Untitled - ROQUA
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job<br />
Foto: sandra eckhardt<br />
Beruf, Feierabend,<br />
Wochenende – so<br />
geht der übliche<br />
Dreisprung im Job-<br />
Turnier. Myriam<br />
Chebance aber ist in<br />
der Disziplin Job-Job<br />
zu Hause. Flüge<br />
buchen, Präsentationen, Korrespondenz,<br />
Terminkoordination – das<br />
sind Aufgaben, die die 29-Jährige<br />
Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr<br />
im Büro des Präsidenten des Europäischen<br />
Patentamts in München<br />
erledigt. Dann steigt die persönliche<br />
Assistentin auf ihr Hollandrad und<br />
nimmt nach Feierabend Nummer<br />
eins ihren Job Nummer zwei in<br />
Angriff. Den kreativen, an dem<br />
ihr Herz hängt. Myriam Chebance<br />
ist seit drei Jahren die Managerin<br />
ihres eigenen Modelabels RoQua<br />
und produziert Businessmode für<br />
Frauen, die Karriere machen, dabei<br />
aber nicht in Einheitshosenanzügen<br />
stecken wollen. „,RoQua‘ bedeutet<br />
französisches Design, italienische<br />
Stoffe und deutsche Herstellung“,<br />
fasst Chebance die<br />
Idee ihrer Kollektion zusammen.<br />
Elegante Kleider<br />
bis zum Knie, die<br />
nicht zu viel Dekolleté<br />
zeigen, aber trotzdem<br />
feminine Formen unterstreichen,<br />
und Anzüge<br />
in gedeckten Farben<br />
mit einem kleinen Twist:<br />
„Ich fand es immer schade,<br />
dass viele Geschäftsfrauen sich<br />
in unförmigen Anzügen verstecken<br />
und optisch zum Mann mutieren“,<br />
erklärt die Französin.<br />
Dass ihre Beobachtung sie eines<br />
Tages zur Gründung eines eigenen<br />
Labels motivieren wird, ahnt sie<br />
2007 noch nicht einmal. „Damals<br />
hatte mir mein Chef nach erfolgreicher<br />
Zusammenarbeit ein Zuckerl<br />
versprochen – und ich habe mich<br />
für ein Coaching entschieden, um<br />
zu erfahren, welche beruflichen<br />
Stärken in mir stecken.“ Denn der<br />
Assistentinnen-Job macht ihr zwar<br />
frauen,<br />
die uns<br />
inspirieren<br />
Nichts anzuziehen?<br />
Myriam Chebance, 29,<br />
entwirft ihre Businessmode<br />
einfach selbst<br />
Ein Job ist<br />
nicht genug<br />
konventionelle businesskostüme zu tragen fand<br />
MYRIAM CHEBANCE langweilig. Deswegen kreiert sie<br />
neben ihrem beruf fashion für geschäftsfrauen<br />
COSMOPOLITAN NOVEMBER 2010 149
job<br />
viel Spaß, füllt sie nach dem Studium<br />
am European Business College<br />
in München jedoch nicht komplett<br />
aus – es fehlt die kreative Herausforderung.<br />
In den Gesprächen mit dem<br />
Coach reift dann trotz jeder Menge<br />
„Abers“ langsam die Idee, einen<br />
längst vergessenen Kindheitstraum<br />
in die Tat umzusetzen: Mode zu<br />
kreieren. Naiv, aber enthusiastisch,<br />
wie Chebance sich selbst beschreibt,<br />
fängt sie in einem Metier an, von<br />
dem sie zu diesem Zeitpunkt so<br />
viel weiß wie jede andere Frau:<br />
„Ich mochte Mode,<br />
hatte aber keine<br />
Vorstellung davon,<br />
was es heißt, eine<br />
eigene Kollektion<br />
auf die Beine zu<br />
stellen.“ Doch sie<br />
arbeitet sich ein,<br />
sucht über die<br />
Businessplattform<br />
Xing eine Designerin,<br />
hört sich nach<br />
Produktionsstätten<br />
um, die „unbedingt<br />
in Deutschland<br />
liegen“ sollen und<br />
hält nach einem geeigneten Laden<br />
Ausschau. Zweiflern entgegnet<br />
sie: „Mit Flexibilität, Begeisterung<br />
und Überzeugung kommt man<br />
ans Ziel.“ Nachdem ihr mehrere<br />
Banken keinen Kredit geben wollen,<br />
beantragt sie ein persönliches<br />
Darlehen. In einer Seitenstraße<br />
der Münchener Innenstadt findet<br />
sie schließlich passende Geschäftsräume,<br />
um dort ihre erste RoQua-<br />
Kollektion zu verkaufen. „Roqua war<br />
der Mädchenname meiner Oma, die<br />
genauso stur war wie ich“, erklärt<br />
Myriam Chebance, die das Erbe der<br />
willensstarken Großmutter nutzte,<br />
um ihre GmbH zu gründen.<br />
Eine ehrgeizige Über-Frau, die<br />
zwei Karrieren scheinbar spielerisch<br />
vereinbart, ist sie trotzdem nicht.<br />
„Natürlich waren Steine im Weg,<br />
ach, sogar Felsen. Es war nicht<br />
leicht, meinen Traum zu verwirklichen“,<br />
sagt sie und erinnert sich<br />
„wenn ich etwas<br />
mache, dann<br />
brauche ich<br />
dabei ein<br />
konkretes Ziel.<br />
nur zum spass<br />
eine sache<br />
anzufangen, das<br />
kann ich nicht“<br />
lachend an die erste Modenschau<br />
– ihre Musterkollektion in Größe 38<br />
war den Models zu groß. Gelassenheit<br />
ist in solchen Momenten<br />
oberstes Gebot. Deshalb lässt sie<br />
auch an manchen Abenden den Stift<br />
liegen und geht lieber mit Freundinnen<br />
essen, um sich zu entspannen.<br />
Allerdings sei sie ohnehin keine<br />
Nachtarbeiterin, dazu würde sie zu<br />
viel Schlaf brauchen. Dann rechnet<br />
sie – und muss wieder lachen: Sie<br />
schläft nur sechs Stunden. „Ich<br />
freue mich so, etwas zu kreieren,<br />
was mir Spaß<br />
macht, dass ich<br />
meine Akkus<br />
nebenbei auflade.“<br />
Verständnis ihrer<br />
jeweiligen Chefs<br />
ist Voraussetzung,<br />
damit sie sich<br />
RoQua widmen<br />
kann. Doch den<br />
Laden, für den<br />
sie das Patentamt<br />
immer pünktlich<br />
verlassen hat, will<br />
sie jetzt aufgeben<br />
und ihre Mode<br />
auf anderen Wegen vertreiben: via<br />
Online-Shop (www.roqua.com) und<br />
im Handel. Gespräche über den<br />
Export nach Frankreich und in die<br />
USA laufen. „Das ist viel einfacher,<br />
als in Deutschland Einzelhändler zu<br />
überzeugen“, sagt sie. Manchmal<br />
zweifelt sie an ihrer Wahlheimat.<br />
Pessimismus und Trägheit<br />
sind der Französin ein Gräuel. Als<br />
Nächstes träumt sie von praktischen<br />
Reise- und Lektüretipps für Businessfrauen<br />
im Online-Shop. Und<br />
sie möchte eine eigene Accessoire-<br />
Kollektion mit eleganten, aber bequemen<br />
High Heels sowie Taschen<br />
produzieren. Wenn das RoQua-<br />
Imperium dann etabliert ist, will sie<br />
vielleicht auch wieder anfangen zu<br />
singen. Das scheiterte bisher lediglich<br />
daran, dass sie kein Konservatorium<br />
gefunden hat, das abends eine<br />
Opernausbildung für Berufstätige<br />
anbietet…<br />
Petra Harms