Kein Wortprotokoll - Reinhold Strobl
Kein Wortprotokoll - Reinhold Strobl
Kein Wortprotokoll - Reinhold Strobl
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong><br />
Vom Redner nicht<br />
autorisiert<br />
B A Y E R I S C H E R L A N D T A G<br />
Gemeinschaftliche informatorische Sitzung<br />
gem. § 137 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag<br />
Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik<br />
70. Sitzung<br />
Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz<br />
75 Sitzung<br />
Donnerstag, 1. März 2007, 9.15 bis 10.30 Uhr<br />
Den Vorsitz führt Abg. Joachim Wahnschaffe (SPD)<br />
Protokoll: Brigitte Hochholzer-Ulrich
70. SO, 01.03.2007 II<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
TAGESORDNUNG<br />
Bericht des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit<br />
und Verbraucherschutz über die Gesundheitsgefährdung und die<br />
Schäden durch die Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) in<br />
Bayern (Drs. 15/7437)<br />
– mit Aussprache – 1
70. SO, 01.03.2007 1<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
Bericht des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und<br />
Verbraucherschutz über die Gesundheitsgefährdung und die Schäden durch<br />
die Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) in Bayern (Drs. 15/7437)<br />
– mit Aussprache –<br />
Vorsitz:<br />
Joachim Wahnschaffe (SPD)<br />
Abg. Kathrin Sonnenholzner (SPD) nimmt mit Freude das große Interesse der Medien<br />
für das Thema der gegenwärtigen Ausschusssitzung sowie die Beteiligung des<br />
Umweltausschusses zur Kenntnis, bedauert aber die geringe Beteiligung der Vertreter<br />
des Landwirtschaftsausschusses, weil Schäden durch die Beifuß-Ambrosie in der<br />
Tat ein landwirtschaftlich relevantes Thema seien.<br />
Inzwischen sei die Beifuß-Ambrosie weltweit das stärkste Pollenallergen und in den<br />
USA der häufigste Auslöser von allergischem Asthma. Zusätzlich zu den asthmatischen<br />
Beschwerden verursache die Pflanze Hautreaktionen. Dieses Allergen sei um<br />
ein Vielfaches aggressiver als gängige Allergene in Deutschland und könne weit größere<br />
Probleme bereiten als zum Beispiel Hasel oder Birke. Die SPD sehe daher die<br />
Staatsregierung in der Pflicht, alles zu tun, was möglich sei, um die Verbreitung dieser<br />
Pflanze und die damit verbundenen Gefahren zu minimieren.<br />
Abg. Kathrin Sonnenholzner trägt anschließend den Inhalt des Antrags der SPD auf<br />
Drucksache 15/7437 vor und betont, dass die SPD zu allen diesen Fragen nicht nur<br />
aufschlussreiche Antworten, sondern auch konkretes Handeln erwarte.<br />
MedDir. Dr. Glocker (Umweltministerium) berichtet über den aktuellen Sachstand<br />
betreffend die gesundheitlichen Auswirkungen und die Verbreitung des Beifußblättrigen<br />
Traubenkrauts – Ambrosia artemisiifolia, auf Englisch „Ragweed“ – in Bayern.<br />
Auch in Bayern gebe es Hinweise auf eine Ausbreitung dieses – insbesondere wegen<br />
seines überaus hohen allergenen Potenzials – gesundheitlich bedenklichen Neophyten.<br />
Dieser Bericht beruhe maßgeblich auch auf Beiträgen des Landwirt-
70. SO, 01.03.2007 2<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
schaftsministeriums, des Innenministeriums und des Wirtschaftsministeriums. Aufgrund<br />
der insbesondere gesundheitlichen Problematik von Ambrosia habe das<br />
Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz in Bayern die Federführung<br />
übernommen.<br />
Der Vortrag werde mit informativen Folien unterfüttert, die Herr Dr. Nawrath und Frau<br />
Dr. Alberternst von der Projektgruppe Biodiversität und Landschaftsökologie zur Verfügung<br />
gestellt hätten (in der Sitzung verteilt).<br />
Das StMUGV setzte sich bereits seit 2005 intensiv mit der Problematik von Ambrosia<br />
artemisiifolia auseinander. Insbesondere die im Jahr 2006 gewonnenen, neuen wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisse würden nunmehr die Notwendigkeit für ein staatliches<br />
Eingreifen und Handeln in Bayern belegen. Auch in den Jahren 2005 und 2006 sei<br />
die Verbreitung von Ambrosiapollen in Deutschland angestiegen.<br />
In Deutschland seien sehr wahrscheinlich größere Bestände von Ambrosia vorhanden.<br />
Im Jahr 2006 seien bei der Projektgruppe Biodiversität und Landschaftsökologie<br />
am Institut für Ökologie, Evolution und Diversität der Goethe-Universität Frankfurt am<br />
Main, mit der das StMUGV intensiv zusammenarbeite, 1039 Ambrosiameldungen<br />
registriert worden. 85 % aller Meldungen würden aus Gartenbeständen stammen.<br />
Vierundfünfzigmal seien große Vorkommen – das seien definitionsgemäß mehr als<br />
100 Pflanzen – in Deutschland gemeldet worden; die Dunkelziffer sei wahrscheinlich<br />
deutlich höher. In Bayern seien im Jahr 2006 14 große Vorkommen gemeldet worden.<br />
Ambrosia sei in Bayern in größeren Beständen unter anderem entlang bestimmter<br />
Autobahnen, der A 8 und der A 3, verbreitet.<br />
Das StMUGV arbeite im Hinblick auf die Ambrosiaproblematik mit der Biologischen<br />
Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, der BBA, in Braunschweig zusammen,<br />
die zum Geschäftsbereich des BMELV gehöre. Dort habe am 05.12.2006 der<br />
„2. interdisziplinäre Workshop zu Ambrosia“ unter Beteiligung von Schweizer Wissenschaftlern<br />
und Behördenvertretern stattgefunden. Er, Dr. Glocker, sei hierbei als<br />
einziger Vertreter eines deutschen Länder-Gesundheitsministeriums anwesend ge-
70. SO, 01.03.2007 3<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
wesen. Die BBA strebe im Jahr 2007 ein Aktionsprogramm gegen Ambrosia an. Es<br />
befinde sich derzeit allerdings noch im Stadium der Diskussion.<br />
Die Beifuß-Ambrosie sei in Nordamerika einheimisch und komme gegenwärtig in den<br />
größten Teilen der USA und in Kanada vor. In Europa trete die Art bereits in großen<br />
Beständen in Ungarn und in allen umliegenden Ländern, in einigen Regionen Frankreichs,<br />
Italiens, der Schweiz und Österreichs auf. Erste Nachweise der Beifuß-<br />
Ambrosie in Deutschland würden aus dem Jahr 1863 stammen. Unbeabsichtigt mit<br />
Getreide und mit amerikanischer Kleesaat eingeschleppt, sei die Art damals vorwiegend<br />
unbeständig in Unkrautgesellschaften, besonders an Verladeplätzen in Hafenanlagen<br />
oder an Bahnhöfen aufgetreten.<br />
Ambrosia artemisiifolia gehöre zu der großen Familie der Korbblütler, in der allerdings<br />
nur wenige Gattungen als Allergieauslöser wichtig seien. Ambrosia würde dem<br />
gemeinen Beifuß – Artemisia vulgaris – ähneln. Auch könnten die Blätter der Ambrosia<br />
mit den Blättern der Studentenblume, der Tagetes, verwechselt werden. Neben<br />
Ambrosia artemisiifolia kämen mehrere Ambrosiaarten, zum Beispiel Ambrosia trifida<br />
und Ambrosia aptera, in Europa vor. Allerdings sei nur das Beifußblättrige Traubenkraut<br />
ein Allergieauslöser. Es besiedele gestörte Flächen wie Baustellen, Äcker, Brachen,<br />
offene Böden, Bahndämme sowie Weg- und Straßenränder.<br />
Die einjährige Beifuß-Ambrosie vermehre sich ausschließlich über Samen, von denen<br />
eine durchschnittlich große Pflanze etwa 3000 bis 4000 ausbilde. Große Exemplare<br />
dieser Art seien in der Lage, bis zu 62 000 Samen zu produzieren. Die Samen<br />
könnten im Boden mehrere Jahrzehnte keimfähig bleiben. Wegen der späten Blütezeit<br />
seien die Pollenkonzentrationen in der Außenluft in den Monaten August bis<br />
September am höchsten. Die Samen der Beifuß-Ambrosie würden zwischen April<br />
und September keimen, wobei die meisten Sämlinge im Frühjahr aufträten. Im April<br />
gekeimte Pflanzen würden sich zunächst sehr langsam entwickeln und erst Mitte Juli<br />
beginnen, kräftig zu wachsen. Die Blütezeit erstrecke sich je nach Witterungsbedingungen<br />
über einen Zeitraum von Mitte Juli bis Ende Oktober, mit einem Schwerpunkt<br />
im August und September. Als windbestäubte Art bilde sie in der Blütezeit große
70. SO, 01.03.2007 4<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
Mengen an Pollen – bis zu einer Milliarde Pollen bei einer großen Pflanze. Erste<br />
Früchte würden gegen Ende September auftreten.<br />
Da die relativ schweren Samen keine Flugvorrichtungen hätten, sei ein Windtransport<br />
nur über kurze Strecken möglich. Eine Ausbreitung durch Vögel werde aus Nordamerika<br />
beschrieben. In Deutschland erfolge die Ausbreitung der Art nach bisherigen Erkenntnissen<br />
schwerpunktmäßig durch den Menschen. Die weitere Verbreitung von<br />
Ambrosia artemisiifolia in Bayern werde möglicherweise durch den Wandel des Klimas<br />
begünstigt, da die Pflanze warme und trockene Standorte bevorzuge. Für die<br />
Ausreife der spät gebildeten Samen sei eine trockene und warme Witterung im<br />
Herbst von Vorteil.<br />
Zum Fragenkomplex 1, Gesundheitsgefährdung, zunächst zu Frage 1a, „Welche<br />
gesundheitlichen Risiken gehen von der Beifuß-Ambrosie aus?“:<br />
Die Pollen der Beifuß-Ambrosie würden zu den stärksten Allergieauslösern beim<br />
Menschen zählen und seien unter anderem in den USA wesentlich für die Auslösung<br />
von saisonalem Asthma und Heuschnupfen verantwortlich. Asthma trete als Reaktion<br />
auf Ambrosiapollen besonders häufig auf. Schon geringe Pollenmengen von fünf bis<br />
zehn Pollen/m³ Luft könnten ausreichen, damit Menschen eine Ambrosiaallergie entwickeln<br />
könnten. Bei manchen Menschen trete überdies bei Berührung der Beifuß-<br />
Ambrosie eine Hautreaktion, eine sogenannte Kontaktdermatitis, auf. Die Betroffenen<br />
würden dann von geröteten, geschwollenen und juckenden Hautbereichen berichten.<br />
Eine Allergie sei eine spezifische Änderung der Immunitätslage im Sinne einer<br />
krankmachenden Überempfindlichkeit; eine Allergie sei also eine Krankheit. Die Art<br />
komme, wie bereits vorgetragen, erst spät im Jahr zur Blüte, zwischen August und<br />
Oktober mit Höhepunkt der Saison Ende August/Anfang September, wenn andere<br />
Pflanzen, die Pollenallergien auslösen würden, zum Beispiel Gräser, bereits abgeblüht<br />
seien. Häufig würden Menschen, die auf Pflanzenpollen reagieren, auch auf die<br />
Pollen anderer Pflanzenarten reagieren; man spreche dabei von polyvalenten Sensi-
70. SO, 01.03.2007 5<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
bilisierungen. Deshalb könne sich die Leidenszeit vieler Allergiker durch Ambrosia<br />
verlängern.<br />
In den europäischen Ländern, in denen sich die Ambrosia bereits stark ausgebreitet<br />
habe, zum Beispiel in Frankreich, würden große Probleme im Gesundheitswesen<br />
beschrieben. Sollte sich Ambrosia artemisiifolia in Deutschland und auch in Bayern<br />
weiter ausbreiten, sei die Zunahme von Allergien auf die Pollen der Art wahrscheinlich.<br />
Untersuchungen der Klinik für Dermatologie und Allergologie des Klinikums der Universität<br />
München aus dem Jahr 2004 würden darauf hindeuten, dass bislang noch<br />
keine wesentliche Prävalenz einer Sensibilisierung gegen Ragweed feststellbar sei.<br />
In Standardtests sei derzeit allerdings nicht geklärt, in welchem Maße Kreuzallergien<br />
zu verwandten Pflanzenarten mit eingehen würden. Das StMUGV habe daher die<br />
genannte dermatologische Klinik beauftragt, das Forschungsvorhaben „Ragweed-<br />
Pollen – ein bedeutsames neues Allergen?“ durchzuführen. Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens<br />
sollten es unter anderem ermöglichen, das Ausmaß und das Risiko<br />
der Ragweed-Sensibilisierung und -Allergie in Bayern abzuschätzen.<br />
Bei den meisten Pollenallergien seien Kreuzreaktionen mit anderen Pflanzen oder<br />
mit Lebensmitteln häufig. So seien bei der Ambrosia Kreuzreaktionen mit anderen<br />
Korbblütlern, Gräsern sowie Melonen und Bananen bekannt.<br />
Zu Frage 1b, „Welche volkswirtschaftlichen Kosten können durch die Ausbreitung<br />
dieser gebietsfremden Art in Bayern entstehen?“:<br />
In Deutschland würden durch die Ambrosiaarten nach Schätzungen einer vom Umweltbundesamt<br />
erstellten Studie schon derzeit Kosten im Gesundheitswesen zwischen<br />
17 und 47 Millionen Euro jährlich entstehen.<br />
Die medizinische Relevanz unterstreiche überdies eine in Frankreich – im Bereich<br />
Rhône-Alpes – durchgeführte Untersuchung zum Verbrauch von Heuschnupfen-
70. SO, 01.03.2007 6<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
Medikamenten. Der Medikamentenverbrauch liege in den Regionen mit großem Vorkommen<br />
der Beifuß-Ambrosie deutlich höher als in Regionen ohne größere Vorkommen<br />
der Art. Der Verbrauch decke sich mit der Blütezeit der Beifuß-Ambrosie<br />
Mitte August bis Anfang Oktober. Nach dem Absinken der Kosten mit dem Ende der<br />
bisher bekannten Allergieperiode würden die Kosten für Antihistaminika mit dem Beginn<br />
der Blühperiode von Ambrosia dort wieder in erheblichem Maße ansteigen.<br />
Zum Fragenkomplex 2, Schäden in der Landwirtschaft, zunächst zu Frage 2a, „<br />
Kann die Ambrosia auch in Bayern zu einem wirtschaftlich bedeutenden Unkraut<br />
werden?“:<br />
In der üblichen Fruchtfolgerotation seien auf landwirtschaftlichen Flächen in Bayern<br />
bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt offenbar noch keine Auffälligkeiten festzustellen.<br />
Lediglich auf einem Feld mit Schnittblumenanbau, auf dem vermutlich verunreinigtes<br />
Saatgut, nämlich Vogelfutter, ausgesät worden sei, sei die Pflanze angetroffen worden.<br />
In anderen Ländern, zum Beispiel in den USA und in Ungarn, sei die Pflanze<br />
auch als landwirtschaftliches Unkraut mit erheblicher Schadwirkung bekannt. Besonders<br />
betroffen seien hier Reihenkulturen mit später Vegetationsentwicklung wie Sonnenblumen,<br />
Sojabohnen, Erbsen und Mais. Im Getreide vermöge die Pflanze zwar zu<br />
keimen, verharre aber bis zur Ernte im Jugendstadium und wachse erst nach der<br />
Getreideernte in starkem Umfang weiter.<br />
Aufgrund ihrer späten Entwicklung sei Ambrosia artemisiifolia mit den üblichen chemischen<br />
und mechanischen Bekämpfungsmaßnahmen generell nur begrenzt kontrollierbar.<br />
Da sich die Pflanze aufgrund der langlebigen Samen nachhaltig auf einer<br />
Fläche etablieren könne, sei wohl auch damit zu rechnen, dass die Eindämmung eines<br />
Befalls bzw. die Verhinderung einer weiteren Ausbreitung nicht immer möglich<br />
sein werde. Dies gelte insbesondere dann, wenn es bei einem Erstbefall zu einer<br />
stärkeren Samenbildung gekommen sei.<br />
Als zukünftige „kritische“ Bereiche in der Landwirtschaft könnten neben den relativ<br />
seltenen Schnittblumenflächen auch Stilllegungen und Feldränder angesehen wer-
70. SO, 01.03.2007 7<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
den. Dort finde die Pflanze einen idealen Lebensraum vor und könne sich langsam in<br />
den Schlag hinein ausbreiten. Auch Auffüllungen mit Boden- und Aushubmaterial<br />
müssten besonders beobachtet werden.<br />
Zu Frage 2b, „Welche Gefahren bestehen für die Biodiversität in Bayern?“: Ob die<br />
Beifuß-Ambrosie in Deutschland ein Problem für den Naturschutz werden könnte,<br />
werde zum Teil kontrovers diskutiert. Probleme würden beispielsweise in der<br />
Schweiz gesehen.<br />
Aus Deutschland lägen bislang kaum Fälle vor, in denen eine Beeinträchtigung der<br />
Biodiversität durch Ambrosia anzunehmen sei. Derzeit sei aus Bayern nur ein Fall<br />
bekannt, nämlich das Naturschutzgebiet Binnendünen-Siegenburg im Landkreis Kelheim<br />
bei der Stadt Siegenburg-Daßfeld, das zugleich auch FFH-Gebiet sei. Die Beifuß-Ambrosie<br />
sei in diesem Naturschutzgebiet bereits seit den 1970er-Jahren vorgekommen<br />
und habe sich im Umkreis einer Sanddüne innerhalb weniger Jahre auf einer<br />
Fläche von circa 130 m² ausgebreitet, nachdem dort Erdmaterial eingebracht<br />
worden sei. Auf etwa 30 m² habe sie sehr dichte Bestände mit etwa 800-<br />
1000 Keimpflanzen/m² ausgebildet. Es habe sich abgezeichnet, dass hier Silbergras-<br />
Fluren und seltene Pflanzenarten wie Teesdalia nudicaulis und andere ohne Bekämpfungsmaßnahmen<br />
verdrängt worden wären.<br />
Nach Auskunft der zuständigen Bezirksregierung sei das Problem dort weitestgehend<br />
gelöst. Durch Bekämpfungsmaßnahmen des Landschaftspflegevereins Kelheim<br />
sei die Beifuß-Ambrosie bereits erfolgreich zurückgedrängt worden.<br />
Da die Ambrosia vor allem auf nährstoffreichen Ruderalstandorten, in Gärten und auf<br />
landwirtschaftlichen Nutzflächen auftrete, die in der Regel nicht im Fokus des Artenund<br />
Lebensraumschutzes stünden, werde der Beitrag, den der Naturschutz zur flächenhaften<br />
Eindämmung des Ambrosiaproblems leisten könne, grundsätzlich nur<br />
sehr gering ausfallen. Lokale Bekämpfungs- bzw. Eradikationsmaßnahmen würden<br />
vonseiten des Naturschutzes nur dann ergriffen, wenn konkrete Schutzgründe dies<br />
erforderlich machen würden.
70. SO, 01.03.2007 8<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
Zum Fragenkomplex 3, Verbreitung in Bayern, zunächst zu Frage 3a, „Wo wurde<br />
die Pflanze in Bayern bereits festgestellt?“: Darüber, wie schnell und auf welche Weise<br />
sich die Ausbreitung der Beifuß-Ambrosie vollziehe, sei bislang wenig bekannt.<br />
Einzelexemplare und Bestände seien unter anderem – dabei handele es sich unter<br />
anderem um Feststellungen von Dr. Nawrath aus dem Jahr 2006 – an folgenden<br />
Stellen in Bayern gefunden worden: An Straßenrändern der B 20 nahe Burghausen,<br />
der A 3, der A 8 über eine Strecke von 75 km. Bei der Bekämpfung von Ambrosiavorkommen<br />
im Bereich von stark befahrenen Straßen, insbesondere Bundesautobahnen,<br />
seien die aufgrund der erforderlichen Absicherungsmaßnahmen für das Betriebspersonal<br />
auftretenden Behinderungen des Verkehrs, zum Beispiel hinsichtlich<br />
der Hauptreisezeiten, zu beachten. Ambrosia sei sogar schon in der Innenstadt München,<br />
an der Garmischer Straße gefunden worden.<br />
Weitere Fundorte seien das Gelände der ehemaligen Landesgartenschau 2004 in<br />
Burghausen, und in Laufen an einer Straße sowie im FFH-Gebiet „Binnendünen bei<br />
Siegenburg“. Ein weiterer Fundort sei ein Pflückblumenfeld im Raum Nürnberg.
70. SO 75. UV, 01.03.2007 9<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
Zu Frage 3b, „Werden die Bestände kartiert?“: Die von Dr. Nawrath in Bayern festgestellten<br />
Bestände seien von ihm mittels GPS erfasst und dokumentiert worden.<br />
Die Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, die BBA, in Braunschweig habe vor,<br />
im Rahmen des von ihr beabsichtigten „Aktionsprogramms Ambrosia 2007“ eine<br />
zentrale Meldestelle für Ambrosia artemisiifolia einzurichten. Meldungen von größeren<br />
Beständen und Informationen sollten dort erfasst und in eine Datenbank eingegeben<br />
werden. Wegen der Vielzahl der zu erwartenden Einzelmeldungen sollten diese<br />
zunächst an regionale Sammelstellen gemeldet und von dort aus an die Zentrale<br />
weitergegeben werden. Ziel dieser Erfassung solle es einerseits sein, eine Übersicht<br />
über die aktuelle Situation in Deutschland zu erhalten und damit eine Basis für die<br />
Einschätzung der weiteren Ausbreitung. Andererseits sollten diese Daten direkt als<br />
Auslöser für Maßnahmen vor Ort dienen.<br />
Sonderwege der Länder würden in diesem Zusammenhang als nicht effizient angesehen.<br />
Bayern unterstütze daher die Einrichtung dieser zentralen Meldestelle für<br />
ganz Deutschland.<br />
Zu Frage 3c, „Was sind die Einschleppungswege?“: Folgende Einschleppungs- und<br />
Verbreitungswege seien derzeit bekannt: eine Ausbreitung über mit Ambrosiasamen<br />
verunreinigtes Vogelfutter in Privatgärten; eine Verbreitung über Sonnenblumenpflückfelder,<br />
wenn als Futtermittel in den Verkehr gebrachte und mit Ambrosiasamen<br />
kontaminierte Sonnenblumensamen nicht bestimmungsgemäß als Saatgut verwendet<br />
worden seien. Solche Futtermittel könnten, wie unter anderem auch Untersuchungen<br />
des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ergeben hätten,<br />
mehr als 300 Ambrosiasamen/kg Futtermittel enthalten.<br />
Bekannt sei auch eine Verbreitung entlang von Straßen und Autobahnen, möglicherweise<br />
durch Verschleppung von Ambrosiasamen durch Radkästen, die Schmutz enthalten<br />
würden. Bahntrassen und Bahndämme würden nach derzeitigem Kenntnisstand<br />
keine große Rolle spielen. An einzelnen außerbayerischen Binnenhäfen seien<br />
größere Bestände dokumentiert worden. Es finde sich eine Verschleppung über ver-
70. SO 75. UV, 01.03.2007 10<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
unreinigtes Erdmaterial bei Baumaßnahmen im Bereich von Straßenrändern und<br />
Siedlungsbereichen. Aus den USA sei eine Verschleppung der Samen durch Vögel<br />
bekannt. Eine Verbreitung über Flughäfen sei nicht bekannt.<br />
Zu Frage 3d, „Wo und wie werden die Konzentrationen von Ambrosia-Pollen gemessen?“:<br />
Der 1983 gegründete Deutsche Polleninformationsdienst, der PID, messe<br />
ganzjährig in Deutschland Pollen in der Luft. Der PID führe in ganz Deutschland an<br />
circa 55 Standorten während der Pollensaison von Frühjahr bis Herbst Pollenimmissionsmessungen<br />
mit sogenannten Burkard-Fallen mit Hilfe von geschultem Personal<br />
durch. In zehn Referenzmessstellen – das sei der Stand von 2006 – würden Pollenzählungen<br />
ganzjährig durchgeführt. Die vier Messstellen in Bayern würden sich in<br />
München an der Klinik für Dermatologie und Allergologie des Klinikums der Universität<br />
München befinden, in Erlangen, Zusmarshausen und Bamberg.<br />
Zum Vorstand des Deutschen Polleninformationsdienstes gehöre gegenwärtig Frau<br />
Prof. Heidrun Behrendt, die Leiterin des Zentrums Allergie und Umwelt an der Klinik<br />
für Dermatologie und Allergologie der Technischen Universität München.<br />
Zum Fragenkomplex 4, Welche Präventivmaßnahmen gegen die weitere Ausbreitung<br />
der Beifuß-Ambrosie in Bayern sind notwendig und durchführbar?, zunächst<br />
zu Frage 4a, „Wie können Bestände aufgefunden und deren weitere Verbreitung<br />
verhindert werden?“:<br />
Wie bereits dargestellt, würden 85 % der im Jahr 2006 bei der Projektgruppe Biodiversität<br />
und Landschaftsökologie eingelaufenen 1039 Meldungen über Ambrosiavorkommen<br />
Hausgärten betreffen. Die überwiegende Zahl der Meldungen stamme daher<br />
von Bürgern. Wegen der Vielzahl der zu erwartenden Einzelmeldungen, vor allem<br />
aus Privatgärten, sollten diese zunächst an regionale Sammelstellen gemeldet<br />
und von dort aus an die Zentrale weitergegeben werden. In Bayern kämen als regionale<br />
Sammelstellen für Ambrosiameldungen beispielsweise die Kreisfachberater für<br />
Gartenbau an den Kreisverwaltungsbehörden oder die amtliche Pflanzenbauberatung<br />
an den Ämtern für Landwirtschaft und Forsten infrage, die ihre Meldung dann an
70. SO 75. UV, 01.03.2007 11<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
die Landesanstalt für Landwirtschaft weiterleiten würden und diese selbst dann an<br />
die bundesweite Zentrale.<br />
Zu Frage 4b, „Wie kann die Einbringung und Ausbreitung von Samen verhindert werden?“<br />
Da Ambrosia artemisiifolia einjährig sei, müsse das oberste Ziel die Verhinderung<br />
der Samenproduktion sein, um das Fortbestehen oder die Vergrößerung der<br />
Bestände zu verhindern. Wesentlich für den Erfolg sei es deshalb, möglichst viele<br />
Pflanzen zu entfernen und dadurch die Samenbildung zu verhindern. Die lange Lebensfähigkeit<br />
der Samen im Boden von bis zu 40 Jahren erfordere es aber, auch in<br />
den Folgejahren die Fundstellen auf ein weiteres Auftreten der Pflanzen hin zu beobachten.<br />
In Bayern seien kürzlich in einem Monitoringprogramm insgesamt<br />
30 Futtermittelproben auf das Vorhandensein von Ambrosiasamen untersucht worden.<br />
Zusammenfassend lasse sich feststellen, dass das Vorkommen von Ambrosiasamen<br />
in Vogelfuttermitteln, die in Bayern vertrieben würden, bestätigt worden sei.<br />
40 % der Einzelfuttermittel und 30 % der Mischfuttermittel hätten Ambrosiasamen<br />
enthalten. Die stärkste Verunreinigung mit Ambrosiasamen habe sich in einem Streufutter<br />
für Vögel mit 332 Samen/kg gefunden.<br />
Allerdings sei das Futtermittelrecht nicht das geeignete Instrument zur Reglementierung,<br />
da der Gesetzeszweck die Zielsetzung „Verhinderung der Verbreitung von<br />
Pflanzen“ nicht umfasse. Daher werde die Sensibilisierung aller an der Herstellung<br />
von Vogelfutter bis hin zu Verwendung beteiligten Kreise als wesentlich erachtet. Die<br />
Information der Futtermittelhersteller bzw. Inverkehrbringer sei bereits mit Schreiben<br />
des BMELV vom 21.09.2006 an landwirtschaftliche Organisationen und Wirtschaftsverbände<br />
erfolgt. In Bayern würden Futtermittelhersteller durch die zuständige Vollzugsbehörde,<br />
die Regierung von Oberbayern, direkt informiert, wenn bei einer Untersuchung<br />
eines Vogelfutters Ambrosiasamen gefunden würden. Aufgrund der derzeitigen<br />
Gesetzeslage seien diese Futtermittel jedoch nicht zu beanstanden.
70. SO 75. UV, 01.03.2007 12<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
Daneben sei auch die Verwendung von kontaminierten Futtermitteln als Saatgut zu<br />
berücksichtigen, zum Beispiel für Pflückfelder oder Brachflächen. Das StMUGV habe<br />
mit Schreiben vom 15.02.2007 dem BMELV mitgeteilt, dass dieser mögliche Verbreitungsweg<br />
bei der Information der betroffenen Kreise berücksichtigt werden sollte.<br />
Das BMELV sei überdies gebeten worden zu prüfen, ob entsprechende Futtermittel<br />
mit Waren- bzw. Informationshinweisen versehen werden könnten.<br />
Die Durchführung von Bekämpfungsmaßnahmen sollte von der Größe der gefundenen<br />
Bestände abhängig sein. Einzelpflanzen und kleine Bestände seien am besten<br />
während des Fundes auszureißen. Für die Bekämpfung von Ambrosia artemisiifolia<br />
stünden mechanische und chemische Möglichkeiten zur Verfügung. Auf alle Fälle<br />
müsse eine Bekämpfung rechtzeitig erfolgen, um die Blüte und Samenbildung zu<br />
verhindern. Schwierigkeiten bereite der starke Wiederaustrieb der Pflanze, der vor<br />
allem nach einer mechanischen Bekämpfung durch Mahd auftrete und erneut zur<br />
Blüte führen könne. Dabei seien je nach Entwicklung – blühend, fruchtend – unterschiedlich<br />
starke Vorsichtsmaßnahmen zu beachten.<br />
Die Frage nach der Zuständigkeit von Bekämpfungs- bzw. Eradikationsmaßnahmen<br />
müsse differenziert betrachtet werden. Eine mechanische Bekämpfung von Einzelpflanzen<br />
könne jeder Bürger durchführen – allerdings müsse darauf geachtet werden,<br />
dass die Bekämpfung vor der Blüte erfolge und gewisse Sicherheitsvorkehrungen<br />
getroffen würden. Die BBA werde demnächst eine detaillierte Darstellung der<br />
persönlichen Schutzmaßnahmen veröffentlichen. Das für den Arbeitsschutz zuständige<br />
StMUGV habe bei der Erstellung intensiv fachlich mitgewirkt.<br />
Bei einem Einsatz von Herbiziden müssten die gesetzlichen Regelungen im Bereich<br />
Pflanzenschutz und dabei vor allem die Indikationszulassung berücksichtigt werden.<br />
Bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung könne bisher von keiner Entwicklung der<br />
Pflanze auf landwirtschaftlichen Flächen in Bayern ausgegangen werden, soweit sie<br />
dort überhaupt vorhanden sei.
70. SO 75. UV, 01.03.2007 13<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
Brachflächen, Neubaugebiete und andere offene Flächen seien gefährdeter. Für solche<br />
nicht landwirtschaftlichen Flächen sei vor dem Einsatz von Herbiziden eine Genehmigung<br />
nach § 6 Absatz 3 des Pflanzenschutzgesetzes erforderlich. Zuständig<br />
für die Entgegennahme und Bearbeitung dieser Anträge seien die Ämter für Landwirtschaft<br />
und Forsten mit besonderer Zuständigkeit im Bereich Pflanzenschutz.<br />
Grundsätzlich würden alle Unkräuter durch einen fachgerechten Kompostiervorgang<br />
vernichtet, unabhängig davon, ob Samen oder andere Unkrautorgane kompostiert<br />
würden. Auch nicht blühende bzw. nicht fruchtende Ambrosien könnten also grundsätzlich<br />
kompostiert werden.<br />
Die aufrechte Ambrosia stelle dabei für den Arbeitsschutz ein besonderes Problem<br />
dar. Diese Pflanze würde zwar durch das fachgerechte Kompostieren ebenfalls abgetötet,<br />
aber ihr Transport, das Abladen und das Schreddern sei für die Mitarbeiter<br />
der Kompostieranlage wegen der Allergiegefährdung problematisch.<br />
Von einer Kompostierung auf einem Gartenkompost werde auch aus Sicht der<br />
Schweizer Behörden dringend abgeraten. Meist würden dort nicht genügend hohe<br />
Temperaturen erreicht, und es würden nicht alle Samen abgetötet. Zudem könnten<br />
ausgerissene Pflanzen auf einem nicht gut kontrollierten Gartenkompost sogar noch<br />
zum Blühen und Fruchten kommen. Aus all diesen Gründen rate die „Schweizerische<br />
Kommission für die Erhaltung von Wildpflanzen SKEW“ vorbeugend von einer Kompostierung<br />
ab.<br />
Zur Sicherheit sollten alle Ambrosien, die ab Juli ausgerissen würden, in Plastiktüten<br />
verpackt in den Restmüll gegeben und damit in der Regel der Müllverbrennung zugeführt<br />
werden.<br />
Zu Frage 4c, „Wie kann eine ausreichende Information der zuständigen Behörden<br />
und Organisationen sichergestellt werden?“: Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit<br />
habe im Auftrag des StMUGV ein aktuelles Internetangebot<br />
betreffend die gesundheitlichen Gesichtspunkte von Ambrosia artemisiifolia erstellt.
70. SO 75. UV, 01.03.2007 14<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
Es finde sich unter dem Themenbereich „Inhalationsallergien“ der Umweltmedizinseite.<br />
Es seien sowohl Beiträge zu Inhalationsallergien als auch spezielle Informationen<br />
zu Ambrosia artemisiifolia eingestellt worden.<br />
Mit Schreiben vom 21.12.2006 seien die Regierungen, Landratsämter/Gesundheitsämter<br />
und die Städtischen Gesundheitsämter über den aktuellen<br />
Kenntnisstand zu Ambrosia informiert worden. Den Behörden sollten frühzeitig vor<br />
der nächsten Blühsaison Informationen zu diesem problematischen Neophyten zur<br />
Verfügung gestellt werden. Die BBA werde demnächst eine detaillierte Darstellung<br />
der persönlichen Schutzmaßnahmen veröffentlichen.<br />
Die Oberste Baubehörde werde das Thema Ambrosia im arbeitsmedizinischen Jahresbericht<br />
2006 aufgreifen und die staatlichen Bauämter darüber informieren.<br />
Das Landwirtschaftsministerium beabsichtige die Information von Institutionen und<br />
Vollzugsbehörden im eigenen Geschäftsbereich. Die einschlägigen Behörden, die<br />
Ämter für Landwirtschaft und Forsten, die Landesanstalt für Landwirtschaft, die Landesanstalt<br />
für Weinbau und Gartenbau und die Ämter für ländliche Entwicklung würden<br />
neben den im Internet veröffentlichten Informationen auch auf das Merkblatt der<br />
BBA zur „Beifuß-Ambrosie“ hingeleitet.<br />
Das Innenministerium beabsichtige, die nachgeordneten Bauämter und das Straßenbetriebspersonal<br />
in einem eigenen Informationsbeitrag im behördeninternen Intranet<br />
zu informieren und auf weitere Informationsmöglichkeiten hinzuweisen. Die im Bereich<br />
gemeldeter Vorkommen gelegenen Bauämter würden gesondert auf Vorkommen<br />
in ihrem Amtsbereich hingewiesen. Die Streckenwartung werde zur erhöhten<br />
Aufmerksamkeit und umgehenden Meldung an das Fachpersonal angewiesen. Zur<br />
Identifikation der Pflanze würden durch die betroffenen Ämter zeitnah Informationsveranstaltungen<br />
durchgeführt. Die Meldungen würden durch das StMI gesammelt<br />
und an die zentrale Meldestelle weitergeleitet.
70. SO 75. UV, 01.03.2007 15<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
Zu Frage 4d, „Wie kann die Kooperation und Koordination der Behörden und Organisationen<br />
gewährleistet werden?“: Vorrangig erscheine eine frühzeitige und koordinierte<br />
Bekämpfung. Auf Anregung von Herrn Staatsminister Dr. Schnappauf sei eine<br />
„Interressortielle Arbeitsgruppe Ambrosia“ ins Leben gerufen worden. Am 22.01.2007<br />
habe deren erste Sitzung im StMUGV unter Beteiligung des StMI, STMLF, StMWIVT<br />
und LGL stattgefunden. Die fachliche Vielschichtigkeit und der Facettenreichtum der<br />
Ambrosiaproblematik zeige sich unter anderem auch in der Zahl der allein im<br />
StMUGV angesprochenen Fachthemen wie Gesundheitsschutz, Futtermittelproblematik,<br />
Verbreitung von Ambrosiasamen durch Vogelfutter, Naturschutz, Arbeitsschutz,<br />
Pflanzenschutzmittelausbringung, Problematik der Entsorgung von Ambrosia,<br />
Öffentlichkeitsarbeit und Risikokommunikation.<br />
Diese erste Sitzung der Arbeitsgruppe habe folgendes Arbeitsergebnis gehabt:<br />
Da bei einer weiteren Ausbreitung von Ambrosia artemisiifolia gesundheitliche Auswirkungen<br />
auf die Bevölkerung zu erwarten seien, sollte eine frühzeitige Eradikation<br />
bzw. zumindest Verhinderung der Ausbreitung dieser Pflanze gemeinsam durch alle<br />
beteiligten Ressorts angestrebt werden. – Ob eine Lenkung durch staatliche Regelungen,<br />
und wenn ja, auf welcher Ebene – EU, national, Bayern – erforderlich bzw.<br />
zielführend sei, müsse weiter geprüft werden. – Die einzelnen Ressorts – das<br />
StMUGV, StMLF, StMI, STMWIVT – würden Handlungsoptionen in ihrem Zuständigkeitsbereich<br />
prüfen. – Eine umfassende Aufklärung aller betroffenen Kreise – Bevölkerung,<br />
Gartenbesitzer, Landwirte, staatliche und kommunale Stellen wie Autobahnmeistereien,<br />
Bauhöfe usw. – sollte erfolgen.<br />
Eine zweite Sitzung der „Interressortiellen Arbeitsgruppe Ambrosia artemisiifolia“<br />
werde voraussichtlich im März 2007 stattfinden.<br />
Zu Frage 4e, „Wie kann ein öffentliches Bewusstsein geschaffen werden?“: Wegen<br />
der weiten Verbreitung von Ambrosia artemisiifolia und ihres zerstreuten Vorkommens<br />
in Siedlungen, privaten Gärten usw. sei die Mitwirkung möglichst großer Kreise<br />
der Öffentlichkeit bei der Erfassung und auch Bekämpfung von großer Bedeutung. In<br />
Bayern solle die breite Öffentlichkeit noch vor Beginn der Blütezeit Anfang Juli infor-
70. SO 75. UV, 01.03.2007 16<br />
Ul/Zur<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
miert werden. Die Informationsangebote des Umweltministeriums habe er, Dr. Glocker,<br />
bereits aufgeführt.<br />
Das StMLF beabsichtige, die Öffentlichkeit über die Internetseiten seiner Behörden –<br />
über das Institut für Pflanzenschutz – über Ambrosia zu informieren. Dabei erfolge<br />
eine Beschreibung der Pflanze mit Bilddokumentation. Der bereits vorhandene Unkrautsteckbrief<br />
werde hierzu ausgebaut.<br />
Überdies werde eine breite Öffentlichkeit beispielsweise durch Beiträge im Bayerischen<br />
Landwirtschaftlichen Wochenblatt und in Kleingärtner-Zeitschriften erreicht.<br />
Es werde überlegt, ob das Bayerische Fernsehen dafür interessiert werden könne,<br />
beispielsweise in seiner Gartensendung „Querbeet“ oder in „Unser Land“ von dieser<br />
Pflanze und ihren Besonderheiten zu berichten.<br />
Landwirte sollten durch das Landwirtschaftsministerium gezielt über die Notwendigkeit<br />
zur Kontrolle von Feldern, Feldrändern und Stilllegungsflächen unterrichtet werden,<br />
damit dort möglichst frühzeitig Bekämpfungsmaßnahmen einsetzen könnten.<br />
Für die Durchführung von Maßnahmen und Monitoring sei eine breite Allianz von<br />
Vertretern der verschiedenen betroffenen Bereiche notwendig. Besonders für das<br />
Monitoring sei ein möglichst flächendeckend wirkendes Netzwerk von Organisationen<br />
und Personen anzustreben, vorzugsweise von solchen, welche die Erfassung und<br />
gegebenenfalls Bekämpfung ohne großen Zeitaufwand während ihrer Arbeit beziehungsweise<br />
ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit durchführen könnten.<br />
Zu Frage 4f, „Welche Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern und Nachbarländern<br />
ist erforderlich?“: Das bayerische Gesundheitsministerium stehe im Hinblick auf<br />
die Ambrosiaproblematik in engem Kontakt mit der „Biologischen Bundesanstalt für<br />
Land- und Forstwirtschaft“ in Braunschweig. Es bestünden gute Arbeitskontakte zwischen<br />
Schweizer Behördenvertretern und dem StMUGV. – Im Grenzbereich zu Österreich<br />
werde durch das StMI Kontakt zu betroffenen Behörden aufgenommen.
70. SO 75. UV, 01.03.2007 17<br />
Ul/Mt<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
Als Zusammenfassung sei Folgendes festzustellen:<br />
Ambrosia artemisiifolia sei ein Neophyt, der erstmals 1863 in Deutschland beschrieben<br />
worden sei.<br />
Die Pollen der Pflanzen hätten ein erhebliches allergisches Potential und könnten die<br />
Allergiebildung aufgrund der späten Blühperiode um mehrere Wochen verlängern.<br />
Der tatsächliche Sensibilisierungsgrad der Bevölkerung sei unklar und werde derzeit<br />
im Auftrag des Umweltministeriums näher erforscht.<br />
Bei einer weiteren Ausbreitung könnte Ambrosia auch in Deutschland und Bayern zu<br />
einem bedeutsamen gesundheitlichen Faktor werden.<br />
Nach bisherigem Kenntnisstand sei Ambrosia noch nicht sehr weit verbreitet, bilde<br />
aber vereinzelt bereits größere Bestände in Bayern.<br />
Es finde sich eine erhebliche Ausbreitung entlang einzelner Autobahnabschnitte und<br />
verschiedener Straßen.<br />
Bisher bekannte Einschleppungs- und Verbreitungswege seien verunreinigtes Vogelfutter,<br />
die zweckfremde Verwendung von Futtermitteln als Saatgut sowie die Verfrachtung<br />
von kontaminiertem Erdmaterial.<br />
Der bisherige Kenntnisstand über die Pflanze sei noch in vieler Hinsicht lückenhaft,<br />
sowohl was die gesundheitliche Relevanz in Deutschland als auch die tatsächliche<br />
Verbreitung und deren Ursachen anbetreffe.<br />
Erfolgreiche Bekämpfungs- bzw. Eindämmungsmaßnahmen würden derzeit noch als<br />
möglich erscheinen. Sie würden in Bayern noch vor der Blühperiode 2007 beginnen.<br />
Abg. Henning Kaul (CSU) betont, der Umweltausschuss habe mit dem Bericht der<br />
Staatsregierung nicht die „Unpflanze des Jahres“ kreieren wollen, sondern klarma-
70. SO 75. UV, 01.03.2007 18<br />
Ul/Mt<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
chen wollen, dass in der mittlerweile grenzenlos gewordenen Welt auch Pflanzen<br />
unterwegs seien und mit dem Reisen von Menschen auch Veränderungen in der<br />
Tier- und Pflanzenwelt bewirkt würden. Die Kenntnisse des Naturschutzbeauftragten<br />
des Landkreises, aus dem er, Kaul, komme, sowie eigene Literaturrecherchen hätten<br />
ihn, Kaul, dazu veranlasst, das Thema im Umweltausschuss – zeitgleich mit dem<br />
Sozialausschuss – aufzugreifen. Das große durch Ambrosia artemisiifolia verursachte<br />
Problem bestehe darin, dass Allergiker wegen der späten Blühzeit der Pflanze und<br />
ihrer großen Anzahl von Pollen in Zukunft ganzjährig belastet sein könnten. Das Parlament<br />
solle daher den im Bericht der Staatsregierung genannten Maßnahmen besondere<br />
Aufmerksamkeit widmen.<br />
Insbesondere die Freizeitgärtner, die Obst- und Gartenbauvereine müssten über<br />
Aussehen, Ausbreitung der Pflanze und Gegenmaßnahmen informiert werden. Die<br />
GSF weise in ihrem Faltplan darauf hin, dass die Pflanze auf keinen Fall kompostiert<br />
werden dürfe, sondern ausgerissen und in den Restmüll gesteckt werden müsse, der<br />
in Bayern verbrannt werde.<br />
Abg. Henning Kaul bittet um Erläuterung der Unterschiede auf den beiden Fotografien<br />
eines Feldes in Frankreich (siehe die verteilten Unterlagen) und bittet um Erklärung,<br />
weshalb im vom Umweltministerium bereitgestellten Verbreitungsatlas ein Vordringen<br />
der Pflanze von Osteuropa nach Westen dargestellt werde, obwohl in der<br />
gängigen Literatur und in der Information der GSF davon die Rede sei, dass die<br />
Pflanze aus Nordamerika stamme.<br />
Abg. Ruth Paulig (GRÜNE) warnt vor einer Hysterie im Zusammenhang mit Ambrosia<br />
artemisiifolia, weil die Pflanze schon seit knapp 150 Jahren in Deutschland vorkomme<br />
und sich nicht so dramatisch ausgebreitet habe, wie befürchtet worden sei.<br />
Eine Schnappauf-Task-Force, welche die Pflanze gewissermaßen in einem Feldzug<br />
bekämpfe, sei nicht notwendig, sondern man könne das Problem mit Gelassenheit<br />
angehen.
70. SO 75. UV, 01.03.2007 19<br />
Ul/Mt<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
Abg. Ruth Paulig zeigt sich dankbar für den Hinweis des Ministeriums, dass für den<br />
Einsatz von Pestiziden gegen die Pflanze derzeit eine Genehmigung nach dem<br />
Pflanzenschutzgesetz notwendig sei, und erkundigt sich, welche Pestizide überhaupt<br />
geeignet und zugelassen seien für die Bekämpfung von Ambrosia artemisiifolia.<br />
Abg. Ruth Paulig erkundigt sich, ob es Hinweise darauf gebe, dass es aufgrund von<br />
Ambrosia artemisiifolia Auswirkungen auf die Bienenaufzucht oder andere Insekten<br />
gebe – wegen der späten Blühzeit würden die Bienen sicher gern auf die Pflanze als<br />
Nahrungsmittel zurückgreifen – und ob es eine Häufung von Pollenrückständen aus<br />
dieser Pflanze im Honig gebe. Wirke die orale Pollenaufnahme allergen?<br />
Abg. Kathrin Sonnenholzner (SPD) betont, der Antrag der SPD beabsichtige nicht,<br />
Hysterie auszulösen, sondern wolle für Aufklärung und Prävention zu einer Zeit sorgen,<br />
in der die Ausbreitung der Pflanze noch eingedämmt werden könne. Auch die<br />
finanzielle Dimension der durch die Pflanze ausgelösten Allergien sei zu bedenken.<br />
Abg. Kathrin Sonnenholzner erkundigt sich, ob in der Umgebung des Vorkommens<br />
der Pflanze entlang Autobahnstrecken die Landratsämter für Aufklärung in der Umgebung<br />
gesorgt hätten, damit möglichst rasch Gegenmaßnahmen getroffen werden<br />
könnten, die, wie das Beispiel Kelheim zeige, durchaus funktionieren würden.<br />
Laut Bericht habe nur Bayern an der bundesweiten Konferenz teilgenommen. Es wäre<br />
sinnvoll, über den Bundesrat die anderen Bundesländer auf dieses Problem hinzuweisen,<br />
um die bundesweite Aufklärung zu verstärken.<br />
Erfreulich sei der Hinweis des Ministeriumsvertreters auf die wichtige Rolle der Kreisfachberatungen<br />
im Zusammenhang mit Ambrosia artemisiifolia. Dies beweise, dass<br />
das Engagement der SPD hilfreich gewesen sei, die Kreisfachberater nicht zur freiwilligen<br />
Leistung an Landratsämtern zu machen.<br />
Nachdem im Bericht darauf hingewiesen worden sei, dass der Einsatz der Futtermittel,<br />
die der Verbreitung der Pflanze Vorschub leisten würden, derzeit nicht zu bean-
70. SO 75. UV, 01.03.2007 20<br />
Ul/Mt<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
standen sei, stelle sich die Frage, welche konkreten Gesetzesänderungen dazu notwendig<br />
wären. Sehr wichtig wäre eine Aufklärung der Bevölkerung, damit diese in<br />
Zukunft einheimisches Vogelfutter kaufe, womit das Problem gelöst und die einheimische<br />
Wirtschaft gestärkt würde.<br />
Zwar sei die Ankündigung der beabsichtigten Maßnahmen erfreulich, aber mit Absichtserklärungen<br />
allein sei es nicht getan. Die SPD werte die Tatsache, dass im Januar<br />
die erste Sitzung einer Steuerungsgruppe stattgefunden habe, als Erfolg ihrer<br />
öffentlichen Anfrage zu diesem Thema. Sie hoffe aber, dass es nicht bei der Steuerungsgruppe<br />
bleibe, sondern in der Praxis die richtigen Maßnahmen ergriffen würden.<br />
– Die Pflanze solle im Übrigen nicht ausgerissen, sondern ausgegraben werden,<br />
um die gesamte Pflanze zu beseitigen; ein Hautkontakt mit Ambrosia artemisiifolia<br />
könne nämlich zu Hautreaktionen führen.<br />
Abg. Christa Götz (CSU) betont die Notwendigkeit von Aufklärungsmaßnahmen vor<br />
Ort, in Gartenbauvereinen und auch im Bayerischen Bauernverband. Unklar sei, wie<br />
die Bekämpfung und Restmüllentsorgung der Pflanze funktionieren solle, die entlang<br />
von Straßenrändern vorkomme. Im eigenen Garten sei das sehr wohl möglich, aber<br />
kaum an diesen Standorten.<br />
Gerade für die Landwirtschaft wäre wichtig zu wissen, welche Herbizide gegen die<br />
Pflanze eingesetzt werden könnten. Völlig unverständlich sei, dass Frau Abg. Paulig<br />
vor Hysterie warne; denn in der Tat sei es sehr wichtig, von vornherein diese Pflanze<br />
einzudämmen. Die Bekämpfung von Ambrosia artemisiifolia müsse auch ein Thema<br />
des Bundeslandwirtschaftsministeriums, ja ein Thema für ganz Deutschland sein.<br />
Vorsitzender Joachim Wahnschaffe (SPD) erkundigt sich vor dem Hintergrund der<br />
Aussage im Bericht, dass die von Ambrosia artemisiifolia ausgelösten Allergien einen<br />
bedeutsamen gesundheitlichen Faktor darstellen würden, ob es überhaupt Rückmeldungen<br />
über die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Gesundheitsämter über<br />
derartige gesundheitliche Beeinträchtigungen gebe und ob Erkenntnisse über eine<br />
kleinere oder größere Anzahl derartiger Allergien vorlägen. Laut dem Informations-
70. SO 75. UV, 01.03.2007 21<br />
Ul/Mt<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
blatt der GSF würden Allergien durch Ambrosia artemisiifolia derzeit in Deutschland<br />
klinisch noch eine untergeordnete Rolle spielen.<br />
Abg. Helmut Guckert (CSU) hält eine Eindämmung der Pflanze, die sich den<br />
Standortbedingungen in Deutschland angepasst habe und immer weiter ausbreite,<br />
für bedeutsam und erkundigt sich, wie Ambrosia artemisiifolia in der Praxis bekämpft<br />
werden könne. Beim Ackerbau habe man die Pflanze offensichtlich im Griff. Auf<br />
Brachflächen könnte die Pflanze mit jährlichem Fräsen oder Abflammen bekämpft<br />
werden. Problematisch werde die Bekämpfung im Grünland sein. Es werde daher<br />
notwendig sein, sich mit Verfahren auseinanderzusetzen, wie die Pflanze im Grünland<br />
und auf Gemeindeflächen bekämpft werden könne, um ein baldiges Handeln zu<br />
ermöglichen.<br />
MedDir. Dr. Glocker (Umweltministerium) geht auf die von Abg. Kaul angesprochenen<br />
Fotografien ein. Das eine Foto zeige Massenbestände bereits abgestorbener<br />
brauner Artemisiapflanzen auf einem abgeernteten Acker, das andere Foto zeige<br />
Bestände von Artemisia auf einer Grünlandfläche im Herbst des Jahres 2006 in der<br />
Umgebung von Lyon.<br />
Bislang gebe es keine Erkenntnisse darüber, dass die orale Aufnahme allergen wirke.<br />
Möglicherweise könnte darauf das vom StMUGV an die Dermatologische Klinik<br />
der LMU vergebene Forschungsvorhaben eine Antwort geben.<br />
Derzeit gebe es keine Rückmeldepflicht für Ambrosiavorkommen. Eines der Ergebnisse<br />
des Aktionsprogramms der BBA im gegenwärtigen Jahr solle eben sein, dass<br />
eine derartige Meldestelle eingerichtet werde.<br />
Um medizinische Erkenntnisse über die Auswirkungen von Ambrosia artemisiifolia zu<br />
gewinnen, habe das Ministerium den Forschungsauftrag an die Dermatologische Klinik<br />
vergeben. Es gebe bereits Hinweise darauf, dass es Ragweed-Allergien geben<br />
könnte. Ein Ergebnis des Forschungsvorhabens solle sein, inwieweit Kreuzallergien
70. SO 75. UV, 01.03.2007 22<br />
Ul/Mt<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
zu anderen Pflanzenarten auftreten könnten, die phylogenetisch verwandt seien, eingehen<br />
würden. Dazu gebe es noch keine konkreten Ergebnisse.<br />
Ltd. LD Steck (LfL Freising) führt aus, es gebe zugelassene Unkrautbekämpfungsmittel,<br />
die gegen Ambrosia wirksam seien. Welches Mittel benutzt werde, hänge davon<br />
ab, in welcher Kultur das notwendig wäre und zu welchem Termin. Bei einer normalen<br />
Bewirtschaftung seien aber in der Regel keine Probleme zu befürchten.<br />
Für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf nicht genutzten Flächen sei in jedem<br />
Fall eine Genehmigung notwendig. Eingesetzt werden könnten zugelassene Pflanzenschutzmittel,<br />
die aus der Gruppe der Totalherbizide stammten, zum Beispiel<br />
Roundup. Das Herbizid müsse zu einem für die Bekämpfung optimalen Zeitpunkt<br />
eingesetzt werden. Bei einem zu frühen Einsatz werde die Pflanze nur oberflächlich<br />
abgetötet und wachse später mit neuen Seitentrieben weiter.<br />
Die Pollen der Ambrosia seien für die Biene nicht interessant, weil das eine windblütige<br />
Pflanze sei, die botanisch mit dem herkömmlichen Beifuß „in einen Topf“ geworfen<br />
werden könne. Zumindest in der Literatur gebe es bislang noch keine Hinweise<br />
darauf, dass sich dieser Pollen, der für den Menschen allergen sei, auf den Organismus<br />
der Biene auswirke. Wenn die Biene diesen Pollen nicht aufnehme, dann werde<br />
er mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht im Honig zu finden sein.<br />
Zur Frage der Bekämpfung auf Ackerfläche, Brachland und Grünland: Auf der Ackerfläche<br />
werde das Pflanzenvorkommen durch die Bewirtschaftung wohl klein gehalten<br />
werden können. Das Vorgehen gegen die Pflanze auf Brachflächen sei sehr stark<br />
eingeschränkt, weil diese Flächen zum Teil gefördert würden. Diese Flächen dürften<br />
normalerweise nur einmal im Jahr geschnitten werden; der Aufwuchs müsse liegen<br />
blieben, verrotten und dürfe nicht abgefahren werden. Das Abflammen wäre bei einer<br />
lebenden Pflanze einerseits mit einem hohen Risiko verbunden und werde andererseits<br />
nicht sehr wirksam sein. Es bleibe daher nur, die Öffentlichkeit darüber zu informieren,<br />
dass es nicht ratsam sei, mit möglichst billigem Saatgut zu operieren –<br />
billig deshalb, weil dieses nicht zertifiziert sei. Häufig würden Vogelfutter-
70. SO 75. UV, 01.03.2007 23<br />
Ul/Mt<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Wortprotokoll</strong> - vom Redner nicht autorisiert<br />
Sonnenblumensamen ausgesät, die den Ambrosiasamen mit enthielten. Dieses Vorgehen<br />
sei eine „unmögliche Sache“, die in Zukunft noch große Schwierigkeiten verursachen<br />
werde.<br />
Vorsitzender Joachim Wahnschaffe (SPD) bedankt sich beim Vertreter des Ministeriums<br />
für den umfangreichen und informativen Bericht, aus dem hervorgehe, dass<br />
von Ambrosia ausgelöste Allergien eine reale Gefahr darstellen würden, der die Politik<br />
Beachtung schenke müsse. Beide Ausschüsse seien daran interessiert, über die<br />
Ergebnisse der angekündigten Maßnahmen auf dem Laufenden gehalten zu werden,<br />
und würden sich zu gegebener Zeit eventuell erneut mit dem Thema befassen.<br />
* * *<br />
(Schluss der Sitzung)