/09:<br />

Die Antragstellerin erwarb mit notariellem Vertrag vom 6. Oktober 1998 von der W.<br />

GmbH mehrere mit Wohngebäuden bebaute Grundstücke. Gleichzeitig verpflichtete sich<br />

die W. GmbH gegenüber der Erwerberin zur Modernisierung der Gebäude. Hierzu<br />

schloss die W. GmbH mit der Antragsgegnerin zu 1 einen Generalübernehmervertrag.<br />

Als Sicherheit für die Erfüllung der Gewährleistungsansprüche übernahm die<br />

Antragsgegnerin zu 2 gegenüber der W. GmbH eine selbstschuldnerische Bürgschaft.<br />

Die W. GmbH trat die Ansprüche aus dem Bürgschaftsvertrag an die Antragstellerin ab.<br />

Nach Abschluss der Arbeiten machte die W. GmbH Mängel geltend und beantragte vor<br />

dem Landgericht S. gegen die Antragsgegnerin zu 1 die Durchführung eines<br />

selbständigen Beweisverfahrens. Die Antragstellerin trat in diesem Verfahren auf der<br />

Seite der W. GmbH als Nebenintervenientin bei. Das Landgericht S. hat mit Beschluss<br />

vom 28. Juli 2006 die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über die<br />

Mängelbehauptungen der W. GmbH angeordnet. Durch Vereinbarung vom 19. Juni 2008<br />

trat die W. GmbH ihre Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche gegen die<br />

Antragsgegnerin zu 1 an die Antragstellerin ab.<br />

Im vorliegenden selbständigen Beweisverfahren begehrt die Antragstellerin die<br />

Feststellung von Zuständen, die sachlich bereits Gegenstand des selbständigen<br />

Beweisverfahrens beim Landgericht S. sind, vor dem Landgericht B.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 33


Leitsatz:<br />

§§ 485 Abs. 3 493, 325, 265 ZPO<br />

Der Zessionar einer Forderung, zu deren<br />

anspruchsbegründenden Tatsachen der Zedent<br />

vor der Abtretung ein selbständiges<br />

Beweisverfahren eingeleitet hatte, ist gehindert, zu<br />

den gleichen Tatsachen ein weiteres<br />

selbständiges Beweisverfahren gegen denselben<br />

Antragsgegner einzuleiten.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 34


7f. Verjährungshemmung der<br />

Honorarforderung durch sBV auf<br />

Feststellung der Mangelfreiheit<br />

• BGH, NZB-Beschluss vom 9. Februar 2012 –<br />

VII ZR 135/11<br />

• Fundstellen:<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 35


Sachverhalt:<br />

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Werklohn in Anspruch. Die<br />

Parteien streiten ausschließlich darüber, ob die Werklohnforderungen verjährt<br />

sind.<br />

Der Beklagte beauftragte die Klägerin im Jahre 2001 zunächst mit dem Einbau<br />

von Fenstern, dann auch mit der Montage von Zimmertüren. Nach Beendigung<br />

der Arbeiten erteilte die Klägerin dem Beklagten unter dem 27. März 2003<br />

Schlußrechnung. Der Beklagte zahlte unter Verweigerung der Abnahme nicht<br />

und erhob umfangreiche Mängelrügen. Daraufhin führte die Klägerin<br />

Nachbesserungsarbeiten durch. Mit Schreiben vom 18. Mai 2004 verlangte sie<br />

die Abnahme der Werkleistungen bis Ende Mai 2004. Das lehnte der Beklagte<br />

mit Schreiben vom 27. Mai 2004 unter Hinweis auf eine mit diesem Schreiben<br />

überreichte Mängelliste ab. Mit Schriftsatz vom 17. September 2004 leitete die<br />

Klägerin beim Landgericht ein selbständiges Beweisverfahren zur Klärung der<br />

Frage ein, ob die vom Beklagten bezeichneten Mängel vorhanden seien. Nach<br />

den Feststellungen des BG war das selbständige Beweisverfahren Ende April<br />

2007 beendet.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 36


Leitsatz:<br />

• § 204 Abs. 1 Nr. 7<br />

Die Verjährung des Vergütungsanspruchs des<br />

Auftragnehmers wird gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7<br />

BGB gehemmt, wenn der Auftragnehmer zur<br />

Aufklärung von Werkmängeln ein selbständiges<br />

Beweisverfahren einleitet, um die Abnahmereife<br />

seiner Werkleistungen und die tatsächlichen<br />

Voraussetzungen für die Fälligkeit seines<br />

Vergütungsanspruchs nachweisen zu können.<br />

RiBGH Dr. W. <strong>Eick</strong> 37

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