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Kein Wortprotokoll - Reinhold Strobl

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<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong><br />

Vom Redner nicht<br />

autorisiert<br />

B A Y E R I S C H E R L A N D T A G<br />

Gemeinschaftliche informatorische Sitzung<br />

gem. § 137 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag<br />

Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik<br />

70. Sitzung<br />

Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz<br />

75 Sitzung<br />

Donnerstag, 1. März 2007, 9.15 bis 10.30 Uhr<br />

Den Vorsitz führt Abg. Joachim Wahnschaffe (SPD)<br />

Protokoll: Brigitte Hochholzer-Ulrich


70. SO, 01.03.2007 II<br />

Ul/Zur<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

TAGESORDNUNG<br />

Bericht des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit<br />

und Verbraucherschutz über die Gesundheitsgefährdung und die<br />

Schäden durch die Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) in<br />

Bayern (Drs. 15/7437)<br />

– mit Aussprache – 1


70. SO, 01.03.2007 1<br />

Ul/Zur<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

Bericht des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und<br />

Verbraucherschutz über die Gesundheitsgefährdung und die Schäden durch<br />

die Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) in Bayern (Drs. 15/7437)<br />

– mit Aussprache –<br />

Vorsitz:<br />

Joachim Wahnschaffe (SPD)<br />

Abg. Kathrin Sonnenholzner (SPD) nimmt mit Freude das große Interesse der Medien<br />

für das Thema der gegenwärtigen Ausschusssitzung sowie die Beteiligung des<br />

Umweltausschusses zur Kenntnis, bedauert aber die geringe Beteiligung der Vertreter<br />

des Landwirtschaftsausschusses, weil Schäden durch die Beifuß-Ambrosie in der<br />

Tat ein landwirtschaftlich relevantes Thema seien.<br />

Inzwischen sei die Beifuß-Ambrosie weltweit das stärkste Pollenallergen und in den<br />

USA der häufigste Auslöser von allergischem Asthma. Zusätzlich zu den asthmatischen<br />

Beschwerden verursache die Pflanze Hautreaktionen. Dieses Allergen sei um<br />

ein Vielfaches aggressiver als gängige Allergene in Deutschland und könne weit größere<br />

Probleme bereiten als zum Beispiel Hasel oder Birke. Die SPD sehe daher die<br />

Staatsregierung in der Pflicht, alles zu tun, was möglich sei, um die Verbreitung dieser<br />

Pflanze und die damit verbundenen Gefahren zu minimieren.<br />

Abg. Kathrin Sonnenholzner trägt anschließend den Inhalt des Antrags der SPD auf<br />

Drucksache 15/7437 vor und betont, dass die SPD zu allen diesen Fragen nicht nur<br />

aufschlussreiche Antworten, sondern auch konkretes Handeln erwarte.<br />

MedDir. Dr. Glocker (Umweltministerium) berichtet über den aktuellen Sachstand<br />

betreffend die gesundheitlichen Auswirkungen und die Verbreitung des Beifußblättrigen<br />

Traubenkrauts – Ambrosia artemisiifolia, auf Englisch „Ragweed“ – in Bayern.<br />

Auch in Bayern gebe es Hinweise auf eine Ausbreitung dieses – insbesondere wegen<br />

seines überaus hohen allergenen Potenzials – gesundheitlich bedenklichen Neophyten.<br />

Dieser Bericht beruhe maßgeblich auch auf Beiträgen des Landwirt-


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Ul/Zur<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

schaftsministeriums, des Innenministeriums und des Wirtschaftsministeriums. Aufgrund<br />

der insbesondere gesundheitlichen Problematik von Ambrosia habe das<br />

Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz in Bayern die Federführung<br />

übernommen.<br />

Der Vortrag werde mit informativen Folien unterfüttert, die Herr Dr. Nawrath und Frau<br />

Dr. Alberternst von der Projektgruppe Biodiversität und Landschaftsökologie zur Verfügung<br />

gestellt hätten (in der Sitzung verteilt).<br />

Das StMUGV setzte sich bereits seit 2005 intensiv mit der Problematik von Ambrosia<br />

artemisiifolia auseinander. Insbesondere die im Jahr 2006 gewonnenen, neuen wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse würden nunmehr die Notwendigkeit für ein staatliches<br />

Eingreifen und Handeln in Bayern belegen. Auch in den Jahren 2005 und 2006 sei<br />

die Verbreitung von Ambrosiapollen in Deutschland angestiegen.<br />

In Deutschland seien sehr wahrscheinlich größere Bestände von Ambrosia vorhanden.<br />

Im Jahr 2006 seien bei der Projektgruppe Biodiversität und Landschaftsökologie<br />

am Institut für Ökologie, Evolution und Diversität der Goethe-Universität Frankfurt am<br />

Main, mit der das StMUGV intensiv zusammenarbeite, 1039 Ambrosiameldungen<br />

registriert worden. 85 % aller Meldungen würden aus Gartenbeständen stammen.<br />

Vierundfünfzigmal seien große Vorkommen – das seien definitionsgemäß mehr als<br />

100 Pflanzen – in Deutschland gemeldet worden; die Dunkelziffer sei wahrscheinlich<br />

deutlich höher. In Bayern seien im Jahr 2006 14 große Vorkommen gemeldet worden.<br />

Ambrosia sei in Bayern in größeren Beständen unter anderem entlang bestimmter<br />

Autobahnen, der A 8 und der A 3, verbreitet.<br />

Das StMUGV arbeite im Hinblick auf die Ambrosiaproblematik mit der Biologischen<br />

Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, der BBA, in Braunschweig zusammen,<br />

die zum Geschäftsbereich des BMELV gehöre. Dort habe am 05.12.2006 der<br />

„2. interdisziplinäre Workshop zu Ambrosia“ unter Beteiligung von Schweizer Wissenschaftlern<br />

und Behördenvertretern stattgefunden. Er, Dr. Glocker, sei hierbei als<br />

einziger Vertreter eines deutschen Länder-Gesundheitsministeriums anwesend ge-


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Ul/Zur<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

wesen. Die BBA strebe im Jahr 2007 ein Aktionsprogramm gegen Ambrosia an. Es<br />

befinde sich derzeit allerdings noch im Stadium der Diskussion.<br />

Die Beifuß-Ambrosie sei in Nordamerika einheimisch und komme gegenwärtig in den<br />

größten Teilen der USA und in Kanada vor. In Europa trete die Art bereits in großen<br />

Beständen in Ungarn und in allen umliegenden Ländern, in einigen Regionen Frankreichs,<br />

Italiens, der Schweiz und Österreichs auf. Erste Nachweise der Beifuß-<br />

Ambrosie in Deutschland würden aus dem Jahr 1863 stammen. Unbeabsichtigt mit<br />

Getreide und mit amerikanischer Kleesaat eingeschleppt, sei die Art damals vorwiegend<br />

unbeständig in Unkrautgesellschaften, besonders an Verladeplätzen in Hafenanlagen<br />

oder an Bahnhöfen aufgetreten.<br />

Ambrosia artemisiifolia gehöre zu der großen Familie der Korbblütler, in der allerdings<br />

nur wenige Gattungen als Allergieauslöser wichtig seien. Ambrosia würde dem<br />

gemeinen Beifuß – Artemisia vulgaris – ähneln. Auch könnten die Blätter der Ambrosia<br />

mit den Blättern der Studentenblume, der Tagetes, verwechselt werden. Neben<br />

Ambrosia artemisiifolia kämen mehrere Ambrosiaarten, zum Beispiel Ambrosia trifida<br />

und Ambrosia aptera, in Europa vor. Allerdings sei nur das Beifußblättrige Traubenkraut<br />

ein Allergieauslöser. Es besiedele gestörte Flächen wie Baustellen, Äcker, Brachen,<br />

offene Böden, Bahndämme sowie Weg- und Straßenränder.<br />

Die einjährige Beifuß-Ambrosie vermehre sich ausschließlich über Samen, von denen<br />

eine durchschnittlich große Pflanze etwa 3000 bis 4000 ausbilde. Große Exemplare<br />

dieser Art seien in der Lage, bis zu 62 000 Samen zu produzieren. Die Samen<br />

könnten im Boden mehrere Jahrzehnte keimfähig bleiben. Wegen der späten Blütezeit<br />

seien die Pollenkonzentrationen in der Außenluft in den Monaten August bis<br />

September am höchsten. Die Samen der Beifuß-Ambrosie würden zwischen April<br />

und September keimen, wobei die meisten Sämlinge im Frühjahr aufträten. Im April<br />

gekeimte Pflanzen würden sich zunächst sehr langsam entwickeln und erst Mitte Juli<br />

beginnen, kräftig zu wachsen. Die Blütezeit erstrecke sich je nach Witterungsbedingungen<br />

über einen Zeitraum von Mitte Juli bis Ende Oktober, mit einem Schwerpunkt<br />

im August und September. Als windbestäubte Art bilde sie in der Blütezeit große


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Ul/Zur<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

Mengen an Pollen – bis zu einer Milliarde Pollen bei einer großen Pflanze. Erste<br />

Früchte würden gegen Ende September auftreten.<br />

Da die relativ schweren Samen keine Flugvorrichtungen hätten, sei ein Windtransport<br />

nur über kurze Strecken möglich. Eine Ausbreitung durch Vögel werde aus Nordamerika<br />

beschrieben. In Deutschland erfolge die Ausbreitung der Art nach bisherigen Erkenntnissen<br />

schwerpunktmäßig durch den Menschen. Die weitere Verbreitung von<br />

Ambrosia artemisiifolia in Bayern werde möglicherweise durch den Wandel des Klimas<br />

begünstigt, da die Pflanze warme und trockene Standorte bevorzuge. Für die<br />

Ausreife der spät gebildeten Samen sei eine trockene und warme Witterung im<br />

Herbst von Vorteil.<br />

Zum Fragenkomplex 1, Gesundheitsgefährdung, zunächst zu Frage 1a, „Welche<br />

gesundheitlichen Risiken gehen von der Beifuß-Ambrosie aus?“:<br />

Die Pollen der Beifuß-Ambrosie würden zu den stärksten Allergieauslösern beim<br />

Menschen zählen und seien unter anderem in den USA wesentlich für die Auslösung<br />

von saisonalem Asthma und Heuschnupfen verantwortlich. Asthma trete als Reaktion<br />

auf Ambrosiapollen besonders häufig auf. Schon geringe Pollenmengen von fünf bis<br />

zehn Pollen/m³ Luft könnten ausreichen, damit Menschen eine Ambrosiaallergie entwickeln<br />

könnten. Bei manchen Menschen trete überdies bei Berührung der Beifuß-<br />

Ambrosie eine Hautreaktion, eine sogenannte Kontaktdermatitis, auf. Die Betroffenen<br />

würden dann von geröteten, geschwollenen und juckenden Hautbereichen berichten.<br />

Eine Allergie sei eine spezifische Änderung der Immunitätslage im Sinne einer<br />

krankmachenden Überempfindlichkeit; eine Allergie sei also eine Krankheit. Die Art<br />

komme, wie bereits vorgetragen, erst spät im Jahr zur Blüte, zwischen August und<br />

Oktober mit Höhepunkt der Saison Ende August/Anfang September, wenn andere<br />

Pflanzen, die Pollenallergien auslösen würden, zum Beispiel Gräser, bereits abgeblüht<br />

seien. Häufig würden Menschen, die auf Pflanzenpollen reagieren, auch auf die<br />

Pollen anderer Pflanzenarten reagieren; man spreche dabei von polyvalenten Sensi-


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Ul/Zur<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

bilisierungen. Deshalb könne sich die Leidenszeit vieler Allergiker durch Ambrosia<br />

verlängern.<br />

In den europäischen Ländern, in denen sich die Ambrosia bereits stark ausgebreitet<br />

habe, zum Beispiel in Frankreich, würden große Probleme im Gesundheitswesen<br />

beschrieben. Sollte sich Ambrosia artemisiifolia in Deutschland und auch in Bayern<br />

weiter ausbreiten, sei die Zunahme von Allergien auf die Pollen der Art wahrscheinlich.<br />

Untersuchungen der Klinik für Dermatologie und Allergologie des Klinikums der Universität<br />

München aus dem Jahr 2004 würden darauf hindeuten, dass bislang noch<br />

keine wesentliche Prävalenz einer Sensibilisierung gegen Ragweed feststellbar sei.<br />

In Standardtests sei derzeit allerdings nicht geklärt, in welchem Maße Kreuzallergien<br />

zu verwandten Pflanzenarten mit eingehen würden. Das StMUGV habe daher die<br />

genannte dermatologische Klinik beauftragt, das Forschungsvorhaben „Ragweed-<br />

Pollen – ein bedeutsames neues Allergen?“ durchzuführen. Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens<br />

sollten es unter anderem ermöglichen, das Ausmaß und das Risiko<br />

der Ragweed-Sensibilisierung und -Allergie in Bayern abzuschätzen.<br />

Bei den meisten Pollenallergien seien Kreuzreaktionen mit anderen Pflanzen oder<br />

mit Lebensmitteln häufig. So seien bei der Ambrosia Kreuzreaktionen mit anderen<br />

Korbblütlern, Gräsern sowie Melonen und Bananen bekannt.<br />

Zu Frage 1b, „Welche volkswirtschaftlichen Kosten können durch die Ausbreitung<br />

dieser gebietsfremden Art in Bayern entstehen?“:<br />

In Deutschland würden durch die Ambrosiaarten nach Schätzungen einer vom Umweltbundesamt<br />

erstellten Studie schon derzeit Kosten im Gesundheitswesen zwischen<br />

17 und 47 Millionen Euro jährlich entstehen.<br />

Die medizinische Relevanz unterstreiche überdies eine in Frankreich – im Bereich<br />

Rhône-Alpes – durchgeführte Untersuchung zum Verbrauch von Heuschnupfen-


70. SO, 01.03.2007 6<br />

Ul/Zur<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

Medikamenten. Der Medikamentenverbrauch liege in den Regionen mit großem Vorkommen<br />

der Beifuß-Ambrosie deutlich höher als in Regionen ohne größere Vorkommen<br />

der Art. Der Verbrauch decke sich mit der Blütezeit der Beifuß-Ambrosie<br />

Mitte August bis Anfang Oktober. Nach dem Absinken der Kosten mit dem Ende der<br />

bisher bekannten Allergieperiode würden die Kosten für Antihistaminika mit dem Beginn<br />

der Blühperiode von Ambrosia dort wieder in erheblichem Maße ansteigen.<br />

Zum Fragenkomplex 2, Schäden in der Landwirtschaft, zunächst zu Frage 2a, „<br />

Kann die Ambrosia auch in Bayern zu einem wirtschaftlich bedeutenden Unkraut<br />

werden?“:<br />

In der üblichen Fruchtfolgerotation seien auf landwirtschaftlichen Flächen in Bayern<br />

bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt offenbar noch keine Auffälligkeiten festzustellen.<br />

Lediglich auf einem Feld mit Schnittblumenanbau, auf dem vermutlich verunreinigtes<br />

Saatgut, nämlich Vogelfutter, ausgesät worden sei, sei die Pflanze angetroffen worden.<br />

In anderen Ländern, zum Beispiel in den USA und in Ungarn, sei die Pflanze<br />

auch als landwirtschaftliches Unkraut mit erheblicher Schadwirkung bekannt. Besonders<br />

betroffen seien hier Reihenkulturen mit später Vegetationsentwicklung wie Sonnenblumen,<br />

Sojabohnen, Erbsen und Mais. Im Getreide vermöge die Pflanze zwar zu<br />

keimen, verharre aber bis zur Ernte im Jugendstadium und wachse erst nach der<br />

Getreideernte in starkem Umfang weiter.<br />

Aufgrund ihrer späten Entwicklung sei Ambrosia artemisiifolia mit den üblichen chemischen<br />

und mechanischen Bekämpfungsmaßnahmen generell nur begrenzt kontrollierbar.<br />

Da sich die Pflanze aufgrund der langlebigen Samen nachhaltig auf einer<br />

Fläche etablieren könne, sei wohl auch damit zu rechnen, dass die Eindämmung eines<br />

Befalls bzw. die Verhinderung einer weiteren Ausbreitung nicht immer möglich<br />

sein werde. Dies gelte insbesondere dann, wenn es bei einem Erstbefall zu einer<br />

stärkeren Samenbildung gekommen sei.<br />

Als zukünftige „kritische“ Bereiche in der Landwirtschaft könnten neben den relativ<br />

seltenen Schnittblumenflächen auch Stilllegungen und Feldränder angesehen wer-


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Ul/Zur<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

den. Dort finde die Pflanze einen idealen Lebensraum vor und könne sich langsam in<br />

den Schlag hinein ausbreiten. Auch Auffüllungen mit Boden- und Aushubmaterial<br />

müssten besonders beobachtet werden.<br />

Zu Frage 2b, „Welche Gefahren bestehen für die Biodiversität in Bayern?“: Ob die<br />

Beifuß-Ambrosie in Deutschland ein Problem für den Naturschutz werden könnte,<br />

werde zum Teil kontrovers diskutiert. Probleme würden beispielsweise in der<br />

Schweiz gesehen.<br />

Aus Deutschland lägen bislang kaum Fälle vor, in denen eine Beeinträchtigung der<br />

Biodiversität durch Ambrosia anzunehmen sei. Derzeit sei aus Bayern nur ein Fall<br />

bekannt, nämlich das Naturschutzgebiet Binnendünen-Siegenburg im Landkreis Kelheim<br />

bei der Stadt Siegenburg-Daßfeld, das zugleich auch FFH-Gebiet sei. Die Beifuß-Ambrosie<br />

sei in diesem Naturschutzgebiet bereits seit den 1970er-Jahren vorgekommen<br />

und habe sich im Umkreis einer Sanddüne innerhalb weniger Jahre auf einer<br />

Fläche von circa 130 m² ausgebreitet, nachdem dort Erdmaterial eingebracht<br />

worden sei. Auf etwa 30 m² habe sie sehr dichte Bestände mit etwa 800-<br />

1000 Keimpflanzen/m² ausgebildet. Es habe sich abgezeichnet, dass hier Silbergras-<br />

Fluren und seltene Pflanzenarten wie Teesdalia nudicaulis und andere ohne Bekämpfungsmaßnahmen<br />

verdrängt worden wären.<br />

Nach Auskunft der zuständigen Bezirksregierung sei das Problem dort weitestgehend<br />

gelöst. Durch Bekämpfungsmaßnahmen des Landschaftspflegevereins Kelheim<br />

sei die Beifuß-Ambrosie bereits erfolgreich zurückgedrängt worden.<br />

Da die Ambrosia vor allem auf nährstoffreichen Ruderalstandorten, in Gärten und auf<br />

landwirtschaftlichen Nutzflächen auftrete, die in der Regel nicht im Fokus des Artenund<br />

Lebensraumschutzes stünden, werde der Beitrag, den der Naturschutz zur flächenhaften<br />

Eindämmung des Ambrosiaproblems leisten könne, grundsätzlich nur<br />

sehr gering ausfallen. Lokale Bekämpfungs- bzw. Eradikationsmaßnahmen würden<br />

vonseiten des Naturschutzes nur dann ergriffen, wenn konkrete Schutzgründe dies<br />

erforderlich machen würden.


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Zum Fragenkomplex 3, Verbreitung in Bayern, zunächst zu Frage 3a, „Wo wurde<br />

die Pflanze in Bayern bereits festgestellt?“: Darüber, wie schnell und auf welche Weise<br />

sich die Ausbreitung der Beifuß-Ambrosie vollziehe, sei bislang wenig bekannt.<br />

Einzelexemplare und Bestände seien unter anderem – dabei handele es sich unter<br />

anderem um Feststellungen von Dr. Nawrath aus dem Jahr 2006 – an folgenden<br />

Stellen in Bayern gefunden worden: An Straßenrändern der B 20 nahe Burghausen,<br />

der A 3, der A 8 über eine Strecke von 75 km. Bei der Bekämpfung von Ambrosiavorkommen<br />

im Bereich von stark befahrenen Straßen, insbesondere Bundesautobahnen,<br />

seien die aufgrund der erforderlichen Absicherungsmaßnahmen für das Betriebspersonal<br />

auftretenden Behinderungen des Verkehrs, zum Beispiel hinsichtlich<br />

der Hauptreisezeiten, zu beachten. Ambrosia sei sogar schon in der Innenstadt München,<br />

an der Garmischer Straße gefunden worden.<br />

Weitere Fundorte seien das Gelände der ehemaligen Landesgartenschau 2004 in<br />

Burghausen, und in Laufen an einer Straße sowie im FFH-Gebiet „Binnendünen bei<br />

Siegenburg“. Ein weiterer Fundort sei ein Pflückblumenfeld im Raum Nürnberg.


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Zu Frage 3b, „Werden die Bestände kartiert?“: Die von Dr. Nawrath in Bayern festgestellten<br />

Bestände seien von ihm mittels GPS erfasst und dokumentiert worden.<br />

Die Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, die BBA, in Braunschweig habe vor,<br />

im Rahmen des von ihr beabsichtigten „Aktionsprogramms Ambrosia 2007“ eine<br />

zentrale Meldestelle für Ambrosia artemisiifolia einzurichten. Meldungen von größeren<br />

Beständen und Informationen sollten dort erfasst und in eine Datenbank eingegeben<br />

werden. Wegen der Vielzahl der zu erwartenden Einzelmeldungen sollten diese<br />

zunächst an regionale Sammelstellen gemeldet und von dort aus an die Zentrale<br />

weitergegeben werden. Ziel dieser Erfassung solle es einerseits sein, eine Übersicht<br />

über die aktuelle Situation in Deutschland zu erhalten und damit eine Basis für die<br />

Einschätzung der weiteren Ausbreitung. Andererseits sollten diese Daten direkt als<br />

Auslöser für Maßnahmen vor Ort dienen.<br />

Sonderwege der Länder würden in diesem Zusammenhang als nicht effizient angesehen.<br />

Bayern unterstütze daher die Einrichtung dieser zentralen Meldestelle für<br />

ganz Deutschland.<br />

Zu Frage 3c, „Was sind die Einschleppungswege?“: Folgende Einschleppungs- und<br />

Verbreitungswege seien derzeit bekannt: eine Ausbreitung über mit Ambrosiasamen<br />

verunreinigtes Vogelfutter in Privatgärten; eine Verbreitung über Sonnenblumenpflückfelder,<br />

wenn als Futtermittel in den Verkehr gebrachte und mit Ambrosiasamen<br />

kontaminierte Sonnenblumensamen nicht bestimmungsgemäß als Saatgut verwendet<br />

worden seien. Solche Futtermittel könnten, wie unter anderem auch Untersuchungen<br />

des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ergeben hätten,<br />

mehr als 300 Ambrosiasamen/kg Futtermittel enthalten.<br />

Bekannt sei auch eine Verbreitung entlang von Straßen und Autobahnen, möglicherweise<br />

durch Verschleppung von Ambrosiasamen durch Radkästen, die Schmutz enthalten<br />

würden. Bahntrassen und Bahndämme würden nach derzeitigem Kenntnisstand<br />

keine große Rolle spielen. An einzelnen außerbayerischen Binnenhäfen seien<br />

größere Bestände dokumentiert worden. Es finde sich eine Verschleppung über ver-


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<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

unreinigtes Erdmaterial bei Baumaßnahmen im Bereich von Straßenrändern und<br />

Siedlungsbereichen. Aus den USA sei eine Verschleppung der Samen durch Vögel<br />

bekannt. Eine Verbreitung über Flughäfen sei nicht bekannt.<br />

Zu Frage 3d, „Wo und wie werden die Konzentrationen von Ambrosia-Pollen gemessen?“:<br />

Der 1983 gegründete Deutsche Polleninformationsdienst, der PID, messe<br />

ganzjährig in Deutschland Pollen in der Luft. Der PID führe in ganz Deutschland an<br />

circa 55 Standorten während der Pollensaison von Frühjahr bis Herbst Pollenimmissionsmessungen<br />

mit sogenannten Burkard-Fallen mit Hilfe von geschultem Personal<br />

durch. In zehn Referenzmessstellen – das sei der Stand von 2006 – würden Pollenzählungen<br />

ganzjährig durchgeführt. Die vier Messstellen in Bayern würden sich in<br />

München an der Klinik für Dermatologie und Allergologie des Klinikums der Universität<br />

München befinden, in Erlangen, Zusmarshausen und Bamberg.<br />

Zum Vorstand des Deutschen Polleninformationsdienstes gehöre gegenwärtig Frau<br />

Prof. Heidrun Behrendt, die Leiterin des Zentrums Allergie und Umwelt an der Klinik<br />

für Dermatologie und Allergologie der Technischen Universität München.<br />

Zum Fragenkomplex 4, Welche Präventivmaßnahmen gegen die weitere Ausbreitung<br />

der Beifuß-Ambrosie in Bayern sind notwendig und durchführbar?, zunächst<br />

zu Frage 4a, „Wie können Bestände aufgefunden und deren weitere Verbreitung<br />

verhindert werden?“:<br />

Wie bereits dargestellt, würden 85 % der im Jahr 2006 bei der Projektgruppe Biodiversität<br />

und Landschaftsökologie eingelaufenen 1039 Meldungen über Ambrosiavorkommen<br />

Hausgärten betreffen. Die überwiegende Zahl der Meldungen stamme daher<br />

von Bürgern. Wegen der Vielzahl der zu erwartenden Einzelmeldungen, vor allem<br />

aus Privatgärten, sollten diese zunächst an regionale Sammelstellen gemeldet<br />

und von dort aus an die Zentrale weitergegeben werden. In Bayern kämen als regionale<br />

Sammelstellen für Ambrosiameldungen beispielsweise die Kreisfachberater für<br />

Gartenbau an den Kreisverwaltungsbehörden oder die amtliche Pflanzenbauberatung<br />

an den Ämtern für Landwirtschaft und Forsten infrage, die ihre Meldung dann an


70. SO 75. UV, 01.03.2007 11<br />

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die Landesanstalt für Landwirtschaft weiterleiten würden und diese selbst dann an<br />

die bundesweite Zentrale.<br />

Zu Frage 4b, „Wie kann die Einbringung und Ausbreitung von Samen verhindert werden?“<br />

Da Ambrosia artemisiifolia einjährig sei, müsse das oberste Ziel die Verhinderung<br />

der Samenproduktion sein, um das Fortbestehen oder die Vergrößerung der<br />

Bestände zu verhindern. Wesentlich für den Erfolg sei es deshalb, möglichst viele<br />

Pflanzen zu entfernen und dadurch die Samenbildung zu verhindern. Die lange Lebensfähigkeit<br />

der Samen im Boden von bis zu 40 Jahren erfordere es aber, auch in<br />

den Folgejahren die Fundstellen auf ein weiteres Auftreten der Pflanzen hin zu beobachten.<br />

In Bayern seien kürzlich in einem Monitoringprogramm insgesamt<br />

30 Futtermittelproben auf das Vorhandensein von Ambrosiasamen untersucht worden.<br />

Zusammenfassend lasse sich feststellen, dass das Vorkommen von Ambrosiasamen<br />

in Vogelfuttermitteln, die in Bayern vertrieben würden, bestätigt worden sei.<br />

40 % der Einzelfuttermittel und 30 % der Mischfuttermittel hätten Ambrosiasamen<br />

enthalten. Die stärkste Verunreinigung mit Ambrosiasamen habe sich in einem Streufutter<br />

für Vögel mit 332 Samen/kg gefunden.<br />

Allerdings sei das Futtermittelrecht nicht das geeignete Instrument zur Reglementierung,<br />

da der Gesetzeszweck die Zielsetzung „Verhinderung der Verbreitung von<br />

Pflanzen“ nicht umfasse. Daher werde die Sensibilisierung aller an der Herstellung<br />

von Vogelfutter bis hin zu Verwendung beteiligten Kreise als wesentlich erachtet. Die<br />

Information der Futtermittelhersteller bzw. Inverkehrbringer sei bereits mit Schreiben<br />

des BMELV vom 21.09.2006 an landwirtschaftliche Organisationen und Wirtschaftsverbände<br />

erfolgt. In Bayern würden Futtermittelhersteller durch die zuständige Vollzugsbehörde,<br />

die Regierung von Oberbayern, direkt informiert, wenn bei einer Untersuchung<br />

eines Vogelfutters Ambrosiasamen gefunden würden. Aufgrund der derzeitigen<br />

Gesetzeslage seien diese Futtermittel jedoch nicht zu beanstanden.


70. SO 75. UV, 01.03.2007 12<br />

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Daneben sei auch die Verwendung von kontaminierten Futtermitteln als Saatgut zu<br />

berücksichtigen, zum Beispiel für Pflückfelder oder Brachflächen. Das StMUGV habe<br />

mit Schreiben vom 15.02.2007 dem BMELV mitgeteilt, dass dieser mögliche Verbreitungsweg<br />

bei der Information der betroffenen Kreise berücksichtigt werden sollte.<br />

Das BMELV sei überdies gebeten worden zu prüfen, ob entsprechende Futtermittel<br />

mit Waren- bzw. Informationshinweisen versehen werden könnten.<br />

Die Durchführung von Bekämpfungsmaßnahmen sollte von der Größe der gefundenen<br />

Bestände abhängig sein. Einzelpflanzen und kleine Bestände seien am besten<br />

während des Fundes auszureißen. Für die Bekämpfung von Ambrosia artemisiifolia<br />

stünden mechanische und chemische Möglichkeiten zur Verfügung. Auf alle Fälle<br />

müsse eine Bekämpfung rechtzeitig erfolgen, um die Blüte und Samenbildung zu<br />

verhindern. Schwierigkeiten bereite der starke Wiederaustrieb der Pflanze, der vor<br />

allem nach einer mechanischen Bekämpfung durch Mahd auftrete und erneut zur<br />

Blüte führen könne. Dabei seien je nach Entwicklung – blühend, fruchtend – unterschiedlich<br />

starke Vorsichtsmaßnahmen zu beachten.<br />

Die Frage nach der Zuständigkeit von Bekämpfungs- bzw. Eradikationsmaßnahmen<br />

müsse differenziert betrachtet werden. Eine mechanische Bekämpfung von Einzelpflanzen<br />

könne jeder Bürger durchführen – allerdings müsse darauf geachtet werden,<br />

dass die Bekämpfung vor der Blüte erfolge und gewisse Sicherheitsvorkehrungen<br />

getroffen würden. Die BBA werde demnächst eine detaillierte Darstellung der<br />

persönlichen Schutzmaßnahmen veröffentlichen. Das für den Arbeitsschutz zuständige<br />

StMUGV habe bei der Erstellung intensiv fachlich mitgewirkt.<br />

Bei einem Einsatz von Herbiziden müssten die gesetzlichen Regelungen im Bereich<br />

Pflanzenschutz und dabei vor allem die Indikationszulassung berücksichtigt werden.<br />

Bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung könne bisher von keiner Entwicklung der<br />

Pflanze auf landwirtschaftlichen Flächen in Bayern ausgegangen werden, soweit sie<br />

dort überhaupt vorhanden sei.


70. SO 75. UV, 01.03.2007 13<br />

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Brachflächen, Neubaugebiete und andere offene Flächen seien gefährdeter. Für solche<br />

nicht landwirtschaftlichen Flächen sei vor dem Einsatz von Herbiziden eine Genehmigung<br />

nach § 6 Absatz 3 des Pflanzenschutzgesetzes erforderlich. Zuständig<br />

für die Entgegennahme und Bearbeitung dieser Anträge seien die Ämter für Landwirtschaft<br />

und Forsten mit besonderer Zuständigkeit im Bereich Pflanzenschutz.<br />

Grundsätzlich würden alle Unkräuter durch einen fachgerechten Kompostiervorgang<br />

vernichtet, unabhängig davon, ob Samen oder andere Unkrautorgane kompostiert<br />

würden. Auch nicht blühende bzw. nicht fruchtende Ambrosien könnten also grundsätzlich<br />

kompostiert werden.<br />

Die aufrechte Ambrosia stelle dabei für den Arbeitsschutz ein besonderes Problem<br />

dar. Diese Pflanze würde zwar durch das fachgerechte Kompostieren ebenfalls abgetötet,<br />

aber ihr Transport, das Abladen und das Schreddern sei für die Mitarbeiter<br />

der Kompostieranlage wegen der Allergiegefährdung problematisch.<br />

Von einer Kompostierung auf einem Gartenkompost werde auch aus Sicht der<br />

Schweizer Behörden dringend abgeraten. Meist würden dort nicht genügend hohe<br />

Temperaturen erreicht, und es würden nicht alle Samen abgetötet. Zudem könnten<br />

ausgerissene Pflanzen auf einem nicht gut kontrollierten Gartenkompost sogar noch<br />

zum Blühen und Fruchten kommen. Aus all diesen Gründen rate die „Schweizerische<br />

Kommission für die Erhaltung von Wildpflanzen SKEW“ vorbeugend von einer Kompostierung<br />

ab.<br />

Zur Sicherheit sollten alle Ambrosien, die ab Juli ausgerissen würden, in Plastiktüten<br />

verpackt in den Restmüll gegeben und damit in der Regel der Müllverbrennung zugeführt<br />

werden.<br />

Zu Frage 4c, „Wie kann eine ausreichende Information der zuständigen Behörden<br />

und Organisationen sichergestellt werden?“: Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit<br />

habe im Auftrag des StMUGV ein aktuelles Internetangebot<br />

betreffend die gesundheitlichen Gesichtspunkte von Ambrosia artemisiifolia erstellt.


70. SO 75. UV, 01.03.2007 14<br />

Ul/Zur<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

Es finde sich unter dem Themenbereich „Inhalationsallergien“ der Umweltmedizinseite.<br />

Es seien sowohl Beiträge zu Inhalationsallergien als auch spezielle Informationen<br />

zu Ambrosia artemisiifolia eingestellt worden.<br />

Mit Schreiben vom 21.12.2006 seien die Regierungen, Landratsämter/Gesundheitsämter<br />

und die Städtischen Gesundheitsämter über den aktuellen<br />

Kenntnisstand zu Ambrosia informiert worden. Den Behörden sollten frühzeitig vor<br />

der nächsten Blühsaison Informationen zu diesem problematischen Neophyten zur<br />

Verfügung gestellt werden. Die BBA werde demnächst eine detaillierte Darstellung<br />

der persönlichen Schutzmaßnahmen veröffentlichen.<br />

Die Oberste Baubehörde werde das Thema Ambrosia im arbeitsmedizinischen Jahresbericht<br />

2006 aufgreifen und die staatlichen Bauämter darüber informieren.<br />

Das Landwirtschaftsministerium beabsichtige die Information von Institutionen und<br />

Vollzugsbehörden im eigenen Geschäftsbereich. Die einschlägigen Behörden, die<br />

Ämter für Landwirtschaft und Forsten, die Landesanstalt für Landwirtschaft, die Landesanstalt<br />

für Weinbau und Gartenbau und die Ämter für ländliche Entwicklung würden<br />

neben den im Internet veröffentlichten Informationen auch auf das Merkblatt der<br />

BBA zur „Beifuß-Ambrosie“ hingeleitet.<br />

Das Innenministerium beabsichtige, die nachgeordneten Bauämter und das Straßenbetriebspersonal<br />

in einem eigenen Informationsbeitrag im behördeninternen Intranet<br />

zu informieren und auf weitere Informationsmöglichkeiten hinzuweisen. Die im Bereich<br />

gemeldeter Vorkommen gelegenen Bauämter würden gesondert auf Vorkommen<br />

in ihrem Amtsbereich hingewiesen. Die Streckenwartung werde zur erhöhten<br />

Aufmerksamkeit und umgehenden Meldung an das Fachpersonal angewiesen. Zur<br />

Identifikation der Pflanze würden durch die betroffenen Ämter zeitnah Informationsveranstaltungen<br />

durchgeführt. Die Meldungen würden durch das StMI gesammelt<br />

und an die zentrale Meldestelle weitergeleitet.


70. SO 75. UV, 01.03.2007 15<br />

Ul/Zur<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

Zu Frage 4d, „Wie kann die Kooperation und Koordination der Behörden und Organisationen<br />

gewährleistet werden?“: Vorrangig erscheine eine frühzeitige und koordinierte<br />

Bekämpfung. Auf Anregung von Herrn Staatsminister Dr. Schnappauf sei eine<br />

„Interressortielle Arbeitsgruppe Ambrosia“ ins Leben gerufen worden. Am 22.01.2007<br />

habe deren erste Sitzung im StMUGV unter Beteiligung des StMI, STMLF, StMWIVT<br />

und LGL stattgefunden. Die fachliche Vielschichtigkeit und der Facettenreichtum der<br />

Ambrosiaproblematik zeige sich unter anderem auch in der Zahl der allein im<br />

StMUGV angesprochenen Fachthemen wie Gesundheitsschutz, Futtermittelproblematik,<br />

Verbreitung von Ambrosiasamen durch Vogelfutter, Naturschutz, Arbeitsschutz,<br />

Pflanzenschutzmittelausbringung, Problematik der Entsorgung von Ambrosia,<br />

Öffentlichkeitsarbeit und Risikokommunikation.<br />

Diese erste Sitzung der Arbeitsgruppe habe folgendes Arbeitsergebnis gehabt:<br />

Da bei einer weiteren Ausbreitung von Ambrosia artemisiifolia gesundheitliche Auswirkungen<br />

auf die Bevölkerung zu erwarten seien, sollte eine frühzeitige Eradikation<br />

bzw. zumindest Verhinderung der Ausbreitung dieser Pflanze gemeinsam durch alle<br />

beteiligten Ressorts angestrebt werden. – Ob eine Lenkung durch staatliche Regelungen,<br />

und wenn ja, auf welcher Ebene – EU, national, Bayern – erforderlich bzw.<br />

zielführend sei, müsse weiter geprüft werden. – Die einzelnen Ressorts – das<br />

StMUGV, StMLF, StMI, STMWIVT – würden Handlungsoptionen in ihrem Zuständigkeitsbereich<br />

prüfen. – Eine umfassende Aufklärung aller betroffenen Kreise – Bevölkerung,<br />

Gartenbesitzer, Landwirte, staatliche und kommunale Stellen wie Autobahnmeistereien,<br />

Bauhöfe usw. – sollte erfolgen.<br />

Eine zweite Sitzung der „Interressortiellen Arbeitsgruppe Ambrosia artemisiifolia“<br />

werde voraussichtlich im März 2007 stattfinden.<br />

Zu Frage 4e, „Wie kann ein öffentliches Bewusstsein geschaffen werden?“: Wegen<br />

der weiten Verbreitung von Ambrosia artemisiifolia und ihres zerstreuten Vorkommens<br />

in Siedlungen, privaten Gärten usw. sei die Mitwirkung möglichst großer Kreise<br />

der Öffentlichkeit bei der Erfassung und auch Bekämpfung von großer Bedeutung. In<br />

Bayern solle die breite Öffentlichkeit noch vor Beginn der Blütezeit Anfang Juli infor-


70. SO 75. UV, 01.03.2007 16<br />

Ul/Zur<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

miert werden. Die Informationsangebote des Umweltministeriums habe er, Dr. Glocker,<br />

bereits aufgeführt.<br />

Das StMLF beabsichtige, die Öffentlichkeit über die Internetseiten seiner Behörden –<br />

über das Institut für Pflanzenschutz – über Ambrosia zu informieren. Dabei erfolge<br />

eine Beschreibung der Pflanze mit Bilddokumentation. Der bereits vorhandene Unkrautsteckbrief<br />

werde hierzu ausgebaut.<br />

Überdies werde eine breite Öffentlichkeit beispielsweise durch Beiträge im Bayerischen<br />

Landwirtschaftlichen Wochenblatt und in Kleingärtner-Zeitschriften erreicht.<br />

Es werde überlegt, ob das Bayerische Fernsehen dafür interessiert werden könne,<br />

beispielsweise in seiner Gartensendung „Querbeet“ oder in „Unser Land“ von dieser<br />

Pflanze und ihren Besonderheiten zu berichten.<br />

Landwirte sollten durch das Landwirtschaftsministerium gezielt über die Notwendigkeit<br />

zur Kontrolle von Feldern, Feldrändern und Stilllegungsflächen unterrichtet werden,<br />

damit dort möglichst frühzeitig Bekämpfungsmaßnahmen einsetzen könnten.<br />

Für die Durchführung von Maßnahmen und Monitoring sei eine breite Allianz von<br />

Vertretern der verschiedenen betroffenen Bereiche notwendig. Besonders für das<br />

Monitoring sei ein möglichst flächendeckend wirkendes Netzwerk von Organisationen<br />

und Personen anzustreben, vorzugsweise von solchen, welche die Erfassung und<br />

gegebenenfalls Bekämpfung ohne großen Zeitaufwand während ihrer Arbeit beziehungsweise<br />

ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit durchführen könnten.<br />

Zu Frage 4f, „Welche Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern und Nachbarländern<br />

ist erforderlich?“: Das bayerische Gesundheitsministerium stehe im Hinblick auf<br />

die Ambrosiaproblematik in engem Kontakt mit der „Biologischen Bundesanstalt für<br />

Land- und Forstwirtschaft“ in Braunschweig. Es bestünden gute Arbeitskontakte zwischen<br />

Schweizer Behördenvertretern und dem StMUGV. – Im Grenzbereich zu Österreich<br />

werde durch das StMI Kontakt zu betroffenen Behörden aufgenommen.


70. SO 75. UV, 01.03.2007 17<br />

Ul/Mt<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

Als Zusammenfassung sei Folgendes festzustellen:<br />

Ambrosia artemisiifolia sei ein Neophyt, der erstmals 1863 in Deutschland beschrieben<br />

worden sei.<br />

Die Pollen der Pflanzen hätten ein erhebliches allergisches Potential und könnten die<br />

Allergiebildung aufgrund der späten Blühperiode um mehrere Wochen verlängern.<br />

Der tatsächliche Sensibilisierungsgrad der Bevölkerung sei unklar und werde derzeit<br />

im Auftrag des Umweltministeriums näher erforscht.<br />

Bei einer weiteren Ausbreitung könnte Ambrosia auch in Deutschland und Bayern zu<br />

einem bedeutsamen gesundheitlichen Faktor werden.<br />

Nach bisherigem Kenntnisstand sei Ambrosia noch nicht sehr weit verbreitet, bilde<br />

aber vereinzelt bereits größere Bestände in Bayern.<br />

Es finde sich eine erhebliche Ausbreitung entlang einzelner Autobahnabschnitte und<br />

verschiedener Straßen.<br />

Bisher bekannte Einschleppungs- und Verbreitungswege seien verunreinigtes Vogelfutter,<br />

die zweckfremde Verwendung von Futtermitteln als Saatgut sowie die Verfrachtung<br />

von kontaminiertem Erdmaterial.<br />

Der bisherige Kenntnisstand über die Pflanze sei noch in vieler Hinsicht lückenhaft,<br />

sowohl was die gesundheitliche Relevanz in Deutschland als auch die tatsächliche<br />

Verbreitung und deren Ursachen anbetreffe.<br />

Erfolgreiche Bekämpfungs- bzw. Eindämmungsmaßnahmen würden derzeit noch als<br />

möglich erscheinen. Sie würden in Bayern noch vor der Blühperiode 2007 beginnen.<br />

Abg. Henning Kaul (CSU) betont, der Umweltausschuss habe mit dem Bericht der<br />

Staatsregierung nicht die „Unpflanze des Jahres“ kreieren wollen, sondern klarma-


70. SO 75. UV, 01.03.2007 18<br />

Ul/Mt<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

chen wollen, dass in der mittlerweile grenzenlos gewordenen Welt auch Pflanzen<br />

unterwegs seien und mit dem Reisen von Menschen auch Veränderungen in der<br />

Tier- und Pflanzenwelt bewirkt würden. Die Kenntnisse des Naturschutzbeauftragten<br />

des Landkreises, aus dem er, Kaul, komme, sowie eigene Literaturrecherchen hätten<br />

ihn, Kaul, dazu veranlasst, das Thema im Umweltausschuss – zeitgleich mit dem<br />

Sozialausschuss – aufzugreifen. Das große durch Ambrosia artemisiifolia verursachte<br />

Problem bestehe darin, dass Allergiker wegen der späten Blühzeit der Pflanze und<br />

ihrer großen Anzahl von Pollen in Zukunft ganzjährig belastet sein könnten. Das Parlament<br />

solle daher den im Bericht der Staatsregierung genannten Maßnahmen besondere<br />

Aufmerksamkeit widmen.<br />

Insbesondere die Freizeitgärtner, die Obst- und Gartenbauvereine müssten über<br />

Aussehen, Ausbreitung der Pflanze und Gegenmaßnahmen informiert werden. Die<br />

GSF weise in ihrem Faltplan darauf hin, dass die Pflanze auf keinen Fall kompostiert<br />

werden dürfe, sondern ausgerissen und in den Restmüll gesteckt werden müsse, der<br />

in Bayern verbrannt werde.<br />

Abg. Henning Kaul bittet um Erläuterung der Unterschiede auf den beiden Fotografien<br />

eines Feldes in Frankreich (siehe die verteilten Unterlagen) und bittet um Erklärung,<br />

weshalb im vom Umweltministerium bereitgestellten Verbreitungsatlas ein Vordringen<br />

der Pflanze von Osteuropa nach Westen dargestellt werde, obwohl in der<br />

gängigen Literatur und in der Information der GSF davon die Rede sei, dass die<br />

Pflanze aus Nordamerika stamme.<br />

Abg. Ruth Paulig (GRÜNE) warnt vor einer Hysterie im Zusammenhang mit Ambrosia<br />

artemisiifolia, weil die Pflanze schon seit knapp 150 Jahren in Deutschland vorkomme<br />

und sich nicht so dramatisch ausgebreitet habe, wie befürchtet worden sei.<br />

Eine Schnappauf-Task-Force, welche die Pflanze gewissermaßen in einem Feldzug<br />

bekämpfe, sei nicht notwendig, sondern man könne das Problem mit Gelassenheit<br />

angehen.


70. SO 75. UV, 01.03.2007 19<br />

Ul/Mt<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

Abg. Ruth Paulig zeigt sich dankbar für den Hinweis des Ministeriums, dass für den<br />

Einsatz von Pestiziden gegen die Pflanze derzeit eine Genehmigung nach dem<br />

Pflanzenschutzgesetz notwendig sei, und erkundigt sich, welche Pestizide überhaupt<br />

geeignet und zugelassen seien für die Bekämpfung von Ambrosia artemisiifolia.<br />

Abg. Ruth Paulig erkundigt sich, ob es Hinweise darauf gebe, dass es aufgrund von<br />

Ambrosia artemisiifolia Auswirkungen auf die Bienenaufzucht oder andere Insekten<br />

gebe – wegen der späten Blühzeit würden die Bienen sicher gern auf die Pflanze als<br />

Nahrungsmittel zurückgreifen – und ob es eine Häufung von Pollenrückständen aus<br />

dieser Pflanze im Honig gebe. Wirke die orale Pollenaufnahme allergen?<br />

Abg. Kathrin Sonnenholzner (SPD) betont, der Antrag der SPD beabsichtige nicht,<br />

Hysterie auszulösen, sondern wolle für Aufklärung und Prävention zu einer Zeit sorgen,<br />

in der die Ausbreitung der Pflanze noch eingedämmt werden könne. Auch die<br />

finanzielle Dimension der durch die Pflanze ausgelösten Allergien sei zu bedenken.<br />

Abg. Kathrin Sonnenholzner erkundigt sich, ob in der Umgebung des Vorkommens<br />

der Pflanze entlang Autobahnstrecken die Landratsämter für Aufklärung in der Umgebung<br />

gesorgt hätten, damit möglichst rasch Gegenmaßnahmen getroffen werden<br />

könnten, die, wie das Beispiel Kelheim zeige, durchaus funktionieren würden.<br />

Laut Bericht habe nur Bayern an der bundesweiten Konferenz teilgenommen. Es wäre<br />

sinnvoll, über den Bundesrat die anderen Bundesländer auf dieses Problem hinzuweisen,<br />

um die bundesweite Aufklärung zu verstärken.<br />

Erfreulich sei der Hinweis des Ministeriumsvertreters auf die wichtige Rolle der Kreisfachberatungen<br />

im Zusammenhang mit Ambrosia artemisiifolia. Dies beweise, dass<br />

das Engagement der SPD hilfreich gewesen sei, die Kreisfachberater nicht zur freiwilligen<br />

Leistung an Landratsämtern zu machen.<br />

Nachdem im Bericht darauf hingewiesen worden sei, dass der Einsatz der Futtermittel,<br />

die der Verbreitung der Pflanze Vorschub leisten würden, derzeit nicht zu bean-


70. SO 75. UV, 01.03.2007 20<br />

Ul/Mt<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

standen sei, stelle sich die Frage, welche konkreten Gesetzesänderungen dazu notwendig<br />

wären. Sehr wichtig wäre eine Aufklärung der Bevölkerung, damit diese in<br />

Zukunft einheimisches Vogelfutter kaufe, womit das Problem gelöst und die einheimische<br />

Wirtschaft gestärkt würde.<br />

Zwar sei die Ankündigung der beabsichtigten Maßnahmen erfreulich, aber mit Absichtserklärungen<br />

allein sei es nicht getan. Die SPD werte die Tatsache, dass im Januar<br />

die erste Sitzung einer Steuerungsgruppe stattgefunden habe, als Erfolg ihrer<br />

öffentlichen Anfrage zu diesem Thema. Sie hoffe aber, dass es nicht bei der Steuerungsgruppe<br />

bleibe, sondern in der Praxis die richtigen Maßnahmen ergriffen würden.<br />

– Die Pflanze solle im Übrigen nicht ausgerissen, sondern ausgegraben werden,<br />

um die gesamte Pflanze zu beseitigen; ein Hautkontakt mit Ambrosia artemisiifolia<br />

könne nämlich zu Hautreaktionen führen.<br />

Abg. Christa Götz (CSU) betont die Notwendigkeit von Aufklärungsmaßnahmen vor<br />

Ort, in Gartenbauvereinen und auch im Bayerischen Bauernverband. Unklar sei, wie<br />

die Bekämpfung und Restmüllentsorgung der Pflanze funktionieren solle, die entlang<br />

von Straßenrändern vorkomme. Im eigenen Garten sei das sehr wohl möglich, aber<br />

kaum an diesen Standorten.<br />

Gerade für die Landwirtschaft wäre wichtig zu wissen, welche Herbizide gegen die<br />

Pflanze eingesetzt werden könnten. Völlig unverständlich sei, dass Frau Abg. Paulig<br />

vor Hysterie warne; denn in der Tat sei es sehr wichtig, von vornherein diese Pflanze<br />

einzudämmen. Die Bekämpfung von Ambrosia artemisiifolia müsse auch ein Thema<br />

des Bundeslandwirtschaftsministeriums, ja ein Thema für ganz Deutschland sein.<br />

Vorsitzender Joachim Wahnschaffe (SPD) erkundigt sich vor dem Hintergrund der<br />

Aussage im Bericht, dass die von Ambrosia artemisiifolia ausgelösten Allergien einen<br />

bedeutsamen gesundheitlichen Faktor darstellen würden, ob es überhaupt Rückmeldungen<br />

über die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Gesundheitsämter über<br />

derartige gesundheitliche Beeinträchtigungen gebe und ob Erkenntnisse über eine<br />

kleinere oder größere Anzahl derartiger Allergien vorlägen. Laut dem Informations-


70. SO 75. UV, 01.03.2007 21<br />

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<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

blatt der GSF würden Allergien durch Ambrosia artemisiifolia derzeit in Deutschland<br />

klinisch noch eine untergeordnete Rolle spielen.<br />

Abg. Helmut Guckert (CSU) hält eine Eindämmung der Pflanze, die sich den<br />

Standortbedingungen in Deutschland angepasst habe und immer weiter ausbreite,<br />

für bedeutsam und erkundigt sich, wie Ambrosia artemisiifolia in der Praxis bekämpft<br />

werden könne. Beim Ackerbau habe man die Pflanze offensichtlich im Griff. Auf<br />

Brachflächen könnte die Pflanze mit jährlichem Fräsen oder Abflammen bekämpft<br />

werden. Problematisch werde die Bekämpfung im Grünland sein. Es werde daher<br />

notwendig sein, sich mit Verfahren auseinanderzusetzen, wie die Pflanze im Grünland<br />

und auf Gemeindeflächen bekämpft werden könne, um ein baldiges Handeln zu<br />

ermöglichen.<br />

MedDir. Dr. Glocker (Umweltministerium) geht auf die von Abg. Kaul angesprochenen<br />

Fotografien ein. Das eine Foto zeige Massenbestände bereits abgestorbener<br />

brauner Artemisiapflanzen auf einem abgeernteten Acker, das andere Foto zeige<br />

Bestände von Artemisia auf einer Grünlandfläche im Herbst des Jahres 2006 in der<br />

Umgebung von Lyon.<br />

Bislang gebe es keine Erkenntnisse darüber, dass die orale Aufnahme allergen wirke.<br />

Möglicherweise könnte darauf das vom StMUGV an die Dermatologische Klinik<br />

der LMU vergebene Forschungsvorhaben eine Antwort geben.<br />

Derzeit gebe es keine Rückmeldepflicht für Ambrosiavorkommen. Eines der Ergebnisse<br />

des Aktionsprogramms der BBA im gegenwärtigen Jahr solle eben sein, dass<br />

eine derartige Meldestelle eingerichtet werde.<br />

Um medizinische Erkenntnisse über die Auswirkungen von Ambrosia artemisiifolia zu<br />

gewinnen, habe das Ministerium den Forschungsauftrag an die Dermatologische Klinik<br />

vergeben. Es gebe bereits Hinweise darauf, dass es Ragweed-Allergien geben<br />

könnte. Ein Ergebnis des Forschungsvorhabens solle sein, inwieweit Kreuzallergien


70. SO 75. UV, 01.03.2007 22<br />

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<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />

zu anderen Pflanzenarten auftreten könnten, die phylogenetisch verwandt seien, eingehen<br />

würden. Dazu gebe es noch keine konkreten Ergebnisse.<br />

Ltd. LD Steck (LfL Freising) führt aus, es gebe zugelassene Unkrautbekämpfungsmittel,<br />

die gegen Ambrosia wirksam seien. Welches Mittel benutzt werde, hänge davon<br />

ab, in welcher Kultur das notwendig wäre und zu welchem Termin. Bei einer normalen<br />

Bewirtschaftung seien aber in der Regel keine Probleme zu befürchten.<br />

Für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf nicht genutzten Flächen sei in jedem<br />

Fall eine Genehmigung notwendig. Eingesetzt werden könnten zugelassene Pflanzenschutzmittel,<br />

die aus der Gruppe der Totalherbizide stammten, zum Beispiel<br />

Roundup. Das Herbizid müsse zu einem für die Bekämpfung optimalen Zeitpunkt<br />

eingesetzt werden. Bei einem zu frühen Einsatz werde die Pflanze nur oberflächlich<br />

abgetötet und wachse später mit neuen Seitentrieben weiter.<br />

Die Pollen der Ambrosia seien für die Biene nicht interessant, weil das eine windblütige<br />

Pflanze sei, die botanisch mit dem herkömmlichen Beifuß „in einen Topf“ geworfen<br />

werden könne. Zumindest in der Literatur gebe es bislang noch keine Hinweise<br />

darauf, dass sich dieser Pollen, der für den Menschen allergen sei, auf den Organismus<br />

der Biene auswirke. Wenn die Biene diesen Pollen nicht aufnehme, dann werde<br />

er mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht im Honig zu finden sein.<br />

Zur Frage der Bekämpfung auf Ackerfläche, Brachland und Grünland: Auf der Ackerfläche<br />

werde das Pflanzenvorkommen durch die Bewirtschaftung wohl klein gehalten<br />

werden können. Das Vorgehen gegen die Pflanze auf Brachflächen sei sehr stark<br />

eingeschränkt, weil diese Flächen zum Teil gefördert würden. Diese Flächen dürften<br />

normalerweise nur einmal im Jahr geschnitten werden; der Aufwuchs müsse liegen<br />

blieben, verrotten und dürfe nicht abgefahren werden. Das Abflammen wäre bei einer<br />

lebenden Pflanze einerseits mit einem hohen Risiko verbunden und werde andererseits<br />

nicht sehr wirksam sein. Es bleibe daher nur, die Öffentlichkeit darüber zu informieren,<br />

dass es nicht ratsam sei, mit möglichst billigem Saatgut zu operieren –<br />

billig deshalb, weil dieses nicht zertifiziert sei. Häufig würden Vogelfutter-


70. SO 75. UV, 01.03.2007 23<br />

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Sonnenblumensamen ausgesät, die den Ambrosiasamen mit enthielten. Dieses Vorgehen<br />

sei eine „unmögliche Sache“, die in Zukunft noch große Schwierigkeiten verursachen<br />

werde.<br />

Vorsitzender Joachim Wahnschaffe (SPD) bedankt sich beim Vertreter des Ministeriums<br />

für den umfangreichen und informativen Bericht, aus dem hervorgehe, dass<br />

von Ambrosia ausgelöste Allergien eine reale Gefahr darstellen würden, der die Politik<br />

Beachtung schenke müsse. Beide Ausschüsse seien daran interessiert, über die<br />

Ergebnisse der angekündigten Maßnahmen auf dem Laufenden gehalten zu werden,<br />

und würden sich zu gegebener Zeit eventuell erneut mit dem Thema befassen.<br />

* * *<br />

(Schluss der Sitzung)

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