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Jörg. Fritzsche Der Abschluss von Verträgen, §§ 145 ff - Ja-Aktuell

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AUFSATZ ZIVILRECHT · BGB AT<br />

das Gesetz diese Fragen in § 146 BGB der Bindung an den Antrag<br />

zuweist, spricht man sie in der Fallbearbeitung besser erst bei<br />

der Annahme an. Sonst müsste man die Annahme und z.B. ihre<br />

Rechtzeitigkeit in den Antrag hineinprüfen. Das wäre zwar nicht<br />

falsch, würde die Lösung aber unübersichtlich machen. Außerdem<br />

gilt eine dennoch erklärte Annahme nach § 150 BGB als<br />

neuer Antrag, dessen Annahme man sogleich untersuchen kann.<br />

d) Geschäftsunfähigkeit und Tod des Antragenden<br />

<strong>Der</strong> Tod und der Verlust der Geschäftsfähigkeit des Antragenden<br />

berühren die Wirksamkeit des Antrags gem. § 130 II BGB nicht<br />

und führen gem. § 153 BGB auch nicht zu seinem Erlöschen.<br />

Nach dem Tod des Antragenden kann der Antrag durch Erklärung<br />

gegenüber dessen Erben, die gem. § 1922 I BGB vollständig<br />

in die Rechtsposition des Erblassers eintreten, angenommen werden.<br />

Das gilt gem. § 153 BGB a.E. aber nur, wenn sich aus dem<br />

Antrag kein anderer Wille des Antragenden ergibt. Da sich der<br />

Antragende über die Umstände Tod und Geschäftsunfähigkeit<br />

regelmäßig keine Gedanken macht, ist sein hypothetischer Wille<br />

zu ermitteln (ergänzende Auslegung). Im Regelfall ist <strong>von</strong> der<br />

Fortdauer der Wirksamkeit des Antrags auszugehen, es sei denn,<br />

die Person des Antragenden war für die Vertragsdurchführung<br />

erkennbar wichtig oder die Leistung des Empfängers war für den<br />

persönlichen Bedarf des Antragenden bedacht (Zahnprothese,<br />

Lesebrille).<br />

III. Annahme<br />

1. Begri<strong>ff</strong> und Inhalt<br />

Die Annahme ist eine Willenserklärung, durch die der Antragsempfänger<br />

dem Antragenden sein Einverständnis mit dem Vertragsangebot<br />

zu verstehen gibt. Sie ist grundsätzlich empfangsbedürftig,<br />

so dass sie nach § 130 BGB mit ihrem Zugang wirksam<br />

wird, wenn der Annehmende sie nicht bis dahin einseitig widerrufen<br />

hat.<br />

Inhaltlich muss die Annahmeerklärung mit dem Antrag übereinstimmen,<br />

ihn uneingeschränkt akzeptieren. Außerdem muss<br />

sie sich auf den Antrag beziehen. Senden A und B einander zufällig<br />

zeitgleich sich inhaltlich deckende Vertragsangebote, so wird<br />

dadurch allein kein Vertrag geschlossen, weil niemand den Antrag<br />

des anderen annimmt. <strong>Der</strong> Vertrag ist hier aber dennoch geschlossen,<br />

wenn die Parteien den Vertrag auf der Grundlage ihrer<br />

Schreiben durchführen (erfüllen). Dann liegt in der ersten Erfüllungshandlung<br />

die konkludente Annahme des gegnerischen Angebots.<br />

2. Annahmemodalitäten<br />

Wie bereits gesehen, kann der Antragende für die Annahme seines<br />

Antrags eine Frist nach § 148 BGB setzen. Er kann – Privatautonomie<br />

– auch weitere Annahmemodalitäten festlegen, z.B. dass<br />

die Annahme nur persönlich ihm gegenüber oder nur mittels eingeschriebenen<br />

Briefs etc. erfolgen kann. <strong>Der</strong> Antragende kann die<br />

Annahmemodalitäten aber nicht nur erschweren, sondern auch<br />

erleichtern.<br />

3. Schweigen auf den Vertragsantrag<br />

Die Annahmeerklärung erfordert eine Zustimmung zum Angebot.<br />

An einer Zustimmung fehlt es grundsätzlich, wenn der Angebotsempfänger<br />

auf das Angebot lediglich schweigt, nicht reagiert.<br />

Denn das Schweigen ist nach allgemeinen Grundsätzen<br />

keine Willenserklärung. Daran kann auch der Antragende nichts<br />

ändern: Sendet ein Unternehmer jemandem unbestellte Ware zu,<br />

kommt allein dadurch kein Vertrag zustande, selbst wenn in<br />

einem Begleitschreiben steht, die Nichtrücksendung werde als<br />

Annahmeerklärung gewertet. Dieses Ergebnis ist für das Verhältnis<br />

<strong>von</strong> Unternehmern zu Verbrauchern in § 241a I BGB klar-<br />

gestellt; die Norm schließt darüber hinaus auch gesetzliche Ansprüche<br />

auf Herausgabe oder Schadensersatz usw. aus.<br />

Das Schweigen kann aber als Annahme zu werten sein, wenn<br />

die Parteien zueinander in Geschäftsbeziehungen stehen und auf<br />

einen Antrag der einen Partei die andere bislang Lieferungen<br />

kommentarlos ausgeführt hat. Dann besteht eine Obliegenheit,<br />

dem Vertragsschluss zu widersprechen. Auch messen einige gesetzliche<br />

Vorschriften dem Schweigen die Bedeutung einer Annahme<br />

bei, z.B. § 516 II 2 BGB für vollzogene Schenkungen und<br />

§ 362 HGB beim Schweigen eines Kaufmanns auf bestimmte Anträge.<br />

Im Handelsrecht kann aber auch beim Schweigen auf ein<br />

kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das das Ergebnis zuvor<br />

geführter Vertragsverhandlungen ohne böswillige Abweichungen<br />

zusammenfasst, zum Vertragsschluss führen. 11 Die Einzelheiten<br />

dazu gehören zum Sto<strong>ff</strong> des Handelsrechts.<br />

4. Ausnahme <strong>von</strong> der Empfangsbedürftigkeit<br />

Auf den ersten Blick scheint auch § 151 S. 1 BGB einen Fall des<br />

Schweigens auf den Vertragsantrag zu regeln, doch ist in Wirklichkeit<br />

nur der Wortlaut missglückt. 12 Nach § 151 S. 1 BGB<br />

kann der Zugang der Annahmeerklärung beim Vertragsschluss entbehrlich<br />

sein, weil er entweder nach einer Verkehrssitte nicht erwartet<br />

wird oder weil der Antragende darauf verzichtet hat. Es ist<br />

also nicht die Annahme als solche entbehrlich, sondern nur der<br />

Zugang der Annahmeerklärung. Hauptschulbeispiel für die Entbehrlichkeit<br />

kraft Verkehrssitte ist die Reservierung eines Hotelzimmers<br />

per Brief oder Telefax: Hier bietet der »Reservierende«<br />

den <strong>Abschluss</strong> eines Übernachtungsvertrages an und erwartet<br />

keine Bestätigung. Es reicht also aus, wenn der Hotelier dem<br />

Wunsch entspricht und die Reservierung einträgt. Darin liegt<br />

die objektiv feststellbare Annahmehandlung, die auch beim Vertragsschluss<br />

über § 151 BGB erforderlich bleibt. 13 Auch bei einer<br />

Bestellung im Versandhandel wird grundsätzlich keine Annahmeerklärung<br />

vor Zusendung der Ware erwartet. Außerdem ist der<br />

Zugang der Annahmeerklärung kraft Verkehrssitte entbehrlich<br />

bei Vertragsanträgen, die für den Empfänger lediglich vorteilhaft<br />

sind, z.B. die Übersendung einer Bürgschaftserklärung durch den<br />

Bürgen an den Gläubiger als Antrag auf <strong>Abschluss</strong> eines Bürgschaftsvertrags<br />

i.S.v. § 765 BGB oder einer Erlasserklärung des<br />

Gläubiger an den Schuldner als Antrag auf <strong>Abschluss</strong> eines Erlassvertrags<br />

i.S.v. § 397 BGB, nicht aber der Erlassantrag des<br />

Schuldners an den Gläubiger, weil dieser seine Forderung verliert.<br />

14 Gleichwohl bedarf es stets einer feststellbaren Annahmehandlung,<br />

also z.B. der Veranlassung der Warenlieferung, Ablage<br />

der Bürgschaftserklärung, Gebrauchs- und Aneignungshandlungen<br />

usw.<br />

Hinsichtlich der Annahmefrist gilt in diesen Fällen die Sonderregelung<br />

des § 151 S. 2 BGB; die Annahmefrist bestimmt sich<br />

nach dem (hypothetischen) Willen des Antragenden.<br />

Auch im Falle ihrer notariellen Beurkundung ist die Annahmeerklärung<br />

gem. § 152 BGB nicht empfangsbedürftig.<br />

5. Wirkung der (rechtzeitigen uneingeschränkten) Annahme<br />

Entspricht die rechtzeitige Annahmeerklärung inhaltlich dem Angebot,<br />

so ist der Vertrag mit Zugang der Annahme geschlossen.<br />

Enthält die Annahme ¾nderungen, so gilt sie als Ablehnung,<br />

verbunden mit einem neuen Antrag (§ 150 II BGB). Auch die<br />

verspätet zugehende Annahmeerklärung gilt gem. § 150 I BGB als<br />

neuer Antrag. In beiden Fällen kommt es nur zum Vertragsschluss,<br />

wenn der Antragende das neue Angebot annimmt.<br />

11 Vgl. BGH NJW-RR 2001, 680 m.w.N.<br />

12 Vgl. Palandt/Heinrichs (Fn. 1) § 151 Rn. 1, 2b m.w.N.<br />

13 BGHZ 74, 352 (356); 111, 97 (101).<br />

14 BGH NJW 1997, 2233; 2001, 2324 f. m.w.N.<br />

10/2006 677<br />

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