EIN SEHERLEBNIS AM SEE - das SEEWERK
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TOP K U L T U R<br />
arbeiten heute über die gesamte Welt<br />
verstreut und sind so in einer globalen<br />
Mixtur mit jeweils einer ganz eigenen<br />
Arbeit vertreten.<br />
Vom Kleinformat bis zur Großplastik<br />
– zeitgenössische Kunst für jeden<br />
Geschmack<br />
MOERS<br />
<strong>EIN</strong> <strong>SEHERLEBNIS</strong> <strong>AM</strong> <strong>SEE</strong><br />
Das Seewerk in Moers-Kapellen<br />
Seit dem 13. Juni läuft im Seewerk sehr erfolgreich die Ausstellung POSITIONEN 09,<br />
die den Niederrhein einmal mehr als Vorzeigeregion für die moderne Kunst<br />
erweist. Nun tritt am gleichen Standort die 1. Niederrhein-Biennale hinzu –<br />
ein niederländisch-deutsches Kunstereignis auf beiden Seiten der Grenze.<br />
Was von außen wie ein Knast wirkt ist<br />
ein hochprozentiger Kunsttempel<br />
Die als Kulturtreff wieder erweckte Dujardin-Fabrik<br />
in Krefeld-Uerdingen hat<br />
TOP Niederrhein in der Frühjahrsausgabe<br />
vorgestellt; diesen Herbst steht <strong>das</strong><br />
ehemalige Zweigwerk der Weinbrandmarke<br />
am Silbersee in Moers-Kapellen<br />
im Focus der Kunstinteressierten. Dort<br />
haben sich dank der einmaligen Industriearchitektur<br />
der alten Brennerei mit<br />
ihren hohen Räumen nun Firmen und<br />
Ateliers niedergelassen und <strong>das</strong> ganze<br />
Areal einer neuen Nutzung zugeführt.<br />
Als Kunstzentrum überregionaler Bedeutung<br />
hat sich dort vor vier Jahren<br />
die Kreativgemeinschaft „<strong>das</strong> Seewerk“<br />
gegründet mit Angelica Petri und Frank<br />
Merks an der Spitze. Sie verwalten und<br />
gestalten auf einem rund 15.000 m 2<br />
großen Gelände mit Seeufer, Park und<br />
Industriearchitektur. Das Seewerk bietet<br />
mit seinen Kunstschauen und Aktionen<br />
ein Forum für zeitgenössische Kunst.<br />
Text Dr. Egon Peifer<br />
2000 LUFTKISSEN, Ahmed Ibrahim<br />
2009; Architektonische Grundstrukturen<br />
aus Luft-Modulen. In Folienkissen ist<br />
Luft aus Moers eingeschlossen. Der wenig<br />
transparente quadratische „Wall“ lässt im<br />
Inneren die Umrisse eines großen, auf den<br />
Kopf gestellten Pilzes erahnen. Es ist der<br />
paradoxe Versuch Unsichtbares sichtbar<br />
zu machen und ein gleichzeitiges Arbeiten<br />
gegen die Schwerkraft.<br />
1.) 2.)<br />
Die dritte Schau in Zusammenarbeit<br />
mit der Kunstakademie Düsseldorf<br />
Einmal jährlich glänzt <strong>das</strong> Seewerk mit<br />
einer großen Kunstschau, die in Zusammenarbeit<br />
mit der Kunstakademie<br />
Düsseldorf entsteht. Im vergangenen<br />
Jahr zeigten die Veranstalter unter<br />
anderem eine Installation der letzten<br />
Klasse des verstorbenen Künstlers<br />
Prof. Jörg Immendorf – damals der<br />
Startschuss, um die Industrieböden der<br />
Ausstellungsräume in einen ästhetisch<br />
ansprechenden Zustand zu versetzen.<br />
Der neue spiegelnde Disflex-Fußboden<br />
ist selbst ein Kunst- und Gemeinschaftswerk<br />
und setzt die ausgestellten Fotos,<br />
Bilder und Plastiken in ganz besonderem<br />
Maße ins rechte Licht.<br />
In diesem Sommer nutzten Immendorfs<br />
Künstlerkollege, Prof. Christian Megert,<br />
und 46 seiner ehemaligen Meisterschüler<br />
die Gebäude, Hallen sowie Grünflächen<br />
samt See für ihre Ausstellung „Positionen<br />
09“. Die beteiligten Künstler leben und<br />
Dabei reicht ihr Spektrum über kleinere<br />
Arbeiten bis zu raumgreifender Großplastik,<br />
von Multimediaarbeiten für<br />
innen bis zu Installationen unter freiem<br />
Himmel. Sogar der See selbst spielt für<br />
mehrere Arbeiten eine tragende Rolle.<br />
Neben kieloben schwimmenden Booten<br />
von Maki Umehara und einer „Fähre“<br />
aus verschiedenen Autohauben von Liz<br />
Bachhuber gibt es auch <strong>das</strong> sogenannte<br />
„Ersatzbiotop“ von Markus Ambach. Es<br />
besteht aus drei künstlichen Schilfinseln,<br />
die er zusammen mit dem ansässigen<br />
Angelverein und den Anliegern des<br />
Sees installiert hat. Ambach verfolgt<br />
damit nicht nur einen künstlerischen<br />
Ansatz, sondern leistet seinen Beitrag<br />
zum aktiven Umweltschutz: Da der<br />
Silbersee kurz vor dem ökologischen<br />
Umkippen steht, helfen die Inseln. Sie<br />
verbrauchen mit ihren Pflanzen und<br />
Tieren überschüssige Nährstoffe. Kleine<br />
Fischarten, aber auch Muscheln, Libellen<br />
und Wasservögel nutzen <strong>das</strong> neue<br />
Kunstangebot ausgiebig. Man kann sie<br />
mit einem Schlauchboot besuchen und<br />
aus nächster Nähe beobachten. Der<br />
Landwirt, Dr. Herbert Meiwes vom benachbarten<br />
Bauernhof und Mitglieder<br />
des Angelvereins legten in diesem Jahr<br />
mit Hand an, um die „Wasserkunst“ im<br />
See aufzubauen und um die mobilen<br />
Flöße zu verankern. So wächst auch die<br />
Affinität der Nachbarschaft zu Kunst<br />
und Künstlern und holt beide so aus<br />
ihrem sprichwörtlichen „Elfenbeinkäfig“<br />
heraus. Überhaupt ist <strong>das</strong> Seewerk ein<br />
Gewinn für die Region. Im ländlichen<br />
Umfeld wirken die Großplastiken und<br />
Installationen besonders stark. Der Verzicht<br />
auf ein Kassenhäuschen lässt samstags<br />
und sonntags sogar vorbeiradelnde<br />
Familien ohne Distanz Kunst erleben,<br />
sie treten unvoreingenommen ein und<br />
treffen auf große Vertreter der zeitgenössischen<br />
Moderne. Angelika Petri<br />
führt mit Elan und Sachverstand, dabei<br />
filtert sie geschickt heraus, wie viel ihre<br />
jeweiligen Besucher an Vorkenntnissen<br />
UKIFUNE,<br />
Maki Umehara 2009<br />
Kieloben treibende Boote. Das Kunstwerk<br />
nimmt einen Textauszug aus einem Kapitel<br />
der japanischen “Genji-Geschichte” (1008)<br />
zum Thema.<br />
mitbringen und an Detailinformationen<br />
brauchen. An manchen Wochenenden<br />
sind auch die Künstler vor Ort, die gerade<br />
hier ausstellen, und können ihre Ideen<br />
und Gedanken zum eigenen Schaffen<br />
und zur Kunst der Mitausgestellten<br />
vermitteln. Juna Ryang ließ es sich nicht<br />
nehmen selbst zu führen: Sie ist eine der<br />
Meisterschülerinnen von Prof. Megert<br />
und zeichnet sich durch ihre musische<br />
Vielfalt aus. Die Koreanerin ist unglaublich<br />
wandelbar und wirkt als Cellistin,<br />
Bildhauerin und Produktdesignerin –<br />
und sie liebt windschnittige schnelle<br />
Wagen aus schwäbischer Produktion.<br />
Im Seewerk ist sie mit einer Groß-<br />
SPIRAL 8, Michael Westendorff 2009<br />
Bewegliche Aluminiumplatten sind auf<br />
einem gebogenen Rohr gereiht und an einem<br />
Pfosten befestigt, der fest in der Erde steht.<br />
So verbindet die Plastik Verortetes und Bewegliches<br />
und spielt mit dem Licht.<br />
078 TOP TOP 079
TOP K U L T U R<br />
plastik ohne Titel vertreten, die sich wie<br />
viele ihrer Werke mit dem Dualismus<br />
auseinandersetzt: Ying und Yang, die<br />
zwei Seiten einer Medaille, eben die<br />
Zahl zwei, die viele Aspekte des Lebens<br />
durchzieht. In ihrer rostrot lackierten<br />
Stahlskulptur drückt sie mit der steilen<br />
Säule den kurzen Sommerschatten und<br />
mit dem Kubus daneben den langen<br />
Herbstschatten aus. Erläuterungen,<br />
die es so nur vom Künstler selbst gibt<br />
und die den Besucher in besonderem<br />
Maße anregen und informieren.<br />
THEATRON in 7 Sätzen,<br />
Wasa Marjanov o.J.<br />
„Der Theatron-Würfel reist um die Weltkugel.<br />
Der Würfel ist Raum. Der Raum<br />
ist ge-füllt mit Inhalten. Der Ort erfindet<br />
die Geschichten. Die Geschichten handeln<br />
von einer neuen Zeitsequenz vor Ort. Die<br />
Zeitsequenz beträgt 7 Tage. Der Raum hat<br />
keine religiösen, nationalen und politischen<br />
Zeiten.“ Ensemblemitglieder des Moerser<br />
Schlosstheaters haben den Würfel während<br />
der Kunstschau mit Szenischem Theater<br />
bespielt. Klappt man die Seiten des Würfels<br />
herunter, ergibt er eine bespielbare Bühne,<br />
die sich von oben beleuchten lässt.<br />
DAS <strong>SEE</strong>WERK<br />
Angelika Petri, Frank Merks<br />
Silberseeweg 1a<br />
47447 Moers-Kapellen<br />
Fon 0 28 41 - 88 68 78<br />
Fax 0 28 41 - 88 68 83<br />
ap@<strong>das</strong>-seewerk.de<br />
www.<strong>das</strong>-seewerk.de<br />
Öffnungszeiten:<br />
Samstag 15-18 Uhr<br />
Sonntag 11-18 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
www.positionen09.de<br />
www.places-and-stories.eu<br />
Das Seewerk – ein Schauplatz der<br />
1. Kunst-Biennale<br />
Einen neuen Akzent in seinen Kunstschauen<br />
setzt <strong>das</strong> Seewerk durch seine<br />
feder-führende Mitwirkung an der<br />
1. Niederhein-Biennale, in die auch die<br />
Kulturinsel „Nepix Kull“ im Schlosspark<br />
von Moers, <strong>das</strong> Peschkenhaus in<br />
der Moerser Meerstraße sowie weitere<br />
Orte in den Niederlanden einbezogen<br />
sind: Der Kunstinteressierte findet<br />
Staunenswertes in Roermond, Venlo,<br />
Venray, Neuss, Viersen, Duisburg,<br />
Moers, Weeze, Goch, Bedburg-Hau<br />
und Emmerich. Darum hat diese große<br />
grenzübergreifende Ausstellung den<br />
passenden Namen „different places –<br />
different stories 09“: verschiedene Plätze<br />
– andere Geschichten. Das deutsch-niederländische<br />
Kunstprojekt präsentiert<br />
zwischen Rhein und Maas internationale<br />
zeitgenössische Positionen der Kunst<br />
temporär im öffentlichen Raum und<br />
erlaubt ihnen gleichzeitig Bezüge zu geschichtsträchtigen<br />
Orten, vorhandenen<br />
Kunstwerken und den Menschen vor<br />
Ort. Mit der Fülle seiner Exponate aus<br />
der Schau Positionen 09 setzt <strong>das</strong> Seewerk<br />
dabei ein Ausrufezeichen für die<br />
Liebhaber moderner Kunst. Sie können<br />
alle drinnen und draußen ausgestellten<br />
Werke käuflich erwerben.<br />
1.) Jörg Parsick-Mathieu,<br />
Am Anfang war die Leichtigkeit<br />
2.) Liz Bachhuber, Car Ferry<br />
FROG, Martin Bucher 2009<br />
Durch ihr Material Holz fügt sich die<br />
„Kabine“ mit zwei Liegen in die Natur<br />
ein und bietet ein erfülltes Erlebnis des<br />
Sees, vielleicht auch den Anblick eines<br />
Frosches, wenn der ruhende Betrachter<br />
lange genug wartet.<br />
OHNE TITEL, Juna Ryang 2006<br />
Die beiden Formen aus rostrot lackiertem<br />
Stahl versinnbildlichen den<br />
kurzen Som-merschatten und den langen<br />
Herbstschatten. Der Konzeption<br />
liegt <strong>das</strong> Dualistische Grundprinzip<br />
zugrunde und eine mathematische<br />
Lösung ist ein großer Bestandteil der<br />
Arbeit.<br />
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